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{"created":"2022-01-31T13:57:39.725236+00:00","id":"lit30843","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wreschner, Arthur","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 84-85","fulltext":[{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nJAtteraturbericii t.\ngestehen m\u00fcssen, dafs sich oft recht einseitige und namentlich auf das Experimentelle beschr\u00e4nkte Richtungen unter den heutigen Psychologen, die auch Vertreter der Philosophie sein sollen, geltend machen. Sodann aber, seihst wenn man den Begriff der Psychologie im KR\u00dcGERSchen Sinne annimmt und zugiebt, dafs Erkenntnistheorie, Logik, Geschichte der Philosophie etc. nur Anwendungen der Psychologie sind, so ist es doch eine nicht zu bestreitende Thatsache, dafs diese Anwendungen nur selten gemacht werden.\nNeben dieser allgemeinen Bemerkung fordert aber die KR\u00fcGERsche Arbeit noch einige spezielle heraus. Zun\u00e4chst scheint es mir eine k\u00fchne Behauptung zu sein, dafs das Gesetz von der Erhaltung der Energie nur von \u201ew\u00e4gbaren Massen und mefsbaren Bewegungen\u201c gilt. (S. 19.) Das N\u00e4mliche gilt von dem Satze, dafs der ganze Gegensatz zwischen normativen und erkl\u00e4renden Wissenschaften ein \u201ev\u00f6llig \u00e4ufserlicher und psychologisch unberechtigter\u201c ist. (S. 22.) \u2014 Die Verteidigung der Hypothesen ist eine wenig gl\u00fcckliche zu nennen. Gewifs sind Hypothesen n\u00f6tig und wertvoll, aber es kommt doch sehr darauf an, in welcher Zahl sie auftreten, welchen Grad von Wahrscheinlichkeit, eine wie breite empirische Grundlage sie haben und welche Bedeutung sie innerhalb eines Wissensgebietes beanspruchen. Sehr wenig \u00fcberzeugend scheint mir auch der Hinweis, dafs alles letzten Endes eine Bewufst-seinsthatsache ist. Wenn dem so ist, dann h\u00f6rt eben diese Thatsache auf, ein unterscheidendes Kriterium zwischen den einzelnen Erscheinungsgebieten zu sein, und die einzelnen Wissenschaften haben ohne R\u00fccksicht auf diese Thatsache nach einem anderen Einteilungsprinzip sich voneinander zu sondern. In der That, wie herzlich wenig Psychologie hat doch der Physiker, Botaniker etc. n\u00f6tig, um etwas T\u00fcchtiges in seinem Gebiete zu leisten! Endlich noch ein Wort zu der L\u00f6sung der \u201eletzten und h\u00f6chsten\u201c Fragen durch die empirische Psychologie. Ich gehe zu, dafs manche Fragen, welche bisher die Metaphysik in dogmatischer Weise behandelte, durch die empirische Psychologie mit der Zeit ihre befriedigende, wissenschaftliche L\u00f6sung finden werden. Aber dessenungeachtet werden \u201eletzte\u201c Fragen \u00fcbrig bleiben, vor denen auch die vollkommenste Psychologie Halt machen mufs. Man leistet gerade der empirischen Psychologie einen schlechten Dienst, wenn man sie als den Schl\u00fcssel zu allen, selbst den geheimsten und innersten Gem\u00e4chern der Natur hinstellt.\tArthur Wreschner (Berlin).\nW. Jerusalem. Die Psychologie im Dienste der Grammatik und Interpretation. Wien, A. Holder. 1896. 23 S.\nJeder Satz ist nach dem Verfasser aus zwei Elementen zusammengesetzt, dem generischen und individuellen. Jenes besteht in W\u00f6rtern und Wortverbindungen, welche von den Sprachgenossen verstanden und ebenfalls angewendet werden; dieses liegt in den besonderen Beziehungen, Assoziationen von Vorstellungen, Gef\u00fchlen und Willensimpulsen, die beim Aussprechen des Satzes in der Seele des Sprechenden wirksam sind. Mit dem generischen Elemente besch\u00e4ftigt sich die Grammatik und das Lexikon, mit dem individuellen die Inter-","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n85\npretation. In allen diesen Gebieten mufs die Psychologie mehr ber\u00fccksichtigt werden, als bisher\u00bb\nDie W\u00f6rter sind Urteilselemente, die f\u00fcr sich allein nnd losgel\u00f6st vom Satze keine Bedeutung haben. Daher mufs der fremdsprachliche Unterricht vom Satze ausgehen. Die Betrachtung der Satzformen mufs stets in erster Reihe auf den Seelenzustand des Sprechenden R\u00fccksicht nehmen. Dementsprechend werden neue Definitionen der einzelnen Tempora gegeben. So wird das Pr\u00e4sens den Wahrnehmungs- und Begriffsurteilen, das Pr\u00e4teritum denErinnerungs- und historischen Urteilen, das Futurum den Erwartungsurteilen zugesprochen. Auch das Wesen der Frage- und Bedingungss\u00e4tze wird mehr vom psychologischen Standpunkte aus, unter Ber\u00fccksichtigung der Wirkung auf den H\u00f6rer, erkl\u00e4rt. In der Lehre von den Tropen und Figuren ist bisher allerdings die Psychologie nicht aufser Acht gelassen, aber doch noch immer zu viel \u201eNomenklatur\u201c getrieben worden. Namentlich kommt hier die \u00c4hnlich-keits- und K ont igui t\u00e4tsa s s o z iati on in Betracht; jene zeigt erhebliche individuelle Unterschiede; diese beruht auf dem, was der Mensch von aufsen empf\u00e4ngt (Umgebung, Gewohnheit, Erziehung etc.) und darf deshalb nicht originell sein.\nEin besonders grofses Wirkungsgebiet er\u00f6ffnet sich der Psychologie innerhalb der Interpretation, wenn sich auch hier allgemeine Gesichtspunkte schwer angeben lassen. Verfasser nimmt daher seine Zuflucht zu Beispielen und beschr\u00e4nkt sich auf zwei allgemeine Bemerkungen: 1. Die Grammatik mufs im Dienste der Lekt\u00fcre stehen und nicht umgekehrt, wenn auch die Lekt\u00fcre wiederum dazu dient, das grammatikalische Wissen zu lebendigem Verst\u00e4ndnisse zu entwickeln. 2. Die psychologische Interpretation mufs sich auf eine genaue Kenntnis aller sachlichen (historischen, antiquarischen, arch\u00e4ologischen, litteratur-geschicbtlichen u. a.) Beziehungen zu dem gelesenen Texte st\u00fctzen. Schliefslich weist Verfasser noch an einigen Stellen aus der Ilias nach, wie auch f\u00fcr die sogenannte \u00e4sthetische Interpretation die psychologische Analyse fruchtbringend gemacht werden kann.\nVom Standpunte des Psychologen aus sind derartige Untersuchungen, die das Ergebnis einer zwanzigj\u00e4hrigen Praxis sind, gewifs mit Freuden zu begr\u00fcfsen. Ohne Zweifel birgt die Sprache einen grofsen psychologischen Schatz, der noch lange nicht gehoben ist. Aber auch die Philologie, ja diese in erster Reihe, wird aus derartigen Abhandlungen grofsen Nutzen ziehen, denn hierdurch gewinnt sowohl die philologische Forschung an Tiefe und wissenschaftlichem Werte, als auch der Sprachunterricht f\u00fcr den Lehrer wie f\u00fcr den Sch\u00fcler an Leben, Freude und Interesse.\tArthur Wreschner (Berlin).\nAlexander F. Shand. Character and the Emotions. Mind. New. Series V. S. 203\u2014226. Apr. 1896.\nWir erleben gegenw\u00e4rtig das Werden eines neuen Zweiges psychologischer Forschung, einer Differentialpsychologie. Frankreich hat den Anfang gemacht, in Deutschland regt es sich m\u00e4chtig, und vor mir liegt ein Artikel, welcher beweist, dafs man auch in England das","page":85}],"identifier":"lit30843","issued":"1897","language":"de","pages":"84-85","startpages":"84","title":"W. Jerusalem: Die Psychologie im Dienste der Grammatik und Interpretation. Wien, A. H\u00f6lder. 1896. 23 S.","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:57:39.725241+00:00"}