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{"created":"2022-01-31T13:20:37.650584+00:00","id":"lit30709","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Heller, Theodor","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 20: 55-57","fulltext":[{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t.\n55\n\u00bbichtigung eines sehr reichen Materials, Reichthum der Gesichtspunkte, Feinheit, ja Subtilit\u00e4t in Unterscheidung der wirksamen Factoren, sowie ihrer gef\u00fchlsm\u00e4fsigen Wirkungen, daher die Gewinnung sogenannter \u201echarakteristischer Gef\u00fchlstypen\u201c', durchg\u00e4ngige Individualisirung und Behutsamkeit gegen voreilig\u00a9 Verallgemeinerungen. Die Nachtheile, wenn wir hier von unwesentlichen, besondere stylistischen M\u00e4ngeln absehen, laufen stets auf den Mangel einer klaren psychologischen Grundlage hinaus, besonders fehlt eine irgend greifbare Auflassung \u00fcber die gleichzeitige Vereinigung von Lust- und Unlustgef\u00fchlen. In. dem kleinen Aufsatz kommen die Vorz\u00fcge weniger zur Erscheinung als die M\u00e4ngel. Gemeint ist mit der \u201eEntladung\u201c hier jener nicht rein \u00e4sthetische Vorgang, dal\u00ab Menschen, die sich aus vor\u00fcbergehenden oder chronischen Ursachen in geprefeter Stimmung befinden, sich durch die Trag\u00f6die erleichtert f\u00fchlen. Verf. unterscheidet dabei den Typus des \u201eAngeh\u00e4uften\u201c und des \u201eErstarrten\u201c, und constatirt dann vier Factoren, die den Vorgang erkl\u00e4ren\nV\n\u00bbollen: 1. die Durchr\u00fcttelung der Seele; 2. eine formale Erweiterung des Ich\u00bb, dabei wird dem Mitleid mich sich selbst eine, wie wir meinen, v\u00f6llig verkehrte Rolle zugeschrieben; 3. eine materiale Erweiterung des Ich\u00bb. Was mit dieser gemeint ist, zeigen, folgende S\u00e4tze, die zugleich eine Stylprobe sein m\u00f6gen. \u201eDa macht uns nun die tragische Person die entsprechenden Gem\u00fctsbewegungen in entgegenkommender Weise vor. Wir brauchen sie nur mitf\u00fchlend nachzumachen, und das ersehnte Sich-aussprechen und Sichausladen ist erfolgt\u201c. 4. \u201eindirect\u201c oder in \u201euntergeordneter Weise\u201c kommen die erhebenden Momente In Betracht. Wir w\u00fcrden diesen die erste Stelle angewiesen haben. Dafs V. dies unterl\u00e4\u00dft, kommt von. seiner primitiven Theorie \u00fcber Lust und, Unlust; er meint wohl, den erhebenden Momenten entsprechen im Zuschauer Lustgef\u00fchle, also kann eine Entladung von Unlustgef\u00fchlen nur \u201eindirect\u201c durch, sie erfolgen.\nM. Bims (M\u00fcnchen).\nAdolf Gross. Untersuchungen hier die Schrift Gesunder und Geisteskranker.\nKraepelin, Psychologische Arbeitern, II. Band, 3. Heft, 450\u2014567. 1898.\nZur vorliegenden Untersuchung bediente sich Verl der KRAEPEUN\u2019scheii Schriftwage. Der k\u00fcrzere Hebelarm tr\u00e4gt die Schreibplatte, welche immer eine horizontale Lage einnimmt. Der lange Hebelarm, wird durch eine Feder, die in dem Apparat die Stelle eines Gewichtes vertritt, stets in dieselbe wagrechte Stellung zurttckgef\u00fchrt. Bei jedem Druck auf die Schreibplatte wird die Feder so angespannt, \u201edafs der dadurch entstehende Gegenzug gleich ist dem aufgewandten Drucke oder dem Gewicht, das auf der Platte lastet\u201c. Ein - mit dem langen Hebelarm verbundener F\u00fchlhebel schreibt auf einer rotirenden Kymographiontrommel, wodurch jeder auf die Schreibplatte ausgetibte Druck ersichtlich gemacht wird. Die Form der aufgezeichneten Curve giebt ein getreues Abbild der w\u00e4hrend der Schreib1 bewegung sich abspielenden Druckschwankungen.\nDen Versuchspersonen wurden folgende Aufgaben gestellt: 1. Zwei 10 cm von einander entfernte Punkte durch eine gerade Linie zu verbinden, t f\u00fcnf Punkte nach einander zu machen. 3. den kleinen, deutschen Buch-","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"Literatur bericht\n56\nstaben \u201em\u201c eu schreiben, 4. die Zahlen 1 - 10 zu schreiben, 5. von 20 r\u00fcckw\u00e4rts je 8 zu eubtrahiren.\nDie Grundlage der Untersuchung bildeten Versuche an 17 Gesunden, 9 W\u00e4rterinnen und 8 W\u00e4rtern der Irrenklinik. Die Ausf\u00fchrung von Drucklinien bot manche f\u00fcr die Versuchspersonen charakteristischen Merkmale. Linien werden aufserordentlieh viel rascher ausgef\u00fchrt als Schriftleichen, Zahlen und Buchstaben hingegen mit nahezu gleicher Schreibgeschwindigkeit Grofsen Schriftzeichen entspricht \u00fcberall rasches, kleinen langsames Schreiben. Geschwindigkeit, Schreibweg und Druck nehmen in der Kegel w\u00e4hrend des Schreibens zu, meist nicht mehr als um ein Drittel des Anfangswerthes. (Als Schreibweg bezeichnet Verf. den bei Ausf\u00fchrung einer Schreibbewegung zur\u00fcckgelegten Weg.) Im Gegens\u00e4tze hierzu zeigt sich bei Beginn des Kechnens eine Verlangsamung und Verk\u00fcrzung der Bewegung, sowie eine Herabdr\u00fcckung der Kraft. Die Gesamnitdauer der Zahlen ist f\u00fcr alle Versuchspersonen \u201evon einer verbl\u00fcffenden Gleich m\u00e4fsigkeit\u201c. Hingegen zeigt die Dauer der Pausen betr\u00e4chtliche individuelle Unterschiede.\nDie folgenden Versuche bezogen sich auf 17 an depressiv-manischem (circularem) Irresein leidende Kranke. Bei den drei untersuchten s t u po rosen Kranken war die Dauer aller Schriftzeichen durch weg vergr\u00f6\u00dfert. Die Schriftzeichen sind meist klein, der Druck ist unternormal, Haar- und Schattenstriche sind nicht ausgepr\u00e4gt. Die Rechenf\u00e4higkeit kann in hohem Grade \u2014 Ws zu v\u00f6lligem Versagen \u2014 beeintr\u00e4chtigt sein. Bei man Ischen Kranken zeigte sich die Dauer der untersuchten Schriftzeichen ann\u00e4hernd normal. An der Form derselben ist neben ihrer Gr\u00f6fse die uncorrecte Ausf\u00fchrung auffallend. Der Ablauf der Schreibbewegung entspricht dem unsteten Wesen der Patienten. W\u00e4hrend sich in der Ausf\u00fchrung der Schriftleichen zunehmende Erregung au \u00bbpr\u00e4gte, wirkte beim Rechnen der Zwang, sich geistig zu besch\u00e4ftigen, hemmend. Als stupor\u00f6s-manische Kranke bezeichnet Verf. alle jene, \u201ebei denen sich die Symptome manischer Erregung mit denen der Depression oder der Hemmung in irgend welcher Combination zu sam m engeseilen\u201c. In Bezug auf Dauer und Geschwindigkeit der Schriftzeichen schliefsen sich die erw\u00e4hnten Kranken vorwiegend an die Stupor\u00f6sen an. Die Zahlengr\u00f6fse ist jedoch im Allgemeinen der Norm entsprechend. Die Bezeichnung der stujmr\u00f6s manischen Form als \u201eMischzustand\u201c erscheint auch nach den Sch ri ft versuchen insofern berechtigt, als sich die Merkmale des manischen und des stupor\u00f6sen Zustandes in mannigfacher Weise verbinden. Die Rechenleistung ist bei keiner der untersuchten Personen als gut zu bezeichnen.\nBei Remissionen in der Manie l\u00e4fst sich eine Reihe von Zeichen fortbestehender Erregung nachweisen. Gemeinsam ist allen Remissionen eine mehr oder weniger erhebliche psychomotorische Hemmung, mit der sich eine Erschwerung des elementaren Denkens verbinden kann.\nDie Untersuchungen an katatonischen Kranken wurden sehr erschwert durch den f\u00fcr den Zustand charakteristischen Negativismus, das Widerstreben gegen jeden Versuch, das Handeln des Kranken in eine bestimmte Richtung zu lenken. Die Zahl der vollst\u00e4ndigen Versuche ist daher ver-hiltnifsm\u00e4fsig gering. Die Ungleichartigkeit der gefundenen Werthe f\u00fcr","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\n57\ndieselben Bewegungsfunctionen einer Versuchsperson ist kennzeichnend f\u00fcr den katatonischen Zustand. Da demnach bei einer Versuchsperson die in der Schrift sich auspr\u00e4genden Symptome sehr variabel sind, so ist die Zusammenfassung der Ergebnisse f\u00fcr s\u00e4mmtliche Versuchspersonen in den Stadien des Stupors, der Erregung und der Remission nur in den allgemeinsten Z\u00fcgen m\u00f6glich.\nZum Schl\u00fcsse der Abhandlung bespricht Vert, die klinische Ver-werthung der Versuchsergebnisse. Der Mehrzahl der gesunden Personen entspricht ein mittlerer Schreibtypus; jeder Gesunde hat eine charakteristische Art des Ablaufes der Schreibbewegung, die sich in deutlich erkennbaren Eigent\u00fcmlichkeiten seiner Druckcurven \u00e4ufsert. Als gemeinsame Wirkung jeder Psychose mit schweren psychomotorischen St\u00f6rungen Ulst sich Zerst\u00f6rung der Individualit\u00e4t in der Schrift und Ersetzung der individuellen Merkmale durch pathologische Eigent\u00fcmlichkeiten feststellen. Ke gleiche psychische St\u00f6rung verleiht verschiedenen Personen gemeinsam\u00a9 Eigenschaften ihrer Schreibbewegungen, \u00e4hnliche Brucklinien, Verschiedene psychische St\u00f6rungen hei der gleichen Person haben zur Folge, dafs die Schreibth\u00e4tigkeit zu verschiedenen Zeiten in verschiedener Weise ausge\u00fcbt wird. Die Beobachtung der Schreibth\u00e4tigkeit Geisteskranker er giebt daher exacte klinische Merkmale f\u00fcr die oben angef\u00fchrten Psychosen.\nThbobob Heller (Wien).\nHermans G\u00fctzmann. Die Sprachpliyslologie als Grundlage der Wissenschaft\u2019 liihei Sprachheilkunde. Berliner Klinik. Sammlung klinischer Vortr\u00e4ge. Fischer\u2019s med. Buchhandlung, H. Kornfeld, 1898. 19 S.\nVerf. weist die mannigfachen Irrth\u00fcmer nach, welche die Sprachheilkunde Wb in die letzten Jahrzehnte beherrschten. Die hierdurch bedingten Miiserfolge haben das Vertrauen zu ersterer derart ersch\u00fcttert, dafs sich die moderne Richtung der Sprachheilkunde nur langsam Bahn brechen kann. Diese h\u00e4lt sich aber von allen unerwiesenen Hypothesen fern und beruht lediglich auf der Sprachphysiologie, deren Bedeutung f\u00fcr die Therapie und die Hygiene der Sprache Verf. eingehend w\u00fcrdigt.\nThbobob Heller (Wien).\nv, Rbntebgheh. Un interessanter Fall ron spontanem Somnambulismus. Zeitschrift f. Hypn. Bd. 7, S. 329\u2014886. 1898.\nEin bisher k\u00f6rperlich und geistig ganz gesunder Landarzt wird aus dem Nachmittagsschlaf zu einer Entbindung gerufen. Er nimmt die n\u00f6thi-gen Instrumente mit, bringt mit grofser M\u00fche das erwartete Kind zur Welt, arbeitet lange Zeit, um letzteres, das asphyktisch war, wieder zum Leben zu bef\u00f6rdern, kommt nach einigen Stunden wieder nach Hause, schl\u00e4ft etwas, \u2014 und hat nach dem Erwachen keine Erinnerung mehr f\u00fcr die ganze Zeit, nachdem er sein Haus verlassen! Danach war der alte Herr wieder ganz gesund! \u2014\tTTmppbnbach.","page":57}],"identifier":"lit30709","issued":"1899","language":"de","pages":"55-57","startpages":"55","title":"Adolf Gross: Untersuchungen \u00fcber die Schrift Gesunder und Geisteskranker. Kraepelin, Psychologische Arbeiten, II. Band, 3. Heft, 450-567. 1898","type":"Journal Article","volume":"20"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:20:37.650590+00:00"}