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{"created":"2022-01-31T15:06:28.561006+00:00","id":"lit30541","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Stern, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 19: 71-72","fulltext":[{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberi ch t.\n71\nnehmung (innerer Sinn!) erinnernde Annahme, dafs auch das Bewufstsein nur eine Form sinnlicher Wahrnehmung sei (S. 77), muthet etwas befremdlich an. Die geistreichen Er\u00f6rterungen \u00fcber die Merksysteme lehnen sich an \u00e4ltere Ausf\u00fchrungen in Hirth\u2019s Kunstphysiologie an (vgl. auch die Thesen auf dem Internat. Psychol. Congrefs in M\u00fcnchen 1896).\nEin besonderer Abschnitt ist zum Schlufs den plastischen Spiegelungen und dem plastischen Sehen gewidmet. H. versteht darunter die (stereometrische) Nach-Aufsen-Projection der Empfindung. Sie wird nicht im Sinne der Empiristen ontogenetisch erworben, sondern sie ist eine epigenetisch entwickelte, ererbte Energieform. H. nimmt geradezu \u201eeine ununterbrochene latente (unbewufste) Aufmerksamkeit mit der Tendenz der Nachaufsenspiegelung\u201c an. \u2014 F\u00fcr das Ph\u00e4nomen des plastischen Sehens stellt H. folgendes Gesetz auf: \u201eDie Vereinigung der beiden Netzhautbilder und die Wahrnehmung scheinbar verschiedener Tiefen im Sammelbilde erfolgt durch einen nerv\u00f6sen Zwang. Hierbei werden nicht allein solche Partien, welche nur dem rechten oder dem linken Auge sichtbar sind, dem Sammelbilde als Bestandteile mit gr\u00f6fserer Tiefenwirkung eingef\u00fcgt, sondern es tritt auch bez\u00fcglich der beiderseits gesehenen, correspondiren-den Lichter und Contrastf\u00fchrungen mit rechts und links verschieden breiter Erstreckung eine unterschiedliche N\u00e4herempfindung ein, und zwar immer in der (auf der Netzhaut) temporalen Richtung des breiteren Netzhautbildes.\u201c Es ist sehr zu bedauern, dafs Hirth sich in diesem Zusammenhang nicht mit den neueren Arbeiten von Hillebrand, Arrer u. A. auseinandergesetzt hat. Die \u201eplastische Confluenz\u201c der Bilder der beiden Netzh\u00e4ute ist nach H. vielleicht auf \u201eeine Anziehungskraft nach Analogie der Anziehung entgegengesetzter elektrischer Str\u00f6me\u201c (S. 191) zur\u00fcckzuf\u00fchren. Das plastische Sehen mit einem Auge sucht er durch die Annahme verschiedener \u201eFernqualit\u00e4ten des Lichtes zu erkl\u00e4ren\u201c. Das objective Licht wird dadurch ver\u00e4ndert, dafs es die Atmosph\u00e4re durchdringt. F\u00fcr die relative Gr\u00f6fse dieser Ver\u00e4nderung sollen wir eine aufser-ordentlich feine Empfindungsf\u00e4higkeit besitzen, durch welche das Nah- und Ferngef\u00fchl unserer Gesichtsempfindungen entsteht. In Anmerkung 109 wdrd eine mathematische Analyse dieser Theorie der Fernempfindungen versucht.\nRef. glaubt, dafs Niemand das Buch ohne Einw\u00e4nde, ebenso aber auch Niemand ohne dankbare Anerkennung zahlreicher Anregungen lesen wird.\nZiehen (Jena).\nSt. Witasek. Beitr\u00e4ge zur speciellen Dispositionspsychologie. Arch. f. syst. Philos. III, 3, S. 273-293. 1897.\nHerbart und die Herbartianer hatten geglaubt, den ber\u00fchmten Verm\u00f6gensbegriff in der Psychologie f\u00fcr alle Zeiten todtgeschlagen zu haben lind die ganze neuere Psychologie hat es mit ihnen geglaubt. In letzter Zeit aber mehren sich die Anzeichen, dafs jener Tod nur ein Scheintod war; in der Form der \u201eDisposition\u201c regt sich das \u201eVerm\u00f6gen\u201c wieder, und ich m\u00f6chte glauben, dafs die Anspr\u00fcche, die es an f\u00fcrderes Leben stellt, nicht ohne Weiteres als unberechtigt zur\u00fcckgewiesen werden d\u00fcrfen. Bereits 1892 hat Meinong Vorlesungen \u00fcber Dispositionspsychologie gehalten","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"!\n72\tLiteraturbericht.\nund jetzt tritt sein Sch\u00fcler Witasek mit Beitr\u00e4gen zur speciellen Dispositionspsychologie hervor. Wenn wir in denselben auch noch nicht eine endg\u00fcltig befriedigende Fassung des Gegenstandes erblicken k\u00f6nnen, so ist es schon werthvoll genug, dafs Witasek \u00fcberhaupt die Probleme beherzt als Probleme anfafst; man hatte ja fast vergessen, dafs hier \u00fcberhaupt noch Problematisches vorliegt.\nW. f\u00fchrt aus, dafs es, um das Zustandekommen einer psychischen Leistung zu erkl\u00e4ren, nicht gen\u00fcgt, eine andere specielle Leistung als ausl\u00f6sende anzunehmen; vielmehr mufs zu dieser Theilursache noch eine andere Theilursache, n\u00e4mlich eine dauernd dem Individuum anhaftende Eigenschaft, angenommen werden. Er weist darauf hin, dafs gewisse Str\u00f6mungen in der allerneuesten wissenschaftlichen Psychologie geradezu auf die Untersuchung nicht bestimmter seelischer Inhalte, sondern solcher Eigenschaften und F\u00e4higkeiten hinauslaufen ; auf sie beziehen sich n\u00e4mlich die bekannten Uebungs-, Erm\u00fcdungs-, Abstumpfungsversuche an Sch\u00fclern, Geisteskranken u. a. (Kraepelin untersucht die Associationsf\u00e4higkeit, Ebbinghaus die Combinations f\u00e4higkeit etc.).\nIm speciellen behandelt W. die Frage, auf Grund welcher \u201eDispositionen\u201c die sogenannten \u201efundirten Inhalte\u201c zu Stande kommen. In der Wahrnehmung sind lediglich gewisse Einzeleindr\u00fccke (T\u00f6ne, Farben etc.) gegeben ; wenn ich dieselben zur Melodie, zum Bilde fundire, so m\u00fcssen wir eine besondere Fundirungsdisposition annehmen. Wie aber bei den Phantasiegebilden? Der Musiker, der eine Melodie concipirt, hat nicht zuerst einzelne T\u00f6ne in der Vorstellung, zu deren Fundirung dann die obige Fundirungsdisposition hilft, sondern die Melodie als solche ist sofort fertig da. Es besteht somit eine besondere \u201eDisposition zum directen Einbilden neuer fundirter Inhalte\u201c, eine Disposition f\u00fcr welche ja bekanntlich in dem Wort Phantasie die hergebrachte Bezeichnung gegeben ist. Die Reproduction fundirter Inhalte endlich kommt dadurch zu Stande, dafs nicht nur f\u00fcr die Bestandst\u00fccke, sondern f\u00fcr die resultirenden Inhalte selber eine Reproductionsdisposition existirt.\nEndlich unterzieht W. die Steigerungs- und Herabsetzungsverh\u00e4ltnisse der Fundirungsdisposition einer kurzen Betrachtung. In den weitaus meisten F\u00e4llen kann von einer quantitativen Abstufung der Disposition nicht gesprochen werden, da sich die Fundirungen bei gegebenen Bestandst\u00fccken ohne Weiteres einstellen. Dennoch l\u00e4fst sich aus gewissen Einzelf\u00e4llen schliefsen, dafs eine Uebungsf\u00e4higkeit dieser Disposition besteht. So zeigt sich beim Musikunterricht begabter Anf\u00e4nger, dafs sie mit der Zeit im Auffassen und Verstehen immer complicirterer Melodieen, Perioden, Harmonieen ge\u00fcbt werden.\tW. Stern (Breslau).\nFrances M. Drury and Clara F. Folsom. Effect of Study for Examinations on the Nervous and Mental Conditions of Female Students. Psych. Rev. V (1), S. 55-62. 1898.\n25 Studentinnen des Princeton-College werden w\u00e4hrend der Jahresexamina und unter normalen Bedingungen untersucht auf 1. die Festigkeit (ruhige Haltung) dqr Hand (Versuche werden vor und nach der zweiten Aufgabe gemacht) 2. Kopfrechnen (Menge und Correctheit des in 20 Minuten","page":72}],"identifier":"lit30541","issued":"1899","language":"de","pages":"71-72","startpages":"71","title":"St. Witasek: Beitr\u00e4ge zur speciellen Dispositionspsychologie. Arch. f. syst. Philos. III, 3, S. 273-293. 1897","type":"Journal Article","volume":"19"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:06:28.561012+00:00"}