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{"created":"2022-01-31T14:06:50.510179+00:00","id":"lit30848","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 94-96","fulltext":[{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nLitteraturbericht.\nliehen Surrogaten f\u00fcr die Vorstellung einer ganzen Pers\u00f6nlichkeit. F\u00fcr Farben sucht der Blinde nach Surrogatvorstellungen, welche am besten dem Gef\u00fchlscharakter derselben entsprechen: musikalische Klangfarben und Akkorde werden substituiert, wor\u00fcber H. eine lehrreiche Tabelle giebt.\nDie HELLERSchen Studien sind nach drei Seiten hin: f\u00fcr die Blinden-Psychologie, f\u00fcr die allgemeine Psychologie und f\u00fcr die Blinden-P\u00e4da-gogik, von Wert und werden hoffentlich nicht ohne Fortsetzung bleiben.\nW. Stern (Berlin).\nJ. Mark Baldwin. Heredity and Instinct. Science. N. S. Vol. III. No. 64. S. 438\u2014441 und No. 67. S. 558\u2014561. 1896.\nVerfasser stellt sich gegen\u00fcber Romanes auf den Standpunkt, dafs f\u00fcr die Erwerbung zweckm\u00e4fsiger Eigenschaften durch das Einzelindividuum und f\u00fcr die Vererbung erworbener Eigenschaften nicht blols die blind waltende nat\u00fcrliche Zuchtwahl das Mafsgebende sei, sondern dafs auch die tierische Intelligenz eine wichtige Rolle dabei spiele. Letztere forme aus der Menge der organisch m\u00f6glichen Bewegungen die zweckm\u00e4fsigen Handlungen, die dann zum \u201eInstinct\" werden, durch \u00dcbung und Vererbung. Als Beispiel f\u00fcr den Einflufs der Intelligenz werden Beispiele von Erziehung und Nachahmung unter Tieren angef\u00fchrt.\nSchaefer (Rostock).\nG. Gtjicciardi und G. C. Ferrari. I testi mentali per l\u2019esame degli alie-nati. Rio. di Freniatr. Vol. XXII. 2, S. 297\u2014314. 1896.\nDie Experimentalpsychologie, die seit 1879 durch Wundt in Leipzig eine Arbeitsst\u00e4tte und seitdem in allen zivilisierten Staaten Nacheiferer gefunden hatte, ist weder in Italien seit dem Tode des jung verstorbenen Buccola noch sonstwo durch die Untersuchung an Geisteskranken, die doch recht eigentlich die Physiologie der Seele zu vervollst\u00e4ndigen geeignet ist, erheblich gef\u00f6rdert worden. Kraepelin, der selbst in Deutschland fast allein steht, sucht den Grund f\u00fcr diese Vernachl\u00e4ssigung in dem Umstande, dafs man, durch die grofsen Fortschritte in der Mikroskopie und Neurologie verf\u00fchrt, sich an diesen gen\u00fcgen lasse, so dafs fast jede Irrenanstalt ihr kleines histologisches Laboratorium besitze, welches ihr einen gewissen Schein von Wissenschaftlichkeit verleiht. Durch Tamburini ist erst seit Jahresfrist in dem psychiatrischen Institut zu Reggio-Emilia ein wirkliches Laboratorium f\u00fcr Psychologie geschaffen worden, aus welchem die obengenannte Arbeit, betr. die Anwendung der individuellen Psychologie auf Geisteskranke, hervorging.\nDie testi mentali genannten Pr\u00fcfungsmittel (das Wort ist die direkte \u00dcbertragung des von Cattel 1890 gebildeten Wortes mental test und test die englische Bezeichnung f\u00fcr Pr\u00fcfstein, Reagens u. s. w.), deren sich die Verfasser zun\u00e4chst bedienen, haben ihrer Meinung nach den Vorzug, dafs sie auch f\u00fcr ganz ungebildete Personen passen und den Geisteskranken sympathisch sind, sich wiederholt kontrollieren und vor allem die Versuchsperson nicht merken lassen, was man aus ihr herausbringen will.\nVon besonderem Wert sei es, dafs auch bei Irren mittelst der tests,","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Litter atmbericht.\n95\nmit deren geringer Zahl die Verfasser eben nur den Anfang machen, der individuelle Grundzug ihres psychischen Wesens, was davon normal und was krankhaft sei, unterscheiden lasse, oh ein vor\u00fcbergehender oder anhaltender Verfall der geistigen Th\u00e4tigkeit vorhanden oder auch eine neue krankhafte Pers\u00f6nlichkeit, die die urspr\u00fcngliche verschleiere, sich gebildet habe. Auf die Vervielf\u00e4ltigung dieser Pr\u00fcfungsmittel hauen die Verfasser grofse Erwartungen.\nTest 1. Das erste betrifft die motorischen Erscheinungen, unter ihnen besonders die unbewufsten. Zu diesem Behufe wird ein sog. LuNDScher Pressionsapparat in Verbindung mit einer Schreibvorrichtung angewendet, die auf dem sich bewegenden Zylinder die Kurve der beim Schreiben entstehenden Eindr\u00fccke verzeichnet. Dem Kranken wurden zuerst rhythmisch 20 Zahlen in Abs\u00e4tzen (V2 in je 6\u201c) zu schreiben aufgegeben, dann in unbestimmtem Rhythmus dieselben Zahlen, aber so, dafs die gleichen Zahlen in beiden Schriftst\u00fccken einander entsprechen, dann die H\u00e4lfte der Zahl und endlich das Ergebnis der Division durch 3. Dabei werden alle dabei sich ereignenden Zuf\u00e4lle beobachtet und notiert, etwaige Fehler, Wiederholungen a. s. w. Die Zeichnungen ergaben merkliche Unterschiede bei den verschiedenen Krankheitsformen. Zur Ermittelung der bewufsten Bewegungen (der Geschicklichkeit) der Hand wurde ein einfacherer Apparat konstruiert, n\u00e4mlich eine CHARRi\u00c8RESche (Sonden-) Skala, die mit einer elektrischen Klingel verbunden ist. Die Aufgabe ist, jedes der 30 L\u00f6cher, deren letztes V\u00bb nim Durchmesser hat, mit einer ebenso feinen Lanzenspitze zu durchbohren ; bei jedem Treffer klingelt es. \u2014 Diese Art der Untersuchung scheint besonders g\u00fcnstige Ergebnisse zu haben, auch f\u00fcr das verschiedene Temperament bei Gesunden. Eine Kranke mit Angstgef\u00fchl und Zwangserscheinungen gab ein typisches Bild (20 Fehltreffer).\nTest 2. Vasomotorische Erscheinungen, Gem\u00fctsbewegungen (?). \u2014 Benutzt wurde hier der Sphygmograph ; trotz einiger gelungener Versuche sind gleichwohl Ergebnisse von experimenteller Sicherheit noch nicht erreicht worden; bei einigen Personen versagte die Methode sogar g\u00e4nzlich.\nTest 3. (Wahrnehmung und Aufmerksamkeit). \u2014 In einem dunkeln Zimmer wurden den Versuchspersonen einzelne Zahlen und Buchstaben in schwarz oder bunt, oder Worte, unter sekundenlanger elektrischer Beleuchtung behufs Erkennen vorgelegt. Die Zusammenstellung der f\u00fcnf Buchstaben zu Worten erregte bei Manischen vor\u00fcbergehende Aufmerksamkeit (2 Treffer), bei einem Epileptischen weniger (1 Treffer) besonders f\u00fcr die farbigen, bei einem Paranoiker am meisten (4 Treffer unter 5).\nTest 4. F\u00fcr Ermittelung der Urteilskraft, des \u00e4sthetischen Gef\u00fchles, der Assoziationen \u2014 wurden Zeichnungen ber\u00fchmter Bilder \u2014 ein Angelus und das Bild eines franz\u00f6sischen Schauspielers in 18 Photographien vorgelegt. Die verschiedenen Ansichten \u00fcber die Bedeutung der Bilder gaben reichlichen Aufschlufs \u00fcber das geistige Verhalten der Individuen; eine Paranoische fand erotische Beziehungen heraus.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nl\u00c4tteraturbericht.\nTest 5. Organisches Ged\u00e4chtnis, Zeit- und \u00dfaumsinn. \u2014 Auf einer weifsen Scheibe von 37 cm Durchmesser bewegt sich langsam ein d\u00fcnner Messingzeiger, der von der Versuchsperson, bei verbundenen Augen, nach einem bestimmten ganzen oder halben Umlauf durch Druck auf einen Knopf aufgehalten werden soll.\nDer Zeiger wurde bald zu fr\u00fch, bald zu sp\u00e4t aufgehalten, und es zeigte sich, dafs die Individuen den Umlauf entweder nach der Vorstellung von der Zeit, in der der Zeiger den bestimmten Kaum durchlaufen haben mufste, oder nach der Vorstellung von der jedesmaligen Strecke, die der Zeiger durchlief, berechneten. Danach lassen sich die zwei Typen, der zeitliche und der r\u00e4umliche Unterschied erkennen. Bei der Kranken mit Zwangsvorstellungen und zeitlichem Typus bemerkte man rhythmische Kopfbewegungen, eine Art von Taktschlagen.\nFraenkel.\nE. B. Titchener. The type-theory of the simple reaction. Mind. N. S.\nIV.\t506-514. 1895.\nJ. Mark Baldwin. The ,type-theory\u2019 of reaction. Mind. N. S. V. 81\u201490. 1896.\nE. B. Titchener. The ,type-theory\u2019 of the simple reaction. Mind. N, S.\nV.\t236\u2014241. 1896.\nDie letzte Publikation Baldwins, in welcher er die auch schon fr\u00fcher von ihm vertretene \u201etype-theory of reaction\u201c zu begr\u00fcnden versucht {Psych. Rev. II. S. 259 ff.; Keferat dar\u00fcber diese Zeitschr. XI. S. 467) hat von Seite Titcheners eine eingehende Kritik erfahren. Dieselbe wurde Punkt f\u00fcr Punkt beantwortet, allerdings zumeist blofs durch Wiederholung der alten Argumente, worauf dann die ganze Diskussion durch Titcheners Gegenantwort auf dem schon von Baldwin hie und da angedeuteten Wege bis zu dem Punkte gelangte, wo es r\u00e4tlich erscheint, sie fallen zu lassen. Sachlich bringen die drei Artikel wenig Neues; was einer besonderen Erw\u00e4hnung an dieser Stelle wert sein d\u00fcrfte, ist bald angef\u00fchrt.\nDer Hauptpunkt der Differenz zwischen Baldwin einerseits und Wundt, Lange, Titchener etc. andererseits ist durch den Terminus \u201eAnlage\u201c ausreichend in Erinnerung gebracht. Titchener betont neuerdings, dafs die Annahme dieser Anlage durchaus keine Hypothese, sondern lediglich die notwendige Anerkennung einer auf dem Gebiete psychologischer Versuche \u00fcberall zu beobachtenden Thatsache ist. Baldwin giebt das vollst\u00e4ndig zu, findet aber die Individuen, denen die Anlage der zu einer bestimmten Reaktionsweise erforderlichen Konzentration der Aufmerksamkeit trotz aller \u00dcbung abgeht, nur in den \u201easylums\u201c. Er bezeichnet es daher als unzul\u00e4ssig, die bisher beobachteten Abweichungen von der normalen sensoriell-muskul\u00e4ren Differenz aufser Acht zu lassen, betrachtet dieselben vielmehr als ganz vollwertig und meint, ihnen durch seine Typentheorie Rechnung zu tragen. Es ist die Regelm\u00e4fsigkeit der Abweichung, die Baldwin betont. Er h\u00e4lt sonach den von Titchener zur\u00fcckgewiesenen Vorwurf, dafs seine Gegner zu ihrer Theorie nicht stimmende Versuchsergebnisse einfach ausschalten","page":96}],"identifier":"lit30848","issued":"1897","language":"de","pages":"94-96","startpages":"94","title":"G. Guicciardi und G. C. Ferrari: I testi mentali per l'esame degli alienati. Riv. di Freniatr. Vol. XXII. 2, S. 297-314. 1896","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:06:50.510184+00:00"}