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{"created":"2022-01-31T12:41:19.684124+00:00","id":"lit30500","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Umpfenbach","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 17: 318-319","fulltext":[{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nLiteraturber\u00efcht.\nBechterew. Ueber das Hbren der eigenen Gedenken. Archiv f. Psych. M30, S. 284\u2014294. 1898.\nB. giebt ausf\u00fchrlich einen sch\u00f6nen Fall vom H\u00f6ren der eigenen Gedanken. Der betr. Kranke h\u00f6rte nicht nur, wie eiil Anderer \u201eein Wesen\u201c, seine Gedanken nachsprach, wenn er sprach, las oder schrieb, \u2014 sondern ihm auch seine Gedanken gleichsam vorsprach. Koppen hat bekanntlich dies interessante Ph\u00e4nomen mehr zur Debatte gebracht. Er betrachtet das H\u00f6ren der Gedanken als eine eigene Abart der Hallucinationen. Die gew\u00f6hnlichen Hallucinationen entstehen durch centrale oder periphere Reizungen der Sinnesorgane. Die hierher geh\u00f6rigen Hallucinationen entstehen aber andere. Das H\u00f6ren der eigenen Gedanken beruht nach K\u00f6pprx auf einer Geh\u00f6rst\u00e4uschung. In normalem Zustande t\u00f6nt jedes gedachte Wort mehr oder weniger akustisch, indem es die Innervationsempfindung des Aussprechens oder der Aussprache dieses Wortes'wachruft. Dieser normale Procefs wird von den Geisteskranken falsch gedeutet, \u2014 z. B. fremde Personen sprechen ihre Gedanken aus. \u2014 Bechterew kann dieses nicht acceptiren. Sein Kranker h\u00f6rte seine Worte bereits bevor er sie \u00fcberhaupt selbst gesprochen! Also vor dem im Geh\u00f6rapparat vor eich gehenden T\u00f6nen des Wortes! Im Fall von Bechterew bestand in Folge von chronischem Catarrh im Mittelohr eine erh\u00f6hte Erregbarkeit der centralen Organe \u00fcberhaupt. B. glaubt daher nicht, dafs das acustische T\u00f6nen des gedachten Wortes falsch gedeutet wird, sondern dafs dieses T\u00f6nen wegen der ungew\u00f6hnlichen Erregbarkeit des centralen Apparates derart verst\u00e4rkt wird, dafs es, wenn appercipirt, die Intensit\u00e4t von objectiv ausgesprochenen Worten erreicht. Je nachdem die betr. Person mehr auf ihre Gedanken achtet, oder mehr auf die lauten acustischen T\u00f6ne, \u2014 wird er dies T\u00f6nen vor oder nach seinen eigenen Gedanken appercipiren, also bald \u00fcber Nachsagen, bald \u00fcber Vorsagen seiner eigenen Gedanken zu klagen haben.\nUmpfenbach.\nKrause, lieber eine bisher weniger beachtete Form von Gesichtstlnschungea bei Geisteskranken. Archiv f\u00fcr Psych. Bd. 25, S. 830\u2014849. 1897.\nGesichtst\u00e4uschungen sind bei Geisteskranken unter den Sinnest\u00e4uschungen die seltensten. Die gr\u00f6fste Zahl derselben ist rein psychisch bedingt, verdankt ihre Entstehung centralen Vorg\u00e4ngen. Diese T\u00e4uschungen stehen im engsten Zusammenhang mit dem sonstigen Denkinhalt der Geisteskranken (L. Meyer;, und wird ihre Entstehung beg\u00fcnstigt durch Steigerung oder Aufhebung gewisser psychischer Leistungen (Associationen). \u2014 Anders ist es bei einer kleineren Anzahl von Gesichtst\u00e4uschungen, die Krause (und Gramer) in drei F\u00e4llen beobachteten. Die drei Kranken sahen feststehende Gegenst\u00e4nde, der eine z. B. einen Zimmerofen, sich bewegen oder die wirklich gemachten Bewegungen derselben ver\u00e4ndert, \u2014 \u201ekurz gesagt, sie sehen die Lage der Objecte im Raum sich verschieben, w\u00e4hrend dieselben im Uebrigen, in Bezug auf ihre Gestalt, ihre Umrisse, ihre Farbe, keine Ver\u00e4nderung zeigten.\u201c Diese Wahrnehmungen geschehen im Uebrigen von den Kranken bei vollem Bewufstsein. Der Eine sah, wie gesagt, einen Ofen sich in Einemfort bewegen, der Andere sah die Leute in seinem","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Litera turbericht\n319\nB\u00fcre&u in Einemfort h\u00fcpfen und Bich vor ihm verbeugen! \u2014 Der Eine der Kranken hatte dabei das deutliche Gef\u00fchl, dafs seine Augen sich herumdrehten. Krause erinnert daran, dafs Bewegungs- und Tastempfindungen, die bei Bewegung des Auges, des Kopfes etc. entstehen, beziehungsweise die durch solche Bewegungen bedingten kin\u00e4sthetischen Vorstellungen ein sehr bedeutender Faktor sind f\u00fcr die Bildung der Raumvorstellung, Gewinnung der Tiefenvorstellung und das Sehen bewegter Objecte. Die geschilderten F\u00e4lle lassen keinen Zusammenhang mit den h\u00f6heren psychischen Functionen erkennen. \u201eWir k\u00f6nnen sie uns nur durch einen krankhaften Vorgang auf den Bahnen, welche uns zu Vorstellungen \u00fcber Augenbewegungen verhelfen, oder ihrem Centrum erkl\u00e4ren, jenen Bahnen, mittels deren wir das gegenseitige Lageverh\u00e4ltnifs der Objecte beurtheilen und die Bewegungen derselben wahrnehmen. Die eigentliche optische Bahn aber und ihr Centrum, die sich mit den oben genannten zu einer Gesichtsvorstellung verbinden, sind bei diesen Gesichtst\u00e4uschungen intact.\nUmpfenbach.\nHans Laehb. Die Darstellung krankhafter Geisteszust\u00e4nde in Shakespeare\u2019s Dramen. Stuttgart, Paul Heff. 1898. 200 S.\nEs giebt Dinge, die an sich eine derartige Anziehungskraft aus\u00fcben, dafs sie immer wieder zu neuen Versuchen reizen, so oft sie auch bereits behandelt und so gr\u00fcndlich sie nach allen Seiten hin einer Untersuchung tmterzogen worden sind.\nWas ist nicht alles \u00fcber die Darstellung krankhafter Geisteszust\u00e4nde in den Shakespeare\u2019schen Dramen geschrieben worden!\nNiemand weifs dies besser als Laehr, da er uns in einem Anh\u00e4nge seines Buches eine kurze Inhalts\u00fcbersicht \u00fcber nicht weniger als 34 Schriftsteller giebt, die sich vor ihm mit diesem Gegenst\u00e4nde befafst haben, Namen von meist gutem Klange, und wenn er sich trotzdem auf dieses \u201edurch Raubbau abgewirtschaftete Feld\u201c begeben hat, so m\u00fcssen es gewichtige Gr\u00fcnde gewesen sein, die ihn zu dieser m\u00fchevollen Arbeit bewogen haben. Denn er hat sich seine Arbeit nicht leicht gemacht.\nSchritt f\u00fcr Schritt ist er den Punkten nachgegangen, und er hat die Entstehung der Shakespeare\u2019schen Gebilde an den wissenschaftlichen Kenntnissen jener Zeit und an den dramatischen Darstellungen der Zeitgenossen des grofsen Britten verfolgt.\nEs ist daher keine lediglich geistreiche Causerie, sondern vielmehr das Ergebnifs eingehender Studien und m\u00fchevoller, emsiger Arbeit, das uns hier geboten wird, und wir d\u00fcrfen der Arbeit Laehr\u2019s ruhig das Zeugnifs ausstellen, dafs sie bei aller Anerkennung dessen, was vor ihr auf diesem Gebiete geleistet worden, dennoch eine wesentliche Erweiterung und viellach eine Feststellung unserer Kenntnisse bedeutet.\nDie Beurtheilung Laehr\u2019s ist im Ganzen eine n\u00fcchterne. Er kann nicht zugeben, dafs sich Shakespeare in Auffassung zu Kenntnissen auf dem Gebiete krankhafter Geisteszust\u00e4nde \u00fcber seine Zeitgenossen erhoben nd den Ertrag besserer Zeiten vorweg genommen habe. Vielmehr schliefst er 8\u00a9in Werk mit folgenden Worten : \u201eWir verm\u00f6gen dennoch zwar aus","page":319}],"identifier":"lit30500","issued":"1898","language":"de","pages":"318-319","startpages":"318","title":"Krause: Ueber eine bisher weniger beachtete Form von Gesichtst\u00e4uschungen bei Geisteskranken. Archiv f\u00fcr Psych. Bd. 25, S. 830-849. 1897","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:41:19.684141+00:00"}