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{"created":"2022-01-31T15:23:37.528742+00:00","id":"lit30656","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 19: 308-309","fulltext":[{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\nLi ter a turb er ich t.\nvon 5, vor der festgesetzten Stunde. Bei den bez\u00fcglichen Irrth\u00fcmern handelte es sich nur um 1/4, mit wenigen Ausnahmen um eine ganze Stunde bis 2 Stunden; letzeres besonders bei dem am Tage stattfindenden Schlaf. Ueberhaupt erwachten die Versuchsschl\u00e4fer um so fr\u00fcher, je gr\u00f6fser der Abstand des festgesetzten Termins von dem gew\u00f6hnlichen Erwachen war. Verf. unterscheidet 3 verschiedene Arten von psychischem Verhalten beim Erwachen, bei den Einen geschah es pl\u00f6tzlich mit einem Buck und der Betreffende glaubte etwas vers\u00e4umt zu haben, bei den Zweiten in Buhe, wie nach gew\u00f6hnlichem Schlafe, ohne Erinnerung an den Vorsatz, bei den Dritten nach unruhigem Umherwerfen in der vorletzten Stunde, besonders unter Tr\u00e4umen, die sich auf vers\u00e4umtes Erwachen bezogen. Am Pr\u00e4-cisesten erwachten die Personen niederen Bildungsgrades, Bauern, Dienstboten, weniger die gebildeteren Standes und nerv\u00f6se Naturen. Auch das Verhalten beim Einschlafen war verschieden (5 Typen) ; bei den meisten unter der Bef\u00fcrchtung den Termin zu vers\u00e4umen (13 M., 3 Fr.) und m\u00fchsam (5 M., 2 Fr.), andere nahmen Associationen zu H\u00fclfe (3 M.), andere Suggestionen (2 M., 5 Fr.); 2 junge M\u00e4dchen schliefen sofort ein wie gew\u00f6hnlich. Der Verf. belegt alle diese Verh\u00e4ltnisse, wie man aus dem Vorstehenden ersieht, in zahlenm\u00e4fsiger Darstellung der gewonnenen Erfahrungen.\tFraenkel.\nP. Tannery. Sur la m\u00e9moire dans le r\u00eave. Rev. philos. Bd. 45, Nr. 6, S. 636 bis 640. 1898.\nVerf. bespricht eine vermeintliche Illusion des Ged\u00e4chtnisses: Man glaubt sich \u00f6fters im Traume dieser oder jener Sache zu erinnern, die Einem im wachen Leben jedoch nicht begegnet ist. Dies sind nach T. trotzdem keine vermeintlichen Erinnerungen, sondern solche, die auf Erlebnisse in vorangegangenen Tr\u00e4umen zur\u00fcckgef\u00fchrt werden m\u00fcssen. T. zeigt an der Analyse eines Traumes, dafs diese seine Behauptung richtig ist. Egger hatte die bez\u00fcgliche Frage f\u00fcr unl\u00f6sbar erkl\u00e4rt. \u2014 Nach T. erinnern wir uns in Wirklichkeit nicht unserer Tr\u00e4ume, sondern der Becon-struction, welche wir davon im Augenblicke unseres Erwachens machen. Diese Beconstruction hat als Basis die fl\u00fcchtigen Traumbilder, welche noch im Ged\u00e4chtnifs gegenw\u00e4rtig sind, und die logische Arbeit, welche diese Bilder mit einander verbindet. Will man daher einen Traum reconstruiren, so wendet sich die Aufmerksamkeit zun\u00e4chst den ersten Gem\u00e4lden zu. Gelangt man an die letzten Gem\u00e4lde, so ist die Erinnerung schon zur H\u00e4lfte verblafst.\nSo weit ich in meinen Tr\u00e4umen nachkommen kann, hat T. mit der ersten der oben angef\u00fchrten Behauptungen recht. Man wird wohl annehmen m\u00fcssen, dafs derartigen Erinnerungen, die \u00fcbrigens verh\u00e4ltnifs-m\u00e4fsig selten Vorkommen, wirkliche vorangegangene psychische Ereignisse zu Grunde liegen. Vorkommende Illusionen werden sich dabei nur auf die Nebenumst\u00e4nde erstrecken. Was die zweite Behauptung anbetrifft, so war ich selbst \u00f6fters in der Lage, mir am Morgen eine Beihe von 4 Tr\u00e4umen aufschreiben zu k\u00f6nnen, welche alle der vorangegangenen Nacht entstammten, und in denen 2 bis 3 Themata behandelt wurden. Von diesen Tr\u00e4umen hatte ich mir im Augenblick des Erwachens keine Beconstruction","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberich t.\n309\ngemacht, h\u00f6chstens in sp\u00e4rlichen Bruchst\u00fccken. Trotzdem gelang es mir, sie nachher mit grofser Ausf\u00fchrlichkeit aufzuschreiben.\nBei dieser Gelegenheit erlaube ich mir, noch auf eine interessante Art von Ged\u00e4chtnifsillusionen im Traume hinzuweisen, n\u00e4mlich auf solche F\u00e4lle, wo die Illusion unter dem Drucke vorhandener Gedankenbewegungen und Wahrnehmungen zu Stande kommt. Ein Beispiel hierf\u00fcr bildet folgender Traum : Mein Vater wird beim Betreten einer Kirche von dem Gedanken beherrscht, dafs ich die Predigt halte. Er fragt sich : \u201eHat denn dein Sohn Theologie studirt? Ach ja, Philologie und Theologie\u201c. Nachher sieht er mich auf der Kanzel stehen. In diesem Falle hatte demnach die Illusion die seit Jahren im Ged\u00e4chtnifs meines Vaters befestigten Spuren, dafs ich in Wirklichkeit Mathematiker und Naturwissenschaftler bin, zu verdr\u00e4ngen vermocht.\tGiessler (Erfurt).\nG. Guicciardi e G. C. Ferrari. II lettore del pensiero \u201eJohn Dalton\u201c. Con-tributo alia psicologia delle piccole percezioni e dei movimenti minimi.\nRiv. Speriment. di Freniatr. XXIV (1), S. 185\u2014238. 1898.\nDie Verf. haben die Gelegenheit benutzt, in dem psychologischen Laboratorium zu Reggio-Emilia eine der Pers\u00f6nlichkeiten zu untersuchen, die seit Cumberland im Jahre 1875 aus dem \u201esogenannten Gedankenlesen\u201c ein Gewerbe machen. Dalton, ein Nachkomme des Dalton, nach dem die Farbenblindheit benannt wird, ist ein wissenschaftlich gebildeter, sprachenkundiger Mann von 30-35 Jahren, der den Grad eines Surgeon erworben hat, und unterscheidet sich von den \u00fcbrigen Gedankenlesern (Pickmann u. A. m.) zu seinem finanziellen Nachtheil dadurch, dafs er alle Reclame des Wunderbaren an seinen Productionen von sich abweist und offen sagt, dafs Jedermann mit etwas Geduld und Uebung dasselbe machen k\u00f6nne, wie er. Das ist allerdings nicht ganz wahr. Denn D. besitzt nat\u00fcrliche und k\u00fcnstlich gesteigerte F\u00e4higkeiten, die nicht Jedermanns Sache sind, wie es sich bei den Pr\u00fcfungen herausstellte, denen er mit denselben Tests, wie seiner Zeit \u201eZaneboni der Rechenk\u00fcnstler\u201c (vgl. diese Zeitschr. Bd. XVI, S. 314) in demselben Laboratorium unterworfen wurde. \u2014 W\u00e4hrend seine Sinnesorgane, das Geh\u00f6r ausgenommen, nichts Aufserordent-liches leisteten, Gesichtssch\u00e4rfe und Geruch sogar etwas stumpfer befunden wurden, war das Ged\u00e4chtnifs f\u00fcr Zeit und Raum hochgradig entwickelt. Er selbst gab an, dafs er sich ungemein leicht orientiren k\u00f6nne und nie einer Uhr bed\u00fcrfe, aufserdem sei er f\u00fcr Witterungsverh\u00e4ltnisse, Luftdruck etc. \u00e4ufserst empfindlich. Sein rasches Auffassungsverm\u00f6gen und Ged\u00e4chtnifs insbesondere f\u00fcr Gesichtseindr\u00fccke zeigte sich bei dem test der Funkenbeleuchtung eines 7 stelligen Wortes im Dunkelraum, ebenso die Sicherheit seiner Handbewegungen beim Punktiren, beim Theilen von Linien, das Ged\u00e4chtnifs f\u00fcr Worte, Farben, geometrische Formen. Die Absch\u00e4tzung von Gegenst\u00e4nden nach Form, Materie und sogar Farbe, die ihm bei geschlossenen Augen in die Hand gegeben wurden, bezeugten nicht nur D.\u2019s stark ausgebildetes Tastverm\u00f6gen, sondern auch seine gespannte Aufmerksamkeit; seine Kunst der Analyse und der Combination, welch letztere sich auch bei der Aufgabe kund gab, den ersten Einfall zu bezeichnen, der sich an eine grofse Reihe gegebener","page":309}],"identifier":"lit30656","issued":"1899","language":"de","pages":"308-309","startpages":"308","title":"P. Tannery: Sur la m\u00e9moire dans le r\u00eave. Rev. philos. Bd. 45, Nr. 6, S. 636 bis 640. 1898","type":"Journal Article","volume":"19"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:23:37.528747+00:00"}