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{"created":"2022-01-31T12:58:20.144793+00:00","id":"lit30665","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 19: 318-319","fulltext":[{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nLiteraturbericht.\nC. Agostini-. Sui disturb! psichici e sulle alterazioni de! systema uervoso centrale per l\u2019insonnia assoluta. Biv. Speriment. di Freniatr. XXIY (1), S. 113\u2014126. 1898.\nZwei F\u00e4lle von unbedingter Schlaflosigkeit, d. h. der seltenen Art von ununterbrochener Schlaflosigkeit, die zugleich nicht von anderen Ursachen, als durch einen \u00e4ufseren Zwang hervorgerufen ward, veranlafsten den Verf. zur Untersuchung der durch dieselbe entstehenden psychischen St\u00f6rungen, sowie der dadurch bedingten Y er\u00e4n de rung en des Centralnervensystems. (Zur Contr\u00f4le wurden Hunde dem grausamen Experiment einer 17 t\u00e4gigen unausgesetzten Schlaflosigkeit unterworfen.) Der erste der beiden F\u00e4lle betraf einen gesunden, 42 Jahre alten Loeo-motivf\u00fchrer, der gen\u00f6thigt war 6 Tage und N\u00e4chte hindurch seine Maschine zu f\u00fchren und in einen solchen Zustand von Aufregung und Halluci-nationen gerieth, dafs er der Irrenanstalt \u00fcbergeben werden mufste, wo er nach 15 st\u00e4ndigem Schlafe ohne Erinnerungen an seine Wahnvorstellungen (er befinde sich auf einem Schiffe, m\u00fcsse ins Meer springen um seinen Sohn zu retten, sei ein Million\u00e4r u. s. w.) gesund erwachte und seitdem gesund verblieb. \u2014 Im zweiten Falle handelte es sich um eine junge gesunde Dienerin, die 9 Tage und N\u00e4chte lang schlaflos die Krankenpflege eines Kindes besorgte und am 10. Morgen zusammenbrach. Sie schrie pl\u00f6tzlich auf, man verleumde sie, halte sie f\u00fcr eine Diebin, war bald un-motivirt lustig, bald traurig, sprach und handelte so widersinnig, dafs man sie binden mufste. Ein Schlafmittel versetzte sie einen Tag lang in Ruhe. Da sie ihre Arbeit wieder auf nahm, verfiel sie aufs Neue in einen Anfall von Verwirrtheit, gesundete indefs vollst\u00e4ndig nach mehreren Tagen erzwungener Ruhe.\nDie Erscheinungen beim Hunde, den man durch best\u00e4ndiges Schaukeln in einem schwebenden K\u00e4fig wach erhielt, waren in den ersten 8 Tagen belanglos. Das Schlafbed\u00fcrfnifs \u00e4ufserte sich vorzugsweise in den Abendstunden von 9\u201412 Uhr. Yom 10. Tage an wurde das Thier mehr und mehr stupid, streckte alle Vier, konnte nur mit M\u00fche wach erhalten werden, bifs aber w\u00fcthend in die Gitterst\u00e4be, wenn man es zwickte und stach. Einmal erholte es sich aber, als sein W\u00e4chter eingeschlafen war. Die letzten 2 Tage frafs es nicht mehr und r\u00fchrte sich nicht, wenn man ihm Schmerz verursachte, \u00f6ffnete h\u00f6chstens die Augen ; die Schleimhautreflexe fehlten ; das Athmen war tief und langsam, die Temperatur niedrig ; im sparsamen Urin viel Urate, Harns\u00e4ure, Phosphate, ohne Eiweifs und Zucker. K\u00f6rpergewicht w\u00e4hrend der 17 Tage bis zum Tode nur um 750 g verringert. \u2014 Makroskopisch zeigte das Gehirn keine Ver\u00e4nderung, mikroskopisch dagegen zeigte sich besonders auf der Rinde des Stirnhirns Spaltung (disgregazione) und Schwund des chromatischen Theils des Zellenprotoplasmas, wie andere Beobachter (Nissl, Lugaeo u. A. m.) es nach metallischen Giften, nach Nikotin und Alkohol, wahrgenommen haben sollen.\nDer Verf. kommt auch zu dem Schl\u00fcsse, dafs durch die Schlaflosigkeit eine auf dem gest\u00f6rten Chemismus beruhende Auto-intoxation der Hirnnervenzellen und damit psychische St\u00f6rungen","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n319\nvor\u00fcbergehender Art entstehen (wie Manie, Melancholie, Hallueina-tionen), falls dem weiteren Umsichgreifen durch geistige und k\u00f6rperliche Ruhe nicht rechtzeitig Einhalt geschehe.\tFraenkel.\nFarquharson. Heredity in. Relation to Mental Disease. Journ. of Ment. Science Vol. XLIV, S. 538\u2014554. 1898.\nUnter 3907 Geisteskranken, welche in die Anstalt von Cumberland und Westmoreland aufgenommen wurden, fanden sich 1200 (\u2014 30,7\u00b0/0), welche sicher erblich belastet waren, und zwar hat Verf. nur solche F\u00e4lle eingerechnet, bei welchen Psychosen in der Familie nachzuweisen waren. Belastung seitens beider Eltern fand sich nur in 49 F\u00e4llen (= 4,09 \u00b0/0). Einseitige Belastung lag fast ebenso oft v\u00e4terlicherseits wie m\u00fctterlicherseits vor. Eine Psychose des Vaters scheint die S\u00f6hne, eine Psychose der Mutter die T\u00f6chter ein wenig mehr zu gef\u00e4hrden. Der Procentsatz der belasteten F\u00e4lle ist im Uebrigen bei den weiblichen Kranken gr\u00f6fser. Am h\u00e4ufigsten erwies sich erbliche Belastung bei dem angeborenen Schwachsinn und bei der Melancholie in dem erheblich weiteren Sinne der englischen Autoren). Unter 532 F\u00e4llen, in welchen die specielle Form der in der Ascendenz vorgekommenen Geistesst\u00f6rung festzustellen war, fanden sich 203 F\u00e4lle, in welchen das belastende Glied der Familie Selbstmord ausgef\u00fchrt oder versucht hatte. Die Wirkung der Belastung steigert sich zuweilen im Laufe der Generationen, zuweilen nimmt sie langsam ab. Die Beziehungen zum Alkoholismus und zur Tuberkulose werden ziffernm\u00e4fsig festgestellt. Die Tendenz zu R\u00fcckf\u00e4llen und zu relativ fr\u00fchem Auftreten von Psychosen, die g\u00fcnstigere Prognose und manche andere bemerkens-werthe Eigenth\u00fcmlichkeiten der heredit\u00e4ren F\u00e4lle werden in Ueberein-stimmung mit anderen Autoren hervorgehoben.\tZiehen (Jena).\nW. W. Ireland. The Mental Affections of Children, Idiocy, Imbecility and Insanity. London, Churchill; Edinburgh, Thin. 1898. 442 S.\nW\u00e4hrend in Frankreich unter der F\u00fchrung von Bourneville und S Ollier, in England unter der F\u00fchrung von Ireland und Shuttleworth das Studium des angeborenen Schwachsinns grofse Fortschritte gemacht hat, ist in Deutschland leider die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiete weit zur\u00fcckgeblieben. Auch im Interesse der Psychologie ist dies in hohem Maafse zu bedauern, denn die Psychologie vermag aus dem Studium gerade des Schwachsinnes grofsen Nutzen zu ziehen. Zur Einf\u00fchrung in die Lehre vom angeborenen Schwachsinn ist das Buch Ireland\u2019s vorz\u00fcglich geeignet, wenn auch speciell der psychologische Abschnitt zu kurz und zu oberfl\u00e4chlich ausgefallen ist. Im Ganzen stellt es die ausf\u00fchrlichere Bearbeitung eines fr\u00fcheren Buches des Verf.\u2019s \u201eOn idiocy and imbecility\u201c dar. Die Aetiologie ist in ausgezeichneter Weise auseinandergesetzt. F\u00fcr die Krankheitsbeschreibung unterscheidet I. 12 Unterformen. Die 12. Unterform wird als Idiocy by deprivation bezeichnet und umfafst Individuen wie Laura Bridgman, Meystre, Kaspar Hauser u. A. Die Schilderung der einzelnen Formen ist z. Th. geradezu meisterhaft. Vorz\u00fcgliche Illustrationen erleichtern das Verst\u00e4ndnifs wesentlich.","page":319}],"identifier":"lit30665","issued":"1899","language":"de","pages":"318-319","startpages":"318","title":"C. Agostini: Sui disturbi psichici e sulle alterazioni del systema nervoso centrale per l'insonnia assoluta. Riv. Speriment. di Freniatr. XXIV (1), S. 113-126. 1898","type":"Journal Article","volume":"19"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:58:20.144798+00:00"}