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{"created":"2022-01-31T12:41:51.949141+00:00","id":"lit30505","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Rickert, Heinrich","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 17: 397-398","fulltext":[{"file":"p0397.txt","language":"de","ocr_de":"Berichtigung.\nIn Bd. XVI 8. 231 ff, dieser Zeitschrift steht ein Referat \u00fcber meine \u201eGrenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung u. s. w.\u201c, dessen Autor schon einmal eine \u201eWiderlegung Rickert\u2019s\u201c dadurch versucht hat, dafs er meine Ansichten in ihr Gegentheil verkehrte. Handelte es sich jetzt wieder nur um eine Privatarbeit, so h\u00e4tte ich zu einer Berichtigung keinen Grund. Weil diese neue Kritik aber in einer angesehenen Zeitschrift Aufnahme gefunden hat, so stelle ich den Behauptungen des Referenten die folgenden Thatsachen gegen\u00fcber.\n1.\tDer Referent behauptet, nach mir sei der \u201egrundlegende Unterschied\u201c, den ich \u201ezwischen den zwei verschiedenen wissenschaftlichen (!) Methoden\u201c mache, auch auf die Psychologie anzuwenden. Aufser der naturwissenschaftlichen Psychologie solle es nach meiner \u201eForderung\u201c \u201enoch eine der von Dilthey geforderten \u00e4hnliche\u201c\u00a9 \u201ehistorische Psychologie\u201c geben.\nThats\u00e4chlich ist der leitende Gedanke aller meiner Ausf\u00fchrungen \u00fcber die psychologische Methode der, dafs die wissenschaftliche Psychologie nur nach einer Methode, n\u00e4mlich naturwissenschaftlich verfahren k\u00f6nne. Den Begriff einer \u201ehistorischen Psychologie\u201c, deren \u201eForderung\u201c man nach dem Referat f\u00fcr einen Hauptgedanken meines Buches halten mufs, erw\u00e4hne ich nur ein einziges Mal 8.188 in einer Anmerkung, um auch dabei die Anwendung von zwei wissenschaftlichen Methoden auf die Psychologie ausdr\u00fccklich abzulehnen. Insbesondere die von Dilthey geforderte Psychologie bezeichne ich auf derselben Seite im Text als \u201elogisch unm\u00f6glich\u201c.\n2.\tDer Referent behauptet, meine \u201ehistorische Psychologie\u201c \u201estelle das Individuelle rein beschreibend dar\u201c und \u201esolle sich nur in Aufz\u00e4hlung von Einzelheiten ersch\u00f6pfen\u201c, so dafs der Leser glauben mufs, hierin bestehe nach mir die Methode einer historischen Wissenschaft.\nThats\u00e4chlich findet sich \u00fcber die \u201ehistorische Psychologie\u201c d. h. die dem Historiker unentbehrliche Kenntnifs des Seelenlebens, in dem bisher ver\u00f6ffentlichten ersten Theile meines Buches nichts anderes, als dafs sie eine besondere Wissenschaft weder sei noch werden k\u00f6nne. Welche Aufgabe ich ihr stelle, kann der Referent also nicht wissen. Nur dies sage ich: Geschichte ist nicht Psychologie. Der Begriff einer historischen Wissenschaft selbst aber bleibt mit R\u00fccksicht auf deren Methode in diesem ersten Theile ebenfalls, wie ich wiederholt 8. 263f., S. 265, S. 303 und ausdr\u00fccklich noch auf der letzten Seite hervorhebe, \u201erein proble-","page":397},{"file":"p0398.txt","language":"de","ocr_de":"398\nB&'ich tigung.\nmatisch\u201c, und nur der Gedanke, dafs irgend eine Wissenschaft die Auf g\u00e4be haben k\u00f6nne, die der Referent mich der \u201ehistorischen Psychologie\u201c stellen l\u00e4fst, n\u00e4mlich \u201edas Individuelle rein beschreibend darzustellen\u201c und \u201esich in Aufz\u00e4hlung von Einzelheiten zu ersch\u00f6pfen\u201c wird nachdr\u00fccklich zurttckgewiesen. \u201eDie Wirklichkeit in ihrer anschaulichen und individuellen Gestaltung, heilst es z. B. S. 252, geht ja, wie wir ausf\u00fchrlich gezeigt haben, in keine Wissenschaft ein.\u201c Ja, dafs alle Wissenschaft Bearbeitung, Umformung und zwar Vereinfachung der Wirklichkeit sein m\u00fcsse, ist einer der Hauptgedanken meines Buches.\n3. Der Referent behauptet endlich, meine \u201ehistorische Psychologie\u201c sei eine \u201eUnm\u00f6glichkeit\u201c, ein \u201ePhantom\u201c, und er begr\u00fcndet dies damit, dafs \u201edas Streben nach Feststellung des Gesetzm\u00e4fsigen als regulative Idee unentbehrlich\u201c sei, \u201ebei Strafe des R\u00fcckfalles in das Unwissenschaftliche, in die doppelte Unendlichkeit\u201c.\nThats\u00e4chlicli ist das, was i c h unter historischer Psychologie verstehe, so wenig eine \u201eUnm\u00f6glichkeit\u201c, dafs es sich in nahezu jedem umfassenderen historischen Werke findet, und was ich meine, h\u00e4tte wohl auch jeder leicht errathen k\u00f6nnen, der einmal ernsthaft \u00fcber die logische Eigenart der wirklich vorhandenen historischen Wissenschaften nachgedacht hat. Aber darin allerdings hat der Referent Recht: die \u201ehistorische Psychologie\u201c, von der er zu erz\u00e4hlen weifs, ist ein \u201ePhantom\u201c. Nur sollte er nicht mich f\u00fcr dieses Phantom verantwortlich machen. Ich selbst habe n\u00e4mlich, und zwar mit H\u00fclfe eben jenes Begriffes der \u201edoppelten Unendlichkeit\u201c, den der Referent gegen mich ins Feld f\u00fchrt, den Nachweis versucht, dafs die wissenschaftliche Psychologie das Streben nach Feststellung des Gesetz-m\u00e4fsigen nicht entbehren kann, und wegen derselben \u201eUnendlichkeit\u201c bleibt auch der Begriff einer historischen Wissenschaft, die nicht Gesetze sucht, zun\u00e4chst f\u00fcr mich \u201erein problematisch\u201c. Nachdem also der Referent mich zuerst das Gegentheil von dem hat sagen lassen, was in meinem Buche steht, l\u00f6st er schliefslich mit Gl\u00fcck die Aufgabe, mich mit meinen eigenen Gr\u00fcnden zu schlagen.\nAuf Grund dieser Thatsachen habe ich wohl das Recht, eine Art von Berichterstattung, wie sie hier an meinem Buche ge\u00fcbt worden ist, auf das Sch\u00e4rfste zur\u00fcck zu weisen.\nM\u00e4rz im.\nHeinrich Rickert (Freiburg i. B.).","page":398}],"identifier":"lit30505","issued":"1898","language":"de","pages":"397-398","startpages":"397","title":"Berichtigung [anl\u00e4\u00dflich des Barthschen Litteraturberichts \u00fcber Rickerts \"Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung u. s. w.\", Zeitschr. f. Psychol. u. Physiol. d. Sinnesorg., Bd. 16, S. 231-233]","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:41:51.949148+00:00"}