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{"created":"2022-01-31T12:39:41.569313+00:00","id":"lit30498","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schultze, Ernst","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 17: 316-317","fulltext":[{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nLiter aturberieht.\nInteressant ist es, zu sehen, wie D. versucht, den oben skizzirten Standpunkt \u00fcberall durchzuf\u00fchren, und da das Buch wenig Vorkenntnisee voraussetzt, so wird es keiner unbefriedigt aus der Hand legen, der Sinn hat f\u00fcr die Psychologie des Verbrechens oder sagen wir lieber des Verbrechers. Allerdings ist es zur Zeit wohl kaum m\u00f6glich, die in dem Bnche niedergelegten Ansichten in die Praxis zu \u00fcbertragen, wie das auch ein Einblick in die aus derselben Schule stammende Sammlung gerichtlich-psychiatrischer Gutachten (herausgegeben von Dr. Th. K\u00f6lle) lehrt.\nErnst Schultze (Bonn).\nPaul M\u00f6ller. Ucker Iatelligcmxprtfaiigeft. Ein Beitrag sur Diagiostik ta Schwachsinns. Inaugural-Dissertation, Berlin 1897. 32 S.\nIntelligenzpr\u00fcfungen bei Schwachsinnigen haben zun\u00e4chst deren psychische Eigenart zu ber\u00fccksichtigen, welche Verfasser in kurzen Z\u00fcgen darzustellen sucht; sie sind in jenen leichteren F\u00e4llen, welche an das .Gebiet des Normalen grenzen, von diagnostischer Wichtigkeit. Verfasser ber\u00fccksichtigt hierbei Umgebung, Bildungsgang und Beruf, erstreckt di\u00ab Pr\u00fcfung auf m\u00f6glichst alle Lehrgegenst\u00e4nde, stellt jedoch jene Unterrichtsmaterien voran, welche f\u00fcr den Patienten von vorwiegendem Interesse sind. Besonderen Werth legt Verfasser auf die m\u00fcndliche und schriftliche Wiedergabe von Fabeln, zu deren Pointe sinnverwandte Sprichw\u00f6rter gesucht werden. Verfasser erbringt an einem ausf\u00fchrlich mitgetheilten Falle den Naclrweis, dafs derartige genaue Intelligenzpr\u00fcfungen auch in Jforensischer Hinsicht Beachtung verdienen.\nTheodor Heller (Wien).\nBonh\u00f6ffbr. Der GeUtessnsU\u00e4d des Alcoholdelirantea. Klinische Untersuchungen. Psychiatr. Abhandlungen von Dr. Carl Wernicke. Heft 6. Breslau, Frank & Weigert. 55 S. 1898.\nMit den an Delirium tremens, dem S\u00e4uferwahnsinn, erkrankten Individuen lassen sich experimentelle Untersuchungen leicht anstellen, da jene leicht beeinflufshar sind und bereitwilligst darauf eingehen und da bei der kurzen Dauer der Krankheit die M\u00f6glichkeit einer Contr\u00f4le durch Nachpr\u00fcfung im gesunden Zustande m\u00f6glich ist.\nWie Verf. seine Versuchsanordnung trifft, wie er vor Allem dabei etwaige Fehlerquellen zu vermeiden sucht, die bei der grofsen Suggestibili* t\u00e4t und der schnell erschlaffenden Aufmerksamkeit der Kranken leicht entstehen k\u00f6nnen, ist im Originale nachzulesen ; es wird gen\u00fcgen, an dieser Stelle die wichtigsten Ergebnisse, zum Theil mit des Verf. eigenen Worten, wiederzugeben.\nDie Funktion der Sinnesorgane und die Sch\u00e4rfe der Sinnesempfindung zeigt sich bei Pr\u00fcfung mittelst der jetzt \u00fcblichen Untersuchungsmethoden intact, abgesehen vielleicht von einer Torpidit\u00e4t in der Farbenempfindung.\nW\u00e4hrend des Deliriums liegt bei Pr\u00fcfung der Sensibilit\u00e4t der Empfindung\u00bb-schwellenwerth im Durchschnitt etwas h\u00f6her, und es macht sich, wo die Aufmerksamkeit zu versagen beginnt, ein Plus von Hallucinationen und Illusionen bemerkbar.\nDer Kranke versteht den Sinn einer an ihn gerichteten Frage, beant-","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t.\n317\nwortet sie aber u. U. durchaus unzutreffend, nicht etwa in Folge von Kenntnifsdefecten, sondern von Verwechslung mit associativ verh\u00e4ltnifs-m\u00e4fsig nah verwandten Wortbegriffen; besonders deutlich tritt dies zu Tage, wo es sich um Zahlen handelte.\nWas die Aufmerksamkeit angeht, so finden sich oft ganz pl\u00f6tzlich auftretende und ebenso schnell schwindende Schwankungen, die entschieden an die von R. Stern beschriebenen periodischen Schwankungen der Rindenfunction erinnern.\nDie Merkf\u00e4higkeit auf akustischem Gebiete ist erheblich reducirt, in besonderem Grade f\u00fcr Zahlen und Worte; ein Gleiches l\u00e4fst sich bei Anwendung bestimmter Cautelen f\u00fcr das optische Gebiet nachweisen.\nWenn auch bei Fixirung der Aufmerksamkeit die Sehsch\u00e4rfe w\u00e4hrend des Deliriums dieselbe ist wie in gesunden Tagen, so mehren sich doch die Fehlreactionen mit Abnahme der Gr\u00f6fse der Buchstaben, und der Kranke liest sogar Buchstaben und Worte, die mit dem Gedruckten auch nicht die entfernteste Aehnlichkeit haben; es handelt sich dann um eine illusorische Verf\u00e4lschung des Empfindungscomplexes ; m\u00f6glicherweise spielt hierbei auch eine Accommodationsschw\u00e4che eine Rolle. In einigen F\u00e4llen versucht der Kranke, auch die Druckschrift zu lesen, die f\u00fcr ihn sonst unter der Grenze des Lesbaren steht, und liest sie ganz falsch dank dem hallucinatorischen Element, dafs sich dabei geltend macht.\nEingehender besch\u00e4ftigt sich Verf. mit der auch in dieser Zeitschrift (Bd. IX, 8. 157\u2014158) referirten Arbeit von Liepmann, der durch Druck auf den Augapfel bei an Delirium tremens erkrankten Individuen Hallucina-tionen des Gesichts ausl\u00f6ste; das Gleiche gelang auch Verf.; doch vermag er sich nicht der LixPMANN\u2019schen Auffassung der Erscheinung anzuschliefsen, die dahin geht, dafs die Hallucinationen in directer Abh\u00e4ngigkeit v.on dem durch den \u00e4ufsern Druck gesetzten peripheren Reiz stehen. Denn der Druck aufs Auge l\u00f6st bei den nicht vorbereiteten Kranken und beim Vermeiden von Suggestivfragen keine Gesichtshallucinationen aus ; und andererseits kann man nach positivem Ausf\u00e4lle der Versuche durch weiteres Dr\u00fccken aufs Auge, wenn man durch entsprechende Fragen die Aufmerksamkeit auf die Hand, den Fufs u. s. w. lenkt, Hallucinationen auf tectilem Gebiete hervorrufen; ja, durch blofses Fragen kann man den Druckvisionen verwandte Hallucinationen erzeugen. Es spielt mithin bei diesen der Factor der Aufmerksamkeit eine ausschlaggebende Rolle; der periphere Reiz allein, ohne Lenkung der Aufmerksamkeit auf irgend ein bestimmtes Sinnesgebiet, gen\u00fcgt nicht ; dafs den entorganischen Erregungen eine secund\u00e4re Rolle bei dem Entstehen der Illusionen zukommt, will V. nicht abstreiten.\nAuf Grund weiterer Versuche, die den besonders optisch angeregten Vorstellungsverlauf zur Grundlage haben, findet Verf. bei den Deliranten eine psychosensorische Hyperproduction einerseits und associative Schw\u00e4che andererseits.\nDie weiteren Kapitel sind vorwiegend von klinischer Bedeutung.\nErnst Schultze (Bonn).","page":317}],"identifier":"lit30498","issued":"1898","language":"de","pages":"316-317","startpages":"316","title":"Bonh\u00f6ffer: Der Geisteszustand des Alcoholdeliranten. Klinische Untersuchungen. Psychiatr. Abhandlungen von Dr. Carl Wernicke. Heft 6. Breslau, Frank & Weigert. 55 S. 1898","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:39:41.569319+00:00"}