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Das Bewußtsein des Wollens

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{"created":"2022-01-31T14:57:48.022454+00:00","id":"lit30502","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pf\u00e4nder, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 17: 321-367","fulltext":[{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem psychologischen Seminar der Universit\u00e4t M\u00fcnchen.)\nDas Bewufstsein des Wollens.\nVon\nA. Pf\u00e4nder.\nInhalt.\nSeite\nEinleitung.........................................................321\nM\u00fcnsterbebg \u00fcber das Willensbewufstsein............................323\nJames* Ansicht \u00fcber das Gef\u00fchl des Strebens und der Th\u00e4tigkeit . .\t342\nStellung anderer Psychologen zu der behandelten Frage:\nK\u00fclpe..................................................... 362\nRibot......................................................365\nBaldwin....................................................366\nWundt......................................................366\nVerh\u00e4ltnifs zu Lipps und Schlufsbemerkung..........................367\nEinleitung.\nDas Bewufstsein des Wollens im eigentlichen Sinne ist ein Specialfall des Bewufstseins des Strebens \u00fcberhaupt, wie dieses sich auch in anderen Bewufstseinszust\u00e4nden, wie z. B. dem Hoffen, W\u00fcnschen, Sehnen, Verlangen, Begehren, F\u00fcrchten, Verabscheuen u. dergl., findet Es hindert nat\u00fcrlich nichts, das Wort \u201eWollen\u201c auch in einem weiteren Sinne zu gebrauchen und es mit \u201eStreben\u201c identisch zu setzen; dann sind alle jene Zust\u00e4nde, die durch das Vorhandensein des Bewufstseins des Strebens ausgezeichnet sind, als Zust\u00e4nde des Wollens zu betrachten.\nDie Vergleichung und Analyse der verschiedenartigen psychischen Thatbest\u00e4nde, in denen das Bewufstsein des Strebens vorliegt, trifft nun als das Gemeinsame und Kennzeichnende immer ein eigenartiges Element an, welches nicht weiter beschreibbar und auch nicht mit Vorstellungen und Empfindungen vergleichbar ist. Es ist das derjenige Bewufstseinsinhalt, den man als Gef\u00fchl der Spannung, der Anstrengung, der Bem\u00fchung,\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XVII.\t21","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nA. Pf\u00e4nder,\ndes Dr\u00e4ngens, des Strebens, der Th\u00e4tigkeit, oder \u00e4hnlich bezeichnet und bezeichnen kann. Welches Wort man w\u00e4hlt, ist schliefslich gleichg\u00fcltig. Nehme ich das Wort Wollen oder Wille im oben angedeuteten weiteren Sinne, so kann ich jenen Inhalt \u201eWillensgef\u00fchl\u201c oder \u201eStrebungsgef\u00fchl\u201c nennen.\nDie Existenz sowohl, wie die Originalit\u00e4t eines solchen besonderen, f\u00fcr das Wollen im allgemeineren Sinne charakteristischen, Bewufstseinsinhaltes ist nun mehrfach geleugnet worden. Man hat versucht, das Bewufstsein des Strebens ganz und gar aus Vorstellungen oder aus Empfindungen zusammen zu setzen, oder doch, wenn man auch die Existenz eines besonderen Gef\u00fchles der Th\u00e4tigkeit anerkannte, dieses wieder als eine Resultante oder ein Verschmelzungsproduct aus Vorstellungsoder Empfindungscomplexen anzusehen. Die nachfolgenden Ausf\u00fchrungen sollen daher diese gegnerischen Ansichten einer genaueren kritischen Pr\u00fcfung unterwerfen.\nDie kritische Betrachtung wird zugleich die Gelegenheit bieten, das bisher \u00fcber das Bewufstsein des Wollens Gesagte zu vervollst\u00e4ndigen. Dafs das Willensgef\u00fchl als besonderer Be-wufstseinsinhalt thats\u00e4chlich vorhanden ist und als solcher anerkannt werden mufs, wird dadurch sich zu erkennen geben, dafs jede Analyse derjenigen Zust\u00e4nde, in denen es vorkommt, unvollst\u00e4ndig ist, so lange man das Willensgef\u00fchl unber\u00fccksichtigt l\u00e4fst ; und dafs andererseits die Ergebnisse solcher unvollst\u00e4ndiger Analysen dazu f\u00fchren w\u00fcrden, mancherlei Bewufst-seinsthatbest\u00e4nde mit Namen zu belegen, die ihnen nicht zukommen, weil ihnen eben das betreffende charakteristische Element fehlt. Ebenso wird sich ergeben, dafs das Willensgef\u00fchl nicht weiter zur\u00fcckf\u00fchrbar ist, weil die m\u00f6glichen R\u00fcckf\u00fchrungen direct oder in ihren Consequenzen mit den Thatsachen in Widerspruch gerathen.\nHistorische Vollst\u00e4ndigkeit liegt nicht in der Absicht dieser Untersuchung. Die Betrachtung wird sich daher nicht allen vorgebrachten Ansichten \u00fcber das Willensgef\u00fchl zu wenden, sondern sie wird sich haupts\u00e4chlich auf diejenigen beschr\u00e4nken, welche die Hauptm\u00f6glichkeiten, wie das Problem des Bewufst-seins des Wollens gel\u00f6st werden kann, ersch\u00f6pfen. Der Hauptsache nach werde ich diese Ansichten in der Form nehmen, in welcher sie von M\u00fcnsterberg und James ausgesprochen worden sind.","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewu\u00dftsein des Wollens.\n323\nM\u00fcnsterberg \u00fcber das Willensbewufstsein.\nAus der Schrift M\u00fcnsterbergs \u201eDie Willenshandlung\u201c kommt hier haupts\u00e4chlich das zweite Capitel in Betracht, welches den Willen als Bewufstseinsvorgang zu seinem Gegenst\u00e4nde hat.\nWir finden dort der psychologischen Analyse zun\u00e4chst klar und pr\u00e4cis die Frage gestellt: \u201eworin besteht der, jedem empirisch gegebene, Inhalt unserer inneren Erfahrung, den wir als Wille bezeichnen?\u201c Gleich darauf aber wird die Fragestellung gr\u00fcndlich verdorben. M\u00fcnsterberg erkl\u00e4rt n\u00e4mlich, \u201edie moderne Psychologie bezeichne bekanntlich die letzten auf einander nicht zur\u00fcckf\u00fchrbaren Bestandteile, in welche sich der Bewufstsein\u00dfr inhalt zerlegen l\u00e4fst, als Empfindungen\u201c; der Empfindung komme eine Qualit\u00e4t, eine Intensit\u00e4t und ein ihre Beziehungen zum Bewusstsein enthaltender Gef\u00fchlston zu. Es m\u00fcsse daher auch der Wille als Bewufstseinserscheinung ein Complex von Empfindungen sein und die Frage specialisire sich also dahin: \u201ewelche Qualit\u00e4t, Intensit\u00e4t und Gef\u00fchlsf\u00e4rbung kommt den unsem Willen zusammensetzenden Empfindungen zu und in welcher Anordnung sind sie mit einander verbunden?\u201c\nNun mag es ja Psychologen geben, die als letzte Elemente des Bewufstseins nur die Empfindungen gelten lassen wollen, aber \u201edie moderne Psychologie\u201c ist weit davon entfernt, das zu thun. Nicht nur glaubt sie Empfindungen von Vorstellungen sehr genau unterscheiden zu m\u00fcssen, sondern zum Theil auch beide wieder von den Gef\u00fchlen als besonderen Bewufstseins^ inhalten trennen zu sollen. Mag dem aber sein, wie ihm wolle, jedenfalls wird mit der Um\u00e4nderung, die M\u00fcnsterberg mit seiner anf\u00e4nglichen Fragestellung vorgenommen hat, eine M\u00f6glichkeit der Antwort auf die urspr\u00fcngliche Frage ohne weitere Pr\u00fcfung als die allein richtige im Voraus angenommen. W\u00e4hrend die psychologische Analyse doch eigentlich erst entscheiden sollte, ob in dem Bewufstseinszustand, den wir Wille nennen, ein besonderer, eigenth\u00fcmlicher Inhalt enthalten ist, oder ob er nur ein \u201eComplex von Empfindungen\u201c ist, steht es f\u00fcr M\u00fcnsterberg von vornherein fest, dafs man den Willen in Empfindungen zu suchen habe.\nIn den darauf folgenden Ausf\u00fchrungen scheint es anf\u00e4nglich, als ob M\u00fcnsterberg diese voreilige Entscheidung wieder\nverlassen wolle, denn wir h\u00f6ren, die Vergleichung des Willens\n21*","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\nA. Pf\u00e4nder.\nbei verschiedenartiger Beth\u00e4tigung ergebe zun\u00e4chst als das Wesentliche des Willens das Gef\u00fchl innerer Th\u00e4tigkeit Dies Gef\u00fchl finde sich nicht nur bei eigentlichen Handlungen, sondern auch bei der Vorstellungs- und Denkth\u00e4tigkeit, bei der Wahl und Verbindung unserer Empfindungen und der Lenkung unserer Aufmerksamkeit. In letzteren F\u00e4llen sei es einfacher zu untersuchen. M. stellt daher mit R\u00fccksicht auf diese die Frage, worin das Gef\u00fchl th\u00e4tigen Willens hier bestehe. Dann aber nimmt er auch hier einfach an, dafs es aus Empfindungen bestehe, und formulirt die Frage so: \u201eWie m\u00fcssen die im Be* wufstsein anwesenden Empfindungen beschaffen sein, wenn sie uns das Gef\u00fchl innerer Freiheit, th\u00e4tigen Willens erzeugen sollen?\u201c Von den etwa begleitenden Organempfindungen oder Innervationsgef\u00fchlen will er dabei absehen.\nAufser jener eben bezeichneten Vor\u00fcberzeugung, dafs das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl aus Empfindungen bestehe, steckt in dieser Fragestellung noch eine Unklarheit, insofern sie nicht mehr fragt, aus welchen Empfindungen das Gef\u00fchl bestehe, sondern welche Empfindungen das Gef\u00fchl in uns erzeugen. Denn beides ist offenbar sehr von einander verschieden. Erzeugen die Empfindungen das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit, so ist ja das Ge-f\u00fchl nicht mit den Empfindungen identificirt, sondern ihnen gegen\u00fcber als neues Moment, als von ihnen unterscheidbare Bestimmung des Bewufstseins aufgefafst. Es k\u00f6nnte hiernach scheinen, als ob M\u00fcnsterberg nun nicht eigentlich jenes Gef\u00fchl analysiren, sondern vielmehr diejenigen Empfindungs- oder Vor-Stellungszusammenh\u00e4nge auf suchen wolle, die zur Entstehung des Gef\u00fchles Veranlassung geben. Doch bieten die weiteren Darlegungen f\u00fcr eine solche Auslegung seiner Ansicht keine gen\u00fcgenden Anhaltspunkte.\nDie Antwort auf die obige Frage erreicht nun M\u00fcnsterbebg durch Vergleichung einiger F\u00e4lle der willk\u00fcrlichen Vorstellungsbewegung mit solchen der unwillk\u00fcrlichen, und er kommt zu dem Resultat: \u201ein s\u00e4mmtlichen F\u00e4llen der willk\u00fcrlichen Vorstellungsbewegung ging dem klaren Bewufstwerden der Vorstellung a ein anderer Bewufstseinszustand voraus, der dem Inhalte nach auch schon die Vorstellung a enthielt; bei jenen F\u00e4llen unwillk\u00fcrlicher Ver\u00e4nderung ging dem a nichts voraus, was schon a enthalten h\u00e4tte.\u201c Unter Anderem w\u00e4hlt er als Beispiel den Fall des Besinnens auf eine Vorstellung a. Beim","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewufstsein des Wollens.\n325\nBesinnen haben wir das Gef\u00fchl innerer Th\u00e4tigkeit, es erscheint uns als Willensth\u00e4tigkeit; und dies soll darin seinen Grund haben, dafs dem klaren Bewufstwerden der Vorstellung a, in dem das Ziel des Besinnens besteht, schon die Vorstellung a vorausgehe. Bafs hiermit, w\u00f6rtlich genommen, ein Widersinn behauptet w\u00e4re, dafs das Besinnen ja unn\u00f6thig w\u00e4re, wenn die gesuchte Vorstellung a schon im Bewufstsein w\u00e4re, sieht M\u00fcnstek-berg selbst sehr wohl. Er f\u00fcgt daher erl\u00e4uternd hinzu: \u201ewenn ich mich auf a besinne, so habe ich nat\u00fcrlich a selbst noch nicht im Bewufstsein, aber das, was ich in mir wahrnehme, ist doch zweifellos mit a inhaltlich \u00fcbereinstimmend; so lange ich a nicht gefunden, sp\u00fcre ich freilich nur ein z, dieses x aber in einer Reihe von Beziehungen, durch welche x nur a sein kann und nichts Anderes; a ist zun\u00e4chst in seinen Relationen zu anderen Bingen gegeben, w\u00e4hrend es nachher, wenn ich es gefunden habe, durch seine eigenen Merkmale gekennzeichnet ist, aber der inneren Bedeutung nach waren beide Bewufstseins-zustande \u00fcbereinstimmend.\u201c\nEine gewisse Richtigkeit wird man ja dieser Beschreibung des Zustandes des Besinnens nicht abstreiten k\u00f6nnen, aber der Nachweis, dafs hier die zuerst gegebene allgemeine Charakteri-sirung der willk\u00fcrlichen Vorstellungsbewegung zutreffe, dafs also auch hier dem Eintritt der Vorstellung die Vorstellung selbst vorangegaffgen sei, geschieht doch durch einen Gewaltact.\nBenn was soll es heifsen, es sei zwar nicht a im Bewufstsein, sondern ein a*, dieses x sei aber \u201edem Inhalte oder der inneren Bedeutung nach\u201c doch das a? Es giebt doch nur die zwei M\u00f6glichkeiten, entweder ist a im Bewufstsein oder es ist nicht darin vorhanden. Baran \u00e4ndert man auch nichts, wenn man zu Liebe einer bedr\u00e4ngten Theorie die Vorstellung noch in anderer Weise, n\u00e4mlich dem Inhalte oder der inneren Bedeutung nach, da sein lassen m\u00f6chte. Eine Vorstellung ist im Bewufstsein, und sie ist \u201eihrem Inhalte nach\u201c da, das ist gleichbedeutend. Ben Inhalt einer Tonvorstellung z. B. bildet der vorgestellte Ton; ist die Ton vor Stellung ihrem Inhalte nach im Bewufstsein, so heifst das, der vorgestellte Ton ist im Bewufstsein. Basselbe besagt aber auch die Behauptung, die Vorstellung dieses Tones sei vorhanden. Ist also die Vorstellung beim Besinnen nicht im Bewufstsein, so ist sie eben damit auch \u201eihrem Inhalte nach\u201c nicht da.","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\tA. Pf\u00e4nder.\nEbenso ist die \u201einnere Bedeutung\u201c einer Vorstellung entweder nichts weiter als wieder ihr Inhalt, dann gilt das eben Gesagte auch hier. Oder sie besteht in den Beziehungen der Vorstellung zu anderen Vorstellungen; oder auch drittens in ihrem Gef\u00fchlswerth. Im letzteren Falle w\u00e4re \u201eBedeutung\u201c im Sinne von \u201eWichtigkeit\u201c oder \u201eWerth\u201c gemeint; dies ist aber offenbar nicht M\u00fcnsterberg\u2019s Ansicht. Er scheint vielmehr unter innerer Bedeutung die Relationen der Vorstellung zu anderen zu verstehen. Die Vorstellung, auf die ich mich besinne, ist ihrer inneren Bedeutung nach vorhanden, das w\u00fcrde dann heifsen, die Relationen derselben zu anderen vorhandenen Vorstellungen sind im Bewufstsein gegenw\u00e4rtig.\nNun mag es so sein, m\u00f6gen beim Besinnen Vorstellungen und Relationen dieser Vorstellungen zu der gesuchten Vorstellung vorhanden sein, damit ist aber doch nicht gesagt, dafe die Vorstellung selbst bewufst w\u00e4re, sondern vielmehr zugestanden, dafs, so lange das Besinnen sein Ziel noch nicht erreicht hat, so lange also das Besinnen dauert, nur die Beziehungen, nicht aber die gesuchte Vorstellung gegenw\u00e4rtig ist. Das Besinnen ist also ein Fall, welcher sich der Theorie nicht f\u00fcgt, denn es ist vor dem klaren Bewufst werden der Vorstellung die Vorstellung nicht vorhanden, und trotzdem haben wir ein Bewufstsein des Wollens.\nF\u00fcr MCnsterberg fallen auch die F\u00e4lle, in denen wrir unsere Aufmerksamkeit auf eine Vorstellung oder eine Empfindung richten, unter die inneren Willenshandlungen. Unser Wollen heifse nun in solchen F\u00e4llen nichts Anderes, als dafs die Vorstellung oder Empfindung a in unserem Bewufstsein geblieben sei, und dafs wir uns in jedem Augenblick bewufst w\u00e4ren, sie sei auch schon im vorangehenden Momente dagewesen. Nun ist aber eine Vorstellung oder eine Empfindung in der Dauer ihres Daseins nicht immer abh\u00e4ngig von unserer willk\u00fcrlichen Vor-stellungsth\u00e4tigkeit. Jede Vorstellung oder Empfindung dauert ja immer l\u00e4ngere oder k\u00fcrzere Zeit. Wie lange sie nun im Bewufstsein verweilen mufs, damit das Bewufstsein entsteht, wir h\u00e4tten sie durch unsere Aufmerksamkeit festgehalten, theilt uns M\u00fcnsterberg nicht mit. Es m\u00fcfste also nach seiner Theorie jede Vorstellung und Empfindung, da sie ja immer eine Zeit lang im Bewufstsein verweilt, mit dem Bewufstsein verbunden sein, siq sei willk\u00fcrlich erzeugt, oder wenigstens willk\u00fcrlich fest-","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewu\u00dftsein des WoUens.\n327\ngehalten. Da das nicht der Fall ist, da also in einem Augenblick eine Vorstellung oder Empfindung im Bewufstsein sein kann, die auch schon im vorigen Moment da war, ohne dafs wir deshalb das Bewufstsein des Wollens h\u00e4tten, so kann die M\u00fcNSTERBEKG\u2019sche Bestimmung des Wollens bei inneren Willenshandlungen nicht richtig sein.\nDie Vorstellung oder Empfindung, die so l\u00e4ngere Zeit im Bewufstsein verweilt, kann das ja auch \u201egegen unseren Willen\u201c thun; wir sagen dann doch nicht, wir h\u00e4tten die Vorstellung oder Empfindung willk\u00fcrlich festgehalten, obgleich sie im Bewufstsein geblieben ist und wir uns bewufst sind, dafs sie auch schon im vorangehenden Momente da war.\nAufserdem haben wir das Bewufstsein des Wollens schon, ehe die willk\u00fcrliche Vorstellungsbewegung ihr Ziel erreicht hat; ja mit der Erreichung desselben h\u00f6rt das Bewufstsein der Th\u00e4tig-keit auf. Wir warten nicht erst, bis das Ziel erreicht ist, um uns dann th\u00e4tig zu f\u00fchlen. Nehmen wir also selbst einmal an, es sei vor der Erreichung des Zieles die Vorstellung irgendwie vorhanden, worin besteht dann das Bewufstsein des Wollens, das wir zweifellos vor der Erf\u00fcllung des Wollens haben? Es bleibt f\u00fcr M\u00fcnsterberg nichts Anderes \u00fcbrig als die vorangehende Vorstellung. Dann m\u00fcfste aber jede beliebige Vorstellung mit dem Bewufstsein des Wollens identisch sein, denn was sp\u00e4ter mal auf eine Vorstellung folgen wird, kann ja doch, so lange es noch nicht eingetreten ist, diese Vorstellung nicht ber\u00fchren. Es bedarf aber wohl nicht der ausdr\u00fccklichen Versicherung, dafs nicht jede Vorstellung ein Bewufstsein des Wollens ist\nEhe ich zu der entsprechenden Theorie der \u201e\u00e4ufseren\u201c Willenshandlungen \u00fcbergehe, interessirt mich noch die Erg\u00e4nzung, die M\u00fcnsterbekg dem \u00fcber die \u201einnere\u201c Willenshandlung Gesagten angedeihen l\u00e4fst. Er behauptet n\u00e4mlich, nicht jede innere Willensth\u00e4tigkeit geschehe mit dem Bewufstsein unserer Willensth\u00e4tigkeit, so z. B. das ruhig fortschreitende Denken, Rechnen, Schliefsen. Wo wir uns dagegen w\u00e4hrend der Willensleistung unserer inneren Arbeit bewufst w\u00fcrden, da sei immer ein lebhaftes sog. Innervationsgef\u00fchl vorhanden; und gerade in diesem letzteren bestehe ganz besonders das Gef\u00fchl innerer Th\u00e4tigkeit. In einigen F\u00e4llen sei der Wille \u00fcberhaupt nur durch dies Innervationsgef\u00fchl charakterisirt.","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nA. Pf\u00e4nder.\nWie oben angef\u00fchrt wurde, erkl\u00e4rte M\u00fcnsterberg Anfangs das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit als das Wesentliche des Willens. Im Gegensatz dazu behauptet er nun hier, es gebe auch Willenshandlungen, die ohne Bewufstsein der inneren Th\u00e4tigkeit geschehen. Man nenne sie Willenshandlungen, weil die nachtr\u00e4gliche Reflexion sich an das wichtigste Kriterium einer Willenshandlung, n\u00e4mlich die der Erreichung des Zieles vorangehende Vorstellung desselben halte. Nun sind aber gerade die F\u00e4lle, in denen wir uns keiner Willensth\u00e4tigkeit bewufst sind, solche, in denen das Vorstellungsgeschehen, weil es ein gewohntes oder einge\u00fcbtes ist, besonders leicht sich vollzieht Es erscheint mir daher sehr fraglich, ob gerade in diesen eine Vorstellung des Erfolges dem jedesmaligen Eintritt desselben voranging- Auch w\u00fcrden diese F\u00e4lle der Annahme, das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl sei das Wesentliche des Willens, keine Schwierigkeiten bieten. Sie sind ja nicht mit dem Bewufstsein des Wollens verbunden; und die nachtr\u00e4gliche Reflexion k\u00f6nnte sie deshalb Willenshandlungen nennen, weil sie, oder ihnen gleiche, fr\u00fcher immer mit einem Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl verbunden waren, und sie immer noch, so bald ein Hindernifs oder eine Hemmung entsteht, von einem solchen Gef\u00fchle begleitet sein k\u00f6nnen.\nWenn wir das Wollen als Bewufstseinszustand genauer bestimmen wollen, so m\u00fcssen wir nat\u00fcrlich von solchen psychischen Vorg\u00e4ngen ausgehen, die f\u00fcr das unmittelbare Bewufstsein als Wollen sich darstellen, und das sind eben diejenigen, die von dem Bewufstsein innerer Willensth\u00e4tigkeit begleitet sind. Ist dann, wie M\u00fcnsterberg selbst erkl\u00e4rt, in den F\u00e4llen, in denen wir das Bewufstsein des Wollens haben, das Gef\u00fchl innerer Th\u00e4tigkeit oder auch das Innervationsgef\u00fchl das Auszeichnende, so wird es wohl dies Gef\u00fchl sein, welches den Zustand zu einem Zustand des Wollens macht. Dais das Gef\u00fchl dazu gen\u00fcgt, dafs also das Vorangehen der Zielvorstellung, das von M\u00fcnsterberg als das wichtigste Kriterium des Wollens betrachtet wird, unn\u00f6thig ist, dafs es fehlen kann und dennoch ein Bewufstsein des Wollens gegeben sein kann, gesteht M\u00fcnsterberg ja direct zu, wenn er erkl\u00e4rt, in einigen Willensvorg\u00e4ngen, so wenn der Wille auf etwas Unbestimmtes oder Verschwindendes gerichtet sei, sei nur ein Innervationsgef\u00fchl vorhanden und in diesem bestehe das Gef\u00fchl innerer Th\u00e4tigkeit. Damit w\u00e4re also das Resultat der M\u00fcNSTERBERo\u2019schen","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewu\u00dftsein des W\u00fcllens.\n829\nUntersuchung bis zu dieser Stelle wenigstens dies, dafs das Innervationsgef\u00fchl es vor Allem ist, durch dessen Hinzutritt zu einem psychischen Geschehen dies letztere f\u00fcr das Bewufstsein zu einem Willens Vorgang wird.\nAehnlich fafst auch M\u00fcnsterberg sein Ergebnifs zusammen, indem er sagt, der innere Wille sei also zusammengesetzt aus Vorstellungsreihen bestimmter Art und Innervationsgef\u00fchlen. Wenn man diese allgemeine Formulirung f\u00fcr sich betrachtet, kann man ihr eventuell zustimmen; es fragt sich nur, ob man unter den Vorstellungsreihen und den Innervationsgef\u00fchlen dasselbe versteht, wie M\u00fcnsterberg. Welche Art von Vorstellungsreihen gemeint ist, und dafs dieselbe nicht immer beim Wollen vorhanden ist und nicht zu sein braucht, haben wir eben gesehen. Was nun die Innervationsgef\u00fchle eigentlich sind, sucht M\u00fcnsterberg in dem weiteren Verlauf seiner Untersuchung festzustellen.\nEr ist der Meinung, die Frage nach dem Wesen der Innervationsgef\u00fchle lasse sich nicht ohne Pr\u00fcfung der \u201e\u00e4ufseren\u201c Willenshandlungen l\u00f6sen. Wenn wir eine k\u00f6rperliche Bewegung als solche willk\u00fcrlich ausf\u00fchren, so sei immer eine deutliche Impulsempfindung vorhanden. Diese Impulsempfindung nennt M\u00fcnsterberg Innervationsgef\u00fchl, ohne sich damit der im Worte liegenden Hypothese anzuschliefsen. Sie sei eben nicht die Empfindung der Innervation, sondern die Empfindung des Impulses, welcher der gewollten Contraction der Muskeln vorangehe. Nachdem er dann gezeigt hat, dafs jede Wahrnehmung vollzogener Muskelbewegung in erster Linie zu Stande kommt durch die peripher ausgel\u00f6sten Empfindungen der verschiedenen zusammenwirkenden Muskeln, mit denen noch Haut-, Gelenk-und Sehnenempfindungen verschmelzen, stellt er die Behauptung auf, dafs \u201eAlles, was wir Innervationsempfindung nennen, nur die der Bewegung vorangehende Erinnerungsreproduction jener complexen peripher bedingten Bewegungsempfindungen sei.\u201c (S. 83.)\nDa diese Behauptung als eine allgemeine aufgestellt ist, so m\u00fcfste sie auch f\u00fcr diejenigen Innervationsgef\u00fchle Geltung haben, welche bei sog. inneren Willenshandlungen nach M\u00fcnster\u00ab berg\u2019s Zugest\u00e4ndnifs auftreten. Da aufserdem das Th\u00e4tigkeits-gef\u00fchl im Innervationsgef\u00fchl bestehen soll, so m\u00fcfste nach M\u00fcnsterberg jedes Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl eine Erinnerungsrepro-","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\n\u00c0. Pf\u00e4nder.\nduction einer \u201ecomplexen peripher bedingten Bewegungs-empfindung\u201c sein. Beides trifft aber nicht zu.\nDenn, soll beim Aufmerken, Nachdenken etc. das vorhandene Th\u00e4tigkeits- oder Innervationsgef\u00fchl in einer Er-innerungsreproduction von complexen Bewegungsempfindungeil bestehen, so entsteht nat\u00fcrlich die Frage, welche Muskeln, Sehnen und Gelenke denn in solchen Zust\u00fcnden bewegt werden, oder vielmehr, welche complexen Bewegungsempfindungen es denn hier seien, deren Erinnerungsreproduction das Innervationsgef\u00fchl constituiren soll. Es werden doch selbstverst\u00e4ndlich bei \u201einneren\u201c Willenshandlungen keine Gliederbewegungen gewollt, sonst w\u00e4ren es ja keine \u201einneren\u201c. Zwar treten meistens, wenn nicht immer, auch beim Nachdenken, Aufmerken etc. unwillk\u00fcrlich irgendwelche Muskelcontractionen ein. Auf diese, speciell etwa die Kopfhaut- und Augenmuskelcontractionen k\u00f6nnte man also hinweisen und erkl\u00e4ren, die Erinnerungsreproduction der diesen Muskelspannungen entsprechenden Empfindungen bilde bei inneren Willenshandlungen das Innervationsgef\u00fchl.\nEiner solchen Ansicht w\u00fcrde aber dach die unmittelbare Erfahrung widersprechen. Wer eifrig nachdenkt oder aufmerkt und dabei das Bewufstsein innerer Th\u00e4tigkeit oder ein \u201eInnervationsgef\u00fchl\u201c hat, stellt nicht Bewegungsempfindungen seiner Kopfhaut oder seiner Augenmuskeln vor, falls diese nicht gerade den Gegenstand seines Nachdenkens oder Aufmerkens bilden. Er hat genug mit dem directen Gegenstand seines Nachdenkens zu thun. Und sollte dieser zuf\u00e4llig gerade in solchen Bewegungsvorstellungen bestehen, so ist doch dieses Object der Th\u00e4tigkeit von dem Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit wohl unterschieden, w\u00e4hrend sie nach M\u00fcnsterbero zusammenfallen m\u00fcfsten. Aufserdem m\u00fcfste jede Erinnerung an fr\u00fchere Kopfhaut- und Augenmuskelcontractionen, da sie das Dasein der betr. Bewegungsvorstellungen einschliefst, ein jetzt vorhandenes Th\u00e4tigkeits- oder \u201eInnervations\u201c-Gef\u00fchl sein, d. h. es w\u00fcrde sich die Erinnerung an ein fr\u00fcheres Wollen von dem jetzt erlebten Wollen nicht unterscheiden. Ist also bei \u201einneren\u201c Willenshandlungen ein Innervations- oder Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl vorhanden, so kann es nicht in der Erinnerungsreproduction von Bewegungsempfindungen bestehen.\nBetrachten wir nun das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl bei \u201eaufseren\u201c Willenshandlungen, und zwar in dem Falle, f\u00fcr den","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewu\u00dftsein des Wollens.\n331\nM\u00fckstebberg zun\u00e4chst sein\u00a9 Behauptung \u00fcber das Innervationsgef\u00fchl aufstellt, n\u00e4mlich bei demjenigen Wollen, das zu seinem Gegenstand die Ausf\u00fchrung einer K\u00f6rperbewegung als solcher hat. Es soll also in diesem Falle das Th\u00e4tigkeits- oder Innervationsgef\u00fchl in der, der Bewegung vorangehenden, Er-innerungsreproduction derjenigen complexen peripher bedingten Bewegungsempfindung bestehen, welche durch die Ausf\u00fchrung der Bewegung fr\u00fcher entstanden ist.\nDagegen spricht zun\u00e4chst das unmittelbare Bewufstsein. Stelle ich die Bewegungsempfindungen, zu denen z. B. die Erhebung meines Annes f\u00fchren w\u00fcrde, nur vor, so ist damit noch kein Innervationsgef\u00fchl, noch kein Wollen der Bewegung gegeben; es bleibt vielmehr bei der blofsen Vorstellung, wenn nicht eben das Wollen, das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl, das auf die Ausf\u00fchrung der Bewegung gerichtet ist, hinzutritt. Hier, wo Bewegungsempfindungen das Ziel des Wollens sind, ist es wie \u00fcberall; stelle ich den Gegenstand des Wollens nur vor, so will ich ihn eben noch nicht, ich will ihn erst, wenn das Wollen zu der Vorstellung hinzutritt. So ist auch das Th\u00e4tigkeits- oder Innervationsgef\u00fchl etwas Neues, was zu den Bewegungsvorstellungen hinzukommt, wenn die Bewegungsempfindungen gewollt werden. Die blofse Vorstellung der Bewegungsempfindung ist nicht das Innervations- oder Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl.\nEs kann auch nicht so sein, denn sonst m\u00fcfsten allerlei Zust\u00e4nde als Wollen bezeichnet werden, die Niemand daf\u00fcr erkl\u00e4ren wird. Nat\u00fcrlich stellen wir, wenn wir eine Bewegung als solche wollen, dieselbe vor, und das geschieht urspr\u00fcnglich durch die Vorstellung derjenigen Bewegungsempfindungen, die bei der Ausf\u00fchrung der Bewegung gew\u00f6hnlich entstehen. Aber nicht das Umgekehrte gilt; nicht immer, wenn wir solche Bewegungsempfindungen vorstellen, befinden wir uns in einem Zustande des Wollens. Jedes Mal, wenn wir uns an eine fr\u00fcher ausgef\u00fchrte Bewegung erinnern, wenn wir also die Er-innerungsreproduction einer complexen Bewegungsempfindung haben, m\u00fcfsten vrir ja sonst das Bewufstsein haben, die Bewegung jetzt zu wollen, m\u00fcfsten wir jetzt ein Innervationsgef\u00fchl haben. Das ist aber offenbar nicht der Fall; die Erinnerung an eine Bewegung ist nicht identisch mit jetzigem Wollen dieser Bewegung. Urspr\u00fcnglich f\u00fchrt vielleicht jede Vorstellung einer Bewegung den Impuls zur Ausf\u00fchrung derselben mit sich, in","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\nA. Pf\u00e4nder,\neinigen F\u00e4llen mag auch die Erinnerung an eine fr\u00fcher aus-gef\u00fchrte Bewegung von einem st\u00e4rkeren oder schw\u00e4cheren Drange, sie wieder auszuf\u00fchren, begleitet sein; die Thatsache aber, dafs beim Erwachsenen in den meisten F\u00e4llen die blofse Vorstellung einer Bewegung nicht das Streben nach ihrer Verwirklichung mit sich f\u00fchrt, gen\u00fcgt um zu zeigen, dafs die Vorstellung einer Bewegung und das Bewufstsein des Wollens oder das Innervationsgef\u00fchl nicht identisch, sondern sehr verschiedene Dinge sind, da die erstere vorhanden sein kann, ohne dafs das zweite da w\u00e4re.\nDasselbe finden wir in anderen F\u00e4llen.1 Es giebt Bewegungen unserer Muskeln und Glieder, die ohne unseren Willen sich vollziehen, so z. B. die Reflexbewegungen des Hustens, des Niefsens, dann die Bewegungen, die durch elektrische Reizung von motorischen Nerven hervorgebracht werden, schliefslich Bewegungen, die andere Personen mit unseren Gliedern vornehmen. Alle diese unwillk\u00fcrlichen Bewegungen k\u00f6nnen vor ihrer Ausf\u00fchrung vorausgesehen werden. Wir haben dann Er-innerungsreproductionen von complexen Bewegungsempfindungen, wir haben aber nicht ein Th\u00e4tigkeits- oder Innervationsgef\u00fchl, und wir sagen nicht, wenn die Bewegungen thats\u00e4chlich stattgefunden haben, wir h\u00e4tten dieselben gewollt.\nEs kommt vor, dafs das Wollen einer und derselben Bewegung zu verschiedenen Zeiten einer verschieden intensiven Willensanstrengung oder eines verschieden intensiven Innervationsgef\u00fchles bedarf ; so wenn wir z. B. die Bewegung unseres durch Compression gel\u00e4hmten Armes wollen. Nun haben wir im letzteren Falle nicht Vorstellungen intensiverer Bewegungsempfindungen, als dann, wenn der Arm nicht gel\u00e4hmt ist; im Gegentheil, wir k\u00f6nnen wissen, dafs die Ausf\u00fchrung der Bewegung, wenn sie schliefslich doch zu Stande kommt, nur zu sehr schwachen Bewegungsempfindungen Veranlassung geben wTird. Soll das Innervationsgef\u00fchl identisch mit der Vorstellung einer Bewegungsempfindung sein, so m\u00fcfste die Intensit\u00e4t des Innervationsgef\u00fchles mit der Intensit\u00e4t der Vorstellung zusammen-fallen. Da das aber nicht zutrifft, wenn man unter der Intensit\u00e4t der Vorstellung die Intensit\u00e4t des Vorgestellten versteht, so\n1 Vgl. Lipps: \u201eBemerkungen zur Theorie der Gef\u00fchle/* Vierteljahrschr. f. wissensch. Philos. XIII, 2.","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bexcufstsein des Wollend.\n333\nm\u00fcfste man hier berechtigt sein, aufser von der Intensit\u00e4t des Vorgestellten auch von einer Intensit\u00e4t der Vorstellung zu sprechen ; d. h. man m\u00fcfste annehmen, dafs eine Vorstellung, die immer dieselben Bewegungsempfindungen von derselben Intensit\u00e4t repr\u00e4sentire, doch ihrerseits wieder verschiedene Intensit\u00e4t besitzen k\u00f6nne.\nVielleicht w\u00fcrde aber M\u00fcnsterberg hiergegen kein Bedenken haben, da er auch sonst von einer Intensit\u00e4t der Vorstellungen in diesem Sinne spricht. F\u00fcr ihn ist der Unterschied zwischen einer Vorstellung und der ihr entsprechenden Empfindung ein Unterschied der Intensit\u00e4t; also f\u00fcr M\u00fcnsterberg repr\u00e4sentiren Vorstellungen, die einer Empfindung von bestimmter Intensit\u00e4t entsprechen, zwar diese Empfindung in ihrer Intensit\u00e4t, sind aber als Vorstellungen weniger intensiv als die Empfindungen. Ich will nun nicht auf die in dieser Annahme liegende Begriffsverwechslung n\u00e4her eingehen. Soviel ist jedenfalls klar, dafs auf Grund dieser Annahme die M\u00fcnstebberg\u2019sehe Willenstheorie in einen neuen Conflict mit den Thatsachen kommt. Denn ist das Innervationsgef\u00fchl identisch mit der Vorstellung einer Bewegungsempfindung, so m\u00fcfste es auch intensiver werden, wenn die Vorstellung intensiver w\u00fcrde. Da f\u00fcr M\u00fcnsterberg der Uebergang von der Vorstellung einer Bewegungsempfindung zu dieser Bewegungsempfindung selbst einer pl\u00f6tzlichen Intensit\u00e4tssteigerung der betreffenden Vorstellung gleichkommt, so m\u00fcfste das Th\u00e4tigkeits- oder Innervationsgef\u00fchl, welches der thats\u00e4ch-lichen Bewegung vorangeht, relativ schwach sein, aber mit der Ausf\u00fchrung und dem Entstehen der Bewegungsempfindung pl\u00f6tzlich an Intensit\u00e4t bedeutend zunehmen. Gew\u00f6hnlich findet aber das Umgekehrte statt; die Impulsempfindung oder das Innervationsgef\u00fchl setzt vor der Bewegung kr\u00e4ftig ein, um sich mit der Ausf\u00fchrung der Bewegung, solange keine Hindernisse eintreten, schnell aufzul\u00f6sen, indem es zu einem Minimum von Intensit\u00e4t herabsinkt.\nSehen wir aber mal genauer zu, worin denn f\u00fcr das Be-wufstsein die Vorstellungen .von Bewegungsempfindungen bestehen. Bewegungsempfindungen sollen hier diejenigen Muskel-, Haut-, Sehnen- und Gelenkempfindungen sein, welche entstehen, wenn ein Theil unseres K\u00f6rpers bewegt wird. Wenn nun eine Bewegung eines K\u00f6rpertheiles ausgef\u00fchrt wird und die Aufmerksamkeit derselben zugewandt ist, so ist nicht etwa eine","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\n.4. Pf\u00e4nder.\neinzige constante Empfindung als Bewegungsempfindung vorhanden, sondern vielmehr ein stetiger U ebergang zwischen verschiedenen oben bezeichneten Empfindungen. Die Bewegungs-empfindung ist also eine in der Zeit verlaufende stetige Succession verschiedener Muskel-, Haut-, Sehnen- und Gelenkem pfindungen. Diese Empfindungen selbst sind r\u00e4umlich localisirt und befinden sich in bestimmter r\u00e4umlicher Lage zu einander. Bei einer bestimmten Bewegung findet die Succession derselben in der Weise statt, dafs einmal mehr die Muskel-, dann mehr die Haut- oder Sehnen-und Gelenkempfindungen \u00fcberwiegen, und aufserdem jede einzelne dieser Empfindungsgattungen w\u00e4hrend der Bewegung bestimmte Ver\u00e4nderungen erleidet Bei verschiedenen Bewegungen sind aufserdem diese Empfindungsreihen immer andere und andere. Die Vorstellungen von Bewegungsempfindungen bieten also eine grofse Mannigfaltigkeit dar, indem sie diese mannigfach verschiedenen Empfindungsreihen repr\u00e4sentiren. Einerseits mufs ich nun bekennen, dafs es meinen Bem\u00fchungen bisher nicht gelungen ist, in dem Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl die Vorstellung von der artigen r\u00e4umlich geordneten Empfindungen zu entdecken. Andererseits aber haben die Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchle oder Innervations-gef\u00fchle allerdings eine gewisse Dauer und k\u00f6nnen ihrer Intensit\u00e4t und ihrem Lust- oder Unlustcharakter nach schwanken, aber im Uebrigen sind sie bei den verschiedensten Bewegungen qualitativ gleich. Sie zeigen durchaus nicht eine solch grofse Mannigfaltigkeit, wie sie gefordert wird, wenn sie mit Vorstellungen von Empfindungsreihen identisch sein sollen.\nIm Ganzen sind also doch wohl nicht, wie M\u00fcnste\u00e4be\u00e4g behauptet, alle Thatsachen mit seiner Ansicht \u00fcber das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl vereinbar, sondern manche Thatsachen widersprechen ihr sogar. Nun soll es aber Thatsachen geben, die nur mit dieser Annahme sich zureichend und einfach erkl\u00e4ren lassen. Hiermit soll vielleicht nur gesagt sein, dafs diese Thatsachen sich nicht mit der von M\u00fcnsterbekg bek\u00e4mpften Theorie, welche in dem Innervationsgef\u00fchl das Bewufstseinscorrelat einer centralen motorischen Innervation sieht, erkl\u00e4ren lassen. Wenig-stens sind die angef\u00fchrten Thatsachen derart, dafs sie diese Ver* muthung rechtfertigen. Sollen aber alle anderen Ansichten als unzureichend zur Erkl\u00e4rung der Thatsachen zur\u00fcckgewiesen werden, so scheint mir damit ein wenig zu viel gethan. Von den fraglichen Thatsachen sind offenbar mehrere nur der von","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewu\u00dftsein des Wollene.\n335\nM. bek\u00e4mpften Theorie als von ihr unerkl\u00e4rbare vorgehalten. Im Uebrigen bleibt f\u00fcr andere Theorieen haupts\u00e4chlich die Erkl\u00e4rung einer Thatsache zu leisten, die auch f\u00fcr M. die wichtigste zu sein scheint. Diese Thatsache soll nun darin bestehen, dafs wir keine Innervationsempfindungen von Bewegungen haben k\u00f6nnen, die wir noch nie, activ oder passiv, ausgef\u00fchrt haben, bei denen wir uns also keine Vorstellung der entsprechenden Bewegungsempfindungen machen k\u00f6nnen. Dies scheint sehr einleuchtend. M\u00fcnstekberg will offenbar damit beweisen, dafs da, wo keine Vorstellung von Bewegungsempfindungen ist, auch kein Innervationsgef\u00fchl vorhanden ist Nun giebt es aber, wie wir oben sahen, F\u00e4lle, n\u00e4mlich die inneren Willenshandlungen, in denen ein Th\u00e4tigkeits- oder Innervationsgef\u00fchl sich findet und doch keine Vorstellung von Bewegungsempfindungen. Aber auch bei denjenigen \u00e4ufseren Willenshandlungen, deren Ziel eine K\u00f6rperbewegung ist, beweist die von M\u00fcnsterberg angef\u00fchrte Thatsache nichts f\u00fcr die Identit\u00e4t von Innervationsgef\u00fchl und Vorstellung von Bewegungsempfindung.\nDenn suchen wir uns zun\u00e4chst klarzumachen, was \u201eeine Innervationsempfindung von einer Bewegung\u201c heifsen kann. Da die Innervationsgef\u00fchle nicht, jenachdem diese oder jene Bewegung gewollt wird, f\u00fcr jede Bewegung ganz bestimmte Eigenth\u00fcmlichkeiten an sich tragen, so kann ein Innervationsgef\u00fchl von einer bestimmten Bewegung nur ein solches sein, das gleichzeitig mit der Vorstellung der gewollten Bewegung im Bewufstsein ist. Sagt man also, ein Innervationsgef\u00fchl von einer Bewegung, die wir nicht vorstellen k\u00f6nnen, k\u00f6nnen wir nicht haben, so heifst das nichts weiter als, dafs das gleichzeitige Dasein eines Innervationsgef\u00fchles und der Vorstellung einer Bewegung unm\u00f6glich sei, wenn die Vorstellung der Bewegung unm\u00f6glich, oder wenn wir die Bewegung nicht vorstellen k\u00f6nnen. Das ist aber selbstverst\u00e4ndlich, weil es eine Tautologie ist.\nVielleicht hat M\u00fcnsterberg mit dem \u201eInnervationsgef\u00fchl von einer Bewegung\u201c etwas Anderes gemeint. Wenn wir eine Bewegung noch nie ausgef\u00fchrt haben, so k\u00f6nnen wir sie zwar nicht vorstellen in dem Sinne, in welchem M\u00fcnsterberg sonst von Bewegungsvorstellungen spricht, n\u00e4mlich nicht in Form von Muskel-, Haut-, Sehnen- und Gelenkempfindungen ; wohl aber k\u00f6nnen wir sie eventuell in Form von Gesichtsempfindungen, oder vermittelst Gesichtsvorstellungen, vorstellen. Es k\u00f6nnte also","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nA. Pf\u00e4nder.\nhier unter einem Innervationsgef\u00fchl von einer Bewegung ein solches verstanden sein, welches gleichzeitig mit der Gesichts-vorstellung einer Bewegung gegeben ist, und die Behauptung dementsprechend lauten, dies sei unm\u00f6glich, solange wir die Bewegung noch nicht activ oder passiv ausgef\u00fchrt haben. Schliefst inan nun mit M\u00fcnsterberg in dem Worte \u201eInnervationsgef\u00fchl11 nicht die Theorie ein, dafs das mit dem Worte Bezeichnete das Be-wufstseinscorrelat einer central-motorischen Innervation sei, sondern versteht man darunter nur das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit, dann k\u00f6nnen wir allerdings doch ein Innervationsgef\u00fchl haben, das auf die Gesichtsvorstellung einer Bewegung gerichtet ist, auch wenn wir die Bewegung noch nie selbst ausgef\u00fchrt haben ; z. B. dann, wenn wir der Gesichtsvorstellung der Bewegung, die wir an anderen Personen gesehen haben, unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Doch das will M\u00fcnsterberg mit seiner Behauptung wohl auch nicht bestreiten; das \u201eInnervationsgef\u00fchl von einer Bewegung44 soll offenbar dasjenige sein, das auf die Ausf\u00fchrung der Bewegung gerichtet ist. Die Behauptung w\u00fcrde danach besagen, dafs wir eine Bewegung, die wir noch nie ausgef\u00fchrt haben, nicht im eigentlichen Sinne ausf\u00fchren wollen k\u00f6nnen, auch wenn wir die Gesichtsvorstellung einer \u00e4hnlichen Bewegung haben. Das ist nun allerdings eine Thatsache. Aber diese Thatsache f\u00fchrt sich auf die letzte Thatsache, an der es nichts zu erkl\u00e4ren giebt, zur\u00fcck, dafs nur das Wollen von Muskel-, Sehnen-, Haut- und Gelenkempfindungen, also das Wollen von Bewegungsempfindungen im diesem Sinne urspr\u00fcnglich zur thats\u00e4chlichen Bewegung f\u00fchrt, dafs dagegen die Richtung des Wollens auf die Gesichtsvorstellung der Bewegung dazu nicht gen\u00fcgt. Weil wir wissen, dafs es so ist, dafs wir die thats\u00e4chliclie Bewegung nicht herbeif\u00fchren k\u00f6nnen, wenn wir nicht die entsprechenden Muskel-, Haut-, Sehnen- und Gelenkempfindungen vorstellen k\u00f6nnen, k\u00f6nnen wir auch die Bewegung, deren Gesichtsbild wir zwar haben, doch nicht ausf\u00fchren wollen.\nDie von M\u00fcnsterberg angef\u00fchrte Thatsache, die nur durch seine Theorie erkl\u00e4rbar sein soll, enth\u00e4lt also entweder eine Tautologie, oder sie besagt, dafs wir eine Bewegung nur dann wollen k\u00f6nnen, wenn wir die angef\u00fchrten Bewegungsempfindungen vorstellen k\u00f6nnen. Im ersteren Falle bedarf sie \u00fcberhaupt keiner Erkl\u00e4rung, im letzteren Falle f\u00fchrt sie zur\u00fcck auf eine letzte Thatsache, die unerkl\u00e4rbar ist. Aufserdem beweist","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewufstsein des Wollene.\n337\naber auch die Thatsache nicht die Identit\u00e4t von Innervationsgef\u00fchl und Vorstellung einer Bewegungsempfindung, sie besagt vielmehr nur, dafs beim Wollen von Bewegungen das Innervationsgef\u00fchl gleichzeitig mit der Vorstellung der gewollten Bewegungen vorhanden sein mufs.\nBis jetzt hatten wir es nur mit solchen \u201e\u00e4ufseren\u201c Willenshandlungen zu thun, deren Ziel einfach eine Muskelcontraction, oder, genauer, die Herbeif\u00fchrung einer bestimmten Succession von Muskel-, Haut-, Sehnen- und Gelenkempfindungen ist. Nach M\u00fcnsterberg soll nun bei allen \u00e4ufseren Willenshandlungen, auch bei solchen, deren Ziel die Erreichung eines \u00e4ufseren Effectes ist, das Bewufstsein des Wollens identisch mit der Vorstellung des Effectes sein, genau so wie das Bewufstsein des Wollens oder das Innervationsgef\u00fchl dann, wenn eine Bewegung das Ziel ist, mit der Vorstellung der Bewegungsempfindung identisch sein soll. Er sagt, der Typus der \u00e4ufseren Willenshandlungen bestehe darin, dafs man erst eine mehr oder minder deutliche und mehr oder minder anschauliche Vorstellung des Zweckes wahmehme und dann den Zweck als erreicht empfinde. Der Wille selbst besteht aus nichts weiter, \u201eals aus der, von associirtenKopfmuskel-Spannungsempfindungen h\u00e4ufig begleiteten, Wahmehmung eines durch eigene K\u00f6rperbewegung erreichten Effectes mit vorhergehender aus der Phantasie, d. h. in letzter Linie aus der Erinnerung gesch\u00f6pfter Vorstellung desselben\u201c, und diese anticipirte Vorstellung sei uns, wenn der Effect eine K\u00f6rperbewegung selbst ist, als Innervationsempfindung gegeben (S. 96). Er f\u00fcgt dann noch die richtige Bemerkung hinzu, einen allgemeinen constanten Willen gebe es ja \u00fcberhaupt nicht, sondern nur zahllose einzelne Wollungen.\nBedenkt man nun, dafs M\u00fcnsterberg hier den Willen als Bewufstseinsvorgang untersuchen will, so w\u00fcrde seiner eben angegebenen Ansicht gem\u00e4fs, die bewufste Wollung oder, was dasselbe ist, der Bewufstseinsthatbestand des Wollens allgemein darin bestehen, dafs erst die Vorstellung von Etwas im Bewufstsein ist und dann dieses Etwas selbst ins Bewufstsein tritt. Damit ist aber der Thatbestand des Wollens nicht gen\u00fcgend bezeichnet. Stelle ich zun\u00e4chst einen Klang oder eine Person nur vor, und tritt dann zuf\u00e4llig dieser Klang oder diese Person in der Sinneswahrnehmung auf, so heifst das doch nicht, ich habe diesen Klang h\u00f6ren oder diese Person sehen wollen.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XVII.\t22","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nA. Pf\u00e4nder.\nSo gen\u00fcgt die blofse Aufeinanderfolge von Vorstellung und entsprechender Sinneswahmehmung niemals, um das Wollen dieser Sinneswahmehmung zu constituiren.\nNun folgt hier freilich die Wahrnehmung des Effectes auf die Vorstellung desselben nicht durch eigene K\u00f6rperbewegung.1 Unter \u201eeigener11 K\u00f6rperbewegung kann man einmal eine solche Bewegung verstehen, welche an unserem eigenen K\u00f6rper vor sich geht Solche \u201eeigenen\u201c K\u00f6rperbewegungen k\u00f6nnen auch automatisch, reflexartig oder auch durch andere Personen hervorgebracht werden. Wenn aber dies der Fall ist, wenn also z. B. auf die Vorstellung einer Schmerzempfindung die Empfindung des Schmerzes durch solche Bewegungen folgt, welche eine andere Person mit meinem Arm vomimmt, so ist keine Rede davon, dafs ich den durch \u201eeigene\u201c K\u00f6rperbewegung erreichten Effect, also hier die Schmerzempfindung gewollt habe. M\u00fcnstebberg verbindet aber wohl mit dem Worte \u201eeigenen\u201c einen anderen Sinn und versteht unter \u201eeigenen\u201c K\u00f6rperbewegungen solche, die man selbst ausf\u00fchrt, d. h. deren Ausf\u00fchrung man gewollt hat Damit w\u00e4re jedoch in der allgemeinen Bestimmung des Wollens ein specieller Fall desselben, n\u00e4mlich das Wollen von K\u00f6rperbewegungen, vorausgesetzt. Da die Analyse des Wollens von K\u00f6rperbewegungen, wie wir gesehen haben, von M\u00fcnstebberg nicht gen\u00fcgend vollst\u00e4ndig ausgef\u00fchrt worden ist, so w\u00fcrde hiernach auch seine allgemeine Bestimmung des Wollens unvollst\u00e4ndig sein.\nAber auch wenn man davon absieht, wenn man also annimmt, es sei festgestellt, worin das Wollen von K\u00f6rperbewegungen als Bewufstseinszustand besteht, so bleibt jene allgemeine Bestimmung, nach der das Wollen nichts weiter als eine Aufeinanderfolge der Vorstellung eines Effectes und der Wahrnehmung des durch gewollte K\u00f6rperbewegung eintretenden Effectes sein soll, noch unzureichend. Nehmen wir z. B. einen Turner, der vor Ausf\u00fchrung einer k\u00f6rperlichen Bewegung an die M\u00f6glichkeit eines Sturzes mit nachfolgendem Armbruch denkt Er stellt also den, zuweilen vorkommenden, ungl\u00fccklichen Effect der k\u00f6rperlichen Bewegung vor ; das hindere ihn nicht, die Aus-f\u00fchrung der k\u00f6rperlichen Bewegung zu wollen. Tritt nun zu-\n1 Vgl. Lipps: \u201eBemerkungen z. Theorie der Gef\u00fchle\". Yiertelj. f. trist.\nPhilos. XIII 2.","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewufstsein des Wollcns.\n339\nf\u00e4llig der vorher vorgestellte Effect ein, so geschieht das offenbar auf Grund gewollter K\u00f6rperbewegungen, deren Erfolg nur diesmal ein ungew\u00f6hnlicher ist. Wir haben also Alles, was nach M\u00fcnsterberg zu einer Wollung erforderlich ist, die Vorstellung des Effectes und die Wahrnehmung des durch eigene d. h. gewollte K\u00f6rperbewegungen eintretenden Effectes ; trotzdem werden wir nicht behaupten, der Turner habe diesen Effect herbeif\u00fchren wollen. So geschieht es h\u00e4ufig, dafs eine gewollte K\u00f6rperbewegung einen zwar vorher vorgestellten, aber eben nicht gewollten Effect hat. Durch jede K\u00f6rperbewegung, erst recht durch die gewollte, greift der Mensch in den Causalzusammen-hang des von ihm unabh\u00e4ngig verlaufenden Geschehens ein. Welches der schliefsliche Effect seines Eingriffs sein wird, kann er nie mit absoluter Gewifsheit vorauswissen, vielmehr wird er in vielen F\u00e4llen verschiedenartige Erfolge seiner K\u00f6rperbewegungen als m\u00f6glich vorstellen. Nicht jeden dieser vorgestellten Erfolge aber hat er dann, wenn derselbe eintritt und er ihn wTahmimmt, auch wirklich gewollt. Nach M\u00fcnsterberg m\u00fcfsten aber alle Erfolge, die vorher vorgestellt und dann auf Grund von eigenen K\u00f6rperbewegungen eintreten und wahrgenommen werden, auch gewollt sein. Die M\u00dcNsTERBERG\u2019sche Bestimmung des Wollens ist also zu weit, indem sie auch solche F\u00e4lle um-fafst, welche den Namen \u201eWollen\u201c nicht verdienen.\nWas soll nun aber \u00fcberhaupt die R\u00fccksichtnahme auf die Wahrnehmung des erreichten Effectes? Giebt es denn kein Wollen, das sein Ziel nicht erreicht? Man hat kein psychologisches Recht, alles menschliche Wollen, das von der Ungunst der Umst\u00e4nde^ des \u201eSchicksals\u201c oder anderer Menschen durchkreuzt Wird und auf seine Erf\u00fcllung verzichten mufs, nicht als eigentliches Wollen zu betrachten. Niemand wird zugeben, dafs er dann, wenn ihm ein mit aller Energie begonnenes Unternehmen mifsgl\u00fcckt, doch nicht eigentlich gewollt habe. Das Wollen ist eben ganz unabh\u00e4ngig von der Art und Weise, wrie die Verwirklichung des Gewrollten thats\u00e4chlich verl\u00e4uft. 1st der Effect einmal gewollt, so mag die Verwirklichung der Mittel nicht zu dem gewollten Effect f\u00fchren, ja mag sogar der Uebergang vom Wollen des Effectes zur Verwirklichung der Mittel wieder vom Wollen des Effectes abschrecken, das hindert alles nicht, dafs ein regelrechtes Wollen vorhanden war. Das Wollen\ndes Effectes ist die Voraussetzung f\u00fcr das Wollen der zur Ver-\n22*","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nA. Pf\u00e4nder.\nwirklichung dienenden Mittel, also hier f\u00fcr das Wollen der entsprechenden K\u00f6rperbewegungen. Es bildet den Anfang des ganzen Willens Vorganges; und solange das Bewufstseinsgeschehen unter dem Einfl\u00fcsse dieses Wollens des Effectes steht, nennt man dasselbe einen Willens Vorgang, mag das schliefsliche Endresultat des Bewufstseinsgeschehens die Wahrnehmung des erreichten Effectes sein oder nicht. Die M\u00fcNSTERBERG\u2019sche Fassung des Willensbegriffes ist also in dieser Hinsicht zu eng, insofern sie solche F\u00e4lle ausschliefst, die nicht mit der Wahrnehmung der Verwirklichung des Gewollten endigen, die aber trotzdem von Jedermann als Wollen im strengsten Sinne anerkannt werden.\nMan hat auch gegen M\u00fcnsterberg alles Recht dazu, solche F\u00e4lle als Wollen zu bezeichnen. Denn das Bewufstsein des Wollens ist entscheidend daf\u00fcr, dafs einem Bewufstseinsvorgang der Name Wollen im strengsten Sinne zukommt. Und dies Bewufstsein des Wollens tritt nicht erst dann ein, wenn das Ziel des Wollens erreicht ist, es ist vielmehr schon vorhanden, ehe die Verwirklichung des Gewollten begonnen wird. Mag auf das Bewufstsein des Wollens folgen, was da will; dafs gewollt worden ist, bleibt dann doch als eine nicht mehr zu leugnende That-sache der Vergangenheit bestehen; und dementsprechend bleibt der Bewufstseinsvorgang, der von dem Bewufstsein des Wollens begleitet war, immer ein Wollen, gleichg\u00fcltig ob er mit der Wahrnehmung des erreichten oder des imvollst\u00e4ndig oder gar nicht erreichten Effectes abschliefst.\nWorin kann aber nun dieses Bewufstsein des Wollens, das von der Wahrnehmung des erreichten Effectes unabh\u00e4ngig ist, f\u00fcr M\u00fcnsterberg noch bestehen ? Es bleibt offenbar nichts anderes \u00fcbrig, als allein die Vorstellung des Effectes; es m\u00fcfste also die Vorstellung des Effectes das Bewufstsein des Wollens bilden. Schliefst man nun nicht unberechtigter Weise in die Vorstellung des Effectes stillschweigend das Bewnfstsein des Wollens mit ein, so kann die Vorstellung des Effectes nur die Vorstellung von irgend Etwas sein, das unter Umst\u00e4nden Gegenstand des Wollens werden kann. Es m\u00fcfste also f\u00fcr M\u00fcnster-Berg die Vorstellung von irgend Etwas oder jede beliebige Vorstellung ein Bewufstsein des Wollens oder ein Willensgef\u00fchl sein, wenn auch ein Anh\u00e4nger der M\u00fcNSTERBERG'schen Theorie jedesmal zweifeln m\u00fcfste, ob das Bewufstsein des Wollens,","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewufstsein des Wollens.\n341\ntlas er mit jeder Vorstellung hat, sieh durch die nachfolgende Wahrnehmung des erreichten Effectes als echt erweisen werde. Als Object des Zweifels m\u00fcfste das Bewufstsein des Wollens vor der Erreichung des Effectes jedenfalls in der beliebigen Vorstellung immer gegeben sein, da ja aufser der Vorstellung nichts vorhanden sein soll. Es bedarf aber wohl keiner weiteren Er\u00f6rterungen, um einzusehen, dafs nicht die Vorstellung von irgend Etwas oder jede beliebige Vorstellung identisch mit dem Bewufstsein des Wollens oder dem Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl ist. Wir wollen doch nicht Alles, was wir blofs vorstellen.\nEs bleibt also f\u00fcr M\u00fcnsterberg gar kein unterscheidendes Merkmal des Bewufstseins des Wollens \u00fcbrig. Wir sahen, dafs das Charakteristikum des Willensbewufstseins das Willensgef\u00fchl ist. Auch M\u00fcnsterberg fand anfangs als das Wesentliche des Willens das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl, welches haupts\u00e4chlich im Innervationsgef\u00fchle bestehen sollte. Letzteres liefs er aber dann wieder bei Seite, indem er es in Vorstellungen von Bewegungsempfindungen aufzul\u00f6sen suchte. Dieser Versuch schlug, wie wir sahen, fehl, weil er mit den Thatsachen in Conflict ger\u00e4th. Dann zog M\u00fcnsterberg ohne Grund die Wahrnehmung des erreichten Effectes in die Bestimmung des Wollens mit hinein. Da wir ein Bewufstsein des Wollens vor der Erreichung des Effectes haben, so mufste die Wahrnehmung der letzteren wieder aus der Bestimmung des Wollens ausgeschieden werden. Der Rest war die Vorstellung von irgend Etwas oder jede beliebige Vorstellung. Diese allein ist aber kein Wollen, kein Willens-bewufstsein. So ger\u00e4th die M\u00fcNSTERBERu\u2019sche Theorie in mehrfacher Hinsicht mit den Thatsachen in Widerstreit. Seine zusammenfassende Behauptung, dafs das Wollen als Bewufstseins-vorgang nur aus einer bestimmten Gruppirung von Empfindungen (oder Vorstellungen) bestehe, kann daher nicht aufrecht erhalten werden.\nNebenbei erw\u00e4hne ich noch, dafs M\u00fcnsterberg durch seine Theorie wohl auch mit sich selbst in Widerspruch kommt. Am Anfang seiner Schrift erkl\u00e4rt er die directe Beobachtung des Wollens f\u00fcr unm\u00f6glich, denn \u201eseine Aufmerksamkeit, seinen Willen auf seinen Willen lenken, hiefse ein doppeltes Selbst-bewufstsein besitzen\u201c. Nun wird man dieser Ansicht wohl vollst\u00e4ndig zustimmen k\u00f6nnen. Aber wie verh\u00e4lt sie sich zu M\u00fcnsterberg\u2019s eben dargelegten Ausf\u00fchrungen? Besteht der Wille aus","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nA. Pf\u00e4nder,\neiner bestimmten Gruppirung von Vorstellungen (oder Empfin* d\u00fcngen), so erscheint es durchaus nicht unm\u00f6glich, ihn direct zu beobachten; denn alle Vorstellungen (oder Empfindungen) sind doch sonst der Beobachtung zug\u00e4nglich ; seinen Willen, seine Aufmerksamkeit seinen Vorstellungen oder Empfindungen zuwenden, ist doch keineswegs ein Widerspruch in sich selbst Nach Allem w\u00e4re es nun noch m\u00f6glich, dafs M\u00fcnsterberg auf die in seiner allgemeinen Bestimmung des Wollens angef\u00fchrten Kopfmuskel - Spannungserapfindungen, die h\u00e4ufig das Wollen begleiten sollen, hin wiese und behauptete, das hier als nothwendig erkl\u00e4rte und bei ihm vermifste Willensgef\u00fchl bestehe eben, wenn es vorhanden sei, aus solchen Kopfmuskel-Spannungsempfindungen. Da jedoch diese Meinung in M\u00fcnsterbergs Abhandlung nicht ausdr\u00fccklich aufgestellt ist, eine ganz analoge Behauptung aber von James ausf\u00fchrlicher dargelegt worden ist, so will ich die Kritik derselben an die Darlegungen des letzteren Autors anschliefsen.\nJames\u2019 Ansicht \u00fcber das Gef\u00fchl des Strebens und\nder Th\u00e4tigkeit.1\nF\u00fcr James ist der Wille eine Relation zwischen unserem Ich und unseren eigenen Bewufstseinszust\u00e4nden (II, 559 ff). Die wesentliche Leistung des Willens bestehe darin, die Aufmerksamkeit auf die Vorstellung des Zieles zu richten und diese Vorstellui^g festzuhalten. Anstrengung der Aufmerksamkeit sei also das wesentliche Ph\u00e4nomen des Willens. Diese Anstrengung komme uns in dem Gef\u00fchle der Bem\u00fchung oder der Th\u00e4tigkeit zu Bewufstsein. Die Existenz des Gef\u00fchles der Willensanstrengung als ph\u00e4nomenaler Thatsache unseres Bewufstseins k\u00f6nne nat\u00fcrlich weder bezweifelt noch geleugnet werden. Nur \u00fcber seine Bedeutung (significance) herrsche Streit.\nMit der einfachen Constatirung des Gef\u00fchles der Th\u00e4tigkeit begn\u00fcgt sich nun James auch nicht, sondern er sucht dasselbe genauer zu bestimmen. Das Resultat seiner darauf bez\u00fcglichen Untersuchungen scheint an verschiedenen Stellen seines Werkes ein verschiedenes zu sein. Im Ganzen kann man dreierlei Gestalten des ^Gef\u00fchles der Th\u00e4tigkeit bei James unterscheiden;\n1 Vgl. W. James: \u201ePrinc. of Psych.\u201c 1890. 2 Bde.","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewufstsein $es Wollens.\n343\njund man bleibt zweifelhaft, welches dieser verschiedenen Ergebnisse f\u00fcr James das endg\u00fcltige ist.\nZwei dieser Gestalten, in denen uns James das Gef\u00fchl der Bem\u00fchung vorf\u00fchrt, stimmen darin \u00fcberein, dafs dies Gef\u00fchl aus K\u00f6rperempfindungen besteht. An verschiedenen Stellen seines Werkes l\u00e4fst jedoch James die M\u00f6glichkeit zu, dafs aufser-dem noch ein, wie er sagt, \u201erein geistiges\u201c, nicht weiter analysir-bares Element beim Wollen sich vorfinde. Er giebt demselben den Namen \u201eFiat des Willens\u201c, und er erkl\u00e4rt, es bezeichne eine ebenso urspr\u00fcngliche und undefinirbare Verhaltungsweise des Geistes zu seinen Inhalten, wie das Wahrheitsbewufstsein oder die Bejahung. In welchem Verh\u00e4ltnifs dieses \u201eFiat\u201c zum Gef\u00fchle der Th\u00e4tigkeit steht, ob es mit demselben identisch ist oder einen besonderen Bewufstseinsinhalt bildet, wird nicht deutlich. Da dies Element aufserdem von James nur nebenbei zugelassen wird und als ein isolirtes mystisches Etwas der kritischen Betrachtung wenig greifbar ist, so werde ich dasselbe hier aufser Acht lassen und mich auf die Pr\u00fcfung der beiden anderen Gestalten des Willensgef\u00fchls beschr\u00e4nken. Und zwar fasse ich James\u2019 Aeufserungen hier\u00fcber zun\u00e4chst ganz w\u00f6rtlich auf, um nachher auf Grund einiger Anzeichen eine Vermuthung dar\u00fcber zu wagen, was James im Grunde gemeint hat. Da diese muth-mafsliche Meinung sehr plausibel erscheint und auch von anderen Psychologen vertreten wird, so werde ich auch sie einer Kritik unterziehen.\nF\u00fcr James ist also, wenn man seine Behauptungen w\u00f6rtlich nimmt, das Gef\u00fchl der Bem\u00fchung oder das Wille ns ge f\u00fchl identisch mit K\u00f6rperempfindungen. Nat\u00fcrlich darf man sich mit der allgemeinen Behauptung, das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit bestehe aus K\u00f6rperempfindungen, nicht zufrieden geben, sondern mufs vor Allem angeben, welche K\u00f6rperempfindungen dabei gemeint seien.\nJenes Gef\u00fchl haben wir, wenn wir das Bewufstsein des Wollens haben. K\u00f6rperempfindungen stehen nun mit dem Wollen in directem Zusammenhang vor Allem bei den sogen. \u00e4ufseren Willenshandlungen, d. h. bei solchen, f\u00fcr die irgendwelche Bewegungen unserer eigenen K\u00f6rpertheile Zweck oder Mittel sind; insofern n\u00e4mlich dann, wenn wir die Bewegungen ausf\u00fchren, durch die Contraction der Muskeln, Spannung der Sehnen, Reibung in den Gelenken und Druck der Haut an den","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\nA* Pf\u00e4nder.\nbewegten K\u00f6rpertheilen, entsprechende Empfindungen ins Be-wufstsein treten k\u00f6nnen. Obgleich sich das Willensgef\u00fchl auch bei sog. inneren Willenshandlungen, welche nicht K\u00f6rperbewegungen als Zweck oder Mittel einschliefsen, qualitativ ganz gleichartig vorfindet, wie bei jenen \u201e\u00e4ufseren\u201c ; obgleich wir also auch im Aufmerken, Nachdenken, W\u00fcnschen, Sehnen, Erwarten etc, uns einer Thfttigkeit bewufst sind, so k\u00f6nnte man trotzdem behaupten, in den ersteren F\u00e4llen, bei sogen, \u00e4ufseren Willens-handlungen bestehe das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit thats\u00e4chlich aus den Effectempfindungen, d. h. den K\u00f6rperempfindungen, zu denen die Ausf\u00fchrung der K\u00f6rperbewegungen Veranlassung geben kann.\nDies scheint nun an einigen Stellen seiner Psychologie wirklich James\u2019 Ansicht zu sein. Besonders in dem Theil, in welchem er gegen das Innervationsgef\u00fchl, welches von Wundt und Anderen mit dem Bewufstsein der Th\u00e4tigkeit bei k\u00f6rperlichen Bewegungen identificirt worden war, polemisirt. Was diese Polemik betrifft, so l\u00e4fst sich gegen dieselbe, sowTeit sie sich gegen die Behauptung richtet, die Innervationsgef\u00fchle seien die Bewufstseinsbegleiter der centralen motorischen Innervation, wohl nichts ein wenden ; denn f\u00fcr eine derartige Annahme liegen keine gen\u00fcgenden Thatsachengr\u00fcnde vor. Wenn James aber dann weiter erkl\u00e4rt, die Analyse des Bewufstseinsthatbestandes, der beim Wollen einer K\u00f6rperbewegung gegeben sei, ergebe immer nur periphere Empfindungen und Vorstellungen, so kann ich ihm darin nicht zustimmen.\nEs scheint also, als ob James der Meinung w\u00e4re, das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit sei bei willk\u00fcrlichen K\u00f6rperbewegungen identisch mit den Empfindungen, welche durch die Ausf\u00fchrung der Bewegung entstehen. Das Bewufstsein der Th\u00e4tigkeit bei einer \u2022 Bewegung des Armes bestehe also z. B. in den Muskel-, Sehnen-und Gelenkempfindungen, die durch die Bewegung des Armes hervorgerufen werden.\nGegen diese Ansicht w\u00fcrden aber mancherlei Erfahrungen sprechen. W\u00e4re sie richtig, so m\u00fcfste allemal, wenn Theile unseres K\u00f6rpers eine Bewegung ausf\u00fchren und wir die entsprechenden Muskel-, Sehnen- und Gelenkempfindungen haben, zugleich damit das Bewufstsein der Th\u00e4tigkeit vorhanden sein, d. h. wir m\u00fcfsten uns in der Bewegung th\u00e4tig f\u00fchlen. Wenn aber ein Glied eine Reflexbewegung ausf\u00fchrt, oder sich krampf-","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewu\u00dftsein des Wollen\u00bb.\n345\nhaft zusammenzieht, oder auf Grund von elektrischer Reizung der entsprechenden Nerven eine Bewegung vollzieht, so nehmen wir wohl in den Muskel-, Sehnen- und Gelenkempfindungen das Stattfinden der Bewegung wahr, haben aber nicht das Bewusstsein, in der Erzeugung der Bewegung th\u00e4tig zu sein. Dies letztere Bewufstsein haben wir nur dann, wenn die Aufeinanderfolge der Empfindungen, aus der f\u00fcr das Bewufstsein die Ausf\u00fchrung der Bewegung besteht, begleitet ist von dem Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit. Nur im letzteren Falle sagen wir denn auch, wir bewegen das Glied; sonst dagegen erkl\u00e4ren wir, das Glied bewege sich, und nur im \u00fcbertragenen Sinne k\u00f6nnen wir dann behaupten, wir h\u00e4tten das Glied bewegt, insofern wir eben die unmittelbaren Ursachen der Bewegung in den eigenen K\u00f6rper, den wir zum Ich rechnen und hier dann als Ich bezeichnen, verlegen.\nEinen anderen Einwand macht James sich selbst. Es kommt vor, dafs Personen, welche an einem K\u00f6rpergliede total gel\u00e4hmt sind, dennoch eine Bewegung dieses Gliedes wollen. Es tritt dann nat\u00fcrlich keine Bewegung des Gliedes ein, die betreffenden Muskel-, Sehnen- und Gelenkempfindungen entstehen also gar nicht und trotzdem haben diese Kranken das Bewufstsein intensiver Th\u00e4tigkeit oder des intensivsten Kraftaufwandes. Die Frage ist daher, aus welchen Bewegungsempfindungen soll hier das thats\u00e4chlich vorhandene Gef\u00fchl der Bem\u00fchung bestehen ? Hierauf erwidert James, man werde bei genauerem Zusehen immer erkennen, dafs in solchen F\u00e4llen zwar nicht das gel\u00e4hmte, wohl aber das correspondirende gesunde Glied bewegt w\u00fcrde oder wenigstens die Muskeln desselben contrahirt w\u00fcrden; dafs also z. B. dann, wenn die Bewegung des gel\u00e4hmten rechten Armes gewollt wird, der gesunde linke Arm eine Bewegung oder eine Muskelcontraction erfahre. Und die Empfindungen, welche durch solche Bewegungen oder Muskelzusammenziehungen hervorgerufen werden, seien es hier, die das Gef\u00fchl der Bem\u00fchung constituirem Aber dieser Ausweg ist nur ein scheinbarer. M\u00f6gen Bewegungen und Muskelcontractionen in dem correspondirenden GHede thats\u00e4chlich stattfinden, damit ist nicht nothwendig verbunden, dafs die zugeh\u00f6rigen Muskel-, Sehnen- und Gelenkempfindungen zum Bewufstsein kommen. Diese Empfindungen werden im Gegentheil, je intensiver sich das Wollen auf die Bewegimg des gel\u00e4hmten Gliedes richtet, um so weniger und","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nAr Pf\u00e4nder.\nschliefslich gar nicht ins Bewufstsein treten. Je gr\u00f6fser aber die Concentration auf die Bewegung des gel\u00e4hmten Gliedes ist, um so intensiver ist das Gef\u00fchl der Anstrengung. Das Gef\u00fchl der Bem\u00fchung w\u00e4chst also, w\u00e4hrend die Empfindungen, die es constituiren sollen, schwinden oder fehlen. Folglich kann das Gef\u00fchl nicht mit diesen Empfindungen identisch sein.\nNimmt man aber auch an, die Bewegungsempfindungen im gesunden Arm seien f\u00fcr das Bewufstsein wirklich vorhanden, so w\u00e4re es unbegreiflich, wie diese Empfindungen das Bewufstsein der Bem\u00fchung, den anderen gel\u00e4hmten Arm zu bewegen, bilden k\u00f6nnen, da doch die Bewegungsempfindungen, welche durch Bewegung des rechten Armes entstehen, von denjenigen, die durch Bewegung des linken Armes hervorgerufen werden, verschieden sind und sonst nicht mit einander verwechselt werden. Man sollte vielmehr vermuthen, dafs in dem Moment, wro die Empfindungen aus der Bewegung oder Contraction des gesunden Armes ins Bewufstsein treten, sie sofort als Empfindungen, die sich auf den gesunden Arm beziehen, erkannt w\u00fcrden, da sie ja andere sind, als diejenigen, deren Erzeugung gewollt war. Kurz, das Gef\u00fchl der Bem\u00fchung den einen Ann zu bewegen kann nicht das eine Mal bestehen aus Empfindungen in diesem Arm, das andere Mal aus Empfindungen im anderen Arm.\nAber auch abgesehen davon: einen Arm bewegen wollen, d. h. bestimmte Muskel-, Sehnen- und Gelenkempfindungen in bestimmter Aufeinanderfolge wollen. Diese Empfindungen sind also das Ziel des Wollens. Wie kann dann das Gef\u00fchl der Anstrengung, das sich auf die Herbeif\u00fchrung der Empfindungen richtet, mit diesen Empfindungen selbst zusammenfallen? Das Ziel der Th\u00e4tigkeit ist doch nicht die auf das Ziel gerichtete Th\u00e4tigkeit selbst. Nach James m\u00fcfste das Wollen, das Bewegungsempfindungen zum Object hat, mit diesen Empfindungen identisch sein.\n\u201eAeufsere\u201c Willenshandlungen brauchen nun nicht immer Bewegungen von K\u00f6rpergliedern als directes Ziel zu haben, sondern k\u00f6nnen auch andere Ziele haben, zu deren Erreichung K\u00f6rperbewegungen blofs Mittel sind. So z. B. dann, wenn die Bewegungen der Finger, H\u00e4nde und Arme dazu dienen, um auf dem Klavier bestimmte Klangfolgen hervorzubringen. Auch in solchen F\u00e4llen ist ein mehr oder weniger intensives Th\u00e4tigkeits-","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewufstsein des Wollens.\n347\ngef\u00fchl vorhanden ; und zwar bleibt dasselbe hier bestehen, selbst, wenn sich das Wollen m\u00f6glichst auf den zu erreichenden Effect, also im obigen Beispiel auf die Folge von Kl\u00e4ngen concentrirt, w\u00e4hrend die Bewegungsempfindungen unweigerlich zugleich aus dem Bewufstsein verschwinden. Das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit ist auch dann vorhanden, wenn die Bewegungsempfindungen, die durch die zur Erreichung des Zieles nothwendigen Bewegungen hervorgerufen werden k\u00f6nnten, im Bewufstsein fehlen.\nAufserdem giebt es F\u00e4lle, in denen zwar ein Gef\u00fchl des Strebens von erheblicher Intensit\u00e4t vorhanden ist, die Muskel-, Sehnen- und Gelenkempfindungen aber, die bei der Ausf\u00fchrung der gewollten Bewegung entstehen, von relativ geringer Intensit\u00e4t sind. Dies kann z. B. vorhegen, wenn man an einem kalten Wintermorgen aus dem Bette auf stehen und ein kaltes Bad nehmen will.1 So geh\u00f6ren alle F\u00e4lle hierher, in denen die Ausf\u00fchrung einer gewohnten Bewegung deshalb grofse Willensanstrengung erfordert, also mit einem ungewohnt intensiven Strebungsgef\u00fchl verbunden ist, weil unangenehme Consequenzen der Bewegung vorausgesehen oder gef\u00fcrchtet werden. Die Bewegungsempfindungen sind dann w\u00e4hrend der Ausf\u00fchrung nicht nothwendig intensiver, als wenn unter anderen Nebenumst\u00e4nden die Bewegung mit geringer Willensanstrengung, also relativ schwachem Strebungsgef\u00fchl, ausf\u00fchrbar ist. Die Intensit\u00e4t des Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchls wird also hier gr\u00f6fser, w\u00e4hrend die Intensit\u00e4t der Bewegungsempfindungen nicht in gleicher Weise sich \u00e4ndert. Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl und Bewegungsempfindungen k\u00f6nnen also nicht identisch sein.\nDas zeigen weiterhin auch noch Gr\u00fcnde allgemeiner Art. Das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit bei K\u00f6rperbewegungen ist \u00fcberall qualitativ gleichartig, nur in der Intensit\u00e4t und im Lust- oder Unlustcharakter verschieden. Die Bewegungsempfindungscomplexe sind dagegen bei jeder Bewegung und bei jedem K\u00f6rpertheil andere und andere. Aufserdem sind die Empfindungscomplexe immer, an verschiedene Stellen des K\u00f6rpers, r\u00e4umlich localisirt,\n1 Dieser Fall wird von James selbst in einer Anmerkung (Princ. of Psych. II, S. 562) erw\u00e4hnt. Er entzieht sich dort der Schwierigkeit, indem er eine Unterscheidung zwischen Muskel- und Willensanstrengung (muscular und volitional effort) einftihrt. Auf diese Unterscheidung komme ich gleich zur\u00fcck.","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nA. Pf\u00e4nder.\nw\u00e4hrend das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit weder eine r\u00e4umliche Ausdehnung, noch im eigentlichen Sinne einen Ort hat, noch viel weniger aber jetzt an dieser, dann an jener Stelle des K\u00f6rpers\nseinen Sitz hat.1\nDas Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit ist daher nicht in den Muskel-, Sehnen- und Gelenkempfindungen zu suchen, welche bei der Ausf\u00fchrung einer K\u00f6rperbewegung entstehen k\u00f6nnen.\nAllen diesen Einw\u00e4nden gegen\u00fcber k\u00f6nnte nun James mit Unwillen auf jene oben erw\u00e4hnte Anmerkung, die sich an einer sp\u00e4teren Stelle (S. 562) des Capitels \u00fcber den Willen befindet, verweisen, in welcher er ja ausdr\u00fccklich eine strenge Scheidung zwischen Muskelanstrengung (muscular effort) und Willensanstrengung (volitional effort) fordere. Alles, was hier angegriffen sei, beziehe sich bei ihm auf die Muskel anstrengung, w\u00e4hrend es hier als Behauptung \u00fcber die W i 11 e n s anstrengung aufgefafst werde.\nDann mufs man aber fragen, was denn unter jener Muskelanstrengung (muscular effort) zu verstehen sei. Sieht man n\u00e4mlich von dem Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit ab, so kann mit dem Be-wufstsein einer Muskelanstrengung nur das Bewufstsein von der Intensit\u00e4t, Art und Gr\u00f6fse der stattgefundenen Muskelcontraction oder der entsprechenden Bewegung gemeint sein. Die Behauptung, dafs dies Bewufstsein einer Muskelanstrengung in den Bewegungsempfindungen bestehe, erscheint dann allerdings als selbstverst\u00e4ndlich. Denn nur durch Empfindungen k\u00f6nnen wir von der Art und Gr\u00f6fse einer ausgef\u00fchrten Bewegung etwas erfahren. Wenn ein Glied des K\u00f6rpers durch Wollen oder auf Grund von Reizen sich bewegt, so haben wir ein unmittelbares Bewufgtsein von dieser Bewegung, wenn wTir die betreffenden Muskel-, Sehnen-und Gelenkempfindungen haben. Vielleicht wollte James nur dies behaupten im Gegensatz zu denjenigen, welche das Bewufstsein von der Intensit\u00e4t und dem Umfange der stattfindenden Muskelcontraction in einem Gef\u00fchl, das der centralen motorischen Innervation entsprechen sollte, sehen wollten. Dann aber scheint f\u00fcr dies Bewufstsein nicht der Ausdruck Anstrengung oder Bem\u00fchung zu passen, da diese Worte f\u00fcr gew\u00f6hnlich die Willensanstrengung mit umfassen, insofern man nur dann von dem Bewufstsein einer muscul\u00e4ren Anstrengung\n1 Vgl. Lipps, \u201eBemerkungen zur Theorie der Gef\u00fchle\u201c.","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewufstsein des Wollens.\n349\nspricht, wenn die Muskelcontractionen gewollte sind, dagegen nicht, wenn sie unwillk\u00fcrlich geschehen. Insofern ist jede Anstrengung oder Bem\u00fchung eine Willensanstrengung, also auch die Muskelanstrengung; und das Bewufstsein davon ist durch das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl charakterisirt. Muskelcontractionen und ein Bewufstsein von denselben sind dagegen sehr wohl ohne ein Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit m\u00f6glich.\nWenn also das Bewufstsein der Muskelanstrengung nichts anderes sein soll als das Bewufstsein einer bestimmtgearteten Muskelcontraction, so wird man wrohl das, was wir Willensgef\u00fchl oder Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit nennen, in dem zu suchen haben, was James Bewufstsein der Willensanstrengung oder auch der \u201erein geistigen11 Activit\u00e4t nennt. Ich gehe daher zur Betrachtung der Analyse \u00fcber, die James von dem Bewufstsein der Activit\u00e4t giebt. James will allerdings f\u00fcr diese Resultate seiner Analyse zun\u00e4chst nur subjective G\u00fcltigkeit beanspruchen, da die innere Beobachtung in diesem Gebiete verzweifelt schwierig sei. Dennoch darf man wohl untersuchen, ob diese Resultate sich aufrecht erhalten lassen und ob sie etwas gegen die Existenz eines Willensgef\u00fchles beweisen.\nJames behauptet1, es sei schwierig, in dem Bewufstsein der Activit\u00e4t ein \u201erein geistiges\u201c Element aufzufinden. Alle Mal, wenn es gelinge, den inneren Blick schnell genug auf eine der Aeufserungen der Spontaneit\u00e4t zur\u00fcckzuwenden, k\u00f6nne man nichts anderes entdecken als k\u00f6rperliche Processe, die meistens im Kopf vor sich gingen.\nBeim Aufmerken auf eine Vorstellung oder Empfindung eines bestimmten Sinnesgebietes bestehe das Activit\u00e4tsbewufstsein in den Empfindungen, die durch Einstellung der betreffenden Sinnesorgane auf die Empfindung oder den vorgestellten Ort der Vorstellung entstehen. Der Uebergang von einem Inhalt eines Sinnesgebietes zu einem Inhalt eines anderen empf\u00e4nden wir als Bewegungen, die durch das Gehirn von einem Sinnesorgan zum anderen zu gehen schienen.\nBeim Besinnen und Nachdenken werden die Augen nach oben und aufsen eingestellt; die hieraus entstehenden Empfindungen zusammen mit scheinbaren Bewegungen innerhalb des Sch\u00e4dels bilden nach James den Inhalt des Activit\u00e4tsbewufstseins in diesem Falle.\n1 Princ. of Psych, I, 300.","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nA. Pf\u00e4nder.\nBeim Bejahen und Verneinen und bei geistiger Anstrengung seien die Bewegungen complicirter und schwieriger zu beschreiben. Das Oeffnen und Schliefsen der Stimmritze und Bewegungen des weichen Gaumens treten bei jeder geistigen Hemmung und bei Abneigung gegen das Vorgestellte ein. Die Empfindungen, die beim Durchstr\u00f6men der Luft durch Kehle und Nase entstehen, bilden einen Hauptbestandteil des Gef\u00fchles des Willensentschlusses. Dazu k\u00e4men noch Empfindungen, die durch Bewegungen der Brauen und Augenlider erzeugt werden.\nBei Anstrengung jeder Art treten aufserdem noch Con-tractionen der Wangen- und Athemmuskeln hinzu, und diese sollen durch die daraus entstehenden Empfindungen einen Beitrag zu dem Bewufstsein der Activit\u00e4t liefern.\nJames fafst dann sein Ergebnifs zusammen, indem er sagt: Unser ganzes Gef\u00fchl der geistigen Activit\u00e4t oder das, was man gew\u00f6hnlich mit diesem Namen meint, ist also in Wirklichkeit ein Bewufstsein von k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4ngen, deren wahre Natur die meisten Menschen \u00fcbersehen. Diese k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4nge sind minimale Reflexe, prim\u00e4re Reactionen, die ihrer Unwichtigkeit und ihres geringen Interesses wegen im Einzelnen wenig beachtet werden.\nAlle diese k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4nge bezeichnet man gew\u00f6hnlich als Begleiterscheinungen der Th\u00e4tigkeit oder des Wollens. Die Empfindungen also, die auf Grund solcher Begleiterscheinungen bewufst werden k\u00f6nnen, sollen nach James das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit ausmachen.\nDa wohl bei allem Wollen, bei aller Th\u00e4tigkeit solche Begleiterscheinungen Vorkommen werden, so l\u00e4fst sich diese Behauptung, gegen\u00fcber der fr\u00fcheren, allerdings f\u00fcr alle Willensph\u00e4nomene auf-stellen. Es k\u00f6nnte dagegen schon Bedenken erregen, dafs nach James das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl in den verschiedenen F\u00e4llen aus verschiedenartigen Empfindungscomplexen zusammengesetzt sein soll, w\u00e4hrend es doch in allen F\u00e4llen gleichartig ist, und nur dasjenige, worauf es gerichtet erscheint, in verschiedenen F\u00e4llen etwas Verschiedenes ist. Vielleicht gelingt es jedoch, bei allem Wollen solche Begleiterscheinungen aufzufinden, die in allen F\u00e4llen gen\u00fcgend gleichartig sind, um f\u00fcr die Gleichartigkeit des Willensgef\u00fchles Rechenschaft geben zu k\u00f6nnen.\nNimmt man aber auch an, dies sei gelungen, es f\u00e4nden sich also bei jedem Willens Vorgang gleichartige k\u00f6rperliche Begleit-","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Das Beivufstsein des Wollene.\n351\nerscheinungen vor; wenn dann auch, was durchaus nicht der Fall ist, diese Begleiterscheinungen immer f\u00fcr das Bewmfstsein in Form von Empfindungen vorhanden wr\u00e4ren, so w\u00e4re hiermit noch nichts gegen die Existenz eines Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchles als eines besonderen Bewusstseinsinhaltes bewiesen. Die M\u00f6glichkeit, dafs neben jenen Empfindungen aufserdem noch dieses Gef\u00fchl vorhanden w\u00e4re, best\u00e4nde immer noch. Auch, dafs die directe Beobachtung des Activit\u00e4tsbewmfstseins immer nur Empfindungen zu constatiren vermag, und des Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchles nicht habhaft wird, w\u00e4re leicht verst\u00e4ndlich, da wohl Empfindungen sich direct beobachten lassen, nicht aber das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl, denn letzteres w\u00fcrde heifsen, das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl solle sich auf sich selbst richten. Beobachten heifst innerlich th\u00e4tig sein, sobald man zur Beobachtung \u00fcbergeht, verl\u00e4fst man diejenige Th\u00e4tig-keit, die man beobachten m\u00f6chte; die innere Th\u00e4tigkeit, in der das Beobachten besteht, kann sich aber nicht auf eine Th\u00e4tigkeit richten, die nicht mehr vorhanden ist; sie m\u00fcfste sich also auf sich selbst richten. Das ist aber unm\u00f6glich, sie kann sich nur auf das Erinnerungsbild der eben vergangenen Th\u00e4tigkeit richten. Sind dann die Begleiterscheinungen als Nachwirkungen der vergangenen Th\u00e4tigkeit noch vorhanden, so ist es begreiflich, dafs sich die ihnen entsprechenden K\u00f6rperempfindungen der Beobachtung am leichtesten darbieten und damit die Treue des Erinnerungsbildes der Th\u00e4tigkeit tr\u00fcben.\nDie angef\u00fchrten Thatsachen beweisen also zwar die Existenz von Begleiterscheinungen psychischer Th\u00e4tigkeit, aber sie beweisen nichts gegen die Existenz des Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchles als eines eigenartigen Inhaltes des Bewufstseins der Th\u00e4tigkeit.\nAndererseits bleiben aber gegen die Behauptung, dafs das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl aus dem Empfindungen der Begleiterscheinungen thats\u00e4chlich bestehe, noch entscheidende Einw\u00e4nde bestehen.\nZun\u00e4chst scheint mir, dafs man sich nur hypothetisch vorzustellen brauche, alle jene Begleiterscheinungen, die bei jedem Wollen vorliegen, k\u00f6nnten durch k\u00fcnstliche Mittel, etwa durch elektrische Reizung der zugeh\u00f6rigen Nerven, herbeigef\u00fchrt werden; und sie seien in einem concreten Fall nicht nur k\u00fcnstlich erzeugt worden, sondern der Mensch, dessen K\u00f6rper sie angeh\u00f6ren, habe auch ein Bewufstsein von ihnen, d. h. er habe die entsprechenden Muskel- und Hautempfindungen; und man wird","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nA. Pf\u00e4nder.\ndann sofort erkennen, dafs dieser Mensch in den Empfindungen nicht das Bewufstsein der Activit\u00e4t haben wird, auch wenn er nichts von der k\u00fcnstlichen Erzeugung der Begleiterscheinungen weifs. Er wird vielmehr das Bewufstsein haben, es geschehe ihm etwas, es sei ein sonderbarer Krampfzustand in seinem K\u00f6rper auf r\u00e4thselhafte Weise entstanden, nicht aber das Bewufstsein, er thue etwas, er sei geistig th\u00e4tig.\nExperimentell beweisbar ist nat\u00fcrlich diese Behauptung nicht, da sich jenes Experiment der k\u00fcnstlichen Erzeugung der Begleiterscheinungen des Wollens wohl nicht ausf\u00fchren l\u00e4fst\nEs giebt aber Gr\u00fcnde daf\u00fcr, dafs das Activitfttsgef\u00fchl that-s\u00e4chlich nicht mit den Empfindungen, die auf Grund der Begleiterscheinungen entstehen k\u00f6nnen, identisch sein kann.\nDenn sollte jene Identit\u00e4t bestehen, so m\u00fcfsten doch wenigstens immer in den F\u00e4llen, wo bewufste geistige Activit\u00e4t vorhanden ist, auch jene Empfindungen bewufst sein. Diese Voraussetzung trifft aber nicht zu. Wer mit Bewufstsein th\u00e4tig ist, wer also angespannt aufmerkt, sich besinnt, nachdenkt oder dergl., weifs f\u00fcr gew\u00f6hnlich nichts von jenen k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4ngen, die w\u00e4hrend seines Th\u00e4tigseins in den Augen, im Kopf, Hals und in den Athmungsorganen stattfinden; er weifs nichts davon, d. h. die in Betracht kommenden Muskel- und Hautempfindungen sind nicht in seinem Bewufstsein vorhanden, w\u00e4hrend das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit sehr wohl vorhanden ist. Jedenfalls, je mehr die Th\u00e4tigkeit eine concentrirte ist, je mehr der Mensch sich dem Gegenst\u00e4nde seiner inneren Th\u00e4tigkeit ganz hingiebt, um so mehr hat er auch das Gef\u00fchl der inneren Th\u00e4tigkeit, der intensiven Bem\u00fchung ; um so mehr aber treten gleichzeitig etwa vorhandene, von begleitenden Muskelcontractionen herr\u00fchrende, Empfindungen zur\u00fcck und verschwinden schliefslich ganz oder kommen von vornherein gar nicht zum Bewufstsein. Erst wenn die Activit\u00e4t aufh\u00f6rt, wenn das Activit\u00e4tsgef\u00fchl verschwindet oder in Befriedigung \u00fcbergeht, k\u00f6nnen nachtr\u00e4glich jene k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4nge Empfindungen bis zur unangenehmsten Intensit\u00e4t hervorrufen. Wird aber mit dem Anwachsen des Th\u00e4tig-keitsgef\u00fchles jener Empfindungscomplex zur\u00fcckgedr\u00e4ngt oder aus dem Bewufstsein femgehalten, und k\u00f6nnen mit dem Verschwunden des Activit\u00e4tsbewmfstseins die Empfindungen mit gr\u00f6fster Intensit\u00e4t bewufst werden, so kann offenbar das Activi-","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewufstsein des Wollens.\n353\nt\u00e4tsgef\u00fchl nicht mit jenen \u201eEmpfindungen von k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4ngen\u201c direct identisch sein.\nAufserdem unterscheiden wir, wenn wir sonst th\u00e4tig sind, sehr genau unser Bewufstsein der Aetivit\u00e4t oder unser Th\u00e4tig-keitsgef\u00fchl von den Objecten oder den Materien, auf die sich unsere Th\u00e4tigkeit bezieht. Auch James macht ja diesen Unterschied; es soll ja, wenn wir mit der L\u00f6sung eines wissenschaftlichen Problems oder mit dem Aufmerken auf eine Rede besch\u00e4ftigt sind, das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl nicht etwa aus den Vorstellungen, die zu dem Problem geh\u00f6ren, oder aus den Empfindungen und Vorstellungen, die der Redende in uns erweckt, bestehen, sondern vielmehr in den Empfindungen, die unsere eigenen k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4nge begleiten; es soll also Gegenstand derBeth\u00e4tigung und Bewufstsein der Aetivit\u00e4t etwas ganz Verschiedenes sein. Nun k\u00f6nnen nat\u00fcrlich auch jene k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4nge Object der Th\u00e4tigkeit sein, d. h wir k\u00f6nnen die Empfindungen, aus denen sie f\u00fcr das Bewufstsein bestehen, herbeif\u00fchren wollen. Das schliefst keinen Widerspruch in sich, sondern die M\u00f6glichkeit dazu besteht thats\u00e4chlich. Nach James aber m\u00fcfste es ein Widerspruch sein, da ja hier Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl und Object der Th\u00e4tigkeit zusammenfallen w\u00fcrden. \u2014 Sagt man hiergegen, man k\u00f6nne eben jene Empfindungen in der Vollz\u00e4hligkeit, in der sie das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl ausmachen sollen, nicht willk\u00fcrlich erzeugen, so \u00e4ndert das an der Sache nichts. Jene Unm\u00f6glichkeit kann man doch nur behaupten, wenn man die willk\u00fcrliche Erzeugung der Empfindungen einmal versucht hat. Und den Versuch kann man doch wenigstens anstellen; d. h. aber, seine Bem\u00fchung, seine Th\u00e4tigkeit auf die Erzeugung der Empfindungen richten. Also m\u00fcfste auch hier das Object der Th\u00e4tigkeit mit dem Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl zusammenfallen. Bei jenem Versuch hat man ein Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl. Man sagt nun, der Versuch schl\u00e4gt fehl, die Empfindungen treten nicht ein. Wie kann dann aber das beim Versuch vorhandene Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl aus den nicht eintretenden Empfindungen bestehen?\nEndlich m\u00fcssen wir beachten, dafs das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl ganz andere Beschaffenheiten hat, als die Empfindungen, mit denen es identisch sein soll. Die Empfindungen haben r\u00e4umliche Qualit\u00e4ten, sie sind mehr oder weniger ausgedehnt und an Orte des K\u00f6rperraumes localisirt, w\u00e4hrend das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XVII.\t23","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nA, Pf\u00e4nder.\nnicht ausgedehnt und ira strengen Sinne ortlos, also \u00fcberhaupt ohne r\u00e4umliche Eigenschaften ist. Man kann daher Th\u00e4tigkeits-gef\u00fchl und jene Empfindungen nicht f\u00fcr dasselbe erkl\u00e4ren \\\nEs liefse sich nun noch ein allgemeiner Einwand gegen jede Identification des Willensgef\u00fchles mit Empfindungen \u00fcberhaupt hinzuf\u00fcgen. James erkennt, wie auch die meisten anderen Psychologen, gelegentlich die enge Beziehung, in welcher das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl zum Ich steht; er giebt zu, dafs das Gef\u00fchl der Activit\u00e4t den centralen Kern des Ich bilde, dafs in ihm das \u201eSelbst aller Selbste\u201c bestehea. Wie nun das Activit\u00e4tsgef\u00fchl zu dieser Vorzugsstellung als Kern des Ich kommen soll, wenn es aus K\u00f6rperempfindungen besteht, ist nicht recht einzusehen. Obgleich aber an diesem Punkte die Tragweite der Streitfrage, ob das Willensgef\u00fchl aus Empfindungen besteht, besonders klar zu Tage treten w\u00fcrde, so mufs ich doch hier auf die genauere Darlegung dieses Einwandes, da mich dieselbe zu weit f\u00fchren w\u00fcrde, verzichten. Ich will vielmehr jetzt die eigentliche Meinung die James\u2019 Ausf\u00fchrungen wahrscheinlich mittheilen wollen, deutlich zu machen suchen und diese interpretirte Meinung dann kritisch pr\u00fcfen.\nWillensgef\u00fchl als Verschmelzungsproduct aus Empfindungen. Wenn James behauptet, das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit bestehe aus den Empfindungen, welche durch die Begleiterscheinungen des Wollens in Kopf und Kehle hervorgebracht werden, so kann mit dem Ausdruck \u201ebestehen aus\u201c auch ein anderes Verh\u00e4ltniss zwischen Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl und jenen Empfindungen, als gerade dasjenige der Identit\u00e4t beider, gemeint sein. Wahrscheinlich hat James nicht eine Identit\u00e4t behaupten wollen, denn einerseits soll das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl eine unleugbare Thatsache des Bewufstseins sein, andererseits sollen die Empfindungen, aus denen es bestehen soll, doch im Einzelnen wenig beachtet, d. h. also f\u00fcr das Bewufstsein nicht vorhanden sein.\nFolgende Stelle deutet genauer darauf hin, wie sich James das Verh\u00e4ltnis von Activit\u00e4tsgef\u00fchl und jenen Empfindungen gedacht hat. Diese Empfindungen seien Empfindungen von\n1 Vgl. Lipps, Bemerkungen eut Theorie der Gef\u00fchle Viert eljahrsschr. f. wissensch. Philos. XIII, 2.\n1 W. James : \u201ePrinc. of Psych.\u201c I, 297.","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewu\u00dftsein des Wollene.\n355\nminimalen Reflexen, gering an Zahl, unaufh\u00f6rlich wiederholt, konstant inmitten grofser Schwankungen des \u00fcbrigen Bewufst-seinsinhaltes, und ganz und gar imwichtig und uninteressant, aufser dadurch, dafs sie die Gegenwart mannigfacher Dinge und Geschehnisse im Bewufstsein f\u00f6rdern oder hindern. Diese Eigent\u00fcmlichkeiten bewirkten, dafs wir ihnen im Einzelnen (in detail) wenig Aufmerksamkeit schenken, w\u00e4hrend wir ihrer zugleich als einer zusammenh\u00e4ngenden Gruppe von Processen gewahr w\u00fcrden, die zu allen anderen Inhalten des Bewufstseins in strengem Contrast stehe.\nIn diesen Bemerkungen wird, wie man sieht, ein Unterschied zwischen dem Beachten von Empfindungen im Einzelnen und dem Gewahrwerden derselben als eines Ganzen aufgestellt. Dieselben Empfindungen sollen also einmal als solche, ein andermal mehr \u00e4hnlich einer verschwommenen Gesammtmasse im Bewufstsein sein. Und es scheint, als ob wir dann ein Th\u00e4tig-keitsgef\u00fchl haben sollen, w\u00e8nn wir jene \u201eEmpfindungen von k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4ngen\u201c im Einzelnen unserer Beachtung nicht w\u00fcrdigen, sondern sie im d\u00e4mmerigen Seiten- oder Hintergrund stehen lassen. Etwas \u00e4hnliches hat ja auch jene Anschauung vergangener Tage behauptet, welcher zufolge alle Gef\u00fchle nur ein unklares Erkennen oder ein \u201everworrenes\u201c Vorstellen sein sollten. Das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl w\u00e4re demgem\u00e4fs ein unklar erkannter Empfindungscomplex aus k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4ngen.\nAber vielleicht darf man entr\u00fcstet sein \u00fcber solche Vergleiche, und als ein wohlbekanntes Analogon f\u00fcr den Unterschied von Empfindungen im Einzelnen und Empfindungen als Gesammtheit die Verschmelzung von T\u00f6nen zu Kl\u00e4ngen anf\u00fchren. Wie der Klang aus Tonempfindungen \u201ebesteht\u201c, so k\u00f6nnte ja das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl aus Muskel- und Hautempfindungen \u201ebestehen\u201c. Jene Tonempfindungen werden ja ebenfalls von den meisten Menschen im Einzelnen wenig oder nie beachtet; erst wenn sie den Klang analysiren, erkennen sie, dafs er aus einzelnen T\u00f6nen besteht, erst dann beachten sie die Tonempfindungen im Einzelnen. Man nennt den Klang ein Ver-schmelzungsproduct aus Tonempfindungen ; so k\u00f6nnte man auch das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl als ein Verschmelzungsproduct aus den Empfindungen der k\u00f6rperlichen Begleiterscheinungen innerer Activit\u00e4t bezeichnen.\nDann m\u00fcssen wir das Analogon etwas n\u00e4her betrachten,\n23*","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\nA. Pf\u00e4nder\num daraus zu entnehmen, wie es sich mit dem Th\u00e4tigkeitsge-f\u00fchle verhalten soll. Sehen wrir also genauer zu, in welchem Sinne ein Klang aus Tonempfindungen besteht. Wenn Jemand einen \u201eTonu eines Klaviers, der bekanntlich in Wirklichkeit ein Klang ist, nur einfach, wenn auch mit Aufmerksamkeit, anh\u00f6rt, so befindet sich in seinem Bewufstsein die Klangempfindung als eine einfache Empfindung ; nicht als Etwas, was aus Mehrereni sich zusammensetzte, sondern als etwas vollkommen Einheitliches; es sind die T\u00f6ne, aus denen, wie man sagt, der Klang physikalisch zusammengesetzt ist, als solche f\u00fcr sein Bewufstsein gar nicht vorhanden. Obgleich also mit dem Erklingen des Klanges die physikalischen Bedingungen f\u00fcr eine Mehrheit von Tonempfindungen gegeben sind, findet sich diese Mehrheit im Bewufstsein des einfach Zuh\u00f6renden durchaus nicht vor, sondern statt derselben ist etwas ganz Anderes, n\u00e4mlich eben die eine, einheitliche Klangempfindung vorhanden. Und f\u00fcr die Mehrzahl der Menschen bleibt es endg\u00fcltig bei diesen einheitlichen Klangempfindungen. Nun kann aber ein Klang analysirt werden. Geschieht das, so h\u00f6rt die einheitliche Klangempfindung als solche auf zu bestehen, an ihre Stelle tritt eine Mehrheit von Tonempfindungen. Eine Klangempfindung bestehe aus mehreren Tonempfindungen, das kann daher nur zweierlei bedeuten. Entweder giebt man dadurch der Thatsache Ausdruck, dafs, w\u00e4hrend die Klangempfindung als eigenartiger Bewufst-seinsinhalt vorhanden ist, zugleich doch die physikalischen, oder auch physiologischen, Bedingungen f\u00fcr eine Mehrheit von Tonempfindungen gegeben seien; oder andererseits der Thatsache, dafs an die Stelle der Klangempfindung unter anderen sub-jectiven Umst\u00e4nden, bei anderem subjeetiven Verhalten eine Mehrheit von Tonempfindungen treten w\u00fcrde. Niemals kann man aber damit sagen, dafs dann, wenn man einen Klang h\u00f6re, die Tonempfindungen als solche im Bewufstsein vorhanden seien; h\u00f6chstens k\u00f6nnte man die Tonempfindungen als unbewufst vorhanden erkl\u00e4ren.\nSoll nun das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl zu den K\u00f6rperempfindungen in demselben Verh\u00e4ltnis stehen, wie die Klangempfindung zu den Tonempfindungen, so w\u00e4re damit zun\u00e4chst zugestanden, dafs das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl etwas von den K\u00f6rperempfindungen als solchen Verschiedenes ist, dafs es ein neuer einheitlicher Be-wufstseinsinhalt ist, da ja auch die Klangempfindung, mit der","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewu\u00dftsein des Wollene.\n357\nes in Parallele gesetzt wird, den Tonempfindungen gegen\u00fcber etwas relativ Neues ist Das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl w\u00e4re nicht mehr identisch mit jenen K\u00f6rperempfindungen, sondern eben ein Ver-schmelzungsproduct aus ihnen; und die Streitfrage w\u00fcrde sich dann nicht mehr um die Existenz desselben, sondern um die Grundlage oder die Herkunft desselben drehen.\nEs bleibt aber dann in der so formulirten Ansicht James\" noch unklar, weshalb das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl vorhanden sein kann, wenn doch, wie zugestanden wrird, w\u00e4hrend der inneren Activi-t\u00e4t den Empfindungen keine Aufmerksamkeit geschenkt wird. Nehmen wir zur Verdeutlichung dieses Punktes wieder das Analogon zu H\u00fclfe. Wenn man in einer Lect\u00fcre oder in Nachdenken vertieft ist, so kommen Kl\u00e4nge, die etwa w\u00e4hrend dessen erklingen, gar nicht zum Bewufstsein; unser Interesse ist con-centrirt auf den Gegenstand der Lect\u00fcre oder des Nachdenkens, wir achten nicht auf die Tonempfindungen, deren objective Bedingungen gegeben sind, und dies Nichtachten hat hier die Folge, dafs die Klangempfindungen gar nicht zu Stande kommen. Wenn wir uns nun \u00fcberhaupt in einem Zustande innerer Activi-t\u00e4t befinden, so heifst das doch, unser Interesse ist concentrirt auf die Gegenst\u00e4nde unserer Beth\u00e4tigung, es ist also von allen anderweitigen m\u00f6glichen Empfindungen, also auch von den K\u00f6rperempfindungen abgewandt. Die K\u00f6rperempfindungen werden also in demselben Sinne nicht beachtet wie oben die Tonempfindungen w\u00e4hrend der Lect\u00fcre oder des Nachdenkens# Weshalb hat nun hier das Nichtachten nicht dasselbe Resultat wie oben? Weshalb kommt hier das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl zu Stande, w\u00e4hrend doch im analogen Falle die, dem Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchle entsprechende, Klangempfindung nicht entsteht?\nNun kann freilich noch in einem anderen Sinne von Nichtbeachtung der Tonempfindungen die Rede sein. Wenn di\u00a9 Klangempfindung Gegenstand des Interesses ist, so ist sie im Bewufstsein vorhanden, obgleich die, f\u00fcr gew\u00f6hnlich uninteressanten Tonempfindungen, aus denen sie \u201ebesteht\u201c, nicht beachtet werden und deshalb auch f\u00fcr das Bewufstsein nicht als solche da sind. James w\u00fcrde also vielleicht auf die obige Frage antworten, das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl sei eben auch Gegenstand des Interesses, da es ja \u201edie Gegenwart mannigfacher Dinge und Geschehnisse im Bewufstsein f\u00f6rdere oder hindere\u201c, w\u00e4hrend die K\u00f6rperempfindungen an sich ganz unwichtig seien. Aber diese","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\n\u00c2. Pf\u00e4nder.\nAntwort w\u00fcrde unzureichend sein. Gegenstand des Interesses sein, das heifst eben: Object innerer Th\u00e4tigkeit oder Object sein, auf das ein Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl gerichtet ist Es hat aber keinen Sinn, zu sagen, das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl habe sich selbst zum Object, oder das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl sei vorhanden, weil auf dasselbe ein Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl gerichtet sei.\nDass aber, wenn die Th\u00e4tigkeit auch eine concentrirte ist, das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl vorhanden bleibt, w\u00e4hrend alle anderen Empfindungen, also auch K\u00f6rperempfindungen, und Vorstellungen, die nicht gerade Object der Th\u00e4tigkeit sind, verm\u00f6ge der Enge des Bewufstseins oder, was dasselbe bedeutet, auf Grund der allgemeinen Concurrenz psychischer Inhalte um das Bewufstwerden, aus dem Bewufstsein verdr\u00e4ngt oder ferngehalten werden; dafs also das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl dem allgemeinen Concurrenzgesetze nicht unterworfen ist, das ist ein Zeichen daf\u00fcr, dafs es von jenen \u201eobjectiven\u201c Bewufstseinsinhalten, wie Empfindungen und Vorstellungen, ganz und gar verschieden ist, und den Gef\u00fchlen der Lust und Unlust n\u00e4her steht, die ebenfalls eine solche Ausnahmsstellung einnehmen.\nNoch in mehreren Punkten weicht aber das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl von einem Verschmelzungsproduct aus K\u00f6rperempfindungen ab. Verschmelzungsproducte aus Empfindungen sind sonst immer neue eigenartige Empfindungen, die, wie die Empfindungen, aus denen sie entstehen, als etwas Objectives, als Theil der Aufsenwelt, erscheinen, und welche, falls die Empfindungen, aus denen sie hervorgehen, r\u00e4umliche Eigenschaften besitzen, ebenfalls r\u00e4umlich sich darstellen. Das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl aber hat, wie schon mehrfach erw\u00e4hnt, keinerlei r\u00e4umliche Qualit\u00e4ten und erscheint als etwas durchaus Subjectives, nach James eigenem Ausdruck als \u201eKern des Ich\u201c.\nMan kann den K\u00f6rperempfindungen die Aufmerksamkeit zuwenden; sie treten dann als einzelne hervor. Dies geschieht ja z. B., wenn James das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl analysirt. Diese Analyse, sagt er, sei besonders schwierig; das heifst doch wohl, bei dieser Th\u00e4tigkeit der Analyse sei ein besonders intensives Gef\u00fchl der inneren Bem\u00fchung vorhanden. Wir h\u00e4tten also gleichzeitig ein intensives Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl und die einzelnen K\u00f6rperempfindungen, deren Verschmelzungsproduct es sein soll. Abgesehen nun von dem Widersinn, dafs hier das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl zugleich wieder Object eines Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl sein","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewufstsein des Wollens.\n359\nm\u00fcfste, entsteht hier die Frage, wie ist es m\u00f6glich, dafs das Verschmelzungsproduct, das Gef\u00fchl innerer Bem\u00fchung, unver\u00e4ndert vorhanden ist und zugleich doch in die einzelnen K\u00f6rperempfindungen aufgel\u00f6st ist; w\u00e4hrend dagegen bei der analogen Analyse der Klangempfindung die einheitliche Klangempfindung verschwindet und an ihre Stelle eine Mehrheit von Tonempfindungen tritt? Die Antwort auf diese Frage kann nur lauten: das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl ist eben nicht identisch mit dem Ver-schmelzungsproduct aus K\u00f6rperempfindungen; gerade die That-sache, dafs es bestehen bleibt, wenn das vermeintliche Yer-schmelzungsproduct in die einzelnen K\u00f6rperempfindungen aufgel\u00f6st wird, ist ein Beweis daf\u00fcr.\nEin hartn\u00e4ckiger Vertheidiger der hier bek\u00e4mpften Theorie k\u00f6nnte nun allerdings immer noch behaupten, wenn auch das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl alle hier behaupteten, es von den Empfindungen unterscheidenden, Eigenschaften besitze, so sei es trotzdem eine Art von Verschmelzungsproduct aus Muskel- und Hautempfindungen, nur liege eben hier ein besonderes Yerh\u00e4ltnifs zwischen dem Verschmelzungsproduct und den Empfindungen vor, welches dem zwischen Klangempfindung und Tonempfindung nicht \u00e4hnlich sei.\nEine solche Behauptung bed\u00fcrfte aber nothwendig weiterer Begr\u00fcndung, sonst w\u00fcrde sie doch zu sehr einem der Bedr\u00e4ng-nifs entsprungenen Machtspruche gleichen. Da im Uebrigen K\u00f6rperempfindungen niemals solche, zu allen anderen \u201eobjec-tiven\u201c Inhalten des Bewufstseins \u201ein strengem Kontrast\u201c stehende Verschmelzungsproducte haben, so m\u00fcfste man verst\u00e4ndlich zu machen suchen, weshalb gerade diese K\u00f6rperempfindungen ein solches Bewufstseinsresultat, wie das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl es ist, haben. Die blofse Constanz derselben gegen\u00fcber dem sonstigen ver\u00e4nderlichen Bewufstseinsinhalt w\u00fcrde daf\u00fcr kein hinreichender Grund sein. In allen F\u00e4llen bleibt -dann aufserdem noch zu zeigen, wie der psychische Zustand oder die psychischen Bedingungen beschaffen sein m\u00fcssen, damit jene K\u00f6rperempfindungen unbewufst als Begleiterscheinungen entstehen und zum Bewufstseinsresultat das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl haben. Versucht man aber, diese Bedingungen festzustellen, so wird man vielleicht erkennen, dafs die psychischen Bedingungen, die nothwendig sind, damit jene k\u00f6rperlichen Processe (die sogen. Begleiterscheinungen des Wollens) entstehen, zugleich auch die directen Bedingungen","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360\nA. Pf muter.\nf\u00fcr das Auftreten eines Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchles sind, dafs also jene k\u00f6rperlichen Processe und die daraus etwa entspringenden Empfindungen in Wahrheit nur \u201eBegleiterscheinungen\u201c desWollens sind, wie man dies gew\u00f6hnlich auch annimmt Jedenfalls, wenn es gelingt, aus dem psychischen Thatbestande, der zum Activi-t\u00e4tsbewTufstsein f\u00fchrt und der erst jene Begleiterscheinungen entstehen lftfst, auch das Auftreten eines Willensgef\u00fchles direct verst\u00e4ndlich zu machen, so brauchen wir die aufser aller Analogie stehende Annahme nicht, dafs das Willensgef\u00fchl ein eigenartiges Verschmelzungsproduct aus K\u00f6rperempfindungen sei. Ob die eine oder die andere Ansicht physiologisch vermeintlich verst\u00e4ndlicher ist oder nicht, darum kann sich die Psychologie nicht k\u00fcmmern.\nWir sehen also, dafs diese Versuche, das Gef\u00fchl der Th\u00e4tig-keit auf K\u00f6rperempfindungen zur\u00fcckzuf\u00fchren oder aus ihnen abzuleiten, mifslingen. Vielleicht haben wir nun das, was hier -Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl genannt wurde, in demjenigen zu sehen, was James als \u201eFiat\u201c des Willens bezeichnet. Doch lasse ich das dahingestellt.\nEs scheint mir hier die geeignete Stelle, noch eine Ansicht kurz zu erw\u00e4hnen, welche der oben angef\u00fchrten von James \u00e4hnlich ist, aber von James nicht ausgesprochen worden ist, und wegen ihrer Unbestimmtheit auch wohl nicht ausgesprochen worden sein w\u00fcrde. Sie verr\u00e4th in der That mehr guten Willen als sicheren wissenschaftlichen Scharfblick. Diese Meinung erkennt das Willensgef\u00fchl als besonderen, eigenartigen Bewufst-seinsinhalt an, aber erkl\u00e4rt, es sei eben die Resultante aus allen in dem Moment vorhandenen bewufsten oder unbewufsten K\u00f6rperempfindungen und den gleichzeitigen Vorstellungen, besonders der Ziel Vorstellung, also gleichsam der gemeinsame Zielpunkt oder die Totalwirkung alles dessen, was im gegebenen Moment bewufst oder unbewufst psychisch lebendig ist.\nNun wird ja gewifs der jeweils herrschende Gef\u00fchlszustand immer durch alle gleichzeitig vorhandenen psychischen Erregungen bedingt sein. Diese Erregungen sind aber nat\u00fcrlich von verschiedenartigster Natur. Sie k\u00f6nnen daher den Gef\u00fchls* zustand nicht in dem Sinne bedingen, wie die Tonempfindungen die aus ihnen hervorgehende Klangempfindung bedingen; d. h. die Gef\u00fchle k\u00f6nnen nicht als Resultanten, im Sinne von Ver-schmelzungsproducten, aller gleichzeitigen psychischen Er-","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewu\u00dftsein des Wollens.\n361\nregungen betrachtet werden, denn die bisher bekannten psychischen Verschmelzungen sind nur zwischen Gleichartigem m\u00f6glich. Sollte das Willensgef\u00fchl ein solches Verschmelzungsproduct sein, so rn\u00fcfste es aus der Verschmelzung von v\u00f6llig Disparatem, wie den unbewufsten K\u00f6rperempfindungen und allerlei anderen Vor-stelhmgen, hervorgehen.\nUnd noch in anderer Hinsicht rn\u00fcfste diese Verschmelzung von der bisher bekannten total verschieden sein. Die Verschmelzung besteht ja immer gerade darin, dafs die Elemente, welche verschmelzen, verschwinden und an ihre Stelle etwas Neues tritt, w\u00e4hrend hier die Elemente einen Beitrag zu dem Verschmelzungsproduct liefern m\u00fcfsten, und trotzdem f\u00fcr sich weiter existirten, da ja die Vorstellungen, besonders die Zielvorstellung, als solche noch im Bewufstsein vorhanden sind. Diese Verschmelzung w\u00fcrde daher, da ihr das Wesentliche fehlt, auf den Namen Verschmelzung wohl keinen Anspruch mehr haben. Es w\u00fcrde also nichts anderes \u00fcbrig bleiben, als eine andere Art der Abh\u00e4ngigkeitsbezeichnung zwischen Gef\u00fchlszustand und gleichzeitigen bewufsten oder unbewufsten Vorstellungen und Empfindungen anzunehmen, als die bisher bekannte Verschmelzung es ist. Dann ist es aber eine unabweisbare Forderung, diese Art der Abh\u00e4ngigkeit genauer zu bestimmen.\nZu dieser genaueren Bestimmung w\u00fcrde es aber vor Allem geh\u00f6ren, dafs man \u00fcber die allgemeine und unbestimmte Behauptung, das Willensgef\u00fchl sei Total Wirkung der gerade vorhandenen bewufsten und unbewufsten Vorstellungen und Empfindungen hinausgeht. Denn nicht bei jeder beliebigen Ge-sammtheit gleichzeitiger psychischer Erregungen ist das Willensgef\u00fchl in gleicher Weise vorhanden. Vielmehr ist es Thatsache, dafs der Gef\u00fchlszustand ein anderer und anderer ist je nach der augenblicklichen Empfindungs- und Vorstellungsconstellation. Man mufs also zeigen, wie beschaffen der Empfindungs-und Vorstellungszusammenhang jedesmal sein mufs, damit jene Aenderung des Gef\u00fchlszustandes eintritt, die wir dadurch bezeichnen, dafs wir sagen, es entsteht ein Willensgef\u00fchl. Kurz gesagt, es mufs eine gesetzm\u00e4fsige Beziehung zwischen dem Auftreten eines Willensgef\u00fchles und bestimmten Beschaffenheiten oder Ver\u00e4nderungen im \u00fcbrigen psychischen Geschehen auf gezeigt werden. Thut man das nicht, so ist mit der allgemeinen","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362\nA. Pf\u00e4nder.\nBehauptung, das Willensgef\u00fchl sei Total Wirkung des gesammten vorhandenen psychischen Zustandes, gar nichts gesagt, oder ebensowenig gesagt, wie mit der Erkl\u00e4rung, die Ursache einer bestimmten chemischen Reaction sei der gerade vorhandene Weltzustand. Es ist Selbstmord der Wissenschaft, wenn sie sich bei solchen Allgemeinheiten beruhigt\nIch f\u00fcge noch kurz hinzu, wie einige andere Psychologen sich zu der Frage nach dem Willensgef\u00fchl gestellt haben.\nK\u00fclpe erkl\u00e4rt in seiner Psychologie zun\u00e4chst: \u201eAlles, was sich als innere Th\u00e4tigkeit .... beobachten l\u00e4fst, ist auf ein bestimmtes Ph\u00e4nomen reducirbar, das wir als Streben vielleicht am unbefangensten und zutreffendsten bezeichnen k\u00f6nnen. Es ist ein von innen heraus erfolgender Drang, eine Spannung, eine Beth\u00e4tigung unseres Ich, die wir damit meinen.\u201c 1 Dann stellt er die Frage, ob wir in diesem Streben ein Gef\u00fchl oder eine Empfindung zu sehen haben.\nK\u00fclpe\u2019s Ansicht nun ist die, dafs das Streben ein Complex von mehr oder weniger lebhaften Organempfindungen sei, die tlieils peripherisch, theils central erregte Spannungs- (Sehnen-) und Gelenkempfindungen zu sein schienen. Begr\u00fcndend bemerkt er hierzu: \u201eDafs diese Empfindungen thats\u00e4chlich den Inhalt des Strebens bilden, geht wohl einerseits daraus hervor, dafs die gr\u00f6fsere oder geringere Intensit\u00e4t der Strebungen parallel geht der St\u00e4rke jener Organempfindungen, andererseits daraus, dafs regelm\u00e4fsig, wo ein Streben beobachtet wird, actuell oder ideell motorische Innervationen stattfinden. Endlich l\u00e4fst sich, wie ich finde, der Vorgang des Strebens willk\u00fcrlich erzeugen, indem man an eine angenehme Ortsver\u00e4nderung denkt. Das Angenehme hat hierbei nur die Bedeutung eines wirksamen Reizes zur Entstehung der Bewegungsvorstellungen und der den bewegt gedachten Gliedern entstammenden Empfindungen. So reducirt sich denn die elementare Willensqualit\u00e4t allem Anschein nach auf bestimmte Empfindungsqualit\u00e4ten.\u201c\nWenn ich dies unter Hinzunahme der weiteren Aeufserungen richtig verstehe, so meint also K\u00fclpe, das Strebungsgef\u00fchl bestehe aus peripherisch oder central erregten Organempfindungen,\n1 Grundrifs der Psychologie, S. 274.","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewxifststin des Wollens.\n363\ndie eine vorgestellte oder ausgef\u00fchrte Bewegung begleiten. Peripherisch erzeugte Empfindungen sind nun f\u00fcr K\u00fclpe das, was man gew\u00f6hnlich einfach als Empfindungen bezeichnet, central erregte Empfindungen sind dagegen die entsprechenden Vorstellungen. Demnach w\u00fcrde f\u00fcr K\u00fclpe das Streben aus Organempfindungen oder aus ihnen entsprechenden Vorstellungen bestehen.\nHierzu ist zu bemerken, dafs man zwischen den beiden hier unterschiedenen M\u00f6glichkeiten zu entscheiden hat; dafs das Be-wufstsein des Strebens nicht das eine Mal aus Organ e mp fin-d\u00fcngen, das andere Mal aus entsprechenden Vorstellungen bestehen kann. Das gef\u00fchlte Streben, im Unterschiede von dem blos vorgestellten oder erinnerten Streben, also das thats\u00e4chliche Streben ist \u00fcberall gleichartig charakterisirt ; jedenfalls zeigt es nicht die Unterschiede auf, die zwischen den Organempfindungen und den ihnen entsprechenden Vorstellungen neben aller Aehn-lichkeit wirklich vorhanden sind. Oder vielmehr, letzterem Unterschiede entspricht nicht ein Unterschied verschiedener Strebungsgef\u00fchle, sondern der Unterschied zwischen thats\u00e4ch-lichem Streben und blofser Vorstellung eines Strebens. Das Streben k\u00f6nnte also nicht aus Organempfindungen oder Vorstellungen bestehen, sondern nur aus den einen von beiden. Die K\u00fcLPE\u2019sche Ansicht enth\u00e4lt dann zwei sich ausschliefsende Behauptungen. Beide haben aber schon in der Kritik der jAMEs\u2019schen und der M\u00fcNSTEKBERo\u2019schen Ansicht ihre Erledigung gefunden.\nWas die Begr\u00fcndung, die K\u00fclpe f\u00fcr seine Meinung anf\u00fchrt, betrifft, so kann dieselbe keiner von beiden Behauptungen zur St\u00fctze dienen. Soll unter Organempfindungen das verstanden sein, was man gew\u00f6hnlich darunter versteht, n\u00e4mlich bestimmte bewufste Empfindungsinhalte, so geht der Intensit\u00e4t der Strebungen durchaus nicht die St\u00e4rke der Organempfindungen parallel. Vielmehr tritt, wie schon fr\u00fcher angef\u00fchrt wurde, je intensiver das Streben nach einem Ziele ist (falls dies Ziel nicht gerade in Organempfindungen besteht), um so mehr ein etwa vorhandener Complex von Organempfindungen aus dem Bewufst-sein, er ist schliefslich f\u00fcr das Bewufstsein gar nicht mehr vorhanden. Die Intensit\u00e4t des Strebens kann also nicht mit der St\u00e4rke der, gar nicht vorhandenen, Organempfindungen parallel gehen. Zwar mag mit der Intensit\u00e4t der Strebungen die In-","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364\nA. Pf\u00e4nder.\ntensit\u00e4t der im K\u00f6rper thats\u00e4chlich stattfindenden Erregungen sich steigern. Aber diese Erregungen als solche sind keine Empfindungen, und sie bewirken nicht ohne Weiteres im zugeh\u00f6rigen Bewufstsein die entsprechenden Empfindungen.\nNehme ich an, unter Organempfindungen seien an dieser Stelle central erregte, also Vorstellungen zu verstehen, so ist nicht recht deutlich, was mit der \u201eSt\u00e4rke\u201c einer Vorstellung gemeint ist Doch, was man auch darunter verstehen mag, die St\u00e4rke der Vorstellungen von Organempfindungen geht nicht parallel mit der Intensit\u00e4t der Strebungen, da, ebenso wie die Organempfindungen, auch die entsprechenden Vorstellungen bei einigermaafsen intensivem Streben im Bewufstsein gar nicht vorhanden sind, also von einer St\u00e4rke derselben \u00fcberhaupt nicht die Rede sein kann.\nDas angef\u00fchrte Argument K\u00fclpe\u2019s ist also nicht haltbar. Das zweite Argument, dem zu Folge regelm\u00e4fsig, wo ein Streben sich findet, actuell oder ideell motorische Innervationen stattfinden, beweist dagegen nichts f\u00fcr die Identit\u00e4t von Streben und Organempfindungen. M\u00f6gen sich in der That bei allem Streben motorische Innervationen vorfinden, so sind, da nicht alle motorische Innervationen, vor Allem bei intensiverem Streben, zu den ihnen correspondirenden Organempfindungen f\u00fchren, nicht bei allem Streben Organempfindungen vorhanden. Also kann das Streben auch nicht in denselben bestehen.\nInwiefern das dritte Argument irgend Etwas f\u00fcr die Identit\u00e4t von Streben und Organempfindungen oder Vorstellungen beweisen soll, bleibt ganz unverst\u00e4ndlich. Denn erstens erzeugt nicht jedes Denken an eine angenehme Ortsver\u00e4nderung immer ein Streben. Wenn aber auch zweitens jedes Denken an eine angenehme Ortsver\u00e4nderung ein Streben erzeugte, so folgt daraus doch keineswegs die von K\u00fclpe behauptete Identit\u00e4t. Mit demselben Recht k\u00f6nnte man sonst behaupten, das Gef\u00fchl der Lust bestehe aus Organempfindungen, denn es l\u00e4fst sich willk\u00fcrlich erzeugen, indem man an eine angenehme Ortsver\u00e4nderung denkt (K\u00fclpe selbst l\u00e4fst das Gef\u00fchl der Lust als einen eigenartigen Bewufstseinsinhalt gelten.) Oder allgemein ausgedr\u00fcckt: Wenn ich durch \u201eDenken an ein au ein b willk\u00fcrlich erzeugen kann, so sind doch nicht nothwendig die Vorstellungen oder die Empfindungen derjenigen Bewegungen, die zur Verwirklichung des a f\u00fchren w\u00fcrden, identisch mit dem b.","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewu\u00dftsein des Wollens,\n365\nDie K\u00fcLPE\u2019sche Theorie widerstreitet also nicht nur den Thatsachen, sondern sie kann auch durch die zu ihrer Begr\u00fcndung angef\u00fchrten Argumente nicht gest\u00fctzt werden.\nIch bemerke \u00fcbrigens, dafs K\u00fclpe sein Resultat nicht in die Form eines Entscheides kleidet, sondern in die der noch zweifelnden Vermuthung. Er scheint \u00fcberhaupt die Entscheidung der Frage nach der \u201eelementaren Willensqualit\u00e4t\u201c f\u00fcr ziemlich unwichtig zu halten, denn er behauptet, f\u00fcr die Erkl\u00e4rung und Analyse der Willenshandlung sei durch die Entscheidung der Frage noch nichts gewonnen (S. 274).\nRibot\u2019s Ansicht. In seinem Buche \u00fcber \u201eden Willen\u201c 1 k\u00fcmmert sich Ribot nicht um die Analyse des Bewufstseinsthat-bestandes, der beim Wollen vorliegt. Vielmehr betrachtet er den Willen nur in Hinsicht auf seine Voraussetzungen und seine vermeintlichen Leistungen. Diese Art der Untersuchung des Willens ist eine Consequenz des principiellen Standpunktes, von dem aus Ribot meint Psychologie treiben zu m\u00fcssen. Diesem Standpunkt zu Folge ist eben \u201edas Bewufstsein nur die an sich unwesentliche Begleiterscheinung eines Nervenprocesses, welcher f\u00fcr sich allein den wesentlichen Hauptvorgang ausmacht.\u201c 2\nIn der Schrift \u201eL\u2019Attention\u201c (1894) dagegen findet sich eine l\u00e4ngere Er\u00f6rterung \u00fcber das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl (sentiment de l\u2019effort). F\u00fcr Ribot ist es Thatsache, dafs die willk\u00fcrliche Aufmerksamkeit immer von deni Gef\u00fchl der Bem\u00fchung begleitet ist, das in directem Verh\u00e4ltnis zur Dauer und Schwierigkeit des Aufmerkens stehe. 8\nDie Anstrengung der Aufmerksamkeit ist nun auch f\u00fcr Ribot ein besonderer Fall der Anstrengung \u00fcberhaupt, deren gew\u00f6hnlichste und bekannteste Aeufserung diejenige sei, welche die muskul\u00e4re Arbeit begleitet.4 In der Beantwortung der Frage nun, worin das Gef\u00fchl der Anstrengung bestehe, schliefst er sich der von James vorgebrachten Theorie an, und erkl\u00e4rt, es sei die Bewufstseinsrepercussion derjenigen physischen Zust\u00e4nde, welche die nothwendigen Bedingungen der Aufmerksamkeit bilden; es sei peripherischen Ursprungs, wie jede andere Empfindung, und h\u00e4nge ab von der Gr\u00f6fse und Qualit\u00e4t der Muskelcontractionen\n1 Th.^Ribot, \u201eDer Wille\u201c, \u00fcbers, v. Pabst. 1893.\n8 Ebenda S. 7.\n3\tTh. Ribot, \u201ePsych. de 1\u2019Attention\u201c, S. 96.\n4\tEbenda S. 96.","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\nA. Pf\u00e4nder.\norganischen Modificationen etc.1 2 Doch wird es noch weniger deutlich als bei James, ob das Gef\u00fchl mit Bewegungsempfindungen oder -Vorstellungen identisch sein soll, oder ob es ein Ver-schmelzungsproduct aus solchen sein, oder in welcher bestimmten Beziehung es zu denselben stehen soll.\nBaldwin\u2019s Meinung. Das Charakteristische der Willens-zust\u00e4nde sei das Gef\u00fchl der Anstrengung oder der Bem\u00fchung. * Die sogen. Muskelanstrengung sei nur ein besonderer Fall der intellectuellen Bem\u00fchung, da die willk\u00fcrliche Bewegung nur ein besonderer Fall der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit sei.3 4 Wenn er daher auch im Wesentlichen mit James \u00fcbereinstimme, so billige er doch nicht, dafs James zur Bezeichnung des Empfindungsinhaltes der muskul\u00e4ren Willensth\u00e4tigkeit (muscular volition) den Ausdruck \u201eMuskelanstrengung44 (muscular effort) anwende. Denn die Anstrengung sei dieselbe w7ie bei der will-k\u00fcrlichen Aufmerksamkeit, und sie bestehe nicht \u201eaus allen jenen peripheren Empfindungen, die durch eine Muskelth\u00e4tigkeit entstehen k\u00f6nnen.44 4\nFreilich stellt Baldwin das Gef\u00fchl der Bem\u00fchung noch in Abh\u00e4ngigkeitsbeziehung zu der Ausgabe nerv\u00f6ser Energie in den Centren.5 Doch scheint damit wTohl nur eine allgemeine Ver-muthung ausgesprochen zu sein, die f\u00fcr die Psychologie des Willens von geringer Bedeutung ist. Ob nun jenes Gef\u00fchl der Bem\u00fchung sich noch wreiter zur\u00fcckf\u00fchren lasse oder nicht, dar\u00fcber findet sich keine ausdr\u00fcckliche Erkl\u00e4rung. Doch scheint es, als ob Baldwin dasselbe als ein nicht weiter aufl\u00f6sbares Element des Bewusstseins betrachte. Auch die enge Beziehung des Gef\u00fchls der Bem\u00fchung oder des \u201eFiat44 zum Selbst-bewufstsein, zum Ich, hebt Baldwin hervor.6\nWundt\u2019s Standpunkt. Wundt erkl\u00e4rt, f\u00fcr alle Willenshandlungen, sowTohl f\u00fcr \u201e\u00e4ufsere44 wie f\u00fcr \u201einnere44, sei das Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit charakteristisch.7 Auch die Gef\u00fchlsseite der\n1\tEbenda S. 105.\n2\tJ. M. Baldwin, Handbook of Psychology, Senses and Intellect, S. 37.\n*\tJ. M. Baldwin, Feeling and Will, S. 363.\n4 J. M. Baldwin, Feeling and Will, S. 242 f.\n6\tJ. M. Baldwin, Senses and Intellekt, S. 89.\n\u2022\tJ. M. Baldwin, Senses and Intellekt, S. 143.\n7\tWundt, \u201ePhysiol. Psychol.\u201c, II. Bd., S. 266. \u201eGrandrifs d. Psychol.\u201c, S. 222, 225, 257, 291.","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"Das Bewufstsein des Wollen*.\n367\nAufmerksamkeit, als einer inneren Willenshandlung, stimme mit dem allgemeinen Gef\u00fchlsinhalt der Willensvorg\u00e4nge \u00fcberein.1 Das Th\u00e4tigkeitsgef\u00fchl ist als Gef\u00fchl f\u00fcr Wundt ein reales und gleich wesentliches Element des psychischen Geschehens, wie die Empfindungen.2 * Denn Empfindung und Gef\u00fchl unterscheiden sich auch nach Wundt allgemein in wesentlichen Eigenschaften.8 Er h\u00e4lt es f\u00fcr eine haltlose und der Kritik nicht bed\u00fcrftige Behauptung, dafs die Gef\u00fchle mit speciellen Empfindungen, namentlich mit Haut- oder Muskelempfindungen identisch seien.4 Das Ichgef\u00fchl ist auch f\u00fcr Wundt auf das Engste an das alles Wollen begleitende Gef\u00fchl der Th\u00e4tigkeit gekn\u00fcpft.5\nWundt stimmt also in den Hauptpunkten mit der hier ver-theidigten Ansicht vollkommen \u00fcberein. Freilich war Wundt fr\u00fcher, insbesondere in den fr\u00fcheren Auflagen seiner \u201ephysiologischen Psychologie14, zu einem anderen Resultate gelangt. In allm\u00e4hlicher Um\u00e4nderung desselben gewann er dann aber die eben bezeichnete Anschauung, wie sie in der letzten Auflage der \u201ephysiol. Psychologie\u201c und besonders im \u201eGrundrifs der Psychologie\u201c niedergelegt ist.\nLipps hat in seinen \u201eGrundthatsachen des Seelenlebens\u201c (1883) und in einigen kleineren Abhandlungen ausf\u00fchrliche Untersuchungen \u00fcber Streben und Strebungsgef\u00fchle angestellt. Ich brauche jedoch seine Resultate hier nicht besonders mit-zutheilen und einer Kritik zu unterziehen, da die vorangehenden Er\u00f6rterungen im Wesentlichen auf den Darlegungen, basiren, die Lipps \u00fcber das Bewufstsein desWollens gegeben hat.\nAus den vorliegenden Betrachtungen wird sich nun hoffentlich zur Gen\u00fcge herausgestellt haben, dafs das Willensgef\u00fchl als ein eigenartiges Element des Bewufstseins des Wollens anzusehen ist und dafs es sich in keiner Weise auf Vorstellungen oder Empfindungen zur\u00fcckf\u00fchren l\u00e4fst. Mit diesem Ergebnifs mufs ich mich hier begn\u00fcgen und auf weitere Untersuchungen \u00fcber das Willensgef\u00fchl und das Bewufstsein des Wollens verzichten, mit der Absicht jedoch, das hier Begonnene in einer besonderen Abhandlung zu erg\u00e4nzen und fortzuf\u00fchren.\n1 Wundt, Gnmdrifs der Psych., S. 256.\n\u25a0 Ebenda S. 44. 8 Ebenda S. 39. 4 Ebenda 8.100. 5 Ebenda 8. 269.\n(Eingegangen den 27. M\u00e4rz 1898.)","page":367}],"identifier":"lit30502","issued":"1898","language":"de","pages":"321-367","startpages":"321","title":"Das Bewu\u00dftsein des Wollens","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:57:48.022459+00:00"}

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