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{"created":"2022-01-31T13:01:48.221480+00:00","id":"lit30635","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Barth, P.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 19: 235-236","fulltext":[{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n235\nfand zum Vergleich eine normale Ausmessung des Gesichtsfeldes statt. Die Versuche erstreckten sich auf die fixative und die distributive Aufmerksamkeit (\u00fcber diese Unterscheidung s. Zeitschr. 15, S. 146 f., 16, S. 208). Als ablenkende Reize fungirten akustische Eindr\u00fccke, die Vorlesung einer interessanten Geschichte mit lauter Stimme, schmerzhafte Stiche bei der Pr\u00fcfung der fixativen, unregelm\u00e4fsig angeordnete Punkte, Striche, Kreise, die gez\u00e4hlt werden mufsten, bei der Pr\u00fcfung der distributiven Aufmerksamkeit. 17 Versuchspersonen, worunter 4 Normale, wurden untersucht. Abgesehen von dem einen normalen Individuum, zeigen sich in den ausf\u00fchrlich mitgetheilten Ergebnissen mehr oder weniger erhebliche Ablenkungseinfl\u00fcsse in Form einer Einschr\u00e4nkung des Gesichtsfeldes, worauf ja auch schon namentlich Janet hingewiesen hatte. Verf. findet seine Auffassung von der Ueberlegenheit der distributiven Aufmerksamkeit \u00fcber die fixative, d. h. ihrer psychogenetisch h\u00f6heren Stellung durch die Resultate best\u00e4tigt, da es leichter war die Aufmerksamkeit zu fixiren, als zu vertheilen. Sie erfordert einen gr\u00f6fseren Aufwand von Willenskraft und erweist sich damit als die h\u00f6here Leistung. Wir k\u00f6nnen uns dieser Folgerung so lange nicht anschliefsen, bis der Unterschied in der Pr\u00fcfung beider Aufmerksamkeitsformen, der ihre Vergleichung hindert, beseitigt oder als belanglos nachgewiesen ist. Bei der Pr\u00fcfung der distributiven Aufmerksamkeit wird eine bestimmte Leistung von der Versuchsperson verlangt, sie mufs die ihr vorgezeigten Punkte u. s. w. z\u00e4hlen. Da dies bei der Pr\u00fcfung der fixativen Aufmerksamkeit fortf\u00e4llt, so fehlt jede Contr\u00f4le \u00fcber die Besch\u00e4ftigung mit dem ablenkenden Reiz. Lieber sonstige Einzelheiten der Arbeit mufs sie selbst nachgelesen werden. Es w\u00e4re sehr zu w\u00fcnschen, dafs diese interessante Ablenkungsmethode, die zuerst eingehender angewandt zu haben ein entschiedenes Verdienst des \\ erf. bildet, an einigen normalen Individuen gr\u00fcndlich untersucht w\u00fcrde.\nO. K\u00fclpe (W\u00fcrzburg).\nJ. Cohn. Beitr\u00e4ge zur Lehre von den Werthungen. Habilitationsschrift der\nPhilosophischen Facult\u00e4t zu Freiburg i. B. Zeitschr. f. Philos, u. philos.\nKrit. Bd. 110, S. 219\u2014262. 1897.\nAbsolute Werthe sind nach Cohn nur die logischen. Jeder mufs sie anerkennen, auch Derjenige, der sie bestreitet, weil er bei ihrer Bestreitung sich ihrer schon bedient. Alle anderen Werthe auch die \u201egeforderten\u201c gelten nur f\u00fcr Diejenigen, von denen sie anerkannt werden. Ihre Anerkennung ist nicht Sache der Wissenschaft. Die Wissenschaft ist in Bezug auf sie nur constructiv, regulativ und kritisch.. Sie ist constructiv, indem sie entweder aus angenommenen Principien die Einzelwerthe oder aus den beobachteten Einzelwerthen die Principien ableitet. \u201eSie wirkt regulativ besonders in Hinsicht auf Werthver\u00e4nderungen ; denn sie erlaubt nach Wahrscheinlichkeitsschl\u00fcssen und leider oft unbestimmter Analogien aus vergangenen Aenderungen auf die Richtung k\u00fcnftiger zu schliefsen. Sie w\u00fcrde dies wenigstens erlauben, wenn wir Entwickelungsgeschichte und Entwickelungsgesetze der Werthe bes\u00e4fsen Sie wirkt kritisch, indem sie aufgestellte Werthungen und Werthsysteme auf ihren inneren Zusammenhang, auf ihre Widerspruchslosigkeit pr\u00fcft\u201c (S. 245).","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nLi ter a turberich t.\nEine besonders wichtige Unterscheidung ist die zwischen intensiven und consecutiven Werthen (= Eigenwerthen und Wirkungswerthen bei Eheenfels). Dieser Unterschied wird nun an einigen Beispielen erl\u00e4utert. Ein niederes Thier z. B., das nur im Augenblicke lebt, hat nur intensive Werthe; erst im Lichte der Entwickelungsgeschichte werden diese zu consecutiven. Staat, Wissenschaft, Kunst haben, je nach der Auffassung, bald intensiven bald consecutiven Werth. Wissenschaftliche Werke geben mehr zur consecutiven, k\u00fcnstlerische mehr zur intensiven Werthsch\u00e4tzung Anlafs.\nAus psychologischen Ursachen, die vom Yerf. vielleicht sp\u00e4ter einmal untersucht werden, stehen diese beiden Arten des Werthes zu einander im Gegens\u00e4tze. Ein Sehnen nach dem ruhigen Besitz k\u00e4mpft \u00fcberall mit der Bewerthung des Strebens. Goethe\u2019s Faust, der diesen Kampf darstellt, ist darum das Weltgedicht unserer Zeit, vielleicht der Menschheit.\nP. Baeth ('Leipzig).\nJ. H. Leuba. The Psycho-Physiology of the Moral Imperative. Am. Journ. of Psychology VIII, Nr. 4, S. 528\u2014559. 1897.\nLeuba will darlegen, wie der kategorische Imperativ, moralische Gesetze \u00fcberhaupt in den physiologischen Mechanismus der Nervenerregung eingreifen. \u2014 Wie jedes complicirte Handeln, so ist nach L. auch das moralische Handeln eine Association theilweise antagonistischer Processe, deren jeder dem Bogen der Reflexbewegung gleicht. Der Wille kommt nicht in Betracht. Denn die Th\u00e4tigkeit, die dem kategorischen Imperative gehorcht, ist unfreiwillig (!). Sie geh\u00f6rt zu den Th\u00e4tigkeiten, von denen wir uns ergriffen finden, auf die wir reagiren k\u00f6nnen, die wir aber nicht durch den Willen ins Dasein rufen (!) (534, 538).\nZ. B. : Ich h\u00f6re Nachts das Husten meines im Nebenzimmer liegenden kranken Bruders. Es entsteht die Vorstellung zu ihm zu gehen und ihm zu helfen, bald darauf aber die Gegenvorstellung, wie unbequem das Aufstehen ist. Endlich siegt der Gedanke, dafs es Pflicht ist, dem Kranken zu helfen, und er bringt mich zum Aufstehen.\nDie ersten zwei Vorstellungen geben motorische Impulse, was aber darauf folgt, ist abstractes Denken. Es erzeugt nur die Vorstellung der Sprachlaute, mit denen die Bewegung benannt wird, erst auf diese folgt die Bewegung selbst, also nicht als directes Ergebnifs des moralischen Imperativs (543/44, 547). Was diesen Denkprocefs vor den ersten beiden Vorstellungen auszeichnet, ist, dafs er keine Verbindung mit dem sympathischen Nervensystem hat, also von keinen^ Gef\u00fchl begleitet wird. Gef\u00fchle k\u00f6nnen auf die sittliche Handlung folgen, sind aber ihrem Urspr\u00fcnge und ihrem Verlaufe fremd, wie Kant und seine Anh\u00e4nger so sehr betonen.\nDer Pflichtgedanke hat keine Sinnesempfindung, kein individuelles Gef\u00fchl in sich, darum ist er unpers\u00f6nlich. Die Abwesenheit des Gef\u00fchls macht ihn auch relativ unwirksam. Wie das Denken aber h\u00f6her gesch\u00e4tzt wird als die Sinnesempfindung, so auch das pflichtm\u00e4fsige Handeln h\u00f6her als das impulsive. Der Gegensatz von Pflicht und Neigung beruht also schliefslich auf dem Gegens\u00e4tze des cerebrospinalen und des sympathischen Nervensystems. ,,Eine Geschichte der Differenzirung und Isolirung der","page":236}],"identifier":"lit30635","issued":"1899","language":"de","pages":"235-236","startpages":"235","title":"J. Cohn: Beitr\u00e4ge zur Lehre von den Werthungen. Habilitationsschrift der Philosophischen Facult\u00e4t zu Freiburg i. B. Zeitschr. f. Philos. und philos. Krit. Bd. 110, S. 219-262. 1897","type":"Journal Article","volume":"19"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:01:48.221486+00:00"}