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Ueber die Function der Tastkörperchen

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{"created":"2022-01-31T16:13:59.082011+00:00","id":"lit30721","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Frey, M. von","role":"author"},{"name":"F. Kiesow","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 20: 126-163","fulltext":[{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Z\u00fcrich.)\nUeber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\nVon\nM. ton F key und F. Kiesow.\n(Mit 2 Mg.)\nEine Abhandlung von A. Koelliker aus dem Jahre 1852\\ in welcher die Existenz von Tastk\u00f6rperchen im Sinne ihrer Entdecker (R. Wagner und G. Meissner *) bestritten, dagegen das Vorhandensein von derberen \u201eAxenk\u00f6rperchen\u201c in den Papillen der Cutis zugegeben wird, er\u00f6rtert zum Schlosse die muthmaab-liche Bedeutung dieser Gebilde f\u00fcr das Tasten. Nach der Meinung des Verf. sind sie zu betrachten \u201eals Theile, welche verm\u00f6ge ihrer Zusammensetzung . . . . . . den Papillenspitzen eine gr\u00f6fsere Festigkeit verleihen, und den Nerven als eine h\u00e4rtere Unterlage dienen, wodurch bewirkt 'wird,, dafs ein Bruck, welcher an anderen Orten noch nicht im Stande ist die Nerven zu comprimiren, Mer einwirkt\u201c Sp\u00e4tere Untersucher (Aubert und Kammler 8f J, Gerl ach 1 * * 4, W. Wundt 8 u. A)\nt\t'\t_\n\u00e4ufsern sich, abgesehen von der Anerkennung der Tastk\u00f6rperchen als specifischer Sinnesorgane, in gleicher oder \u00e4hnlicher Weise und man wird nicht feMen, wenn man die citirte Auffassung auch jetzt noch als die verbreitetste bezeichnet Nur als eine unwesentliche und jedenfalls nicht gl\u00fccklich\u00a9 Modification er-\n1 Zeiischr. f, wiss. Zoologie 4, 43, 1853.\n* Gotting, gelehrte Anz\u00fcgen. Nachrichten 2. Febr. 1852.\n\u00ae Untere, zur Naturlehre, Roth, Giefsen, 5, 167, 1858.\n4 Mikroskop. Studien, S. 39, 1858.\n6 Physiolog. Psychologie 1 338, 1874 ; 41, 303, 1893.","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Function der Tastk\u00f6rperchen,\n127\nscheint die Annahme von Lotze 1 und Meissner1 2,3, dafs der \u00e4ufsere Reiz sich in der Haut in schwingende Bewegung umsetze. In diesem Falle, wie in dem fr\u00fcheren, w\u00fcrde es sich um eine besondere Form der mechanischen Nervenerregung handeln.\nAllen solchen Auffassungen entstehen un\u00fcberwindliche Schwierigkeiten durch folgende Thatsachen :\n1.\tDie zur Erregung des peripheren Nerven erforderliche Deformationsarbeit ist mehrere hundert Mal gr\u00f6fser als die der schw\u00e4chsten Tastreize. Unters. 253\u201454.4\nDie verglichenen Arbeitswerthe beziehen, sich auf ungef\u00e4hr gleiche Gr\u00f6fse der deformirten Fl\u00e4chen. Es wirken indessen zwei Umst\u00e4nde zusammen, um die genannte Verh\u00e4ltnifszahl zu klein erscheinen zu lassen. Enten* : Bel den Versuchen Tigkrstedt\u2019b \u00fcber mechanische Nerven-reizung5 6 7, deren Ergebnisse hier ben\u00fctzt sind, liegt der Nerv auf einer starren Unterlage und wird von dem. Beiz direct getroffen, w\u00e4hrend die Tastk\u00f6rperchen in der leicht verschieblichen Haut gelagert und durch die Epidermis gesch\u00fctzt, dem Beiz gar nicht unmittelbar zug\u00e4nglich sind. Zweitens: In Tigkrstedt\u2019b Versuchen S. 86 f\u00e4llt ein Gewicht von 0,2 g ans 1 mm H\u00f6he, erreicht also den Nerv mit einer Geschwindigkeit von 140 mm/sec. Wird diese Geschwindigkeit durch den Widerstand des Nerven auch sehr rasch ged\u00e4mpft, so mufs doch der Beiz ungleich wirksamer sein als der damit verglichene Tastreiz, welcher mit einer constanten Geschwindigkeit von 0,17 mm/sec. in die Haut eindrang; Unters. 205. Daraus ergiebt sich, dafs die oben gegebene Verh\u00e4ltnifszahl von der Empfindlichkeit des Tast-apparates noch keine gen\u00fcgende Vorstellung giebt; sie d\u00fcrfte voraussichtlich viel tausend Mal gr\u00f6fser als die des peripheren Nerven sein.\n2.\tAndauernder Druck wirkt erregend auf das Tastorgan, nicht auf den peripheren Nerv (Unters. 177, Kiesow S. 418 .) Auf dieses Verhalten hat schon O. Funke 7 aufmerksam gemacht.\n3.\tNach st\u00e4rkeren und namentlich nicht zu kurzdauernden Belastungen der Haut \u00fcberdauert die Empfindung den \u00e4ufseren Reiz. (Nachbild des Reizes, Empfindung des auf der Haut verbleibenden Druckbildes. Unters. 183\u20144, Kiesow 437.)\n1 Med. Psychologie, S. 198\u2014199, 1852.\n1 Bcitr. zur Anat. und Physiologie der Haut, Leipzig 1853, S. 34.\n*\tZeitschr. f. rat. Med., 3. Eeihe, 7, 98 ff. 1859.\n4 v. Frey, Untersuchungen \u00fcb. d. Sinnesfunctionen der menschl. Haut, Abhandl. d. math.-phys, Classe der Kgl. Sachs. Ges. d. Wiss. Leipzig 1896, hier\nund sp\u00e4ter als Unters, citirt.\n6\tStudien \u00fcb. mechan. Nervenreizung, Helsingfors 1880.\n\u2022\tArchives it al. de Biologie 28, 1896.\n7\tHandb. d. Physiologie, herausg. v. L. Hermann, III* 380, 1880.","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nM. von Frey und F, Kiesotc.\nDie angef\u00fchrten Erfahrungen n\u00f6thigen zu der Annahme, dafs, wie im Gebiet\u00a9 der \u00fcbrigen Sinne, so auch 'f\u00fcr den Tastsinn der \u00e4ufsere Reiz nur ausl\u00f6send wirkt, dafs die dem Ir-regungsvorgang in der Nervenfaser eigenth\u00fcmliche Energie\nnicht aus der Arbeit des Reizes entsteht, sondern auf Kosten von chemischen Umsetzungen im Endorgan, f\u00fcr welche der Reu nur den Anstofs darstellt.\nDiesem Ausl\u00f6sungsvorgang etwas n\u00e4her auf die Spur zu kommen war die Aufgabe der vorliegenden Untersuchung. Das gesetzte Ziel erscheint aus mehreren Gr\u00fcnden erstreben* werth. Zun\u00e4chst w\u00fcrde di\u00a9 L\u00f6sung einer derartigen Aufgabe von allgemeinem sinnesphysiologischen Interesse sein und vielleicht Schl\u00fcsse gestatten auf verwandte Vorg\u00e4nge in anderen Sinnesgebieten. Ein weiteres praktisch wichtiges Ergebnifs w\u00fcrde darin bestehen, dafs sich jene Eigenschaft des Reizes, welche ihn zu einem ad\u00e4quaten macht, feststellen liefse. Dies ist aber ein\u00a9 unumg\u00e4ngliche Voraussetzung f\u00fcr die Aufstellung eines allgemein g\u00fcltigen Maafses f\u00fcr den Reiz, d. R eines solchen, durch welches nach Einf\u00fchrung der n\u00f6thigen Constanten die correspon-dirende Erregung eindeutig bestimmt w\u00e4re. Hat man z. B. da Reizmittel ein fallendes Gewicht gew\u00e4hlt, so fr\u00e4gt es sich, ob seine Gr\u00f6fse, seine Geschwindigkeit, seine Ber\u00fchrungsfl\u00e4che, die von ihm an der Haut geleistete Arbeit oder irgend ein anderes Bestimmungsst\u00fcck, ob ein einzelnes oder ein\u00a9 Combination derselben f\u00fcr den Erfolg ausschlaggebend sind.\nNoch zweckm\u00e4fsiger ist es, den Erfolg nicht auf irgend eine Bestimmung des \u00e4ufseren Reizes zu beziehen, sondern auf die Merkmale der durch ihn .auf der Haut gesetzten Deformation. In. dieser Richtung kommen in Betracht und sind durch fr\u00fchere Versuche als bedeutsam erkannt: Der Ort, die Gr\u00f6fse, Tiefe und Geschwindigkeit der Deformation.\nWas zun\u00e4chst den Einflufs der Geschwindigkeit betrifft, so ist sichergestellt, dafs langsam anwachsende D\u00e9forma^ tionen viel tiefer in die Haut eindringen m\u00fcssen, um f\u00fchlbar zu werden, als rasche.1 Ein. \u00e4hnliches Verhalten gegen\u00fcber den\n1 Unters. 189. Die Messungen, welch\u00a9 \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der Bei** schwelle von der Bel&stungsgeschwindigkeit von uns ausgef\u00fchrt word\u00ab sind, und auf welche hier verwiesen wird, haben keine Beziehung zu den Versuchen von F, Goltz (Centralbl, f. d. med. Wi$8, 18G3, 273) den Tastsinn","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n129\nzeitlichen Aenderungen der Reizmittel zeigen alle daraufhin untersuchten erregbaren Gebilde, Speciell hat y. Kbies 1 'f\u00fcr die erregende Wirkung von Stromanstiegen auf den motorischen Froschnerven \u00a9ine Form der Abh\u00e4ngigkeit nachgewiesen, welche mit der hier gefundenen in allen wesentlichen Punkten \u00fcbereinstimmt\nEs ist daher zul\u00e4ssig anzunehmen, dafs die Bedeutung, 'Welche der Geschwindigkeit der Deformation zukommt, nicht auf einer spezifischen Eigent\u00fcmlichkeit des Tastorgans beruht. Voraussichtlich w\u00fcrde der Tastnerv in genau gleicher Weise reagiren, wenn die durch den \u00e4ufseren Reiz; bewirkt\u00a9 Aenderang im zugeh\u00f6rigen Endorgan in jedem Augenblick proportional wire der Tiefe der an seinem Ort\u00a9 gesetzten Deformation. Damit gewinnt die Geschwindigkeit der Deformation eine abgesonderte Bedeutung. Sie kann nicht zu den Versuchsbedingungen geh\u00f6ren, welche f\u00fcr den Ausl\u00f6sungsvorgang in erster \u00fcnie bestimmend sind; sie darf daher zun\u00e4chst von der Betrachtung ausgeschlossen und ihr Einflufs auf die Versuche dadurch eliminirt werden, dafs man sie constant h\u00e4lt.\nDie Versuche \u00fcber die Bedeutung der Geschwindigkeit f\u00fcr den Erregungswerth einer Deformation sind indessen noch in einer anderen Richtung von Interesse. Sie lehren n\u00e4mlich, dafs die im Tastorgan gesetzte Erregung nicht eindeutig bestimmt werden kann durch die lebendige Kraft des deform.!renden Reizes, also z, B, eines fallenden Gewichtes,\nverschiedener K\u00f6rperstellen zu vergleichen nach ihrer F\u00e4higkeit, di\u00a9 Wellen eines angelegten Schlauches zu erkennen. Wir heben dies ausdr\u00fccklich hervor, weil uns die Nichtber\u00fccksichtigung jener Arbeit zum Vorwurf gemacht worden ist (Hermann, Jahresber. f. Physiologie 1.897, 105). Bei unseren Verliehen handelt es sich um den Einflufs der Belastungs- bezw. Druckgeschwindigkeit auf die Reizschwelle f \u00fc r unver\u00e4 nder 1 i che F1 ft c h e n. Die Methode von Goltz, sowie ihr\u00a9 weitere Ausbildung durch Bastblbbrger (Stuttgart, Enke, 1879) besteht im Wesentlichen darin, dafs \u00a9in von vornherein gegebener Druckreiz unter dem, Andringen der Welle verst\u00e4rkt und aber eine gr\u00f6fsere Fl\u00e4ch\u00a9 ausgebreitet wird. Bei dem recht hohen Werth der relativen Unterschiedsschwelle f\u00fcr den Tastsinn (vgl. Dohrn, ZeUschr, f. rat Med, I860, 389, und Bastelbebgrr 1. c.) ist das haupts\u00e4chlich Wirksame bei diesen Versuchen die Fl\u00e4chen\u00e4nderung. Die Methode ist somit nichts Anderes als \u00a9ine Vergleichung des Ortssinnes verschiedener K\u00f6rpertheile. Es kann daher nicht auffallen, dafs di\u00a9 Resultate von 'Goltz mit den Ergebnissen des WEBB\u00df\u2019schen Zirkelversuches \u00fcbereinstimmen.\n1 Arch. /*. Physiologie 1884, 337.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XX.\n9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130 \u25a0\tM. von Frey und h\\ Kimm, \u2022 '\nDenn l\u00e4fst man auf ein und dieselbe Hautfl\u00e4che zwei verschieden\u00ab Gewichte herabfallen aus H\u00f6hen, welche den Massen umgekehrt proportional sind, so kommen sie mit gleicher lebendiger Kraft auf der,Haut an, auch 'die von ihnen hervorgerufene maximale Deformation wird gleich sein, ungleich aber die Erregung dei Tastorgans, f\u00fcr welches die Meiner\u00a9, aus gr\u00f6sserer H\u00f6he fallende Masse die 'wirksamere sein mulk\nDie weitere Discussion der Deformationsgeschwindigkeit wird am Schl\u00fcsse dieser Abhandlung erfolgen. Vorerst entsteht die Aufgabe, die anderen wirksamen Variablen des Deformationsreizes einer genaueren Untersuchung zu unterwerfen.\nDer Ort der Deformation ist in zweifachem Sinne von Belang. .Der Reiz wird erstens von verschiedenen Hautstellen End\u00e4pparat\u00a9 verschiedener Empfindlichkeit treffen und zweitens wird er, bei stets gleicher Fl\u00e4che, eine verschiedene Zahl von Endapparaten erregen. Unters, 221\u201423.\nDer letztere Umstand w\u00fcrde nicht noth wendig in\u2019s Gewicht fallen, wenn f\u00fcr den Effect einer Deformation nur der empfindlichste der jeweils getroffenen Tastpunkte maafsgebend wire. Darauf gerichtete Versuche, welche bei anderer Gelegenheit mit-getheilt werden sollen, haben aber ergeben, dafs die simultan\u00a9 Erregung benachbarter Tastpunkte zusammen!liefst, wodurch auch die Zahl der getroffenen Endapparate auf den Schwellen-werth des Reizes Einflufs gewinnt. Durch Aenderung des Reiz-Ortes kann also unter Umst\u00e4nden genau dasselbe erreicht werden, wie durch eine Aenderung der Reizfl\u00e4che und umgekehrt Wil man die gegenseitige Abh\u00e4ngigkeit der Variablen aufser Spiel setzen und Mare Versuchsbedingungen schaffen, so mufs der Versuch an einzelnen Endorganen ausgef\u00fchrt werden, deren verschiedene Empfindlichkeit sodann als einziger \u00f6rtlich wechselnder Factor verbleibt.\nDie nunmehr vereinfachte und gleichzeitig sch\u00e4rfer umschriebene Aufgabe der Untersuchung lautet demnach: Es ist unter Beschr\u00e4nkung der Erregung auf einzelne Nervenenden zu pr\u00fcfen, welche Bedeutung die Ausdehnung 'und Tief\u00a9 der Deformation f\u00fcr den Reizerfolg besitzt Der Einflufs der D\u00e9forma-tionsgeschwindigkeit ist zu eliminiren.\nDie Beschr\u00e4nkung der Reizung auf einzelne Sinneselemente ist nat\u00fcrlich an den Orten geringster Dicht\u00a9","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Heber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n131\nm ehesten ausf\u00fchrbar. Von dem Versuche ausgeschlossen sind alle behaarten Hautstellen, weil das \u2018 Haar die freie Wahl defl Reilfl\u00e4che selbst dann noch beeintr\u00e4chtigt, wenn es abgeschnitten, oder rasirt ist. Die nicht behaarten, mit MEissNEa\u2019schen K\u00f6rperchen ausgestatteten Tastfl\u00e4chen haben zwar im allgemeinen einen gr\u00f6fseren Reichtum an Nervenenden; sie besitzen jedoch ein Gebiet sehr geringer Dichte an der Haargrenze. Mifst man am erwachsenen Menschen von dem auf der Volarseite des Handgelenks hervortretenden H\u00f6cker des Kahnbeins 4 cm proximalwarte auf der Sebne des Flexor carpi fadialis ab, so befindet man sich in einem Gebiete, in dem etwa 12 Tastpunkte auf den Quadratcentimeter kommen. Gegen das Handgelenk nimmt ihre Dichte rasch zu (vgl. Unters. 235) und erreicht beim Uebergang auf den Handteller den Werth von 40\u201450 pro cm.3. Andererseits steigt die Zahl der Nervenenden auch beim Ueberschreiten der Haargrenze in proximaler Richtung auf 16 \u201426 pro cm1. Die genannte Stelle, welche sich also durch eine minimale Dichte der Tastpunkte, aufserdem aber auch durch leichte Zug\u00e4nglichkeit auszeichnet, wurde zu. den nachfolgenden Versuchen ben\u00fctzt Jede der beiden Versuchspersonen hatte diese Stelle bei guter Beleuchtung unter der Lupe mit den schon mehrfach beschriebenen Reizhaaren (Unters. 208ff.) so lange zu. untersuchen, bis alle Tastpunkte innerhalb eines Gebietes von mindestens 4 cm2 gefunden und mit feinsten Farbpunkten bezeichnet waren. Sobald, die richtige Lage der Farbpnnkte durch mehrfache Nachpr\u00fcfung' und eventuelle Corrector sichergestellt war, wurde sie ixirt durch minimale Tr\u00f6pfchen einer 10 \u00b0/0 L\u00f6sung von Silbemitrat. Die nach der Reduction zur\u00fcckkleibenden schwarzen P\u00fcnktchen sollten Durchmesser von nicht \u00fcber 0,2 mm haben, Schlie\u00dflich wurde \u00fcber der durchsuchten Hautstelle ein Streifen Gelatine befestigt, die Lage der Tastpunkte der wichtigsten Hautfalten, der Sehnen und der durch die Haut sichtbaren. Venen mit der Pr\u00e4parimadel eingeritzt und die Zeichnung mit H\u00fclfe eines in Glas ge\u00e4tzten Millimeternetzes in 5 f\u00e2cher Vergr\u00f6\u00dferung cophrt Man erh\u00e4lt so eine sehr \u00fcbersichtliche Karte des VefsuChs*\u00bb gebietes, welche den grofsen Vortheil gew\u00e4hrt, dafs die einzelnem Tastpunkte durch ihre rechtwinkligen Coordinaten identificirt, nach ihrer Empfindlichkeit bezeichnet und \u2019ausgel\u00f6schte Punkte rasch wieder aufgefunden werden k\u00f6nnen. Figur 1 ist die Kopie einer solchen Karte vom linken Handgelenk des Reagenten F-","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\n3C von Frty und F. Kie*ow.\nMan bemerkt neben der geringen Dichte der Tastpunkte innerhalb der erw\u00e4hnten Zone, die Unregelm\u00e4fsigkeit ihrer Vertheilung.\n\t\nFigur 1.\nTastpunkte (unbehaarte o und behaarte \u2022-) innerhalb eines Gebiete\u00bb von 6 cm* der Volarflilche des linken Handgelenkes von dem Reagenten F.\nLineare Vergr\u00f6fserung 2 V\u00ab fach.\nDiesem letzteren Umstande ist es zu verdanken, wenn einzelne Tastpunkte so isolirt liegen, dafs ihre n\u00e4chsten Nachbarn 2, ja 3 mm entfernt sind. Ist der Punkt aufserdem von hoher Em pfindlichkeit, so sind die Bedingungen f\u00fcr isolirte Reizung g\u00fcnstig.\nDie zweite der oben gestellten beiden Forderungen, Elimination des Einflusses der Deformationsgeschwindigkeit ist leicht zu erf\u00fcllen, solange die Reizfl\u00e4che unver\u00e4ndert bleibt. Man braucht dann nur die Geschwindigkeit der Belastung konstant zu halten. Schwieriger wird die Aufgabe, wenn die Reizfl\u00e4che ver\u00e4nderlich ist. Wird sie z. B. gr\u00f6fser, so mufs auch die Belastungsgeschwindigkeit folgen, wenn der Reiz nicht an Wirksamkeit einb\u00fcfsen soll. Fr\u00fchere Versuche hatten ergeben,","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n133\ndafs der Reizerfolg ann\u00e4hernd konstant bleibt, wenn die Belastungszunahme pro Secunde proportional der Fl\u00e4che w\u00e4chst, cL h. f\u00fcr die Fl\u00e4cheneinheit constant bleibt. Mit anderen Worten: Der Einflufs der Deformationsgeschwindigkeit hatte sich auch' in den Versuchen mit ver\u00e4nderlicher Reizfl\u00e4che experimentell ans-' schalten lassen, indem die Druckgeschwindigkeit,\ndim\nBelastung Fl\u00e4che X Zeit\n= m I-1,\nconstant gehalten wurde. Von dieser Erfahrung wurde in den nachstehend beschriebenen Versuchen Gebrauch gemacht. Zur Herstellung bestimmter Belastungs- bezw. Druckgeschwindigkeiten diente wie fr\u00fcher die Schwellenwage (Unters. 189\u2014196).\nNeue Versuch\u00a9 \u00fcber die Bedeutung der Fliehe f\u00fcr Tust reize.\n1st ein geeigneter Tastpunkt gew\u00e4hlt und f\u00fcr Einhaltung einer eonstanten Druckgeschwindigkeit Sorge getragen, so bleiben als einzige Ver\u00e4nderliche des Reizes die Ausdehnung und Tiefe der Deformation. Man k\u00f6nnte nat\u00fcrlich versuchen die Be-dingungen noch weiter zu vereinfachen etwa in der Weise, dafs man die Fl\u00e4che constant h\u00e4lt und nur die Tiefe der Deformation innerhalb enger Grenzen ver\u00e4ndert. Man w\u00fcrde daraus aber nicht mehr erfahren, als was von vomeherein feststeht, n\u00e4mlich dafs die Erregung mit der Tiefe der Deformation w\u00e4chst Eine numerische Beziehung l\u00e4fst sich nicht gewinnen, weil die St\u00e4rke der Empfindung nicht mefsbar ist. Kennt man aber die Richtung, in welcher der Reizerfolg mit der Tiefe der Deformation sich \u00e4ndert, so kann aus Versuchen mit gleichzeitiger Aenderung von Deformationsfl\u00e4ch\u00a9 und Tiefe di\u00a9 Abh\u00e4ngigkeit des Reizerfolges von der Fl\u00e4che erschlossen werden. Man braucht nur zu jedem Werthe der einen Variablen (Fl\u00e4che) einen solchen der anderen (Tiefe) zu suchen, dafs der Reizerfolg constant bleibt, specieH jene Reizst\u00e4rke erreicht wird, welche sich jederzeit mit Sicherheit wieder identificiren l\u00e4fst, di\u00a9 St\u00e4rke des Schwellenreizes. Nach diesem Plane wurden die nachstehend beschriebenen Versuche ausgef\u00fchrt.\nDie beiden Versuchspersonen F. und K. theilten sich abwechselnd in die Rollen des Reagenten und Beobachters.","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nM. vom Frey und F. Kiesme.\nAufgaben des Reagenten. Er hatte eine Hohlfoi\u00bb \u00abeines Unterarms anzufertigen, welche die zu untersuchende Haut*\nflache .frei liefe, seinen Arm in derselben zu immobiMslren, sich riihig zu halten, die gr\u00f6fete Aufmerksamkeit, am. besten bei geschlossenen Augen, auf den Versuch zu verwenden, besonders dann,, wenn durch das Signal \u201ejetzt\u201c der bevorstehende Eintritt einer Reizung angezeigt' wurde; endlich \u00fcber das Vorhandensein oder Fehlen einer Empfindung Aussage zu machen.\nAufgaben des Beobachters. Er hatte auf die gew\u00e4hlte Stelle der Haut des Reagenten ein kleines rundes Metallscheibchen .aufzulegen, die Nadel der Schwellenwage (s. u.) auf den Mittelpunkt des Scheibchens einzustellen und dann den Apparat in Gang zu setzen.. Kurz vor Eintritt des Reizes war der Reagent zu avisiren und hinterher der Schwellen worth zu notiren.\nEinige weitere Angaben \u00fcber die Versuchstechnik und \u00fcber n\u00f6thige Vorsichtsmaafsregeln.\nAls Reizfl\u00e4chen dienten aus d\u00fcnnstem (0,2 mm) Kupferblech gestanzte Scheibchen von folgenden Ma&feen :\nHalbmesser\t0,3\u00a9\t0,55\t0,75 mm\nFliehen.\t0,48\t0,95\t1,77 mm1\nGewichte\t0,27\t0,54\t1,0 mgr\nVerhiltn\u00fcSssahlen 1\t\t2\t3,7\nDie zugeh\u00f6rigen Belastungsgeschwindigkeiten standen, 'wie gefordert, in demselben Verh\u00e4ltnis, so dafe die Druckgeschwindigkeit f\u00fcr jede der 3 Fl\u00e4chen constant blieb. Der verschiedenen Empfindlichkeit der einzelnen Tastpunkte wurde Rechnung getragen, indem nicht eine, sondern 4 Gruppen von je 3 zusammengeh\u00f6rigen, in dem obigen Verh\u00e4ltnis stehenden Belastungsgeschwindigkeiten (bestimmt durch die Umlaufszeiten des treiben,den Trommeluhrwerks) ermittelt wurden. Diesen 4 Gruppen entsprachen 4 Druckgeschwindigkeiten von bezw. 0,056, 0,09, 0,12, und 0,25 Atm Sec.\nDie Sehwellenwaage (mit einer Uhrfeder mit 1 gr Spannung f\u00fcr 16 Winkelgrade Ausschlag) wurde wie in den fr\u00fcheren Versuchen (Unters. 189\u2014196) benutzt mit der einzigen Modification, dafe der Stift am, Ende des unteren Hebels durch eine M&fanad\u00e8l feinster Nummer ersetzt war1, deren Spitze auf den Mittelpunkt der Reizfl\u00e4che eingestellt wurde. Heben md Senken der Schwellenwaage geschah, nicht mehr wie fr\u00fcher durch die an. ihr befindliche","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber. die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n135\nEinstellungsschraub\u00eb (Mn der Abbildung) sondern durch denTrieb des ZimjcbbmjlNn sehen Universalstatives. Diese Einstellung ist v\u00f6llig empfindlich genug und ersch\u00fctterungsfreier ak die fr\u00fcher ge\u00fcbte. Der Wegfall der EinsteUungsschraube macht aufserdem das Instrument billiger.\nDer Sitz des Reagenten war durch eine untergeschobene Kiste soweit erh\u00f6ht, dafs Stuhlkante und Tischkante in einer Horizontalebene lagen. Die Hohlform f\u00fcr den Unterarm war in ein h\u00f6lzernes Ger\u00fcst derart eingeh\u00e4ngt, dafs sie um : drei auf einander senkrecht stehende Axen gedreht und in jeder Lage fixirt werden konnte. Auf diese Weise ist es m\u00f6glich die untersuchte Hautstelle jedesmal horizontal, d. i. senkrecht zur Nadel der Schwellenwaage einzustellen. Die nach oben gekehrte Volarfl\u00e4che des im Ellbogengelenk rechtwinklig gebeugten Unterarms befand sich dabei ungef\u00e4hr in der H\u00f6he der Spina ilei anterior superior d. h. in einer f\u00fcr den Reagenten bequemen Lage, was f\u00fcr die ruhige K\u00f6rperhaltung wesentlich ist Durch einen an dem Holzger\u00fcst befestigten Schirm blieb das Versuchsfeld dem Reagenten verdeckt. Das Versuchsverfahren war ein v\u00f6llig unwissentliches. Der Reagent wurde nur \u00fcber den Zeitpunkt nicht \u00fcber die Art des zu gew\u00e4rtigenden Reizes unterrichtet\nSehr grofse Sorgfalt mufs, wie schon oben erw\u00e4hnt, auf die Wahl geeigneter Tastpunkte verwendet werden. Folgende Eigenschaften eines gegebenen Tastpunktes machen ihn zum Versuche unbrauchbar.\n1.\tGeringe Empfindlichkeit, d. h. ein Schwellenwerth \u00fcber 1 grimm (vgl. Unters. 228). Der Schwellenreiz erfordert dann so starke Deformationen, dafs eine Beschr\u00e4nkung der Reizung auf 'diesen Tastpunkt unm\u00f6glich ist\n2.\tLage in der N\u00e4he anderer Tastpunkte, besonders eines gleich oder h\u00f6her empfindlichen. Selbstverst\u00e4ndlich d\u00fcrfen die Nachbarpunkte niemals so nahe liegen, dafs sie in die Reizfl\u00e4che fallen. Wie nahe sie derselben kommen d\u00fcrfen, kann nicht allgemein angegeben werden ; es h\u00e4ngt dies von ihrer Empfindlichkeit im Verh\u00e4Jtnifs zum Versuchspunkte ab.\n3.\tLage in der N\u00e4he eines Haares, weil dadurch die freie Wahl der Reizfl\u00e4che bezw. die Orientirung ihres Mittelpunktes genau \u00fcber dem Tastpunkt beeintr\u00e4chtigt wird. Abschneiden oder Rasiren des Haares gen\u00fcgt nicht. Ausziehen des Haares vernichtet nicht die Tastempfindlichkeit des Haarbalges, sch\u00e4digt","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nM. von Frey und F. Kienow,\nsie aber\u00bb so dafs von diesem Auskunftsmittel nicht Gebrauch gemacht werden kann. Die behaarten Hautstellen sind daher! wie schon oben bemerkt, von dem. Versuche ausgeschlossen.\n4. Lage des Tastpunktes innerhalb einer concaven Hautstelle\u00bb also z. B. zwischen zwei Sehnen, hart neben einer Sehne oder einer st\u00e4rkeren Hautvene u. dgl m. Die Reizfl\u00e4che w\u00fcrde dann hohl liegen und den unter ihrem Mittelpunkt befindlichen Tastpunkt gar nicht oder erst bei starken Deformationen ber\u00fchren Resultat: zu hohe Schwellen.\n6. Lage des Tastpunktes in einem convexen Hautbezirk z. B. auf dem R\u00fccken einer Sehne u. s. w. Die Reizfl\u00e4che wirkt dann 'wie eine tangirende \u2022 Fl\u00e4che und kommt nicht voll zur Geltung. Rasultat : zu tiefe Schwellen. Hier, wie f\u00fcr den Einwand 4\nkommen namentlich auch kleinere Unebenheiten der Haut in Betracht\u00bb wie Meine warzenartige Erhebungen\u00bb narbig\u00a9 Einziehungen\u00bb Furchen und die zwischen ihnen stehenden schmalen Leisten.\n6.\tLage des Tastpunktes an den radial oder ulnarw\u00e4rts absch\u00fcssigen Fl\u00e4chen des Unterarms.\n7.\tLage des Tastpunktes \u00fcber einer Arterie mit deutlich f\u00fchlbarem Puls.\nMan sieht\u00bb dafs von den innerhalb der oben abgebildeten Fl\u00e4che von 6 cm2 liegenden 99 Tastpunkten die Zahl derjenigen nicht grofs sein wird\u00bb welche keinem Ein w\u00e4nde unterliegen.\nDie gleiche Sorgfalt wie der Auswahl der Tastpunkte mu\u00df auch den zur Reizung dienenden Metallscheibchen zugewendet werden. Sie d\u00fcrfen gegen die Haut weder concav noch convex sein\u00bb keine Buckel oder Unebenheiten besitzen. Ein Staub* k\u00f6mchen zwischen Scheibchen und Haut gen\u00fcgt\u00bb um die Resultate zu f\u00e4lschen. Die nach dem Stanzen stets sch\u00fcsself\u00f6rmig gew\u00f6lbten Scheiben m\u00fcssen daher vor Gebrauch zwischen poiirten Stahlfl\u00e4chen geebnet und die scharfkantigen R\u00e4nder gegl\u00e4ttet werden. Vorausgesetzt wird ferner\u00bb dafs die Scheiben beim Gebrauch sich nicht durchbiegen. Eine dauernde Deformation ist in der That trotz ihrer Weichheit niemals beobachtet worden. Aber auch elastische Durchbiegungen sind in irgend merklichein Grade unwahrscheinlich, weil der gr\u00f6fste gebrauchte Durchmesser nur das 7,5-faehe der Dick\u00a9 betr\u00e4gt, die aufgewendeten Kr\u00e4fte selten den Werth von 1 gr \u00fcbersteigen und die Haut leicht nach dien","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Function ier Tastk\u00f6rperchen.\n137\nSeiten, ausweicht Auf diese Frage soll indessen unten nochmals eingegangen werden,\nEs versteht sich, dafs die Nadel der Schwellenwaage auf den Mittelpunkt des Scheibchens eingestellt sein mufs, um ein Kippen oder Kanten w\u00e4hrend des Niederdr\u00fcckens zu vermeiden. Kleine Fehler in der Einstellung werden sich um so weniger f\u00fchlbar machen, je genauer der Mittelpunkt des Scheibchens \u00fcber dem bezeichneten Tastpunkte liegt. Da das aufgelegte Scheibchen den Punkt verdeckt, ist eine Corrector hinterher schwierig; vorteilhaft ist es daher den zu reizenden Tastpunkt mit Hilfslinien xu 'umziehen, z. B. in ein Viereck einzuschiiefsen und die Lage des Scheibchens nach diesen Linien zu richten.\nEmen wesentlichen Antheil an dem Gelingen der Versuche .hat auch die Verfassung des Keagenten, Da die Versuche, wie aie Schwellenbestimmungen, schwierig und durch die erzwungene K\u00f6rperruhe und starke Anspannung der Aufmerksamkeit erm\u00fcdend sind, so ist auch die Empfindlichkeit gegen St\u00f6rungen eine sehr grofse. Niedere Temperatur des Arbeitszimmers oder der Hohlform, stark hervortretende spannende oder juckende Empfindungen in anderen Hautpartien, besonders aber in der Gegend des Versuchspunktes, zu tiefe Einstellung der Schwellenwaage und, damit dauernder Druck auf die zu reizende Stele beeintr\u00e4chtigen ihre Empfindlichkeit und ergeben zu hohe Schwellen Allgemeine psychische Erm\u00fcdung wirkt im selben Sinne. Ablenkende Sinneseindr\u00fccke, Ger\u00e4usche und Sprechen in, den Nebenr\u00e4umen, zu grofse Beweglichkeit der Aufmerksamkeit (Zerstreutheit) f\u00fchren zu stark schwankenden Versuchsdaten. Es wurden daher nach zahlreichen, vielfach variirten und z. Th. gest\u00f6rten Vorversuchen die endg\u00fcltigen Beobachtungen gr\u00f6fsten-theils bei Nacht ausgef\u00fchrt und daf\u00fcr gesorgt, dafs die Reagenten weder \u00fcberarbeitet noch aufgeregt waren.\nNeben der centralen oder psychischen Erm\u00fcdung kann nat\u00fcrlich auch die periphere des Versuchspunktes zu fehlerhaften Resultaten f\u00fchren. Letztere kann in den vorliegenden Versuchen Ms ausgeschlossen gelten. Denn die dem Versuche vorhergehenden Einstellungen, das Auflegen der Reizfl\u00e4che, und, die Einstellung der Schwellenwaage liefsen sich vollst\u00e4ndig erregungs-frei ausf\u00fchren und w\u00e4hrend des Versuchs waren die Pausen xwischen den einzelnen Reizen so grofs gew\u00e4hlt (7\u201450 Sec.), dafs","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle\n138\tM von Frey und' F, Kiesow,\nVerh\u00fctte M\u00bb der Mittel werthe\t3\t&\tS\t3 T*4\t^4\t\u2022rH \u00a3\tK\t$\ts ' s \u00bb,\ta \u25a01\u20141\t*H\tT*\tT*\t1\u2014\u00ab \u00bb\u2014(\ty\u2014t\t\u00bb\u20144\tiH\ti\nMittelwerthe ! der Dr\u00fccke f\u00fcr ! die Fl\u00e4chen \u25a0 0,48 0,95 1,77\t[ H\th\u00ab\t\u00abo\tcd 1 xq\tr-\teo\tr- 1 1\too\tth\tQ\tco\t*o ;\t^\teo\t*\u00a9\t\u00bb\tc\u00a9 | ^ !\t*-\u00bb\tU-\t\u00ab\u00db\t04\t04 ^\t\u00a9\t*\u00f6\tCO\t\u00f6 H\nDruck in. Atm. IO\u20143\t! 333S\tS\tS\u00a7?88S\t2 Tims\ti i jj\u00a7 aas i a\tt ni JL ssssT 1\t\u00a9 co oa co\thj os o6 ^\t\u00ab\t\u00bbo \u00e7b \u00abJ CQ \u00bb6\tQ i\t-*> H\u00ab\t\u00d6\u00ab3)\t\u00bbO\t03 CO CO CO CM\t4 | 1 1\nSchwellenge wiclite in Gramm 0,19\u20140,22 0,44\u20140,47 0,87\u20140,94 0,44\u20140,60 0,19 0,50 - 0,56 1,25\u20141,31 0,47\u20140,53 1,22 0,28 0,56 1,31 0,56\u20140,62 0,26 0,12\u20140,19 0,84\u20140,37 0,66\u20140,61 0,31\u20140,37 0,11\u20140,19 0,28 0,69 1,84 0,66 0,19- 0,26\t\nFl\u00e4che in mm\u00ae\tt 1 1 * oo *o r** \u00bb\u00a9 QO oo iO on \u00bbo\tto o d- .o 30\too \u00bbQ c*- *o oo\tao\u00aboi^\u00abooD \u00f6s o* <3>^osc-oi* \u00a9OihO\u00a9 O OO O\tO O O O\tQOii\u00a90\tO O r-i oo\nBeob- achtungs- Nummer\t1 1 hm 0Q ^ O\tOHNW^1\tiO C0 C\u00bb GO Ob Q tH \u00c74 CO HHtHHH\tr^i rH tH rH tH\tN 03 03 (N \u00a7i i 1 ! 1\ni Druckge- sch windig-keit in Aim Sec.\t0,118 i i i 0,118 ! 0,056 0,118 0,066\nse^undis'Bx ( uo^z^nueq -p Bnnuqoiez aa\u2018\t.\t**\u00ab\u00abt K\t'*\"*\ts;\t\u00f6i\t\u2022h\n\u00ab g 5 \u00f6S \u00f6 1\tW\tPn\tW\tfa\tN oc\t\u2022\too\tx\tgp\tm Co\tCD\t<n\t03\t03 CD\tCD\tCD\tCD\trn cd\tcd\t^\tid\tcd di\tOl\t*\tm\t\u00a9a\tca\n","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n139\n\u00a9\tkD\nkO\u00c4\trH\nrH\tgm\"\n00\n8\nS\nr\u00bb\ncm\tco\tr-\t\u00a9\n\u00bbo\tv\tr-\tno\no\nt>\u00bb\n5\nSp\u00bb\tr\u00bb\nV\t\u00ab\u00db\n8 g s\n\u2022K\no\n3\ntO\u00a9 CO L\u00bb\nIO\n\u00a9\nOl\n05\n\u00bbo t\u00bb\nX r\u00bb\nCO \u00a9O\n\u00a9 I CO o\nI Ir* V 05 rH CO kO\n05\u00c70 CO CM CO rP\nQO>\tCD\tHtQ\nrS kO ^\tIQ\tP\u00bb co\n| I r\u00bbo05\tloacOkQcococo\t| i Q\u00abh\n\u2022 I p\u00bb v co\tI kC co c\u00f6 h* v 35\tI I ^ hi* c\u00bb\nio co\tcm\tp- 05\nGM kO\tkO\tCO kO\n'tH \\Q\n'CO r\u00bb\ncTo\n05\nCO\n\u00ab*\nrH f P\"\n! X X\nI \u2014\ncm\u00b0\u00b0\nco\nVh*\n05'\nSffUS\nOfl^OO\n\u00ab05\no' cT\nr*< rH fl\nf\u00bbC0 x O O O1\nP\u00bb 05 C\u00bb\nooh\u00ab\n*_* \u2014*\nhOO\nX\nT* CO C3 CM CM Hg \u00a9 35 rH CO 03 'HF \u00a9\n*k \u00abk *k \u00abk *k\n\u00ab\u00dfO^OOOH\nCM\n\u00a3\nOO\nCM ;CD\u00c4\n'\u00a9*\u00a9 V iO VCM\n\u2014__t \u25a0\u00bb\ngj\u00c7pOOH\nrH 35 \u00bb \u2014\u25a0>\nTH o\n\u2014fl\nI I\nX k\u00a33 O* kQ X COtOMOOO Hf \u00a9 P\u00bb \u00a9 h? -<< \u00a9 P\u00ab \u00a9 ^*\nOOhOO O O ft O O\nCOlOP* QOtOr*QOtO rjt \u00a9 I> H? \u00a9 L\u2014 hF \u00a9\n-P -P P\t\u00bb>\t_*s\n\u00a9Ort \u00a9 \u00a9 r-t \u00a9 \u00a9\nXkOP-kOX'iOC\u00bb HF \u00a9 P\u00bb \u00a9 hJ< 05 P\u00bb _\u2022\u00bb ^_\u2022\u00bb ^ \u2014\u00bb\u00bb ^\n\u00a9OHOOOrl\nt^tooDtor\u00bb\nP\u00bb \u00a9 r# 05 P\u00bb\na\nth \u00a9 \u00a9 \u00a9 ft\nxco r\u00bbx\u00a9\nCM CM CM CM CM\n\u00a9 fl CM CO V CO COCO CO CO\nCO CO CG\nco co\nr-tCM CO h# kO CO IP* X 05 hFtF V Tjt H* ^ rt H* r|*\nrH Ol CO \u2022'f lO |Q kQ kO\n04\tkO\nrH\tCM\ncT\tcT\n05\nKt\nN\n\n\nr>\nN\t\t\u2022\tP=i\nX\tX\tX\tX\n\u00a9\t\u00a9\t\u00a9\t\u00a9\nco\tco\tc\u00a9\tl>\ng\t$\ts\t\u00ab vH\nM\nS*i\nx\n\u00a9\nX\n\u00a9\np\u00bb","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nM. von Frey und F. Kiesow.\neine Beeinflussung des nachfolgenden praktisch nicht in Betracht kam.\nDie Beschreibung der Versuche kann nach den ausf\u00fchrlichen Angaben \u00fcber ihre Technik sehr kurz gehalten werden. War ein Tastpunkt gew\u00e4hlt, so wurde, wenn er nicht schon fr\u00fcher zu Versuchen gedient hatte, in der Regel mit der kleinsten Fl\u00e4che begonnen und eine Druckgeschwindigkeit benutzt, bei welcher die Ausschl\u00e4ge der Schwellenwaage f\u00fcr die Reizschwelle einen Werth von 2\u20145\u00b0 erreichten. Der Sehwellenwerth wurde durch h\u00e4ufigen Wechsel unter- und \u00fcberschwelliger Reize solange eingeengt, bis die. Angaben gute Uebereinstimmung zeigten. Dann wurde zu den gr\u00f6fseren Fl\u00e4chen \u00fcbergegangen und schliefs-lich wieder zu den kleinen zur\u00fcckgekehrt. Auf diese Weise war es m\u00f6glich die durch die Ein\u00fcbung oder durch die Erm\u00fcdung etwa eintretenden Aenderungen des Schwellenwerthes durch Gewinnung von Mittelzahlen auszugleichen. Wie die nachstehenden Daten zeigen, halten sich, Dank der Vorsicht in der Ausf\u00fchrung der Versuche, die Aenderungen in m\u00e4fsigen Grenzen, welche die Verwerthung der Ergebnisse nicht beeintr\u00e4chtigen.\nDie Yersuchsergebniss\u00a9\nsind in Tabelle 1 zusammengestellt, deren Zahlen nach den vorausgegangenen Bemerkungen kaum noch einer Erl\u00e4uterung bed\u00fcrfen. Der Stab 7 enth\u00e4lt die den Ausschl\u00e4gen der Schwellenwaage proportionalen Schwellengewichte in Gramm ; Stab 8 die Reduction derselben auf die Fl\u00e4cheneinheit oder den Schwellendruck, gemessen in Tausendstel-Atmosph\u00e4ren ; Stab 9 die, Mittelwerthe aus den Beobachtungen einer Gruppe und endlich Stab 10 das Ver-h\u00e4ltnifs der Mittelwerth\u00a9,\n(Tabelle I siehe S. 138 u. 139.)\nZum besseren U eberblick der Resultate m\u00f6ge es gestattet sein, die in dem letzten Stabe der Tabelle I enthaltenen Ver-h\u00e4ltnifszahlen noch einmal und zwar f\u00fcr jede Versuchsperson gesondert aufzuf\u00fchren.","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die function der Tastk\u00f6rperchen.\n141\nTabelle II.\nf\t *\t\tDatum\tBeobachtung\tYerh\u00e4ltnifs zahlen\t\t\n\u00bb\tReagent K.\t28, 6.\t1\u2014 5\t1\t1,17\t1,24\n*\t\t26, 6.\t20\u201424\t1\t1,25\t1,46\n-\t\t28. 6.\t30\u201484\t1\t1,10\t1,30\n\t\t29. 6.\t85\u201437\t1\t1,24\t1,59\n-\t\t1. 7,\t48\u201449\t1\t1,14\t* 1,18\n\tReagent F. -\t28. 6.\t6- 9\t1\t\u2022 1,22\t\n\t\t24. 6.\t10\u201414\t1\t1,09\t1,35\n\t\t26. 6.\t15\u201419\t1\t1,13\t1,03\n\t\t28. 6,\t26\u201429\t1\t1,15\t1,31\n\t\t1. 7.\t38\u201442\t1\t. 1,80\t2,15\n\t\t1, 7.\t50\u201454\t1\t1,85\t1,75\nDie Zahlen geben das Verh\u00e4ltnifs der hydrostatischen Dr\u00fccke, bei welchen der gew\u00e4hlte Tastpunkt anspricht, wenn verschiedene \u2022Fl\u00e4chen aber constante Druckgeschwindigkeiten auf ihn ein--wirken. Wie man sieht, best\u00e4tigen die neuen Versuche nahezu den schon, fr\u00fcher, bei nicht auf einzelne Tastpunkte beschr\u00e4nkter Reizung gefundenen Satz, dafs die Erregung dann eintritt, wenn \u00a9in bestimmter, f\u00fcr1 den benutzten Tastpunkt (f\u00fcr 'die ben\u00fctzten Tastpunkte) charakteristischer Druckwerth erreicht ist Die Be-st\u00e4tigung ist aber, wie gesagt, keine vollkommene. Ausgenommen die Beobachtungen 15-\u201419, welche allerdings ann\u00e4hernd constante Druckwerth\u00a9 f\u00fcr die 3 Fl\u00e4chengr\u00f6fsen aufweisen, lassen alle anderen Beobachtungen bei den gr\u00f6fseren Fl\u00e4chen \u00a9ine Zunahme des zur Reizung n\u00f6thigen Druckes erkennen, deren Betrag in den einzelnen Versuchen verschieden grofs ist Von der Ableitung eines Mittelwerthes f\u00fcr 'die relative Druckzunahme aus den Verh\u00e4ltnifszahlen aller Versuche wurde Abstand genommen, weil den einzelnen Bestimmungen nicht gleiches Gewicht zuerkannt werden kann,, Die Erfahrungen der zahlreichen Vorversuche haben n\u00e4mlich ergeben, dafs di\u00a9 haupts\u00e4chlichsten der vorn Reagenten unabh\u00e4ngigen Fehlerquellen des Versuchs -dahin tendiren, die den greisen Reizfl\u00e4chen entsprechenden \u2022Brackwerth\u00a9 zu verkleinern. Diese Fehlerquellen sind:\n,\t1. Mitreizung benachbarter Tastpunkte. Die Vor versuche,\n\"-welche vielfach auch mit gr\u00f6fseren Fl\u00e4chen ausgef\u00fchrt wurden,","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nAf. po\u00bb JPrty und K. Kunow.\nhaben regelm\u00e4fsig ergeben, dafs die Reizschwelle sinkt, sobald benachbarte Druckpunkte in die Reizung einbezogen werden, lias Uebergreifen der Erregung findet nat\u00fcrlich bei den grofs* fl\u00e4chigen Reizen am leichtesten statt; es besteht daher die Gefahr, dafs f\u00fcr die grofsen Reizfl\u00e4chen die Schwellen zu niedrig ausfallen. Dafs diese Fehlerquelle auch in den vorliegenden Versuchen trotz aller Vorsicht wohl nicht unbedingt ausgeschlossen ist, zeigen die Beobachtungen an den Tastpunkten m und g des Reagenten F. (Beobachtung 10\u201414, 15\u201419, 25\u201429). Diesen Tastpunkten liegen andere von grofser Reizbarkeit (r bezw. k) nahe genug (1,8 mm), dafs eine Beeinflussung durch die gr\u00f6fseren Reizfl\u00e4chen m\u00f6glich erscheint und in der That zeigen die Versuche gerade an diesen Punkten die kleinsten V erh\u00e4ltnifszahlen.\n2.\tTr\u00e4gheitsschwingungen der Schwellenwaage. In der mehrfach angezogenen Beschreibung der Schwellenwaage wurde bereits darauf hingewiesen, dafs die Bewegungen des Instrumentes bei den grofsen Belastungsgeschwindigkeiten nicht ganz frei von Tr\u00e4gheitsschwingungen sind. Nun m\u00fcssen zur Erhaltung der geforderten constanten Druckgeschwindigkeit 'die gr\u00f6fsten Reibfl\u00e4chen auch mit den gr\u00f6fsten Belastungsgeschwindigkeiten com* binirt werden. Ein. Ueberschreiten der an. dem Gradmesser abgelesenen Endlage (der Endbelastung) findet daher h\u00f6chst wahn scheinlicb statt und mufs f\u00fcr die grofsen Fl\u00e4chen zu kleine Sch wellenwerthe Vort\u00e4uschen.\n3.\tDurchbiegung der gr\u00f6fseren Kupferscheibchen ist, wie erw\u00e4hnt, nicht wahrscheinlich, aber doch m\u00f6glich, Die Scheibe w\u00fcrde dadurch eine gegen, 'die Haut convexe W\u00f6lbung und damit eine st\u00e4rkere Reizwirkung gewinnen. Resultat: Erniedrigung der Reizschwelle,\nWie ersichtlich wirken di\u00a9 3 genannten Fehler s\u00e4mmt\u00fceh in der gleichen Richtung. Wenn trotzdem die Versuche ein Steigen der eben wirksamen Druckwerth\u00a9 mit der Heizfl\u00e4che unzweifelhaft erkennen lassen, so ist damit ein Beweis a fortiori gegeben. Gel\u00e4nge es die auf'gez\u00e4hlten Fehler zu vermeiden, so w\u00fcrde das; Anwachsen der Druckschwellen nur noch, deutlicher sein. Daraus folgt, dafs die grofsen. Verh\u00e4ltnifszahlen der Beobachtungen 38\u201442, welche an. einem, g\u00fcnstiger gelegenen Tast-punkt mit geringer Druckgeschwindigkeit ausgef\u00fchrt sind, gr\u00f6sseres Gewicht haben, als die kleinen Verh\u00e4ltnifsxahlen der","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n143\nBeobachtungen 15\u201419 an einem wenig g\u00fcnstig gelegenen Punkt und mit greiser Geschwindigkeit Es gilt demnach f\u00fcr die hier gebrauchten Fl&ehengr\u00f6fsen der Satz, dafs der eben merkliche Druckwerth langsam aber, deutlich steigt, wenn die Fl\u00e4che w\u00e4chst \u2022\nZieht man es vor, die Reizschwellen statt in hydrostatischen Dr\u00fccken in Gewichten (Kr\u00e4ften) zu messen, so lautet der Satz, dafs die Schwellengewicht\u00a9 viel rascher wachsen, als die Fliehen\u00bb t B. In den Beobachtungen 38\u201442:\nYerh\u00e4ltnifs der Fl\u00e4chen\t1\t2\t3,7\nder Schwellendracke\t1\t1,9\t2,1\n\u201e der Schwellengewichte\t1\t2,6\t7,3\nAusdehnung der Versuche auf Fliehen anderer Gr\u00f6fsenordnmng.\nEin Uebergang zu anderen Fl\u00e4chengr\u00f6fsen ist ausgeschlossen, solange man an der beschriebenen Versuchsanordnung festh\u00e4lt Die kleinste Fl\u00e4che von 0,48 mm2 streift schon die Grenze\ndessen, was versuchstechnisch noch durchf\u00fchrbar ist F\u00fcr Fl\u00e4chen von 2 und mehr Quadratmillimeter macht sich einerseits die Unebenheit der Haut immer mehr f\u00fchlbar, andererseits geht der Vortheil isolirter Reizung einzelner Sinnespunkte verloren. Es scheint .\u00fcberhaupt als ob einer Ausdehnung der Versuche auf gr\u00f6fsere Fl\u00e4chen un\u00fcbersteig\u00fcche Schranken gesetzt w\u00e4ren. Dem ist jedoch nicht so. Starre K\u00f6rper sind freilich zu grofsfl\u00e4chiger Reizung nicht zu gebrauchen, dagegen sind Fl\u00fcssigkeiten im Stande. sich allen Unebenheiten der Haut anzuschmiegen und einen gleiehm\u00e4fsigen Druck \u00fcber grofse Fl\u00e4chen auszu\u00fcben. W\u00fcrde es 'unter solchen Umst\u00e4nden zur Erregung des Tastsinns kommen, so w\u00e4re der Versuch in Folge der grofsen Zahl be-theiligter Tastpunkte schwer zu deuten. Nachdem aber Meissxer vor nunmehr 40 Jahren gezeigt hat, dafs eine Erregung nicht eintritt, ist der Versuch f\u00fcr die vorliegende Frage direct von Belang.\nMbissneb1 tauchte die Hand mit gestreckten Fingern unter Quecksilber und setzte dadurch die. Fingerspitzen unter einen Druck von etwa J/i Atmosph\u00e4re. Die untergetauchten Haut-\n1 Zeitschr. f. rat. Med., 3. Reihe. 7, 99ff.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nM. von Frey und F. Kiesow.\nfl\u00e4chen empfinden dann keinen Druck mit Ausnahme eiiei schmalen Gebietes im Niveau der Quecks\u00fcb eroberfl\u00e4che\u00bb Ber\u00fchrte M. aber unter Quecksilber die Wand des Gef\u00e4fses, so wurde dies sofort wahrgenommen.\nVon der Richtigkeit dieser Beobachtungen kann, man sich leicht \u00fcberzeugen. Eine Beziehung des obwaltenden 'Druckes auf eine bestimmte Hautfl\u00e4che ist aber schwierig, weil der 'Druck proportional dem Abstande von der Oberfl\u00e4che des Quecksilbers zunimmt. Man kann ferner den berechtigten Einwand erheben, dafs es sich in dem vorlegenden Falle um einen andauernden Druck handelt, bei den Versuchen mit der Schwellenwaage dagegen um einen Druckanstieg von gegebener Steilheit Um dem Einwand zu begegnen kann man, nnd di\u00bb hat schon Meissner gethan, die Hand rasch in das Quecksilber einsenken, doch ist der Versuch nicht rein; es entstehen leicht Empfindungen durch den Widerstand der tr\u00e4gen Fl\u00fcssigkeit Besser Ist es dem Versuch die folgende Form, zu geben.\nMan nimmt ein dickwandiges Glasrohr von 80 cm Lingo und etwa 2 cm lichter Weite und bindet \u00fcber das \u00a9ine Endo einen Kautschukfingerling, welcher in das Rohr emgest\u00fclpt wird. Der \u00a9inst\u00fclpende Finger wird mit dem Nagelgliede und dem gr\u00f6fsten Theile der zweiten Phalange in die R\u00f6hr\u00a9 geschoben und durch eine schmale Leinen- oder Mullbinde fbdri Nun l\u00e4\u00dft man von einem Gehilfen In die schr\u00e4g gehaltene R\u00f6hr\u00a9 Quecksilber eingiefsen, bis sie nahezu gef\u00fcllt ist. Die Bind\u00a9 hat dabei den Zweck ein Vordr\u00e4ngen und Platzen des d\u00fcnnein Fingerlings zu verh\u00fcten. Stellt man die R\u00f6hre senkrecht, so lastet auf dem Finger (abgesehen vom Luftdruck) der Druck von einer Atmosph\u00e4re; legt man sie horizontal (wobei ein locker sitzender Kork oder auch der Daumen der anderen Hand das Ausflie\u00dfen verhindert) so ist der Druck nahezu oder auch wirklich gleich Null Gesetzt es geschehe das Aufrichten der R\u00f6hre mit gleichf\u00f6rmiger Winkelgeschwindigkeit innerhalb einer Secunde, so beginnt \u00fc\u00a9 Druck-\nSteigerung mit einer Geschwindigkeit von -g- Atm/See. (d. i das\n6\u201428 fache der in den obigen Versuchen benutzten), um allm\u00e4hlich bis Null abzunehmen. Es hat indessen keine Schwierigkeit das AuMchten der R\u00f6hre mit noch gr\u00f6fserer Geschwindigkeit auszuf\u00fchren, so dafs jedenfalls der allergr\u00f6\u00dfte Theil des","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n145\nschliefslichen Druckes mit Geschwindigkeiten erreicht wird, welche die oben ben\u00fctzten ganz wesentlich \u00fcbertreffen.\nW\u00e4hrend des Aufrichtens und hinterher bei ruhig stehender R\u00f6hre hat man das Gef\u00fchl einer starken Einschn\u00fcrung in der Mitte der zweiten, Phalange, dagegen keine Empfindung im distalen Abschnitt des Fingers. Nur f\u00fcr den Fall, dafs der Finger den Fingerling nicht ganz ausf\u00fcllt und in der Spitze des letzteren eine gr\u00f6fsere Luftblase zur\u00fcckgeblieben ist, hat man in Folge des Auftriebes derselben beim Aufrichten den Eindruck als ob der Fingerling von, dem Nagelgliede abgestreift w\u00fcrde. Also auch hier genau wie bei Meissneb Empfindung von geringf\u00fcgigen Deformationen, dagegen keine Empfindung von dem starken Druck der Quecksilbers\u00e4ule. Der nahezu gleichm\u00e4fsig gedr\u00fcckte aber empfindungsfreie Hautbezirk hat eine Fl\u00e4che von beil\u00e4ufig 2000 mm5.\nSehr \u00fcberzeugende Resultate liefert auch der folgende bequem auszuf\u00fchrende Versuch, der von dem einen von uns schon fr\u00fcher empfohlen wurde (Unters. 236). Man steckt die Hand (oder den Unterarm) in einen Cylinder wie er f\u00fcr plethysmographische Versuche gebr\u00e4uchlich ist und h\u00e4lt sie durch eine Kautschukmanschette fest, deren dichtes Schliefsen man durch \u00fcbergelegte Binder sichert. In dem Luftr\u00e4ume erzeugt man sodann durch Verbindung mit einem Druckgef\u00e4fs oder einfach durch Einpressen eine Drucksteigerung, deren Geschwindigkeit ebenso grois oder gr\u00f6fser gemacht worden kann, als in den Versuchen mit der Schwellenwaage. Auch hier tritt keine Tastempfindung durch den Druck ein, ausgenommen in der Gegend der Manschette, w\u00e4hrend das Einstr\u00f6men der Druckluft thermisch und in Folge 4er Bewegung der Haare auch tact.il gef\u00fchlt wird.\nAlle diese Versuche lassen erkennen, dafs der Satz von dem Wachsthum des Schwellendruckesmit der Fl\u00e4che, der oben f\u00fcr den Bereich einzelner Nervenenden erwiesen worden ist, auch f\u00fcr sehr gro\u00dffl\u00e4chige Reizung Geltung hat.\nEine Pr\u00fcfung des Satzes f\u00fcr sehr kleine Fl\u00e4chen, 1lm mm\u00ae und darunter, gestatten die Reizhaare. Es ist schon bei einer fr\u00fcheren Gelegenheit darauf hingewiesen worden (Unters. 224), dafs Reizhaare verschiedenen Querschnitts, welche auf der Haut gleiche (hydrostatische) Dr\u00fccke erzeugen, f\u00fcr einen gegebenen\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XX.\t\u00dc)","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nM. von Frey und F. Kiesow.\nTastpunkt nicht gleichwerthige Reize darstellen; das dickere Haar ist stets das wirksamere. An derselben Stelle ist ferner ein Versuch mitgetheilt (Unters. 229), aus welchem hervorgeht, dafs 3 Beizhaare von\nbezw. V60\u00bb 7*oo\u00bb nnd 7\u00a7oo nam\u00ae Querschnitt und\n0,9 1,6\t3,2 Atm. Druckwerth, f\u00fcr eine Anzahl\nausgew\u00e4hlter Tastpunkte gleichwerthige Schwellenreize darstellten. F\u00fcr Tastpunkte gr\u00f6fserer Empfindlichkeit, wie sie zu den Versuchen mit der Schwellenwaage gew\u00e4hlt wurden, findet man \u00fce nachfolgenden \u00e4quivalenten Druckwerthe\nFl\u00e4che\tDruckwerth\n0,05 mm1\t0,25 Atm.\n0,033\t0,31\n0,025\t0,36\n0,02\t0,40\n0,01\t0,66\n0,005\t0,80\n0,004:\t0,89\n0,003\t1,03\n0,002\t1,26\n0,001\t1,78\nDa die durch Reizhaare hervorgebrachten Deformationen fast momentan eintreten, sind die einwirkenden Druckgeschwindigkeiten reichlich so grofs wie in den obigen Versuchen mit der Schwellenwaage. Die hohen zur Reizung n\u00f6thigen Druckwerthe k\u00f6nnen somit unm\u00f6glich auf zu geringe Druckgeschwindigkeit bezogen werden. Vielmehr zeigt sich unzweifelhaft, dafs der f\u00fcr' die gr\u00f6fseren, oder kurz f\u00fcr die makroskopischen Fl\u00e4chen nach-gewiesene Satz, hier nicht mehr zutrifft. Die wahrscheinliche Ursache dieser Abweichung wird in dem folgenden Abschnitt er\u00f6rtert.\nZusammenfassung uni Discussion der Ergebnisse.\nDie Beobachtungen haben s\u00e4mmtlich ergeben, dafs die zun eben merklichen Erregung der Tastorgane n\u00f6thigen Dr\u00fccke eine Function der Reizfl\u00e4che sind. Die Form der Abh\u00e4ngigkeit wird\nersichtlich aus der Curve Fig. 2, deren Abscissen Fl\u00e4chen in mm\u00ae, deren Ordinaten Dr\u00fccke in 0,1 Atm. bedeuten. Die Curve-","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n147\nbesitzt zwei Aeete ; der linke Ast entsprechend den kleinsten oder mikroskopischen Fl\u00e4chen steigt sehr steil empor, der rechte, den\nmakroskopischen Fl\u00e4chen geh\u00f6rige, erhebt sich langsamer.\nFig, 2,\n*elgt die Abh\u00e4ngigkeit der zur eben merklichen Erregung eines Tastpunktes n\u00f6thigen Dr\u00fccke (der Schwellendr\u00fccke) von der Gr\u00f6fse der Reizfl\u00e4che.\nZwischen beiden besitzt die Curve ein Minimum, dessen Lage nicht genau bekannt, dessen Ordinaten aber jedenfalls kleiner sind als 0,5 mm2 und 0,036 Atm. Die Fortsetzung der Curve nach rechts ist ebenfalls wenigstens in Bezug auf den genaueren Verlauf unbekannt, wenn auch mit Sicherheit gesagt werden\n10*","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"1*8\nM. von Freg und F. S\u00fcsow.\nkann, dafs; sie noch weiter ansteigt, denn f\u00fcr Fl\u00e4chen von, ungef\u00e4hr 2000 mm2 liegt der Sch wellen werth h\u00f6her als 1 Atm., vielleicht sogar sehr hoch \u00fcber diesem, Werth\u00a9. Von dem, linken Aste der Curve sind ein\u00a9 gr\u00f6fsere Zahl von Punkten bekannt, welche sich s\u00e4mmtlich auf sehr kleine Fl\u00e4chen von ^to-Viooo mm* beziehen ; die zugeh\u00f6rigen Druckwerthe liegen aber so hoch, dafs sie zum gr\u00f6fsten Theil in der Curve nicht Platz finden konnten ohne der Figur eine ungeb\u00fchrliche Ausdehnung zu geben. F\u00fcr den vorliegenden Zweck ist die Kenntnifs des Verlaufs der Curve im Allgemeinen gen\u00fcgend.\nWie man sieht, k\u00f6nnte in der N\u00e4he des Minimums der Schwellendruck als nahezu constant,, d. h. als unabh\u00e4ngig von der Fl\u00e4che aufgefafst werden, die Erregung somit einfach als eine Function des Druckes oder des auf die Fl\u00e4cheneinheit wirkenden Gewichts. Sobald aber gr\u00f6fsere oder kleinere Fl\u00e4chen in Betracht kommen, ist die Abh\u00e4ngigkeit keine so einfache.\nFafst man f\u00fcr\u2019s erste nur den, rechten Ast der Curve ins Auge, so lehrt er, dafs ein gegebener Druck um so mehr an Wirksamkeit einb\u00fcfst, je gr\u00f6fser die Fl\u00e4che ist, auf die er wirkt. Da die gemessenen Werthe sich auf Reizung einzelnerEnd-organe beziehen, welche so genau wie m\u00f6glich unter dem Mittelpunkt der jeweiligen Reizfl\u00e4che liegen, so sollte anscheinend ihre Gr\u00f6fse belanglos sein. Die eigentliche Angriffsfl\u00e4che des Reizes bleibt constant gleich der Projection des Tastk\u00f6rperchens auf die Oberfl\u00e4che der Haut (ungef\u00e4hr 0,001\u20140,002 mm2). Die Thatsache, dafs trotz Constanz der physiologischen Reizfl\u00e4che und trotz stete gleicher Druckgeschwindigkeit die Erregung bei verschiedenen Druckwerthen eintritt, ist nur zu verstehen, wenn man die Wirkung der Deformation nicht nur f\u00fcr die Oberfl\u00e4che sondern auch f\u00fcr die tieferen Schichten der Haut in Betracht zieht.\nDie Struetur der Haut, soweit sie hier interessirt, ist auch in dem aus ihr hergestellten ' technischen Product, dem Leder, im Wesentlichen noch erhalten. Es handelt sich um \u00a9in, dichtes Gewirre von Fasern, die so fest mit einander verbunden sind, djafs f\u00fcr die in Betracht kommenden .Kr\u00e4fte eine Trennung des Zusammenhanges ausgeschlossen ist. Dasselbe gilt in gleichem, ja noch h\u00f6herem Maafse von der Epidermis, deren Zellen durch d|e Intercellularbr\u00fccken auf das Innigste Zusammenh\u00e4ngen. Zwischen sowie in den Zellen und Fasern befindet sich reichlich","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"(Jeher die Function der Tastk\u00f6rperchen.\tJ 49\nWasser, welches in der lebenden Haut etwa 75 % der Masse au6-macht.1 Eine mechanisch\u00a9 Verdr\u00e4ngung desselben ist im Allgemeinen m\u00f6glich, doch stehen dem sehr bedeutende osmotische und Reibungswiderst\u00e4nde entgegen, so dafs f\u00fcr schwache und namentlich kurzdauernde Deformationen die Verschiebung der Fl\u00fcssigkeit vernachl\u00e4ssigt werden kann. Unter dieser Voraussetzung l\u00e4fst sich der Haut die Eigenschaft vollkommener Elasticity zuerkennen. Die gesetzten Deformationen werden \u00c4ende-rungen hervorrufen einerseits in der Spannung der in allen m\u00f6glichen Richtungen ziehenden Fasern, andererseits in dem hydrostatischen Druck der eingeschlossenen Fl\u00fcssigkeit\nIst nun wie eingangs gezeigt wurde, der mechanische Eingriff auf die Haut nicht die unmittelbare Ursache der Nervenerregung, so k\u00f6nnen es auch die durch ihn hervorgerufene\u00fc Spannungen nicht sein. Bleibt in Folge eines st\u00e4rkeren Eingriffs eine r\u00fcckst\u00e4ndige Deformation, ein sog. Druckbild, auf der Haut, so ist dasselbe als eine neue Gleichgewichtslage aufzufassen. Die anfangs gesetzten Spannungen sind unter Verdr\u00e4ngung von Gewebsfl\u00fcssigkeit ganz oder bis auf einen kleinen Rest verschwunden; die \u00fcbrig bleibenden haben z, Th. entgegengesetztes Zeichen, weil die schwer deformirbare Epidermis die R\u00fcckkehr in ihre normale Lag\u00a9 st\u00e4rker als die Cutis anstrebt. Die Empfindung des Druckes bleibt aber unge\u00e4ndert bestehen und erlischt nur ganz allm\u00e4hlich (Unters. 184, Kiesow 437).\nDiese Erfahrungen sowie weitere sogleich zu erw\u00e4hnende sprechen zu Gunsten der schon anderen Orts ausgesprochenen Annahme, dafs in der Fl\u00fcssigkeitsverdr\u00e4ngung im Innern der Haut bezw. des Tastk\u00f6rperchens die unmittelbare Veranlassung zur1 Erregung zu erblicken sei.2 Die Voraussetzung f\u00fcr \u00a9ine\n1\t72% in der Leichenhaut; vgl. Volkmann, Leipziger Ber, 1874, 228 u.\nViebokdt, Tabellen, Jena 1823.\n2\tUnters. 269. Der dort ausgesprochenen Annahme, dafs die Wasserverdr\u00e4ngung zur Concentrationserh\u00f6hung und dadurch zur Nervenerregung f\u00fchre, ist der Einwand gemacht worden (Litter. Centralbl., 24. April 1897), dafs damit die weitgehend\u00a9 Empfindlichkeit der Haut gegen intermittirende Reize nicht vereinbar erscheint. Die Frage ist nur: Wie lang ist der Weg de\u00ae, die Fl\u00fcssigkeit zur\u00fcckzulegen hat? Ist derselbe von mikroskopischer .Kleinheit \u2014 und nichts hindert dies anzunehmen \u2014 so kann St\u00f6rung und Wiederherstellung des Gleichgewichts sehr rasch auf einander folgen. Auch bei. der Mnskelcontraction findet Wasserverschiebung aus der isotropen In die anisotrop\u00a9 Substanz statt (vgl. Engblmann, Arch. f. d. ges. Physiol. 7,166t","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\ni\u00a3. von Frey und F. Kiesow.\nsolche Verschiebung ist aber immer das Auftreten von Druckdifferenzen, das Vorhandensein eines Druckgef\u00e4lles. Bezeichnet man mit r den Abstand des betrachteten Punktes von der Hautoberfl\u00e4che, mit p den daselbst herrschenden Druck, so ist dpjdr\n\u2022\tdie Aenderung des Druckes von Punkt zu Punkt oder das Druckgef\u00e4lle. Setzt man ein Gewicht auf die Haut, so ist der Druck .am gr\u00f6fsten in der Ber\u00fchrungsfl\u00e4che und nimmt von dort nach der Tiefe zu ab, das Druckgef\u00e4lle ist negativ; positiv dagegen wenn Zugwirkungen auf die Haut stattfinden. Bei gleichem oberfl\u00e4chlichen Druck ist das Druckgef\u00e4lle abh\u00e4ngig von der Gr\u00f6fse der Ber\u00fchrungs- oder Deformationsfl\u00e4che. Dies ist zu erwarten auf Grund von theoretischen Betrachtungen und hat sich unmittelbar beobachten lassen in Versuchen, 'die der eine von uns an Gelatineplatten angestellt hat f\u00fcnters. 225\u201427). Grofs\u00a9 Fl\u00e4chen erzeugen ein weniger steiles Druckgef\u00e4lle unter flieh als kleine. F\u00fcr Reizfl\u00e4chen, deren Durchmesser gegen die Dicke der deformirten Platte nicht in Betracht kommt, ergiebt sich das erw\u00e4hnte Verhalten schon aus der geometrischen Aehnliehkeit der Bedingungen. In noch rascherer Folge wird ;das Druckgef\u00e4lle mit dem Wachsthum der deformirenden Fl\u00e4che \u2022abnehmen, wenn ihr Durchmesser gleich oder gr\u00f6fser wird als die Dicke der elastischen Platte. Im Grenzfalle, d. h. bei, im Verh\u00e4ltnis zur Plattendicke sehr grofser deformirender Fliehe wird das Druckgef\u00e4lle unter ihr geradezu gleich Null.\nDiesem Verhalten des Druckgef\u00e4lles unter den genannten Umst\u00e4nden entspricht nun in auff\u00e4lliger Weise die resultirende Erregungsst\u00e4rke (vgl Fig. 2). W\u00e4hlt man z. B. einen Druck von\n\u2022\tVis Atm., so ist derselbe bei sehr grofser Reizfl\u00e4che, also verschwindendem Druckgef\u00e4lle, ohne Effect, eben wirksam bei 2 mm1 und gleich der doppelten St\u00e4rke des Schwellenreizes bei 0,5 mm* Reizfl\u00e4che, d. h. bei dem st\u00e4rksten Druckgef\u00e4lle. Es ist daher der Schlufs gerechtfertigt, dafs die Erregung des Tastorgans eineFunction des an seinemOrte herrschenden Druckgef\u00e4lles ist.\n\u202218, 1, 28, 571) und in umgekehrter Richtung bei der Erschlaffung ; dennoch l\u00e4uft der Procefs in der k\u00fcrzesten Zeit ab und kann sich, vielmal in der Seconde wiederholen. Die feinere Structur der Tastk\u00f6rperchen und verwandter Organe ist noch viel zu wenig bekannt, um die obige Annahme flis unm\u00f6glich oder auch nur als unwahrscheinlich hinzustellen.\t. .","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Ftmc\u00fcm der Tastk\u00f6rperchen.\n161\nScheinbar in Widerspruch mit dieser Folgerung steht der linke Ast der Curve, welcher sich auf die mikroskopischen Heizfl\u00e4chen bezieht. Es versteht sich, dais die Zunahme des Druckgef\u00e4lles in Folge Verkleinerung der Deformationsfl\u00e4che ganz allgemein, also auch f\u00fcr diese kleinsten Fl\u00e4chen gilt Geht man von einem constanten oberfl\u00e4chlichen Druck aus, so mufs das experimentell nachgewiesene, st\u00e4rkere Druckgef\u00e4lle der Meinen Fl\u00e4chen dazu f\u00fchren, dafs schon in geringerer Entfernung von der Oberfl\u00e4che der Druck nahezu auf den Werth Null herabsinkt, womit dann nat\u00fcrlich auch jede Wirkung auf das Tastorgan aufh\u00f6rt. Kleine Fl\u00e4chen m\u00fcssen demnach \u25a0nicht nur ein steileres Gef\u00e4lle, sondern auch eine raschere Aenderung des Gef\u00e4llswerthes von Ort zu Ort herbeif\u00fchren. Der zur Erregung eben noch gen\u00fcgende Gef\u00e4llswerth r\u00fcckt mit Verkleinerung der deformirenden Fl\u00e4che immer n\u00e4her an die Oberfl\u00e4che heran, er wird schliefslich zwischen Tastk\u00f6rperchen und Oberfl\u00e4che zu liegen kommen und damit die Wirksamkeit des Reizes erl\u00f6schen. Man ist dann gen\u00f6thigt, den oberfl\u00e4chlichen Druck zu verst\u00e4rken, um dem Reiz wieder zur Wirksamkeit zu verhelfen. Da die Tastk\u00f6rperchen, wie bekannt nicht in der Oberfl\u00e4che, sondern in merklichem Abstande von ihr hegen, so l\u00e4fst sich mit Bestimmtheit sagen, dafs dieser Fall eintreten mufs; sein Eintritt wird abhingen von der Art, wie je nach Gr\u00f6fse der Reizfl\u00e4che die Werth\u00a9 des Gef\u00e4lles von Ort zu Ort sich gestalten, von dem f\u00fcr den betrachteten Tastpunkt n\u00f6thigen Schwellenwerth des Gef\u00e4lles und endlich von dem Abstand des K\u00f6rperchens von der Oberfl\u00e4che. Da \u00fcber die ersten beiden Bedingungen gar keine Angaben gemacht werden k\u00f6nnen, \u00fcber die dritte aber nur ungef\u00e4hre, so ist begreiflich, dafs eine Vorhersage ausgeschlossen ist.\nDer linke Ast der Curve l\u00e4fst nun erkennen, bei welchen Fl\u00e4chengr\u00f6fsen sich der genannte Umstand bemerklich macht und welch\u00a9 Dr\u00fccke angewendet werden m\u00fcssen, um die fehlende Reiz Wirkung herzustellen. Sie lehrt, dafs schon sehr bald unter 0,5 mm2, etwa bei 0,8 mm* die Ann\u00e4herung der wirksamen Ge-f\u00e4llswerthe an die Reizfl\u00e4che f\u00fchlbar zu werden beginnt W\u00e4hrend aber hier eine unbedeutende Drucksteigerang gen\u00fcgt, um den Schwellenwerth wieder zu erreichen, m\u00fcssen bei weiterer Verideinerung der Fl\u00e4che die aufzuwendenden Dr\u00fccke sehr rasch wachsen, wenn Erregung erfolgen soll. Der linke Curvenast giebt","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nM. von Frey und F. Kiesow\nalso mittelbar eine Vorstellung von der Schnelligkeit mit der bei abnehmender Reizfl\u00e4che der eben wirksame Gef&llswerth\ngegen die Oberfl\u00e4che emporr\u00fcckt\nDie Entfernung der Nervenenden von der Oberfl\u00e4che ist f\u00fcr die in den mitgetheilten Versuchen ben\u00fctzten Tastpunkte nicht bekannt; sie kann aber jedenfalls nicht kleiner sein als die Dicke der Epidermis an der fraglichen Stelle, f\u00fcr welche Drosdoff1 den Werth von 0,1 mm angiebt Auf ein in diesem (oder etwas gr\u00f6fserem) Abstand befindliches Tastk\u00f6rperchen wirkt erregend :\ndie Reizfl\u00e4che\n0,48 mm* 0,05 \u201e 0,003 \u201e\n(Durchmesser)\n0,78 mm 0,25\t\u201e\n0,06 \u201e\nbei einem oberfl\u00e4chlichen\nDruck von\n0,036 Atm.\n0,26 \u201e\n1,00 \u201e\nVon Interesse ist Mer, dais bei einem Durchmesser der Reizfl\u00e4che gleich der 2,5 fachen Entfernung des Tastk\u00f6rperchens von der Oberfl\u00e4che der Druck schon auf das 7 fache, bei einem Durchmesser gleich der halben Entfernung auf das 28 fache des minimalen Werthes gesteigert werden mufs. Dies zeigt, in wie geringer Entfernung von der Deformationsstelle (bei so kleinen Fl\u00e4chen!) das Druckgef\u00e4lle bereits auf einen unmerklichen Werth herabgesunken ist Ohne Zweifel verdankt man nur diesem Umstande die M\u00f6glichkeit einzelne Endorgane des Tastsinns isolirt zu reizen, Bewegt man z. B. einen Haarschaft, so wird die Cutis in der Umgebung des Haarbalges deformirt, es entsteht ein Druckgef\u00e4lle, welches hinreicht, den die Wurzelscheide umspinnenden Nerven zu erregen. Da aber die deformirte Fl\u00e4che klein und die aufzuwendende Kraft auch nur gering sein kann, so ist f\u00fcr die benachbarten Haarb\u00e4lge das Druckgef\u00e4lle schon ganz unmerklich und die Reizung bleibt auf das eine Haar beschr\u00e4nkt, So erkl\u00e4rt sich, dafs selbst an dicht behaarten Stellen jedes Haar einzeln gereizt werden kann. Dasselbe gilt f\u00fcr die Tastk\u00f6rperchen, wenn man sich die mitgetheilten Erfahrungen zu Nutze macht.\nDie Versuchsergebnisse mit mikroskopisch\nkleinen Reizfl\u00e4chen, welche durch, den linken Ast der Curve Figur 2 dargestellt sind, stehen demnach bei genauerer Analyse nicht im Widerspruch mit dem Satze von der\n1 Archives de Physiologie 1879, citirt nach v. Br\u00fcnn, Haut, Jena 1897, 8.17.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n153\nerregenden Wirkling des Druckgef\u00e4lles, sie bilden vielmehr eine Best\u00e4tigung desselben, so dafs dieser Satz f\u00fcr alle Fl\u00e4chengr\u00f6fsen als g\u00fcltig angesehen werden kann,\nBisher war nur von solchen Einwirkungen auf die Haut die Rede, durch welche sog. Druckreize, oder im Sinne der gepflogenen Er\u00f6rterungen negative Druckgef\u00e4lle erzeugt werden. Klebt man die Reizfl\u00e4chen auf der Haut fest und \u00fcbt auf sie einen Eu g aus, so entsteht in der Haut ein positives Druckgef\u00e4lle. Die begleitende Empfindung zeigt sich nicht nur in gleicher Weise wie bei Druckreizen abh\u00e4ngig von Geschwindigkeit und Ausdehnung der Deformation, sondern die Empfindung tritt auch bei merklich derselben Reizst\u00e4rke auf und ist ihrem Charakter nach von einer Druckempfindung nicht zu unterscheiden, vorausgesetzt, dafs nur einer oder einige wenige Sinnespunkte getroffen werden.1 Daraus ist zu schliefsen, dafs f\u00fcr die Erregung eines Tastk\u00f6rperchens lediglich die Gr\u00f6fse, nicht die Richtung des Druckgef\u00e4lles maafsgebend ist. Da hier die Vertheilung der Spannungen eine ganz andere, ja z. Th. der bei Druckreizen entgegengesetzt ist, so geben diese Versuche eine weitere St\u00fctze f\u00fcr die Ansicht, dafs nicht die Spannungen als solche, sondern nur die mit ihnen einhergehenden Druckdifferenzen und Fl\u00fcssigkeitsverschiebungen in der Haut die Ursache der Erregung sind.\nDie Versuchsergebnisse lassen sich zusammenfassen in dem Satze: Unter Voraussetzung constanter Druckgeschwindigkeit sind f\u00fcr ein gegebenes Tastk\u00f6rperchen solche Reize gleichwerthig, welche an seinem Orte ein gleich grofses positives oder negatives Druckgef\u00e4lle hervorbringen.\nDie durch Figur 2 dargestellten Versuchsergebnisse lassen auch erkennen, warum die Bem\u00fchungen von Aubert u. Rammler 2, Bloch3, Griffing4 u. A. \u201edie Feinheit\u201c des Druck- oder Tastsinns zu messen, ohne Erfolg geblieben sind. Die von den\n1 v. Frey, Ber. d. Kgl. Stichs. Ges. d. Wm. 1897, S. 462. \u2014 G. P. Clark, American Journal of Physiology 1, 346, 1898.\nf 1. c. 8. o. 8.126.\n8 Archives de physiol 1891, 322.\n4 Psychol Review, February 1895.","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"m\nM. von Frey und F. Kimm.\nAutoren angegebenen Schwellenwerthe sind, soweit die Methoden\n\u00fcberhaupt Anspruch auf Zuverl\u00e4ssigkeit machen k\u00f6nnen, untereinander nicht vergleichbar, weil die Belastungsgeschwindigkeiten, die Gr\u00f6fse der Reizfl\u00e4chen und 'ihre Lage zu den Sinnespunkten entweder verschieden oder \u00fcberhaupt nicht bekannt sind. Aber selbst wenn die verschiedenen Angaben mit einander vergleichbar w\u00e4ren, so w\u00fcrde es doch an einem Maafsstab fehlen, durch den der Erfolg von Tastreizen eindeutig bestimmbar w\u00e4re. Eine Messung in Kr\u00e4ften oder Gewichten, ohne R\u00fccksicht auf die deformirte Fl\u00e4che, ist von vornherein aussichtslos. Ebensowenig kann der Druck, das auf die Fl\u00e4cheneinheit wirkende Gewicht, als Maafs dienen. Er ist, wie Figur 2 zeigt, selbst wieder eine Funktion der Fl\u00e4che und verliert bei sehr kleinen wie bei sehr grofsen Fl\u00e4chen seine Wirksamkeit.\nIst f\u00fcr eine constante Druckgeschwindigkeit Sorge getragen, so h\u00e4ngt die Wirksamkeit des mechanischen Eingriffs nur noch ab von seiner F\u00e4higkeit, am Orte des zu reizenden Nervenendes ein Druckgef\u00e4lle gen\u00fcgender St\u00e4rke hervorzurufen. Reize, welche\ndiese F\u00e4higkeit besitzen, sind f\u00fcr das betrachtete Endorgan zureichend oder ad\u00e4quat, alle anderen nicht, m\u00f6gen sie was immer f\u00fcr Reizfl\u00e4chen, Kr\u00e4fte oder Dr\u00fccke repr\u00e4sentiren. Folgerichtig sollten daher die Tastreize gemessen werden durch das von ihnen am kritischen Orte erzeugte Druckgef\u00e4lle. Wie 'dies geschehen soll, ist freilich nicht abzusehen. Das Druckgef\u00e4lle im Innern der Haut h\u00e4ngt in so verwackelter Weise ab von dem deformirenden Gewicht, der getroffenen Fl\u00e4che, der Gestalt der Oberfl\u00e4che, von der Dicke und Beschaffenheit der Haut, sowie der unterliegenden Gewebe, dafs eine Vorhersage \u00fcber dasselbe ebenso unm\u00f6glich erscheint, wie eine experimentelle Ermittelung. Dazu kommt noch, dafs eine gegebene Deformation einen ganz verschiedenen Reizwerth besitzt, je nachdem, das erregbare Tastorgan in der Tiefe der Haut oder nahe der Oberfl\u00e4che, inmitten der deformirten Fl\u00e4che oder am Rande derselben gelegen ist\nWie man sieht, mufs auf eine allgemein g\u00fcltig\u00a9 Aichung von Tastreizen verzichtet werden. Damit ist aber nicht gesagt dafs sie nicht innerhalb gewisser Grenzen m\u00f6glich ist. Zu diesen Grenzen geh\u00f6rt die Beschr\u00e4nkung der Reizung auf einzelne Nervenenden ; denn bei gr\u00f6fseren Fl\u00e4chen h\u00e4ngt die Wirkung in ganz unberechenbarer Weise von der Zahl und Erregbarkeit der","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n155\ngetroffenen Nervenenden, von ihrer Lage innerhalb oder am Rande der deformirten Fl\u00e4che ab.\nAber selbst bei Reizung einzelner Nervenenden, welche nach den mitgetheilten Versuchen unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden mit Fl\u00e4chen von 2 mm2 und darunter m\u00f6glich erscheint, ist wie ein Blick auf die Curve Fig. 2 zeigt, an ein einheitliches Maafs f\u00fcr den Reizwerth noch nicht zu denken. Man kann nichts anderes thun, als empirisch ermitteln, welche Maafseinheit, welches Verh\u00e4ltnis ganzer oder gebrochener Potenzen von Gewicht und Fl\u00e4che f\u00fcr eine gewisse Gr\u00f6fsenordnung von Reizfl\u00e4chen am zweckm\u00e4fsigsten ist. In diesem Sinne hat der eine von uns f\u00fcr mikroskopische Fl\u00e4chen von 1jb00 Ws 1/20 mm2 die Aichung in Spannungeinheiten (== 1 gr/mm) in Vorschlag gebracht (Unters 228), welche Wahl sich in den vielfachen Versuchen mit Reizhaaren in der That als brauchbar erwiesen hat Es hat defshalb auch die Aichung des Haar\u00e4sthesiometers nach dieser Einheit zu geschehen, sofern er zu Schwellenbestimmungen im Gebiete des Tastsinns benutzt wird.\nAbh\u00e4ngigkeit des Reizerfolges von der Zeit.\nIn den bisherigen Er\u00f6rterungen ist die zeitliche Entwickelung des erregenden Druckgef\u00e4lles aufser Acht gelassen worden; der Einflufs dieser Variablen war eliminirt durch Einhaltung einer stets gleichen Druckgeschwindigkeit. Wird diese Beschr\u00e4nkung fallen gelassen, so zeigt sich der Reizerfolg in der mehrfach er-\u201cw\u00e4hnten Weise von der Zeit abh\u00e4ngig. Di\u00a9 Frage ob und wie stork ein gegebenes Tastk\u00f6rperchen von einer Deformation erregt werden kann, wird von 2 Gr\u00f6fsen bestimmt, erstens von dem Wer the des Druckgef\u00e4lles an dem Orte des K\u00f6rperchens, und zweitens von der Schnelligkeit mit der das Druckgef\u00e4lle zeitlich entsteht. Keine dieser beiden Gr\u00f6fsen ist f\u00fcr sich allein gen\u00fcgend den Reizerfolg zu bestimmen, aber alle anderen Versuchsbedingungen lassen sich auf diese beiden zur\u00fcckf\u00fchren. Wie man sieht, spielen die beiden Gr\u00f6fsen als Erregungsbedingungen dieselbe Rolle, wie die Stromst\u00e4rke (bezw. Dichte) und ihre zeitliche Entwicklung bei der elektrischen Reizung. Setzt man statt der Stromst\u00e4rke die St\u00e4rke des Druckgef\u00e4lles dpdr in die Gleichung der Differen-","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"158\nM. von Frey und F. Kiemw,\ntialerregung ein, so w\u00fcrde dieselbe nach. E. du Bois-Reymoxd1 lauten\nLegt man das Erregungsgesetz von Hoobweg 2 zu Grande, so erh\u00e4lt man f\u00fcr die Differentialerregung den Werth\n\u00a3\nworin a0 die Anfangserregbarkeit, \u00df den sogen. Extinctions-coefficienten der Erregung und e die Basis der nat\u00fcrlichen Logarithmen bedeutet.\nDie Erfahrungen im Gebiete des Tastsinns lassen keinen Zweifel, dafs beide Gesetze, so scharfsinnig sie auch aufgestellt und begr\u00fcndet worden sind, gegen\u00fcber der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen nicht ausreichen. Dies von dem Gesetze du Bois-Reymoxd\u2019s zu erwarten w\u00fcrde ungerecht sein, da es ja \u00fcber die Form der Function F keine Aussage macht. In welcher Richtung das Gesetz von Hoobweg in seiner Anwendung auf Tastreize eine Erg\u00e4nzung erfahren m\u00fcfste, m\u00f6ge durch die nachfolgenden Bemerkungen angedeutet sein.\nDie Erregung der Tastnerven ist im Allgemeinen eine tetanische. Nur auf Grund dieser Eigenschaft ist es m\u00f6glich andauernde Deformationen der Haut als solche zu erkennen. Die Erregung durch constante Deformationen ist aber keine eontinuirliche, sondern sie zerf\u00e4llt in eine Reihe von Erregungs-st\u00f6fsen, welche am leichtesten bei starker Reizung einzelner Sinnespunkte wahrgenommen werden kann. Das gleiche gilt f\u00fcr die Erregung der Punkte mit dem constanten elektrischen Strom. Die Amplitude der Erregungsst\u00f6fse wird rasch kleiner und nach einer bestimmten Zeit, deren Dauer von der Reizst\u00e4rke abh\u00e4ngi verschwindet die Erregung. Bei den schw\u00e4chsten, den schwellen-m\u00e4fsigen Reizen, entsteht \u00fcberhaupt nur ein Erregungsstofs bezw. die ihr correspondirende sogen. Ber\u00fchrungsemplindung. Alle diese Vorg\u00e4nge haben mit der \u201eSteilheit4,4 des Reizes direct nichts zu\n1 Unters, \u00fcb. th\u00eeer. Klektr. I, 8. 288.\n* ArcK /*. d. ge*. Physiol. 52, 87; 5$, 587 ; 57, 427; 74, 1. \u2014 Deutsch. Arch, f : Min. Med. 51, 191 ; 52, 541. \u2014 Archive* de physiol. 1898, 269.","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n157\nthun. Sie sind Erscheinungen, des Abklingens des Erregungsvorganges innerhalb des erregbaren Gebildes sowie der ihm innewohnenden Automatic. Wird die Deformation nur ganz allm\u00e4hlich gesteigert, so kann sie f\u00fcr die erste Zeit der Wirkung eines sehr schwachen constanten Reizes gleichgesetzt werden. Die minimale, eventuell unter der Schwell\u00a9 des Bewufstsems bleibende Erregung klingt rasch ab und die weitere Zunahme der Deformation bleibt ohne Erfolg. Auf diese Weise ist ein Umschleichen in starke Deformationen m\u00f6glich. F\u00fcr den Erregungseffect im. Ganzen oder f\u00fcr die Integralerregung ist daher 'die zeitliche Entwicklung der Reizst\u00e4rke wohl von Belang, w\u00e4hrend \u25a0di\u00a9 Elementar- oder Differentialerregung anscheinend nur von der augenblicklichen Reizst\u00e4rke abh\u00e4ngt.\nWie man sieht ist mit diesen Erscheinungen das Gesetz von b\u00fc Boib-Reymond nicht im Einklang, das Gesetz von Hoorweg nur insoweit, als es sich um Schwellenreize handelt. Allerdings sieht dasselbe bei Sterken Reizen ein\u00a9 l\u00e4ngere Dauer und gr\u00f6fsere Amplitude der Erregung vor, aber nicht eine Anzahl von Eiregungsst\u00f6fsen. Es darf hier wohl erw\u00e4hnt werden, dafs die beschriebene Reaction auf Dauerreize nicht den Tastnerven allein eigenth\u00fcmlich ist, sondern durch vielfache Beispiele aus der Muskel- und Nervenphysiologie belegt werden k\u00f6nnte.\nEine weitere Schwierigkeit f\u00fcr das Gesetz von du Bois-R. bildet das Verhalten der beiden in der Haut vorhandenen mechanisch erregbaren Nervenarten, der \u2022 Tast- und Schmerz-nerven. Von letzteren ist bekannt, dafs sie von constanten Deformationen geringer St\u00e4rke nach einer Latenz von vielen Secunden \u25a0erregt werden k\u00f6nnen, worauf die Erregung langsam abklingt. Nach dem Gesetze von Hookweg w\u00fcrde die tr\u00e4ge Reaction der Schmerznerven ihren Ausdruck finden durch kleine Werthe der Coefficienten und \u00df, w\u00e4hrend dieselben f\u00fcr die Tastnerven grofs sein m\u00fcfsten. Auf \u00e4hnliche Unterschiede im Verhalten verschiedener Nerven gegen den elektrischen Strom hat Hoorweg selbst bereits aufmerksam gemacht.1 Die Unterschiede der Nerven in. ihrer Reaction auf denselben, Reiz w\u00e4ren dadurch einer quantitativen Bestimmung zug\u00e4nglich. Nach der von du Bois-Rbymomb aufgestellten Formulirung m\u00fcfste man dagegen annehmen, dafs f\u00fcr die Schmerznerven die Erregung \u00fcberhaupt\n1 Arch. f. d. ges. Phys. ;V2, 107\u00bb","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\n.\u00a5, von Frey und F. Kietow.\nnur von dem absoluten Warth der Reizst\u00e4rke abh\u00e4ngig ist, was mit anderen Erfahrungen in Widerspruch steht\nVon sehr grofeer Bedeutung f\u00fcr die Theorie der Erregung ist bekanntlich die Frage der Oeffnungszuckung. In Analogie\nmit den Intensit\u00e4tsschwankungen elektrischer Str\u00f6me kann mm auch von Schliessung und Oeffnuug constanter Deformationen sprechen. Die Wirkung der Schliefsung ist eben er\u00f6rtert worden*, 'Bez\u00fcglich der Oeffnuug, gew\u00f6hnlich als Entlastung bezeichnet, ist schon fr\u00fcher (Unters. 186) zwischen 2 F\u00e4llen unterschieden worden.\nIn dem einen Falle handelt es sich um Druckempfindungen, welche w\u00e4hrend der ganzen Dauer der Belastung anhalten, und\n'bei der Entfernung der Last entweder verschwinden (kurze Belastungen) oder sich in. die Empfindung des .Druckbildes fortsetzen ; eine Abnahme der Empfindungsst\u00e4rke kann damit einhergehen oder auch fehlem Erfolgt die Abnahme zu einem kleineren Werthe oder zu Null, so hat man es 'mit einer Entlastung1!-empfindung sensu stricto zu thun.\nZu dem anderen Falle geh\u00f6ren alle Dmekempfindungen, welche trotz andauernder Belastung verschwinden (abklingen). Wird jetzt die Belastung entfernt, so kann es zu einer Empfindung kommen; dieselbe hat aber einen ganz anderen Charakter als die eben beschriebene Entlastungsempfindung. Der \u00fcber den Vorgang nicht unterrichtete Reagent beschreibt sie als Ber\u00fchrung, Stofe, Ersch\u00fctterung oder einfach als Druck, kurz, als eine .Empfindung, welche mit der Schlie&ungserregung identisch, aber schw\u00e4cher ist Nur diese Erregung kann mit der Oefftmngs-zuckung des Nervmuskelpr\u00e4parates in Parallele gestellt werden und soll daher auch Oeffnungserregung heifeen. Die Bezeichnung Entlastungsempfindung wird zur Vermeidung von Mifeverst\u00e4ndnissen besser nicht auf sie an,gewendet\nEs ist schon bei einer fr\u00fcheren Gelegenheit (Unters. 185) auf 'die M\u00f6glichkeit ja Wahrscheinlichkeit hingewiesen worden, dafe die Oeffnungserregung auf Versuchsfehlem beruhe, hervorgerufen durch die Ersch\u00fctterungen des Apparates, welche bei der Entlastung leicht eintreten. Eine gelegentliche Wiederholung der Versuche mit einem Belastungshebel, bei dessen Construction auf Schutz gegen Ersch\u00fctterung, Durchbiegung oder seitliche Schwankungen m\u00f6glichst Bedacht genommen, war, hat zun\u00e4chst ergeben, dafe die Oeffnungserregung recht schwach wird und","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"lieber Me Fwution dar Tcuik&rptrckcn.\n159\nselbst fehlen kann bei sehr rascher Oeffnung von Deformationen, welche ziemlich hoch \u00fcber der Schwelle liegen. Die Versuche haben aber zugleich eine weitere eventuelle Ursache f\u00fcr das Auftreten der Oeffnungserregung kennen gelehrt, n\u00e4mlich das elastische Zur\u00fccksprmgen der Haut in ihre normale Form, nicht nur an der von dem Reiz direct getroffenen Stelle, sondern auch in weiterem Umkreis. Wer Gelegenheit gehabt hat an\u00e4sthetische Hautbezirke zu. untersuchen, wird wissen, wie schwer es h\u00e4lt, ohne besondere H\u00fclfsmittel zur Abstufung der Reizst\u00e4rke die Grenzen des Bezirkes scharf zu bestimmen. Es liegt das daran, dafg Deformationen innerhalb der an\u00e4sthetischen Zone, ohne dafs der Untersucher es gewahr wird, auf die gesunde Haut \u00fcbergreifen und dort gef\u00fchlt werden. Das Gleiche trifft wie gesagt zu f\u00fcr viele F\u00e4lle von Oeffnungserregung.\nIst diese Auffassung richtig, so mufs sich die Oeffnungs-erregung dadurch vermeiden lassen, dafs man die Reizung auf ein. einzelnes g\u00fcnstig liegendes Tastk\u00f6rperchen richtet und. die Reizfl\u00e4che so klein w\u00e4hlt, dafs selbst bei. starken Reizen die umhegenden Tastk\u00f6rperchen in di\u00a9 Deformation nicht hineingezogen, oder doch durch sie nicht erregt werden.\nVersuche in dieser Richtung haben in der That ergeben, dafs unter derartiger strenger Localisation der Reizung die Oeffnungserregung ausbleibt, selbst wenn man mit der Reizst\u00e4rke bis an die Schmerzgrenze emporgehl\nNach diesen Erfahrungen mufs es als wahrscheinlich bezeichnet werden, dafs \u00a9ine wirkliche Oeffnungserregung im Sinne des Gesetzes von du Bois-Reymond bei Deformationsreizen nicht existirt. Bekanntlich ist auch v. Uexk\u00fcdl1 bei seinen Versuchen an motorischen Froschnerven, zu der Ansicht gef\u00fchrt worden, dafs die Entlastung nicht unmittelbar, sondern so zu sagen auf einem Umwege erregend wirkt, was in ihrer l\u00e4ngeren Latenzzeit zum Ausdruck kommt\nZum. Schl\u00fcsse sei erw\u00e4hnt, dafs zwischen der Empfindlichkeit der Haut und zahlreicher Pflanzen gegen mechanische Einwirkungen, eine weitgehend\u00a9 Analogie vorhanden ist, auf welche \u00fcbrigens bereits Pfeffer 8 aufmerksam gemacht hat. Die Botaniker unterscheiden eine Empfindlichkeit gegen Stofsreiz\u00a9 und\n1 2jeitschr. f, Biologie 31, 165; 32, 488.\na Unters, a. d, bot. Institut T\u00fcbingen, Leipzig 1881\u20141885, S. 508.","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nM. von Frey und F. Kiesow.\neine Empfindlichkeit gegen Contactreize. Pflanzen, welche gegen Stofsreize empfindlich sind (das bekannteste Beispiel derselben ist Mimosa) reagiren schon auf einen einzigen Anstofs mit der wollen Bewegungsamplitude, worauf eine l\u00e4ngere refract\u00e4re Periode, d. h. eine Periode aufgehobener oder verminderter Erregbarkeit folgt, w\u00e4hrend welcher die Pflanze in ihre Ausgangsstellung zur\u00fcckkehrt Diese Pflanzen zeigen also ein Verhalten wie der Herzmuskel. Bei Pflanzen, welche gegen Contactreize empfindlich sind (die Hauptrepr\u00e4sententen dieser Gruppe sind die Banken der Kletterpflanzen) giebt der einzelne Anstofs nur einen geringf\u00fcgigen Erfolg, w\u00e4hrend oft wiederholte Reizungen zu sehr ausgiebigen und langanhaltenden Form\u00e4nderungen f\u00fchren. Eine refract\u00e4re Periode ist kaum nachweisbar. Dieses Verhalten entspricht dem Skelettmuskel des Thieres. Viel weniger genau als die Unterschiede in der Reaction sind die Unterschiede der Erregbarkeit bekannt; es existiren dar\u00fcber fast nur qualitative Versuche. Indessen ist festgestellt, dafs Mimosa und ihre Gef\u00e4hrten durch Ersch\u00fctterungen der ganzen Pflanze, durch Schl\u00e4ge mit einem Gelatinestab, durch den Stofs eines Wasser- oder Quecksilberstrahles erregt werden, die Ranken jedoch nicht. Letztere zeigen sich gegen den Fl\u00fcssigkeitsstrahl erst empfindlich, wenn ihm feste Theilchen z. B. aufgeschl\u00e4mmter Thon beigemischt sind. Es m\u00fcssen, wie Pfeffer sich ausdr\u00fcckt \u201ediscrete Punkte von beschr\u00e4nkter Ausdehnung\u201c getroffen werden, wenn Erregung stattfinden soll. Die Deformationsgeschwindigkeit ist ebenfalls von Bedeutung, Einschleichen in starke Deformationen m\u00f6glich, die lebendige Kraft des Stofses, wie der Quecksilberstrahl beweist, nicht allein mafsgebend. Sieht man ab von der cumulirenden oder summirenden Eigenschaft der Contactreize (empfindliche Ranken zeigen \u00fcbrigens auch auf kr\u00e4ftige Einzelreize schon merkliche Reaction) so findet sich eine Abh\u00e4ngigkeit der Erregung von Deformationstiefe, -fl\u00e4che und -geschwindigkeit in genau demselben Sinne, wie sie f\u00fcr das Tastorgan durch die vorliegende Untersuchung nachgewiesen worden ist. Der Unterschied zwischen den beiden Categorien reizbarer Pflanzen w\u00e4re dahin zu pr\u00e4cisiren, dafs Ranken viel st\u00e4rkere Spannungsdifferenzen oder eines st\u00e4rkeren Druckgef\u00e4lles bed\u00fcrfen als Mimosa. Wie viel \u00fcbrigens bei letzterer Pflanze der Umstand ausmacht, dafs der reizbare Theil sich an den Gelenken befindet, auf welche die distalen Gliederabschnitte bei der Ersch\u00fctterung je nach","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Function der Tastk\u00f6rperchen.\n161\nRotations- und Tr\u00e4gheitsmoment verschiedene aber zumeist wohl\nrecht erhebliche Zerrungen aus\u00fcben, ist noch nicht ber\u00fccksichtigt '\t.\t\u25a0\nZusammenfassung.\nDie Aufgabe der mitgetheilten Versuche bestand im Wesent* liehen in der Feststellung der Bedeutung, welche die Gr\u00f6fse der' Reizfl\u00e4che auf das Zustandekommen der Tastempfindung besitzt* Ihre L\u00f6sung ist nur m\u00f6glich, wenn der Einflufs der Deformationsgeschwindigkeit ausgeschlossen werden kann, wozu vorg\u00e4ngige Untersuchungen die Handhabe boten. Es zeigte sich'f\u00fcr die Reizung einzelner Endorgane ein: Optimum der Reizfl\u00e4che bei ungef\u00e4hr 0,4- mm2 oder Kreisfl\u00e4chen von etwa J/2 mm. Durchmesser. Von dieser Gr\u00f6fse ab steigt der . zur eben merklichen Erregung n\u00f6thige Druck bei Vergr\u00f6fserung der Reizfl\u00e4che nur\u2019 langsam, bei Verkleinerung dagegen sehr rasch empor. Erster\u00a9 Erscheinung l\u00e4fst sich aus der gleichfalls nur sehr langsam erfolgenden Verminderung des Druckgef\u00e4lles im Inneren der Haut, letztere aus dem Umstand erkl\u00e4ren, dafs die Tastk\u00f6rperchen in merklichem Abstande von der Oberfl\u00e4che liegen und daher von sehr umschriebenen und entsprechend seichten Deformationen wenig oder gar nicht mehr getroffen werden. Alle diese Erfahrungen lassen sich\u2019 zusammenfassen durch die Annahme, dafs f\u00fcr di\u00a9 Erregung eines Tastk\u00f6rperchens das Vorhandensein eines gewissen Druckgef\u00e4lles an dessen Orte die noth wendige Voraussetzung ist Ob dabei der Druck nach der Tiefe abnimmt (Compressionsreize, Druckreiz\u00a9), oder zunimmt (Zugreize) ist f\u00fcr den Erfolg gleichg\u00fcltig. Die Empfindung ist in beiden F\u00e4llen identisch. Das Druckgef\u00e4lle stellt den ad\u00e4quaten Reiz f\u00fcr die Tastk\u00f6rperchen dar. Sein, Werth h\u00e4ngt in so verwickelter Weis\u00a9 von den Versuchsbedingungen sowie von der Beschaffenheit der' Haut ab, dafs eine Angabe \u00fcber dasselbe und somit eine physiologische Bemessung der Reize nicht m\u00f6glich ist Es m\u00fcssen daher wie bisher f\u00fcr die Aichung der Tastreize empirisch aufgestellt\u00a9 Maafseinheiten dienen, als welche sich f\u00fcr Reizfl\u00e4chen von der Gr\u00f6fse der Reilhaar\u00a9 und der Haar\u00e4sthesiometer die Spannungseinheit = 1 gr/mm bew\u00e4hrt hat.\nMan kann fragen, wie ein Tastorgan beschaffen sein mufst mm unter m\u00f6glichst verschiedenen \u00e4ufseren Bedingungen an-\u00bbpruchsf\u00e4hig zu bleiben. Es ist oben gezeigt worden, dafs f\u00fcr\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XX.\t11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nM. von Frey und F. Kieeow.\ngr\u00f6fsere der Haut genau sich anschmiegende Reizfifichen die Wahr-nehmung eine sehr unvollkommene wird und auf die R\u00e4nder * beschr\u00e4nkt bleibt. Dieser M\u00f6glichkeit, welche die Orientirung duroh den Tastsinn stark zu beeintr\u00e4chtigen im, Stande ist, kann vorgebeugt werden durch eine unregelm\u00e4fsige Gestaltung der Tasti\u00e4chen sowie durch grofse Beweglichkeit derselben. Die Sicherheit, mit welcher der menschliche Tastsinn gr\u00f6bere K\u00f6rperformen der verschiedensten Art erkennt, kann als Beweis gelten, dafs die in der genannten Richtung getroffenen Vorkehrungen ausreichend sind. Versuchsbedingungen, wie sie das MEissNEB\u2019sche Experiment darstellt, ist der Tastsinn allerdings 'nicht gewachsen, man kann aber sagen, dals dazu keine N\u00f6thigung vorliegt.\nViel wichtiger ist die geringe und je nach Lage und Dichte der Nervenenden \u00f6rtlich stark wechselnde Empfindlichkeit gegen sehr kleinfl\u00e4chige Reize. Hier zeigt sich in der That eine Grenze in der Leistung des Tastsinns, welche die Wahrnehmung von feineren Details erschwert oder unm\u00f6glich macht. Dafs durch Bewegung die Leistung bedeutend gesteigert werden kann,, ist eine allbekannte Erfahrung. Es ist indessen unverkennbar, dafs auch im Bau der Tastfl\u00e4chen sozusagen das M\u00f6glichste gethan worden ist, um billigen Anforderungen zu gen\u00fcgen. Ein\u00a9 der wichtigsten Einrichtungen dieser Art sind die Haare, welche den Tastapparat f\u00fcr den gr\u00f6fsten Theil der K\u00f6rperoberfl\u00e4che repr\u00e4sen-tiren. Sie bilden eine Einrichtung zur Uehertragung des \u00e4ufseren Reizes in das. Innere der Cutis, sind also den schallleitenden Theilen des Ohres, oder dem, dioptrischen Apparat des Auges an, die Seite zu stellen. Die innere das Haar ber\u00fchrende Fl\u00e4che des Haarbalges stellt die unver\u00e4nderliche Deformationsfl\u00e4che dar, w\u00e4hrend die Nervenausbreitung an die \u00e4ufsere F,l\u00e2che unmittelbar herantritt Da nun gerade hier der Haarbalg seine d\u00fcnnste Stelle hat (das collum folliculi pili), so ist bei keinem anderen Tastorgan der Abstand zwischen Deformationsfl\u00e4che und Nervenausbreitung so gering wie hier. Die Bedingungen f\u00fcr die Aufnahme schwacher Reize sind also besonders g\u00fcnstig.\nAn, den, eigentlichen Tastfl\u00e4chen der H\u00e4nde und F\u00fcfse ist es in Folge der gr\u00f6fseren Entfernung der Tastk\u00f6rperchen von der Oberfl\u00e4che (Dicke der Epidermis an, der Fingerbeere des Zeigefingers nach Bbo\u00f6boff1 0,76\u20140,78 mm) mit der Wahr-\n1 1. c. s. o. 8. 152.","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"lieber Me Function der Ta&tk\u00ebrperckm.\n163\nnehmung sehr kleinflftchiger und schwacher Reiz\u00a9 viel weniger g\u00fcnstig gestellt. Indessen ist es zu ber\u00fccksichtigen, dafs die schwer deformirbare Epidermis den oberfl\u00e4chlichen Druck wenig geschw\u00e4cht auf die Cutis \u00fcbertr\u00e4gt und dafs di\u00a9 ung\u00fcnstigere Lage der Endapparate durch eine gr\u00f6fsere Dichte derselben com pensirt wird. Auf die Bedeutung dieser Einrichtung kann aber Mer nicht eingegangen werden. Unzweifelhaft im Sinne einer Verkleinerung der Reizfl\u00e4che wirken di\u00a9 starken W\u00f6lbungen der Tastballen, sowie die Papillenreihen der Cutis mit den ihnen entsprechenden Epithelleisten. Die gleiche Bedeutung kommt neben der W\u00f6lbung der Zunge den dort sich dr\u00e4ngenden Papillen zu. Dafs diese Gebilde gerade die oben als optimal bezeichneten Dimensionen ihrer Durchmesser bezw. Fl\u00e4chen innehalten, kann wohl kaum als ein\u00a9 nur zuf\u00e4llig\u00a9 Erscheinung aufgefafst werden.\nZum Schluss\u00a9 bemerken wir, dafs wir die Vorversuche zur vorliegenden Arbeit Ostern 1897 im physiologischen Institut zu Turin angestellt haben, dessen H\u00fclfsmittel uns von Prof. A. Mosso in der liebensw\u00fcrdigsten Weis\u00a9 zur Verf\u00fcgung gestellt worden sind.\n(Eingegangen am 19. Februar 1899.)\n11*","page":163}],"identifier":"lit30721","issued":"1899","language":"de","pages":"126-163","startpages":"126","title":"Ueber die Function der Tastk\u00f6rperchen","type":"Journal Article","volume":"20"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:13:59.082017+00:00"}

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