Open Access
{"created":"2022-01-31T13:59:10.152331+00:00","id":"lit30853","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 99-101","fulltext":[{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n99\nheim zuerst beschriebenen Krankheitsbild der subkortikalen sensorischen Aphasie \u00fcbereinstimmt, sind einzig und allein \u201edie Wahrnehmungs-Vorstellungen von W\u00f6rtern und Melodien\u201c ausgefallen, w\u00e4hrend Vokale und Konsonanten f\u00fcr sich richtig verstanden werden und das \u00fcbrige H\u00f6rverm\u00f6gen vollkommen intakt ist. Diese Thatsache f\u00fchrt zu der schon von Kussmaul gemachten und vom Verfasser nur in Bezug auf die Musik erweiterten Annahme, dafs \u201edie Wahrnehmung von Kl\u00e4ngen und Ger\u00e4uschen, die f\u00fcr sich als Vokale und Konsonanten begriffen werden und ihre F\u00fcgung zum akustischen Wortbild, das als Symbol dieser oder jener Vorstellungen erfafst wird\u201c, verschiedene, an verschiedene Zentralteile gebundene Funktionen sind. Die Analyse des vorliegenden Symptomenbildes in Verbindung mit den aus der Entwickelungsgeschichte der Sprache gewonnenen Anschauungen ergiebt die Notwendigkeit einer Abtrennung des sensorischen Silben- und Wortzentrums, w\u00e4hrend das Lautzentrum von dem allgemeinen akustischen Zentrum nicht gesondert zu werden braucht. Auf Grund dieser Erw\u00e4gungen sucht Verfasser auch eine anatomische Erkl\u00e4rung des vorliegenden Falles zu geben.\nIm Folgenden werden jene F\u00e4lle von subkortikaler sensorischer Aphasie zusammengefasst, welche seit Lichtheim (1885) bekannt geworden sind. Da selten ein reiner Fall von subkortikaler sensorischer Aphasie beobachtet worden ist, so bedeutet das vom Verfasser beschriebene Krankheitsbild jedenfalls eine wertvolle Bereicherung der Kasuistik.\nIm letzten Abschnitt tritt Verfasser jenen Einw\u00e4nden entgegen, welche gegen die Annahme einer subkortikalen sensorischen Aphasie erhoben wurden. Das vorliegende Krankheitsbild ist nach Freuds Annahmen, der von Bastians Theorie \u00fcber die verschiedenen Grade der Erregbarkeit des Wortzentrums ausgeht, nicht zu erkl\u00e4ren. Gegen Freund, welcher einige F\u00e4lle von subkortikaler sensorischer Aphasie auf Defekte im Labyrinth zur\u00fcckzuf\u00fchren sucht und annimmt, dafs es sich bei der Sprachtaubheit um ein Symptom von seiten des akustischen Apparates handelt, macht Verfasser geltend, dafs Sprachtaubheit, Worttaubheit und sensorische Aphasie nicht in dem Sinne Synonyma sind, in welchem Freund sie anwendet, ferner, dafs charakteristische Unterschiede zwischen der Sprachtaubheit bei subkortikaler sensorischer Aphasie und bei Labyrintherkrankung bestehen. Verfasser gelangt zu dem Schl\u00fcsse, dafs das von Lichtheim aufgestellte Krankheitsbild der subkortikalen sensorischen Aphasie in Wirklichkeit existiert. Die durch ein Ohrleiden erzeugte Worttaubheit wird als akustische, die durch L\u00e4sion der H\u00f6rsph\u00e4re hervorgerufene als sensorisch-akustische bezeichnet.\tTheodor Heller (Wien).\nH\u00e9lot, Houdeville et A. Halipr\u00e9. Surdit\u00e9 verbale de conductibilit\u00e9 (S. v. pure.) Lev. neurolog. IV. No. 12. S. 353\u2014361. 1896.\nBehufs Verst\u00e4ndnisses eines der seltenen F\u00e4lle von reiner Worttaubheit, wobei die anderen Arten von Sprachst\u00f6rung fehlen, namentlich die weit h\u00e4ufigere Wortblindheit nicht vertreten ist, geben die Verf. zun\u00e4chst eine \u00dcbersicht der Sprachst\u00f6rungen \u00fcberhaupt und deren Bedingungen. Die Sprache, als Gesamtheit der Mittel, um sich mit anderen zu ver-\n7*","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nLitter aturbericht.\nst\u00e4ndigen, besitzt zwei Wege, den der Aufnahme der Gedanken Anderer (durch Gesicht und Geh\u00f6r) und den der \u00c4ufserung durch das gesprochene Wort und die Schrift. Die Lokalisation der Schrift auf der Hirnrinde ist noch strittig. Dagegen gilt als feststehend, dafs die anderen Modalit\u00e4ten der Sprache je ein Zentrum auf der Hirnrinde der linken Hemisph\u00e4re der Fossa Sylvii besitzen. Das gesprochene Wort ist bekanntlich am Fufse der linken dritten Stirnwindung lokalisirt (Broca). Die Wortblindheit hat ihren Sitz an der Plica curva, die Worttaubheit in der Mitte der ersten Schl\u00e4fenwindung.\nIndes sind die verschiedenen Sprachzentren nicht isoliert, sie bilden vielmehr eine Art \u201eBundesstaat\u201c, vermittelst 1. Assoziationsb\u00fcndel, die die mehr oder minder entfernten Bindenzentren miteinander verbinden, und 2. Projektionsb\u00fcndel, die den Zusammenhang mit den von ihnen abh\u00e4ngigen Teilen, in letzter Linie mit den Hirnnerven: Acusticus, Opticus, Glossolabio-laryngeus vermitteln. Die Assoziationsfasern unterrichten jedes Zentrum \u00fcber den Zustand seiner Nachbar-zentren und \u2014 die Th\u00e4tigkeit eines Zentrums ist von der latenten Th\u00e4tigkeit der anderen begleitet, so dafs \u2014 in der Mehrzahl der F\u00e4lle, wenn ein Zentrum zerst\u00f6rt ist, auch die anderen mitleiden. Anders steht es, wenn nicht das Bindenzentrum oder sein Assoziationsb\u00fcndel, sondern das Projektionsb\u00fcndel betroffen ist; in diesem Falle ist nur eine der Arten von Aufnahme oder \u00c4ufserung durch die Sprache aufgehoben, der Zusammenhang der Zentren bleibt bestehen und mit ihm die innere Sprache.\nUnabh\u00e4ngig von den f\u00fcr die Aufnahme des gesprochenen Wortes (Zentrum f\u00fcr Worttaubheit), sowie des geschriebenen Wortes (Zentrum der Wortblindheit) bestehenden speziellen Zentren sind die allgemeinen f\u00fcr das Geh\u00f6r und Gesicht. Sind letztere erhalten, die speziellen aber oder ihre B\u00fcndel, die zu den allgemeinen Zentren f\u00fchren, nicht, so h\u00f6rt oder sieht der Kranke wohl die T\u00f6ne und Schriftzeichen, versteht aber nicht ihre Bedeutung.\nDer 32 Jahre alte Kranke, ein Kr\u00e4mer, der weder an Syphilis noch an Hysterie, aber an einer Mittelohrentz\u00fcndung litt, wurde nach Alkoholexcessen und kurzem Koma seit sechs Jahren f\u00fcr g\u00e4nzlich taub gehalten, da er auf die an ihn gestellten Fragen nicht antwortete und durch das gesprochene Wort sich nicht verst\u00e4ndigen konnte. Die endliche Untersuchung ergab indes Folgendes: Pat. spricht, schreibt, liest; auf schriftlich an ihn gestellte Fragen antwortet er schriftlich und pr\u00e4zis, kopiert Briefe und Zahlen, Geschriebenes und Gedrucktes, liest ohne Fehler, ohne ein Wort davon zu verstehen. \u201eIch h\u00f6re,\u201c schreibt er selbst, \u201edafs Sie sprechen, ich k\u00f6nnte die Silben z\u00e4hlen, aber was es bedeutet, weifs ich nicht.\u201c Nur einige Worte, z. B. seinen Namen (Trouv\u00e9) und Doktor versteht er, auch einfache Zahlen vermag er nachzusprechen, gr\u00f6fsere nicht, w\u00e4hrend er eine Beihe geschriebener (9) sogar mit Leichtigkeit addiert. Er h\u00f6rt seine eigene Stimme, angeblich wie fr\u00fcher, und versteht die von ihm gesprochenen Worte. Er unterscheidet die menschliche Stimme von anderen T\u00f6nen, h\u00f6rt das Ger\u00e4usch der Strafsenwagen, das Gel\u00e4ut der Glocken u. s. w. Psychische Taub-","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n101\nheit ist also nicht vorhanden. Die Worttaubheit erstreckt sich aber auch auf das musikalische Geh\u00f6r (amusie). Gewisse allbekannte Volksweisen, wenn sie auf dem Piano angeschlagen werden, erkennt er nicht, obgleich er sie mit den Worten singt, wenn man ihn dazu auffordert. Worte nachzusprechen (Echolalie) vermag er nicht. Die Sprache selbst ist korrekt, gel\u00e4ufig, jedes Wort richtig und mit dem richtigen Tonfall; motorische Aphasie also nicht vorhanden, auch Wortblindheit nicht, denn er liest laut und korrekt Geschriebenes, wie Gedrucktes.\nEs handelt sich mithin um den einfachen Ausfall des Verst\u00e4ndnisses f\u00fcr das gesprochene Wort.\nDa die innere Sprache vollkommen erhalten ist, so scheint die Annahme gerechtfertigt, dafs das Zentrum f\u00fcr die Worttaubheit nicht, wohl aber das Projektionsb\u00fcndel, das von ihm ausgeht, der Sitz des Leidens ist, und zwar dasjenige B\u00fcndel, welches das gemeinsame Zentrum der Geh\u00f6reindr\u00fccke mit dem speziellen Zentrum f\u00fcr die artikulierte Sprache verbindet, dafs also die L\u00e4sion eine subkortikale ist.\nFraenkel.\nA. Binet et J. Courtier. La Circulation capillaire de la main dans ses rapports avec la respiration et les actes psychiques. Ann\u00e9e psych. II. S. 87\u2014167. 1896.\nDie Verfasser warnen zun\u00e4chst vor einer Reihe von Umst\u00e4nden, die bei dem Gebrauche der Apparate \u2014 des Plethysmographen von Hallion und Comte, des Sphygmographen von Marey und des Pneumatographen \u2014 leicht Irrt\u00fcmer veranlassen k\u00f6nnen: so vor der Reibung des Schreibers auf dem Zylinder, der ungleichen Spannung der Membran, der Verschiebung des Sphygmographen, unwillk\u00fcrlichen Bewegungen, Gem\u00fctsbewegungen, zu langer Versuchsdauer etc. Der Einflufs des Blutdrucks auf die sphygmographischen Kurven wird gepr\u00fcft, indem man die Hand des Reagenten bald hoch heben, bald senken l\u00e4fst, oder indem man eine zuf\u00fchrende Arterie komprimiert. Es ergeben sich zun\u00e4chst Ver\u00e4nderungen der Amplitude der Pulswelle: bei sehr geringer Blutmenge ist sie sehr klein, bei etwas besserer F\u00fcllung erreicht sie ihr Maximum, bei mittlerer Menge sinkt sie wieder ab, um bei grofser Menge noch weiter zu sinken. Die Dikrotie des Pulses \u00e4ndert sich in zwiefacher Weise, hinsichtlich der Gr\u00f6fse und der Lage: \u00ab) Bei schwachem Druck ist die Dikrotie schwach, sie w\u00e4chst bei starkem Druck und gr\u00f6fserer Blutmenge, \u00df) Bei schwachem Druck ist die Dikrotie am Gipfel der Pulsation, bei sehr hohem Druck ganz unten zwischen zwei Pulsationen. Letztere Angabe weifs ich mit derjenigen von v. Frey und Krehl nicht in Einklang zu bringen, dafs bei erh\u00f6htem Blutdruck die dikrotische Elevation sich dem Hauptgipfel n\u00e4hert.\nUnter dem Einfl\u00fcsse der Atmung \u00e4ndert sich die Form der kapill\u00e4ren Atmungskurve insofern, als die Dikrotie bei der Exspiration st\u00e4rker wird und in die H\u00f6he steigt, bei der Inspiration f\u00e4llt. Der Puls ist am schnellsten am Ende der Inspiration, wird kleiner w\u00e4hrend der Exspiration, beginnt w\u00e4hrend der Pause zu wachsen. Wird die Atmung","page":101}],"identifier":"lit30853","issued":"1897","language":"de","pages":"99-101","startpages":"99","title":"H\u00e9lot, Houdeville et A. Halipr\u00e9: Surdit\u00e9 verbale de conductibilit\u00e9 (S. v. pure.) Rev. neurolog. IV. No. 12. S. 353-361. 1896","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:59:10.152337+00:00"}