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{"created":"2022-01-31T12:46:28.362367+00:00","id":"lit30511","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wreschner, Arthur","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 17: 444-445","fulltext":[{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"444\nLiteraturbericht.\nErfahrung finden wir weder das Eine noch das Andere; die Wissenschaft aber ist seit einigen Jahrhunderten damit besch\u00e4ftigt, die rohe Erfahrung zu einer Naturauffassung umzugestalten, welche beiden Merkmalen entspricht. Die Voraussetzungen, welche diese Umgestaltung beherrschen, weisen, wie ich in meinen \u201eGesetzen und Elementen des wissenschaftlichen Denkens\u201c dargelegt habe, s\u00e4mmtlich auf eine fundamentale Voraussetzung zur\u00fcck, welche das gesammte causale Denken erst m\u00f6glich macht, und aus welcher alle causalen Axiome, auch dasjenige der Gleichartigkeit von Ursache und Wirkung, sich als nothwendige Folgerungen ableiten lassen. Wenn dem aber so ist, so mufs auch jeder Versuch, f\u00fcr Causal -verh\u00e4ltnisse letzter Instanz eine dieser Folgerungen als ung\u00fcltig darzu-stellen, als in sich widersprechend zur\u00fcckgewiesen werden.\nHeymans (Groningen).\nMaurice de Wulf. Les lois organiques de l\u2019histoire de la psychologie. Arch. f. Gesch. d. Philos. X. Bd., 3. Heft, S. 393-407. 1897.\nDrei \u201eorganische\u201c Gesetze zeigt der bisherige Entwickelungsgang der Psychologie. 1. Die Pflege der Psychologie war von inter-mittirendem Charakter, sowohl bei den Indem, als bei den Griechen und im Mittelalter. Auch die Philosophie entwickelte sich in den einzelnen Perioden in Form einer Curve mit einem Aufstieg, einem Maximum und einem Abstieg; nur die indische Philosophie, welche bei dem Pantheismus stehen blieb, und die moderne Philosophie, welche gleichm\u00e4fsig fortschritt, machen eine Ausnahme. 2. Der H\u00f6hepunkt der Psychologie f\u00e4llt mit der Reife des menschlichen Geistes zusammen. Wie f\u00fcr den einzelnen Menschen zun\u00e4chst nur die Aufsenwelt vorhanden ist, so haben auch die V\u00f6lker, so lange sie um ihre materielle Existenz zu k\u00e4mpfen haben, keine Philosophie; dies kann man aus den Anf\u00e4ngen der Cultur bei den Indern, Griechen und im Mittelalter erkennen. Innerhalb der Philosophie kommt wiederum die Psychologie zuletzt zur Herrschaft. So mufste der indische Pantheismus zuerst ein anthropomorphes und dann ein metaphysisches Stadium durchlaufen, bevor er in das psychologische eintrat. In gleicher \"Weise geht der Psychologie Plato\u2019s und Aristoteles\u2019 die Erforschung der Aufsenwelt durch die Vor-sokratiker voraus ; auch im Mittelalter herrschte bis zu dem psychologischen XIII. Jahrhundert die Metaphysik vor. Die moderne Philosophie ist allerdings durchg\u00e4ngig psychologischer Natur, aber nur weil sie keinen Anfang der Cultur hat, sondern die philosophischen Probleme des Mittelalters \u00fcbernimmt. 3. Die Psychologie ist dogmatisch, bevor sie kritisch wird. Auch hier zeigt sich eine frappante Aehniichkeit zwischen der Entwicklung des Individuums und der ganzer V\u00f6lker. Der eigentliche Sch\u00f6pfer des kritischen Stadiums ist erst Kant, der auch die neueste Psychologie in hohem Grade beeinflufst, insofern er einerseits der Vater des modernen Subjectivismus ist, anderseits das Problem der Gewifs-heit in den Vordergrund gestellt hat. Selbst die Neuscholastiker k\u00f6nnen sich dem Einfl\u00fcsse Kant\u2019s nicht entziehen.\nIn diesen Ausf\u00fchrungen liegt sicherlich viel Wahrheit, und es ist mit Freuden zu begr\u00fcfsen, wenn man auch aus der Geschichte des mensch-","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n445\nlichen Geistes Gesetze abzuleiten versucht. Nur mufs man sich der grofsen Schwierigkeiten hierbei bewufst bleiben. Auch Verf. scheint mir von einer zu geringen Anzahl von Thatsachen und einer allzu summarischen Betrachtung der Geschichte der Psychologie und Philosophie auszugehen. Daher kommt es wohl auch, dafs er nur so wenige \u201eorganische\u201c Gesetze fand und auch deren Entstehungsgr\u00fcnde und Wirkungsweise nicht gen\u00fcgend aufdeckte. Im Besonderen sind die Schwankungen innerhalb der modernen Psychologie nicht beachtet; auch die angedeutete Stellung der gegenw\u00e4rtigen Psychologie zu Kant d\u00fcrfte mancherlei Bedenken erregen. Verf. fafst doch den Begriff \u201ePsychologie\u201c etwas zu weit ; er deckt sich durchaus nicht mit dem des \u201eSubjectivismus\u201c.\nArthub Wreschner (Giefsen).\nJamrs Sully. Untersuchungen Aber die Kindheit. Psychologische Abhandlungen f\u00fcr Lehrer und gebildete Eltern. Mit Erlaubnifs des Verfassers aus dem Englischen \u00fcbertragen und mit Anmerkungen versehen von Dr. J. Stimpfl. Leipzig, Wunderlich. 1897. 373 S.\nVerf. hat seine z. T. schon vor Jahren in Zeitschriften erschienenen Untersuchungen als \u201eStudies of Childhood\u201c ver\u00f6ffentlicht. Nach einer historischen Einleitung \u00fcber die Entwickelung dieser Wissenschaft bringt er eine F\u00fclle von Beobachtungen und Bemerkungen \u00fcber die verschiedenen Seiten der Kindesnatur, die dem Zweck des Buches entsprechend streng wissenschaftliche Terminologie und Systematik vermeiden. Das Material ist in folgende Gruppen geordnet: Die Phantasie der Kinder und ihre Erzeugnisse, die Entwickelung des kindlichen Denkens, die Gedanken \u00fcber Natur und Gott, die Entwickelung der Sprache, die Furcht, Rohstoff der Sittlichkeit, die Stellung zum Gebot und das Kind als K\u00fcnstler. Im letzten (10.) Capitel, das sich schon \u00e4ufserlich durch reiche Ulustrirung vom ganzen Werk unterscheidet, giebt der Verf. eine geistvolle Verarbeitung der reichhaltigen englisch-amerikanischen Literatur \u00fcber die ersten Kinderzeichnungen. Besonders mit R\u00fccksicht auf nachstehende Besprechung des Werkes von L. Brown, das die SuLLY\u2019schen Untersuchungen trefflich erg\u00e4nzt, sei diesem Capitel besondere Beachtung geschenkt.\nDie z. T. sehr von einander abweichenden Kinderzeichnungen weisen bei genauerer Analyse viele gemeinsame Merkmale auf, die wiederum manche Beziehungen zu Zeichnungen der \u201emodernen Wilden\u201c oder zu solchen aus fr\u00fcheren Kunstperioden haben. Sowohl an den ganzen Figuren (des Menschen oder Pferdes) wie auch an den einzelnen Theilen (Auge, Arm und Hand, Bein und Zehen, Nase und Ohr) l\u00e4fst sich eine allm\u00e4hliche k\u00fcnstlerische Entwickelung, ein Procefs der Specialisirung nachweisen. Besonders auffallend in der Entwickelung des Bildes der menschlichen Gestalt sind die Zeichnungen, in denen die fr\u00fch auftretende mondartige Darstellung des menschlichen Gesichtes der Seitenansicht Platz macht, bei der h\u00e4ufig Verdoppelung der Nase eintritt und die beiden Augen noch beibehalten werden. Bei den Thierzeichnungen ist in erster Linie das Pferd ber\u00fccksichtigt; es ist zweifellos besser geeignet als die besonders von A. Heim (\u201eSehen und Zeichnen\u201c, Basel 1894) f\u00fcr solche Zwecke empfohlene Katze. Bei der Zusammenfassung der Thatsachen weist","page":445}],"identifier":"lit30511","issued":"1898","language":"de","pages":"444-445","startpages":"444","title":"Maurice de Wulf: Les lois organiques de l'histoire de la psychologie. Arch. f. Gesch. d. Philos. X. Bd., 3. Heft, S. 393-407. 1897","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:46:28.362372+00:00"}