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{"created":"2022-01-31T12:53:43.067847+00:00","id":"lit30496","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schultze, Ernst","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 17: 314-316","fulltext":[{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nLiteraturberich t,\nWickelung beim Kinde, wo man eine Anschauung von dem Gesetz gewinnen k\u00f6nne, nach welchem sich das Individuum eine eigenth\u00fcmliche Handschrift aneignet. Die Mahnung ist um so zeitgem\u00e4fser, da die sog. Sachverst\u00e4ndigen in Beurtheilung von Handschriften in foro eine wichtige Rolle spielen.\nFrxenkel (Dessau).\nJ. Dewey. The Psychology of Effort. Philos* Rev. VI (1), S. 43\u201456. 1897.\nEmpfindung und Gef\u00fchl der Anstrengung entstehen bekanntlich schon bei ungew\u00f6hnlicher Beanspruchung willk\u00fcrlicher Muskeln oder aber Muskelgruppen, sei es durch Belastung, oder ein lediglich durch die Umst\u00e4nde veranlafstes Heben von Gewichten, oder bei entsprechender Innervation, z. B. sogenannter \u201eRollung\u201c des Arms, etwa bei Anwendung eines Bohrers. Ferner bei lediglich reflexm\u00e4fisiger Fixation sehr naher z. B. leuchtender Objecte im Accommodationsmuskel, ebenso unter geeigneten Umst\u00e4nden in den Augenmuskeln als einfache Perception ungew\u00f6hnlicher Beanspruchung und nicht nothwendig mit gleichzeitiger Vorstellung des betreffenden Zieles oder auch der betreffenden Bewegung selbst. Die Vorstellung der Anstrengung entsteht zweitens durch Widerstreit von Vorstellung und Ausf\u00fchrung unter geeigneten Umst\u00e4nden: So z. B. schon bei herabgesetzter Innervationsf\u00e4higkeit, schlechter Coordination u. s. w. und verst\u00e4rkt sich hier augenscheinlich durch den Contrast. Nach Dewey entsteht sie indessen immer auf letztere Art und diese Auffassung wird von ihm ausnahmslos auch auf Anstrengung bei geistiger Th\u00e4tigkeit und bei Erm\u00fcdung ausgedehnt. Diese Auffassung soll nach Verf. zun\u00e4chst vollkommen empirisch sein, doch hat man hierbei die eigenth\u00fcmliche Stellung desselben hinsichtlich der Unterscheidung von sensoriell und muskul\u00e4r zu ber\u00fccksichtigen. F\u00fcr die Empirie kann nach Obigem aber der oben angef\u00fchrte Widerstreit nur als hinzukommende Begleiterscheinung bezw. als besonderer Fall der Anstrengung gelten, da diese schon bei reflexartiger oder sonst einfacher Innervation auftritt, ohne dafs zugleich ein solcher Widerstreit der Vorstellungen vorhanden zu sein braucht Anders ist es freilich, wenn man deductiv den Fall behandelt. Man hat dann insbesondere den Begriff der \u201eVorstellung\u201c der Anstrengung gegen\u00fcber ihren Elementen Empfindung und Gef\u00fchl vor sich. Bei Scheidung dieser beiden wird man die Darstellung Dewey\u2019s lediglich auf die com-plexere Vorstellung der Anstrengung beziehen und in dieser Hinsicht best\u00e4tigen k\u00f6nnen.\tP. Mentz (Leipzig).\nAnton Delbr\u00fcck. Gerichtliche Psychopathologie. Eit ktrxes Lehrbach ft Studierende, lente and Juristen. Leipzig, Joh. Ambr. Barth. 1897. 2243. Dieses j\u00fcngste Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie, dessen Verfasser wir die bekannte und interessante Studie \u00fcber \u201eDie pathologische\nL\u00fcge und die psychisch abnorme Schwindelei\u201c verdanken, ist wohl daa\n\u2022 _____________________________ m\nerste, welches ganz auf dem Boden der neuen Strafrechtslehre steht, wie\nsie sich insbesondere in Ferri\u2019s Werk (Sociologia criminale. refer, in dicstr\nZeitschrifr Bd. VIII, S. 315\u2014320) w'iederfindet.\nDementsprechend ist Verf.' bestrebt, den Begriff der Willensfreiheit\nm\u00f6glichst auszuschalten, um so metaphysische Controverse und Wider-","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbej'ich t.\n315\n\u00dfpr\u00fcche aller Art zu vermeiden; Zurechnungsf\u00e4higkeit definirt er vom naturwissenschaftlichen Standpunkte aus mit den Worten seines Lehrers Forel : \u201eals die plastische F\u00e4higkeit einer ad\u00e4quaten Anpassung unseres Gehirnlebens an die Aufsenwelt und specieller an das Gehirnleben anderer Menschen. \u2014 Menschen, welche in dieser oder jener Richtung stets oder meistens nur inad\u00e4quat reagiren k\u00f6nnen, sind als unzurechnungsf\u00e4hig zu betrachten\u201c ; dem gegen\u00fcber stellt er die Definition desselben Begriffs, wie eie der hervorragende Vertreter der neuen Strafrechtslehre, von Liszt, giebt: \u201eVoraussetzung einer strafrechlichen Verantwortlichkeit und mithin Inhalt der Zurechnungsf\u00e4higkeit ist nicht eine dem Causalgesetz entr\u00fcckte Willensfreiheit, sondern nur die der Regel gem\u00e4fse Bestimmbarkeit des Willens durch Vorstellungen \u00fcberhaupt, durch die unser gesammtes Verhalten regelnden allgemeinen Vorstellungen der Religion, des Rechts, der Klugheit insbesondere\u201c (S. 17, 18).\nAus dem Mitgetheilten geht zur Gen\u00fcge hervor, dafs so wenig ein absoluter Gegensatz zwischen Geisteskrankheit und Geistesgesundheit besteht, eben so wenig Zurechnungsf\u00e4higkeit und Unzurechnungsf\u00e4higkeit einander schroff gegen\u00fcbersteheu ; es bestehen eben fliefsende Ueberg\u00e4nge, und die Einschaltung des Begriffs der verminderten Zurechnungsf\u00e4higkeit ist nun einmal nicht zu umgehen. Bisher ging man in einem solchen Falle mit milderen Strafen vor; da aber diejenigen, f\u00fcr die die Annahme einer verminderten Zurechnungsf\u00e4higkeit vorwiegend zutrifft, sich zum gr\u00f6fsten Theile aus den unverbesserlichen Gewohnheitsverbrechern, wie sie der Richter nennt, aus den moralischen Idioten, wie sie der Arzt bezeichnet, recrutiren, so ist es widersinnig, gegen sie schonender vorzugehen, da sie ja dann nur um so eher der Freiheit wiedergegeben werden.\nSie sind vor Allem qualitativ anders zu bestrafen, und zwar sind sie in besonderen \u201eStrafabsonderungsh\u00e4usern\u201c zu interniren. In dieser Behandlung der Gewohnheitsverbrecher, welche sowohl gesund wie krank, mithin weder zurechnungsf\u00e4hig noch unzurechnungsf\u00e4hig sind, stimmen Psychiater und Criminalisten \u00fcberein. Da aber moralische Idiotie oft genug mit Alcoholismus, Epilepsie oder intellectuellem Schwachsinn verbunden ist, so fordert D. in jedem einzelnen Falle eine \u00e4rztliche Begutachtung. Die Verwahrung der unverbesserlichen Verbrecher soll auch fernerhin in der Hand der Juristen bleiben, weil es Sache des Staates ist, die Gesellschaft zu sch\u00fctzen, und weil man so der Anschauungsweise des Volks, das annimmt, die Strafe sei deshalb da, quia peccatum est, nicht aber, sed ne peccetur, am ehesten gerecht werden kann.\nVerf. bespricht dann kurz die wichtigsten rechtlichen Fragen, welche Gegenstand einer psychiatrischen Begutachtung werden k\u00f6nnen, die Art und Weise der Untersuchung und Begutachtung, und in einem speciellen Theile die einzelnen Geisteskrankheiten; er giebt eine kurze Schilderung ihres klinischen Verlaufs, geht auf die Differentialdiagnose ein und er\u00f6rtert jedesmal die eventuellen rechtlichen Beziehungen. Ausf\u00fchrlicher ergeht er sich in der Beschreibung des chronischen Alcoholismus, nicht nur weil er in der gerichts\u00e4rztlichen Praxis eine so grofse Rolle spielt, sondern ,mehr noch, weil er deutlich zeigt, wde wenig w eit wrir mit unseren heutigen Anschauungen kommen.","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nLiter aturberieht.\nInteressant ist es, zu sehen, wie D. versucht, den oben skizzirten Standpunkt \u00fcberall durchzuf\u00fchren, und da das Buch wenig Vorkenntnisee voraussetzt, so wird es keiner unbefriedigt aus der Hand legen, der Sinn hat f\u00fcr die Psychologie des Verbrechens oder sagen wir lieber des Verbrechers. Allerdings ist es zur Zeit wohl kaum m\u00f6glich, die in dem Bnche niedergelegten Ansichten in die Praxis zu \u00fcbertragen, wie das auch ein Einblick in die aus derselben Schule stammende Sammlung gerichtlich-psychiatrischer Gutachten (herausgegeben von Dr. Th. K\u00f6lle) lehrt.\nErnst Schultze (Bonn).\nPaul M\u00f6ller. Ucker Iatelligcmxprtfaiigeft. Ein Beitrag sur Diagiostik ta Schwachsinns. Inaugural-Dissertation, Berlin 1897. 32 S.\nIntelligenzpr\u00fcfungen bei Schwachsinnigen haben zun\u00e4chst deren psychische Eigenart zu ber\u00fccksichtigen, welche Verfasser in kurzen Z\u00fcgen darzustellen sucht; sie sind in jenen leichteren F\u00e4llen, welche an das .Gebiet des Normalen grenzen, von diagnostischer Wichtigkeit. Verfasser ber\u00fccksichtigt hierbei Umgebung, Bildungsgang und Beruf, erstreckt di\u00ab Pr\u00fcfung auf m\u00f6glichst alle Lehrgegenst\u00e4nde, stellt jedoch jene Unterrichtsmaterien voran, welche f\u00fcr den Patienten von vorwiegendem Interesse sind. Besonderen Werth legt Verfasser auf die m\u00fcndliche und schriftliche Wiedergabe von Fabeln, zu deren Pointe sinnverwandte Sprichw\u00f6rter gesucht werden. Verfasser erbringt an einem ausf\u00fchrlich mitgetheilten Falle den Naclrweis, dafs derartige genaue Intelligenzpr\u00fcfungen auch in Jforensischer Hinsicht Beachtung verdienen.\nTheodor Heller (Wien).\nBonh\u00f6ffbr. Der GeUtessnsU\u00e4d des Alcoholdelirantea. Klinische Untersuchungen. Psychiatr. Abhandlungen von Dr. Carl Wernicke. Heft 6. Breslau, Frank & Weigert. 55 S. 1898.\nMit den an Delirium tremens, dem S\u00e4uferwahnsinn, erkrankten Individuen lassen sich experimentelle Untersuchungen leicht anstellen, da jene leicht beeinflufshar sind und bereitwilligst darauf eingehen und da bei der kurzen Dauer der Krankheit die M\u00f6glichkeit einer Contr\u00f4le durch Nachpr\u00fcfung im gesunden Zustande m\u00f6glich ist.\nWie Verf. seine Versuchsanordnung trifft, wie er vor Allem dabei etwaige Fehlerquellen zu vermeiden sucht, die bei der grofsen Suggestibili* t\u00e4t und der schnell erschlaffenden Aufmerksamkeit der Kranken leicht entstehen k\u00f6nnen, ist im Originale nachzulesen ; es wird gen\u00fcgen, an dieser Stelle die wichtigsten Ergebnisse, zum Theil mit des Verf. eigenen Worten, wiederzugeben.\nDie Funktion der Sinnesorgane und die Sch\u00e4rfe der Sinnesempfindung zeigt sich bei Pr\u00fcfung mittelst der jetzt \u00fcblichen Untersuchungsmethoden intact, abgesehen vielleicht von einer Torpidit\u00e4t in der Farbenempfindung.\nW\u00e4hrend des Deliriums liegt bei Pr\u00fcfung der Sensibilit\u00e4t der Empfindung\u00bb-schwellenwerth im Durchschnitt etwas h\u00f6her, und es macht sich, wo die Aufmerksamkeit zu versagen beginnt, ein Plus von Hallucinationen und Illusionen bemerkbar.\nDer Kranke versteht den Sinn einer an ihn gerichteten Frage, beant-","page":316}],"identifier":"lit30496","issued":"1898","language":"de","pages":"314-316","startpages":"314","title":"Anton Delbr\u00fcck: Gerichtliche Psychopathologie. Ein kurzes Lehrbuch f\u00fcr Studierende, Aerzte und Juristen. Leipzig, Joh. Ambr. Barth. 1897. 224 S.","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:53:43.067854+00:00"}