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{"created":"2022-01-31T13:14:59.418035+00:00","id":"lit30694","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Witasek","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 20: 37-39","fulltext":[{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n37\nErziehung des Volkes soll nicht die musikalisch-technische Aus\u00fcbung bilden, sondern eine Methode, durch welche dem zu Erziehenden die F\u00e4higkeit gegeben, wird, richtig und eigentlich Musik aufzunehmen, zu h\u00f6ren, zu geniefsen.\u201c Er betont \u2014* auf Grund praktischer Erfahrung \u2014, dafs unsere gew\u00f6hnliche Notenschrift sehr wenig geeignet ist, dem im Notenlesen nicht ganz hervorragend Ge\u00fcbten \u2014 geschweige denn dem, der keine Notenkenntnifs besitzt \u2014 die kleinsten, musikalischen Ganzgebilde leicht erkennbar zu machen und so dem H\u00f6rer ein Hilfsmittel zum Verst\u00e4ndnifs und damit auch. zum. Genufs der Musik zu sein. Er benutzt deshalb eine Art der graphischen Darstellung, die auf die M\u00f6glichkeit der technischen. Reproduction ganz verzichtet, daf\u00fcr aber umsomehr die analysirende Th\u00e4tigkeit des H\u00f6rens erleichtert, den Formensinn bilden hilft. Der Verf, glebt ein\u00a9 derartige Darstellung von drei Fugen Bach\u2019s nebt einigen, kleineren Beispielen. Das Schriftchen sei hiermit besonders allen denjenigen, die sich ernstlich f\u00fcr Popularisirung klassischer Musik interessiren, nach-dr\u00fcck\u00fcchst empfohlen.\tMax Mbybb (London).\nG- Coeurs. Psychologische Analyse der Thatsache 1er Selbsteriiehung. Berlin, Beuther u. Bei chard, 1898. (Sammlung von Abhandlungen am dem Gebiete der p\u00e4dagogwehen Psychologie und Physiologie. herausgeg. v. Schiller und Ziehen, II. Bd., 2. Heft.) 54 8.\nDie Arbeit ist aus mehrfachen Gr\u00fcnden von besonderem Interesse. Zun\u00e4chst einmal wegen ihres Untersuchungsgegenstandes. Nicht leicht wagt sich heutzutage die Psychologie an einen so unmittelbar dem coni'raten Leben entnommenen psychischen Thatbestand, zumal an einen so ungew\u00f6hnlich complicirten, heran. Die Arbeit ist aber auch interessant wegen ihrer Methode. W\u00e4hrend man vielfach zu glauben geneigt ist, dale es f\u00fcr exacte Psychologie unerl\u00e4sslich sei, die psychischen Thatsachen durch das Experiment sozusagen m\u00f6glichst zu object!viren, fufst die vorliegende Arbeit ausschliefslich auf Selbstbeobachtung und psychologischer Analyse und l\u00e4fst dabei Mangel an Sicherheit der Begr\u00fcndung und. Folgerung im Grofsen und Ganzen nicht versp\u00fcren. Im Gegentheil, die organische Entwickelung ihres Gedankenganges macht im Vergleich mit manchen experimentellen Arbeiten einen geradezu erquickenden Eindruck.\nDer Verf. bestimmt Selbsterziehung als die Th\u00e4tigkeit eines Menschen, durch die er auf sich selbst eine nachhaltige Beeinflussung in der Art aue-xu\u00fcben beabsichtigt, dafs seine psychischen Bet\u00e4tigungen und, ftufseren Handlungen einem ihm vorschwebenden Ideale entsprechen. Die Gesammt-lieit der dabei in Frage kommenden psychischen Thatsachen l\u00e4fst sich somit ohne Weiteres in zwei Gruppen zerlegen, von denen die eine die psychischen Voraussetzungen zur Selbsterziehung, die andere die diese selbst ausmachenden Th\u00e4tigkeifcen umfafst. Darnach theilt sich die Arbeit natur-gem\u00e4fs in zwei Hauptabschnitte.\nAls Voraussetzungen der Selbsterziehung f\u00fchrt der erste Hauptabschnitt vor: 1. Vorstellungen von der vorl\u00e4ufigen Artung des eigenen psychischen Geschehens; 2. stark gef\u00fchlsbetonte Vorstellungen fremder Artungen; 3. das Wollen. \u2014 Zur Erkl\u00e4rung der Eigenart eines psychischen Lebens sieht sich der Verf. veranlafst, den Begriff, der Disposition einzu-","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\nLiteraturbericht.\nf\u00fchren. Er erinnert an die Thatsachen der Uebung und Vererbung und kommt zu dem Ergebnifs, dafs jedem Individuum in jedem Augenblick seines Lebens eine pers\u00f6nliche Disposition zu eigenartigen psychischen. Vorg\u00e4ngen eignet* die ein Product aus diesen beiden Factoren ist. Die pers\u00f6nliche Disposition ist nicht beobachtbar und \u00fcber dasjenige* was ihr 'Tr\u00e4ger ist, k\u00f6nnen wir zur Zeit keine bestimmte Aussage machen. Bo unvollst\u00e4ndig diese Einf\u00fchrung des Dispositionsgedanken i\u00dft* so erweist sie sich doch von gr\u00f6fstem Werth f\u00fcr das Folgende, zumal inan ihr im Wesentlichen wird zustimmen k\u00f6nnen. Erfreulich ist es dabei, dafs sie mit den. entsprechenden Punkten von Meinong\u2019s systematisch ausgearbeiteter Dto-positionspsvchologie (von der, nebenbei bemerkt, nur hie und da bei verschiedenen Gelegenheiten einzelne Bruchst\u00fccke zur Ver\u00f6ffentlichung1 gelangt sind) \u00fcbereinstimmt, obwohl deren Kenntnifs bei Cobdes wahrscheinlich nicht vorauszusetzen ist. - Hierauf werden, leider ziemlich d\u00fcrftig und ungeordnet, die Quellen unserer Vorstellungen fremder psychischer Artungen vorgef\u00fchrt und diese Vorstellungen kurz beschrieben. Da der Entschlu\u00df* zur Selbsterziehung nur auf Grund der Erkennt, ni.fs h\u00f6heren Wert lies fremder psychischer Artungen m\u00f6glich ist, so sieht sich der Verf. auf die Psychologie der Werththatsache gef\u00fchrt. Seine Darstellung st\u00fctzt sich dabei, dem Literaturausweis nach, auf die Arbeiten Meinono\u2019s, Eh\u00efibnfbls\" u. A., l\u00e4fst aber die Spuren eines gr\u00fcndlichen Studiums derselben stellenweise empfindlich vermissen. \u2014 V\u00f6llig unzul\u00e4nglich ist der folgende Abschnitt: Der Wille zur Selbsterziehung. Freilich, das Thema ist aufser-ordentlich schwierig und noch recht unwegsam. Trotzdem wird man es nicht angehen. lassen sondern h\u00f6chstens milder beurtheilen d\u00fcrfen, wenn sich der Verf. mit Nebulosit\u00e4ten wie \u201el\u00f6sendes Gef\u00fchl\u201c, \u201eFreiheitsgef\u00fchl\u201c, \u201eGef\u00fchl der Unwirklichkeit\u201c und Aehnlichem um eine exacte Beschreibung abm\u00fcht. Ja nicht einmal die einzige, wenn auch indirecte, so doch pr\u00e4cise klingende Charakteristik ist brauchbar: dafs von dem gemeinten Vorg\u00e4nge an die Selbsterziehung einsetzt. Erweist eich dabei schon die Bestimmung des zeitlichen Zusammenhanges als undurchf\u00fchrbar, so ist es vollends unm\u00f6glich, den fraglichen Willensact durch die darauffolgenden Handlungen der Selbsterziehung zu charakterisiren. .Denn, vom Definitionscirkel, der darin steckt, ganz abgesehen, ist zu. bedenken, dafs es vielleicht nirgend\u00ae so viel erfolglose Entschl\u00fcsse giebt, als wo es sich um Selbsterziehung handelt.\nBei. der Darstellung der Vorg\u00e4nge der Selbsterziehung selbst bemerkt der Verf. zun\u00e4chst sehr richtig, dafs die Selbsterziehung, wenn sie auch als allgemeine beabsichtigt ist, doch, immer nur an speciellen Dispositionen angreifen kann. Demgem\u00e4fs behandelt er zun\u00e4chst die Selbsterziehung in Bezug auf intellectuelle, dann auf emotionale Vorg\u00e4nge und schliefslicb die\n1 Vgl. die einschl\u00e4gigen Partien aus H\u00f6fler\u2019s Psychologie. Ferner Meinong, Phantasievorstellung, Zeitschr. f. Philos. Bd. 95, S. 162 f. \u2014 Heber -Sinneserm\u00fcdung im Bereich des Weber\u2019sehen Gesetzes. Vierteljahrsschr. f. miss. Philos. XII, S. If., einiges, auch in desselben Verf. Werththeorie (Graz 18941, schliefslich meinen Aufsatz: Beitr. z. speciellen Dispositionspsychologie, Arch. f. syst. Phil, III, S. 218 ff.","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t.\n39\ndem Wollen zugewendete. Auch noch weiter ins Speeielle ist die Stoff-eintheilung treffend und sachgem\u00e4fs. Trotzdem vermifst man gerade bei der Behandlung des Speciellen jede Beachtung des jeweils Eigent\u00fcmlichen. Was vorgebracht wird, ist das allerdings richtig\u00a9,, und, wenn auch nicht einzige, so doch wichtigste Dispositionsgesetz der \u00fcebung und Gew\u00f6hnung, das mit seiner abstracten, farblosen Allgemeinheit f\u00fcrs Speeielle wenig befriedigen kann. Es entt\u00e4uscht das umsomehr, als man aus dem Buche sonst den Eindruck gewinnt, dafs es aus pers\u00f6nlicher Erfahrung hervorgegangen ist. Dem gegen\u00fcber f\u00e4llt es weniger ins Gewicht, dafs der Verf. stellenweise darauf zu vergessen scheint, dafs es sich bei Selbsterziehung um dauernde Beeinflussung der Dispositionen handelt. So z B. wenn er sagt, im Affect m\u00fcsse man sich jedes Entschlusses enthalten, u. Aehnl. \u2014 Das sind Verhaltungsmaafsregeln, die mit Selbsterziehung nur in indirectem Zusammenhang\u00a9 stehen. Hervorgehoben zu werden verdient di\u00a9 ausdr\u00fccklich\u00a9 Betonung eigener Willensdispositionen, di\u00a9 von den zur Motivation f\u00fchrenden Vor siel lungs- und Gef\u00fchlsdispositionen verschieden sind.\nIn der Einleitung, die den beiden eben behandelten Hauptabschnitten vorangeht, f\u00e4llt eine verhiltnifsm\u00e4fsig weitl\u00e4ufige Erl\u00e4uterung und Ver-theidigung der psychologischen Selbstbeobachtung auf. Die Sache d\u00fcrfte im Ganzen richtig gemeint sein \u2014 zu entschiedenem Widerspruch fordert nur die eine Behauptung heraus, dafs Selbstbeobachtung immer psychologisch-systematische Begriffe vorau\u00bbsetze \u2014 leidet aber an bedauerlichen Unklarheiten, die darin begr\u00fcndet zu sein scheinen, dafs der Yerf. die Bolle, die das Urtheil im Seelenleben spielt, v\u00f6llig \u00fcbersieht.\nWenn sonach die Arbeit im Einzelnen d\u00fcrftig, bisweilen sogar verfehlt ist, so inuf\u00bb man doch anerkennen, dafs sie ihr Thema in den Hauptz\u00fcgen richtig entwickelt und vor Allem sehr geschickt disponirt. Bi\u00a9 wird daher f\u00fcr weitere Behandlung dieser Sache mit grofsem Vortheil benutzt werden k\u00f6nnen.\nZum Schl\u00fcsse m\u00f6chte ich noch darauf aufmerksam machen, dafs die Schiller-Ziehen\u2019sehe Sammlung auch durch dieses Heft, wieder bewiesen hat, dafs sie besser ist als der Ruf, der ihr in. Form ihres Programmes vorangeht.\tWitasek.\nPh. Burkhard. Die Fehler der 1t\u00bbfler. Urne \u00fcifthring :1a du Stadium 4er p\u00e4dagogische\u00bb Pathologie mit besonderer Ber\u00fccksichtigung der Lehre von dem psychopathischen linderwerthigkeiten. Karlsruhe, Otto Nemnlch, 1898. 102 8. M. 1,80, geb. M. 2,50.\nDie Schrift zeugt von fieifsiger Arbeit. Der Verf. hat grundlegende Werke mit Sorgfalt studlrt und verarbeitet. Er hat aufserdem bei streitigen oder unklaren Fragen sich in brieflichen Verkehr mit urteilsf\u00e4higen M\u00e4nnern der in Frage kommenden Gebiete gesetzt. Auch er\u00f6rtert er mit Geschick die mannigfaltigsten Fragen der p\u00e4dagogischen Pathologie in ihrer wissenschaftlichen (S. 1\u201449) wie praktischen Bedeutung (S. 50\u2014101). Das Urtheil ist auch durchweg zutreffend und die Forderungen an Schule und Leben, an Lehrer, Aerzte und Juristen sind im Ganzen mafsvoll und berechtigt. Seine psychologischen, psychopathologischen, ethischen und p\u00e4da-","page":39}],"identifier":"lit30694","issued":"1899","language":"de","pages":"37-39","startpages":"37","title":"G. Cordes: Psychologische Analyse der Thatsache der Selbsterziehung. Berlin, Reuther u. Reichard, 1898. (Sammlung von Abhandlungen aus dem Gebiete der p\u00e4dagogischen Psychologie und Physiologie. herausgeg. v. Schiller und Ziehen, II. Bd., 2. Heft.) 54 S.","type":"Journal Article","volume":"20"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:14:59.418041+00:00"}