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{"created":"2022-01-31T15:33:33.113134+00:00","id":"lit30728","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Marbe, Karl","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 20: 181-186","fulltext":[{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"Litera turbericfi t.\n181\nWenn man auch die Schrift nicht ohne Gewinn lesen wird, so kann \u2022doch kein Zweifel dar\u00fcber hesfehen, dafs sich ein so wichtiges, die P\u00e4dagogik in. ihrem Centrum treffendes Thema mit Erfolg nicht behandeln l\u00e4fst, ohne eine gr\u00fcndliche Auseinandersetzung mit den p\u00e4dagogischen Hauptrichtungen. Der Verfasser scheint Aehnliches auch gef\u00fchlt zu haben. Daher das g\u00e4nzlich unzul\u00e4ngliche Schlufskapitelchen I Heber die physiologisch-psychologischen Voraussetzungen in \u00a9ine Discussion einzutreten, ist Mer ausgeschlossen. Wir haben den praktischen Theil anregend genannt ; ob sich aber Alles ungezwungen unter die drei genannten Eigenschaften einreihen l\u00e4fst, steht doch dahin, und ob es wohlgethan ist, den Begriff des Wohlwollens so zu erweitern, wie es dem Verfasser beliebt, darf man f\u00fcglich bezweifeln.\nDie dem zweiten Abschnitt an gereihten Literaturangaben sind unvollst\u00e4ndig. Warum sie f\u00fcr die anderen Abschnitte g\u00e4nzlich fehlen, ist nicht ersichtlich. Die Sprache ist klar und sachlich. Fl\u00fcchtigkeiten, wie S. 40: \u201e Bet\u00e4tigungen, die mit bereite gelingender Beth\u00e4tigung zu Stande gebracht werden\", sind uns weiter nicht aufgestofsen.\nEs ist dankenswerth, dafs sich die Lehrer der Hochschulen der P\u00e4dagogik annehmen; aber man mufs w\u00fcnschen, dafs es mit der Umsicht und Gr\u00fcndlichkeit geschieht, die ihrer und der Sache w\u00fcrdig sind. Mittelwaare haben wir auf dem p\u00e4dagogischen Gebiet in H\u00fclle und F\u00fclle.\nC. Andreas (Kaiserslautern).\nA. Wreschnm. Methodologische Beitr\u00e4ge xi psychophysischem Messuages*.\nSchriften der Gesellschaft f\u00fcr psychologische Forschung, 3. Sammlg., Heft XI.\nLeipzig, J. A. Barth, 1898. 238 S.\nDie Arbeit berichtet \u00fcber Ergebnisse von, Gewichtsversuchen, die mit H\u00fclfe eines eigens conetruirten Apparates angestellt wurden. Eine \u00fcber zwei leicht drehbare Bollen laufende Darmsaite trug am einen Ende eine Wsgschale, w\u00e4hrend Ihr anderes Ende mit einem ausgepolsterten Armband verbunden war, welches die Versuchsperson am rechten Unterarm angelegt hatte. Letzter\u00a9 safs vor einem Tisch, auf dem sich \u00a9in\u00a9 ausgepolstert\u00a9 Gyps-form befand; in diese st\u00fctzte sie den Ellenbogen so, dafs Ober- und Unterarm. etwa einen rechten. Winkel bildeten. Di\u00a9 Hebung der auf der Schale befindlichen Gewicht\u00a9 (viereckige Blei- und Zinkstticke) ging nun so vor sich, dafs der Unterarm um. einen Winkel von ca. 20 Grad gedreht und dem, Oberarm gen\u00e4hert wurde. Der Beagent konnte dabei die in der Schale liegenden Gewichte nicht sehen; das Verfahren war also unwissentlich.\nGearbeitet wurde mit Normalgewichten von 200, 400, 600, 900, 1200, 1600, 2000, 2500, 3000, 3600, 4000, 6000, 6000, 7000 und 8000 gr und mit Fehlgewichten, die entweder dem Normalgewicht gleich waren oder um 0,06 P oder ein vielfaches von 0,06 P von dem Normalg\u00a9wicht (d. i. P) differirten. Bei einer grofsen Anzahl von Versuchen wurde jedes Norm.al.gewicht mit jedem Fehlgewicht so verglichen, dafs einmal das Hauptgewicht, das andere Mal das Fehlgewicht zuerst beurtheilt wurde. Diese Experimente gaben interessante Aufschl\u00fcsse \u00fcber die Zuverl\u00e4ssigkeit und die Empfindlichkeit des Urtheils.\nw","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nLiteratur bericht.\nUnter Zuverl\u00e4ssigkeit verstellt Verf. die \u201eAussichten, welche eine einmalige Empfindung oder deren Beurtheilung hat, in einem Wiederholungsfall, der unter m\u00f6glichst gleichen Versuchsbedingungen stattfindet, best\u00e4tigt zu werden1\u201c. Er mifst deshalb die Zuverl\u00e4fsigkeit eines Urtheils durch die \u201eBest\u00e4tigungszahl\u201c, d. h. die Anzahl, in welcher dieses Urtheil unter der Gesammtzahl der Urtheile auftritt. Es zeigte sich, dafs die Zuverl\u00e4fsigkeit beim Urtheil \u201eKleiner\u201c am. gr\u00f6fsten und beim Urtheil \u201eGleich\u201c am kleinsten ist. Beim Urtheil \u201eGr\u00f6fser\u201c ist sie mittleren Grades. Ala Maafs der Unterschiedsempfindlichkeit ben\u00fctzt Wreschneb die Differenzen, welche je zwei benachbarte Fehlgewichte in ihren Best\u00e4tigungszahlen bilden. Die Unterschiedsempfindlichkeit ist bei \u201eKleiner\u201c am gr\u00f6fsten, bei \u201eGr\u00f6fser\u201c am geringsten und bei \u201eGleich\u201c mittleren Grades.\nIn jeder der drei Urtheilsarten \u201eGleich\u201c \u201eKleiner\u201c, \u201eGr\u00f6fser\u201c beginnen die Differenzen, durch welche Wrrschner die Unterschiedsempfindlichkeit mifst, mit einem Minimum, steigen allm\u00e4hlich zu einem Maximum an, sinken wieder zu. einem Minimum, um abermals ein Maximum zu erreichen, und schliefslich in einem Minimum zu. enden. Die Best\u00e4tigungszahlen der Urtheile \u201eKleinert4, \u201eGleich\u201c und \u201eGr\u00f6fser\u201c, durch welche die Zuverl\u00e4ssigkeit gemessen wird, bilden eine Curve mit einem Maximum und einem stetig auf- und einem stetig absteigenden Aste. Unterschiedsempfindlichkeit und Zuverl\u00e4ssigkeit zeigen bei den einzelnen Urtheilsarten, je nachdem es sich um die auf- oder absteigenden Aeste der Curven handelt, noch weitere Verschiedenheiten, welche Verf. ausf\u00fchrlich darlegt. Di\u00a9 Betrachtung der Versuchsergebnisse lehrt auch, dafe man die Urtheile \u201eKleiner\u201c, \u201eGleich\u201c und \u201eGr\u00f6fser\u201c sowie auch, die Urtheile \u201eViel kleiner\u201c und \u201eViel gr\u00f6fser\u201c als getrennte und selbstst\u00e4ndige Urtheilsformen mit einem nach beiden Seiten hin begrenzten Umfang ansehen darf.\nDas Material, aus welchem diese Ergebnisse gewonnen wurden, lieferte zugleich Beitr\u00e4ge zur Lehre vom Zeitfehler. Die rechnerische Behandlung der Resultate f\u00fchrte zu folgenden Thatsachen: 1. Bei den kleineren Fehlgewichten ist der Zeitfehler von gr\u00f6fserem negativen oder geringerem positiven Werth\u00a9 als bei den gr\u00f6fseren Fehlgewichten, sobald ein gewisser Grad von. Uebung vorhanden ist; andernfalls tritt das Gegentheil ein. \"{Der FncHKER\u2019schen Terminologie zu Folge ist der Zeitfehler dann positiv, wenn durch ihn das zuerst gehobene, negativ, wenn durch ihn das zuletzt gehobene Gewicht schwerer erscheint.] 2. Bei den kleineren. Grundgewichten ist er positiv, bei den gr\u00f6fseren negativ. 3. Fortschreitende Uebung ver\u00e4ndert den Zeitfehler namentlich der gr\u00f6fseren Fehlgewichte in positiver Tendenz. 4. Erm\u00fcdung beeinflufst den Zeitfehler namentlich bei den gr\u00f6fseren Fehlgewichten in negativer Tendenz.\nDer Einflufs der Uebung auf den Zeitfehler wurde hierbei durch zwiefache Behandlung des Materials festgestellt. Einerseits wurden die Versuche der einzelnen Reagenten in zwei H\u00e4lften zerlegt, von. denen die eine die Versuche w\u00e4hrend der ersten, die andere di\u00a9 Versuche w\u00e4hrend der letzten Versuchstage umfafste; andererseits wurden, die Urtheile der einzelnen Reagenten, die sich durch mehr oder weniger Versuche eine sehr verschiedene Uebung erworben hatten, miteinander verglichen. Der Bin-fifus der Erm\u00fcdung wurde dadurch constatirt, dafs die von einer Versuchs*","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"MieratmbmichL\n183\nperson in einer Sitzung gewonnenen. Resultate in zwei bezw. drei Theile zerlegt wurde, die daim miteinander verglichen werden konnten.\nDie bisher mitgetheilten Thatsachen des Zeitfehlers beziehen sich lediglich auf sein Vorzeichen. Aber auch \u00fcber die Gr\u00f6fse des Zeitfehlors und \u00fcber seinen Binflufs auf die Unterschiedsempfmdlichkeit gew\u00e4hrten die nach der oben beschriebenen Methode an gestellten Versuche mancherlei Aufschl\u00fcsse. Uebung verringert den Zeitfehler (6) und die kleinem Fehlgewichte besitzen einen gr\u00f6fsem Zeitfehler, wenn ein gewisser Grad von Hebung bereits vorhanden ist; sonst und bei kleineren Grundgewichten tritt das Gegentheil ein (7). Der Zeitfehler ist am kleinsten bei mittleren, am. gx\u00f6fsten bei sehr schweren und von. mittleren Gr\u00f6fse bei kleinen Grundgewichten (8). Unterschiedempfindlichkeit und. Zuverl\u00e4ssigkeit ist f\u00fcr \u201eGr\u00f6fser\u201c und \u201eGleich\u201c gr\u00f6fser, wenn das Grundgewicht zuletzt geboten wird (9i.\nEndlich hat Verf. auch specielle Versuche zur Pr\u00fcfung des Zeitfehlers auegeffihrt. So wurde die Anzahl der einen Versuch ansmachenden Einzelhebungen variirt, indem, das zuerst gehobene Gewicht ein, zwei, drei, vier und, f\u00fcnf Mal hinter einander gehoben wurde. Die Versuche zeigten, dafs eine wiederholte Hebung des ersten Gewichtes den. Zeitfehler in positivem Sinne ver\u00e4ndert; dies zeigt sich um so deutlicher, je \u00f6fter die Wiederholung stattfindet. Andere Versuche zeigten, dafs eine Verl\u00e4ngerung des Intervalls zwischen den einzelnen zu vergleichenden Reizen den Zeitfehler zun\u00e4chst in negativem, dann aber in positivem Sinne \u00e4ndert. Auch bei Versuchen mit gesehenen Distanzen und Temperaturempfindungen ergab sich ein Zeitfehler. Trifft bei den letzten der Normalreiz den rechten Zeigefinger, so hat der Zeitfehler einen gr\u00f6fseren Werth als wenn der Nor-malreiz dem linken Zeigefinger applicirt wird. In Uebereinstimmung hiermit ist der Zeitfehler meist positiv, wenn, bei gesehenen Distanzen die Normaldistanz sich links befindet, w\u00e4hrend er zumeist negativer Art ist, wenn, sich die Normaldistanz rechts befindet. Endlich fand Wreschner, dafs sich auch bei Gewichtsversuchen, bei, zweih\u00e4ndigem Versuchsverfahren ein Zeitfehler einstellt.\nDer herrschenden insbesondere von Fechneb und von M\u00fcller und Sr humans ausgebildeten physiologischen Theorie zu Folge entsteht der Zeitfehler hei Gewichtsversuchen dadurch, dafs der zweite innere Reiz durch den ersten beeinfiufst wird: der positive Zeitfehler soll seine Erkl\u00e4rung in dem Nachwirken der ersten motorischen Erregung finden, der negative in der durch die erste Hebung erzeugten Erm\u00fcdung des Armee. Gegen diese Ansichten spricht neben anderem besonders die Thatsaclie, dafs sich der Zeitfehler auf den verschiedensten Sinnesgebieten (auch im Gebiete des Geh\u00f6rsinns! geltend macht. Wreschner sucht deshalb diese Theorie durch eine andere, eine psychologische zu ersetzen.\nDie Thatsachen des Zeitfehlers beruhen dem Verf. zu Folge darauf, dafs die erste Hebung im Augenblick der Vergleichung nur noch in der Krinnerung vorhanden ist, w\u00e4hrend die zweite in der Empfindung vorhanden ist. Die wesentliche Th\u00e4tigkeit der Erinnerung besteht n\u00e4mlich nach Wreschner im Vergleich zum Empfinden und Wahrnehmen darin, dafs sie die Eigent\u00fcmlichkeiten und Besonderheiten in den Bildern des","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nLiteraturbericht.\nletztem verwischt und undeutlich macht, dafs sie nivellirend auf die leinen, Unterschiede und generalisirend auf das individuell Bestimmte der Empfindungen hinwirkt. Das Erinnerungsbild wird daher den objectiv kleinen Gewichten ihre ausgepr\u00e4gte Leichtigkeit, den objectiv grofsen ihre auff\u00e4llige Schwer\u00a9 nehmen. Dann nimmt Wreschner zur Erkl\u00e4rung des Zeitfehlers auch den Umstand in Anspruch, dafs bei zuzweit gehobenem Normalgewicht das Urtheil bereits nach Wahrnehmung des Vergleichsreizes fertig ist und durch den Normalreiz eine nochmalig\u00a9 Oontrolle erf\u00e4hrt. (Der Beobachter war also stets dar\u00fcber orientirt, ob der Normalreiz oder der Ver* gleichsreiz zuerst geboten wurde.)\nBis jetzt wurde der Einflufs der Uebung vorwiegend im Zusammenhang mit dem Zeitfehler untersucht. Das Versuchsmaterial ergab aber auch, nachdem der Zeitfehler nach der sogenannten Methode der vollst\u00e4ndigen Compensation bis zu einem gewissen Grade eliminirt war, weitere That-sachen der Uebung. So zeigte sich, dafs die Zuverl\u00e4ssigkeit und Unterschiedsempfindlichkeit in allen drei Urtheilsarten (\u201eGleich\u201c, \u201eKleiner\u201d, \u201eGr\u00f6fser\u201c) mit wachsender Uebung zunimmt. Im Anfangsstadium der Uebung nimmt die Unterschiedsempfindlichkeit una so mehr zu, je gr\u00f6fser die Fehlgewichte sind. Auch nimmt mit fortschreitender Uebung die Deutlichkeit der Trennung zwischen den einzelnen Urtheilsarten zu.\nDas nach Elimination des Zeitfehlers untersuchte Material zeigt endlich, dafs di\u00a9 HERiNo\u2019sche Annahme, dafs die Gewichtsempfindungen 'innerhalb gewisser Grenzen ann\u00e4hernd proportional den Beizgr\u00f6fsen wachsei, durchaus unzutreffend ist. Vielmehr besteht innerhalb gewisser Grenzen eine ungef\u00e4hre Giltigkeit des WEBin\u2019schen Gesetzes. Doch ergiebt die Selbstbeobachtung, dafs das Vergleichen und Beurtheilen der Gewichte je nach den verschiedenen schweren Grundgew ich ten ganz verschieden ist, weshalb nach Wreschner\u2019s Meinung das WaBBEfsche Gesetz zu einer leeren Formel herabsinkt.\nDie vorliegende Arbeit enth\u00e4lt die Besultate von sehr gr\u00fcndlichen, und langwierigen Untersuchungen; gegen 50000 Gewichtshebungen hat Verf. theils angestellt, theils anstellen lassen. Am, meisten Interesse scheinen, dem Bef. die Behandlung der Unterschiedsemdfindlichkeit und die Ergebnisse \u00fcber den Zeltfehler zu haben. Wenn man die Unterschiedsempfindlichkeit in der von Wreschner durchgef\u00fchrten Weise durch die Differenzen der Best\u00e4tigungszahlen mifst, so erh\u00e4lt man in den Verlauf dieser Gr\u00f6fse einen besseren Einblick als wenn man nach den anderen gebr\u00e4uchlichen Methoden verf\u00e4hrt. Die von Wreschner begr\u00fcndete Methode wird daher auch in anderen Gebieten als bei Gewichtsversuchen mit Vortheil, angewandt werden k\u00f6nnen. Wreschner\u2019s Ergebnisse \u00fcber den Zeit-fehler zeigen auch nach des Bef. Meinung, dafs die sogenannte physiologische Theorie, wie sie in der Arbeit von, M\u00fcller und Sch\u00fcmann vorliegt, nicht mehr zur Erkl\u00e4rung aller Thatsachen ausreicht. Diese Theorie wird daher eventuell erweitert oder durch, eine andere ersetzt werden missen. Di\u00a9 Wreschner sehe Theorie des Zeitfehlers aber scheint dem Bef. wenig geeignet, an Stelle der alten zu treten. Wrbschnkr\u2019s eigene Theorie, die im obigen Eeferat nur sklzzirt werden konnte, beruht zum wesentlichen","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"LiteraturberichL\n185\nTheil auf der Ansicht, dafs die Erinnerung ganz allgemein den objectiv kleinen Reizen ihre ausgepr\u00e4gte Schw\u00e4che und den objectiv grofsen ihre auff\u00e4llige Intensit\u00e4t nimmt. Aber welche Beweise f\u00fchrt Wrescbnib f\u00fcr diesen Satz an? Gar keine; er st\u00fctzt sich lediglich auf eine Stelle in den Elementen der Psychophysik, wo Fechner beil\u00e4ufig die M\u00f6glichkeit er\u00f6rtert, dafs ein Reiz je nach Umst\u00e4nden durch die Erinnerung gr\u00f6fser oder kleiner erscheinen kann. Eine Theorie auf einen unbewiesenen. Satz za st\u00fctzen, ist nun an sich schon eine sehr mifsliche Sache. Nehmen wir aber einmal an. der WitKSCHNER \u00dfche Satz von der Erinnerung w\u00fcrde zutreffen ! Wir m\u00fcssen dann fragen, ob beim Vergleichen das Erinnerungsbild als solches ins Bewufstsein tritt. Ich glaube, die Selbstbeobachtung lehrt, dafs dies nicht der Fall zu sein braucht. Wenn dies aber richtig ist, dann kann uns di\u00a9 ganze WRESCHNER'sche Theorie nichts n\u00fctzen. Man kann dann nur sagen, die Urtheile fallen so aus, als w\u00fcrde ein Vergleich zwischen der empfundenen Hebung und dem Erinnerungsbild der fr\u00fcheren stattfinden und als w\u00fcrde dieses dem von Wreschner auf gestellten Gesetz folgen. Hiermit ist aber nat\u00fcrlich keine Theorie gegeben, sondern nur der Thatbestand auf etwas umst\u00e4ndliche Weise beschrieben.\nAuch einige andere Stellen des Buches erscheinen dem Re\u00a3. unhaltbar. So wird S. 2\u00d6 ausgef\u00fchrt, dafs wenn uns s\u00e4mmtliche Bedingungen eines psychologischen Ph\u00e4nomens bekannt w\u00e4ren, die Zuverl\u00e4ssigkeit desselben eine vollkommene w\u00e4re, \u2014 wobei schlechterdings nicht einzusehen ist, was etwa unsere vollkommene Kenntnifs der Bedingungen eines Ur-theils bei Gewichtsversuchen mit dessen Zuverl\u00e4ssigkeit zu than hat. Zugleich. werden wir belehrt, dafs die Zuverl\u00e4ssigkeit bei den, physikalischen Erscheinungen gleich. 1 ist. Unter den \u201ephysikalischen Erscheinungen\u201c' versteht Wreschner hier offenbar die Ergebnisse der physikalischen Experimente. Will man aber auf diese den Begriff der, Zuverl\u00e4ssigkeit an wenden, so kann man durchaus nicht behaupten, dafs diese bei ihnen gleich 1 sei. Denn die sogenannten Beobachtungsfehler resultiren bekanntlich keineswegs ausscMiefslich aus Fehlern des Beobachtens, sondern auch aus anderen, object i v e n Fehlerquellen. S. 27 werden, arithmetisches Mittel und Central-werth identificirt, w\u00e4hrend ja doch der von Fechner eingef\u00fchrte Centralwerth die gleiche Zahl, das arithmetische Mittel hingegen die gleiche Summe positiver und negativer Abweichungen von sich abh\u00e4ngig hat. fVergl. Frchnrr, Abh. der s\u00e4chs. Gesellsch. d. Wise. XI (1878) Math.-Physik. Cl. S. Iff.) Diesem Irrthum entsprechend bezeichnet Wreschner in der ganzen Schrift die arithmetischen Mittel als Centralwerthe. S. 46 wird, wie in psychologischen Arbeiten \u00fcbrigens vielfach geschieht, das Gesetz der grofsen Zahlen unrichtig interpretirt. Wo es sich um die Feststellung der Zuverl\u00e4ssigkeit handelt, sagt Wreschner, gilt dieses Gesetz ganz besonders. V\u00f6llig aber wird es vielleicht selbst durch die gr\u00f6fste Versuchs-gruppe nicht befriedigt. Demgegen\u00fcber ist zu bemerken, dafs man unter dem Gesetz der grofsen Zahlen die zuerst von Jakob Bernoulli ausf\u00fchrlich 'behandelte Thatsache versteht, dafs ein Ereignifs, welches die Wahrscheinlichkeit \u2014 hat, unter sehr vielen F\u00e4llen wahrscheinlicher Weise \u2014mal auf-","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nIA kr a turbericht\ntritt. Nat\u00fcrlich ist hiermit nicht gesagt, dafs das fragliche Ereignifs jemals\n(auch bei beliebig grofser Anzahl der Ereignisse) in dem Verhftltnifs \u2014\na\nauftreten mufs. Man kann daher nicht behaupten, dafs das Gesell der grofsen Zahlen durch irgend eine grofse Anzahl von. Versuchen \u201ebefriedigt\u201c werde. \u2014 Doch durch derartige Versehen wird der Gesammtwerth des Buches nicht wesentlich beeintr\u00e4chtigt.\tKarl Marbe (W\u00fcrzburg).\nH. Ebbinghaus. Mittheilllgei sir psychophysischen Methode der richtigen\n\u00abBd falschen F\u00e4lle. III. intern. Congr. f. Psychol., S. 174\u2014176. Dasjenige, was man gemeinhin als \u00fcnterschiedsschwelle bezeichnet, ist nichts weniger als ein eindeutiger Werth, da \u201eebenmerkliche Verschieden heit etwas ist, was gerade so wie Gleichheit nicht nur f\u00fcr einen einzigen ganz bestimmten, sondern f\u00fcr \u00a9in ganzes Intervall von Reizen geurtheilt wird.4* Die verschiedenen Methoden w\u00e4hlen nun aus dieser Reizstrecke verschiedene Punkte als Schwellenwerthe, datier die scheinbare Incongrueni ihrer Resultate.\nZwischen den nach der Methode der mittleren Fehler gewonnenen Werth en und denen der ebenmerklichen Unterschiede besteht nicht nur keine Identit\u00e4t, sondern nicht einmal Proportionalit\u00e4t. L\u00e4fst man iw\u00ab simultane Reize nur ganz kurze Zeit beobachten, so documentirt sich die Erschwerung in einem grofsen Wachsthum des mittleren Fehlers, in einem geringeren des ebenmerklichen Unterschieds ; umgekehrt, wenn man zwischen die successiv zu vergleichenden Eindr\u00fccke eine beobachtungslose Pause einf\u00fcgt.\tW. Stirn (Breslau).\nJ. M. Baldwin. Description if Month-Key. L'interm\u00e9diaire dm Biologistes 1 (10), 221 -223. 1898.\nA. MacDonald, in noiiel algim\u00e8tre temporal. Ebda. 1 (13), 288 u. 289. 1898.\nA. Binet et N. Vaschide. lote sir tm aoitel ergographe, dit ergographe i ressort. Ebda. I (13), 289\u2014291. 1898.\nBaldwin beschreibt einen Schallschl\u00fcssel, welches mit demjenigen von Catell (Philosophische Studien, Bd. Ill, S. 313) in allen wesentlichen Punkten durchaus \u00fcbereinstimmt. Weder dieser CATELL\u2019sche Schallschl\u00fcssel, noch die Verbesserungen, welche R\u00f6mer neuerdings an demselben angebracht hat (vgl. Kraepelin Psychologische Arbeiten, Bd. I, S. 577 ff.) werden vom Verf. erw\u00e4hnt.\nMac Donald beschreibt \u00a9in Algesimeter, bei welchem eine Scheibe von 15 mm Durchmesser auf die Haut der Versuchsperson dr\u00fcckt. Die St\u00e4rke des Druckes kann an einer Scala abgelesen werden. Der Apparat ist vom Erfinder f\u00fcr die Untersuchung der Temporalmuscheln bestimmt\u00bb kann aber nat\u00fcrlich auch sonst Verwendung finden.\nBinet u. Vachide theilen Verbesserungen des Mosso\u2019schen Brgographen mit, deren wichtigste darin besteht, dafs das Gewicht des Mosso\u2019schen Apparates durch eine Feder ersetzt wird. Diese Ver\u00e4nderung gestattet, die Intensit\u00e4t der von der Versuchsperson aufzubietenden Kraft innerhalb weiter Dimensionen zu variiren. Dann kann die Gr\u00f6fse der Leistung\u00bb-","page":186}],"identifier":"lit30728","issued":"1899","language":"de","pages":"181-186","startpages":"181","title":"A. Wreschner: Methodologische Beitr\u00e4ge zu psychophysischen Messungen. Schriften der Gesellschaft f\u00fcr psychologische Forschung, 3. Sammlg., Heft XI. Leipzig, J. A. Barth, 1898. 238 S.","type":"Journal Article","volume":"20"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:33:33.113139+00:00"}