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{"created":"2022-01-31T14:45:01.958369+00:00","id":"lit30662","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Barth, P.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 19: 315-316","fulltext":[{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n315\ngraphen untersuchten Frauen, deren Linksh\u00e4ndigkeit in letzterem Falle instinctiv ist. In einem Excurse \u00fcber die oft aufgeworfene und trotz zahlreicher Hypothesen nicht abgeschlossenen Frage \u00fcber die Rechts - und Linksh\u00e4ndigkeit kommt der Verf. n\u00e4mlich zu der schon erw\u00e4hnten Minderwerthigkeit der rechten Hemisph\u00e4re, die als Beh\u00e4lter f\u00fcr die ererbte thierische (bruta) Kraft des passiven Widerstandes zu dienen scheint, aus dem die Frau die Kraft zum Ertragen grofser physiologischer und moralischer Opfer (Menses, Gravidit\u00e4t, Laktation u. s. w.) sch\u00f6pft. Da sie \u00fcbrigens zu ihren sonstigen Leistungen nicht die gr\u00f6fsere K\u00f6rperkraft des Mannes braucht, so braucht sie auch weniger die rechte Hand. In den primitiven Zust\u00e4nden trug das Weib instinctiv ihr Kind auf dem linken Arme und bereitete mit der Rechten die Nahrung. Die monotone, geduldige Arbeit des passiven Widerstandes mag wohl das Ueber-gewicht der linksseitigen Handbeuger ausgebildet haben. \"V ielleicht beruht darauf auch die Gewohnheit der Frauen, Kn\u00f6pfe und Schnallen mit der Linken zu schliefsen, wie aus den Bildern heutiger und antiker grofser Meister zu entnehmen ist.\tFraenkel.\nErnst Sch\u00fcltze. Ueber die Umwandlung willk\u00fcrlicher Bewegungen in unwillk\u00fcrliche. Inaugural-Dissertation. Freiburg i. B. 1897.\t39 S.\nVerf. erl\u00e4utert an zahlreichen Beispielen die Umwandlung willk\u00fcrlicher in unwillk\u00fcrliche Bewegungen, f\u00fcr welche haupts\u00e4chlich die centrale Uebung, in nur untergeordneter Weise die Uebung der betheiligten peripheren Organe in Betracht kommt. Bei den gew\u00ebhnlich als wihk\u00fcilich bezeichneten Th\u00e4tigkeiten des t\u00e4glichen Lebens sind stets unwillk\u00fcrliche Bewegungen als Componenten betheiligt. Die Unwillk\u00fcrlichmachung willk\u00fcrlicher Bewegungen und die Hemmung unwillk\u00fcrlich gewordener oder von Anfang an unwillk\u00fcrlich gewesener Bewegungen spielen eine wuchtige Rolle nicht nur in der k\u00f6rperlichen Entwickelung, sondern auch in der Charakterbildung jedes einzelnen Menschen. Verf. weist auf die Schwierigkeiten hin, welche einer Erkl\u00e4rung der Vererbung von willk\u00fcrlich ge-wordenen willk\u00fcrlichen Bewegungen begegnen. Einen Ausweg bietet die Betrachtung des Instinctes, den man \u201eaus der Vererbung eines Nervensystems herleiten kann, das das Zustandekommen bestimmter unwillk\u00fcrlicher Bewegungen auf gewisse \u00e4ufsere Reize verm\u00f6ge seiner Constitution bedingt\u201c. Nach Ansicht des Verf. stellen aber die Instinctbewegungen \u201ef\u00fcr die Art genau das dar, wTas f\u00fcr den Einzelnen die durch Uebung erlernten Bewegungen sind\u201c.\tTheodor Heller (Wien).\nF. Kr\u00fcger. Der Begriff des absolut Werthvollen als Grundbegriff der Moralphilosophie. Leipzig, Teubner, 1898. 96 S.\nDie Schrift kn\u00fcpft an an einen Satz Kant\u2019s aus der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten : \u201eGesetzt aber, es g\u00e4be etwes, dessen Dasein an sich selbst einen absoluten Werth hat, .... so w\u00fcrde in ihm, und nur in ihm allein der Grund eines m\u00f6glichen kategorischen Imperativs, d. i. practischen Gesetzes liegen.\u201c Kr\u00fcger wirft nun die Frage auf: Vas ist absolut w^eith-voll? Die sociale Gl\u00fccks- oder Luststeigerung kann keine ethische Norm abgeben; denn sie f\u00fchrt nothwendig zur Heteronomie, wde \u00fcberhaupt jede","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nLiteraturbericht.\nArt des Eud\u00e4monismus. Allgemein und nothwendig mufs das sittliche Urtheil sein, darum wollte Kant es nicht aus der Erfahrung, nicht aus der Psychologie ableiten. Aber er irrte, indem er meinte, Erfahrung k\u00f6nne kein allgemeines und nothwendiges Urtheil ergeben, und ferner irrte er in dem Glauben, jede psychologisch begr\u00fcndete Ethik m\u00fcsse nothwendig eud\u00e4monistisch sein. Er hat die psychologische Thatsache des Werthens \u00fcbersehen.\nDiese Function f\u00fchrt den Menschen \u00fcber das unmittelbare Begehren hinaus. Sie bewirkt, dafs die Gef\u00fchle sich nicht mehr nur nach der Intensit\u00e4t und der Dauer der Lust und der Unlust unterscheiden, sondern gewissermaafsen mit Hinzuf\u00fcgung zweier neuen Dimensionen, \u201eauch noch nach der Breite und Tiefe ihres Ursprunges in der Pers\u00f6nlichkeit, d. h. nach der Mannigfaltigkeit und Festigkeit der Beziehungen, in denen ihr Gegenstand zu dem System unserer Werthungen steht\u201c (S. 49). Werthbildung ist analog der Begriffsbildung. \u201eWie die Begriffe vom objectiv Existirenden eine Mannigfaltigkeit von Empfindungsm\u00f6glichkeiten einheitlich zusammenfassen, so bringen die Werthungen in specifischer Weise Einheit in das Chaos der Begehrungsm\u00f6glichkeiten\u201c (S. 66). Sie heben den Streit so weit als m\u00f6glich auf, was bei Herbart eine ethische Forderung ist. Der \u201edispositioneile Charakter\u201c des Werthes ist ein constitutives Merkmal alles Werthes und macht die Unterscheidung eines Werthgef\u00fchls vom Lustgef\u00fchl \u00fcberhaupt erst m\u00f6glich (S. 53). Die Objecte der Werthhaltung wechseln, und der einzige sittliche Endzweck, dem Alles dienen soll, ist eine Fiction. Werthe sind auch durchaus nicht mit Zwecken zu verwechseln. In aller historischen Mannigfaltigkeit aber, die so viele an einer normativen Ethik \u00fcberhaupt verzweifeln l\u00e4fst, bleibt absolut werthvoll \u201edie psychische F\u00e4higkeit oder Function des Werthens\u201c selbst, weil sie die unerl\u00e4fsliche subjective Bedingung aller Werthe \u00fcberhaupt ist (S. 61). Das ethische Ideal besteht darin, \u201edafs man in m\u00f6glichst hohem Maafse ein werthender Mensch sei\u201c (S. 79). Den Schlufs der Schrift bildet eine Kritik der Ansicht Schuppes, der das absolut Werthvolle im Bewufstsein oder der bewufsten Existenz erblickt.\nDie Schrift zeugt von selbst\u00e4ndigem Denken, die schliefsliche Entscheidung freilich ist, wie Kant\u2019s Moralprincip, einseitig formal. Man verlangt doch auch eine gewisse Norm f\u00fcr die Auswahl der Objecte, auf wTelche sich die Werthung richtet. Hier kann nur die Entwickelungslehre von den blofsen Thatsachen zu einer Norm f\u00fchren. Was J. St. Mill betrifft, so meint Kr\u00fcger, dafs bei ihm das Princip der socialen Gl\u00fcckssteigerung rein zum Ausdruck komme. Ich m\u00f6chte erinnern, dafs Mill auch noch die Sympathie und das Entwickelungsprincip verwendet um seine ethischen Forderungen abzuleiten.\tP. Barth (Leipzig).\n0. Stock. Psychologische und erkenntnifstheoretische Begr\u00fcndung der Ethik.\nZeitschr. f. Philosophie u. philos. Kritik Bd. 111 (2), S. 190\u2014204. 1898.\nStock glaubt, man m\u00fcsse f\u00fcr das Sittengesetz ein Apriori, eine \u00fcber das Gebiet des Subjectiven hinausragende Nothwendigkeit finden. Die Zwecke der Gemeinschaft k\u00f6nnen diese Nothwendigkeit nicht geben, sie k\u00f6nnen selbst unsittlich sein. Nothwendigkeit \u00fcberhaupt ruht nur auf","page":316}],"identifier":"lit30662","issued":"1899","language":"de","pages":"315-316","startpages":"315","title":"F. Kr\u00fcger: Der Begriff des absolut Werthvollen als Grundbegriff der Moralphilosophie. Leipzig, Teubner, 1898. 96 S.","type":"Journal Article","volume":"19"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:45:01.958375+00:00"}