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{"created":"2022-01-31T13:53:07.112834+00:00","id":"lit30823","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"K\u00f6nig, Arthur","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 20: 425-434","fulltext":[{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen \u00fcber angeborene totale Farbenblindheit,\nVon\nArthur K\u00f6nig.\n(Mit 1 Fig.)\nWer die zahlreichen auf angeborene totale Farbenblindheit bez\u00fcglichen Abhandlungen der letzten f\u00fcnf Jahre verfolgt hat, wird es erkl\u00e4rlich finden, dafs ich darunter die vor Kurzem erschienene Ver\u00f6ffentlichung von Hrn. W. Uhthoff 1 mit besonderer Genugthuung begr\u00fcfse ; best\u00e4tigt sie doch \u2014 ganz unabh\u00e4ngig von meinen eigenen Versuchen \u2014 in weitestem Umfange die von mir \u00fcber diese Anomalie des Farbensinnes gemachten Beobachtungen und daraus gezogenen Schlufsfolgerungen.\nDie nachstehenden Bemerkungen sollen nur zum n\u00e4heren Nachweis dieser Uebereinstimmung dienen und dabei zugleich noch vor der l\u00e4ngst von mir beabsichtigten gr\u00f6fseren Arbeit \u00fcber die vorliegenden und andere nahverwandte Fragen, \u2014 in der ich auch di\u00a9 ganze ziemlich umfangreiche einschl\u00e4gige Literatur zu ber\u00fccksichtigen gedenke \u2014, schon jetzt einige Punkte klarstellen, die, wie die Erfahrung mich inzwischen gelehrt hat, in meinen fr\u00fcheren Darlegungen, nicht deutlich genug hervortreten.\n1.\nAlle auf angeborene totale Farbenblindheit bez\u00fcgliche Abhandlungen der letzten Jahre \u2014 soweit sie wenigstens \u00fcber den Rahmen blos beschreibender Mittheilungen hinausgehen \u2014 nehmen Stellung zu der von mir2 \u00fcber das Wesen jener Anomalie im Jahre 1894 aufgestellten Erkl\u00e4rung, der dann bald\n1 W. Uhthoff, Auf S. 326 des vorliegenden Bandes dieser Zeitschrift,\n\u2022 \u00c2. K\u00f6nig, Ueber den menschlichen Sehpurpur und, seine Bedeutung f\u00fcr das Sehen. Sitzungsber. der Berliner Akademie der Wissmschaftenf 21, Juni 1894.","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"426\ndarauf auch Hr. J. von Kbies 1 beigetreten ist Ich zeigte damals, dafs die Reizvalenzen, welche die verschiedenen monochromatischen Lichter des Spectrums f\u00fcr Total-Farbenblinde besitzen, den Absorptionscoefficienten derselben Lichter f\u00fcr den aus-schliefslich in den St\u00e4bchen vorkommenden Sehpurpur genau proportional verlaufen. Ich schlofs daraus, dafs bei totaler angeborener Farbenblindheit die Zersetzung des Sehpurpurs der <lie Lichtempfindung ausschliefslich bedingende periphere Procefe sei und dafs demgem\u00e4fs die Zapfen hier entweder fehlen oder wenigstens sich in einem functionsunf\u00e4higen Zustande befinden. Da nun nach allen bisherigen Untersuchungen in der Fovea centralis niemals St\u00e4bchen, sondern nur Zapfen gefunden worden sind, so mufsten nach meiner Auffassung die Total-Farbenblinden in der Fovea \u00fcberhaupt keine lichtempfindenden Organe besitzen, und es konnte daher eine Probe auf die Richtigkeit meiner Ansicht durch eine n\u00e4here Pr\u00fcfung des Sehens in der Fovea bei Total-Farbenblinden gemacht werden. War meine Anschauung richtig, so mufste sich ergeben, dafs die Fovea hier blind sei, oder mit anderen Worten, dafs bei totaler Farbenblindheit ein centrales Skotom bestehe. Diese selben Schlussfolgerungen habe ich an dem genannten Orte, wenn auch mit etwas knapperen Worten und durch andere Betrachtungen unterbrochen, ausgef\u00fchrt, und ich war damals schon in der Lage dieselben sofort bei einem sehr intelligenten Total-Farbenblinden pr\u00fcfen zu k\u00f6nnen. Zu diesem Zwecke legte ich auf schwarzen Sammet-Carton in ziemlich nahen Abst\u00e4nden und stets wechselnder Anordnung zwei bis vier kleine, h\u00f6chstens lho Quadratmillimeter in der Fl\u00e4che enthaltende, also beinahe punktf\u00f6rmige Schnitzel aus weifsem Papier, die ich mit einer be-rufsten langen Nadel auf der Unterlage hin und her schieben konnte. Wenn ich nun den Total-Farbenblinden ersuchte, mit seinem einen functionsf\u00e4higen Auge (das andere war in Folge von Hornhauttr\u00fcbungen f\u00fcr alle Versuche unbrauchbar) auf die Stelle hinzublicken, wo jene weifsen Schnitzelchen lagen, so gelang es fast regelm\u00e4fsig, eines derselben mit der Nadel so zu verschieben, dafs er dasselbe f\u00fcr einige Augenblicke nicht sah,\n1 J. von Kries, Ueber den Einflufs der Adaptation auf Licht- und Parbenempfindung und \u00fcber die Function der St\u00e4bchen. Bet'ichte der Naturforsch. Gesellsch. zu Freiburg i. B. Bd. IX, S. 61\u2014-70.","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen \u00fcber angeborene totale Farbenblindheit.\n427\nwohl aber die dicht dabei liegenden anderen Schnitzelchen. Da der Patient zuerst gar nicht wufste, worum es sich handelte und worauf ich hinaus wollte, so konnte von einer Beeinflussung keine Rede sein. Sp\u00e4ter gelang es ihm. auch seinen Blick so \u00fcber den Carton schweifen zu lassen, dafs er, wie auch die Schnitzel nahe bei einander gruppirt waren, eine Blickrichtung fand, wo (mindestens) eins derselben f\u00fcr ihn unsichtbar war. Das Bild des betreffenden Schnitzelchens war dann eben auf die Stelle der Fovea gefallen und dadurch verschwunden. Ich mufs noch bemerken, dafs diese Pr\u00fcfung bei allen Intensit\u00e4ten gelang: von einer so geringen Intensit\u00e4t an, dafs ich selbst die Punkte erst nach einiger Adaptation wahrnehmen konnte, bis zur Beleuchtung in vollem Sonnenschein. In letzterem Falle mufste nur darauf geachtet werden, dafs im Gesichtsfeld des Total-Farbenblinden aufser den Schnitzelchen nur der genannte als Unterlage dienende schwarze Carton vom directen Sonnenlichte getroffen wurde. Waren noch andere hellbeleuchtete Gegenst\u00e4nde sichtbar, so trat solche Blendung ein, dafs jede genauere Beobachtung unm\u00f6glich war.\nDas Resultat dieser Beobachtung, den Nachweis eines centralen Skotoms, habe ich damals schon ver\u00f6ffentlicht und hole in dem Vorstehenden nur die genauere Beschreibung der von mir benutzten Methode nach.\nIn meiner erw\u00e4hnten Ver\u00f6ffentlichung habe ich aber auch schon die Erkl\u00e4rung f\u00fcr die stets mit totaler Farbenblindheit verbundene auffallend geringe Sehsch\u00e4rfe mit folgenden Worten gegeben: \u201eIndem die Fovea hier v\u00f6llig blind ist, f\u00e4llt die Stelle der sonstigen h\u00f6chsten Sehsch\u00e4rfe fort und diese erreicht bereits am Rande der Fovea ihr Maximum, welches sich nicht sehr von dem hier unter normalen Verh\u00e4ltnissen bestehenden Grade der Sehsch\u00e4rfe unterscheidet\u201c In meinen seit dem Erscheinen jener Mittheilung (1894) gehaltenen Universit\u00e4ts-Vorlesungen habe ich, so oft die angeborene totale Farbenblind-beit behandelt wurde, auch dies\u00a9 Erkl\u00e4rung der geringen Sehsch\u00e4rfe vorgetragen und durch Anzeichnen der umstehenden schematischen Figur zu veranschaulichen gesucht Die in der Mitte, in der Fovea, zu einem Maximum hoch emporschnellende Curve stellt die normale Vertheilung der Sehsch\u00e4rfe auf einem Netzhautmeridian dar. Wenn nun bei totaler Farben-blindheit die Fovea v\u00f6llig blind ist, f\u00e4llt gerade die Spitze fort, di\u00a9","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"428\nArthur K\u00f6nig.\nCurve sinkt in ihrem mittleren Bereich auf Null und es ergiebt sich die gestrichelte Curve f\u00fcr die Yertheilung der Sehsch\u00e4rfe\nauf dem mittleren Theile eines Netzhautmeridians ; w\u00e4hrend auf den peripheren Theilen desselben die Sehsch\u00e4rfe nicht von der normalen abweicht. Ein Blick auf Fig. 1 von Hrn. W. Uhthoff zeigt die \u00fcberraschende Ueber-einstimmung meiner schematischen Figur mit der von ihm experimentell gefundenen.\nJetzt hat Hr. W. Uhthoff dieses centrale Skotom auf ganz anderem Wege gefunden. Seine Benutzung eines ringf\u00f6rmigen Fixationszeichens zum Nachweis desselben ist ein ungemein gl\u00fccklicher Griff, der nicht nur weitere Anwendung in analogen pathologischen F\u00e4llen verdient, sondern dessen erfolgreiche Verwendung in dem vorliegenden Falle totaler Farbenblindheit auch ein Beweis f\u00fcr die Richtigkeit meiner gesammten Auffassung ist.\nWeshalb andere Beobachter das centrale Skotom nicht bei ihren Total-Farbenblinden gefunden haben, ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich ist, dafs der vorhandene Nystagmus den Nachweis verhinderte, nicht v\u00f6llig ausgeschlossen aber auch, dafs auf dem Foveagebiete an Stelle verk\u00fcmmerter, nicht functionsf\u00e4higer Zapfen bei einem Theil der Total-Farbenblinden St\u00e4bchen vorhanden sind. So unwahrscheinlich mir die letztere Annahme auch erscheint, so d\u00fcrfte sie doch eine der m\u00f6glichen Erkl\u00e4rungen daf\u00fcr liefern, dafs das von Hrn. W. Uhthoff gefundene Skotom kein absolutes war. Es w\u00e4re bei dem von ihm untersuchten Total-Farbenblinden dann nur anzunehmen, dafs sein Foveagebiet nur sehr d\u00fcnn mit St\u00e4bchen besetzt ist,1 w\u00e4hrend man z. B. bei dem von Hrn. J. von Kkies untersuchten Fall eine dichtere Besetzung vorauszusetzen h\u00e4tte. \u2014 Doch das sind alles nur Vermuthungen, \u00fcber die erst die mikroskopische Untersuchung der Netzh\u00e4ute von Total-Farbenblinden Aufschlufs\n1 Das Vorhandensein von etwa 50 St\u00e4bchen auf dem ganzen 112 Grad Gesichtswinkel im Durchmesser umfassenden Foveagebiet w\u00fcrde gen\u00fcgen, um die dort gefundene Sehsch\u00e4rfe zu erkl\u00e4ren.","page":428},{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen \u00fcber angeborene totale Farbenblindheit.\n429\ngeben kann. Hier gen\u00fcgt es auf die Vereinbarkeit meiner Anschauungen mit den Ergebnissen der \u00dcHTHOFF\u2019schen Beobachtung hinzuweisen.\n2.\nIn meiner oben erw\u00e4hnten Abhandlung gab ich ferner eine Erkl\u00e4rung f\u00fcr den bei Total-Farbenblinden fast stets vorhandenen Nystagmus. Indem n\u00e4mlich bei ihnen nach meiner damaligen Ansicht die Fovea v\u00f6llig blind ist \u2014 jetzt will ich nicht bestreiten, dafs auch F\u00e4lle Vorkommen, wo nur sehr geringe Sehsch\u00e4rfe der Fovea besteht \u2014, haben sie keinen Punkt des deutlichsten Sehens, sondern eine kreisf\u00f6rmige Linie, den Rand der Fovea, auf der gleichm\u00e4fsig die relativ beste Sehsch\u00e4rfe vorhanden ist. Es wird bald dieser, bald jener Punkt dieses Randes zum Fixiren benutzt und das Auge macht daher stets kleine Bewegungen. Ich erinnerte daran, dafs auch Ablt die Entstehungsursache des Nystagmus ganz allgemein darin sah, dafs im Interesse bessern Sehens nach einander verschiedene Stellen des schwachsichtigen Auges dem Objecte gegen\u00fcbergestellt werden.1\nHr. W. Uhthoff schildert nun den Nystagmus seines Total-Farbenblinden mit folgenden Worten: \u201eEs macht den Eindruck, als habe Patient keine ganz bestimmte circumscripte centrale Netzhautpartie, die durch eine so gute Sehsch\u00e4rfe vor den angrenzenden Netzhautpartien sich auszeichne, wie unter normalen Verh\u00e4ltnissen die Fovea centralis von den benachbarten Theilen der Macula lutea. Der Untersuchte scheint beim Fixiren bald die eine bald die andere Stelle seiner Macula lutea einzustellen, gleichsam suchend und ausw\u00e4hlend zwischen benachbarten centralen Netzhautpartien, die die ungef\u00e4hr gleiche Sehsch\u00e4rfe haben.\u201c Hr. Uhthoff f\u00fcgt dann ausdr\u00fccklich hinzu, dafs die Schwankungen der Gesichtslinie bei den Nystagmus-Bewegungen des Auges ann\u00e4hernd dem Durchmesser des relativen Skotoms gleich waren. Damit ist meines Erachtens der Nachweis daf\u00fcr gegeben, dafs der Total-Farbenblinde abwechselnd mit den verschiedenen Randpartien seines relativen (oder totalen) Skotoms\n1 An dem angef\u00fchrten Orte f\u00fcge ich dann noch hinzu: \u201eSollte nicht wenigstens der Nystagmus der Kohlenbergarbeiter in \u00e4hnlicher Weise entstehen? Sie arbeiten stets in solcher Dunkelheit, dafs ihre Fovea blind sein wird und ihre gr\u00f6fste Sehsch\u00e4rfe in den Rand derselben f\u00e4llt.\u201c","page":429},{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"430\nArthur K\u00f6nig,\nfixirt, dafs also meine Erkl\u00e4rung f\u00fcr das Zustandekommen des Nystagmus die richtige war. Auch die von Hm. Uhthoff gefundene und oben schon erw\u00e4hnte Brauchbarkeit eines ringf\u00f6rmigen Fixationszeichens spricht daf\u00fcr.\nFerner ist noch im Sinne meiner Erkl\u00e4rung die Bemerkung von Hm. W. Uhthoff beachtenswert!), dafs der Nystagmus \u201ebei ruhigem Blick grade aus ohne bestimmtes Fixiren eines Objectes so gut wie ganz verschwinden kann\u201c. Es kommen beim Hinstarren ins Leere nach meiner Ansicht die verschiedenen gleichguten Stellen, der kreisf\u00f6rmigen Linde des relativ sch\u00e4rfsten Sehens untereinander nicht in Wettstreit und die Veranlassung' zu den kleinen Augenbewegungen f\u00e4llt fort Dafs diese Bewegungen unter den genannten Umst\u00e4nden nicht immer, sondern nur manchmal verschwinden, liegt daran, dafs sie zu einer Gewohnheit geworden sind, di\u00a9 nur schwer und, selten v\u00f6llig abgelegt werden kann.\n3.\nVor einigen Jahren habe ich1 zur Pr\u00fcfung der von Hm. E. Hering aufgestellten Ansichten von der Weifsvalenz der verschiedenen monochromatischen Lichter quantitative Bestimmungen an complement\u00e4ren Spectralfarben vorgenommen. Bei den hierbei ausgef\u00fchrten Versuchen wurde jedesmal dasselbe Weifs aus m\u00f6glichst verschiedenen Paaren spectraler Complement\u00e4rfarben gemischt Die bei hoher Intensit\u00e4t mit helladaptirtem Auge erhaltenen Farbengleichungen wurden dann bei m\u00f6glichst niedriger Intensit\u00e4t mit dunkeladaptirtem Auge gepr\u00fcft und da sie sich nicht mehr als richtig erweisen, wurde bestimmt, um welchen Betrag sie unrichtig geworden waren. Wegen der Einzelheiten des befolgten Verfahrens verweise ich auf meine damaligen Mittheilungen. Bei ihrer Durchsicht wird dem Leser sofort klar1 sein, dafs aus den dort angegebenen Zahlen auch das Resultat ganz analoger Versuche abgeleitet werden kann, wo auf der einen Seite der Farbengleichung sich nicht unzerlegtes Weifs und auf der anderen Seite ein zweicomponentiges Gemisch befindet, sondern wo beide Seiten aus solchen zweicomponentigen Weifs - Gemischen bestehen. Da nun, was uns zuerst Hr.\n1 \u00c0. K\u00f6nig, Quantitative Bestimmungen an complement\u00e4ren Speetral-farben. Sitzungsberichte der Berliner \u00c4kad. der VFissfnse\u00c4. row SO. Juli 1896,","page":430},{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen \u00fcber angeborene totale Farbenblindheit.\n431\nE. Hering gezeigt hat, die Reizvalenzen des Lichtes bei totaler Farbenblindheit mit denjenigen f\u00fcr v\u00f6llig dunkeladaptirte normale Augen \u00fcbereinstimmen, so h\u00e4tte ich bei jenen Versuchen auch ein total farbenblindes Auge an Stelle meines dunkel-adaptirten Auges treten lassen k\u00f6nnen. Hr. W. Uhthoff hat nun 1 gemeinsam mit Hrn. H. Ebbinghaus von den vielen eben erw\u00e4hnten implicite in jenen meinen Beobachtungen enthaltenen und in ihren Resultaten aus den letzteren abzuleitenden Versuchen einen thats\u00e4chlich ausgef\u00fchrt, indem er zwei Weifs-inisehungen, die eine aus Roth und Blaugr\u00fcn, die andere aus Blau und Gelb herstellte, f\u00fcr das normale Auge auf gleiche Helligkeit brachte und diese Gleichung dann von dem Total-Farbenblinden betrachten liefe. Es war1 f\u00fcr ihn das erstere Feld viel zu hell und zwar mufste seine Intensit\u00e4t auf ungef\u00e4hr 1/5 verringert werden, um v\u00f6llige Gleichheit mit dem anderen Felde zu erzielen. Rechnet man nun aus meinen Zahlen diesen Reductionscoefficient aus -, so ergiebt sich derselbe ungef\u00e4hr gleich V4. In R\u00fccksicht darauf, dafs Mer Beobachtungen verschiedener Beobachter an verschiedenen Apparaten mit einander in Beziehung gesetzt werden, ist diese Uebereinstimmung als eine vortreffliche zu bezeichnen \u2014 um so mehr als bei dem UHTHOFF-E\u00dfBiNGHAUsschen Versuch die Wellenl\u00e4ngen der ben\u00fctzten Lichter nicht angegeben werden, ich also bei der Berechnung meines Factors 3/4 auf ungef\u00e4hre Sch\u00e4tzung der benutzten Wellenl\u00e4ngen angewiesen bin.\nMan kann also nicht bestreiten, dafs auch dieser Uhthoff-Ebbinghaus \u2019 sehe Versuch sich in meine damaligen Resultate ein-ordnen l\u00e4fst und dafs er somit auch seinerseits meine damalige Beweisf\u00fchrung gegen die Richtigkeit der HERiNG\u2019schen Theorie der Weifsvalenz kr\u00e4ftig unterst\u00fctzt.\n4.\nMeine vor zwei Jahren angestellien vergleichenden Untersuchungen 3 der Sehsch\u00e4rfe an normalen und total farbenblinden\n.\t1 1. c. S. 338.\nIf Man braucht zu diesem Zwecke nur einen der drei ersten Werthe (oder ihren Mittelwerth) von c aus Spalte 8 der in meiner Abhandlung enthaltenen Tabelle durch den. letzten Werth von c zu dividiren.\n\u00ae \u00c4. .K\u00f6nig, Die Abh\u00e4ngigkeit der Sehsch\u00e4rfe von der Beleuchtungsintensit\u00e4t. Sitzungsberichte der Berliner Akademie der Wissenschaften vom 30, Mai 1897,","page":431},{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"432\nAugen hat Hr. W. Uhthoff wiederholt, sich dabei aber auf weifses Licht beschr\u00e4nkt. Ein Blick auf unsere beiderseitigen graphischen Darstellungen zeigt eine \u00fcberraschende Ueberein-stimmung unserer Ergebnisse. Neben diesem allgemeinen Hinweis m\u00f6chte ich hier noch ein paar einzelne Punkte hervorheben.\nIn den Curven und der Tabelle (S. 335) von Hm. Uhthoff besteht f\u00fcr denjenigen Intensit\u00e4tsbereich, wo die Sehsch\u00e4rfe des Normalen und des Total-Farbenblinden \u00fcbereinstimmen, eine absolute Coincidenz, indem der Betrag der Sehsch\u00e4rfe f\u00fcr s\u00e4mmt-liche benutzten Helligkeiten bis auf alle (drei) angegebenen Deci-mal8tellen derselbe ist Das kann f\u00fcr Jeden der mit der Art solcher Bestimmungen vertraut ist, nur dadurch erkl\u00e4rt werden, dafs Hr. Uhthoff selbst mit seinem normalen Auge die bei dem Total-Farbenblinden gefundene Sehsch\u00e4rfe nachgepr\u00fcft, richtig befunden und dann denselben Werth in beide Spalten der Tabelle eingetragen hat. Dieses ist nun zwar theoretisch kein ganz einwandfreies Verfahren, das aber bei einem so zuverl\u00e4ssigen Beobachter wie Hrn. Uhthoff zu keinen unrichtigen Ergebnissen f\u00fchren kann. Besser w\u00e4re es immerhin gewesen, wie ich das auch gethan habe, gesonderte Beobachtungsreihen f\u00fcr jedes Auge, das normale und das total farbenblinde, zu machen und dann erst die gewonnenen Zahlen zu vergleichen. H\u00e4tte Hr. Uhthoff aufserdem, wie ich, die benutzten Intensit\u00e4ten noch n\u00e4her zusammenliegend gew\u00e4hlt und auch die Bestimmungen bei einzelnen Intensit\u00e4ten wiederholt, so w\u00fcrde unter Benutzung der Logarithmen der Beleuchtungswerthe als Abscissenaxe der geradlinige Anstieg der Sehsch\u00e4rfencurve deutlich hervortreten; wie das der Fall ist, wenn man mit meinen, die \u00dcHTHOFF\u2019schen Bestimmungen der Anzahl nach um das zwrei- bis dreifache \u00fcberschreitenden, Werthen eine solche Einzeichnung vornimmt. Man erh\u00e4lt dann einen in seiner Breite der Beobachtungsunsicherheit entsprechenden, im Allgemeinen gerad verlaufenden Streifen, in dem die eingetragenen Punkte unregelm\u00e4fsig, wie die Sterne in der Milchstrafse, vertheilt sind.\nAuch der Ort, wo die Sehsch\u00e4rfencurve des Normalsichtigen und des Total-Farbenblinden auseinander gehen, ist bei Hm. Uhthoff und mir der gleiche, sofern man nur an die Genauigkeit dieser Uebereinstimmung keine h\u00f6here Anforderung stellt, als bei derartigen Bestimmungen berechtigt ist. Aus der meiner damaligen","page":432},{"file":"p0433.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkungen \u20ac6er angeborene totale Farbenblindheit.\n438\nAbhandlung beigegebenen Figur1 ist zu entnehmen, dafs die Sehsch\u00e4rfen des Normalsichtigen und des Total-Farbenblinden bis zu dem Betrage von etwa 0,13 \u00fcbereinstimmen. Da nun meine\n4\ndamals f\u00fcr die Sehsch\u00e4rfe benutzte Einheit gleich der\nSnellen \u2019sehen Einheit ist, so ergiebt sieh aus meinen Versuchen f\u00fcr den genannten Punkt der Sehsch\u00e4rfencurve 'in dem Snellen-*\nsehen Maafse S = 0,13\nBei Hm. Uhthoff, dessen\nSehsch\u00e4rfeneinheit nur unbetr\u00e4chtlich von der Snellen1 sehen abweicht, ist in Tabelle B (S. 335) als gr\u00f6fster der zwischen Normalsichtigen und Total - Farbenblinden gleichen Warthe S = 0,092 angegeben. Biese Abweichung ist so gering, dafs eine bessere Uebereinstimmung nicht erwartet werden kann. \u2014 Ob gleiche Werthe der zu dieser Sehsch\u00e4rfe erforderlichen Be-leuchtungsintensit\u00e4t in Hrn. Uhthoff\u2019s und meinen Versuchsreihen n\u00f6thig waren, l\u00e4fst sich nicht sicher entscheiden, da wir verschiedene, schwer auf einander rcducirbare Lichteinheiten benutzten und Mer aufserdem noch die Weifsheit des Papiers der Sehsch\u00e4rfentafel, sowie die mehr oder minder gute Schw\u00e4rzung der W\u00e4nde des Dunkelzimmers und noch andere Umst\u00e4nde mit in di\u00a9 Rechnung eingehen.\nNoch mehr erfreut als \u00fcber diese Uebereinstimmung des zahlenm\u00e4fsigen Ergebnisses unserer beiderseitigen vergleichenden Sehsch\u00e4rfenbestimmungen, bin ich \u00fcber ein\u00a9 Bemerkung, die Hr. Uhthoff zur Charakterisirung der Helligkeitsstufe macht, bei der das Auseinandergehen der Ourven der Sehsch\u00e4rfen f\u00fcr das normale und f\u00fcr das total f\u00e4rben blinde Auge stattfindet. Nach meiner \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der Sehsch\u00e4rfe von der Beleuchtungsintensit\u00e4t entwickelten Ansicht tritt die st\u00e4rkere Steigung der die Sehsch\u00e4rfe des normalen Auges darstellenden Curve, also die Abzweigung von der Sehsch\u00e4rfencurve des Total-Farbenblinden da ein, wo die im total farbenblinden Auge nicht vorhandenen oder wenigstens nicht functionsf\u00e4Mgen Zapfen in Th\u00e4tigkeit treten. Nach der von mir aufgestellten Farbentheorie beginnt aber im normalen Auge eine differenzirte Farben-\n1 Wegen des geringen mir an dem damaligen Publications\u00a9rt zur Verf\u00fcgung stehenden Raumes habe ich dort nur eine schematische Figur geben kdnnen.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XX.\n28","page":433},{"file":"p0434.txt","language":"de","ocr_de":"434\nempfindung erst da, wo die Stapfen zu f\u00fcnctioniren beginnen; es muls also die Abzweigung der Sehsch\u00e4rfencurve des normalen Auges von derjenigen des total farbenblinden auch da vor sich gehen, wo die Farbendifferenzirung beginnt Hr. Uhtho\u00eft sagt nun (S. 347) : \u201eDas Auseinandergehen der Curven findet ungef\u00e4hr bei der Beleuchtung statt, wo das normale Auge beginnt Pigmentfarben als farbig wahrzunehmen, wie uns in dieser Hinsicht vorgenommene vergleichende Bestimmungen an unserem eigenen normalen Auge zeigten.\u201c Eine bessere Uebereinstimmung mit meinen Ansichten, als sie in dieser Beobachtung vorliegt ist nicht m\u00f6glich. Ich will nicht unterlassen ausdr\u00fccklich hinzuzu-f\u00fcgen, dais aber auch Hr. J.v. Keies diese UHTHOFF\u2019sche Angabe als Best\u00e4tigung der von ihm in Modification meiner Theorie aufgestellten Anschauung anzusehen berechtigt ist, so dafs also zwischen unseren beiderseitigen Farbentheorien dadurch keine Entscheidung herbeigef\u00fchrt ist","page":434}],"identifier":"lit30823","issued":"1899","language":"de","pages":"425-434","startpages":"425","title":"Bemerkungen \u00fcber angeborene totale Farbenblindheit","type":"Journal Article","volume":"20"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:53:07.112840+00:00"}