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{"created":"2022-01-31T12:56:10.903325+00:00","id":"lit30513","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pappenheim, Karl","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 17: 447-448","fulltext":[{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t.\n447\nElmer E. Brown. Kotes OH Children\u2019s Drawings. University of California Studies. II, 1. 1897. 75 S. mit 64 Zeichnungen.\nDie Untersuchungen sind in Folge einer vom Leiter des p\u00e4dagogischen Seminars der Californischen Universit\u00e4t Elmer E. Brown ausgegangenen Anregung im Winter 94\u201495 ausgef\u00fchrt. Es wurden Fragebogen an die Seminarmitglieder vertheilt und von diesen sp\u00e4ter die gesammelten Beobachtungen vorgetragen und besprochen. Mit Hinzuziehung eigener Beobachtungen und pers\u00f6nlicher Erinnerungen wurde schliefslich das Material verarbeitet. Die Ver\u00f6ffentlichung mit fast allen dazugeh\u00f6rigen Kinderzeichnungen ist der Freigiebigkeit des Herrn Phebe Hearst zu verdanken.\nEs waren folgende Fragen gestellt worden: 1. Was ist \u00fcber die n\u00e4heren Umst\u00e4nde bekannt, unter denen das Kind zu zeichnen anfing? Zeichnete es irgend etwas, bevor es andere zeichnen sah? Wenn es zuerst ohne sichtlichen Zweck zeichnete, l\u00e4fst sich angeben, wann und wie es begann mit bestimmtem Endzweck zu zeichnen ? 2. Suchte das Kind zuerst Gegenst\u00e4nde oder Lebensformen darzustellen? Wann und wie fing das eine und andere an in der Zeichnung aufzutreten? In welchem Grade l\u00e4fst sich Symmetrie erkennen? 3. Wann versuchte das Kind zum ersten Male eine Zeichnung anderer zu copiren? Wann ein vor Augen befindliches Ding genau nach der Natur abzuzeichnen? 4. Sah das Kind in seiner Zeichnung eine entsprechende Darstellung des von ihm beabsichtigten Dinges? Liefsen sich Anzeichen f\u00fcr Entmuthigung wegen man gelnder Geschicklichkeit, die Zeichnung mit dem geistigen Bilde eines Gegenstandes in Uebereinstimmung zu bringen, erkennen? 5. Ist eine Neigung erkennbar, von dem Ding mehr ein Symbol als ein wirkliches Abbild zu zeichnen? 6. Zeigte sich eine Neigung f\u00fcr hergebrachte Formen, indem es unter Anwendung bestimmter krummer oder gerader Linien die allgemeinen Umrisse von Dingen darstellte, wenn es doch f\u00e4hig war, diese Dinge ann\u00e4hernd genau zu zeichnen? 7. Achtet das Kind mehr auf die Umrisse der abzuzeichnenden Dinge oder auf ihre allgemeine Anordnung, Gr\u00f6fse und Regelm\u00e4fsigkeit ? Liefe sich vielleicht ein Wechsel in dieser Hinsicht bemerken? 8. Zeigte das Kind mehr Interesse f\u00fcr die Form oder die Farbe? Aenderte sich dies Interesse mit den Jahren?\nEs folgen nun Angaben \u00dcber Alter und Familienkreis der vier Kinder, deren erste Zeichenversuche hier vorliegen. Von besonderem Interesse ist Ruth W., \u00fcber deren geistige und zeichnerische F\u00e4higkeiten Miss M. W. Shinn sorgf\u00e4ltige Beobachtungen gesammelt hat ; letztere reichen vom 18. Monat bis in das 6. Lebensjahr. Der kleine Bayard ist ausgesprochener Pferdefreund ; wir lernen seine zwischen dem 25. und 50. Monat liegenden Zeichnungen kennen. Caroll und Ruth bevorzugen beide die menschliche Figur. Die letztere zeichnete zwischen dem 38. und 60. Monat \u201ePapas\u201c, die einen in steter Differenzirung erkennbaren Fortschritt verrathen. Carolls Zeichnungen sind von 43\u201449 Monat angefertigt und zeigen weniger eine folgerichtige Fortentwickelung der Gestalt, als ein wachsendes Interesse an der Wiedergabe menschlicher Th\u00e4tigkeit, wie Spazirengehen, Treppensteigen, Kindertragen, Bootfahren u. a. Die auffallenden Verschiedenheiten dieser Kinder mahnen uns, mit der Aufstellung allgemeiner","page":447},{"file":"p0448.txt","language":"de","ocr_de":"448\nLiter aturberkht,\nSchlufsfolgerungen \u00fcber die Kindernatur vorsichtig zu sein. Es bilden nun diese Untersuchungen durch die Sorgsamkeit der Beobachter einen Grundstein f\u00fcr den Aufbau einer Lehre von der Entwickelung des Kinderzeichnens. Unsere Wissens existirt noch keine Entwickelungsgeschichte eines Zeichners, die, auf wirklichen Beobachtungen beruhend, auch die fr\u00fchesten k\u00fcnstle, rischen Regungen mittheilt. Denn das leider nur wenig bekannte Werk von Viollet-le-duc, Histoire d\u2019un dessinateur (Paris, Hetzel & Cie) macht doch mehr den Eindruck einer im Sinne J. J. Ro\u00fcsseaub geschriebenen Methodik des ersten Zeichenunterrichtes. \u2014 Die Resultate fafst der Herausgeber in Folgendem zusammen : \u201eDer erste Gebrauch des Stiftes f\u00fchrt zu einem Netzwerk von nach allen Richtungen durcheinanderlaufender Linien; jedoch ist eine Bevorzugung zweier Richtungen erkennbar. Diesen folgt schrittweise die zusammenh\u00e4ngende Linie, die rund herum gezogen wird und eine geschlossene, elliptische Figur herstellt. Die ersten Leistungen im Bilderzeichnen, ganz gleich, ob sie durch \u00e4ltere Personen veranlafst oder ob sie auf dem Wege des Aufsuchens zuf\u00e4lliger Aehnlichkeiten erzielt worden sind, stellen eine allgemeine Aehnlichkeit dar mit Malereien, die ohne Absicht ein Bild hervorzubringen gemacht sind. Das gesehene Bild gewinnt nur langsam einen Einflufs auf die Handth\u00e4tigkeit. Das Kind macht auf dieser Stufe gew\u00f6hnlich keine Versuche, die \u00e4ufsere Gestalt eines Gegenstandes exact darzustellen, es sucht mehr zu \u201eportraitiren\", so wie es ihn kennt, woher auch immer diese Kenntnifs erworben sein mag. Es hebt einen oder den andern Zug hervor, so wie es das allgemeine Interesse oder die Laune gerade ihm eingiebt. Die Bem\u00fchungen, eine genaue Darstellung zu geben, f\u00fchrt zu einer Vervollkommnung der Einzelheiten zum Nachtheil des allgemeinen Umrisses. Das Zeichnen direct nach der Natur zielt dahin, diese Aufmerksamkeit auf Untergeordnetes zu vermehren und es kann dadurch zur Entmuthigung f\u00fchren. Das Beispiel anderer wirkt dabei oft anspomend, oft jedoch entmuthigend. Durch fortgesetztes Zeichnen entwickelt sich eine Art automatischer Fertigkeit und allm\u00e4hlich bilden sich \u00e4hnlich bestimmte Bildformen wie die charakteristische Form der Handschrift. Die Nachahmung herk\u00f6mmlicher Figuren, die von anderen gezeichnet sind, zielt darauf hin, diese Tendenz zum Conventionellen zu vermehren. Nachdem diese Stufe erreicht ist, verschlechtern sich oft die Resultate, wenn nicht durch best\u00e4ndiges Zeichnen nach der Natur oder durch methodische Belehrung ein regelm\u00e4fsiger Fortschritt erzielt wird.\u201c Besonders eingehend behandelt Brown die auch von Solly aufgeworfene Frage: Darf man eine Kinderzeichnung f\u00fcr eine Verk\u00f6rperung der kindlichen Auffassung ansehen? Beide neigen zur Verneinung; Brown giebt mehrere Gr\u00fcnde f\u00fcr seine Ansicht an. Ref. glaubt, dafs beide die Handgeschicklichkeit des Kindes untersch\u00e4tzen und ist geneigt, f\u00fcr die Unvollkommenheit der Kinderzeichnungen in erster Linie die Mangelhaftigkeit der Beobachtung und des Formenged\u00e4chtnisses verantwortlich zu machen. Die P\u00e4dagogik des Anschauungsunterrichtes w\u00fcrde jedenfalls gut thun, letztere Auffassung zum heuristischen Princip zu erheben.\tKarl Pappenheim (Berlin).","page":448}],"identifier":"lit30513","issued":"1898","language":"de","pages":"447-448","startpages":"447","title":"Elmer E. Brown: Notes on Children's Drawings. University of California Studies. II, 1. 1897. 75 S. mit 64 Zeichnungen.","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:56:10.903330+00:00"}