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{"created":"2022-01-31T13:50:20.872864+00:00","id":"lit30840","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Vold, J. Mourly","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 66-74","fulltext":[{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Experimente \u00fcber Gesichtsbilder im Traum.1\nVon\nDr. J. Moubly Vold,\nProfessor der Philosophie an der Universit\u00e4t) Cliristiania.\nNachdem ich. seit meiner Jugend die eigenen Tr\u00e4ume studiert hatte, fing ich vor etwa sieben Jahren den Versuch an, die Bedeutung der Muskel-, Haut- und Gesichtssinne f\u00fcr den Traum experimentell zu bestimmen. Da ich schon anderswo2 besonders \u00fcber die Muskelexperimente ein kurzes Referat gegeben, werde ich mir jetzt erlauben, etwas mitzuteilen \u00fcber meine Versuche, die Wirkung zu bestimmen, welche die abends beim Einschlafen gehabten Gesichtsbilder auf das Traumleben der kommenden Nacht aus\u00fcben. Es sind zwar diese meine Untersuchungen noch im Anf\u00e4nge begriffen, aber ich hoffe doch auf diesem Gebiete eine Methode und einige Resultate gefunden zu haben, auf die sp\u00e4ter Besseres gebaut werden kann.\nDie Experimente werden am besten gruppenweise gemacht. In Bezug auf die schwierige Personenfrage glaub\u00f6 ich einiger-\n1\tVortrag, gehalten auf dem III. internationalen Kongrefs f\u00fcr Psychologie zu M\u00fcnchen am 4. August 1896.\n2\tBei der Jahressitzung der franz\u00f6sischen Gesellschaft f\u00fcr Hypnologie und Psychologie am 25. Juli 1895. Der Vortrag liegt etwas erweitert in dem Organ der Gesellschaft, Revue de VHypnotisme et de la Psychologie> Janvier 1896, gedruckt vor: \u201eExp\u00e9rience sur les r\u00eaves et en particulier sur ceux d\u2019origine musculaire et optique.'1 S. diese Zeitschr. Bd. 10. No. 7. Da Verfasser selbst nicht Gelegenheit hatte, die Korrektur dieser franz\u00f6sischen Abhandlung zu lesen, befinden sich in derselben mehrere, zum Teil irreleitende, Druckfehler. Eine neue, privat gedruckte Ausgabe liegt jetzt vor. Verfasser wird sich ein Vergn\u00fcgen daraus machen, Forschern, die sich an ihn wenden m\u00f6chten, Exemplare dieser Ausgabe soweit die Auflage reicht, zuzusenden.","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Experimente \u00fcber Gesichtsbilder im Traum.\n67\nmafsen gl\u00fccklich gewesen zn sein, indem mehrere Personen, die ziemlich gute Tr\u00e4umer, nicht ohne Unmittelbarkeit und aufserdem intelligent genug waren, sich bereitwillig zu meiner Verf\u00fcgung stellten: Damen und Herren in Christiania, besonders Studenten, Volksschullehrer und -Lehrerinnen, seltener Gymnasiasten, selten kleinere Kinder; die letzten erz\u00e4hlten mir meistens die Tr\u00e4ume in die Feder. Aber selbst die geschicktesten Personen lassen sich, wie ich glaube, kaum mehr als eine beschr\u00e4nkte Zeit anwenden; wenn sie auch nicht nach einiger Zeit m\u00fcde w\u00fcrden, was gew\u00f6hnlich der Fall ist, w\u00fcrde doch die bald eintretende Gewohnheit leicht den Eindruck abschw\u00e4chen. Die jedesmal vorhandene Gruppe trat mit mir zu einer bestimmten Zeit zusammen. Ich liefs es mir dann angelegen sein, einerseits die Ausf\u00fchrung des Versuches m\u00f6glichst genau zu verabreden, andererseits nichts \u00fcber dessen wahrscheinliche Erfolge mitzuteilen. Ich legte es teils auf ein festes, deutliches Fixieren, teils auf die Aufmerksamkeit und das Interesse der Versuchsperson an. Aus dem letzteren Grunde wurden meistens die Versuchsgegenst\u00e4nde, kleine plastische Sachen oder Pappfiguren, h\u00e4ufig mit einem weifs oder schwarz gef\u00e4rbten Papier als Hintergrund, in wohl verschlossenen Verwunderungspaketen den Personen \u00fcberliefert oder durch die Post zugesendet. An dem folgenden bezw. selben Abende wurden die Pakete im Bett ge\u00f6ffnet \u2014 nachdem in vielen F\u00e4llen einige Minuten Dunkelheit im Zimmer geherrscht hatte; die eingeschlossenen Sachen wurden auf die passende Unterlage gestellt, dann w\u00e4hrend einiger Minuten (2\u20145\u201410, subjektiv bestimmt) ununterbrochen fixiert, aufserdem bisweilen mit Unterbrechungen w\u00e4hrend der vorhergehenden halben oder ganzen Stunde. Unmittelbar nach dem Fixieren wurden die Augen geschlossen, sodafs also das Versuchsding das letzte vor dem Einschlafen gesehene war ; die Lampe oder das Kerzenlicht sollte man, ohne es anzusehen, ausl\u00f6schen. Einigemal wendete ich ein gef\u00e4rbtes Glas an und mufste dann auf die \u00dcberraschung verzichten. An dem folgenden Morgen oder Tag sollte jeder der Versuchenden ein ihm \u00fcberliefertes, 20\u201430 Hauptfragen enthaltendes, Schema ausgef\u00fcllt einliefern; da sollte nicht allein \u00fcber die Ausf\u00fchrung des Experimentes und den eventuellen Traum, sondern auch \u00fcber Personalia, \u00fcber die Zeit des Versuches, des Einschlafens und des Erwachens, \u00fcber\n5*","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nJ. Mourly Void.\ndie Besch\u00e4ftigungen des vorigen Tages und Abends und \u00fcber die beim Erwachen stattfindend\u00a9 K\u00f6rperlage u. s. f. so genau wie m\u00f6glich berichtet werden. Der Traum und die K\u00f6rperlage sollten immer unmittelbar nach dem Erwachen niedergeschrieben werden. H\u00e4ufig kn\u00fcpfte ich an die gegebenen Antworten neue Fragen, die m\u00f6glichst bald beantwortet wurden.\nSehr n\u00fctzlich \u2014 und bis auf einen gewissen Grad von mir durchgef\u00fchrt \u2014 ist es, das normale Traumleben sowohl als den psychischen Typus der betreffenden Personen und ihre Anlage f\u00fcr Nachbilder zu untersuchen, auch Parallelversuche anzustellen zur Bestimmung des Einflusses von blofs vorgestellten, nicht angeschauten Gegenst\u00e4nden auf den Traum. Versuche dieser Art habe ich mit Sehenden und Blinden ausgef\u00fchrt, und zwar in der Weise, dafs ich ein interessantes M\u00e4rchen vorlas.\nDer positive Erfolg der Gesichtsversuche h\u00e4ngt von vielen Umst\u00e4nden ab: von der allgemeinen Anlage der Personen f\u00fcr den Versuch, von dem ruhigen, normalen Zubringen des Abends, von ihrem Wohlbefinden, von ihrer nicht allzu grofsen M\u00fcdigkeit und selbstverst\u00e4ndlich von der ruhigen und genauen Ausf\u00fchrung des Versuches. Unter diesen zusammentreffenden Umst\u00e4nden wird man, meiner Ansicht nach, wenn auch nicht immer typische F\u00e4lle, fast immer Nachwirkungen eines Experimentes sehen k\u00f6nnen. Die Zeit, wo der Traum eintritt, sowohl als die zeitliche Entfernung des Traumes von dem Versuche und von dem Einschlafen sind sehr verschieden. Nachbilder, positiv\u00a9 und negative, werden abends bisweilen apperzipiert ; aber auch ohne eine solche Apperzeption k\u00f6nnen typische, hier einschl\u00e4gige Tr\u00e4ume auftreten.\nAus den etwa 300 Einzelversuchen, \u00fcber die ich hier verf\u00fcge, habe ich einige Resultate gezogen, von denen die folgenden mir die wichtigsten scheinen:\n1. Das abendliche Gesichtsding tritt sehr selten ganz unver\u00e4ndert im Traume auf. Wenn dies eintrifft, sind jedenfalls die Relationen des Dinges ge\u00e4ndert. Ein Gymnasiast, der ein norwegisches kupfernes Pfennigst\u00fcck auf schwarzem Hintergr\u00fcnde zwei Minuten fixiert hat, tr\u00e4umt am Morgen, dafs er den kranken Unterleib seines Vaters besichtigt und da eine Sammlung von Flecken entdeckt von derselben Farbe, Form und Gr\u00f6fse wie die Oberfl\u00e4che der abends gesehenen M\u00fcnze.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Experimente \u00fcber Gesichtsbilder im Traum.\n69\n2.\tDie Form und dieG-r\u00f6fse des Gesichtsdings trennen sieh bisweilen von dessen Farbe und h\u00e4ufig unter sich. Meistens \u00e4ndern sich sowohl die Form als auch die Gr\u00f6fse etwas; sehr oft sind sie ganz ge\u00e4ndert oder verschwunden. Interessant ist der folgende Traum, in dem man die allm\u00e4hliche Umbildung eines dem urspr\u00fcnglichen \u00e4hnlichen Gesichtsbildes trifft. Abends um 11 Uhr fixiert ein Student 7 Minuten lang auf schwarzer Unterlage eine kleine weifse, etwas gedr\u00fcckte Hyazinthenbl\u00fcte, die sich nach oben wie eine kelchf\u00f6rmige Lampenkuppel erweitert und lanzettf\u00f6rmige, nach aufsen gebeugte Zipfel hat; ohne Nachbilder apperzipiert zu haben, schl\u00e4ft er eine halbe Stunde sp\u00e4ter ein und hat um etwa 6 Uhr fr\u00fch den folgenden, an die Dunkel-Halluzinationen vieler visualistischen Menschen erinnernden Traum : er sieht eine braune Lampe mit weifser Kuppel, die Lampe bildet sich in eine braune Vase um, die Kuppel teilt sich in Zipfel, diese gehen in lange an der Vase herabh\u00e4ngende Stangen und Spirale \u00fcber, sp\u00e4ter wird das Ganze ein einer Gartenspritze \u00e4hnlicher Feuerapparat.\n3.\tDas gr\u00f6fste Interesse bieten in diesen Versuchen die Farben. Bemerkenswert ist schon der grofse Farbenreichtum dieser Tr\u00e4ume.\nA. Fangen wir mit den zwei anscheinend ergiebigsten Versuchsfarben: Schwarz und Weifs an. Als in dem Verwunderungspakete versteckten Reiz wendete ich gew\u00f6hnlich einen der folgenden an: Einen kleinen, schwarzen oder weifsen, wollenen Hund, 6V2 cm lang, 572 cm hoch, IV2 cm dick; die in dem eben (unter 2) zitierten Traume genannte flache, weifse, kelchf\u00f6rmige Hyazinthenbl\u00fcte, etwa 272 cm hoch, 172 cm breit; eine weifse Pappfigur, 8 cm hoch, 5 cm breit, einen Infanteristen mit Lanze und Schild darstellend. Die Sachen wurden gew\u00f6hnlich auf komplement\u00e4r gef\u00e4rbter Grundlage gesehen.\nUnter den Resultaten nenne ich zuerst a) die in diesen Tr\u00e4umen mehrmals als simultane oder, infolge der Beschr\u00e4nkung des Bewufstseinsfeldes, mehr als successive Kontraste auftretenden Erscheinungen von Sonnenschein, k\u00fcnstlichem Lichte und Feuersbrunst einerseits, von Schatten, Finsternis und Rauch andererseits. Beispiel eines derartigen Simultan-Kontrastes : Nach einer abendlichen Fixierung der weifsen Hyazinthenbl\u00fcte auf Schwarz empfindet ein Student im Morgentraume vollst\u00e4ndige n\u00e4chtliche Finsternis,","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nJ. Mourly Void.\ndie nur durch eine einzelne Schiffslaterne unterbrochen ist. \u2014 Bisweilen wiederholt sich der Kontrast in ein und demselben Traume. Beispiel: Der schwarze Hund, 5 Minuten lang auf Weifs fixiert; keine Nachbilder; Einschlafen nach V2 Stunde. Im Morgentraum die folgenden Successivkontraste: In einem beleuchteten Salon; pl\u00f6tzlich wird das Zimmer ganz dunkel; der Tr\u00e4umer bringt eilend neues Licht, dann befindet er sich auf der Strafse.\n[Diese Licht-Dunkelkontraste k\u00f6nnen, auch wenn sie suc-cessiver Natur sind, nicht als Wiederholungen der bei dem Abendversuche k\u00fcnstlich abgebrochenen Beleuchtung des Zimmers aufgefafst werden; denn eben in F\u00e4llen, wo das Licht vor dem Versuche nicht gel\u00f6scht wurde, trifft man viele dieser Kontrasterscheinungen. Sollten sie nicht Morgenwiederholungen der Lichtschwankungen sein, die nach dem abendlichen etwas angestrengten Sehen, wenn sie auch nicht apperzipiert wurden, jedenfalls perzipiert worden sein m\u00fcssen, oder latent im Sehapparate m\u00fcssen stattgefunden haben?]1\nDann: Die abendliche Farbe beeinflufst die Farben im Traume. Am einfachsten b) so, dafs die Versuchsfarbe wiederkehrt. Dies zeigt sich unter drei verschiedenen Formen :\na. Das Versuchsding oder ein anderes \u00e4hnliches zeigt sich im Traume in der urspr\u00fcnglichen Farbe, z. T. auf demselben Hintergr\u00fcnde wie jenes. Hierf\u00fcr gaben wir fr\u00fcher ein Beispiel (die Pfennigm\u00fcnze). Noch einige: Versuchsding der kleine schwarze Hund auf Weifs; Traumbild: ein grosser schwarzer Hund derselben Form wie der kleine. Versuchsding zwei kleine schwarze Hunde auf Weifs; Traumbild: drei schwarze Tiere in Milch liegend. Versuchsding die weifse Bl\u00fcte auf Schwarz; Traumbild: Weifse Levkojen und andere weifse Blumen auf schwarzen S\u00e4rgen.\n\u00df. Das Versuchsding als solches ist verschwunden; aber ein fr\u00fcher bekannter Gegenstand einer anderen Farbe kleidet sich in die Farbe des Versuchsdings, vielleicht auf demselben Hintergr\u00fcnde. Beispiel: Versuchsding der schwarze Hund auf Weifs; Traumbild: ein bekannter S\u00e4nger, schwarz gekleidet, mit schwarz gef\u00e4rbtem Haare und Schnurrbarte und\n1 [ ] Dieses St\u00fcck wurde auf dem Kongresse ausgelassen.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"'Einige Experimente \u00fcber Gesichtsbilder im Traum.\n71\nmit dunkel geschminktem Gesicht (h\u00f6chstens ein wenig Weifs als Hemd zu sehen).\nDas folgende interessante Beispiel vertritt eine Zwischenstufe zwischen der ersten und der zweiten Form: Versuchsperson eine Lehrerin; Versuchsding eine kleine weifse Kriegerfigur zu Pferde, auf einem 51 cm langen, 31 cm breiten, schwarzen Papier einige Minuten lang fixiert. Traumbild: Sie empf\u00e4ngt einen Brief in der Form eines grofsen Papieres von der schwarzen Farbe, der viereckigen Form und der bedeutenden Gr\u00f6fse des abendlichen ; statt der Aufschrift hat der Brief weifs gef\u00e4rbte, vertikale, horizontale und schr\u00e4ge Striche (Beminiszenzen der Linien der weifsen Versuchsfigur); sie \u00f6ffnet den Umschlag und liest die mit weifsen Buchstaben (Nachwirkung des Versuchs-weifs) geschriebenen \"Worte: \u201eKj\u00e4re Anna\u201c (Liebe A.). Die reale Grundlage des Traumes war neben dem Versuche diese: Am Vormittag hatte sie durch eine Sch\u00fclerin eine in einem Umschl\u00e4ge befindliche Korrespondenzkarte empfangen, auf der jene Worte schwarz geschrieben standen; das reale Papier und der Umschlag waren selbstverst\u00e4ndlich nicht schwarz, sondern gelbrot gef\u00e4rbt und von der Gr\u00f6fse einer gew\u00f6hnlichen kleinen Korrespondenzkarte. \u2014 Das schwarze Papier und die Figurlinien des Abendversuches kehren also in diesem Traume wieder ; aber sie vertreten andere, am Tage gesehene Gegenst\u00e4nde einer anderen Farbe und Gr\u00f6fse; das Weifs tritt als die Farbe der, urspr\u00fcnglich schwarzen, Briefbuchstaben und das Schwarz als die der urspr\u00fcnglich gelbroten Karte (nebst Umschlag) auf. \u00dcbrigens ist es selten, dafs der Hintergrund eine so direkte Bolle wie hier spielt.\ny) Die betreffende Farbe ist die vorherrschende oder sogar die durchg\u00e4ngige im Traume; der Hintergrund ist auch etwa der abendliche oder tritt nicht bestimmt hervor. Beispiel: Versuchsding schwarzer Hund auf Weifs; Traumbild: dunkelgef\u00e4rbte Ski (Schnee-Schuhe), ein schwarzes kleines Boot und \u00fcberhaupt viele Gegenst\u00e4nde einer dunklen, schwarzen Farbe. In \u00dcbereinstimmung hiermit bildet die Versuchsfarbe einen integrierenden Teil der Gesamtmasse dieser Tr\u00e4ume.\nc)\tDafs das Schwarz und das Weifs in graue Farben abgeschw\u00e4cht, verdunkelt und n\u00fcanciert werden k\u00f6nnen, brauche ich nur anzudeuten.\nd)\tDas h\u00e4ufige Auftreten der genauen, abgeschw\u00e4chten","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nJ. Mour\u00efy Void.\noder verdunkelten Komplement\u00e4rfarbe auf dem Hintergr\u00fcnde der Versuchsfarbe oder ohne apperzierten Hintergrund macht den bestimmten Eindruck einer Nachwirkung des Experimentes. Beispiel: Versuchsding die kleine weifse Kriegerfigur auf Schwarz; Traumbild dann und wann \u201edie ganze Nacht hindurch\u201c: ein schwarz aussehender Mensch. Ein anderes: Versuchsding schwarzer Hund auf Weifs; Traumbild: in einem Salon ein grauer \u00dcberzug mit schwarzen Borten ; hier also das Schwarz als Bandfarbe, das in Grau abgeschw\u00e4chte Weifs als Zentralfarbe. Mehrmals bilden die Versuchsfarbe und die komplement\u00e4re Hintergrundfarbe direkte und indirekte Doppelkontraste, bisweilen zu wiederholten Malen. Beispiel: Versuchsperson eine 41j\u00e4hrige Lehrerin; Versuchsgegenstand schwarzer Hund auf Weifs, eine Stunde dann und wann beobachtet und am Ende fixiert; Traumbild: der realiter gestorbene Bruder tot, mit weifsem Gesicht und schwarzem, gekr\u00e4useltem Haare; dann erwacht sie, sieht aufs neue den Hund einen Augenblick, schl\u00e4ft ein und hat vor 6 Uhr fr\u00fch die folgenden Traumbilder: in einem Walde eine Anzahl schwarz gekleideter M\u00e4nner, dann \u2014 wenn sie n\u00e4her herantritt \u2014 einen grofsen schwarzen Sarg ohne Blumen auf einem Fundamente stehend, welches mit einem weifsen Leintuche oder einem anderen hellen Dinge bekleidet ist. Pl\u00f6tzlich erhebt sich einer der schwarzen M\u00e4nner und nimmt den Deckel von dem Sarge; im schwarzen Sarge sieht sie dann den Leichnam des Bruders mit weifsem Gesicht und schwarzem Haare in dem weifsen Totenhemde. Wie man sieht, wiederholte Schwarz-Weifs-Kontraste.1\nB. Mit den anderen Farben und besonders mit dem Bot habe ich auch einige Versuche gemacht. Teils beobachtete man auf passender Unterlage einen oder mehrere gelbrote, gelbe oder blaue, aus Chenille gemachte Affen, 7 cm lang, 7 cm hoch, 1V\u00bb cm dick, bisweilen auf dem B\u00fccken der Alten Junge von verh\u00e4ltnism\u00e4fsiger Gr\u00f6fse; teils beobachtete man durch ein 4 cm hohes, 4 cm breites rosenrot gef\u00e4rbtes Glas weifse Gegenst\u00e4nde und insbesondere die weifse Lampenkuppel mit der Flamme.\nVon Licht- und Finsterniserscheinungen abgesehen waren die Erfolge haupts\u00e4chlich die folgenden:\n1 Der folgende Teil des Vortrages fast bis zum Ende wurde der beschr\u00e4nkten Zeit wegen auf dem Kongresse ausgelassen.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Experimente \u00fcber Gesichtsbilder im Traum.\n73\na)\tDi\u00a9 Versuchsfarbe tritt im Traume auf, z. T. sehr deutlich, krafs oder durchgehend. Das rosenrote Glas erscheint z. B. in der Form eines Glases Portwein. Die durch das rosenrote Glas beim Einschlafen gesehenen Farben: die gelbrote der Flamme und die rosenrote der Lampenkuppel, k\u00f6nnen in ein und demselben Traume sich wiederholt geltend machen; so in dem Traume eines Lehrers die folgenden Bilder: ein Mann in rotem Narrenanzuge mit Goldtressen darauf und \u2014 am Ende \u2014 eine ungeheuere, schmutzige Mischung von Harn und Blut. In dem anfangs genannten Traum (Reiz: eine Pfennigm\u00fcnze) erschienen nicht allein die Flecken, sondern auch alle anderen gesehenen Gegenst\u00e4nde braun gef\u00e4rbt.\nb)\tDie Versuchsfarbe kann im Traum in Bezug auf S\u00e4ttigung, Helligkeit und Ton ge\u00e4ndert erscheinen. Beispiel: ein kleines M\u00e4dchen besch\u00e4ftigt sich im Bette w\u00e4hrend einer Stunde mit einem gelbroten Affen; Traum: es h\u00f6rt den Arzt sagen, dafs es die Krankheit \u201eDie roten Hunde\u201c hat; es beobachtet die eigenen H\u00e4nde und findet diese gelbrot, von einer matten, d. h. weniger ges\u00e4ttigten Farbe als die des Versuchs-afifen, mit braunroten und gelbroten Streifen. Ein anderes Beispiel: derselbe Affenreiz; Traumbild: goldene Buchstaben auf der hell gr\u00fcn braunen Aufsenseite eines grofsen Buches; das ge\u00f6ffnete Buch zeigt eine Masse gelbroter Buchstaben, etwas dunkler als das Rot des Affen, besonders ein grofses gelbrotes lateinisches T, etwas \u00e4hnlich der Form des Affen; ein schwarz gekleideter Mann in braunroter M\u00fctze.\nc)\tDie in dem Traume auftretende Versuchsfarbe \u00e4ndert im Traume selbst die S\u00e4ttigung, Ausbreitung, Helligkeit oder den Ton. Beispiel: Versuchsding die durch das rosenrote Glas eine kurze Weile fixierte Lampenkuppel; Traum: giefst Wasser in ein Glas, in dem fr\u00fcher roter Saft ist; die rote Farbe der Mischung wird nach und nach heller. Bilder eines anderen Traumes nach demselben Reize: ein Glas Portwein auf einem dunkel-rotbraun gef\u00e4rbten Schranke, ein anderes Glas, in dem weniger Portwein, endlich ein Glas voller Portwein. Also das Portwein-Rot nimmt an Ausbreitung ab und zu und hat die dunkel-rotbraune Farbe neben sich.\nd)\tDie Komplement\u00e4rfarbe tritt zum Teil recht bezeichnend auf. Beispiel: Reiz zwei blaue (beim k\u00fcnstlichen Lichte gr\u00fcnblau aussehende) Affen auf Weifs; Traumbilder: ein Mann in","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nJ. Mourly Void.\ngr\u00fcnem Rook und rotem Vollbarte; sofort ein gr\u00fcnes, wald-bewachsenes Land; eine Menge von Affen und anderen Tieren von vielerlei Farben, unter denen Gr\u00fcn, Rot und Schwarz hervorgehoben werden und von denen das Weifs ausgeschlossen ist. Hier also ein wiederholtes Rot neben dem urspr\u00fcnglichen, in Gr\u00fcn ge\u00e4nderten Gr\u00fcn-Blau.\ne) Der Kontrast zwischen der Versuchs- und der Hintergrundfarbe klingt einfach oder \u2014 in einigen F\u00e4llen \u2014 umgekehrt nach. Das Folgende bietet das Beispiel eines doppelten Nachklanges (nebst einer vermehrten S\u00e4ttigung und Ton\u00e4nderung der Versuchsfarbe): Versuchsperson ein 14j\u00e4hriges M\u00e4dchen. Reiz f\u00fcnf gelbe kleine Affen auf Schwarz, dann und wann w\u00e4hrend einer Stunde gesehen, im Bette 10 Minuten fixiert; Traumbilder: ein gew\u00f6hnliches Schreibbuch (Farbe hier leider nicht angegeben); die Aufsenseite des Buches wird pl\u00f6tzlich feuerrot mit schwarzen Buchstaben (\u201efeuerrot\u201c statt \u201egelb\u201c; \u201eSchwarz auf Feuerrot\u201c = umgekehrter Nachklang der urspr\u00fcnglichen Farben); dann wird das Papier der Bl\u00e4tter dick und gelb gesehen, mit einem schwarzen Rande um jedes gesehene Blatt (das Versuchsgelb auf dem urspr\u00fcnglichen Hintergr\u00fcnde).\nZum Schlafs m\u00f6chte ich nur bemerken, dafs aus meinen Versuchen hervorzugehen scheint, dafs der Sehapparat unmittelbar vor dem Erwachen bis zu einem gewissen Grade den abends bei dem Einschlafen bestehenden Zustand reproduziert. Denn wir fanden in den Morgentr\u00e4umen verschiedene direkte und indirekte Nachkl\u00e4nge der abendlichen Gesichtsbilder. Die Hirnzellen arbeiten aber selbst\u00e4ndig, und die Tages- und Abendssynthesen von Form, Gr\u00f6fse, Farbe und abstrakter Vorstellung sind aufgel\u00f6st; zum Ersatz bilden sich im Traume neue Synthesen zwischen einerseits den aufgespeicherten Linien und abstrakten Vorstellungen des gew\u00f6hnlichen Tagelebens und andererseits den Linien und besonders den Farben, die als Nachwirkungen der abendlichen vom Gesichtsapparate aus aktuell werden.\nEndlich m\u00f6chte ich mir erlauben, die pers\u00f6nliche Bemerkung zu machen, dafs ich Berichte \u00fcber gut beobachtete, sowohl Gesichts-, Haut- und Muskel-, als auch andere Tr\u00e4ume von psychologischem Interesse stets mit Dankbarkeit entgegen nehmen werde.","page":74}],"identifier":"lit30840","issued":"1897","language":"de","pages":"66-74","startpages":"66","title":"Einige Experimente \u00fcber Gesichtsbilder im Traum","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:50:20.872870+00:00"}