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{"created":"2022-01-31T13:50:43.335190+00:00","id":"lit30801","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 20: 377-379","fulltext":[{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\nm\nL. Dugas. Un CU d0 dipeirsoiUlllintlOA. Rev. philos. 45 (5), 500\u2014507. 1898, B. Lkhoy. Snr rtllnsion itt\u00ab d\u00e9personiallsatlon. Rev philos. 48 (8), 157-\u2014102h. 1898.\nL. Dugas. \u25a0 D\u00e9pers\u00a7nntliiltft\u00abl 6t film \u00bb\u00e9mitre. Ebenda (10), 428\u2014425. 1898.\n\u2018Die genannten 5 Abhandlungen enthalten eine Fortsetzung der Beobachtungen und'eine Kl\u00e4rung der Ansichten \u00dcber 2 psychische Zust\u00e4nde, welche, wie der Traumzustand, im Allgemeinen' dem Mittelgebiet zwischen dem Normalen und Pathologischen angeh\u00f6ren. Schon in fr\u00fcheren Jahren' hatten sich verschiedene Psychologen wie. M. * Ribot, Taine, Krishabbr, Lalande, Khaepelin, Lema\u00eetre, van Biervliet, Vignoli, Dugas u. A. in Theorien dar\u00fcber versucht. Von dem letztgenannten Forscher ist das Problem neuerdings wieder aufgenommen und in feinerer Unterscheidung behandelt worden.\nDugas giebt zun\u00e4chst eine ausf\u00fchrliche Analyse des Zustandes der Depersonnalisation im Allgemeinen. Er behauptet, dafs geeignete Worte fehlen, um diesen Zustand* zu\u2019kennzeichnen: Ihn als Traum zu bezeichnen ist nicht zutreffend, denn das Subject fafst die Wirklichkeit als Hallucination auf, w\u00e4hrend der Tr\u00e4umende seine Hallucinationen als Wirklichkeit auf-fafst. Aufserdem finden wir im Traumzustand vorherrschend schwebende und unbestimmte Bilder, confuse Urtheile, widersprechende Schl\u00fcsse, er ist der Wahrheit und Wahrscheinlichkeit entgegengesetzt, w\u00e4hrend in dem Zustande, um den es sich hier handelt, die Empfindungen und Erinnerungen klar und bestimmt, der Wirklichkeit entsprechend, die Gedanken selbst logisch sind. Dagegen erscheinen di\u00a9 vom Individuum gewonnenen Erfahrungen und Schl\u00fcsse, so wohlbegr\u00fcndet sie auch sein m\u00f6gen, dem Individuum nicht annehmbar. Dort haben wir Affirmation, hier Zweifel. Doch ist es kein eigentlicher Zweifel, sondern die Dinge erscheinen dem, Subject nur fremd. Letzteres steht seinen eigenen Bewegungen, Worten, Handlungen als uninteressirter Zuschauer gegen fiber. Trotzdem 'bek\u00e4mpft er die falschen Ansichten, zu denen ihn sein Zustand verleiten k\u00f6nnte. Also die Th\u00e4tigkeit der Hemisph\u00e4ren ist normal. Auch die Empfindungen sind nicht beeintr\u00e4chtigt, sie haben vielmehr eine ungewohnte, wenn auch keine abnorme Intensit\u00e4t und Sch\u00e4rfe. Eine Eigent\u00fcmlichkeit des Ph\u00e4nomens bildet der Umstand, dafs dem Subject seine eigene Stimme nicht als die seinige vorkommt, sie scheint von aufsen zu ert\u00f6nen. Dasselbe gilt, wenn auch in geringerem Grade, von seinen Handlungen. Die Subject\u00a9 handeln automatisch, gleichwie aus fremden Antrieben. Der wesentliche Zug und di\u00a9 eigentliche Ursache der Depersonnalisation ist die affective und intellectuelle Apathie. Diese Apathie ist aber weder Inaction* noch Unf\u00e4higkeit zu handeln. Ferner die Einzelheiten gewinnen die Oberhand \u00fcber das Ganze, es findet keine Wahl statt zwischen den Bildern* noch Elimination der \u00fcberfl\u00fcssigen Einzelheiten. Die Seele, welche leer ist von Gedanken oder vielmehr von Emotionen, ist geeignet, die banalsten Dinge, die heftigsten und bestimmtesten Emotionen zu empfangen. Die Visionen werden accentuirter und lebhafter, die Stimme des Subjects erscheint ihm ebenfalls accentuirter und vibrirender. Das Nachdenken tritt zur\u00fcck.\tj","page":377},{"file":"p0378.txt","language":"de","ocr_de":"378\nLiteraturbericht\nDer Vorgang der Depersonnalisation ist also folgender: Apathie, Aufl\u00f6sung der Aufmerksamkeit, Aufkommen der automatischen Th\u00e4tigkeit, Auffassen dieser Th\u00e4tigkeit seitens des Subjects als einer ihm fremden.\nEin gewisser A. fl\u00fcchtete sich in solchen Zust\u00e4nden in di\u00a9 Vergangenheit und zweifelte an der Gegenwart, \u00a9in gewisser M. dagegen ging in der Gegenwart auf und zweifelt\u00a9 an der Vergangenheit. Bei M. tauchten di\u00a9 Erinnerungen anfangs noch als Erlebnisse eines Anderen auf, je kranker er wurde, um so mehr trennten sich di\u00a9 alten Erinnerungen von den neuen. Schliefslich wurden all\u00a9 Erinnerungen in Zweifel gezogen, je mehr sie mit den jeweiligen Empfindungen in Widerspruch traten, er zweifelte sogar an den Erinnerungen, welch\u00a9 den Empfindungen unmittelbar folgten. M_, welcher durch den geschilderten Zustand seinen Gef\u00fchlen und Erinnerungen entfremdet war, wurde davon geheilt durch Gew\u00f6hnung an regelm\u00e4\u00dfige Arbeit.\nEine Erg\u00e4nzung der Ausf\u00fchrungen Dugas versucht Lbbot durch Aufstellung einer Massification. Auf Grund von 65 Antworten, welche er mit H\u00fclfe eines Fragebogens erzielte, glaubt L. folgende 4 Typen unterscheiden zu k\u00f6nnen:\n1. Die Wirklichkeit wird traumartig, Ales erscheint wie mit einem Schleier bedeckt, 2. der \u201eKranke\u201c f\u00fchlt sich isolirt, von der Anisen weit wie durch ein\u00a9 unsichtbare Wand getrennt. Mancher empfindet ein\u00a9 moralische Trennung von der Aufsenwelt, 8. dem Subject kommen die eigenen Handlungen als fremd und unerwartet vor. Di\u00a9 Individualit\u00e4t iheilt sich in zwei, von denen di\u00a9 \u00a9in\u00a9 nur handelt, die andere dagegen die Handlungen sieht und die zugeh\u00f6rigen Gef\u00fchl\u00a9 empfindet, 4. der vollst\u00e4ndige Typus ist derjenige, wo das Subject sich allen seinen Perceptionen, Handlungen, Erinnerungen gegen\u00fcber als fremd f\u00fchlt. Ein gewisser N. hatte diesen Zustand manchmal, wenn er erm\u00fcdet war und dabei eine Unterhaltung pflog, z. B. nach einem reichlichen Mahle. Eine kurze Zeit hindurch kamen ihm die Dinge abnorm vor, desgleichen seine eigene -Stimme, seine Ueberlegungen und Gedanken erschienen ihm unerwartet. \u2014 Verf. nimmt an, dafs die \u201esensoriellen Perversionen\u201c nicht den Ausgangspunkt, sondern die Folge des Zustandes bilden. Gleichzeitig mit dem falschen Wiedererkennen der Dinge f\u00fchlt sich die Person als doppelt. Der Automatismus hat nach L. seinen Grund in. physiologischen Vorg\u00e4ngen.\nNoch eine weitere Unterscheidung wird von Dugas const&tirt. Im Zustande der Depersonnalisation trennt das Subject seine gegenw\u00e4rtigen bezw. vergangenen Zust\u00e4nde von sich. Im Zustande der Paramnesie dagegen verbindet das Subject seine Eindr\u00fccke, welche ihm zu entwischen drohen, durch ein imagin\u00e4res Band mit sich. Also beide Erscheinungen sind von einander zu trennen. Di\u00a9 \u201esensoriellen Perversionen\u201c bilden nicht di\u00a9 Folge der Depersonnalisation, sondern beide Erscheinungen sind von einander unabh\u00e4ngig und haben als gemeinsame Ursache eine Intoxication, welche das ganze Gehirn ergreift und ganz besonders die visuellen Centren afficirt. Ein gewisser M. constatirte \u00a9in\u00a9 Abh\u00e4ngigkeit des Auftretens des Ph\u00e4nomens vom. Genufs von Kaffee. Ferner liegt nach. D. nur der Eindruck einer Verdoppelung der Pers\u00f6nlichkeit, keine wirkliche Verdoppelung vor.","page":378},{"file":"p0379.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n379\nReferent hat mehrfach solche Zust\u00e4nde erlebt und \u00abwar immer bei seelischer Erm\u00fcdung, welche durch ein Uebermaafs \u00e4ufserer Eindr\u00fccke, durch lange Spazierg\u00e4nge, durch eine Ueberf\u00fcllung des Magens u. s. w. hervorgerufen worden war. .Die Erm\u00fcdung hatte eine Verlangsamung des Processes der Identificirung der \u00e4ufseren Eindr\u00fccke durch die gesetzten Spuren des Vorstellungsechatzes zur Folge. Den eigentlichen Ausgangs-punkt des Zustandes jedoch bildete jedesmal die Wahrnehmung von etwas besonders Absonderlichem. Das damit verbundene Gef\u00fchl des Contrastierenden zog eine Art von Bet\u00e4ubung nach sich. Ich empfand im. erstem Moment ein bedeutendes Zur\u00fccktreten meines Bewusstseinsinhalts, Auch in den darauf folgenden Augenblicken blieb die Bet\u00e4ubung bis zu einem gewissen Grade bestehen. Dabei h\u00f6rte ich alles akustisch Wahrnehmbare nur noch ganz leise, das \u00e4ufsere Gesichtsfeld verengte und verschleierte sich, meine Handlungen setzte ich, wenn auch in einer dem jeweiligen Bedtirfnifs angepafsten Weise, nur noch mechanisch weiter fort. Meine Sinnesperception sowohl als meine Willensth\u00e4tigkeit waren nur noch ein automatisches Spiel, w\u00e4hrend ich selbst mich, diesem Spiel gegen\u00fcber als unth\u00e4tiger Zuschauer f\u00fchlte. Genau, entsinne ich mich namentlich eines Palles: Ich safs nach einer reichlichen Abendmahlzeit im Local eines Kirchengesangvereins, dessen Mitglied ich war, mitten unter den eifrig sich unterhaltenden Herren, w\u00e4hrend die Damen des Vereins unter Leitung des Dirigenten eine geistlich\u00a9 Motette ein\u00fcbten. Pl\u00f6tzlich sang der Dirigent etwas den Damen vor, wobei, seine Stimme einen hohlen Klang angenommen hatte. Das Ungewohnte dieser Stimm\u00a9 \u00fcberraschte mich und rief eine Art von Bet\u00e4ubung in mir hervor. Ich, sah von der Umgebung nichts weiter als nur noch den Dirigenten, ich h\u00f6rte nichts weiter als seine hohle Stimme. Die Phantasie spiegelte mir auf Momente eine andere Umgebung vor. Der Dirigent erschien mir als M\u00f6nch in einer spanischen Klosterkirche singend. \u2014 Nur weiter\u00a9 fortgesetzte Beobachtungen werden allm\u00e4hlich eine Kl\u00e4rung des Problems herbeif\u00fchren.\tGiessler (Erfurt).\nV. Eggkr. Li souvenir dais le r\u00eave. Note. Rev. philos. 46 (8), 164\u2014157. 1898.\nP. Tank key. Sir II parami\u00e9lie dans le r\u00eave. Note, Ebenda (10), 420-423.\n1898.\nDie Abhandlungen bilden \u00a9ine Fortsetzung des Streites dar\u00fcber, ob gewisse Erinnerungen innerhalb des Traumes, f\u00fcr welche man im wachen Leben Jkeine Anbaltepunkte findet, auf Erlebnisse in fr\u00fcheren Tr\u00e4umen zur\u00fcckzuf\u00fchren seien, oder ob es Paramnesien sind.\nEggeb berichtet \u00fcber zwei Tr\u00e4ume : In dem ersten trifft er einen ihm unbekannten Mann in einem Omnibus. Eine inner\u00a9 Stimme sagt, ihm, dafs dies Gambetta ist, obwohl ihm das Portrait des Letzteren sehr wohl bekannt war. Einig\u00a9 Tage zuvor hatte ihm ein Bewunderer des Gambetta von dessen Charakter und seiner grofsen politischen Rolle erz\u00e4hlt. In dem zweiten Traume, den er auf der Seite Hegend, tr\u00e4umte, gelangt er w\u00e4hrend eines Spazierganges vor eine ihm unbekannte, verschlossene Th\u00fcr und sagt sich, dafs dies di\u00a9 Th\u00fcr sei, hinter welcher er eine Operation an der Schulter durchgemacht habe. In Wirklichkeit aber war er nur als Zuschauer vor 7 Jahren bei einer solchen Operation, zugegen gewesen. Verf. behauptet,","page":379}],"identifier":"lit30801","issued":"1899","language":"de","pages":"377-379","startpages":"377","title":"L. Dugas: Un cas de d\u00e9personnalisation. Rev. philos. 45 (5), 500-507. 1898 / B. Leroy: Sur l'illusion dite d\u00e9personnalisation. Rev. philos. 46 (8), 157-162 / L. Dugas: D\u00e9personnalisation et fausse m\u00e9moire. Ebenda ((10), 423-425. 1898","type":"Journal Article","volume":"20"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:50:43.335195+00:00"}