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{"created":"2022-01-31T15:25:43.474303+00:00","id":"lit30657","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 19: 309-310","fulltext":[{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberich t.\n309\ngemacht, h\u00f6chstens in sp\u00e4rlichen Bruchst\u00fccken. Trotzdem gelang es mir, sie nachher mit grofser Ausf\u00fchrlichkeit aufzuschreiben.\nBei dieser Gelegenheit erlaube ich mir, noch auf eine interessante Art von Ged\u00e4chtnifsillusionen im Traume hinzuweisen, n\u00e4mlich auf solche F\u00e4lle, wo die Illusion unter dem Drucke vorhandener Gedankenbewegungen und Wahrnehmungen zu Stande kommt. Ein Beispiel hierf\u00fcr bildet folgender Traum : Mein Vater wird beim Betreten einer Kirche von dem Gedanken beherrscht, dafs ich die Predigt halte. Er fragt sich : \u201eHat denn dein Sohn Theologie studirt? Ach ja, Philologie und Theologie\u201c. Nachher sieht er mich auf der Kanzel stehen. In diesem Falle hatte demnach die Illusion die seit Jahren im Ged\u00e4chtnifs meines Vaters befestigten Spuren, dafs ich in Wirklichkeit Mathematiker und Naturwissenschaftler bin, zu verdr\u00e4ngen vermocht.\tGiessler (Erfurt).\nG. Guicciardi e G. C. Ferrari. II lettore del pensiero \u201eJohn Dalton\u201c. Con-tributo alia psicologia delle piccole percezioni e dei movimenti minimi.\nRiv. Speriment. di Freniatr. XXIV (1), S. 185\u2014238. 1898.\nDie Verf. haben die Gelegenheit benutzt, in dem psychologischen Laboratorium zu Reggio-Emilia eine der Pers\u00f6nlichkeiten zu untersuchen, die seit Cumberland im Jahre 1875 aus dem \u201esogenannten Gedankenlesen\u201c ein Gewerbe machen. Dalton, ein Nachkomme des Dalton, nach dem die Farbenblindheit benannt wird, ist ein wissenschaftlich gebildeter, sprachenkundiger Mann von 30-35 Jahren, der den Grad eines Surgeon erworben hat, und unterscheidet sich von den \u00fcbrigen Gedankenlesern (Pickmann u. A. m.) zu seinem finanziellen Nachtheil dadurch, dafs er alle Reclame des Wunderbaren an seinen Productionen von sich abweist und offen sagt, dafs Jedermann mit etwas Geduld und Uebung dasselbe machen k\u00f6nne, wie er. Das ist allerdings nicht ganz wahr. Denn D. besitzt nat\u00fcrliche und k\u00fcnstlich gesteigerte F\u00e4higkeiten, die nicht Jedermanns Sache sind, wie es sich bei den Pr\u00fcfungen herausstellte, denen er mit denselben Tests, wie seiner Zeit \u201eZaneboni der Rechenk\u00fcnstler\u201c (vgl. diese Zeitschr. Bd. XVI, S. 314) in demselben Laboratorium unterworfen wurde. \u2014 W\u00e4hrend seine Sinnesorgane, das Geh\u00f6r ausgenommen, nichts Aufserordent-liches leisteten, Gesichtssch\u00e4rfe und Geruch sogar etwas stumpfer befunden wurden, war das Ged\u00e4chtnifs f\u00fcr Zeit und Raum hochgradig entwickelt. Er selbst gab an, dafs er sich ungemein leicht orientiren k\u00f6nne und nie einer Uhr bed\u00fcrfe, aufserdem sei er f\u00fcr Witterungsverh\u00e4ltnisse, Luftdruck etc. \u00e4ufserst empfindlich. Sein rasches Auffassungsverm\u00f6gen und Ged\u00e4chtnifs insbesondere f\u00fcr Gesichtseindr\u00fccke zeigte sich bei dem test der Funkenbeleuchtung eines 7 stelligen Wortes im Dunkelraum, ebenso die Sicherheit seiner Handbewegungen beim Punktiren, beim Theilen von Linien, das Ged\u00e4chtnifs f\u00fcr Worte, Farben, geometrische Formen. Die Absch\u00e4tzung von Gegenst\u00e4nden nach Form, Materie und sogar Farbe, die ihm bei geschlossenen Augen in die Hand gegeben wurden, bezeugten nicht nur D.\u2019s stark ausgebildetes Tastverm\u00f6gen, sondern auch seine gespannte Aufmerksamkeit; seine Kunst der Analyse und der Combination, welch letztere sich auch bei der Aufgabe kund gab, den ersten Einfall zu bezeichnen, der sich an eine grofse Reihe gegebener","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\nLiteraturbericht.\nWorte ankn\u00fcpft. \u2014 Alles znsammengenommen, der scharfe Blick, die umsichtige Aufmerksamkeit und das ungew\u00f6hnliche Ged\u00e4chtnifs, sowie die Combinationsgabe, theils nat\u00fcrliche, theils k\u00fcnstlich durch festen Willen gepflegte Anlagen, bef\u00e4higten D. in hohem Grade zur Ausf\u00fchrung der vom Publikum verlangten Kunstst\u00fccke des Gedankenlesens.\nDas Kunstst\u00fcck besteht gew\u00f6hnlich in der Aufgabe, eine irgendwo versteckte Nadel aufzusuchen, die gefundene einer gewissen Person anzuheften, oder damit einen Buchstaben auf der bestimmten Seite eines Buches zu bezeichnen u. dergl. m.\nEs geschieht indefs nur mit H\u00fclfe einer Mittelsperson, die der K\u00fcnstler an der Hand ergreift und mit sich auf die Suche herumf\u00fchrt. D. ist in der Wahl dieser Mittelsperson sehr bed\u00e4chtig, da von ihr das Gelingen des Versuches a b h \u00e4 n g t.\nIndem er die Physiognomie der ihn umgebenden Gesellschaft mustert, ersp\u00e4ht sein psychologischer Scharfblick die f\u00fcr seinen Zweck geeignetsten Personen, die er \u00fcberdies zuvor pr\u00fcft, indem er aus der Art ihres H\u00e4ndedruckes sich eine Art von \u201eMuskelvocabular\u201c zusammenstellt, aus dem er die Richtung seines zu nehmenden Weges erkennt, das Ja oder Nein, die N\u00e4he oder Entfernung vom Ziele.\nDanach und aus ihrem Gang, Athemholen, ihren Blicken unterscheidet er die guten von den schlechten Sujets. Als letztere erscheinen ihm die zerstreuten, deren Muskeln gar nichts sagen, dann die absichtlich schweigsamen, die ihn zu t\u00e4uschen suchen (insbesondere Aerzte) und die hochgradig nerv\u00f6sen. Gute Sujets sind die willig folgsamen, die im Gelingen des Experimentes eine Ehre sehen, und gewissermaafsen von dem F\u00fchrer suggestionirt sind. Uebrigens spielt bei dem ganzen Vorgang auch die erwartungsvolle Stimmung des Publikums mit, die sich in Ausrufungen des Beifalls oder des Gegentheils Luft macht und dem Suchenden damit auf die Spur hilft. Die ganze Sache, die vorzugsweise in England als Willing game in erlesenen Kreisen betrieben wird, ist also wirklich nur ein Spiel, das auf der physiologischen Thatsache beruht, wonach jede Wahrnehmung und Gem\u00fcthsbewegung von Muskelbewegung, in diesem Falle von den feinsten, und unter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden kaum wahrnehmbaren Bewegungen begleitet sind. Freilich geh\u00f6rt, um diese zu deuten und die Gedanken der Wilier zu errathen, eine bis ans Krankhafte grenzende Feinf\u00fchligkeit dazu, wrie sie D. nebst anderen Gaben besitzt. \u2014 Ihm selbst wie den Verff. ist es zu danken, dafs alles Mystische des Gegenstandes, von dem sogar ernsthafte Forscher seinerzeit sich t\u00e4uschen liefsen, eine Erkl\u00e4rung gefunden hat.\tFraenkel.\nR. de la Grasserie. La cat\u00e9gorie psychologique de la classification, r\u00e9v\u00e9l\u00e9e par le langage. Rev. philos. B. 45, Nr. 6, S. 594\u2014624. 1898.\nVerf. bezeichnet als das Ziel der Classification, dafs jedes Ding in einer Weise placirt wird, dafs wir schon daraus seine Definition, Beziehungen, Grenzen, Aehnlichkeiten und Un\u00e4hnlichkeiten mit allen anderen Dingen erkennen. K\u00fcnstliche Classificationen gehen dieser wahren genealogischen oder causativen voraus. Die vorliegende Abhandlung will an der Hand der Sprache den classifieirenden Instinkt erkennen.","page":310}],"identifier":"lit30657","issued":"1899","language":"de","pages":"309-310","startpages":"309","title":"G. Guicciardi e G. C. Ferrari: Il lettore del pensiero \"John Dalton\". Contributo alla psicologia delle piccole percezioni e dei movimenti minimi. Riv. Speriment. di Freniatr. XXIV (1), S. 185-238. 1898","type":"Journal Article","volume":"19"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:25:43.474309+00:00"}