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{"created":"2022-01-31T13:43:07.655349+00:00","id":"lit30766","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Meyer, Max","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 20: 213-214","fulltext":[{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n213\nangewiesen ; denn dafs es unter den uns bekannten Natur sprachen solche .geben, sollte, welch\u00a9 auf dem. Standpunkt der ersten oder zweiten Periode \u00f6tehen, halt\u00a9 ich f\u00fcr sehr unwahrscheinlich ; ja ich m\u00f6chte fast glauben, dafs es in der menschlichen phylogenetischen Sprachentwickelung Oberhaupt niemals eine solche Phase gegeben hat. Jede Menschensprache, auch die roheste und rudiment\u00e4rste, umfafst schon alle drei Perioden \u2014 vielleicht dafs sich in den Thiersprachen jene niederen Entwickelungsstufen wiederfinden liefsen.\nIn anderen Punkten ist die Parallelisirung durehzuf\u00fchren. Die Laute des dritten Articulationssystems (Gaumenlaute) treten beim. Kinde erst sp\u00e4t auf und fehlen bei manchen Naturv\u00f6lkern; andererseits hat das Kind, wie auch der Naturmensch, einige Laute, z. B. Schnalzt\u00f6n\u00a9, die in den Cultur-eprachen fehlen.\nNoch zahlreichere Analogien zeigen Spraehform und Sprachinhalt bei Kindern und Naturv\u00f6lkern; bei beiden findet sich nach G.: ein sehr geringer Wortschatz, die Echosprache, eine gleiche Art des Z\u00e4hlens und Erz\u00e4hlens, das Fehlen von Sammelnamen.\nEin vergleichendes Studium von Kindessprache und Natursprachen wird, des sind wir sicher, f\u00fcr Psychologie und Linguistik reichste Ausbeute liefern. Nur mufs man sich vor allzuweit gehenden Analogieschl\u00fcssen h\u00fcten und darf nie vergessen, dafs ein f\u00fcr die sprachliche Ontogenese sehr wichtiges Moment in der Phylogenese v\u00f6llig fehlt; n\u00e4mlich die fortw\u00e4hrende Beeinflussung durch eine Sprache, welche auf einer weit h\u00f6heren Stufe der Entwickelung steht.\tW. Stehn (Breslau.)\nMax Fhikdmann. Ueber die Entwickelung les Urtheils bei Ittnrvfflkern.\nIII. intern. Congr. f. Psychol., S. 432\u2014434,\nVortragender vermifst \u2014 mit Recht \u2014 in fast allen neueren Arbeiten zur \u201eV\u00f6lkerpsychologie\u201c die eigentliche psychologische Analyse. Die Frage z. B., \u201eob die formalen. Process\u00a9 des Denkens bei Naturv\u00f6lkern, die gleichen wie die unsrigen seien, m. a. W. ob unsere Denkformen eine Entwickelung und Ver\u00e4nderung im Laufe der Zeiten erlitten haben\u201c, ist nur selten gestellt worden und doch von gr\u00f6fster Wichtigkeit, namentlich da dann die Vergleichung mit der individuellen. Entwickelung der Denkformen im Einzelmenschen m\u00f6glich wird.\nF. stellt nun eine Reihe von Leits\u00e4tzen auf, welche die Beschaffenheit des reflectirenden Denkens im Naturmenschen festlegen sollen ; dieselben beziehen sich auf das Vorherrschen des Analogieschlusses, die Schwierigkeit, Analogie und Identit\u00e4t zu trennen, die Schwierigkeit und Kritiklosigkeit der Abstraction, die Sp\u00e4rlichkeit der Begriffsbildungen. (Ref. darf wohl erw\u00e4hnen, dafs der gr\u00f6fste Theil dieser Eigent\u00fcmlichkeiten des naiven Denkens in seinem Buch \u201eDie Analogie im volksthllmlichen Denken\u201c ausf\u00fchrlich geschildert und der psychologischen Analyse unterzogen worden, ist)\tW. Stbbn (Breslau.)\nJ. Rove*. The Psychology of IlfOAtiol\u00ab Psychological Review 5 (2), 113\u2014144.\n1898.\nJabtbow. The Psychology of Invention. Ebda. (3), 307\u2014309,\nUm etwas \u00a9in\u00a9 Erfindung zu nennen, pflegt man davon Wichtigkeit und Neuheit zu verl\u00e4ngern Aber dies sind relativ\u00a9 Begriffe. Von","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\n\u00e0i4\nder Wichtigkeit kann zwar der Psychologe absehen; sie schl\u00e4gt nicht in sein Fach. Aber die Forderung der Neuheit mufs er in jedem Falle ber\u00fccksichtigen, wenn er \u00fcber die Psychologie des Erfindens eine Untersuchung anstellen will. Nun kann etwas neu sein entweder nur f\u00fcr das hervorbringende Individuum oder f\u00fcr die menschliche Gesellschaft \u00fcberhaupt. In beiden F\u00e4llen wird man es als eine Erfindung ansehen m\u00fcssen.\nErfindungen sind unabh\u00e4ngige Variationen der Gewohnheiten des Individuums. Nun kann man fragen, unter welchen Bedingungen finden wir im Individuum eine Tendenz, seine Gewohnheiten \u00fcberhaupt zu \u00e4ndern? und zweitens, unter welchen Bedingungen eine Tendenz, originell zu sein ?\nUnsere Gewohnheiten sind mehr der Form als dem Inhalte nach bestimmt. Der Gebrauch unserer Muttersprache z. B. besteht nicht in der Wiederholung bereits fr\u00fcher gebrauchter S\u00e4tze, sondern in der Herstellung derselben Satzformen. Inhaltliche Aenderungen unserer Gewohnheiten sind daher ganz gew\u00f6hnlich. Im Uebrigen rufen die verschiedenen Lagen, in denen wir unsere Gewohnheiten zur Anwendung bringen, eine Aende-rung derselben hervor, indem das N\u00fctzliche verst\u00e4rkt, das Unn\u00fctze abge-schw\u00e4cht wird. Aber alle so entwickelten Neuheiten erhalten von uns nicht den Namen Erfindungen.\nJe unabh\u00e4ngiger von der socialen Gemeinschaft das Individuum ist, um so eher bringt es Erfindungen hervor. Die Zeiten des Individualismus, z. B. die Renaissance, waren auch die Zeiten vieler Erfindungen. Das Vorkommen einzelner Genies kann man jedoch nicht nach diesem Gesetz erkl\u00e4ren, wohl aber die durchschnittliche Erfindsamkeit.\nRoyce berichtet dann \u00fcber einige interressante Versuche, die er gemacht hat. Er liefe zun\u00e4chst eine Reihe einfacher Figuren, die keinem Object gleichen sollten, nach freiem Belieben hinzeichnen ; in einer zweiten Reihe wurde dasselbe wiederholt, aber mit Vorzeigung von Figuren, denen die Zeichnungen so un\u00e4hnlich wie m\u00f6glich gemacht werden sollten. Es zeigte sich, dafs im ersten Falle ziemlich einfache Curven gezeichnet wurden, w\u00e4hrend im zweiten Falle, wo eine dem vorgezeigten Umrifs m\u00f6glichst un\u00e4hnliche Figur zu zeichnen war, eine verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig reiche Entwickelung der Formen zu beobachten war, also eine bei weitem gr\u00f6fsere Erfindsamkeit sich geltend machte.\nEs ist merkw\u00fcrdig, dafs die Bedingung des zweiten Falls als Stimulus wirkt. Die Figuren des ersten Falls waren ja in Wirklichkeit den sp\u00e4ter vorgezeigten Umrissen nicht weniger un\u00e4hnlich, als die im zweiten Fall gezeichneten !\nEs zeigten sich sehr auffallend interessante individuelle Unterschiede. Z. B. kam es auch einmal vor, dafs die im zweiten Fall gezeichneten Figuren einfacher waren. Die Versuchsperson gab an, durch die vorgezeigten Figuren gest\u00f6rt worden zu sein.\nZu dem von Royce er\u00f6rterten Thema macht Jastrow einige Bemerkungen. Bei hoch entwickelten Rassen sind wahrscheinlich Personen von specieller und ungew\u00f6hnlicher Begabung viel h\u00e4ufiger als bei Rassen auf niedriger Culturstufe. Er betont ferner, dafs das Genie nicht nur eine ungew\u00f6hnliche, sondern gleichzeitig eine w\u00fcnschenswerthe Variation darstellt.\tMax Meyer (London).","page":214}],"identifier":"lit30766","issued":"1899","language":"de","pages":"213-214","startpages":"213","title":"J. Royce: The Psychology of Invention. Psychological Review 5 (2), 113-144. 1898 / Jastrow: The Psychology of Invention. Ebda. (3), 307-309","type":"Journal Article","volume":"20"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:43:07.655354+00:00"}