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{"created":"2022-01-31T13:37:01.215917+00:00","id":"lit30779","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Zindler, Konrad","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 20: 225-293","fulltext":[{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen und seine mathematische\nBehandlung.\nVon\nKonrad Zindler in Wien.\n(Mit 6 Fig.)\nVorbemerkung.\nDie mehrfachen Versuche, die Aehnhchkeit\u00dfbeziehungen im F arbencontiimmn durch Farben tafeln oder \u201eFarbenk\u00f6rper41 r\u00e4umlich zu versinnlichen, forderten dazu heraus, einmal im Zusammenh\u00e4nge die verschiedenen Principien auseinanderzusetzen, nach dienen dies geschehen kann. Es mufste naturgem\u00e4fs, soll der Leser wissen, um was es sich handelt, eine kurze kritische Darstellung jener Versuche und namentlich der Ergebnisse von Maxwell, Hering und Helmholtz eingeflochten werden.\nDie steigende Verwendung mathematischer Ueberlegungen bei den genannten Autoren f\u00fchrt von selbst auf einen anderen Theil der Arbeit: Schon Riemann hat in seinem ber\u00fchmten Babilitationsvortrag (\u201eUeber die Hypothesen, welche der Geometrie zu Grunde hegen\u201c) darauf aufmerksam gemacht, dafs aufser den r\u00e4umlichen Oerterri die Farben im gew\u00f6hnlichen Leben den einzigen Anlafs zur Anordnung nach mehrfach ausgedehnten continuirlichen Mannigfaltigkeiten bieten. W\u00e4hrend nun. \u00fcber die Grundlagen der Geometrie schon eine reiche Literatur erwachsen ist, hat sich Niemand die M\u00fche genommen, auch f\u00fcrs Farhencontiniium etwas n\u00e4her auszuf\u00fchren, wie weit sich geometrische Begriffe auf dasselbe \u00fcbertragen lassen, wieweit \u00fcberhaupt die angedeutete Analogie reicht; blo\u00df Helmioltz hat in seiner Abhandlung \u201eK\u00fcrzeste Linien im Farbensystem\u201c dies\u00a9 Angelegenheit gestreift, sich aber bei den principiellen Fragen nicht auf gehalten. Indem ich von der Wohlthat der heute\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XX.\t16","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nKonrad Zin\u00e2ler.\n\u00fcblichen Arbeitsteilung Gebrauch machte und mich auf die theoretischen Fragen beschr\u00e4nkte, konnte freilich das Hauptproblem dieses Gebietes \u201ezu entscheiden, ob ein psychologischer Farbenk\u00f6rper m\u00f6glich ist und im bejahenden Falle ihn. zu finden, im verneinenden Falle wenigstens ein arithmetisches Farbenschema zu finden\u201c zwar nach verschiedenen Seiten hin klargestellt, aber nicht wirklich gel\u00f6st werden, weil eben noch nicht alle hierzu n\u00f6tigen Erfahrungen vorzuliegen scheinen,1\nInhalt*\tSeite\n\u00a7 1. Die Definition des psychologischen Farbenk\u00f6rpers. ..... 226 \u00a7 2. Die nach alteren Methoden auf gestellten Farbenk\u00f6rper .... 230\n\u00a7 3, Maxwell's Farbentalei...................................S\u00d64\ng 4. Die Bedeutung der Farbentafel Maxwkli/s und die Arten von\nFarbenk\u00f6rpern ..................................... 238\n\u00a7 6. Ersatz des mathematischen Thetis von Huong's Beweis de\u00ab\nNewton\u2019sehen Farbenmischungsgesetzes ......... 144\n| 6. Weiteres fiber Farbenk\u00f6rper .............. 24t\n\u00a7 7. Ueher die Abbildung eindimensionaler Farbencontinua; ausgezeichnete eindimensionale Continua .......... 254\n\u00a7 8. Ueber surrogative Messung von Farbendistanzen ...... 261\n\u00a7 9. Das arithmetisch\u00a9 Farbenschema........................ . 263\n\u00a7 10, Helmholtz* Untersuchungen \u00fcber k\u00fcrzeste Farbenlinien ... 271 \u00a711. Methoden zur Aufstellung des psychologischen Farbenk\u00f6rpers. 280 | 12. Schlusswort ......................................... . 280\n\u00a7 1. Definition des psychologischen Farben-\nk\u00f6rper\u00df.\nIn vielen Gebieten bedient man sich heutzutage der r\u00e4umlichen Abbildung oder (wie man mit etwas eingeschr\u00e4nkter Bedeutung sagt) graphischen Darstellung, um Beziehungen, die an und f\u00fcr sich unanschaulich w\u00e4ren, anschaulich zu machen. Bit wichtigsten geometrischen Grund Vorstellungen, die an dieser Anschaulichkeit Antheil haben, sind: Distanz und Richtung. Aufserdem besitzt der Raum die Eigenschaft, dafs von jedem Orte\n1 Ueber einige Theile dieser Arbeit habe ich im Nov. 1897 in der\nPhilosophischen Gesellschaft an der Universit\u00e4t an Wies, einen Vortrag gehalten.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 227\nzu jedem anderen in mannigfacher Weise ein continuirlicher Uebergang m\u00f6glich ist Wenn sich also in einer continuir-lichen Mannigfaltigkeit von Dingen oder psychischen Inhalten die Analoga der Distanz und der Richtung wiederfinden, k\u00f6nnen wir mit einiger Aussicht auf Erfolg versuchen, eine Abbildung dieser Mannigfaltigkeit (oder von Theilen derselben, falls ihre Dimension zu grofs ist) auf den Raum vorzunehmen.\nDie Mannigfaltigkeit unserer Farbenempfindungen erf\u00fcllt nun diese allerersten Voraussetzungen :\na)\tEs lassen sich in ihr von jeder Farbe zu jeder anderen continuirliche Ueberg\u00e4nge bilden.\nb)\tEs findet sich das Analogon der Distanz : Es kann Aehn-lichkeit zweier Farben a, b nicht nur constatirt, sondern auch mit der Aehnlichkeit der Farben eines anderen Paares c, d verglichen werden, wobei z. B. auch b mit c identisch sein kann. Der einfachste hierher geh\u00f6rige Versuch ist die Herstellung einer Farbe auf dem Farbenkreisel, die zwischen zwei gegebenen Farben \u201ein der Mitte\u201c liegt (Methode der \u00fcbermerklichen Unterschiede). Bei allen Versuchen \u00fcber Farbendistanzen wird .mit dem Analogon der Punktdistanz (nicht der ausgef\u00fcllten Strecke) operirt1, und wir werden auch nur annehmen, es k\u00f6nne beurtheilt werden, ob die Distanz der Farben eines Paares gr\u00f6fser, gleich oder kleiner sei, als die der Farben eines anderen Paares, nicht aber, dafs die eine Distanz als ein Vielfaches der anderen gesch\u00e4tzt werden k\u00f6nne ; es w\u00e4re dies aus denselben Gr\u00fcnden gewagt, die bei den vielbesprochenen Empfindungs-continuen constanter Qualit\u00e4t gegen die Messung der Empfin-dungsintensit&t geltend gemacht werden (s. Mbmono: Ueber die Bedeutung des WEBEE schen Gesetzes, \u00a7 27; diese Ze\u00e4schr. Bd. XI). Dies schliefst nicht aus, dafs ein indirecter Weg, Farbendistanzen zu messen, m\u00f6glich w\u00e4re. Ja, eine gelungene r\u00e4umliche Abbildung des Farbencontinuums enthielte von selbst die L\u00f6sung dieser Aufgabe (\u00a7 8).\nc)\tWenn wir drei Nuancen Grau vor uns haben, die etwa auf dem Farbenkreisel aus denselben Pigmenten Schwarz 'und Weifs in verschiedenen Verh\u00e4ltnissen gemischt sind, sagen wir, der Uebergang vom dunkelsten zum mittleren Grau geschehe in\n1 In der Geometrie ist es umgekehrt ; s. meine \u201eBeitr. zur Theorie d. math. Erkenntnifs\u201c, \u00a7 2 ( Wiener Sitzungsb. Phil.-Bist. Cl. Bd, GXVIII, 1889).\n16*","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nKonrad Zindler.\nderselben Richtung, wie der vom mittleren zum. hellsten.1 Wir constatiren hiermit unmittelbar, dafs wir zwischen zwei solchen Farbendistanzen (aufser ihrer Ungleichheit und Gleichheit) noch eine andere Relation entdecken k\u00f6nnen, die wir sofort (der Gleichheit oder Verschiedenheit) der r\u00e4umlichen Richtung .analog finden. Dafs im Farbencontinuum die betreffenden Sch\u00e4tzungen unsicherer sind als im Raume, thut in principiellen Fragen keinen Eintrag. Auch k\u00f6nnen 'wir, wenn wir von einer Farbe zu einer \u00e4hnlichen \u00fcbergehen, uns diese Aenderung \u201ein, derselben Richtung\u201c fortgesetzt denken.\nDie Aufgabe der m\u00f6glichst getreuen Abbildung des Farben-continuums auf den Raum wird nun darin bestehen, die Farbenempfindungen so in einem r\u00e4umlichen Schema 2 symbolisch darzustellen, dafs jeder Farbe ein .Punkt (ihr \u201eBild\u201c) entspricht, und dafs:\na)\teiner stetigen Reihe von Farben auch eine stetige Reihe von Oertern entspricht;\nb)\tdafs, wenn zwischen zwei Farbenpaaren die Distanzen als gleich beurtheilt werden, auch die Distanzen zwischen den entsprechenden Bildpaaren gleich, sind;\nc)\tdafs solche Reihen von Farben, bei denen wir finden, dafs der Uebergang in derselben Richtung stattfinde, durch Punkt\u00a9 derselben Geraden abgebildet werden.\nDamit ist nicht behauptet, dafs ein solches Schema m\u00f6glich ist; wenn es aber m\u00f6glich ist, so zeigen diese Forderungen, dafs es Mos die Beziehungen zwischen den Empfindungen selbst zur Anschauung bringen soll, nicht etwa die Beziehungen zwischen den physikalischen Reizen, oder zwischen diesen und\n1 Dies\u00a9 Constanz der Richtung findet aber nicht immer .gerade dann statt, wenn, die constituirenden Pigmente dieselben sind. Mischt man z. B. einem hellen. Gelb immer mehr Schwarz zu, so wird man 'bei den, ersten Gliedern dieser Farben reihe nur den Eindruck haben, als ob das Gelb immer in derselben Richtung abgeschw\u00e4cht w\u00fcrde. Aber sp\u00e4ter weiden braune T\u00f6n\u00a9 auf treten, was man als Qualit\u00e4t\u00bb- und Richtungs-A endenmg empfindet. Solche Erscheinungen erschweren die Aufstellung eines psychologischen Farbenk\u00f6rpers.\n\u00c4 r\u00e4umlich deswegen, weil die Mannigfaltigkeit der Farbenempfin* d\u00fcngen dreifach ausgedehnt ist (\u00a7 4).","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Heber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. gg0\nden Empfindungen, wie sie das Webeb-Fechner\u2019scIi\u00a9 Gesetz zu geben unternimmt Deswegen wollen wir ein solches Schema einen psychologischen Farbenk\u00f6rper nennen (eventuell Farbenfl\u00e4che, Farbentafel, wenn blos eine zweifache Mannigfaltigkeit aus den gesammten Farbenempfindungen d&rgestellt werden soll), w\u00e4hrend wir es immer noch \u00a9inen Farben? k\u00f6rper schlechtweg nennen, wenn blos die Forderung a) erf\u00fcllt ist.1\t,\t,\nZum weiteren Aufbau des psychologischen Farbenk\u00f6rpers m\u00fcfste, sobald einmal 4 Farben ihre Bilder erhalten haben, die Forderung b) principiell ausreichen. Wenn z. B. die Distanzen einer Farbe F von 4 Farben, die ihre Bilder schon haben, als gleich befunden werden, so mufs das Bild von F in jenen Punkt verlegt werden, der von den 4 Bildern gleich weit absteht (in den Mittelpunkt der Kugel, die dem Tetraeder der Bilder umschrieben werden kann). Die Richtungsrelationen, zu denen etwa F Anlais giebt, k\u00f6nnen also nicht mehr ber\u00fccksichtigt werden, wenn sie nicht schon von selbst richtig abgebildet sind. Daraus sieht man, dafs man \u00a9inen psychologischen Farbenk\u00f6rper nicht wird erzwingen k\u00f6nnen (mehr hier\u00fcber in \u00a7\u00a7 7 u. 9).\nDa die Gleichheit oder Ungleichheit von Farbendistanzen innerhalb ziemlich weiter Grenzen sch\u00e4rfer und entschiedener beurtheilt werden kann (namentlich wenn es sich um Herstellung der \u201eMitte44 zweier nicht gar zu un\u00e4hnlichen Farben handelt), als die Gleichheit oder Ungleichheit von Richtungen im Farben-continuum, werden die Distanzurtheile bei experimentellen Untersuchungen die erste Rolle spielen. Auch aus einem anderen Grunde (S. 270) werden wir nachsehen m\u00fcssen, welche Methoden die Distanzurtheile allein zur Pr\u00fcfung eines Farbenk\u00f6rpers an die Hand geben (\u00a7 9).\nNun sind Farbenk\u00f6rper und Farbentafeln schon \u00f6fter apt gestellt worden, und wir werden zun\u00e4chst die Principien, nach denen sie construirt sind, kritisch untersuchen.\n1 Der psychologische Farbenk\u00f6rper ist keineswegs der einzige, mit dem wir uns zu besch\u00e4ftigen haben, aber er w\u00fcrde offenbar den Zweck, die Beziehungen der Farbenempfindungen zu einander r\u00e4umlich anscbam lieh zu machen, am vollkommensten erf\u00fcllen. Deshalb habe ich die Forderung des psychologischen Farbenk\u00f6rpers als des Ideals eines Farben1 k\u00f6rpers an die Spitze gestellt und genau pr\u00e4cisirt, obgleich wahrscheinlich keiner der wirklich aufgestellten Farbenk\u00f6rper diesen Anforderungen gari\u00e4 \u00e9ntspricht.\t\u2022 \u25a0 *","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"$30\tKonrad Zindler.\n\u00bb \u00bb\n\u00a7 2. Di\u00a9 nach \u00c4lteren Methoden aufgestellten\nFarbenk\u00f6rper,\nDie \u00e4lteste Farbentafel, die auf die wissenschaftliche Literatur unseres Jahrhunderts noch Einflufs genommen hat, ist dis NBWTON\u2019sche. Zwar ist Newton\u2019s Ziel hierbei nur, aus der Art und dem. Verh\u00e4ltnis mehrerer zu mischenden Farben di\u00a9 Mischfarbe vor auszusagen ; aber di\u00a9 Vorschrift, die 'hierzu gegeben, wird, bringt es mit sich, dafs von selbst eine Farbentafel entsteht. Diese Vorschrift ist (gek\u00fcrzt) folgende (Optice, Lib, 1, Pars n, propos. VI) : Man the\u00fce einen Kreismnfang in 7 B\u00f6gen, welche gewissen musikalischen Intervallen proportional sind, und den Spectralfarben, wie aus Fig. 1 ersichtlich, zugewiesen werden.\nFig. 1.\nZu jedem Kreisbogen suche man den Schwerpunkt (p, g,...z).\nIn. diesen Schwerpunkten denke man sich Gewichte .angebracht, proportional den Mengen, (num\u00e9ro radioram) der betreffenden Farben; der Schwerpunkt aller dieser Gewichte sei z. Dann giebt der Punkt y, wo Oz den Kreisumfang trifft, die Farbe der Mischung an, die Strecke Oz wird jedoch der S\u00e4ttigung (saturitati) proportional sein.\nNewton beruft sich dabei auf das Expe.rim.ent, von einem Sonnen8pectrum, bevor man. es durch eine Linse wieder vereinigt, einzelne Farben aufzufangen. Die \u00fcbrigen geben dann, \u201evel","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber r\u00e4umliche Abbildungen dm (hntinumm der Farbemmpfindungm etc, 231\naccurate Tel quam proximo\u201c eine solche Mischfarbe, wie es seiner Regel entspricht. Nun wird, auch verst\u00e4ndlich, was unter \u201enumerus radiorum\u201c zu denken ist: die fl\u00e4chenhafte Ausdehnung der betreffenden zur Mischung zugelassenen Spectralfarbe. Schon die ben\u00fctzte akustische Analogie zeigt, dafs diese Farbentafel keinen Anspruch auf Exactheit machen kann, wenn sie auch das primitivste Bed\u00fcrfnifs, \u00e4hnliche Farben r\u00e4umlich nahe abgebildet zu sehen, befriedigt. Die geschilderte Schwerpunktsconstruction heifst noch immer die \u201eNEWTON\u2019sche Regel\u201c oder \u201eNewton\u2019s Gesetz der Farbenmischung\u201c, wenn auch erst die Ausdehnung derselben auf Mischfarben, die sp\u00e4teren Autoren angeh\u00f6rt, sich fruchtbar f\u00fcr die Farbentheorie erwiesen hat\nMatter. scheint der erste gewesen zu sein, der (G\u00f6ttinger Anzeigen 1758) eine dreieckige Farbentafel construirt hat, ausgehend von der Beobachtung, dafs sich aus roth, gelb md blau alle Farben mischen liefsen. (Nach dem, Bericht Lambert\u2019s in. dessen \u201eBeschreibung einer Farbenpyramide\u201c, Berlin 1772,1268.)\nDurch die Andeutungen Mayer\u2019s, der auch schon von der Mischung der Farben seines Dreiecks mit weifs redet, ist Lambert offenbar zur Aufstellung seiner Farbenpyramide angeregt worden, die er (neben weitl\u00e4ufigen anderen Er\u00f6rterungen) a. a. 0. nach folgenden Principien construirt : Er gruppirt Meine Quadrate in Form eines rechtwinkligen Dreiecks (Fig. 2), f\u00fcllt\nFig. 2.\ndie Eckquadrate .mit den Pigmenten gelb, roth, blau, die zwischenliegenden mit den Zwischenfarben. Solcher Tafeln schichtet er 7 \u00fcbereinander, von denen jede folgende nach oben weniger Quadrate enth\u00e4lt und immer hellere durch Mischung","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nKom'od Zindler.\nmit Weife hervor gegangene 'Farben, Die oberste Schichte enth\u00e4lt nur ein Quadrat: weifs. Die beigegebene (sehr mangelhaft colorirte) Tafel Mat in eine Hohlpyramide hineinblicken, von der die \u00a9ine Seitenfl\u00e4che weggenommen ist, und in der die Farbenquad rate wie auf den Brettern eines Kastens liegen.\nDie Zwischenfarben werden nach folgender Methode erhalten: Lambert geht von bestimmten Pigmenten aus, z. B. \u00a7 60: Zn solchem Gr\u00fcn, welches eigentliches, weder ins Gelbe noch ins Blaue zielendes Gr\u00fcn, ist, werden 2 Gran. Berlinerblau und 7 schwache Gran Gummigurt erfordert Er dr\u00fcckt sich aus, Gummigurt habe 'die Schw\u00e4che 7, und zwar Schw\u00e4che (nicht St\u00e4rke), weil ein Pigment um so schw\u00e4cher ist, je mehr man davon nehmen mufs, um gleiche Wirkung zu erzielen. Hierauf findet er nach derselben Methode f\u00fcr andere Pigmentsorten, dafs \u201ein den Mischungen 2 Gran Carmin, 3 Gran Berlinerblau und 12 Gran Gummigurt gleichweit reichen\u201c und nimmt 2, 3, 12 endg\u00fcltig als Grade der Schw\u00e4che der drei Grundfarben an, mit denen er die Farbentafel construct (\u00a7 89) : \u201eMan setze nun z. E. es soll die nach Mayer\u2019scher Art bezeichnet\u00a9 Mischung rs b2 f\u00c4 mittels erstbemeldeter dreier Grundfarben getroffen werden, m\nwill dies sagen, die St\u00e4rke---des Rothen m\u00fcsse 3, des Blauen 2,\ndes Gelben 3 sein. Nun werden dem Gewichte nach f\u00fcr \u00a9in Grad St\u00e4rke 2 Th. Carmin, 3 Th. Berlinerblau, 12 Th. Gummi* gut! gerechnet\u201c ; demnach ....\n3 X\t2\t=\t6\tTh.\tRoth,\n2\tX\t3\t=\t8\tTh.\tBlau,\n3\tX\t12\t=\t38\tTh.\tGummigurt.\nDies\u00a9 \u201enach MAYRR\u2019seher Art bezeichnet\u00a9 Mischung\u201c (Mater sagt jedoch nicht, wie er \u201edie zu den Mischungen geh\u00f6rigen Portionen\u201c bestimmt habe) ist offenbar f\u00fcr ein Farbendreieck berechnet, In welchem an jeder Seite 9 Quadrate liegen, um eins mehr als die Summe der \u201ePartienten\u201c 3, 2, 3 (\u201eum sie von den Exponenten der Algebraisten zu unterscheiden\u201c) ausmacht. In den Ecken st\u00fcnden die Farben r8, g\\ bh; die 7 Zwischenstufen zwischen rH und b9 w\u00e4ren: r7i, rsi\u00bbs, .... rb7; u. s. w. Alle Quadrate auf einer Parallelen zu einer Dreiecksseite enthalten Farben, f\u00fcr Welche der Partient der an der gegen\u00fcberliegenden Ecke liegen* den Grundfarbe constant ist. Dm Verfahren, die Farben in der Grundfl\u00e4che der Pyramide anzuordnen, ist also pr\u00e4cis definirt; i, B. w\u00fcrde das in der Fig. 2 (Summ\u00a9 der Partienten Mer nur \u00a7)","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"TJ\u00e9ber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 233\nmit einem Kreuzlein bezeichnet\u00ae Quadrat die Farbe r* b1 g* tragen, die nach obiger Regel in bestimmter Weise aus den Pigmenten erhalten wird.\nBios der Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist psychologisch, n\u00e4mlich die Bestimmung der zwischen den Grundfarben in der Mitte liegenden Farben gr\u00fcn, orange und violett Dagegen st\u00f6rt es Lambert nicht, dafs im Uebrigen die Farbenabst\u00e4nde zwischen benachbarten Quadraten nicht gleich erscheinen, ob* schon ihm dieser Umstand nicht entgangen ist (\u00a7 90). Selbst bei Bestimmung jener 3 Mittelfarben l\u00e4fst sich die Methode nur 2 Mal an wenden, weil dann das dritte Verh\u00e4ltnifs der Pigment\u00ab werthigkeiten schon von selbst bestimmt ist. Lambert, der dies auch bemerkt hat, behauptet zwar: die Erfahrung trifft hiermit so genau \u00fcberein, als es verlangt werden kann. Lambert war wohl der erste, der ein r\u00e4umliches Farbenschema aufgestellt hat Auch giebt sich in den quantitativen Bestimmungen ein anerkennenswerthes Streben nach Exactheit kund, wenn man auch sp\u00e4ter f\u00fcr wissenschaftliche Zwecke von Farbendefinitionen durch Mischung von Pigmentquantit\u00e4ten ganz abgekommen ist, aus Gr\u00fcnden, die Helmholtz (in Poggrnboefb's Ann. 1852: \u201eUeber die Theorie der zusammenges. Farben\u201c) angegeben hat\nRunge (\u201eFarbenkugel11, Hamburg 1810, 27 S. u. eine Tafel, in welcher zwei Ansichten der Farbenkugel von aufsen und zwei Durchschnitte colorirt gegeben werden) hat das Farbendreieck wieder durch einen Kreis und die Pyramide durch eine Kugel ersetzt Er beruft sich dabei darauf, dafs alle 6 Punkte f\u00fcr blau, gelb, roth, gr\u00fcn, orange, violett (auf dem Aequator) von weifs und schwarz (an den Polen) gleich weit abstehen m\u00fcfsten, obgleich schon Lambert (\u00a7 77) bemerkt hatte, \u201edas Gelb braucht wenig Stuffen sich ins Weifse zu verlieren, und diese Stoffen kann man sich ohne M\u00fche vorstellen, beim Roth und Blau giebts mehrere Stuffen.\u201c Ein Fortschritt kann also im Ersatz der Pyramide durch eine Kugel nicht erblickt werden, aber darin, dafs Runge f\u00fcr Schwarz und seine Ueberg\u00e4nge zu den Grundfarben durch eine zweite Halbkugel einen passenderen Platz geschaffen hat, w\u00e4hrend sich Lambert's Pyramide von ihrer Basis aus nur nach einer Seite erstreckt, sodafs Schwarz schon in der Basis untergebracht werden mufste, wohin besser das Grau geh\u00f6rt. Genaue Definitionen der Farben, \u00fcberhaupt quantitative Bestimmungen fehlen bei Runge v\u00f6llig.","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nKonrad Zindler.\nUnter den Farbenk\u00f6rpem, die nach direeter Sch\u00e4tzung ent werfen wurden, ist noch Hoflbr\u2019s Farbenoctaeder (Psychologie, S. 113) dadurch merkw\u00fcrdig, dafs Mer nicht die Aehnlichkeit im engeren Sinne, sondern der contr\u00e4re Gegensatz (weifs-schwarz, roth-gr\u00fcn, gelb-blau) zum Ausgangspunkt genommen wurde, zugleich in der Absicht, Hering's Theorie der Grundfarben Rechnung zu tragen. Ebbinghaus hat (Psychologie, 1. Halbbd. S. 184 f.) das Farbenoctaeder verbessert, indem er die Ecken abrundete und die Mittelebene, welche die 8peetralfarben mittlerer Helligkeit enth\u00e4lt, schief gegen die Axe schwarz-weifs stellt\u00a9, so dafs das Gelb dem Wehs, das Blau dem Schwarz n\u00e4her r\u00fcckt\n\u00a7 3. Maxwell's Farbentafel.\nDie neuereil Bem\u00fchungen, die Farben nach einem messenden Princip in ein\u00a9 r\u00e4umliche Anordnung zu bringen, haben von Maxwell\u2019s und Helmholtz* fast gleichzeitigen Untersuchungen ihren Ausgangspunkt genommen. Namentlich ist f\u00fcr die Theorie der Farbenk\u00f6rper Maxwell\u2019s \u201eExperiments on Colours ....\u201c [Scientif. papers, Vol. I, 1854) wichtig.1 Die fundamentale experimentelle Thatsache, auf welcher die M\u00f6glichkeit von MaxwmiL^ Farbentafel beruht, ist folgende: Zwischen je vier be-1 i e b i g e n Farben besteht eine Farbe n g 1 e i c h u n g. D. h. man kann entweder: 1. drei von den Farben in solchen Verh\u00e4ltnissen mischen, dafs die vierte herauskommt ; oder: 2. einer beliebigen Mischung von zwei Farben ein\u00a9 passend zu bestimmende Mischung der zwei anderen gleichmachen.\nDie Mischungen wurden zuerst am Farbenkreisel bei gew\u00f6hnlichem. Tageslicht vorgenommen. Hierbei k\u00f6nnen allerdings die Intensit\u00e4ten beiderseits noch verschieden sein, 'und um sie gleich zu machen, wurde zu der einen Mischung Schwarz hin-zugef\u00fcgt, das Maxwell f\u00fcr Mischungszwecke nicht als Farbe betrachtet. Vielmehr fafst er die Sache so auf, als ob es nur zur Ausf\u00fcllung eines Theils des Kreisels verwendet w\u00fcrde, der eigentlich (wenn dies m\u00f6glich w\u00e4re) leer bleiben m\u00fcfste, wenn\n1 Maxwell beruft sich bloa auf Young, der zuerst ein Dreieck an\nBielle des Newton\u2019sehen Farbenkreises gesetzt habe; es scheinen ihm also die Untersuchungen M\u00e0ykr\u2019s und Lambert\u2019s unbekannt geblieben au, sein. Young spricht in seiner \u201eNatural philosophy\u201c an einer einzigen kurzen und schwer verst\u00e4ndlichen Stelle (Vol. I, S. 440) von dieser Angelegenheit. Eine dreieckige colorirte Farbentafel ist beigegeben.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 235\ndie \u00fcbrigen Farben blos in der Ausdehnung herangezogen werden, die auch der Intensit\u00e4t nach die Mischung gleich der gegebenen machen.\nDie Construction der Farbentafel wird nun so vorgenommen : Es werden drei Grundfarben gew\u00e4hlt, die (aus praktischen Gr\u00fcnden) weit auseinander liegen ; ihre Intensit\u00e4ten werden, wie sie durch bestimmte farbige Papiere bei bestimmter Beleuchtung vertreten werden, gleich eins gesetzt Maxwell nimmt als diese Grundfarben ein gewisses Roth (Vermilion) Vm, Ultramarinblau U und \u201eEmerald Green44 EG ; sie werden durch irgend drei Punkte der Zeichenebene versinnlicht Um nun f\u00fcr eine vierte Farbe, z. B. Welfs W, den Ort auf der Farbentafel zu finden, stellt man vor Allem die Farbengleichung her, welche diese Farbe mit den Grundfarben verbindet Sie ist, wenn S schwarz bedeutet:\n2g W + 72 S = 37 Vm -f- 27 U + 36 EG.\nDie Zahlen geben an, wieviel Procent des Farbenkreisels von der betreffenden Farbe erf\u00fcllt waren. Bringt man nun in den Bildern von Vm, U, EG beziehungsweise die Gewichte 37, 27, 36 an, so soll der Schwerpunkt dieser drei Gewichte das Bild von W sein. Die Gesammtintensit\u00e4t einer durch Mischung aus den drei Grundfarben allein (wobei diese den ganzen Kreisel ausf\u00fcllen) gewonnenen Farbe wird immer eins gesetzt Da aber schon 28 % w gen\u00fcgen, um das rechts herauskommende Grau zu liefern, ist die Intensit\u00e4t des verwendeten weifsen Papiers = 100 : 28 = 3,57 zu setzen ; und jedesmal, wenn dieses weifse Papier im Kreisel verwendet wird, ist die Zahl der Theile, die cs ausf\u00fcllt, mit 3,57 zu muMpMciren, bevor man es in Rechnung bringt Jeder Farbe entspricht so ein bestimmter numerischer Coefficient, der die Intensit\u00e4t bezeichnet, in welcher die Farbe durch das vorliegende Papier vertreten ist\nIst die Farbengleichung von der 2. Art, d. h. stehen auf jeder Seite derselben (Schwarz ungez\u00e4hlt) zwei Farben, so mufs der Schwerpunkt der beiden Bilder links zusammenfallen mit dem Schwerpunkt der beiden Bilder rechts. Sind also die Bilder dreier Farben bekannt, so kann man das Bild der vierten finden, wenn man noch ber\u00fccksichtigt, dafs beiderseits einer Farbengleichung immer die gleiche Intensit\u00e4t stehen mufs. Z. B. ein gewisses blasses Gelb Gb tritt in folgende Gleichung ein:\n39 Gb -f 21 U + 40 8 = 59 Vm + 41 EG.","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nKonrad Zindler.\n\nFig. 3.\nBevor man den Ort f\u00fcr Ob construiren kann, muTs man. den Coefficienfen von Ob kennen. Links m\u00fcssen die farbigen The\u00fce dieselbe Intensit\u00e4t liefern, 'wie rechts. Die 39 Theil\u00a9 Ob skd also (da S zur Intensit\u00e4t nichts beitr\u00e4gt und U, Fm, EG den.\nCoefficienten eins haben) thats\u00e4chlich 79 % (n\u00e4mlich 100\u201421) \u00e4quivalent\u00bb und der Coefficient des Papiers Ci ist daher 79 : 39. Nun constrairt man den Schwerpunkt s von 59 Vm und 41 EG und verbindet U mit s; auf der Verl\u00e4ngerung muls Gb so liegen (Fig. 3), dafs der Schwerpunkt von 79 Gb und 21 U auf s f\u00e4llt Je nach-eg dem die Farbengleichung von der 1; oder 2. Art ist, wird das Bild der neuen vierten Farbe innerhalb oder aufserhalb des Dreiecks der drei alten Farben liegen.\nDie Bedeutung dieser Farbentafel besteht zun\u00e4chst darin, dafs irgend 3 Farben derselben (die nicht in gerader Linie liegen) die .Rolle der Grundfarben spielen k\u00f6nnen, d. h. : 'nimmt man irgend drei andere Farben heraus\u00bb so kann man. zwischen diesen und jeder vierten Farbe F eine Gleichung hersteilen. Dieser Farbengleichung entspricht eine Schwerpunktsconstruction, und der Ort, der nach dieser Construction F angewiesen werden m\u00fcfste, ist identisch mit demjenigen, den F durch Verwendung der urspr\u00fcnglichen Farben Fm, Uf EG erhielt. Oder: von 3 Farben A, B, C ausgehend (deren Bilder man willk\u00fcrlich w\u00e4hlt) kann man einer vierten D nur auf eine Art durch eine Farbengleichung zwischen A, Bf C, D einen Platz anweisen ; aber schon bei der f\u00fcnften Farbe E hat man die Wahl zwischen mehreren Bestimmungen: Man kann die Gleichung zwischen A, B, C, E oder zwischen Ay B, 1), E oder ... (4 Arten) ben\u00fctzen. Die Controlern mehren sich sehr rasch, wenn man zu weiteren Farben fortschreitet\u00bb und alle Arten liefern, dasselbe Ergebnifs. Diese Thatsache hat Maxwell durch viele Versuch\u00a9 best\u00e4tigt; wir wollen sie kurz die Haupteigenschaft der MAXwELL\u2019sehen Farbentafel nennen. Sie besteht also in der Eindeutigkeit dei Resultate trotz der Vieldeutigkeit des Verfahrens\u00bb zum BM.de einet Farbe zu gelangen.","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen de\u00bb Continuums der Farbenempfindungen etc. 237\nMaxwell hat sp\u00e4ter die Mischungsversuche mit Spectral-f\u00e4rben wieder aufgenommen, wobei er einen sehr sinnreichen Apparat (colour-box) verwendet (On the theory of compound colours ..Scient, papers, Vol L, 1860); namentlich hat er dort die Curve der Spectralf arben genauer bestimmt, die zuerst in einer Abhandlung von Helmholtz (Ueber die Zusammensetzung von Spectralfarben, Pogg, Ann., 1855) sch\u00e4tzungsweise angegeben worden war. Aus neuerer Zeit liegen hier\u00fcber von K\u00f6nig und Dieterici Bestimmungen vor (Helmholtz, Handb. d. physiol. Optik, 2. Aufl., S. 340). Alle diese Curven haben das Gemeinsame, dafs sie bei Gr\u00fcn einen starken Bug besitzen, an den sich zwei fast geradlinige Theile f\u00fcr die beiden Enden des Spectrums anschliefsen. (Vgl auch hier Fig. 4, S. 241.)\nReine Spectralfarben sind zu Mischungsversuchen wohl zuerst von Helmholtz (Ueber die Theorie der zusammengesetzten Farben, Pogg. Ann. 1852) ben\u00fctzt worden; ihre Verwendung ist aus mehreren Gr\u00fcnden den anderen Mischungsmethoden vorzuziehen : Die Spectralfarben selbstleuchtender K\u00f6rper sind durch ihre Wellenl\u00e4nge sehr genau definirbare, an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten in gleicher Weise herstellbare physikalische Reize, w\u00e4hrend die farbigen Papiere auch von der Beleuchtung abh\u00e4ngige Reize sind. Ferner k\u00f6nnen bei Versuchen mit Spectralfarben Intensit\u00e4ts\u00e4nderungen unmittelbar durch Aende-rungen von Spaltbreiten hervorgebracht werden, sodafs die Beimischung von Schwarz, die beim Farbenkreisel anst\u00f6fsig scheinen k\u00f6nnte, wegf\u00e4llt und nun wirklich zwischen blos je vier Qualit\u00e4ten eine Farbengleichung hergestellt werden kann. Aufserdem sind beim Farbenkreisel die beiden gleichbefundenen Mischungen h\u00e4ufig in derselben Weise spectral zusammengesetzt, sodafs die Gleichung (worauf Hering aufmerksam gemacht hat, Lotos, 1887, S. 259) vom physikalischen Standpunkt eine identische ist und daher nicht viel beweist. Nur die zeitliche Verteilung der Reize an einem Punkte der Netzhaut ist auch hier noch in beiden F\u00e4llen verschieden. Also ganz trivial sind solche Farbengleichungen doch nicht; sie beweisen immerhin, dafs wenn gewisse Lichtreize zugleich oder nacheinander in beliebiger regel-m\u00e4fsiger zeitlicher Anordnung eine Netzhautstelle treffen, nur so rasch, dafs eine einheitliche Farbenempfindung entsteht, diese Empfindung von der Art der zeitlichen Anordnung unabh\u00e4ngig ist.","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nKonrad Zindler.\n\u00a7 4. Die Bedeutung der Farbentafel Maxwell\u2019s und\ndie Arten von Farbenk\u00f6rpern.\nKann diese Farbentafel eine psychologische sein? Man sieht, es bleibt bei ihrer Construction vieles willk\u00fcrlich : Dieselben drei Grundfarben k\u00f6nnen durch drei beliebige Punkte der Ebene abgebildet werden (die nur nicht in gerader Linie liegen d\u00fcrfen) und k\u00f6nnten noch mit drei beliebigen Intensit\u00e4ts-coefficienten (statt eins) ausgestattet werden, ohne das Wesen der MAxwELL'schen Farbentafel zu beeintr\u00e4chtigen. Dabei haben jedoch nur die Verh\u00e4ltnisse dieser drei Coefficienten auf die Anordnung der Farben in der Tafel Einflufs. Zwei dieser Verh\u00e4ltnisse k\u00f6nnen als unabh\u00e4ngige Parameter betrachtet werden, ebenso zwei Winkel, 'welche die Form des Grunddreiecks bestimmen (wir z\u00e4hlen nat\u00fcrlich geometrisch \u00e4hnliche Farbentafeln wie eine einzige). Dann h\u00e4ngt also die Gestalt der Maxwklj> schen Farbentafel von vier Parametern ab. IIkrino hat bei seiner ausf\u00fchrlichen Untersuchung der Schwerpun ktsconstruction erkannt, dafs alle diese Farbentafeln durch Centralprojection auseinander erhalten werden k\u00f6nnen (a. a. O. S. 221). Dies ist fast unmittelbar ersichtlich, wenn man sich auf den Standpunkt des barycentrischen Calculs (M\u00f6bius, Ges. W. Bd. I) stellt oder \u00fcber-haupt die homogenen Coordinaten der neueren analytischen Geometrie und die damit zusammenh\u00e4ngende Theorie der colli-nearen Verwandtschaft kennt Wenn also die beiden Farbenpaare gleicher Distanz AB und CB in einer dieser Farbentafeln durch Punktepaar\u00a9 gleicher Distanz abgebildet sind, so werden sie es in einer andern im Allgemeinen nicht mehr sein. Diese Farbentafeln k\u00f6nnen also nicht als psychologische betrachtet werden.\nUebrigens giebt es h\u00f6chstens einen psychologischen Farbenk\u00f6rper , wenn man geometrisch \u00e4hnliche und symmetrische Modelle nicht als verschieden z\u00e4hlt. Denn nehmen wir an, K4 w\u00e4re ein von K verschiedener psychologischer Farbenk\u00f6rper,\nund es seien AB, CD, EF, ... Farbenpaare gleicher Distanz, a, b, c,... die B\u00fcder der Farben in K, endlich a\\ b\\ c\\ ... die Bilder in K'. Dann m\u00fcssen die Streckengleichheiten bestehen:","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen des \u00c7ontinuums der Farbenempfindungen etc. 239\nab = c d = e f a*b* = &d* = e\u2018f =...., also\nalb* _ &d* ___ ef f\n~\u00e2T \u2014 Td ~ Tf~ = -\nd. h. jede von beliebig vielen gleich langen Strecken in K hat zur entsprechenden in K' ein constantes Verh\u00e4ltnifs; also sind K und K\u2018 geometrisch \u00e4hnlich oder werden es, wenn man entweder K oder K* bez\u00fcglich einer Ebene spiegelt. Schon aus diesem Grunde sieht man, dafs bestenfalls h\u00f6chstens eine von den M\u00e0xwELL\u2019schen Farbentafeln psychologisch sein k\u00f6nnte. Aber trotzdem ist klar, dafs durch ihre Haupteigenschaft etwas Wichtiges geleistet ist:\nDaraus dafs solche Farbentafeln \u00fcberhaupt m\u00f6glich sind, folgt zun\u00e4chst, dafs das Continuum der Farbenempfindungen blos dreidimensional ist Die Tafeln selbst sind n\u00e4mlich zwei dimensional, ber\u00fccksichtigen aber zufolge ihrer Construction von jeder Combination objectiver Reize (z. B. reiner Spectral-f\u00e4rben in gewissen Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnissen und Anzahlen) eine und nur eine absolute Intensit\u00e4t. Ber\u00fccksichtigt man also noch, dafs jeder objective Reiz, dem ein Punkt der Farbentafel entspricht, noch in unendlich vielen Intensit\u00e4ten auftreten kann, denen ein Empfindungscontinuum entspricht, das aus der Farbentafel herausf\u00fchrt (es ist damit nicht behauptet, dafs dieses auch nach Intensit\u00e4t abgestuft sein mufs), so sieht man, dafs das Continuum aller Farbenempfindungen um eine Dimension mehr haben mufs, als die Farbentafel, d. h.: Das Continuum der Farbenempfindungen ist dreifach ausgedehnt Dies ist jedenfalls eine nothwendige Bedingung (aber keine hinreichende, \u00a7 9) f\u00fcr die M\u00f6glichkeit eines psychologischen Farbenk\u00f6rpers.\nObigen Satz st\u00fctzt man meist nur durch den Hinweis darauf, dafs uns an der Farbenempfindung dreierlei Aenderungsweisen, n\u00e4mlich nach Farbenton, Intensit\u00e4t und S\u00e4ttigung wahrnehmbar seien. Wenn auch dieses Argument den Vorzug unmittelbarer Berufung auf psychische Thatsachen hat, so sind diese That-saehen selbst doch nicht unbestritten, namentlich die \u201eIntensit\u00e4ts\u00e4nderung\u201c (Hbbing, Zur Lehre vom Lichtsinn, \u00a7 21). Aber wenn man auch anerkennen wollte, dafs die \u201eIntensit\u00e4te\u00e4nderung\u201c eine Aendenxng besonderer Art, wenn auch nicht gerade nach Inten-","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nKonrad Zindter.\nsit\u00e4t, sei, so ist doch sicher, dafs uns die verschiedenen Aenie-rangs weisen bei weitem nicht so reinlich geschieden zum Be-wufstsein kommen, wie es im Gebiete der Tonempfindungen (Aenderung nach H\u00f6he, St\u00e4rke, Klangfarbe) wenigstens innerhalb gewisser Grenzen der Fall ist. Daher konnten beim Farbengebiete Zweifel entstehen, ob mit jener Dreiheit die Aendenmgs weisen wirklich ersch\u00f6pft sind: Helligkeit der Farben wird sowohl von der S\u00e4ttigung als von der Intensit\u00e4t unterschieden.1 M\u00fcller redet aufserdem von ihrer Eindringlichkeit (Zur Psychophys. d. Gesichtsempf., \u00a7 6); vielleicht denkt Maxwell, wenn er gelegentlich von brilliancy redet, an etwas \u00e4hnliche\u00ab. Also wird obig\u00a9 Ableitung des Satzes willkommen sein.\nAber \u00a9in Zweifel k\u00f6nnte noch entstehen, ob nicht durch subjective Bedingungen, die Zahl der Dimensionen des Farben* continuums vermehrt werden k\u00f6nnte, w\u00e4hrend wir bisher allen m\u00f6glichen physikalischen Reizen gegen\u00fcber einen unver\u00e4nderten Zustand des Sehorgans gedacht haben. Es ist ja bekannt, d&ft das tiefste Schwarz nur im simultanen Contrast gesehen werden kann; auch kann man z. B. durch Abstumpfung f\u00fcr die Com* plement\u00e4rfarbe ein Spectral licht noch ges\u00e4ttigter sehen als sonst Indessen wird man kaum gezwungen sein, von der Annahme abzugehen, dafs sich in solchen F\u00e4llen die Farbenmannigfaltigkeit in den schon vorhandenen Dimensionen ohne Zutritt einer neuen weiter ausdehnt\nWir kehren zur Bedeutung der MAXWELL\u2019schen Farbentafel zur\u00fcck und betrachten ihre zweite Hauptleistung: Sie lehrt uns, wie ein Reiz physiologisch \u00e4quivalent durch andere Reize ersetzt werden kann. Wenn z. B. CO die Curve der Spectral-farben in einer MAxwELi/schen Tafel ist, so kann der aus \u00c4 und B gemischte Rek S durch jedes mit passenden Intensit\u00e4ten gew\u00e4hlte Paar A B* ersetzt werden, dessen Bilder mit S auf einer Geraden liegen, weil man in A und Bl Gewichte so anbringen kann, dafs ihr Schwerpunkt auch nach S f\u00e4llt. Kurz, alle (physikalisch oft sehr verschiedenen) Combinationen von Reken, die in der Farbentafel denselben Schwerpunkt mit demselben\n1 Hillebrand (\u201eUeber die specifische Helligkeit der Farben\u201c, Wiener Sitzungsb. Math.-Natw. Cl. Bd. XCVHI, Abth. HI; 1889) glaubt alle Aenderail gen, di\u00a9 \u00a9ine Farbe aufser der Aenderung nach Farbenton und S\u00e4ttigung noch erfahren kann, auf Aenderung der \u201eHelligkeit\u201c zur\u00fcck f\u00fchren ra k\u00f6nnen, die er a. a. 0. definirt und einer Messung zug\u00e4nglich macht.","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 241\nGewicht liefern, erzeugen, gemischt, gleiche Empfindungen. Dies liegt in der Haupteigenschaft der Farbentafel und l\u00e4fst eine un-\nbegrenzte Mannigfaltigkeit von Beziehungen zwischen den physiologischen Werthigkeiten der Beize erkennen. Denn man kann nicht nur discrete, sondern auch continuMiche Reize mischen (z. B. Theile des Spectrums), und dem entsprechend kann man in der Farbentafel nicht nur von Punkten, sondern auch von Curven und Fl\u00e4chenst\u00fccken (eventuell mit ver\u00e4nderlicher Dichte) den Schwerpunkt suchen. Geht man auf die spectrale Zusammensetzung der Reize zur\u00fcck, so gen\u00fcgt es allerdings, Theile der Spectralcurve zu combiniren.\nSofern wir nun nicht nur auf eine Abbildung der Elemente selbst einer Mannigfaltigkeit achten, sondern (was die Hauptsache ist) auf die Abbildung von Beziehungen zwischen diesen Elementen, ist auch klar, was durch die MAxwBLi/sch\u00a9 Farbentafel eigentlich abgebildet wird: nicht die inneren Beziehungen zwischen den Farbenempfindungen selbst (wie schon fr\u00fcher bemerkt), auch nicht die physikalischen Reize (denn da m\u00fcfsten spectral in verschiedener Weise zusammengesetzt\u00a9 immer als verschieden gelten), sondern nur die physiologischen Werthigkeiten der Reize und die Beziehungen zwischen diesen Werthigkeiten. Wir wollen deshalb diese Farbentafel eine physiologische nennen; es entspricht jedem ihrer Punkte zwar eine imendliche Mannigfaltigkeit physikalischer Reize, aber nur eine gemeinsame physiologische Werthigkeit derselben und, wie wir ms denken, auch nur ein physiologischer\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XX.\tI\u00df","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nKonrad Mndlm\\\n(allerdings unbekannter) Vorgang, der durch diesen Punkt sammt den in den Schwerpunktsconstractionen liegenden Beziehungen zu anderen Werthigkeiten abgebildet wird. Diese Leistung der MAXWELLschen Farbentafel hat wohl zuerst Hering klar ausgesprochen, der jedem Licht eine \u201eoptische Valenz\u201c (Lotos, 1887, \u00a7 25 ff.) zuweist. Indem wir sagen, die Farbentafel lehre, wie die (auch abgesehen von der objectiven Intensit\u00e4t) noch viel gr\u00f6fsere Mannigfaltigkeit der physikalischen Beize auf ein (abgesehen von der Intensit\u00e4t) zwei dimensionales Continuum physiologischer Werthigkeiten, reducirt werde, setzen wir allerdings voraus, dafs diese Reduction schon beim Uebergang von den physikalischen zu den physiologischen Vorg\u00e4ngen stattfindet, und nicht erst beim Uebergang von den physiologischen zu den psychischen. Aber diese Annahme wird allgemein gemacht ; auch Hering schliefst (a. a. 0. \u00a7 25) ausdr\u00fccklich \u201eaus der Gleichheit der Empfindungen, welche von zwei objectiv verschiedenen Lichtern erzeugt sind, auf'1 die physiologische Gleiehwerthigkeit der letzteren\u201c. Wir wollen also alle Farbentafeln oder Farbenk\u00f6rper physiologisch nennen, \u00fce eine Abbildung der physiologischen Reize und ihrer Beziehungen zu geben unternehmen.\nEs mag gleich bemerkt werden, dafs es einen etwa analogen physikalischen Farbenk\u00f6rper im eigentlichen Sinne, d.h. die stetige Abbildung aller physikalischen Farbenreize auf \u00a9in St\u00fcck des Raums, nicht geben kann ; denn wenn wir n discrete Spectral-f\u00e4rben mischen, so h\u00e4ngt der Reiz von n unabh\u00e4ngigen Ver\u00e4nderlichen (den ft Intensit\u00e4ten) ab, die durch Coordinaten nur versinnlicht werden k\u00f6nnen, wenn n < 3 ; aufserdem k\u00f6nnen wir aber Continua zur Mischung heranziehen; die so erhaltenen Reize k\u00f6nnen um so weniger in einem r\u00e4umlichen Schema untergebracht werden. Wir k\u00f6nnen aber auf mannigfache Weise k\u00fcnstlich aus der Mannigfaltigkeit der physikalischen Reize eine blos dreifache so herausheben, dafs ihr auch eine dreifache Empfindungsmannigfaltigkeit entspricht, und jene dreifache Reizmannigfaltigkeit auf den Raum, abbilden. W\u00fcrde man z. B. drei Spectral f\u00e4rben, etwa je ein Roth B, Gr\u00fcn G, Violett V, in beliebigen, Intensit\u00e4ten zur Mischung zur Verf\u00fcgung haben, so k\u00f6nnte man den gr\u00f6fsten Theil der \u00fcberhaupt m\u00f6glichen Farbenempfindungen damit hervorrufen. Bildet man nun eine solche durch denjenigen Punkt des Raumes ab, dessen Coordinaten u, V, w die Intensit\u00e4ten der drei Componenten i?, G, V sind, so*","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"(Jeher r\u00e4umliche Abbildungen des Continuum\u00bb der Farbenempfindungen etc. 243\nerh\u00e4lt mm einen Farbenk\u00f6rper, bei dem die Abbildungsmethode nach rein physikalischen Principien gew\u00e4hlt ist; wir wollen deshalb einen solchen Farbenk\u00f6rper einen physikalischen nennen, obgleich er im Verh\u00e4ltnifs zur Gesammtheit der m\u00f6glichen Reize nur einen verschwindend kleinen Ausschnitt darstellt.\nDieser Farbenk\u00f6rper umfafst zun\u00e4chst nur die aus R, G, V mischbaren Farben; jeder solchen Farbe F entspricht eine Farbangleichung,\n1.\t==\u00bb uR-\\-vG -\\-tcV,\nwobei die Intensit\u00e4ten von R, G, F jede nach einem beliebigen Maafs gemessen werden k\u00f6nnen, die Intensit\u00e4tseinheit von F jedoch dadurch definirt ist, dafs die Mischfarbe aus uR, t?G, w V die Intensit\u00e4t u -f- v -j- w besitzt (vgl auch \u00a7 3). Alle aus R, G} V mischbaren Farben liegen in einer entsprechenden MAXWELi/schen Tafel auf dem Dreieck R, G, V. Die \u00fcberall convexe Spectralcurve C O (Fig. 4) ragt jedoch \u00fcber jedes Dreieck hinaus, dessen Eckpunkte auf ihr liegen. Es giebt also Farben, die aus R, G, V nicht mischbar sind; aber auch eine solche h\u00e4ngt doch mit R, G, F durch eine Farbengleichung zusammen. Z. B. h\u00e4tte f\u00fcr eine bl\u00e4uliche Spectralfarbe B diese Gleichung den Typus:\ncjB + w'\u00e4 = v4 G-\\-tfV,\nLegt man nun einem negativen Coefficienten in einer Farbengleichung die Bedeutung bei, dafs die betreffende Farbe auf der anderen Seite beizumischen ist, so l\u00e4fst sich die letzte Gleichung so schreiben:\ncB \u2014 \u2014u4R-\\- v'G + tf Vf\nwobei, analog wie fr\u00fcher, die Intensit\u00e4tseinheit von B durch\nc = \u2014 u4 \u2014v4 vf\nzu definiren ist B k\u00f6nnte also durch die Coordinaten \u2014 u4, v4, vf abgebildet werden, und so alle aus R, G, V nicht mischbaren Farben durch Punkte mit zum Theil negativen Coordinaten. Der obige physikalische Farbenk\u00f6rper ist hiermit so erweitert, dafs er jedes Gebiet umfafst, das durch eine MAxwELi/sche Tafel umfafst wird, und \u00fcberdies jeden Reiz in allen m\u00f6glichen Intensit\u00e4ten abbildet, also \u00fcberhaupt zu jeder Farbenempfindung einen hervorrufenden Reiz enth\u00e4lt. Will man von einem Reiz\nblos die Intensit\u00e4t \u00e4ndern, so hat man die Intensit\u00e4tscomponenten\n16*","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nKonrad Zindkr,\nu, v, w im selben Verh\u00e4ltnifs zu \u00e4ndern, Reize derselben Qualit\u00e4t\nsind also durch eine Gerade abgebildet, die durch den Ursprung geht Obiges Verfahren kann zwei negative Coordinaten that-s\u00e4chlich niemals liefern. Denn w\u00e4ren f\u00fcr irgend eine specieUe Farbe F in der GL 1. etwa n und, v negativ, so faiefse das: V l\u00e4fst sich aus JR, G, F mischen, m\u00fcfste .also in einer Maxwell-schen Tafel innerhalb des Dreiecks B, G, F liegen ; d. k F milite im Winkelblatt W liegen (Fig. 4). Dort liegen aber keine Farben mehr, weil s\u00e4mmt\u00fcche Farben der Tafel durch die Spectralcurve und die ihre Enden verbindende Gerade eingeschlossen werden. F\u00fcr Spectralfarben ist in der Gl. 1. ein 'und nur ein Coefficient negativ. Der physikalische Farbenk\u00f6rper erstreckt sich nur in 4 von den 8 Octanten des Raumes ; die \u00fcbrigen Octanten w\u00e4ren noch frei, um jene Farben 'unterzubringen, die nur durch subjective Bedingungen erhalten werden k\u00f6nnen. Z. B. w\u00fcrde tief\u00ab Schwarz in jenen Octanten kommen, wo alle drei Coordinatei negativ sind (Augenschwarz entspricht dem Ursprung des Coordinatensystems, Grau und Weifs liegen gegen\u00fcber im ersten Octanten). .Freilich w\u00fcrde diese Erweiterung des Farbenk\u00f6rperl nicht mehr nach physikalischen Principien vor sich gehen.\nHelmholtz macht eingangs seiner Abhandlung \u201eK\u00fcrzeste Linien im Farbensystem\u201c (\u00abdiese Zeitschr. Bd. III) von einem physikalischen Farbenk\u00f6rper Gebrauch ; derselbe 'wird alsbald physiologisch, indem, er sp\u00e4ter (&.&.O. S. 111) unter x, y, z (die unseren u, \u00ab?, w entsprechen) die Intensit\u00e4ten der hypothetischen physiologischen Urfarben versteht\n\u00a75. Ersatz des mathematischen Theils von Bering's Beweis des Newton \u2019sehen Farben\nm i sch u n g s g e s e t ze s.\nHering hat das NEWTON\u2019sche Farbenmischungsgesetz (so pflegt man die Anwendung der Schwerpunkteregel zu nennen) auf eine viel einfachere empirische Basis gestellt, als die Contr\u00f4l\u00e9 durch Farbengleichungen war (Maxwell und Aubkrt). Es ist zu seiner Ableitung bins nothwendig, den Satz experimentell zu erh\u00e4rten, dafs wenn, man zu den, beiden Lichtem einer Farbengleichung je \u00a9ins der beiden Lichter einer anderen, Farbangleichung' dazumischt, stete wieder ein\u00a9 Farbengleichung entsteht Oder kurz, im, Gebiete der Farben pit der Satz:","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"Heber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums dor Farbenempfindungen etc. 245\nL Gleiches mit Gleichem gemischt giebt wieder Gleiches,\nF\u00fcr Spectralfarben folgt hieraus von selbst, dafs eine Farbengleichung von der Intensit\u00e4t der Farben unabh\u00e4ngig ist; z, B. kann man doppelte Intensit\u00e4t als Mischung jeder Seite der Farbengleichung mit sich selbst auffassen. Hebing hat nun den Satz I durch zahlreiche Versuche bewiesen (Lotos, 1887; Abschn. IV), wobei eine Messung der Gomponenten der Mischungen gar nicht nothwendig war, worin eben der entscheidende Vortheil besteht Aus I. hat er dann die NEwron\u2019sche Regel gefolgert, was durch die etwas umst\u00e4ndlichen Er\u00f6rterungen des ersten Abschnitts seiner Abhandlung vorbereitet worden war. Dieser Nachweis l\u00e4fst sich durch einfachere und k\u00fcrzere Ueberlegungen ersetzen. Wir schicken einige S\u00e4tze \u00fcber das Rechnen mit Farbengleichungen voraus :\nDem Satz I. entspricht in der Rechnung:\nII. Farbengleichungen darf man algebraisch a d d i r e n.\nUnd zwar gilt das auch, wenn negative Ooefficienten Vorkommen. Denn um die eigentliche Bedeutung solcher Gleichungen zu erkennen, mufs man sie (S. 243) so umschreiben, dafs auf beiden Seiten alle Ooefficienten positiv sind. Dann darf man sie nach L addiren, und dann kann man die Glieder mit Vorzeichen\u00e4nderung wieder auf jene Seite schaffen, auf der sie urspr\u00fcnglich standen. Das Resultat ist dasselbe, als ob man gleich urspr\u00fcnglich algebraisch addirt h\u00e4tte.\nHL Man darf Farbengleichungen auch algebraisch subtrahiren.\nDenn wenn man in der zu subtrahirendei* Gleichung die beiden Seiten vertauscht und dann addirt, so kommt eine Gleichung heraus, die man (bis auf Gliedemmstellungen auf die andere Seite) auch erhalten h\u00e4tte, wenn man in der urspr\u00fcnglichen Anordnung subtrahirt h\u00e4tte. Aus dem bisherigen geht hervor :\nIV. Man darf eine Farbengleichung mit einer Zahl multiplieiren oder durch eine solche dividiren.\nEin Specialfall des Subtrahirens ist das Weglassen gleicher Ausdr\u00fccke beiderseits; hierauf l\u00e4fst sich das Substituiren eines","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246\nKonrad Zindler.\nAusdrucks durch \u00a9inen gleichen zur\u00fcckf\u00fchren, was. also gestattet ist. Es seien z. B. in\n1. aF+ a<F\u2018 + ... =\n\u00dfl Fl +\t\u2022 \u2022 \u2022\t+ \u00dfn Fn\nverm\u00f6ge der Gleichung\n2. %Fn = (i101 +\n\u201ch (*k Gk\nstatt der Farbe Fn die Farben Gu ... \u00d6* einzuf\u00fchren, so kann, man sich dies so bewerkstelligt denken, dafs man 1. mit x, 2. mit \u00dfH multiplicirt, dann addirt, schliefslich beiderseits x \u00df* Fn wegl\u00e4fst Ueberhaupt gelten dieselben Regeln, wie bei linearen algebraischen Gleichungen, wieviel Farben auch Vorkommen m\u00f6gen und gleichg\u00fcltig, ob sie Spectralfarben oder zusammengesetzt sind. Wir werden immer voraussetzen, dafs in den Farbengleichungen, von denen wir ausgehen, die algebraischen Summen der Ooefficienten (die \u201eGewichte44) beiderseits gleich sind. Dann gilt dasselbe auch f\u00fcr alle nach den bisherigen Regeln daraus abgeleiteten Gleichungen; also:\nV.\tBeiderseits jeder Farbengleichung sind die algebraischen Summen der Ooefficienten gleich.\nWenn man andererseits zwei beliebig\u00a9 Paare \u00e4quivalenter Kr\u00e4ftesystem\u00a9 hat :\nso ist aus der Mechanik bekannt:\nVI.\tDas durch Zusammenfassung von und St entstehend\u00a9 Kr\u00e4ftesystem ist dem. aus Si1 und ebenso hervorgehenden \u00e4quivalent.\nWir wollen jetzt jeder richtigen Farbengleichung; in der alle Farben ihre Bilder in einer MAxwEWschen Tafel schon haben, folgende mechanische Analogie zur Seite gesteht denken:\nVII.\tWir fegen eine Schaar paralleler Geraden beliebiger Rie ht ungundzwardurchdasBildJ* jeder in der Gleichung auf tretenden, Farbe F, je eine Gerade y,. Je nachdem der zu, Ft geh\u00f6rige Coefficient Mi positiv oder negativ ist, lassen wir l\u00e4ngs yt eine Kraft in dem einen oder anderen Sinne wirken, deren Gr\u00f6fse gleich dem absoluten Betrag von wi, ist.\nAus VI geht nun hervor:\nVHL Wenn es bei einer Anzahl von Farbengleichungen g, ___zntrifft, dafs die Kr\u00e4fte Systeme,","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"Heber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc, 247\ndie den beiden Seiten einer Gleichung nach der Regel VH zugeordnet wurden, einander \u00e4quivalent sind, so bleibt dieser Umstand erhalten, wenn man die Gleichungen addirt.\nDenn wendet man auf die neue Gleichung die Regel VII an, so wird, jeder Seite ein Kr\u00e4ftesystem zugeordnet, das man auch erh\u00e4lt, wenn man die in g, g\u2018, .., derselben Seite zugeordneten Kr\u00e4ftesysteme zusammenfafst. Da man Subtraction von Farbengleichungen stets als algebraische Addition auffassen kann, so gilt das analoge auch f\u00fcr die Subtraction, \u00fcberhaupt f\u00fcr alle zul\u00e4ssigen Operationen.\nNun construiren wir eine MAXWELi/sche Tafel in folgender Weise: Drei beliebige Farben P1; P2, Pa, von denen keine aus den beiden anderen mischbar ist, werden durch drei beliebige Punkte Pu P2, Pg, die nicht in gerader Linie liegen, abgebildet. Jedes Symbol F oder f bedeute zugleich die Maafseinheit der betreffenden Qualit\u00e4t, die f\u00fcr die drei Grundfarben P,, P2, Ft willk\u00fcrlich festgesetzt werden kann, Jeder vierten Farbe F entspricht eine Farbengleichung (\u00a7 3) (eine \u201eGrundgleichung\u201c)\n3, mF = mlF1 -f- mtF2 \u00abj~ tn8P8,\nwobei rechts auch negative Coefficienten auftreten k\u00f6nnen. Indem wir rechts nach der Regel VII ein Kr\u00e4ftesystem zuordnen, wollen wir den Schnittpunkt seiner Resultirenden B mit der Ebene P\u201e Pf, P* als das Bild P von F 'und die Maafszahl von B als Maafszahl der Intensit\u00e4t der neuen Farbe definiren. Da die Resultirende paralleler Kr\u00e4fte der Gr\u00f6fse nach die algebraische Summe der Componenten ist, wird also sein:\nm \u2014 mt -j~ mi -f- m8.\nJetzt ist f\u00fcr jede Farbe ihr Bildpunkt und ihre Maafseinheit definirt Zu zeigen ist, dafs der Satz gilt:\nIX, Wenn die Farbe Pin einer beliebigen Farbengleichung auftritt, und man construirt ihr Bild B nach der dieser Gleichung entsprechenden (erweiterten) Schwerpunktsregel, so ist B identisch mit dem durch 3. definirten Bilde P.\nEs sei\n4,\tp = fx\tf|f fa + . . . + fin fn\ndiese Farbengleichung (wir k\u00f6nnen jmP immer links isoliren).","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\nKonrad Zindler\u00bb\nWir f\u00fchren verm\u00f6ge der Gleichungen, durch welche jede Farbe f mit den Grundfarben zusammenh\u00e4ngt, n\u00e4mlich (man kann dis Coefficienten links, durch Division auf eins bringen)\n( f, = *,\tr, + X\", Ft\n5-\t.............................\nI f\u00bb M *\u00bb -^1 \u201ch x* + x#\u00bb Fs\n(x^ -f- xV -f- %v = 1 f\u00fcr jeden Index) in 4. die Grundfarben ein und erhalten\n6,\t\u00df F\t=\t(\u00dft nt\t+\t**\t+\t- \u2022 . + Um *n )\tFi +\n+\t(f1! X'j\t+\t\u2022\t\u2022 \u2022\t+\t\u00dfn x* ) Ff +\n+\t(^1 x\"i\t+\t\u2022\t* \u2022\t+\tF*. x# \u2022 ) F8.\nDiese Gleichung mufs (bis. auf einen etwaigen Factor, der auf die Lage der Resultirenden keinen Einflufs hat) mit 3. identisch sein, weil zwischen den vier Farben nur eine einzige Farbengleichung besteht1 Wir k\u00f6nnen aus 6. wieder 4. zur\u00fcckerhalten, wenn wir nach \u00dfx, . . . . \u00dfn ordnen:\n7,\tuF = \u00dft (x, Ft -f- n\\ -f- n*\\ F$) + . . . .\n. ... -j- \u00dfn (Xn f\\ + Fj + x\"\u00bb lg).\nm. a. W. : wir k\u00f6nnen die beliebige Farbengleichung 4, auch erhalten, wenn wir passende Grundgleichungen 5. mit passenden Gons tauten \u00dfx, ... \u00dfn multipMciren, dann addiren, rechts anders zusammenfassen, und schliefslich rechts mit Ben\u00fctzung einer\nGrundgleich ung F einf\u00fchren, worauf (abgesehen von der Vertauschung der beiden Seiten) genau 4. herauskommt. Nun ist bekanntlich die Resultirende eines Kr\u00e4ftesystems davon unab*\n1 Wir\u00ae\nm F = nlF1 + tifFf + t%Fs\nneben 3. eine zweite Gleichung zwischen F, Fu Fif F\u00a7 (wir k\u00f6nnen die Coefficienten von F durch Multiplication der einen Gleichung mit einer passenden Zahl immer gleich machen), so w\u00fcrde folgen:\nwti Fi -j\u201c nt$ i g -}- wij F% = tt| Fi -j- 1% Ff -J- tt\u00a7 F&\noder\n(tw;l \u2014 nt) Fi = (% - Mf) Ff + (t% \u2014 mt) Ft,\nd. h. eine der drei Farben wire aus den beiden anderen gegen 'die Voraus* Setzung mischbar. Der Widerspruch verschwindet nur, wenn m, = *i, uii = n,, fttg = %, in welchem Fall\u00a9 die letzte Gleichung nichts anderes aussagt als 0 = 0.","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"Heber r\u00e4umliche Abbildungen dm Continuums der1 Farbenempfindungen etc. 249\nh\u00e4ngig, in welcher Reihenfolge man die Kr\u00e4fte zur Construction heraniieht, und wie man sie zu Gruppen zusammenfafst. Der Punkt B, der durch mechanische Deutung von 4. oder 7, erhalten wurde, mufs also zusammenfallen mit P} der durch mechanische Deutung von 3. oder 6. erhalten 'wurde. Denn in 6. und 7. unterscheiden sich die rechten Seiten nur durch andere Anordnung und Zusammenfassung der Glieder, wenn auch vielleicht die spectrale Zusammensetzung der in 3. und 4. auftretenden Farben ganz verschieden ist ; die wirklichen spectralen Zusammen-Setzungen der Farben gehen in die Rechnung gar nicht ein.\nEtwas anders \u2019 ausgedr\u00fcckt : Wie eben gezeigt, kann man jede Farbengleichung aus Grundgleichungen der Form 3. oder 5. durch zul\u00e4ssige Operationen erhalten. Da nun bei diesen Grundgleichungen die Voraussetzungen der S\u00e4tze V. und VIII'. ex definit! one zutreffen, so mufs dieser Umstand auch bei einer beliebigen Farbengleichung erhalten bleiben. Wenn also insbesondere auf der \u00a9inen Seite nur eine Farbe steht, mufs die ihr entsprechende .Kraft die Resultirende des Systems der anderen Seite sein,, womit IX neuerdings bewiesen ist.\nMan sieht in der That, dafs dieser Beweis wesentlich auf'1 dem Satze 1 beruht und auf dem Umstand, dafs zwischen je 4 Farben \u00a9ine Farbengleichung besteht. Jedoch braucht man Wo\u00ab die Existenz dieses Umstands zu kennen (um zu wissen, dafs man gerade mit drei unabh\u00e4ngigen Grundfarben auskommt), aber nie die numerischen Werthe der Coefficienten irgend einer Gleichung. Die Rechnungen mit Farbengleichungen stehen in vollst\u00e4ndiger Analogie mit der Punktrechnung Grassmann\u2019s (Ausdehnungslehre, Ges. W. Ia und P).1\n\u00a7 6. Weiteres \u00fcber Farbenk\u00f6rper.\nDie bisherige Uebersicht zeigt deutlich, dafs das Problem des Farbenk\u00f6rpers aus dem, Problem des Mischungsgesetzes ent-\ns Ordnet man also di\u00a9 Farbenmannigf<igkeit nach, dem Mischlings-gesetz, so stellt sie sich, in, der \u00c4usdracksweise der Mathematiker als linear heraus, w\u00e4hrend, dies bei Anordnung nach Dietanzvergleichungen, wie sie der psychologische Farbenk\u00f6rper erfordert, nicht der Fall in sein, braucht. Es ist eben merkw\u00fcrdig, dafs Im Farbencontinuum auf zwei wesentlich verschiedene Arten, mathematisch ausdr\u00fcckbare quantitative Beziehungen zwischen den verschiedenen Qualit\u00e4ten gefunden werden k\u00f6nnen.","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"260\nKonrad Zind\u00eetr,\nstanden ist, Es werden auch alle praktischen Methoden einen Farbenk\u00f6rper zu finden oder zu pr\u00fcfen, mit dem Verfahren der Farbenmischung verquickt bleiben\u00ab Aber trotzdem .ist das Problem des psychologischen Farbenk\u00f6rpers vom Mischungsgesetz theoretisch vollkommen unabh\u00e4ngig. Denn es fordert nur, die irgendwie gegebenen Farbenempfindungsinhalte in eine Anordnung zu bringen, wie sie den Anforderungen des \u00a7 1 entspricht Die idealste Verwirklichung eines Farbenk\u00f6rpers wir\u00ae es also, wenn man an jede Stelle eines passenden St\u00fccks des Raumes unwandelbar die Farbe heften k\u00f6nnte, deren Bild jene Stelle sein soll. K\u00f6nnten wir uns jede beliebige Farbennuance einschliefslieh aller objectiven Intensit\u00e4ten irgendwie ohne Mischung verschaffen, so k\u00f6nnten wir der Farbenmischung ganz entrathen, und das Problem des psychologischen Farbenk\u00f6rpers behielte immer noch seinen guten Sinn, der bei dieser Fiction erst recht ganz rein zum Vorschein kommt\nDa zur praktischen Ausf\u00fchrung eines Farbenk\u00f6rpers that-s\u00e4chlich nur eine beschr\u00e4nkte Anzahl von Pigmenten vorliegt, und auch fliese erst durch Angabe ihrer Beleuchtung eindeutig als Reiz\u00a9 definirt sind, werden die Versuche, eine Farbentafel wirklich zu malen, einen zweifelhaften Werth haben. Es 'wird also am pr\u00e4cisesten sein, den Reiz physikalisch durch Angabe der Art (Wellenl\u00e4nge) und Intensit\u00e4t der Speotr&lfarben zu defi-niren, die in ihm Vorkommen, und alle Reize, die man ben\u00f6thigt (wmbei von physiologisch \u00e4quivalenten nur einer vertreten zu sein braucht), aus m\u00f6glichst wenigen Spectralfarben zu mischen Indem man nun zu jedem. Punkt des Raumes, der noch im .Farbenk\u00f6rper liegt, sich den. Reiz hingeschrieben denkt1, 'wird, man von der Voraussetzung abh\u00e4ngig', dafs derselbe Reiz (wenigstens in der Person, f\u00fcr welche der Farbenk\u00f6rper gelten soll) immer gleiche Empfindungen hervorruft, weil mm sonst nicht mehr w\u00fcfste, welche Empfindung durch Angabe des Reizes\n1 Wenn, wir ums jetzt jeden Farbenk\u00f6rper als ein\u00a9 Anordnung physikalischer Reise denken, so braucht deshalb ein solcher Farbenk\u00f6rper selbst noch nicht physikalisch au sein, sondern, er kann physiologisch oder psychologisch. sein,, je nachdem die .Anordnung der Reize nach physiologischen Grunds\u00e4tzen oder nach den psychologischen Merkmalen der entsprechenden Empfindungen vorgenommen wurde. Es werden eben die Reize nur da Zeichen der Empfindungen verwendet, weil man die Empfindungsinhalte seihst nicht an die betreffende Stelle des Raumes hinzaubem kann.","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber r\u00e4umliche Abbildungen dm Continuums der Farbenempfindmngen etc. 251\nbezeichnet werden soll. Aber auch diese Voraussetzung ist nur deshalb nothwendig, weil wir die Empfindungen praktisch von ihren Reizen nicht losl\u00f6sen k\u00f6nnen. Principiell w\u00e4re es gar nicht nothwendig, bei der Frage des psychologischen Farbenk\u00f6rpers von den Reizen und dem Zustand der Netzhaut \u00fcberhaupt zu reden, wenn wir uns ohne den Umweg \u00fcber die ' Reize \u00fcber unsere Empfindungen verst\u00e4ndigen k\u00f6nnten, und wenn wir die Empfindungen willk\u00fcrlich ohne Reize hervorrufen k\u00f6nnten. Denn der psychologische Farbenk\u00f6rper soll eben nur1 innere Beziehungen zwischen den Empfindungen zum Ausdruck bringen, die sich nicht \u00e4ndern, solange sich die Empfindungen selbst nicht \u00e4ndern. Ja sogar, wenn z. B. wegen Erm\u00fcdung der Netzhaut demselben Reiz allm\u00e4hlich andere Empfindungen entsprechen, \u00e4ndert sich dadurch am psychologischen Farbenk\u00f6rper nichts Wesentliches, sondern nur an der Zuordnung der Empfindungen (und deshalb der Punkte des Farbenk\u00f6rpers) zu den Reizen. Man wird zu den Punkten des Farbenk\u00f6rpers f\u00fcr das erm\u00fcdete oder sonst alterirte Auge andere definirend\u00a9 Reize hinschreiben m\u00fcssen, aber die Punkte des Farbenk\u00f6rpers selbst wird man in ihrer gegenseitigen Lage nicht \u00e4ndern d\u00fcrfen, die eben das Wesen des psychologischen Farbenk\u00f6rpers ausmacht.\nSind aufserdem physikalische oder physiologische Farbenk\u00f6rper in derselben Weis\u00a9 gegeben, sodafs an jedem Punkt des K\u00f6rpers der zugeh\u00f6rige physikalische Reiz steht, so sind alle diese Farbenk\u00f6rper von selbst auf einander und auf den psychologischen abgebildet, wenn man alle Punkte als zugeordnet beteachtet, bei denen gleiche physikalische Reize stehen.\nEine solche Abbildung des psychologischen auf einen physikalischen Farbenk\u00f6rper schliefst zugleich alle denkbaren Erweiterungen des Weber-Rechner\u2019sehen Gesetzes in sich. D. h. sie enth\u00e4lt alle Beziehungen zwischen den Reizdistanzen und den Empfindungsdistanzen und l\u00e4fst namentlich die Abh\u00e4ngigkeit der letzteren von den ersteren ablesen, wenn auch die Art der graphischen Darstellung durchaus verschieden ist von der Art, wie das FECHNER\u2019sche Gesetz, das f\u00fcr das Gebiet des Lichtsinns nur einen sehr speciellen Fall der Beziehungen zwischen Reiz und Ein pfindung behandelt, veranschaulicht zu werden pflegt. Nehmen wir z. B., um dies zu erl\u00e4utern, an, dafs im physikalischen Farbenk\u00f6rper Reize gleicher Qualit\u00e4t durch Punkte auf einer","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252\nKonrad Zindler.\nGeraden abgebildet werden, deren Abstand von einem festen Punkte der physikalischen Intensit\u00e4t proportional ist, und fassen wir eine Reihe von Reizen rlr r2 ... rn ins Auge, die eine geometrische Reihe bilden ; wir setzen ferner voraus, dafs im ganzen Gebiete, dem diese Reihe entnommen ist, f\u00fcr die betreffende Qualit\u00e4t das WEBEn\u2019sche Gesetz gelte. Dann m\u00fcssen wir nach der Forderung b) f\u00fcr den psychologischen Farbenk\u00f6rper die entsprechende Empfindungsreihe Eu E21 ... En durch eine Punktreihe abbilden, deren benachbarte Individuen von einander constante Abst\u00e4nde haben. Wenn die Reihe der E \u00fcberdies gerad-l\u00e4ufig ist, und wenn mit etu \u2014 ev die Strecke zwischen den Bildern Pp und Pv der Empfindungen Ep und Ev bezeichnet wird1, mit r1? r2; ... nicht nur die Reize selbst, sondern auch die Abst\u00e4nde ihrer Bilder vom Bild des Nullpunkts; so folgt jetzt rein mathematisch durch genau dieselbe Rechnung, die in Mekong\u2019s \u201eUeber die Bedeutung des Webek*sehen Gesetzes\u201c, \u00a7 29 (diese Zeitschr. Bd. XI) mitgetheilt ist, dafs\n1. ep% \u2014 ev \u2014 C. log ,\nTv\nwobei C eine Constante, v beliebige Zahlen aus der Reihe 1, 2, ... n sind. Die Einw\u00e4nde, die der Verfasser selbst gegen die Ableitung macht, bestehen diesfalls nicht, weil e2 ;\u2014elf es \u2014e2... Strecken sind und also addirt werden k\u00f6nnen. Die rechte Seite von 1. ist nur von Strecken des physikalischen Farbenk\u00f6rpers abh\u00e4ngig, die linke ist eine Strecke des psychologischen. Die Beziehung zwischen diesen Strecken, die durch 1. ausgedr\u00fcckt ist, giebt den eigentlichen Inhalt des FECHNEa\u2019schen Gesetzes wieder und l\u00e4fst erkennen, wTie bei einer Reizreihe constanten Abstands die Bilder der Empfindungen nach dem logarithmischen Gesetz immer n\u00e4her zusammenr\u00fccken. Aber eine logarithmische Curve, wie bei den gew\u00f6hnlichen graphischen Versinnlichungen, tritt hier nicht auf, weil wir Reize und Empfindungen nicht in einer und derselben Figur abbilden, sondern durch zwei ganz getrennte r\u00e4umliche Schemata darstellen; auch werden die Empfindungen nicht durch Strecken, sondern durch Punkte abge-\n1 Ein einzelnes Symbol ev bedeutet sonach die Entfernung des Punktes P\u201e von einem beliebigen festen Punkte P der Geraden, auf der alle Pv liegen. Denn bei Aenderung von P \u00e4ndern sich die Differenzen der Entfernungen der P\u201e nicht.","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 253\nbildet, und erat den Empfindungsdistanzen sind verm\u00f6ge der Punktdiatanzen auch Strecken zugeordnet. Sind beide Schemata, d. h. der physikalische und der psychologische Farbenk\u00f6rper, einzeln richtig construirt, so wird nun aus obigem Beispiel er-sichtlich sein, wieso die erw\u00e4hnte Abbildung beider aufeinander die Beziehungen zwischen Reiz und Empfindung darstellen muls. Dabei ist von einer Empfindungsmtensit\u00e4t oder gar der Messung einer solchen gar nicht die Rede. Es braucht \u00fcberhaupt bei Aufstellung des psychologischen Farbenk\u00f6rpers gar nicht er\u00f6rtert zu werden, wonach die Farbenempfindungen abgestuft sein k\u00f6nnen, ob etwa blos nach Qualit\u00e4t, Intensit\u00e4t und S\u00e4ttigung, ferner ob und in welchem Umfang diese Bestimmungsstucke sich unabh\u00e4ngig von einander \u00e4ndern k\u00f6nnen. Sondern alle dreifach unendlich vielen Farbenempfindungen sind als gleichberechtigte Individuen zu beteachten, deren Anordnung in Form eines Farbenk\u00f6rpers durch Abstandsrelationen allein bestimmt sein mufs \\ wenigstens sobald gewisse Anf\u00e4nge der Anordnung schon vorliegen (s. auch S. 229), \u00e4hnlich wie, wenn die Lage mindestens dreier Punkte eines festen K\u00f6rpers bekannt ist, die Lage jedes weiteren Punktes blos durch Abst\u00e4nde von bekannten Punkten bestimmt werden kann. Deshalb ist zur Aufstehung des psychologischen Farbenk\u00f6rpers die Keimtnifs der Abh\u00e4ngigkeit der Empfindungen von den Reizen principiell gar nicht nothwendig, sondern umgekehrt w\u00e4re jene Aufstellung das beste Mittel, diese Abh\u00e4ngigkeit zu finden.\nBei Aufstellung eines psychologischen Farbenk\u00f6rpers ist zun\u00e4chst soviel willk\u00fcrlich, als bei der Orientirung eines starren K\u00f6rpers im Raum. Denn die Orientirung des Farbenk\u00f6rpers im Raum ist f\u00fcr die inneren Beziehungen seiner Punkte gleichg\u00fcltig. Aber auch geometrisch \u00e4hnliche (und symmetrische) Farbenk\u00f6rper sind \u00e4quivalent, sodafs 7 willk\u00fcrliche Parameter vorhanden sind.\n1 Nachtr\u00e4glich wird es allerdings eine wichtige Frag\u00a9 sein, welche Maien im psychologischen Farbenk\u00f6rper etwa den physikalisch blos nach Intensit\u00e4t abgestalten Beizen entsprechen, \u00fcberhaupt welche Linien irgend wie ausgezeichneten Linien des \u00a9inen Farbenk\u00f6rpers im anderen entsprechen.","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254\nKonrad Zindler.\n\u00a7 7. Uober die Abbildung eindimensionaler Farbencontinua; ausgezeichnete eindimensionale\nContinua.\nNach alledem, wird man fragen, wie man den psychologischen Farbenk\u00f6rper finden, beziehungsweise entscheiden kann, - ob einer existirt. Im bejahenden Falle wird die Auffindung wohl immer nur so geschehen k\u00f6nnen, dafs man hypothetisch einen Farbenk\u00f6rper oder gewisse Eigenschaften desselben anmmmt und dann pr\u00fcft, ob er die Bedingungen des psychologischen Farbenk\u00f6rpers erf\u00fcllt.1 Es ist ja auch sonst in den Naturwissenschaften nicht m\u00f6glich, eine Gruppe von Naturerscheinungen auf directera Wege in ein Maafsgesetz zu fassen, sondern es k\u00f6nnen nur bestimmte Hypothesen gepr\u00fcft werden. Hat man z. B. zu einer grofsen Zahl, von Einfallswinkeln \u00ab die entsprechenden Brechungswinkel \u00df f\u00fcr den Uebergang des Lichtes von einem Medium in ein anderes gemessen, so giebt es keine Universalformel, in die\nman die Werthe der Winkel nur einzusetzen brauchte, damit\n\u2022\ndas Brechungigesetz\t= const, herausspringt; sondern\nman kann nur dieses versuchsweise angenommene Gesetz durch Experimente best\u00e4tigen. Ein elassisches Beispiel f\u00fcr diese methodologische Thatsache bildet auch die Auffindung der KEPLE\u00fc\u2019schen Gesetze. Man, wird also keinen directen Weg zui Auffindung des etwaigen psychologischen Farbenk\u00f6rpers verlangen k\u00f6nnen, wohl aber l\u00e4fst sich einiges dar\u00fcber sagen, wie man einen Farbenk\u00f6rper daraufhin pr\u00fcfen kann, ob er psychologisch ist, und der Plan zu einigen n\u00fctzlichen Voruntersuchungen l\u00e4fst sich entwerfen:\nAus dem Gesammtgebiet der Farbenempfindungen kann man in mannigfacher Weise eindimensionale Continua heraus-greifen, die entweder durch ihre Entstehungsweise oder begrifflich definirt sein k\u00f6nnen. Unter den ersteren sind jene besonders leicht herzustellen und spielen bei den experimentellen Untersuchungen eine grofse Rolle, die sich durch Mischung zweier Farben (auf dem Farbenkreisel oder aus Spectralfarben) ergeben Wir wollen sie der Einfachheit halber Mischcontinua nennen.\n1 Im Fall der Nichtexistenz k\u00f6nnte die Entscheidung vielleicht einfacher erfolgen; s. *. B. den Satz am Schlufs diesesi \u00a7.","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcc\u00e8cr r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der1 Farbenempfindungen etc, 255\nDamit durch zwei Spectralfarben nur ein eindimensionales Mischcontinuum definirt sei, mufs man jede aus ihnen erhaltbare Qualit\u00e4t noch ihrer Intensit\u00e4t nach passend .individualisiren, am besten dadurch, dafs man verlangt, die Summ\u00a9 der physikalischen Intensit\u00e4ten soll constant sein, wobei jede einzelne Intensit\u00e4t mit einem, willk\u00fcrlichen (aber immer mit demselben) Maafs gemessen werden kann. Wenn man die Spectralfarben durch spaltf\u00f6rmige Oeffnungen sendet, bevor man sie vereinigt, so kann man (was auf dasselbe hinauskommt) vorschreiben, dafs die Sum,me der Spaltbreiten constant sein soll.1\nUnter den begrifflich definirten Continuen sind zun\u00e4chst die k\u00fcrzesten Linien hervorzuheben. Man kann ihre Definition nicht unmittelbar aus der Geometrie ins Farbencontinuum \u00fcbertragen, weil man Mer keinen Streckenbegriff und daher auch keinen L\u00e4ngenbegriff f\u00fcr1 eine Linie hat, sondern man mufs die Definition so fassen, dafs nur Vergleichung von Distanzen in Farbenpaaren ausgef\u00fchrt wird (\u00a7 1). Aber die Modification liegt nahe: Wenn wir zwischen zwei Farben F0 und Fn die Reihe Fx, Ff, . \u00ab. Fn^i so einschalten, dafs die Distanzen F\u00ea Fl} F\\ F2, ... Fn_i Fn als gleich beurthei.lt werden, so liegen die Farben FQ, Fu ... Fn auf einer k\u00fcrzesten Farbenlinie, wenn bei gleicher Schrittzahl (n) in jeder anderen F(l und Fn verbindenden Reihe F\\. F\u20182j ... F'n_! die (wieder einander gleichen) Distanzen F0 F\\ F\\F\\, ... F*^i Fn gr\u00f6fser sind, als in, der ersten Reihe. Es k\u00f6nnte nun scheinen, dafs Mer ebensowenig eine Einschr\u00e4nkung auf kleine Schritte2 nothwendig ist, als \u00fcberhaupt die Methode\n1 Man k\u00f6nnte auch Mischcontinua betrachten, bei denen, die Intensit\u00e4t der eisen Componente constant bleibt, die der anderen alle m\u00f6glichen Werth\u00a9 annimmt; wir bleiben aber immer bei den. Armahmen des Textes. Analog kann man durch drei Spectralfarben \u00a9in, zweidimensionale\u00ab Mischcontinuum definiren, wenn, man die Bedingung hinzuf\u00fcgt, dafs di\u00a9 Summe der Intensit\u00e4ten constant sein. soll. (Vgl. das Verfahren bei der Aufstellung einer MaxwELi/schen Farbentafel.) Auch eine einzelne Farbe in allen, m\u00f6glichen Intensit\u00e4ten kann als eindimensionales Mischcontinuum aufgefafst werden. Denn wenn man durch zwei Spalten dieselbe Spectral-farbe S, aber mit verschiedenen Intensit\u00e4ten pro Fl\u00e4cheneinheit des Spaltes schickt, so erh\u00e4lt man nach Vereinigung der beiden Componenten wieder die Farbe S, und zwar in allen zwischenliegenden Intensit\u00e4ten, wenn, man die Spaltbreiten so \u00e4ndert, dafs ihre Summe constant bleibt.\n\u2022 Man hat in, der Psychophysik h\u00e4ufig die \u201eeben merklichen\u201c Unterschiede bevorzugt und es als selbstverst\u00e4ndlich betrachtet, dafs sie ein","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"256\nKonrad Zindler,\nder \u00fcbermerklichen Distanzen auf kleine Distanzen beschr\u00e4nkt ist. Allein man ist nicht sicher, ob die Lage der k\u00fcrzesten Lime zwischen zwei festen Farben bei dieser Allgemeinheit der Definition nicht noch von der Anzahl der Zwischenglieder abhingt In der That w\u00fcrde die Voraussetzung der Unabh\u00e4ngigkeit ein\u00ab specielle Voraussetzung \u00fcber die Natur der Farbenmannigfaltigkeit invol viren.* 1 Wir beschr\u00e4nken daher die Distanzen, von denen in der Definition die Rede ist, auf hinreichend Heine, mit dem Bewufstsein, auch so blos ein Compromifs zwischen den Anforderungen der Strenge und der Verwendbarkeit der Be-finition geschlossen zu haben. Die der Geometrie analogen k\u00fcrzesten Linien wurde man in einer beliebigen (nicht ebenen) Mannigfaltigkeit erst erhalten, wenn man die verwendete Distanz gegen Null limitiren l\u00e4fst.\nMan begegnet nun in der Literatur der Annahme, ckfe k\u00fcrzeste Farbenlinien durch Gerade abgebildet werden m\u00fcfsten, und d&fs dann selbstverst\u00e4ndlich auch alle Analogien, die aas dieser Annahme folgen, stichhaltig seien. Jedoch ist zun\u00e4chst die allgemeinere Frage, ob f\u00fcr ein beliebig vorgegebenes eindimensionales Farbencontinuum die Abbildung durch eine Gerade den Anforderungen eines psychologischen Farbenk\u00f6rpers nicht widerspricht, auf folgende Weise einer experimentellen Pr\u00fcfung f\u00e4hig: Man hebe aus dem Continuum eine Reihe von Farben heraus, von denen jede von der folgenden gleich weit absteht (man bilde eine \u201eReihe constanten Abstands11)* Die Farben seien mit den Nummern\n1, 2, 3,.....n\nSpecialfall der \u201egleich merklichen\u201c seien. S. jedoch Mkinono, Ueber die Bedeutung dep WzBEB\u2019schen Ges. (diese Zeitsckr, Bd. XI), \u00a7 II. Wir vermeiden daher die Verwendung ebenmerklicher Distanzen.\n1 Die geometrische Analogie, welche dies klar macht, ist folgende: Wenn man auf einer krummen Fl\u00e4ch\u00a9 von einem Punkte P# su einem anderen P\u00ab mittels der Zwischenpunkte Pu Pt, .... P\u00bb -1 so hindurch-gehen will, dafs die einander gleichen Distanzen P0P|, Pi P*, ... P*\u2014\u00eeP\u00bb (im\nRaume, nicht auf der Fl\u00e4che gemessen! m\u00f6glichst klein sind, so werden diese Zwischenpunkte i. A. nicht auf der k\u00fcrzesten (geod\u00e4tischen) Linie der Fl\u00e4che zwischen den zwei gegebenen Endpunkten liegen. Erst wenn man die Distanz zweier benachbarten Zwischenpunkte (bei gleichzeitiger Vermehrung derselben) gegen Null limitiren l\u00e4fst, r\u00fccken ihre Grenzlagen in die k\u00fcrzeste Linie ein.","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"Weber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. \u00e457\nbezeichnet. Nimmt man nun von dieser Reihe nur jedes zweite Glied, also die Farben\n1, 3, 5,.....\noder j\u2018edes dritte Glied, also\n1, 4, 7, .... , u. s. w.\n(wobei man mit einer beliebigen Farbe beginnen kann), so ist es (selbst f\u00fcr die Reihe Weifs-Grau- Schwarz) durchaus nicht a priori evident, dafs auch diese neuen Reihen, die \u201eTheilreiheri\u201c, Reihen constanten Abstands sein m\u00fcssen.* 1 W\u00e4re es nicht der Fall, so w\u00e4re eine Gerade zur Abbildung des betreffenden Continuums ungeeignet (\u00a7 1), weil die Gerade eben die analoge Eigenschaft besitzt. Aber auch die Kreislinie besitzt sie; dies Hegt daran, dafs ihr (ebenso wie der Geraden, welche die Kr\u00fcmmung Null hat) ein constantes Krtimmungsmaafs zukommt. Endlich hat noch die Schraubenlinie dieselbe Eigenschaft.1\nWenn dagegen z. B. in der Theilreihe 1, 3, 5, . . . die Abst\u00e4nde der Empfindungen abnehmen w\u00fcrden, w\u00e4hrend 1, 2, 3, 4, . . . . selbst eine Reihe constanten Abstands ist, so w\u00e4re eine Curve (Fig. 5), deren Kr\u00fcmmung in der Richtung 1, 2, 3, . . .\nFig. 6.\n1 Meines Wissens hat zuerst Ludwig Lange (TTeber das Maafsprincip der Psychophysik und den Algorithmus der Empfindungsgr\u00f6fsen, Wundt's Philos. Studien, Bd. X) ein \u00e4hnliches Bedenken ge\u00e4ufsert : Ist das f\u00fcr die\n0\t* F\nGr\u00f6fse \u201edes Quotienten \u2014\u2014\u2014\u2014 zu gewinnende Resultat unabh\u00e4ngig da\n^9\t\" ei\nvon, was f\u00fcr eine fundamentale Sprossen weite man anwendet?\u201c Die 1894 ver\u00f6ffentlichte Abhandlung ist (wie der Verfasser angiebt) 1886 verfafst. Ich habe (unabh\u00e4ngig von Lange) Nov. 1887 in der unter Leitung Prof. Mkinong\u2019b stehenden philos. Societ\u00e4t der Universit\u00e4t Graz die hier gegebene Methode zur Pr\u00fcfung eindimensionaler Continua skizzirt, die noch allgemeineren Fragestellungen als dem Einwand Lange's gerecht wird.\n1 Bei Iiaumcurven unterscheidet man eine \u201eerste\u201c und eine \u201ezweite\u201c Kr\u00fcmmung (Torsion); die Schraubenlinie ist die einzige Raumeurve, deren holde Kr\u00fcmmungen constant sind.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XX.\n17","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"Konrad Zindkr.\n258\n\u00ab\nin passender Weise zunimmt, und auf der die Punkte 1, 2, 3, 4, . . . ebenfalls mit constanter Zirkel\u00f6ffnung abgetragen sind\u00bb zur Abbildung des Empfindungscontinuume vielleicht ge-eignet Wir k\u00f6nnen also den Satz aussprechen : Im psychologischen Farbenk\u00f6rper kann ein eindimensionales Continuum C durch ein\u00a9 Curve constanter Kr\u00fcmmung (Gerade, Kreis, Schraubenlinie) nur abgebildet werden, wenn von jeder Reihe constanten Abstands, die aus C entnommen ist, auch alle Theilreihen Reiben gleichen Abstands sind, Es ist, wm f\u00fcr die Frage des psychologischen Farbenk\u00f6rpers wichtig w\u00fcte,* noch nicht untersucht worden, welche ausgezeichneten Continua 'dies\u00a9 Bedingung erf\u00fcllen ; alle die es thun, wollen wir Fmrbcncontinua constanter Kr\u00fcmmung nennen.\nWir haben nun schon viererlei durch irgend eine Eigenschaft ausgezeichnete eindimensionale Farbencontinua k\u00f6nnen gelernt :\n1.\tBi\u00a9 k\u00fcrzesten Linien\u00bb\n2.\tDie Linien constanter Kr\u00fcmmung.\n3.\tDie Linien constanter Richtung.\n4.\tDie Mischcontinua\nDie Eigenschaft, durch welche diese 'vier Arten von Linien definirt wurden, sind begrifflich von einander vollkommen unabh\u00e4ngig. Die M\u00f6glichkeit ihrer thatelcMichen Verschiedenheit wollen wir zun\u00e4chst an einer geometrischen Analogie erl\u00e4utern (bei der freilich ein Analogon der Mischcontinua nicht auf tritt). Wir besitzen n\u00e4mlich auch in unserem Raume (allerdings nur zweidimensionale) Continua, bei denen diese Linien nicht ;n;urj der Definition nach, sondern auch thats\u00e4chlich auseinander treten: Die k\u00fcrzesten Linien auf einer beliebigen krummen Fl\u00e4che haben (von Specialf\u00e4llen abgesehen) keine constante Kr\u00fcmmung, sind noch weniger gerade. Auf jeder krummem Fl\u00e4che giebt es k\u00fcrzeste Linien, aber nicht auf jeder solch\u00a9 constanter Kr\u00fcmmung,\nDenken wir uns einen Farbenblinden, z. B. einen total Roth-Gr\u00fcn-Blinden , so ist dessen F&rbenmannigfaltigkeit nur zweidimensional. Nehmen wir an, es sei f\u00fcr ihn nur m\u00f6glich, durch Anordnung der Farben auf einer krummen Fl\u00e4che die Bedingungen des psychologischen Farbenk\u00f6rpers zu erf\u00fcllen. Weil nun der Farbenblinde bei der Construction seiner k\u00fcrzesten","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen des GonUnmms der Farbenempfindungen etc. 25$\nFarbealimen nieht aus dieser Fl\u00e4che herauskanu, so kommt \u00abda. K\u00fcrteste zwischen zwei Punkten \u00c0 und B seiner Farbentafel\nr\nnur die k\u00fcrzeste Linie auf der krummen Fl\u00e4che zwischen A und B in Betracht, wenn au\u00e7h (nach der Voraussetzung \u00fcber die Grundeigenschaften eines zutreffenden psychologischen Farben-k\u00f6rpers, \u00a7 1, Forderung b)) die gerade Verbindungsstrecke AB als Maafs f\u00fcr die Verschiedenheit der Farbenempfindungen A und B zu betrachten ist. Auch sieht man, dafs hier die Farben*, tafeln, die durch Abwickelung oder Biegung aus einander hervorgehen, nicht \u00e4quivalent sind.\nSo wenig nun diese krumme Farbentafel in einer Ebene untergebracht werden kann, obwohl beide zweidimensional sind, ebensowenig kann die Farbenmannigfaltigkeit eines Farben*i t\u00fcchtigen, obgleich sie wie unser Baum dreidimensional ist, in, diesem untergebracht oder auf ihn nach den Grunds\u00e4tzen f\u00fcr den psychologischen Farbenk\u00f6rper abgebildet werden, falls sie nicht selbst schon \u201eeben\u201c ist, welcher Ausdruck f\u00fcr Farbenmannigfaltigkeiten in Anlehnung an die den Mathematikern gel\u00e4ufigen Begriffe im \u00a7 9 definirt werden wird. Wir verweilen noch einen Augenblick bei den ausgezeichneten Linien:\n1. und 2. (S. 258) lassen sich in jedem Continuum, in welchem wir Distanzvergleichungen vornehmen k\u00f6nnen, 3. in jedem Continuum, in dem wir Richtungsvergleichungen vornehmen k\u00f6nnen, so wie hier definiren; aber 2. und 3. brauchen nicht in jedem solchen Continuum wirklich vorhanden zu sein; F\u00fcrs Fsrbeneontinuum steht nur die Existenz yon 1. und 4. von vornherein fest. Aber auch angenommen, dafs alle vier Arten Mer wirklich vorhanden sind, ist nicht evident, dafs 1., 8. und 4. identisch und unter den 2. enthalten sind. Bevor dies nicht empirisch festgestellt ist, sind sie sorgf\u00e4ltig auseinander zu halten, WM aber in der Literatur nicht geschieht.1 Ob eine Linie zu 2.\n1 So definirt M\u00fcller (Zur Psychophysik d. Gesichtsempf. 84) die \u201epsychische Qualit\u00c4tenreihe\u201c durch die \u201egerac\u00fc\u00e4ufige und stetige Aenderung.\u201c Er versteht also darunter der Definition nach die Linien 8., sagt aber S. S\u00f6 : \u201eDi\u00ab Unterschiede, welche \u00abwischen den aufeinanderfolgenden Gliedern einuer Empfindungsreihe bestehen, sind s\u00e4mmtlich von gleicher Richtung, wenn alle Glieder der Reihe in derselben Reihenfolge in einer Empfindungsreihe verkommen, die man erhalten w\u00fcrde, wenn man das Anfangsglied 4er Reihe auf einem k\u00fcrzesten Wege in stetigerWeise in das Endglied \u00fcberf\u00fchrte.\u201c Auch Hebing meint (Zur Lehre vom Lichtsinne, 8. \u00f69), es sei\n17*","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260'\nKonrad Zindler.\noder 3. geh\u00f6rt, kann ohne aus ihr heraus zu gehen entschieden werden, bei 3. freilich nur durch die Berufung auf die unmittelbare Sch\u00e4tzung (die Richtung habe sich nicht ge\u00e4ndert), die in h\u00f6herem Maafse unsicher sein wird, als di\u00a9 Pr\u00fc fun gsmethode bei 2., was aber f\u00fcr die begriffliche Seite der Sache, die wir hier im Auge haben, keinen principiellen Unterschied macht Dagegen erfordert die Entscheidung, ob ein\u00a9 Linie zu 1. geh\u00f6rt, einen Vergleich mit Nachbarlinien.\nBez\u00fcglich des Continuums Schwarz-Grau-Weifs kann \u00fcbrigens di\u00a9 Grundeigenschaft, d&fs Theilreihen einer Reihe constanten, Abstandes wieder Reihen constanten Abstandes sind, in dem Umfange als empirisch nachgewiesen gelten, als das Webbb sehe Gesetz pit, Denn di\u00a9 voraussetzungsloseste Form desselben sagt, dafs 'die Empfindungsdistanzen, die zu den Reizpaaren ru ra uni r8, ri geh\u00f6ren, als gleich gesch\u00e4tzt werden, wenn die Beziehung\n= r4\u2014 r8\nri\tr$\nbesteht, aus der auch folgt\nn =\nrt\tr8 #\nNennen wir q den gemeinsamen Werth, der letzten beiden Verh\u00e4ltnisse, so entsteht, wenn, man von einer geometrischen Progression mit dem Exponenten q jedes zweite, oder jedes dritte, . . . Glied heraushebt, wieder eine geometrische Progression (mit dem Exponenten oder q\\ . . . .). Auch in jeder Theilreihe der geometrischen Progression wird also das Verh\u00e4ltnis benachbarter Glieder constant sein, was wieder die Gonstanz der Ern* pfindungsdistanz zur Folge hat. Aber dieser Beweis aus dem WEBEB\u2019schen Gesetz ist ein Umweg, weil er eine Beziehung zwischen Reiz und Empfindung heranzieht, w\u00e4hrend die Frage nach der Constanz der Kr\u00fcmmung eines Empfindungscontinuuins eine Angelegenheit ist, die sich nur mit den inneren Beziehungen der Empfindungen selbst befafst\nAus dem Wkbkk sehen Gesetz folgt blos die Constanz des Kr\u00fcmmungsmaafses der betreffenden Reihe, aber nicht, dafe sich\neinleuchtend, \u201edafs zwischen dem mittleren Gran und dem reinsten Weil\u00bb genau ebensoviel verschiedene Empfindungsqualit\u00e4ten Hegen m\u00fcssen, wie zwischen eben demselben. Grau und dem reinsten Schwarz.\u201c","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 261\ndie Paare benachbarter Empfindlingen \u201ein. gleicher Richtung\u201c aneinanderschliefsen. Hierin besteht ein neues Bedenken gegen die Ableitung der logarithmischen Maafsformel aus dem, Weber-sehen Gesetz (abgesehen von den sonstigen Bedenken \u00e4lterer und j\u00fcngster Zeit1). Der Einwand, man wisse nicht, ob die einer physikalischen Intensit\u00e4ts\u00e4nderung entsprechende Empfindungs\u00e4nderung auch als Intensit\u00e4ts\u00e4nderung der Empfindung zu betrachten sei, ist zwar diesem verwandt, trifft aber die Sachlage nicht so pr\u00e4cis. Denn eine sog. \u201ereine Intensit\u00e4ts\u00e4nderung\u201c w\u00e4re, soviel unseren Einwand betrifft, gar nicht nothwendig, sondern nur eine geradl\u00e4ufige Aendenmg, nach einer be. liebigen Richtung, die nicht irgendwie ausgezeichnet zu sein braucht\nSchliefslich m\u00f6ge ein Satz noch ausdr\u00fccklich ausgesprochen werden, der nach dem Vorhergehenden selbstverst\u00e4ndlich ist: Findet man eine k\u00fcrzeste Farbenlinie, die keine constante Kr\u00fcmmung hat, so ist ein psychologischer Farbenk\u00f6rper un-m\u00f6glich.\n\u00a78. Geber surrogative Messung von Farbendistanzen.\nWir haben immer festgehalten, dafs im psychologischen Farbenk\u00f6rper zwei Empfindungsdistanzen, die gleich erscheinen, durch zwei Punktpaare gleicher Distanz abzubilden sind, aus dem einfachen Grunde, weil bei dieser Art der Ab\u00ab Bildung daf\u00fcr gesorgt ist, dafs den Relationsgliedern (Fundamenten), die urspr\u00fcnglich verglichen werden (den Inhalten der Farbenempfindungen) Raumpunkte so substituirt werden, dafs etwaige Urtheile \u00fcber Distanzgleichheiten oder -Verschiedenheiten bei Substitution der neuen Fundamente unver\u00e4ndert erhalten bleiben, und so die Farbendistanzen durch die anschaulicheren Raumdistanzen ersetzt werden. Mit Berufung auf diese Absicht bei der Abbildung k\u00f6nnte man die Frage, ob Farbendistanzen, die als gleich beurtheilt werden, auch wirklich gleich sind, und ob Farbendistanzen \u00fcberhaupt gemessen werden k\u00f6nnen, von vornherein als f\u00fcr unser Thema gegenstandslos ablehnen. Wir wollen trotzdem, dieser Angelegenheit noch, etwas n\u00e4her treten:\n1 S. hier\u00fcber Meinong, \u201eUeber d. Bedeutung des WEBEn\u2019sehen Gesetzes\u201c, (diese Zeilschr. Bd. XI), 5. Abschn.","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"\u00e862\nKonrad Zindler.\nAnfangs setzte sich die Psfychophysik das Ziel, die Intensit\u00e4t einer einzelnen Empfindung zu messen, indem man sie vom Nullpunkt aus durch eine bestimmte Zahl gl\u00e8icher Schritte erreichbar dachte (die wirklichen Formulirungen waren noch viel unvorsichtiger^ Wir \u00fcbergehen die vielen Discussionen der letzten Jahrzehnte \u00fcber die Frage psychischer Messungen und berufen uns gleich auf eine der j\u00fcngsten und tiefgehendsten Untersuchungen hier\u00fcber, n\u00e4mlich Meinong\u2019s \u201eUeber die .'1fr deutung des WBBEB\u2019schen Gesetzes41 {diese Ze\u00fcschr. Bd. XI), der als eigentlichen Sinn der logarithmischen Maafsformel nach eingehender Kritik ihrer Grundlagen erkannt hat, dafs sie als Maafe der Verschiedenheit zweier Empfindungen zu betrachten sei Im Gebiete des Farbensinnes wird man ohnehin, weniger in Versuchung kommen, nach einem, Maafs einer einzelnen Empfindung zu fragen, da es hier einen Nullpunkt der Empfindungen nicht giebt1 (vgl Hering, Zur Lehre vom Lichtsinn, bes. \u00a7 21), Auch der psychologische Farbenk\u00f6rper giebt zu einer solchen Frage keinen Anlafs, ebensowenig wie man nach einem Maafs f\u00fcr einen einzelnen Kaumpunkt fragen kann (Meinung, a.a.0. S. 118 des Sonderabdrucks). Erst bei Farben di stanzen beginnt das Problem. Wir haben uns bisher bei zwei solchen Distanzen nur das Urtheil zugemuthet, die eine sei \u201egleich, gr\u00f6fser oder kleiner\u201c als die andere; es fragt sich, ob man in irgend einem exacten Sinn die eine Distanz auch als ein Vielfaches der anderen befrachten und etwa so 'die erste durch die \u00abweite messen kann. Da die Farbendistanzen zu den nicht the\u00fc-baren Gr\u00f6fsen geh\u00f6ren, so kann eine solche Messung von vornherein nur surrogate v sein (a. a. O. \u00a7 15). Nun kt im psychologischen Farbenk\u00f6rper jeder Farbe ein Punkt, also jeder Farbefc-distanz eine Punktdistanz, somit auch eine Strecke zugeordnet Ich sehe nun kein, Hindemifs, dies\u00a9 Strecken als Messungssurrogate feu betrachten, .also Farbendistanzen dadurch zu. messen, 'dafs man \u201edie im psychologischen Farbenk\u00f6rper zugeordneten Punktdist&nzen durch Strecken mifst. Dabei kann di\u00a9 einem beliebigen Farbetopaar zugeordnete Strecke als Einheit genommen werden. Obwohl bei Aufstellung dos psychologischen Farbenk\u00f6rpers nur Distanz\n1 Deshalb scheint mir Muller\u2019s Definition der Intensit\u00e4t der Empfindungen (Zur Psychophysik, der Gesichtsempf. S. 25) gerade f\u00fcr den Lichtsinn, f\u00fcr den sie zun\u00e4chst verwerthet werden, sollte, illusorisch.\t1","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc.\ngleichheiten verwendet wurden, kommen also doch die reicheren geometrischen Beziehungen des Raumes nachtr\u00e4glich auch dem Farbencontinuum zugute, wie das \u00fcberhaupt bei surro-gativen Messungen der Fall ist (a. a. O. \u00a7 16).\nEs mag noch hervorgehoben werden, dafs bei dieser Messung der Farbendistanzen, wie aus der Definition des psychologischen Farbenk\u00f6rpers hervorgeht, weder von der \u201eZahl der ebenmerklichen Unterschiede44, noch von \u201eHelligkeit, Intensit\u00e4t oder Qualit\u00e4t der Farbenempfindungen44, noch von einem Nullpunkt der Empfindungen die Rede ist; ebensowenig wurde das WBBEB'sche Gesetz (oder sonst eine Beziehung zwischen Reiz und Empfindung) verwendet; es k\u00f6nnte auch h\u00f6chstens in ganz speciellen Richtungen im Farbencontinuum (den reinen Intensit\u00e4tsinderungen im physikalischen Sinn) in Betracht kommen. Vielmehr haben wir in diesem Messungsverfahren wirklich eine \u201eBestimmung der Verschiedenheitsgr\u00f6fse auf Grund der distanten Objecte selbst44 (a. a. 0. \u00a7 31, S. 141 des Sonderabdrucks) vor uns, w\u00e4hrend dies in dem von Mexnong untersuchten Gebiete nicht m\u00f6glich war; das Charakteristische dieser Bestimmung kann eben bei eindimensionalen Continuen noch nicht hervortreten.\nWir haben die Messung der Farbendistanzen der Anschaulichkeit halber an den psychologischen Farbenk\u00f6rper gelpi\u00fcpft ; sie h\u00e4ngt aber nicht an der Existenz eines solchen, sondern, wie der n\u00e4chste Paragraph lehren wird, blos an der Existenz eines \u201earithmetischen Farbenschemas44, w\u00e4re freilich erst mit der wirklichen Aufstellung eines solchen vollzogen. Aber auch sonst ist ja mit der Definition eines Maafses das Verfahren der Messung nicht immer mitgegeben.\n\u00a7 9. Das arithmetische Farbenschema.\nWir wollen, um von geometrischen Betrachtungen, namentlich von der Beschr\u00e4nktheit der Dimensionen unseres Raumes, unabh\u00e4ngig zu werden, den analytischen Ausdruck der etwaigen \"krummen Fl\u00e4che, welche die psychologische Farbentafel eines Farbenblinden (S. 258), oder einen partiellen Farbenk\u00f6rper eines Farbent\u00fcchtigen bildet, aufgesucht denken ; dann k\u00f6nnen wir die Fl\u00e4che selbst zu den weiteren Begriffsbildungen entbehren und uns nur an die analytischen Eigenschaften des Ausdrucks halten.","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nKmrad Zindler\u201e\nAls hinreichend allgemeine Darstellung einer Fl\u00e4che F kann\nein Gleichungssystem\n1.\tX = f (\u00ab, v)\ny \u2014 0 (\u00ab, \u00ab)\n2 = \u00e0 (u, t?)\ngelten, wobei x, y, 0 die recht winkeligen Coordinaten ein\u00bb Punktes P, u und t? zwei unabh\u00e4ngige Ver\u00e4nderliche sind, Aendert sich z. B. m allein, so beschreibt P eine Itaumcurve, die ihrer Lage und Form nach vom Parameter v abh\u00e4ngt und sieh continuirlich deformiren wird, wenn sich v stetig \u00e4ndert; hierbei beschreibt sie die Fl\u00e4che FJ Durch Elimination von u, v aus den 3 Gleichungen 1, entsteht eine Gleichung\n2,\tF (x, y, z) = 0,\ndie gew\u00f6hnlich \u201edie Gleichung der Fl\u00e4che\u201c schlechtweg halfst Wir denken uns nun, u und v als Maafszahlen quantitativ bestimmbarer physikalischer Vorg\u00e4nge, durch deren Aenderung ein Reizeontinuum entsteht, welches das abzubildende Farben* continuum hervorruft. Indem so jedem Werthepaar u, v (innerhalb gewisser Grenzen) eine Farbenempfindung, aber auch ver-m\u00f6ge 1. ein Punkt des Raumes entspricht, sind auch den aus K, v erhaltbaren Farbenempfindungen Punkte des Raumes zugeordnet, die auf einer i. A. krummen Fl\u00e4che liegen werden. Soll nun diese eine psychologische Farbentafel sein, so mufs sie vor Allem folgende Eigenschaft haben: Wenn wir zwei Farbenpaare P,, F* und P8, F\u00e9 so ausw\u00e4hlen, dafs die Distanzen Ft Ft und F8 P4 gleich befunden werden, so m\u00fcssen auch die Distanzen Pl Pt und P8 P4 zwischen den entsprechenden Punktepaaren gleich sein, d. h. arithmetisch ausgedr\u00fcckt: wenn Pm (das Bild von Fm) die Coordinaten xm, y,A, zm hat, mufs sein:\n3.\t/ (*\u00ab\u2014*0* +\t4r^T\u2014\n= fl** \u2014 \u00ab\u00e4)a + H\u00fc\u2014y*)1 2 -F\nIndem wir die Wurzelzeichen beiderseits wegiassen d\u00fcrfen, k\u00f6nnen wir sagen: Sollen die Gleichungen 1, eine psycho-\n1 S. irgend ein Lehrbuch der Fl\u00e4chentheorie, z. B. Bianchi-Lukat, Vorl.\n\u00fcber Differentialgeom., \u00a71 und 32; oder die ausf\u00fchrlichere Darstellung von Joachims Thal , Anwendg. d. Differential- u. Integr.-Rechng. etc., \u00a7 '22 fl.; oder Knoblauch, Einl. in d. allg. Th. d. krammen Fl. \u00a7 1.","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Heber r\u00e4umliche Abbildungen de\u00ea Continuums der Farbenempfindungen etc. 26\u00a7\nlogisch\u00a9 Farbentafel darstellen-, \u2022 so \u2022 m\u00fcssen \u2022 die Functionen f, g, h jedenfalls so gew\u00e4hlt sein, dafs f\u00fcr all\u00a9 Farbenpaar\u00a9 Fiy Ftj f\u00fcr welche die Distanz constant ist, auch di\u00a9 Fonction\nO* \u2014 Xi )8 + (yk \u2014 y ( Y + (zt \u2014 ZiY = D einen constanten Werth hat.\nSoll die durch 1. dargestellte Fl\u00e4che F eine psychologische Farbentafel sein, so verlangen wir anfserdem die Erf\u00fcllung der Bedingung c) (S. 228). Wir wollen jedoch ohne R\u00fccksicht darauf, ob diese Bedingung erf\u00fcllt ist, alle Werthetripel x, y, z, die durch 1. den Farben zugeordnet sind, in ihrer Gesammtheit ein arithmetisches Farbenschema nennen, wenn nur1 di\u00a9 andere ebenerw\u00e4hnte Bedingung, die der Bedingung b) auf S. 228 entspricht, erf\u00fcllt ist. Das Wesentliche des arithmetischen Farbenschemas besteht nur darin, dafs jeder Farbe ein Werthetripel Xj y} z so zugeordnet wird, dafs die Function D je zweier solcher Werthetripel zugleich mit den Farbendistanzen constant ist, aber nicht darin, dafs diese Zuordnung durch die Werthe w, v vermittelt wird. H\u00e4tte man irgend woher eine Tabelle, worin jeder Farbe unmittelbar ein Werthetripel x, y, z zugeordnet ist (auch die zugeh\u00f6rige Fl\u00e4che kann jetzt entbehrt werden), so k\u00f6nnte man auch unmittelbar pr\u00fcfen, ob diese Tabelle die Definition des arithmetischen Farbenschemas erf\u00fcllt, wobei von Reizen und Werthen \u00ab, v gar nicht die Red\u00a9 w\u00e4re. Die Gleichungen 1. sind nur eine m\u00f6gliche Form der Zuordnung zwischen den Werthetripeln und den Farben, die aus zweierlei Gr\u00fcnden gew\u00e4hlt wurde: Erstens wird aus praktischen Gr\u00fcnden die Vermittelung durch die Reize nicht zu vermeiden sein (\u00a7 6), zweitens lassen sich bei dieser Form der Zuordnung die arithmetischen Beziehungen zwischen den Werthetripeln, \u00fcberhaupt die Eigenschaften des arithmetischen Farbenschemas aus 1. ebenso herleiten, wie das analoge f\u00fcr die Beziehungen zwischen den Fl\u00e4chenpunkten der Fall ist, falls 1. eine Fl\u00e4che bedeuten\u00ab Namentlich sieht man aus 1. auf den ersten Blick, von wieviel unabh\u00e4ngigen Ver\u00e4nderlichen das untersuchte Farbencontinuum abh\u00e4ngt. Die Functionen f, g, h sind f\u00fcr eine gegebene Fl\u00e4ch\u00a9 (Bianchi-Lukat, \u00a7 32) durchaus nicht eindeutig bestimmt (man kann statt u und v je eine beliebige Function dieser Gr\u00f6fsen \u00a9insetzen; aufserdem ist die Lage der Fl\u00e4che gegen das Coordinates","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nKonra\u00e2 Zindltr.\n\u00abystem unwesentlich) ; endlich kann das Reizcontinuum % \u2022 eventuell noch sehr verschieden 1> jedoch optisch \u00e4quivalent, gew\u00e4hlt werden. Aus allen diesen mannigfachen Gr\u00fcnden ist auch f\u00fcr ein arithmetisches Farbenschema die Form, der Functionen ff g, h nicht als wesentlich zu betrachten; analoges gilt f\u00fcr die folgenden Verallgemeinerungen.\nDie Fl\u00e4che F wird nur dann eine Ebene E sein, wenn die Elimination von u und v aus 1. auf eine lineare Gleichung f\u00fchrt. In diesem Fall h\u00e4tte man aber das Coordinatensystem so w\u00e4hlen k\u00f6nnen, dafs E parallel zu einer Coordinatenebene oder selbst eine solche w\u00e4re ; dann w\u00e4ren nurmehr zwei Zahlen jedes Werthetripels f\u00fcr dasselbe charakteristisch, denn die dritte wire constant und fiele auch aus 3. heraus. D. h. es w\u00e4re von vornherein einfacher gewesen, bios Werthe paare statt Werthe t r i p e I den Farben zuzuordnen, um ein arithmetisches Farbenschema zu bilden. Dies ist, da die entsprechende Farbentafel eben ist, fast selbstverst\u00e4ndlich, aber es wurde ausf\u00fchrlicher er\u00f6rtert, um die Analogie mit dem folgenden (S. 269) deutlich zu machen.\nDie Definition des arithmetischen Farbenschemas kann,, wenn man von der geometrischen Deutung der Werthetripel x, y, z als Coordinaten absieht, rein arithmetisch gefafst werden, wodurch der Name gerechtfertigt ist. Dies ist auch der Grund daf\u00fcr, dafs sie nach zwei Richtungen erweitert werden kann: Erstens kann, die Zahl der unabh\u00e4ngigen Ver\u00e4nderlichen u, t?, zweitens die der abh\u00e4ngigen x, y, z vermehrt werden. In ersterer Beziehung brauchen wir nicht \u00fcber die Zahl 3 hinauszugehen, da wir schon wissen, dafs die Farben ein\u00a9 dreifache Mannigfaltigkeit bilden, die auch durch eine blos dreifache Reizmannigfaltigkeit hervorgerufen werden kann.\u00e2 In letzterer Beziehung ist, wenigstens a priori, kein\u00a9 Beschr\u00e4nkung auferlegt. Hat doch Meinoko beim Versuche, die Verschiedenheitsrelationen schon eines eindimensionalen Continuums graphisch darzustellen, in einer \u00e4hnlichen Angelegenheit gefunden, dafs die Dimension des Raumes, in 'welchem die betreffende Curve unterzubrmgen w\u00e4re, mit der\n1 Besonders gilt dies f\u00fcr den, Fall dreier unabh\u00e4ngiger Ver\u00e4nderlichen v, w, zu dem wir sogleich \u00fcbergehen werden. (S. hier\u00fcber auch \u00a7 4.)\nf D. h. der einzelne Beiz kann, darin durch 3 Zahlen tt, t>, \u00bb, bestimmt werden (wobei auch negativ\u00a9 Werth\u00a9 von \u00ab\u00bb v, w zuznlassen sind, s. di\u00ae Er\u00f6rterungen \u00fcber den physikalischen Farbenk\u00f6rper in \u00a7 4).","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber r\u00e4umliche Abbildungen de$ Continuums der Farbenempfindungen etc. 267\nZahl der herangezogenen Relationsglieder w\u00e4chst (a. a, O. S. 118 ties Sonderabdr.).\nWenn z. B. f\u00fcr den partiell Farbenblinden keine psychologische Farbentafel (auch keine krumme) existirt, so w\u00e4re es immer noch denkbar, dafs durch vier Gleichungen\n4- xt = fx (\u00ab, *)\u00bb\tX\u00bb = ft (\u00ab, \u00bb),\n= ft (\u00ab, \u00ab0\u00bb\t' x* \u2014 /* (*> \u00bb)\njeder Farbenempfindung mit dem Reiz w, i? ein Zahlenquadrupel \u00abi, x8f x4 derart zugeordnet w\u00fcrde, dafs jedesmal wenn die Farbendistanz FF4 (verglichen mit einer anderen festen) eine constante Gr\u00f6fse hat, auoh die Zahl\n(*1 \u2014 Xi)* + (Vj \u2014 ss)* + (x\u20183 \u2014 x9y + (x\u2018t \u2014 x4)2\neinen constanten Werth D hat, wobei das Quadrupel der x der Farbe Ff das der x4 der Farbe F4 zugeordnet ist Man w\u00fcrde in diesem Falle sagen, das (noch immer zweidimensionale) Farben-Continuum sei in einer vierdimensionalen Mannigfaltigkeit ausgebreitet. 1 L\u00e4fst man n\u00e4mlich uf v alle m\u00f6glichen Werthe durchlaufen, so werden die Ver\u00e4nderlichen x19 ... x4 nicht unabh\u00e4ngig voneinander alle m\u00f6glichen Werthecombinationen annehmen,\n1 Die s\u00e4mmtlichen Werthequadrupel x,, xt, xs, x4 (diese Gr\u00f6fsen als unabh\u00e4ngige Ver\u00e4nderliche betrachtet) bilden \u00a9ine \u201evierfach unendliche\" Mer \u201evierdimensionale\" oder kurz \u201evierfache\" Mannigfaltigkeit die aus 4. erhaltbaren Quadrupel jedoch nur eine zweifache M. Weil nun jedes Quadrupel von M auch zu M* geh\u00f6rt (aber nicht umgekehrt), sagt man, M sei in M* enthalten oder ausgebreitet (analog wie eine Curve auf Muer Fliehe ausgebreitet oder in derselben enthalten sein kann). Dies\u00a9 Redeweise wird von den arithmetischen Mannigfaltigkeiten (nach Analogie der bei den Mathematikern \u00fcblichen Terminologie) auf die Farbenmannigfaltigkelten \u00fcbertragen, obwohl hier nur der Mannigfaltigkeit M, nicht aber M% etwas Beales entspricht. Man darf also dabei nicht an eine Erweiterung der thats\u00e4chlichen Farbenmannigfaltigkeit denken, was gar keinen Sinn bitte, sondern die Behauptung, eine Farbenmannigfaltigkeit sei in einer vierdimensionalen ausgebreitet, ist nur ein\u00a9 kurze Ausdrucks weise f\u00fcr die Distanzbeziehungen zwischen ihren Individuen. Diese Beziehungen k\u00f6nnen eben derartig sein, dafs sie durch keine Abbildung auf irgend einen Theil eines vorgegebenen dreidimensionalen Continuums wiedergegeben werden k\u00f6nnen; und weil unser Baum, blos dreidimensional ist, reichen di\u00a9 arithmetischen Farbenschemata, hei denen der Bimensionszahl keine Grenze gesetzt ist, weiter als die psychologischen Farbentafeln, aber auch deshalb, weil di\u00a9 Bedingung c) des psychologischen Farbenk\u00f6rpers (\u00a7 1) fallen gelassen wurde.\t\u2019","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nKonrad Zin\u00e0lrr.\nsondern di\u00a9 zu einem Quadrupel vereinbaren Werthe m\u00fcssen gewissen Bedingungen gen\u00fcgen, die man erh\u00e4lt, wen. man u und v aus je 3 der 4 Gleichungen 4, eliminirt Von. den so erhaltenen 4 Gleichungen sind nur 2 von einander unabh\u00e4ngig, z, B,\n5. F (xt, xt, xa, x4) = 0\nG (x\u201e xt, xt, x4) =- 0.1\nWir gehen zum allgemeinsten Fall \u00fcber, der f\u00fcrs Farben-continuum in Betracht kommt : Es seien u, v, w die Coordinaten eines physikalischen Farbenk\u00f6rpers (\u00a7 4), und durch n Gleichungen\nl x\u00bb = fn (u, t\\ w)\nsei jedem Werthetripel uf v, w (hierdurch auch jeder Farbe F)\nein System von n Zalilen xp (p = 1, 2,____n) zugeordnet Wenn\nnun die Functionen f so beschaffen sind, dafs jedesmal wenn die Farbendistanz FF* eine constante Gr\u00f6fse hat, auch die ZaM\n7.\nn\n2 (\u00efp\u2014Xp)2\n(wobei die n Zahlen x der Farbe F} die r* der Farbe F* zuge-ordnet sind), einen constanten Werth I) hat, so nennen wir die Gesammtheit der aus 6. erhaltbaren Werthe-Systeme, die eine dreifache arithmetische Mannig-\n1 Ob sie M rein darstellen, d. b. ob auch umgekehrt jedes Quadrupel, das den Bedingungen 5. gen\u00fcgt, in 1. vorkommt, ist eine rein mathematische Frage, auf die wir umsoweniger einzugehen brauchen, als dieser Paragraph mehr der Kl\u00e4rung der Begriffe als einer etwaigen experimentellen Ver* werthung dienen, soll. Nur das Resultat sei mitgetheilt, dafs es nicht immer der Fall ist; wenn aber ja, so k\u00f6nnen die Gleichungen 5. ebenso als \u201eGleichungen von A/\u201c betrachtet werden wie 4., weil sie dann die zu M geh\u00f6rigen Quadrupel aus allen m\u00f6glichen Quadrupeln aussondern, und zwar ohne Beziehung auf die Reizmannigfaltigkeit \u00ab, v. Eine bekannte geometrische Analogie mag diese Verh\u00e4ltnisse noch erl\u00e4utern: Jede algebraische Raumcurve 3. Ordnung kann als Schnitt zweier Kegelfl\u00e4chen\n2. Ordnung erhalten und. demgem\u00e4fs durch 2 (specielle) Gleichungen 2. Grade\u00ab in 3 Ver\u00e4nderlichen (den drei r\u00e4umlichen Coordinaten) dargestellt werden; aber sie wird durch diese Gleichungen nicht rein dargestellt, weil dl# Kegelfl\u00e4chen noch aufserdem eine Gerade gemein haben, die durch di# Gleichungen mit dargestellt wird.","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"IJeher r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 269\nfaltigkeit M bilden, ein \u201earithmetisches Farben-schema\u201c, und wir sagen das Farbencontinuum sei mit Erhaltung der Distanzgleichheiten auf die in einer \u00ab-fachen liegende\n3-fache Mannigfaltigkeit M abgebildet. }[D~kann als surro-gatives Maafs der Farbendistanzen betrachtet werden.\nDie Gleichungen von M erh\u00e4lt man in anderer Form, wenn man u, v, w aus je 4 der GL 6. eliminirt, wodurch man Gleichungen der Form\n8. Fl (xx, x2l . ... Xn) = 0\nerh\u00e4lt n \u2014 3 dieser\nh\u00e4ngig und k\u00f6nnen, wenn sie M \u201erein\u201c darstellen, geradeso wie die GL 6. als die Gleichungen von M betrachtet werden. Jedenfalls definiren n \u2014 3 unabh\u00e4ngig\u00a9 Gleichungen der Form 8. \u00a9ine dreifach unendliche Mannigfaltigkeit, die im \u00ab-fach ausgedehnten Bereich der unbeschr\u00e4nkt gedachten Ver\u00e4nderlichen xn . . . xn liegt\nEben nennt manMnur dann, wenn all\u00a9 \u00ab\u2014 3 Gleichungen linear sind, also die Form, haben\nE Cxl Xk \u2014 al (l = 1, 2, .... n \u2014 3).\nX=1\nAlsdann kann man durch eine lineare Transformation (Analogon der Coordinatentransformation) Gruppen von n anderen Zahlen y an, Stelle der x so einf\u00fchren, dafs n \u2014 3 von den neuen Zahlen (\u201eCoordinaten\u201c) constant werden, und blos 3 sich bei Aenderung der u, v, w \u00e4ndern,, Dies erreicht man, indem man die \u00ab \u2014 3 Gleichungen 9. oder lineare Combinationen aus ihnen unter die Transformationsgleichungen aufnimmt. Das letztere wird zugleich erm\u00f6glichen, die Substitution \u201eorthogonal\u201c (s. Baltzbr, Determinanten, \u00a7 14) zu machen, was nothwendig ist, damit der Ausdruck ?., auf den es uns ankommt, invariant bleibt Dann wird man die inneren Beziehungen der Mannigfaltigkeit M einfacher studiren k\u00f6nnen, wenn man an Stelle der GL 6. setzt;\n10. yt = gt (uy v, w)\nft = 9% K vi w)\nf\u00ab f8 (uf y4 = const.\nn\n4\n) Gleichungen eind Ton einander unab-\nyn = const","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nKonrad Zindier.\nWo m sich um Entfernungen zwischen zwei Stellen von, M, <L hr um den Ausdruck 7. handelt, fallen die Coordinates y0 y\u00c4, . . , y\u201e fort, und. es ist gerade so, als ob M von, vornherein nur in einer dreifach ausgedehnten ebenen Mannigfaltigkeit (fit ! g\u00bb y\u00ab) liegen w\u00fcrde. M. a, W. es hat keinen Zweck, dreifach ausgedehnte ebene Mannigfaltigkeiten als in h\u00f6heren Mannigfaltigkeiten liegend aufzufassen.1 Zugleich k\u00f6nnen in diesem Fall yu yf, yt ebenso wie \u00ab, v, w als unabh\u00e4ngig ver\u00e4nderlich betrachtet werden, woraus zugleich erhellt, warum eine beliebige Mannigfaltigkeit (r1?r4,.. .x*), wenn den Ver\u00e4nderlichen keine Beschr\u00e4nkung auf erlegt ist (wenn also die \u00f6l 8. anstatt linear zu sein g\u00e4nzlich fehlen), eo ipso als linear oder eben anzusehen ist. Man sieht zugleich, dafs die Mannigfaltigkeit Jff wenn sie eben ist, von selbst, Indent man yl? ys, y8 als rlumMch\u00a9 Coordinaten deutet, auf ein St\u00fcck unseres Raumes abbildbar ist und so den psychologischen Farbon-k\u00f6rper liefert, womit die \u00a7 7, S. 259 versprochene Einsicht nach-getragen ist Man sieht aber auch, dafs die Ebenheit nur ein ganz specieller Fall ist\n_ \u00bb *\nDer Begriff des arithmetischen Farbenschemas beruht\nwesentlich darauf, dafs der analytische Ausdruck f\u00fcr die Distanzen unseres Raumes einer naheliegenden arithmetischen Verallgemeinerung f\u00e4hig rist (Ausdruck 7.), und dies war der schon. S. 229 angedeutete zweite Grund, warum wir die Urthe\u00fce \u00fcber Distanzen im Farbengebiet gegen\u00fcber denen \u00fcber Richtungen bevorzugten.2\n1 Durch ein\u00a9 analog\u00a9 Ueberlegung findet man, daft man., wenn von den. Gl. 8. blos m linear sind (m <C n\u20143), mit einem Farbenschema der' Dimension \u00bb\u2014m dasselbe wie mit dem vorgegebenen leisten kann.\nf Zwar lftfst sich auch der Richtungsbegriff durch die aus der analytischen Geometrie gesch\u00f6pften Analogien auf h\u00f6here Mannigfaltigkeiten \u00fcbertrogen, aber doch nicht ganz so einfach. Wollte man n\u00e4mlich das Analogon der Forderung c) des psychologischen Farbenk\u00f6rpers auch beim arithmetischen Farbenschema aufstellen, so mtiftte man folgendes verlangen : Wir heben aus den Zahlengruppen (\u201eStellen\u201c) ein.es Farbenschemas solche heraus, die zugleich n\u20141 linearen Gleichungen gen\u00fcgen. Durch diese Gleichungen wird n\u00e4mlich aus dem Bereich \\xu xs, . . .\tx*) eine ein-\ndimensionale lineare Mannigfaltigkeit G (das Analogon einer Geraden) aus-gesondert. Nicht alle Stellen, von G m\u00fcssen .auch zu M geh\u00f6ren; wenn aber solche dazu geh\u00f6ren, ao muft die entsprechend\u00a9 (eventuell discrete) Farbenreihe den Eindruck der Geradl\u00e4ufigkeit machen; ob die\u00ab\u00a9 Forderung wirklich erf\u00fcllt ist, kann nur die Empirie entscheiden. Auch","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 271\n\u00a7 10. Helmholtz\u2019 Untersuchungen \u00fcber k\u00fcrzeste\nFarbenlinien.\nHelmholtz hat in dieser Zeitschrift folgende Abhandlungen \u00fcber Farbenempfindungen ver\u00f6ffentlicht, die gr\u00f6fstentheils auch Im 2. Abschn. der 2. Aufi. seiner Physiologischen Optik abgedruckt sind :\n1.\tVersuch einer erweiterten Anwendung des F\u00dfCHNER\u2019schen Gesetzes im Farbensystem (.Zeitschr. Bd. II).\n2.\tVersuch, das psychophysische Gesetz auf die Farbenunterschied\u00a9 trichromatischer Augen anzuwenden (Bd. IH).\n3.\tK\u00fcrzeste Limen im Farbensystem (Bd. IH).\nIn den Abhandlungen 1. und 2. verfolgt er haupts\u00e4chlich zwei Ziele : Erstens das Fbchnbrsch\u00a9 Gesetz aufs Farbencontinuum auszudehnen, oder vielmehr dessen Analogon zu finden, zweitens seine hypothetischen Grundfarben zu finden, genauer gesagt, jene Spectralfarben zu .finden, di\u00a9 den Grundempfindungen (falls seine Theorie richtig w\u00e4re) am n\u00e4chsten liegen, und den Antheil des weifsen Lichtes in ihnen anzugeben. Diese beiden Aufgaben sind vorn Problem des psychologischen Farbenk\u00f6rpers principle!! vollst\u00e4ndig getrennt; erst der Gegenstand von 3. h\u00e4ngt damit innig zusammen. Wir werden aber doch auch auf die (nicht ganz leicht verst\u00e4ndlichen, indem, die theoretischen 'und die experimentellen Theile nicht deutlich gesondert sind) Abhandlungen 1. und 2. insofern\u00a9 zur\u00fcckgreifen m\u00fcssen, als ihre Ergebnisse in 3. eine wesentliche Rolle spielen.* 1 Aber all\u00a9 drei Arbeiten sind, abgesehen von sonstigen hypothetischen Elementen, mit seiner Theorie der drei Grundempfindungen verquickt Wir werden im, n\u00e4chsten Paragraphen darzulegen versuchen, inwie-\nist in bemerken, dafs dies\u00a9 Uebertragung des Richtungsbegriffes ein arithmetisches Farbenschema, somit den Distanzbegriff, schon voraussetzt. Es kann also der Distanzbegriff unabh\u00e4ngig vom Riehtungsbegriff arithmetisch gefafst werden, n i c h t ab \u00a9 r umgekehr t. Die Grundbegriffe der analytischen, Theorie der1 linearen Mannigfaltigkeiten findet man (zum Theil ln, Anlehnung an, Kroneckeb) in K\u00fchke\u2019s Dissertation \u201eBei.tr., zur Lehr\u00a9 von der n-fachen M&nnigf.\u201c (Berlin, 1892).\n1 Helmholtz war1 sich des .Ziels des psychologischen Farbemk\u00f6rpeni (wenn'er auch dies\u00ab Problem nicht ausdr\u00fccklich formulirt) in 3. deutlich be-waist, denn er sagt daselbst S. 110 : \u201eAuf dem hier einzuschlagenden neuen Wege w\u00fcrden wir zu einer Ausmessung des Systems der Farbenempfindungen gelangen, die nur auf die Unterschiede der Empfindungen gebaut ist\u201c.","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272 \u25a0 \u2022\tKonrad Zindler. \u25a0\nweit der Grundgedanke seiner Methode \u201edie k\u00fcrzesten Linien zu finden\u201c von den hypothetischen Elementen unabh\u00e4ngig ge\u00bb macht werden kann. Jetzt gilt es vor Allem diesen Gedanken-gang selbst bloszulegen :\nUnter EtJ Eif En versteht Helmholtz die drei Grundempfindungen, d. h. jene Empfindungen, welche wir h\u00e4tten, wenn je einer der drei physiologischen Processe, auf welchen nach ihm alle Lichtempfindung beruht, getrennt auftreten k\u00f6nnte und w\u00fcrde. Diese Grundempfindungen sind allerdings empirisch auch nicht ann\u00e4hernd erhaltbar, wie am besten ein Blick auf seine Fig. 2 in 2., S, 12 (oder physiol. Opt. S. 457) zeigt, wo die Curve der Spectralfarben, die nahezu auch die reinsten erhaltbaren Farben vorstellen (nur durch Contrast l\u00e4fst sich noch eine kleine Steigerung der S\u00e4ttigung erzielen), \u00fcberall weit von den Ecken des Dreiecks, in welchen die Grundempfindungen ihr Bild haben, entfernt ist Unter x, y, z versteht er die Quanta der Urfarben (s. 3. S, 111), aus denen ein bestimmter Reiz-- zusammengesetzt ist1 Die Urfarben h\u00e4ngen mit irgend drei Spectralfarben (i?; G, V) durch homogene .lineare Gleichungen zusammen.\tZ.\tB.\tschreibt\ter in 2., S. 8\t(Opt S.\t454) :\nI.\tx\t=\t0,7964 R\t\u2014 0,3515 G\t+\t0,565\tF\ny\t-\t0,2612 R\t+ 0,3483 G\t+\t0,3930\tF\n0\t=\t0,250 R\t+ 0,125 G\t+\t0,625\tF\nIndem er sp\u00e4ter diese Gleichungen nach R, G% V aufl\u00f6st, erh\u00e4lt er (S. 19 oder Opt S. 461):\nIL\tR =\t1,328 0\t+\t2,278 y\t\u2014\t2,611 0\nG' =\t\u2014 0,5122 x\t-f\t2,8294 y\t\u2014\t1,3249 0\nF =\t\u2014 0,4288 x\t\u2014\t1,4771 y\t+\t2,9094 0\nDie Gl. I und II haben dieselbe Bedeutung, wie Mischungs-\n1 Di\u00a9 Bedeutung der Symbole x, y, z Ist bei Helmholtz nicht immer dieselbe; so bedeuten sie in den gleichfolgenden Gl. I. und XI. offenbar Qualit\u00e4ten von der Intensit\u00e4t eins (denn die Summ\u00a9 der Coefficienten in jeder Zeile ist nahezu eins, vgl. hier \u00a7 3), und die Qu an ta der Urfarben werden vielmehr durch die Coefficienten von x, y, z dargestellt Ueberall sonst bedeuten jedoch x1 y, z selbst diese Quanta, namentlich in den spateren Gleichungen dieses Paragraphen; ich wollte jedoch die Bezeichnungen von Helmholtz nicht andern.","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums <der Farbenempfindungm etc. 273\ngleichungen f\u00fcr eine Maxwell'sehe Farbentafel. Helmholtz beruft sich auch in 2., S. 7 (Opi S. 453) auf1 \u201eNewton\u2019s Gesetz\u201c. Daraus w\u00fcrde folgen1, dafs die Grundfarben y 'und z, weil in, den beiden letzteren Gl. I. rechts alle Coefficienten positiv sind, sich aus den Spectralfarben R, G} V mischen lassen, was der Fig. 2 in 2. S. 12 und \u00fcberhaupt seiner ganzen Theorie widerspricht, Aehnlich w\u00fcrde aus H, weil rechts negative Coefficienten Vorkommen, folgen, dafs die Spectralfarben R, G, V aufserhalb des Dreiecks der Urfarben xf y, z liegen, w\u00e4hrend sich aus den letzteren doch alle Farben zusammensetzen sollen. Trotzdem macht Helmholtz f\u00fcr gewisse \u201efehlende Farben der Dichromaten\u201c in 2. S. 19 thats\u00e4chlich diesen Schlufs, und auch in der Berichtigung S. 517 (am Schl\u00fcsse des Bd, HI dieser Zettmhr.) kommt er wieder vor.\nK\u00f6nnte man sich \u00fcber diese Bedenken hinwegsetzen, so w\u00e4ren durch L, da rechts die Coefficienten numerisch bekannt sind (\u00fcber deren Bestimmung sp\u00e4ter) die Urfarben gefunden. Umgekehrt k\u00f6nnte durch H jede Farbe durch die Urfarben ausgedr\u00fcckt werden, da jede Farbe mit R, G, V durch eine Farbengleichung zusammenh\u00e4ngt. Durch Abbildung der Gr\u00f6fsen x, y, z (als Quanta der Urfarben) in einem rechtwinkligen Coordinaten-system entsteht ein physiologischer Farbenk\u00f6rper. Aendert man nun in einem Farbenreiz blos eine der drei Componenten, z. B. x (was praktisch so zu bewerkstelligen w\u00e4re, dafs man i?, (?, F im. Verh\u00e4ltnifs 0,796 : \u2014 0,351:0,555 zusetzt)2, so \u00e4ndert sich in der zugeh\u00f6rigen Empfindung auch nur ein\u00a9 der drei Componenten, z. B. Ev Und zwar nimmt Helmholtz f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit zwischen diesen beiden Aenderungen die G\u00fcltigkeit des ver-\n- 1 Vgl. hier, 8. 336.\n8 Bezeichnen n\u00e4mlich x, yt z die Qualit\u00e4ten von der Intensit\u00e4t eins, \u25a0und k\u00fcrzen wir auf zwei Decimalen ab, so wird eine beliebige Farbe F durch\nex + c'y + c\u201cz -\t(0,80 c + 0,16 C + 0,25 &\u2022) R\n+ (\u2014 0,36 c + 0,35 e1 + 0,12 &*) 9 + (0,66 c + 0,40 c' + 0,62 &\u2022) V\ndargestellt, wobei c, c\\ cu numerisch\u00a9 Coefficienten sind. Will man in F die Qualit\u00e4t x allein \u00e4ndern, so hat man ihren Coefficienten c zu indem. Dadurch \u00e4ndern sich, wie aus der zweiten Darstellungsform von F hervor-geht, R, G, F in der angegebenen Weise.\nZeitschrift fttr Psychologie XX.\n18","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nKonrad ZindUr.\nallgemeinorten FECHNEE\u2019schen Gesetzes an, d. h. for die drei Componenten einzeln sell gelten:\n1,\ndEx\ndE% \u2014 k\ndE%\ndm\na -f- x \u2019\ndy\nb -J~ y 1 dz\nc + 0 *\nF\u00fcr manche Zwecke benutzt er auch die einfacheren Formeln\ndm\nx\nj\ndy\ny\n\nk\ndz\nz\nt\nwobei im allgemeinen Theil seiner Betrachtungen \u00e4t, y, z gerade nicht immer die Quanta der Urfarben, sondern auch beliebiger Farben bedeuten. Ftr den totalen \u201eEmpfindungsunterschied41 (Abh. 1., S. 18) zweier benachbarten Empfindungen nimmt ferner Helmholtz an, dafs er durch die Gleichung\n2, dE% = dEi\u00bb + dE,* + dE^\nvon den Aenderungen der drei Componenten abh\u00e4ngt Aus L oder 1/ und 2. ergiebt sich dann von selbst:\nbeziehungsweise\nals Analogon des Fechneb\u2019sehen Gesetzes .f\u00fcrs dreidimensionale Farbengebiet. Die Gl. 2. involvirt, wie wir es jetzt nach der im vorigen Paragraphen auseinandergesetzten (den Mathematikern gel\u00e4ufigen) Terminologie ausdr\u00fccken k\u00f6nnen, die Voraussetzung,.","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 275\ndafs die Farbenmannigfaltigkeit eine ebene, oder mindestens eine abwickelbare Mannigfaltigkeit ist.1 Die Form 2. f\u00fcrs Lmienelemenl der Farbenmannigfaltigkeit findet Helmholtz wahrscheinlich aus Gr\u00fcnden, die er (Abh. 1, S. 19) selbst nicht f\u00fcr zwingend h\u00e4lt Aber jedenfalls ist es gerechtfertigt, diese einfachste Annahme zun\u00e4chst zu versuchen, schon darum, weil sonst auf einen psychologischen Farbenk\u00f6rper von vornherein verzichtet w\u00fcrde,\nDie Annahme des FECHNER\u2019schen Gesetzes ist durch gewisse Beobachtungen \u00fcber Farbenmischungen, namentlich aber durch folgenden Umstand gest\u00fctzt: F\u00fcrs dichromatische Auge Bbobbun\u2019s, wo also die Componententheorie einfachere Verh\u00e4ltnisse vorfindet, wurde die Erkennbarkeit der FarbenunterscMede der Speetral-farben gemessen ; andererseits l\u00e4fst sie sich unter der Annahme, dafs die beiden Urfarben den Enden des Spectrums nahe liegen (mit obiger Hypothese \u00fcber die Anwendbarkeit des FBcmiBs\u2019schen Gesetzes auf die Componenten) berechnen; und die Resultate stimmen leidlich mit der Erfahrung, wobei jedoch zu bemerken ist, dafs man hierzu die Grundfarben schon kennen mufs, d. h. die linearen Gleichungen, durch welche sie mit den Spectral-farben Zusammenh\u00e4ngen, Der Grundgedanke scheint nun der zu sein\u00ae, dafs man eben jene Farben als Urfarben zu\n1 Analog ist ja, wie aus der analytischen Geometrie bekannt, da\u00ab \u201eLinienelement\" einer beliebigen Curve unseres ebenen Baumes darge-\u00abtellt durch\nds* * = dx% + dy* + df1,\nwenn ds das Bogenelement, \u00bb, y, z die Ooordinaten eines Curvenpunktes sind. Dagegen l\u00e4fst sich das Linienelement einer nicht ebenen Mannigfaltigkeit i. A. nicht auf diese einfache Form bringen, was wir geometrisch nur f\u00fcr zweidimensionale Mannigfaltigkeiten veranschaulichen k\u00f6nnen: Eine krumme Fl\u00e4che l\u00e4fst sich in vielfacher Weise durch Gleichungen der Form 1. (\u00a7 9) darstellen, weil man beliebige Linien auf ihr als die Curven u = const, und v \u2014 const, w\u00e4hlen kann. Aber nur wenn sie abwickelbar ist, kann man Darstellungsformen so finden, dafs ihr Linienelement die Form\nds* \u2014 du* + dv*\nannimmt (vgl, z. B. Darboux, Theorie des surfaces, Bd, I., Art. 69f.)\n* Hblmh\u00f6ltz selbst spricht sich dar\u00fcber nicht deutlich aus und sagt nur ( Abh. 1., S. 29) : \u201eIn den uns vorliegenden Beobachtungen von Bbodhun kommen wir nur der \u00a9inen (warmen) Grundempfindung des dichromatischen Auges sehr nahe\", warum, sagt er nicht, schliefst es aber wohl daraus,\n18*","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\nKonrad Zindler.\nw\u00e4hlen hat, f\u00fcr welche sich di\u00a9 unter obigea Voraussetzungen (Fechneb s Gesetz f\u00fcr die Com-ponenten) berechneten 'Werth\u00a9 der Farbendiff\u00a9reizen gleicher Erkennbarkeit mit der Erfahrung in Uebereinstimmung bringen lassen. Hierdurch ist also zugleich das Mittel gegeben, die Urfarben zu bestimmen uni die Zul\u00e4ssigkeit des FECHNEB\u2019schen Gesetzes verificirt, w\u00e4hrend man sonst (bei anderer Annahme der Urfarben) gen\u00f6thigt w\u00e4re, die Grundformeln an Stelle von 1. oder 1.' so zu erweitern, dafs noch gewisse Functionen X und Y von x, beziehungsweise y darin auftreten, n\u00e4mlich (Abh. 1, S. 24) :\n4.\nWas nun. den eben hervorgehobenen Gedankengang selbst (und den analogen f\u00fcr den Fall trichromatischer Augen) betrifft so ist zu bemerken, dafs zwei von einander unabh\u00e4ngige Hypothesen, n\u00e4mlich die Annahme bestimmter Urfarben und die Geltung des FBCHNBB'schen Gesetzes f\u00fcr die Componenten Qi wenn man die vorausgesetzte Ebenheit der Farbenmannigfaltig* keit hinzuz\u00e4hlt, sogar drei Hypothesen), durch eine einzige Beobachtungsreihe wohl nicht hinreichend verificirt werden k\u00f6nnen. Es ist ja einleuchtend, dafs wenn man irgend drei, ander\u00a9 beliebige Farben als Urfarben w\u00e4hlt, jedenfalls die drei entsprechenden Aenderungen d El, d E2, dEg von den Aende-rungen dr, dy, dz dieser Urfarben nach irgend einem Gesetze abh\u00e4ngen werden, welches dann samint den gew\u00e4hlten drei Ur-f\u00e4rben mit demselben Recht als verificirt gelten k\u00f6nnte, wie dm FfiCHNEB'sche Gesetz zusammen mit den 'drei bestimmten Ur* f\u00e4rben Helmholtz'. In der That 'wurden auch solche allgemeinere Gesetze in Betracht gezogen (s. hier Gl. 4). Allerdings zeichnet sich das Fechheb'scIi\u00a9 Gesetz durch seine Einfachheit ans und empfiehlt dadurch auch die zugeh\u00f6rigen Urfarben. Aber es ist doch, zu betonen, dafs es Mer nicht im selben Sinne als\ndals in der Tabelle IV., S. 28 bloa der Werth von X, aber nicht der von Y nahezu constant Ist. Auf den analogen Gedankengang In der Unter-Buchung f\u00fcr trichromatieche Augen i Abh. 2., S. 8) deutet die Bemerkung hin, 'es komme darauf an, 6 Verh\u00e4ltnisse der (konstanten in den, GL L so zu bestimmen, dafs die aus der Unterschiedsmaaisformel berechneten Werthe von dE .alle einander m\u00f6glichst gleich, werden.","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 277\nAusdruck von etwas Thats\u00e4chlichem gelten kann, wie bei eindimensionalen Continuen (gleichviel wie dieses Thats\u00e4chliche dann noch \u201egedeutet\u201c werden mag), sondern dafs eine analoge Willk\u00fcrlichkeit, wie die Wahl des Coordinatensy stems in der Geometrie, in der ganzen Betrachtungsweise steckt. Noch weniger kann nat\u00fcrlich die Existenz der Urfarben durch jene Uebereinstimmung zwischen Rechnung und Beobachtung als erwiesen gelten.\t.\nDie 3. f\u00fcr uns wichtigste Abhandlung stellt sich schon auf den Standpunkt, dafs die drei physiologischen Urfarben bekannt seien. Von hier aus hat mit Zuh\u00fclfenahme der beiden anderen schon mehrfach erw\u00e4hnten Hypothesen die Auffindung der k\u00fcrzesten Linien im Farbensystem, d. h. die Angabe der physi-kalischen Zusammensetzung aller Lichter, deren zugeh\u00f6rige Em-pfindungsreihe eine K\u00fcrzeste bilden, keine Schwierigkeit mehr: Aus der Voraussetzung, dafs die Farbenmannigfaltigkeit eben ist, sich also in unseren Raum als psychologischer Farbenk\u00f6rper abbilden l\u00e4fst, folgt, dafs ihre k\u00fcrzesten Linien Gerade sind. Um die Farben kennen zu lernen, die auf diesen Geraden liegen, ist es nur nothwendig, dieselben in den physiologischen Farbenk\u00f6rper, den Helmholtz zu Grunde legt, r\u00fcck abzubilden. Da der Zusammenhang der Urfarben mit den Spectralfarben bekannt ist (GL I und II), ist dann das Verlangte geleistet. Nennt man die drei Empfindungscomponenten jetzt f, % \u00a3, so ist der Zusammenhang zwischen den Ver\u00e4nderlichen x, y, z, oder den Ooordinaten des physiologischen Farbenk\u00f6rpers und den f, r;, \u00a3 oder den Ooordinaten des psychologischen Farbenk\u00f6rpers durch die Gleichungen gegeben (Abh. 3, S. 111 oder Opt. S. 463).\n5.\tlog nat (a -f- x) = f,\nlog nat (b\ty) = t),\nlog nat (c\tz) - - \u00c7,\ndie nichts Anderes als die Integrale yon 1. sind, wobei k wegen der Willk\u00fcrlichkeit der Maafseinheiten eins gesetzt werden konnte. Aus demselben Grunde ist es f\u00fcr die Theorie gleichg\u00fcltig, ob man die nat\u00fcrlichen oder die gemeinen Logarithmen nimmt, weil beide einander proportional gehen. Man kann also, wie es Helmholtz von vornherein thut, schreiben:\n6.\tlog (a + \u00ab) = I, log (b 4- y) = 7],\nlog (\u00ab + *) = \u00a3\u2022","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\nKonrad Z\u00fcndler.\nDie zwischen den Punkten (\u00a3,, ij\u201e \u00a3,) und (\u00a7,, ij\u201e \u00c7,) verlaufende Gerade\n7- S \u2014 it _ y \u2014 Vi = \u00a3 \u2014 Ci St \u2014 \u00a71\t% \u2014 vi \u00bbt \u2014 Ci\nwird also auf \u00a9in\u00a9 Linie des physiologischen Farbenk\u00f6rpers abgebildet, deren Gleichung man findet, indem man in 7. verm\u00f6ge 6. die x} y, z einf\u00fchrt. Es wird:\nS-S,\n\u00ab + *i \u2019\nzur Abk\u00fcrzung = A\n^ ~h yt\n* + yi\nFolglich wird aus 7.:\n\u00bbi\n1\u00bb\nfl\n\u00bb?\n= y\n1\ny\nc -f- z\nc -(- z1\nDies sind die Gleichungen1 der \u201ek\u00fcrzesten Linien im Farben-\n1 ln Abh. 3., 8. 112 (und in Opt. S. 464) stehen dies\u00a9 Gleichungen in Folge eines Bechen- oder Druckfehlers in der Form\n( a + x y _ ,\tf b + y y\tf c + z v\nV \u00ab + Xi )\t' \u2019\t^\t'\tV c + *! /\nwas f\u00fcr die mathem. Discussion der Curven, die hierauf vorgenommen Wird, allerdings keinen Unterschied macht, da zu jedem Werthesystem der Constanten 1, p, v auch das Reciproke denkbar ist, und die Bedeutung von X, /*, v nicht weiter in Betracht gezogen wird. Nimmt man von den drei durch Gleichheitszeichen verbundenen Ausdr\u00fccken 8, zwei zusammen, so hat man die Projection einer solchen Curve auf eine Coordinatenebene. Z. B. kann die Projection auf di\u00a9 x, y \u2014\u25a0 Ebene durch Coordinatentrans-formation auf die Form\ny = c- xn\ngebracht werden, wobei c und n constant sind. Di\u00a9 Formen dieser Curven","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 279\nsystem\u201c, wie sich Helmholtz ausdr\u00fcckt, genauer gesagt, derjenigen Linien in seinem physiologischen Farbenk\u00f6rper, denen im psychologischen Farbenk\u00f6rper K\u00fcrzeste, d. h. Gerade entsprechen.\nSchon in 1. findet sich in dem mit \u201e\u00e4hnlichste Farben\u201c \u00fcber-schriebenen Abschnitte (S. 22) eine Bestimmung specieller k\u00fcrzester Linien f\u00fcr Dichromaten, oder wie es dort heilst, der Curvon kleinsten Farbenunterschieds. Die dortige Methode ist in engerem Zusammenhang mit den experimentell durchf\u00fchrbaren Messungen \u00fcber \u201e\u00e4hnlichste Farben\u201c. Ihr Grundgedanke (der \u00fcbrigens nicht ausdr\u00fccklich hervorgehoben wird) ist jedoch fehlerhaft, obwohl das Ergebnifs schliefslich ein Specialfall von 3. wird.* 1\nsind bekannt, auch you Helmholtz hinreichend discutirt. Der eine Haupttypus ist in seiner Fig. 1 (oder Opt. S. 467) veranschaulicht, die Curven des anderen Haupttypus verlaufen hyperbel\u00e4hnlich.\n1 Wenn die Intensit\u00e4ten x und y der zwei Grundfarben f\u00fcr ein dichromatisches Auge in einem rechtwinkligen Coordinatensystem zur Anschauung gebracht werden (also in einer physiologischen Farbentafel), so stellt ein\u00a9 Linie M durch den Ursprung, deren Gleichung\nx __\ny ~c\n1st, den Ort von Farbenreizen \u201econstanter Mischung\u201c dar. R sei ein Punkt auf M ; di\u00a9 zugeh\u00f6rige Empfindung E wird verglichen mit den Empfindungen E\u2018J die zu einer benachbarten Linie M\u2018, n\u00e4mlich\nx\ny\n= &\ngeh\u00f6ren, und es wird auf die geringste Verschiedenheit zwischen E und einer passenden Empfindung aus der Eeihe E* eingestellt, was sich experimentell durchf\u00fchren l\u00e4fst, auch ohne die Grundfarben zu kennen, da sich Farben constanter physiologischer Mischung auch physikalisch nur durch die Intensit\u00e4t unterscheiden.\nAndererseits l\u00e4fst sich das eben deflnirte Minimum von dB rein mathematisch berechnen, sobald man eine Voraussetzung \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit des dB von den Keizunterschieden dx, dy macht, d. h. es l\u00e4fst sich\ndy\ndie durchs Verh\u00e4ltnis ^ definite Richtung r berechnen, nach welcher\nvon R aus derjenige Reiz R\u2018 auf Ml liegt, der dem Minimum der Empfin-dungsverschiedenheit zugeordnet ist, und das Resultat l\u00e4fst sich mit den Berechnungen vergleichen. Von R\u2018 f\u00fchrt zur n\u00e4chsten Linie des Systems der Af-Linien (gebildet von den Geraden durch den Ursprung) wieder ein Linienelement bekannter Richtung, u. s. w. Diese Elemente schliefsen sich zu einer Curve N zusammen, die das System der M Linien so schneidet, dafs sie auf je zwei benachbarten Linien dieses Systems die Bilder \u00e4hnlichster Farben herausschneidet. Diese \u201eCurve \u00e4hnlichster Farben\u201c wird","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"28\u00d6\nKonrad Zindler.\n\u00a7 11. Methoden zur Aufstellung des psychologischen\nFarbenk\u00f6rpers.\nWenn auch die Auffindung des etwaigen psychologischen Farbenk\u00f6rpers im Wesentlichen durch Versuche geschehen mufs (8. 254), so werden diese doch nicht planlos vorzunehmen sein* und ich m\u00f6chte zwei- Wege, die man einschlagen k\u00f6nnte, kurz besprechen, von denen der erste (vielfacher Variationen f\u00e4hig) sich unmittelbar darbietet, fast ohne mathematische H\u00fclfsmittei zu erfordern, der andere durch Helmholtz\u2019 Abh. 3. (s. \u00a7 10) nahegelegt wird.\nWir haben gesehen (8. 260), dafs in dem. Umfange als das\ndurch Integration derjenigen Differentialgleichung zwischen dx und dy gefunden, welche die Richtung r definirt. Helmholtz findet (S. 23):\nxy = const.,\nmithin gleichseitige Hyperbeln.\nDie Bilder der Curven M und N in der psychologischen Farben-tafel m\u00f6gen y und v heifeen. Dann m\u00fcssen die \u00bb'-Curven das System der orthogonalen Trajectorien des ^-Systems bilden, weil von einem Punkte einer ja-Curve der k\u00fcrzeste Abstand zu einer benachbarten .\u00ab-Curve auf letzterer senkrecht steht. Nimmt man andere M oder \u00ab-Curven, so bekommt man auch andere A oder \u00bbCurven als \u201eCurven \u00c4hnlichster Farben\u201c. Ja man kann di\u00a9 AT-Curven beliebig w\u00e4hlen, zu den entsprechenden v-Curven die orthogonalen Trajectorien suchen und diese wieder r\u00fcckabbilden, so werden die so gewonnenen Curven, als M-Curven betrachtet, di\u00a9 urspr\u00fcnglich angenommenen Curven zu A7-Curven haben. Diese m\u00fcssen also ebensowenig k\u00fcrzeste Linien im Farbensystem sein, als ihre Abbildungen v gerade sein m\u00fcssen. Aber Helmholtz macht jene Annahme, wie aus dem. Schlufs der Abh. 2 hervorgeht, wo er die \u201eLinien kleinsten Farbenunterschieds\u201c, von denen er schon S. 24 gesprochen, hatte, unberechtigterweise mit den \u201ek\u00fcrzesten Linien im Farbenfelde\u201c identificirt. Vielmehr kann, wie soeben gezeigt, jede Linie ein\u00a9 Linie kleinsten Farbenunterschiedes sein, wenn man das System der Linien, zwischen denen sie construirt ist, passend wfthlt.\nDafs die so gewonnenen Resultate denen der Abh. 3 sich einf\u00fcgen, ist nur dem Umstand zu danken, dafs gerade von den Linien\n= const., x\n(woraus auch, folgt: log y \u2014 log x = const.), als M-Linien ausgegangext wurde. Ihnen, entsprechen als Abbildungen, im. psychologischen Farbenk\u00f6rper nach GL 6 des Textes (wobei hier a = b = 0) die Linien:\n?! \u2014 | = const.\n\u00e0lso ein B\u00fcschel paralleler Geraden, die freilich wieder Gerade als orthogonale Trajectorien haben.","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"Heber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 281\nWeber\u2019sehe Gesetz gilt, die Darstellung des Continuums Weifs-Grau-Schwarz, soweit es auf dieses Continuum an und f\u00fcr sich ankommt, durch eine Gerade zul\u00e4ssig ist und durch die Forderung o) S. 228 auch unmittelbar erheischt wird. Die Spectral-farben, jede in einer gewissen Intensit\u00e4t, z. B. wie sie in einem bestimmten Spectrum auftreten, sind dann in eine sich um die Axe Weifs-Schwarz herumschlingende Linie anzuordnen, wozu nat\u00fcrlich eine Raum curve zur Verf\u00fcgung steht, die, wenn es sich um die uns gel\u00e4ufigsten Spectra handelt, beim Gelb dem Weifs n\u00e4her stehen wird als dem Schwarz, beim Blau umgekehrt Es wird sich empfehlen, zuerst die zweidimensionalen Mannigfaltigkeiten zu untersuchen, die durch Mischung dieses Continuums Weifs-Schwarz mit einer Spectralfarbe (z. B. Blau B) entstehen k\u00f6nnen.1 Die Gesammtheit der Farben einer solchen Mannigfaltigkeit nennt Hering gelegentlich ein \u201eNusncirungs-dreieck\u201c (in der Fig. 6 W S B). Nimmt man dieselbe Spectralfarbe in anderer Intensit\u00e4t B\\ so entsteht ein anderes Nuancirungsdreieck, das sich mit dem ersten zum Theil decken wird. Alle diese Dreiecke werden von einer Curve C eingeh\u00fcllt werden, auf der die spectralen Blau in ihren verschiedenen Intensit\u00e4ten liegen. Der ganze von allen (mit derselben Spectralfarbe gebildeten)\nNuancimngsdreiecken bedeckte Raum mag Nuancirungsfl\u00e4che (N) helfsen. Dieselbe kann, wie eine Farbentafel \u00fcberhaupt, entweder psychologisch sein oder nach anderen Principien, z. B. als M\u00e4xwELx/sche Tafel angefertigt sein. Im ersteren Falle wird sich die Curve C mit ihren Enden den Punkten S und W n\u00e4hern m\u00fcssen, weil jede Spectralfarbe bei sehr grofser Intensit\u00e4t einen weifslichen Ton annimmt, andererseits bei sehr geringer Intensit\u00e4t sich dem Augenschwarz n\u00e4hert ; in letzterem Fall mufs an Stelle von C eine Gerade treten, weil die verschiedenen Intensit\u00e4ten derselben Spectralfarbe auch als Mischcontinuum betrachtet werden k\u00f6nnen (vgl. S. 255). Schon\nw\n1 Heber zweidimensionale Mischcontinua s. S. 2\u00f65 Anna.","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nKonrad Zind\u00efer,\ndaraus sieht man, dafs die psychologische N unter den Maxwell-sehen Tafeln nicht zu suchen ist Jedenfalls wird man auch jene Continua einer N, die am leichtesten, zu erhalten sind, die sich n\u00e4mlich bei constantem Verh\u00e4ltnifs des spectralen und weifsen Antheils nur nach physikalischer Intensit\u00e4t abstufen, nach der Methode von S. 256 f. daraufhin pr\u00fcfen, ob sie constante Kr\u00fcmmung haben, eventuell nach welcher Seite die Kr\u00fcmmung zunimmt. Nat\u00fcrlich wird man zun\u00e4chst versuchen, jede N im psychologischen Farbenk\u00f6rper als St\u00fcck einer Ebene zu erhalten,1\nSind die psychologischen N f\u00fcr hinreichend viele Spectral-farben ermittelt, so sind sie nur noch wie di\u00a9 Bl\u00e4tter eines Buches um die \u00c4xe Schwarz-Weife beweglich, und jetzt wird f\u00fcr die Auswahl der Anordnung die Empfindlichkeit f\u00fcr die Farbenunterschiede benachbarter Spectralfarben maafsgebend sein.2 * * * * * * 9\nDer zweite Weg wird an den Umstand ankn\u00fcpfen, dafs Helmholtz durch die bekannte (in der Hypothese des Fechner-sehen Gesetzes f\u00fcr die Componenten liegende) Beziehung (\u00a7 10, Gl. 6.) seines physiologischen zum psychologischen Farbenk\u00f6rper die k\u00fcrzesten Linien des Farbensystems berechnet hat Nun wurde im vorigen Paragraphen darauf aufmerksam gemacht, dafs, abgesehen von den hypothetischen Elementen in seinen\n1 Hierzu wire nothwendig, dafs all\u00a9 k\u00fcrzesten Linien in N constante\nKr\u00fcmmung haben; im bejahenden Fall h\u00e4tte man nur mehr die Wahl\nzwischen Kugel und Ebene; da aber schon eine Gerade (Schwarz-Welfs)\nauf der Fl\u00e4che bekannt ist, bliebe nur die Ebene \u00fcbrig. Freilich k\u00f6nnen\ndie k\u00fcrzesten Linien nicht unmittelbar auf experimentellem Weg\u00a9 gefunden,\nwerden. Denn eine zwischen zwei Endpunkten eingeschaltete Reih\u00a9 von\nFarben ist durch Verschiebung ihrer einzelnen Glieder nach verschiedenen Richtungen (selbst wenn man sich auf zweifache Mannigfaltigkeiten be-\nschr\u00e4nkt) in viel zu mannigfacher Art deformirbar, als dafs man alle diese M\u00f6glichkeiten experimentell daraufhin pr\u00fcfen k\u00f6nnte, ob eine benachbarte Reihe etwa k\u00fcrzer w\u00e4re (vgl. S. 255), als die urspr\u00fcnglich angenommene. Man. wird sich deshalb damit begn\u00fcgen m\u00fcssen, in einer nach m\u00f6glichst einfachem Verfahren auf gestellten Ar Stichproben, vorzunehmen, ob sie die Definition einer psychologischen Farbentafel erf\u00fcllt, eventuell nach diesen Proben die Verbesserungen anzubringen (vgl. den Anfang des \u00a7 7).\n9 S. Brodhun in dieser Zeitschr. Bd. III., S. 89. Dagegen sind bei Bestimmung der Curven C in einer einzelnen N zu ber\u00fccksichtigen : \u201eExp. Unters, \u00fcber d. psychophys. Fundamentalformel . . .\u201c v. K\u00f6nig und Bbodhuf, Berliner Sitzungsbor. Juli 1888. S. auch Helmholtz, Physiol. Opt, S, 408, fl.","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber r\u00e4umliche Abbildungen dei Continuums der Farbenempfindungen etc. 283\ndiesbez\u00fcglichen Arbeiten, sich auch directe Einw\u00e4nde machen\nlassen.* 1\nHypothesenfreier kann man den Gedanken der Aufsuchung der K\u00fcrzesten zur Geltung bringen, wenn man statt des physiologischen einen physikalischen Farbenk\u00f6rper zu Grunde legt Die \u201eK\u00fcrzesten\u201c w\u00e4ren auch hier nach Analogie der Helmholtz sehen Bezeichnung jene Linien im, physikalischen Farbenk\u00f6rper, deren Bilder im psychologischen K\u00f6rper Gerade werden. Sie selbst brauchen ebensowenig wie die Gurren GL 8. (\u00a7 10) gerade zu sein. Wir wollen sie deshalb lieber die \u201eQuasi-K\u00fcrzesten\u201c nennen. Die Ausschaltung des physiologischen Farbenk\u00f6rpers wird sich zun\u00e4chst deshalb empfehlen, weil wir ron den Endgliedern der Reihe \u201ephysikalisch, physiologisch, psychologisch\u201c mehr wissen, als vom Mittelglied\u00a9. Die unmittelbare Erforschung der thats\u00e4chlichen Beziehungen zwischen den Endgliedern w\u00fcrde auch aufs Mittelglied eher einiges Licht werfen k\u00f6nnen.\nNach den Anforderungen an den psychologischen Farbenk\u00f6rper ist nun folgender Satz unmittelbar Mar: Hat man in einem physikalischen Farbenk\u00f6rper die quasik\u00fcrzesten Curven bestimmt, so ist der psychologische Farbenk\u00f6rper nur noch unter jenen Abbildungen des physikalischen zu suchen, bei denen\n1 Es w\u00e4re also jedenfalls noch zu pr\u00fcfen, ob der psychologische Farbenk\u00f6rper, den er implicite in der Abh. 8 aufgestellt hat, zutrifft, was am einfachsten so geschehen kann : Zu den Geraden des psychologischen Farbenk\u00f6rpers geh\u00f6ren z. B. auch die Linien\n1. tj = const., l = const.,\n(die Parallelen zur f-Axe), die sich zun\u00e4chst in seinen physiologischen Farbenk\u00f6rper als Linien abbilden, in denen biofs x ver\u00e4nderlich ist, weiter In den physikalischen Farbenk\u00f6rper (fi, G, V) als Linien, die man nach 8. 278 Anm. berechnen kann, indem man R, G, V stets in der dort. Angegebenen Weise \u00e4ndert. Man erh\u00e4lt so Werthetripel (R, G} n d, h. Maafszahlen-Tripel f\u00fcr diese Qualit\u00e4ten, die von einem Parameter ab-h\u00e4ngen. Die Farbenlinie, die von den entsprechenden Farben erf\u00fcllt wird, m\u00fcfste im psychologischen Farbenk\u00f6rper eine Gerade sein, also vor Allem das Kennzeichen der constanten Kr\u00fcmmung (\u00a7 7) besitzen. Nat\u00fcrlich k\u00f6nnte man statt der Linien 1 beliebige andere Gerade im Coordinatensystem (I, tj, t) w\u00e4hlen und auf demselben Wege (von Punkten constanten Abstandes anf diesen Geraden ausgehend) berechnen, welche Farbenreihen den Eindruck constanten Abstandes machen m\u00fcfsten, ferner pr\u00fcfen, ob auch di\u00a9 Theilreihen dieselbe Eigenschaft haben.","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nJConrad Zindler.\nden Quasi-K\u00fcrzesten Gerade entsprechen; ist \u00a9ine-solche Abbildung unm\u00f6glich, so giebt es auch keinen psychologischen Farbenk\u00f6rper. Wir werden jedoch alsbald sehen, dafs \u00fce wirkliche Bestimmung der Quasi-K\u00fcrzesten f\u00fcrs erste nicht nothwendig ist, sondern nur di\u00a9 Aufstellung ihrer Differentialgleichungen.\nWill man nun den Ausgangspunkt der HRLMHOLTz\u2019schen Untersuchung \u00fcber k\u00fcrzeste Farbenlinien auf einen . p h y s i -k a 1 i s c h e n (statt einen physiologischen) Farbenk\u00f6rper \u00fcbertragen, so wird man auch Mer zun&ehst das \u201eLinienelement14 d E als Function der Coordinaten des physikalischen Farbenk\u00f6rpers suchen m\u00fcssen. Bezeichnen wir jetzt die letzteren mit x, y, z (z. B. die Intensit\u00e4ten dreier physikalischen Grundfarben, wie sie schon bei Besprechung der Maxwell\u2019sehen Tafeln erw\u00e4hnt wurden) und mit X, Y, ... Z, sechs Functionen derselben, so handelt es sich zun\u00e4chst darum, alle Beobachtungen \u00fcber die Unterschiedsempfindlichkeit im Farbengebiet durch passende Wahl jener Functionen in eine Formel\n2. d E* = Xdx9 -f- Ydy- -j- Zdz%\tX% dydz -f- Yx dzdx -f- Zx dxdy\nzusammenzufassen.1 Dieser Formel wollen wir nach den Grunds\u00e4tzen, die wir in dieser Arbeit stets festhielten, nat\u00fcrlich nur den Sinn beilegen: Wenn man nacheinander zwei Werthetripel xlf ylf zx 'und r2, y.n zt sammt zugeh\u00f6rigen kleinen Aenderungen dx 1, dylf dz{ und r/.r2, dyMf dzt in 2. einsetzt, und es sind die Zahlen, die rechte herauskommen, beidemal gleich, so m\u00fcssen auch die entsprechenden Farbendistanzen als gleich beurthe\u00fct werden, wenn die Formel 2. ein ad\u00e4quater Ausdruck daf\u00fcr sein soll, wie kleine Empfindungs\u00e4nderungen von kleinen Reiz-\u00c4nderungen abh\u00e4ngen.\nMan wird sich die Aufgabe eine passende Formel 2. zu finden durch Zerlegung in mehrere Schritte erleichtern, etwa so : Beschr\u00e4nkt man sich zuerst auf Aenderungen, bei denen\n1 Man. kann zwar stets nachtr\u00e4glich durch Wahl \u201eorthogonaler Pari\u201c meterlinien\u201c analog wie in der Fl\u00e4chentheorie die einfachere Form\n2\u00bb. d I? = Xdx* + Y dy% + Zdzf\nerzielen, aber man kann nicht von vornherein wissen, ob man die Wahl der Grundfarben so getroffen hat, dafs diese Form gen\u00fcgt. Trotzdem wird man versuchen (wie es auch Helmholtz thut), zun\u00e4chst mit dieser einfacheren Form auszukommen.","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 285\ndy = dz = 0 ist, also eine Grundfarbe allein in der Mischung ge\u00e4ndert wird, so reducirt sich 2. auf\n3. dE = /X \u2022 dx,\nund /X ist, solange obige Beschr\u00e4nkung gilt, eine Function von x allein, di\u00a9 man aus Versuchen bestimmen mufs. Dieser Theil der Aufgabe steht auf gleicher Stufe, wie die Auffindung der FECHNKRschen \u201eElementarformel\u201c, solange man die Function X nur f\u00fcr ein specielles constantes Werthepaar y =- c2, z = c% sucht. Aber f\u00fcr jedes Werthepaar c.2, c$ erh\u00e4lt man ein solches Gesetz 3. Alle diese wird man in eine einzige Formel fassen m\u00fcssen, indem man die Constanten in X als passende Functionen von y und z betrachtet Gelingt dies, so ist X vollst\u00e4ndig bestimmt u. s. w.\nWenn die Darstellung der Thatsachen unter den sehr vereinfachenden Voraussetzungen gelingt, dafs X, Y} Z (analog wie bei Helmholtz) Functionen beziehungsweise von xy y, z allein sind, und Xlf Yu Zl verschwinden, so kann man durch die Gleichungen\n4.\nX dx - u,\nw\nneue Ver\u00e4nderliche einf\u00fchren, f\u00fcr welche das Linienelement in der Form\n5, dE% = du* 4\u201c dtf2 *4\u201c\nerscheint Jedenfalls mufs es auf diese Form gebracht werden k\u00f6nnen, soll ein psychologischer Farbenk\u00f6rper m\u00f6glich sein. Aber das Umgekehrte l\u00e4fst sich nicht behaupten. Denn wenn die Farbenmannigfaltigkeit nicht selbst eben, aber auf eine ebene Mannigfaltigkeit abwickelbar w\u00e4re, so kann das Linienelement \u2022auf die Form 5. gebracht werden. Trotzdem giebt es in diesem Fall keinen psychologischen Farbenk\u00f6rper ; auch eine zweidimensionale psychologische Farbentafel kann ja nicht durch eine ihrer Biegungen ersetzt werden, weil dabei eben Distanzgleichheiten verloren gehen (vgl. auch S. 259). Man sieht aus dieser Betrachtung, dafs das arithmetische Farbenschema durch das Linienelement 2. allein ebensowenig bestimmt ist, wie eine krumme Fl\u00e4che durch ihr Linienelement, das nur wie man zu sagen pflegt, die Verh\u00e4ltnisse im Unendlichkleinen zum Ausdruck bringt Aber alles den aufeinander abwickelbaren Mannig-","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nKonrad Zindler.\nfaltigkeiten gemeinsame ist durchs Linienelement bestimmt, z. B. die geod\u00e4tischen. Linien, geradeso wie die Differentialgleichungen der geod\u00e4tischen Linien auf einer Fliehe aufgestellt werden k\u00f6nnen, wenn auch nur das Linienelement derselben in der Form\nds* = Edu* + 2Fdudv + Gdv*\ngegeben ist (s. die GL 9. auf S. 153 in Biajschi-Lukat, Differen-tialgeom.).\nDen n\u00e4chsten Schritt der nach Auffindung des Linienelementes 2. zu thun ist, wollen wir der Anschaulichkeit halber zun\u00e4chst an zweidimensionalen Mannigfaltigkeiten erl\u00e4utern, und skizziren : Es sei\n6.\t\u00a3\t=\tf\t(\u00ab,\tv)\nn\t=\t9\t(*,\t\u00ab0\n\u00c7\t=\th\t(u,\tv)\neine krumme psychologische Farbentafel. Die GL 6, seien aber nicht explicite gegeben, sondern nur das Linienelement dE* (gleich d\u00a78 + dy* + d\u00a3s) sei wirklich bekannt und habe die Form\n7. dE* = Udu* + 2 Wdudv + V dv\\\nwobei jede der Gr\u00f6fsen Ut F, IF' eine Function von u und. v ist, den Coordinaten der physikalischen Farbentafel. Dann kann man, wie eben bemerkt, die Differentialgleichungen der geod\u00e4tischen Linien der psychologischen Farbentafel aufs teilen. Durch Integration derselben w\u00fcrde man zun\u00e4chst Gleichungen der Form\n8. u = f (\u00a3), v = xp (t)\nerhalten, die in 6. eingesetzt die geod\u00e4tischen Linien in endlicher Form \u00c7 F (t), . . . liefern w\u00fcrden, wobei t eine unabh\u00e4ngige Ver\u00e4nderliche (in den citirten Gleichungen Bianchi\u2019s die Bogenl\u00e4nge s) bedeutet. Nun sind auf der psychologischen Farbentafel die geod\u00e4tischen Linien die wirklichen K\u00fcrzesten. Deutet man also die GL 8, in der Ebene, in welcher di\u00a9 physikalische Farbentafel w, t? liegt, so stellen sie die Abbildung der geod\u00e4tischen Linien auf die physikalische Farbentafel, also die Quasi-K\u00fcrzesten dar. Soll die psychologische Farbentafel auch eben sein, so m\u00fcssen ihre geod\u00e4tischen Linien gerade sein. Man wird also, indem man durch, eine passende Substitution statt w, v neue Parameter w1? v1 einf\u00fchrt, deren Differentialgleichungen auf die Form\n9. u= 0,\t\u00ab;, \" = 0","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fc\u00e9ber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 287\nbringen k\u00f6nnen (die Ableitungen nach t genommen), weil dies eben die Differentialgleichungen der geraden Linien sind. Eine der m\u00f6glichen Transformationen welche dies leistet, wird zugleich die physikalische Farbentafel in die etwaige psychologische abbilden, ohne dafs man dazu die Integration der Differentialgleichungen der geod\u00e4tischen Linien von vornherein n\u00f6thig gehabt h\u00e4tte; freilich w\u00e4re sie durch die Transformation von selbst geleistet\nGanz analog ist es mit der dreifachen Farbenmannigfaltigkeit : Man wird aus ihrem Linienelement 2. die Differentialgleichungen ihrer geod\u00e4tischen Linien ableiten, was nur Differentiationen erfordert. Dann wird man (was nur in speciellen F\u00e4llen m\u00f6glich sein wird) neue Ver\u00e4nderliche so einf\u00fchren, dafs diese Differentialgleichungen die Form\nUj\" = 0, V' = 0, wx u = 0\nannehmen. Transformationsgleichungen, welche dies leisten, bilden den physikalischen Farbenk\u00f6rper (x3 y, z) so ab, dafs die Quasi-K\u00fcrzesten gerade werden. Ist keine solche Abbildung m\u00f6glich, so giebt es auch keinen psychologischen Farbenk\u00f6rper. Ist aber eine m\u00f6glich, so auch unendlich viele. Man kann ja di\u00a9 gefundene Transformation mit jeder Collineation zusammensetzen,. Um nun zu entscheiden, ob eine dieser Abbildungen den psychologischen Farbenk\u00f6rper darstellt, sind jedenfalls neue Erfahrungen nothwendig, die sich nicht auf kleine (theoretisch: unbegrenzt kleine) Farbendistanzen beschr\u00e4nken. Man kann ja auch ein zweidimensionales Gebilde (eine Fl\u00e4che) von seinen Biegungen nicht unterscheiden, solange man nur die Ver-\n1 Man kann, die Gleichungen der geod\u00e4tischen Linien auch in der Form, m = % W voraussetzen, entsprechend ihre Differentialgleichung in der Form\n# (U, I?, 14% u\u201c) = 0,\nwobei die gestrichelten Gr\u00f6fsen Ableitungen nach v sind. Dann tritt das Problem., das f\u00fcr die Existenz einer psychologischen Farbentafel in Frage kommt, in der Form auf, dafs man diese Differentialgleichung durch Einf\u00fchrung neuer Ver\u00e4nderlichen auf die Form\nu,\" = 0\nbringen soll. Die Bedingungen unter denen dies m\u00f6glich ist, hat La gefunden (Archiv for Math, og Naturvidenskab, Christiania, 1883) und auch, den. Weg angegeben, auf dem man solche Transformationen findet, falls sie exietiren.","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nKonrad Zindkr.\nh\u00e4ltnisse \u201eim Unendlichkleinen\u201c kennt, die durchs Linienel.em.eEit ausgedr\u00fcckt werden.\nMan k\u00f6nnte die beiden skizzirten Methoden combiniren, indem man aus der gesammten Farbenmannigfaltigkeit nach irgend einem Gesetze eine Schaar zweifacher Mannigfaltigkeiten heraushebt, f\u00fcr letztere die Linienelemente, geod\u00e4tischen, Linien, u. s. w. bestimmt und dann die so gefundenen Farbentafeln passend zu-samroenf\u00fcgt (\u00e4hnlich wie fr\u00fcher die Nuancirungstafeln).\nWir haben die Distanzvergleicbungen \u00fcberall gegen\u00fcber dem Richtungsgedanken bevorzugt, weil sie sowohl einer exacteren experimentellen Behandlung zug\u00e4nglich sind, als auch weil di\u00a9 Distanz einen leicht zu verallgemeinernden mathematischen Ausdruck gestattet (vgl. die Anm. S. 270). Dagegen wird man sich etwas den Winkelsch\u00e4tzungen analoges bei Farbencontinuen kaum Zutrauen wollen. Dies war auch der Grund, warum, wir bei der Angelegenheit der Linien constanter Kr\u00fcmmung dabei stehen bleiben mufsten, eine Methode anzugeben., zwischen Constata und Inconstanz der Kr\u00fcmmung zu entscheiden, w\u00e4hrend von einem Kr\u00fcmmungs m a a f s nicht die Rede war, weil man zu einem solchen (geradeso wie in der Geometrie) ohne den Winkelbegriff nicht oder nur auf Umwegen gelangen kann. Wenn jedoch ein psychologischer Farbenk\u00f6rper bekannt ist, so kann man die Winkel in demselben nachtr\u00e4glich auch als Winkel zwischen den Richtungen der Farbencontinua (als surrogatives Maafs derselben) betrachten.1\nWenn kein psychologischer Farbenk\u00f6rper existirt, so wird schon wegen der Ungenauigkeit der Versuche zu erwarten sein, dafs ein solcher wenigstens mit ziemlicher Ann\u00e4herung auf gestellt werden kann. Andererseits w\u00fcrde die Annahme, dafs unsere dreifache Mannigfaltigkeit der Farbenempfindungen in\n1 Analog verh\u00e4lt es sich mit dem Kr\u00fcmmungsmaafs u. s. w. Man kann sich aber auch unmittelbare Versuche in \u00e4hnlichen Angelegenheiten ausdenken und so auf dem Umwege \u00fcber den. Distanzbegriff zu einem Winkelbegriff gelangen, z, B.: Wenn man 6 Farben so -finden kann, dafa ihre Distanzen untereinander und von einer siebenten Farbe F gleich beurtheilt werden, so geh\u00f6ren, die 7 Farben derselben Ebene an, weil sich nur In einer Ebene 6 gleichseitige Dreiecke so aneinanderlegen lassen, dafs sie eine Ecke gemeinsam haben. Auch w\u00fcrde man sagen, die Richtungen von F gegen die 6 anderen Farben schliefsen gleiche Winkel ein, u. der gl. m. Doch d\u00fcrfte es kaum einen Zweck haben, \u00e4hnliche Gedanken weiter aas-auspinnen.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ce7e6er r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen etc. 289\neiner h\u00f6heren Mannigfaltigkeit (die nat\u00fcrlich nicht als etwas Redes, sondern im Sinn des \u00a7 9 als ein mathematischer Begriff zu denken ist) ausgebreitet ist, in der wir1 gewisse ausgezeichnete Richtungen oder Componenten der Aenderung (Intensit\u00e4t, -Qualit\u00e4t, S\u00e4ttigung, Helligkeit) unmittelbar als solche wahr-nehmen, den Umstand gut veranschaulichen, dafs jene Bestimmungsstucke sich nicht oder nur in geringem Maafse unabh\u00e4ngig von einander \u00e4ndern k\u00f6nnen. Wir wollen dies wieder &b der psychologischen Farbentafel eines partiell Farbenblinden erl\u00e4utern: Nehmen wir an dieselbe sei eine krumm\u00a9 Fl\u00e4che, und die subjective Intensit\u00e4t der Farbe sei davon abh\u00e4ngig, wie weit ihr Bildpunkt iS von einer Coordinatenebene E entfernt ist, w\u00e4hrend (um der Anschaulichkeit halber eine bestimmte Voraussetzung zu machen) die Qualit\u00e4t und die S\u00e4ttigung durch die Entfernungen von den anderen Coordinatenebenen bestimmt sein sollen. Da der Farbenblinde aus seiner Tafel nicht herauskann, wird sich f\u00fcr1 ihn bei jeder Bewegung im Farbencontinuum aufser der Intensit\u00e4t zugleich mindestens noch ein anderes Be-stimmungsst\u00fcck \u00e4ndern m\u00fcssen, wenn nicht zuf\u00e4llig die Normale auf E durch den betrachteten Punkt B (l\u00e4ngs welcher sich nur die Intensit\u00e4t \u00e4ndern w\u00fcrde) ganz auf der Farbentafel liegt oder wegen schwacher Kr\u00fcmmung derselben sich nur unmerklich von der Tafel entfernt. Die einzelne Farbe k\u00f6nnte ebenso f\u00fcr den Farbent\u00fcchtigen theoretisch beliebig viele solcher Bestimmung\u00ab-st\u00fccke (Intensit\u00e4t, S\u00e4ttigung . . . ) auf weisen, ohne dafs doch das Farbencontinuum deshalb mehr als dreidimensional ist, ganz analog wie beim arithmetischen Farbenschema neben drei unabh\u00e4ngigen Ver\u00e4nderlichen beliebig viele abh\u00e4ngige a priori zul\u00e4ssig waren.\n\u00a7 12. Schlufswort.\nOb das Unternehmen, den etwaigen psychologischen Farbenk\u00f6rper zu finden, experimentell durchf\u00fchrbar und aussichtsreich genug erscheint, mufs ge\u00fcbten Experimentatoren, zur Beurtheilung \u00fcberlassen bleiben. Mir war es hier in den letzten Paragraphen um die principielle und logische Beite der Sache zu thun, und \u25a0dies m\u00f6ge es entschuldigen, wenn ich vielleicht manchmal in den mathematischen Begriffsbestimmungen weiter ging, als experimentell verwerthbar erscheint; aber es schadet niemals, die Begriffe theoretisch etwas sch\u00e4rfer zuzuspitzen.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XX.\n19","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nKonrad ZindUr.\nDie mathematischen Abstractionen Riemann\u2019s und seiner Nachfolger, die den Raum nur als Specialfall einer dreifach ausgedehnten Mannigfaltigkeit betrachten, wirken auch f\u00fcr die Be-urtheilung des Farbencontinuums sehr aufkl\u00e4rend. Dabei braucht an den uns gewohnten Eigenschaften, die unser Raum aufser den allgemeinen Eigenschaften jeder Mannigfaltigkeit noch besitzt, nicht ger\u00fcttelt zu werden, und es haben doch alle Untersuchungen der \u201enicht-euklidischen\u201c Geometrie einen pr\u00e4eisen Sinn, indem sich eben die Abstraction auch zu anderen Mannigfaltigkeiten erheben kann, die sogar mindestens als arithmetische Mannigfaltigkeiten (\u00a7 9) immer existiren. Riemann hat in seinem Habilitationsvortrag \u201eHeber die Hypothesen, welche der Geometrie zu Grunde Hegen\u201c (Ges. W. Abh. XIII) darauf aufmerksam gemacht, dafs \u201eaufser den Orten der Sinnesgegenst\u00e4nde\u201c auch die Farben \u201eeinfache Begriffe sind, deren Bestimmungsweisen eine mehrfach ausgedehnte Mannigfaltigkeit bilden\u201c.1 Von den an-schliefsenden Untersuchungen der neueren Mathematik \u00fcber mehrfach ausgedehnte Mannigfaltigkeiten haben nun, wie es ja die Schwierigkeit des Gegenstandes mit sich bringt, die Physiologen und die Psychologen, die das Farbencontinuum studirten, (mit Ausnahme von Helmholtz) bisher keine Notiz genommen. Dies w\u00e4re eher zu erwarten, wenn die abstracten Begriffe der Mathematiker gleich in Anlehnung an die concreten Anschauungen des F arbencontinuums entwickelt w\u00fcrden; und in diesem Sinne hoffe ich durch die \u00a7\u00a7 1, 7, 9, 11 einen Beitrag geliefert zu haben. Z. B. geht aus dieser Darstellung hervor,\n1 Im Continuum der Tonempfindungen ist die Scheidung der Bestimmungsweisen \u201eIntensit\u00e4t, Tonh\u00f6he, Klangfarbe\u201c (solang\u00a9 man \u00bbich auf einfache T\u00f6ne beschr\u00e4nkt, in denen der Grundton entschieden dominlrt) zu reinlich und. auffallend, als dafs ein Anreiz zu analogen Problemen vorhanden w\u00e4re, und als dafs namentlich Distanzvergleichungen zwischen Fundamenten, die durch Aenderungen mehrerer dieser Bestimmungast\u00fccke hervorgegangen sind, ungezwungen vorgenommen werden k\u00f6nnten. Auch ist. was die Klangfarbe der T\u00f6ne betrifft (umsomehr wenn man Kl\u00e4nge oder gar Ger\u00e4usche heranzieht) di\u00a9 Anzahl der Dimensionen des Tom continuums theoretisch unbegrenzt. Z. B. lassem sich di\u00a9 Schwingungsformen einer Beite nicht als von einer endlichen Zahl von Parametern abh\u00e4ngig auffassen; ebenso war es zwar auch bei den Lichtreizen (S. 242). Aber bei letzteren findet auf dem. Wege vom. Reil zur Empfindung eine Reduction auf ein dreidimensionales Continuum statt, was beim Toto* continuum nicht der Fall ist.","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"U\u00e9ber r\u00e4umliche Abbildungen dm Continuums der Farbenempfindungen etc. 291\ndafs die Frage, ob das Farbencontmuum eine \u201eebene\u201c oder \u201egekr\u00fcmmte\u201c Mannigfaltigkeit ist, einen prftcisen Sinn hat, mag nun die Genauigkeit der Experimente ausreichen, dies wirklich zu entscheiden oder nicht\nSo werden auch f\u00fcr den mathematischen Unterricht derartige Erl\u00e4uterungen durchs Farbencontinuum erw\u00fcnscht sein, besonders wenn man der Ansicht ist, dafs der Raum selbst als Beispiel hierzu so zu sagen zu gut ist, indem der geometrischen Anschauung etwas zugemuthet wird, was sie nicht leisten kann. Aber das Farbencontmuum, wo uns den geometrischen analoge Evidenzen fast g\u00e4nzlich mangeln (vielleicht u. A. deshalb, weil es sich hier nicht um Theilbares handelt), ist eben aus diesem Grunde als Beispiel einer \u201eallgemeineren\u201c oder vielmehr anders gearteten Mannigfaltigkeit besser geeignet, besonders solange man \u00fcber die tats\u00e4chliche mathematische Structur desselben so wenig weifs. Um ein Beispiel im einzelnen anzuf\u00fchren : Helmholtz hat in seinem Vortrag \u201eUeber den Ursprung und die Bedeutung der geometrischen Axiome\u201c die ber\u00fchmte Fiction von verstand^ begabten Wesen von nur zwei Dimensionen ben\u00fctzt, die auf einer krummen Fl\u00e4che leben und auch nicht die F\u00e4higkeit haben sollen, etwas aufserhalb dieser Fl\u00e4che wahrzunehmen. Dieses Bild ist nicht einwandfrei, weil wir es doch nur in unserem Raum auszudenken versuchen k\u00f6nnen und dabei dessen drei Dimensionen zur Geltung bringen; aber tats\u00e4chlich k\u00f6nnen wir es \u00fcberhaupt nicht ausdenken, da uns \u201ezweidimensionale Wesen\u201c v\u00f6llig unfafsbar sind. Auch wir haben gelegentlich die zweidimensionale Farbentafel eines partiell Farbenblinden in \u00e4hnlicher Weise als erl\u00e4uterndes Bild ben\u00fctzt; aber dies ist ein viel harmloserer Vorgang und schon deshalb einwurfsfrei, weil die partielle Farbenblindheit keine Fiction ist und selbst ein Farbent\u00fcchtiger von einem Theil seiner Farbenempfindungen abstra hiren kann, w\u00e4hrend es unm\u00f6glich ist, sich Oerter wegzudenken.\nJa sogar die Conception Rikmann\u2019s, es k\u00f6nnte Mannigfaltigkeiten geben, in welchen sich \u201edas Linienelement durch die 4, Wurzel aus einem Differentialausdruck 4. Grades ausdr\u00fccken l\u00e4fst\u201c, die zuerst wohl Jeden seltsam anmuthet, h\u00e4tte f\u00fcrs Farbencontmuum gar nichts Absonderliches an sich. Es ist a priori nicht abzuweisen, dafs an Stelle des Linienelementes 2. (S. 284) eine Formel freten mtfste, in welcher dE\u00ea einer passenden homogenen Function vierten Grades der Gr\u00f6fsen cfr, dy, dz gleich-\n19*","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nKonrad Zindkr.\ngesetzt ist, um die Erfahrungen \u00fcber die Beurtheilung kleiner Farbendistanzen in ein Gesetz zusammenzufassen.1 Es ist staunenswerth, wie Riemann, ohne ein concretes Beispiel zu haben, auf diese Verallgemeinerung der Form, des Linienelements verfallen konnte, die mir noch viel tiefsinniger erscheint, als 'die Abstraction von der Ebenheit und anderen Eigenschaften iw Raumes.2 * * 5 * *\nWh haben also aufser den arithmetischen Mannigfaltigkeiten nur zwei brauchbare Beispiele f\u00fcr Untersuchungen \u00fcber (nicht aus anderen abgeleitete) continuirliche Mannigfaltigkeiten. Die 11auptunterschiode, die an ihnen hervortreten, sind: Im Farben-continuum sind wir bei mathematischer Bearbeitung fast aus-schliefslich auf das Operiren mit dem Distanzbegriff8 angewiesen, w\u00e4hrend der Geometrie viel reicher\u00a9 und mannigfachere Grundvorstellungen zur Verf\u00fcgung stehen. Jede Farbenempfindung erscheint als eigenartiges selbst\u00e4ndiges Individuum, und n\u00f6thigt an und f\u00fcr sich nicht zu einem Vergleich mit anderen, wahrend ein Ort aus dem Zusammenhang mit anderen nicht losgerissen werden kann. Damit h\u00e4ngt zusammen, dafs wir di\u00a9 Farben in ein Continuum erst ordnen m\u00fcssen, w\u00e4hrend der Raum urspr\u00fcnglich als solches gegeben ist.\n1 Es k\u00f6nnten, auch noch andere Differentialformen auftreten, ater\ngeraden, Grades, wie Rebmann a. a. 0. angedeutet hat Die G\u00fcltigkeit dir\nquadratischen Differential form f\u00fcr den Raum hingt mit dem pytha-\ngoreisehen Lehrsatz zusammen.\n5 Es soll nicht verschwiegen werden, dafs in diesem Gebiete neben Mifsverstlndnissen und Wortstreitigkeiten auch ein wirklich sachlicher Differenzpunkt heute noch unter den Mathematikern und Philosophen vorhanden ist: Es handelt sich, kurz gesagt, um die Frage, ob wir diejenigen besonderen Eigenschaften, die der Raum aufser den Eigenschaften jeder continuirlichen Mannigfaltigkeit noch besitzt, aus apriorischen Erkenntnifs-quellen (verm\u00f6ge der Constitution unseres \u201eRaumsinnes\u201c) kennen, oder an\u00bb der \u00e4ufseren (physikalischen) Erfahrung, wie diejenigen meinen, die glauben, es k\u00f6nne noch einmal durch genauere astronomische Messungen eine geringe\nKr\u00fcmmung unseres Raumes nachgewiesen werden. Es ist hier nicht der Ort, auf diese erkenntnifstheoretische Frage einzugehen ; aber bez\u00fcglich dea Farbencontinuums ist unzweifelhaft die empiristische Ansicht die richtige.\n* Auch in der Geometrie hat man die Frage aufgeworfen, wieweit man mit dem Distanzbegriff allein kommen kann, anders ausgedr\u00fcckt,\nwelche geometrischen Aufgaben sich mit dem Cirkel allein l\u00f6sen lassen, (s. Frischauf, Die geom,. Constr. von Masche hont und Steinkb, Graz, 1869)\u00bb","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"lieber r\u00e4umliche Abbildungen dm Continuums der Farbenempfindungen etc. 293\nMan wird durch Vergleichung der beiden Beispiele leichter erkennen, was jeder dieser Mannigfaltigkeiten specifisch eigen-thumlich und was gemeinsam ist, und so, was wieder eine eminent philosophische Angelegenheit ist, einen tieferen Einblick in das Wesen des Continuums \u00fcberhaupt gewinnen. So sehen wir, dafs das Problem des psychologischen Farbenk\u00f6rpers, das urspr\u00fcnglich auf dem Boden dreier empirischen Wissenschaften Physik, Physiologie, Psychologie erwachsen ist, auch mit den abstractesten Untersuchungen zusammenh\u00e4ngt, zu denen die Menschheit bisher vorgedrungen ist\n(Eingegangen am 11. M\u00e4rz 1899.)","page":293}],"identifier":"lit30779","issued":"1899","language":"de","pages":"225-293","startpages":"225","title":"Ueber r\u00e4umliche Abbildungen des Continuums der Farbenempfindungen und seine mathematische Behandlung","type":"Journal Article","volume":"20"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:37:01.215923+00:00"}