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{"created":"2022-01-31T13:11:27.919842+00:00","id":"lit30854","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Brahn, Max","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 101-103","fulltext":[{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n101\nheit ist also nicht vorhanden. Die Worttaubheit erstreckt sich aber auch auf das musikalische Geh\u00f6r (amusie). Gewisse allbekannte Volksweisen, wenn sie auf dem Piano angeschlagen werden, erkennt er nicht, obgleich er sie mit den Worten singt, wenn man ihn dazu auffordert. Worte nachzusprechen (Echolalie) vermag er nicht. Die Sprache selbst ist korrekt, gel\u00e4ufig, jedes Wort richtig und mit dem richtigen Tonfall; motorische Aphasie also nicht vorhanden, auch Wortblindheit nicht, denn er liest laut und korrekt Geschriebenes, wie Gedrucktes.\nEs handelt sich mithin um den einfachen Ausfall des Verst\u00e4ndnisses f\u00fcr das gesprochene Wort.\nDa die innere Sprache vollkommen erhalten ist, so scheint die Annahme gerechtfertigt, dafs das Zentrum f\u00fcr die Worttaubheit nicht, wohl aber das Projektionsb\u00fcndel, das von ihm ausgeht, der Sitz des Leidens ist, und zwar dasjenige B\u00fcndel, welches das gemeinsame Zentrum der Geh\u00f6reindr\u00fccke mit dem speziellen Zentrum f\u00fcr die artikulierte Sprache verbindet, dafs also die L\u00e4sion eine subkortikale ist.\nFraenkel.\nA. Binet et J. Courtier. La Circulation capillaire de la main dans ses rapports avec la respiration et les actes psychiques. Ann\u00e9e psych. II. S. 87\u2014167. 1896.\nDie Verfasser warnen zun\u00e4chst vor einer Reihe von Umst\u00e4nden, die bei dem Gebrauche der Apparate \u2014 des Plethysmographen von Hallion und Comte, des Sphygmographen von Marey und des Pneumatographen \u2014 leicht Irrt\u00fcmer veranlassen k\u00f6nnen: so vor der Reibung des Schreibers auf dem Zylinder, der ungleichen Spannung der Membran, der Verschiebung des Sphygmographen, unwillk\u00fcrlichen Bewegungen, Gem\u00fctsbewegungen, zu langer Versuchsdauer etc. Der Einflufs des Blutdrucks auf die sphygmographischen Kurven wird gepr\u00fcft, indem man die Hand des Reagenten bald hoch heben, bald senken l\u00e4fst, oder indem man eine zuf\u00fchrende Arterie komprimiert. Es ergeben sich zun\u00e4chst Ver\u00e4nderungen der Amplitude der Pulswelle: bei sehr geringer Blutmenge ist sie sehr klein, bei etwas besserer F\u00fcllung erreicht sie ihr Maximum, bei mittlerer Menge sinkt sie wieder ab, um bei grofser Menge noch weiter zu sinken. Die Dikrotie des Pulses \u00e4ndert sich in zwiefacher Weise, hinsichtlich der Gr\u00f6fse und der Lage: \u00ab) Bei schwachem Druck ist die Dikrotie schwach, sie w\u00e4chst bei starkem Druck und gr\u00f6fserer Blutmenge, \u00df) Bei schwachem Druck ist die Dikrotie am Gipfel der Pulsation, bei sehr hohem Druck ganz unten zwischen zwei Pulsationen. Letztere Angabe weifs ich mit derjenigen von v. Frey und Krehl nicht in Einklang zu bringen, dafs bei erh\u00f6htem Blutdruck die dikrotische Elevation sich dem Hauptgipfel n\u00e4hert.\nUnter dem Einfl\u00fcsse der Atmung \u00e4ndert sich die Form der kapill\u00e4ren Atmungskurve insofern, als die Dikrotie bei der Exspiration st\u00e4rker wird und in die H\u00f6he steigt, bei der Inspiration f\u00e4llt. Der Puls ist am schnellsten am Ende der Inspiration, wird kleiner w\u00e4hrend der Exspiration, beginnt w\u00e4hrend der Pause zu wachsen. Wird die Atmung","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nLitteraturbericht.\nbeschleunigt, so werden die respiratorischen Schwankungen geringer, das Niveau der Kurve sinkt; wird die Atmung verlangsamt, so wird die respiratorische Druckschwankung gr\u00f6fser und l\u00e4nger dauernd, und das Niveau der kapillaren Kurve steigt an. Im Gegensatz zu der Ansicht, der Druck steige w\u00e4hrend der Exspiration und falle w\u00e4hrend der Inspiration, nehmen die Verfasser auf Grund ihrer Ergebnisse Folgendes an: Die Kurve ist auf dem tiefsten Punkte, da die Inspiration beginnt, sie hebt sieh von da an, besonders w\u00e4hrend der Mitte der Inspiration, und f\u00e4llt w\u00e4hrend der Exspiration wieder ab. (Also: Inspiration = Ende des Sinkens, Beginn des Steigens; Exspiration = Ende des Steigens, Beginn des Sinkens.) \u00dcber die Ursachen der respiratorischen Schwankungen stellen die Verfasser keine Theorie auf, halten aber daf\u00fcr, dafs eine grofse Zahl von Faktoren zusammenwirkt.\nIm zweiten Teil, der bisher nur ein Fragment ist, besprechen die Verfasser den Einflufs geistiger Prozesse auf die arterielle und kapill\u00e4re Zirkulation und die Atmung. Dabei zeigt sich zun\u00e4chst eine Schwierigkeit, die jedem wohlbekannt ist, der derartige Versuche gemacht hat: es ist der Einflufs der Individualit\u00e4t. Zun\u00e4chst ist ja die Verschiedenheit der Gr\u00f6fse des Pulses bekannt, die einzelne Personen f\u00fcr solche Versuche ganz besonders geeignet macht, andere v\u00f6llig untauglich. Die Gr\u00f6fse des Pulses zeigt aber gar keinen Zusammenhang mit seiner Erregbarkeit, die individuell enorm variiert. Einzelne Personen zeigen eine stets gleiche Kurve, andere eine stete Labilit\u00e4t, wobei diese Eigenschaften nicht stets sich mit den Charaktereigenschaften der Ruhe oder Erregbarkeit, wie wir sie aus dem Leben der Personen kennen, decken. Es steht v\u00f6llig dahin, welchen geistigen Eigenschaften die verschiedenen Grade der Erregbarkeit des Vasomotorensystems entsprechen, ja ob \u00fcberhaupt die von den Vasomotoren ausgehenden Erscheinungen das psychische Geschehen decken.\nPr\u00fcft man den Einflufs von Sinnesreizen (elektrischen oder K\u00e4ltereizen bis zur Schmerzhaftigkeit), so ergeben sieh dieselben individuellen Unterschiede, denen wir im Ruhezust\u00e4nde begegnet sind: Personen von sehr stabilem Vasomotorensystem zeigen auch auf \u00e4ufsere Reize geringe Erregbarkeit, solche mit labilem Vasomotorensystem auch bei Sinnesreizen starke Erregbarkeit. Sollten nicht bei den auf \u00e4ufsere Reize so erregbaren Personen schon die Schwankungen im \u201eRuhezust\u00e4nde\u201c Erfolge geringer, auch wohl untermerklicher Reize sein, die eben von grofsen vasomotorischen Ausschl\u00e4gen begleitet sind? Dafs solche Ausschl\u00e4ge z. B. bei untermerklichen Hautreizen Vorkommen, davon hat sich Referent in einer Reihe noch nicht ver\u00f6ffentlichter Versuche sicher \u00fcberzeugen k\u00f6nnen. Eben dieselben Reaktionen erh\u00e4lt man nach dem Verfasser, wenn in der Person nur die Vorstellung erregt wird, dafs der Sinnesreiz wirke. Es dr\u00e4ngt sich schon aus diesem Grunde die Frage auf, wieviel von den Sinnesreizen an Wirkung ausgeht, wieviel dagegen den begleitenden Gef\u00fchlst\u00f6nen zuzuschreiben ist. Diese Frage kann auch durch die folgenden Versuche der Verfasser nicht als beantwortet angesehen werden. Es wird n\u00e4mlich der Versuch gemacht, den Zusammenhang der Gef\u00fchle mit den vasomotorischen \u00c4nderungen festzustellen, und","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n103\nso wird hier das erste Mal eine experimentelle Probe auf Langes Theorie gemacht \u2014 sie ist nicht zu deren Gunsten ausgefallen. Durch ein heftiges Ger\u00e4usch oder eine starke Hautreizung wird in der Versuchsperson ein meist sehr unangenehmes Gef\u00fchl erregt ; sobald dasselbe geschwunden ist, hat die Person es zu sagen, ein Zeichen auf der Trommel l\u00e4fst diesen Zeitpunkt mit dem der vasomotorischen Reaktion vergleichen. St\u00f6rend scheint mir das, ein so heftiges Gef\u00fchl nach der Angabe der Verfasser begleitende, \u201eZittern des ganzen K\u00f6rpers\u201c, sowie das Aussprechen des \u201efini\u201c, da beide Bewegungen doch die Kurve st\u00f6ren. \u201eEs kam selten vor, dafs die Person \u201efertig\u201c sagte, bevor die Gef\u00e4fs-verengerung begann, h\u00e4ufiger wurde das Zeichen w\u00e4hrend des Beginnes der Gef\u00e4fsverengerung gegeben, w\u00e4hrend der Periode des Sinkens, manchmal auch auf dem H\u00f6hepunkte der Verengerung \u2014 stets vor Abschlufs der Gef\u00e4fsverengerung.\u201c Dies spricht v\u00f6llig gegen Langes Theorie, zumal, selbst wenn man Zeitfehler infolge der ungenauen Selbstbeobachtung annimmt, soviel feststeht, dafs der H\u00f6hepunkt der Gem\u00fctsbewegung erreicht ist, wenn die Vasomotoren noch nicht in Th\u00e4tigkeit getreten sind. Schon die langsame Reaktion des Vasomotorensystems verbietet es, nach der Meinung der Verfasser, aus dessen Bewegungen pl\u00f6tzlich auftretende Gef\u00fchle zu erkl\u00e4ren.\nDer Einflufs einer rein intellektuellen Arbeit des Kopfrechnens auf die Atmung ist ein mannigfacher, ein ganz konstantes Zeichen ist der Wegfall der Pause zwischen Inspiration und Exspiration. Diese Atmungsmodifikation tritt individuell nach ganz verschiedener Zeit auf und vergeht nach ebenso verschiedener Zeit \u2014 vielleicht ist hier ein Zusammenhang mit den bekannten individuellen Schwankungen der Erm\u00fcdbarkeit zu finden. Die Atmung wird w\u00e4hrend der Geistesarbeit schneller, die Amplitude kleiner, und zwar um so kleiner, je gr\u00f6fser die Zunahme der Atmungsgeschwindigkeit ist; ferner zeigt die Atmung eine grofse Regelm\u00e4fsigkeit, die wohl auf die Unempfindlichkeit gegen \u00e4ufsere Reize zur\u00fcckzuf\u00fchren ist. Der kapillare Puls zeigt bei intensiver Arbeit ganz konstante Ver\u00e4nderungen, und zwar Verkleinerung der Amplitude, Ver\u00e4nderungen in der Dikrotie des Pulses und Niveausenkung. Bei dem Radialpuls treten die respiratorischen Schwankungen deutlicher hervor, die Spannung wird h\u00f6her, das Herz erf\u00e4hrt in seiner Bewegung eine Beschleunigung. Auch hier zeigen sich individuelle Unterschiede, indem bei den Einen mehr die \u00c4nderungen der Atmung, bei Anderen die des Herzens, bei den meisten die der Vasomotoren hervortreten.\nDie sehr fleifsige Arbeit hat das Verdienst, eine Reihe physiologischer Probleme erledigt zu haben, die jedem Experimentator auf diesem Gebiete Schwierigkeiten machten, auch eine Reihe psychophysischer That-sachen haben neue Beleuchtung erfahren: leider haben wir es auch hier mehr mit rhapsodischer Thatsachensammlung als mit systematischer Erledigung der angeschnittenen Probleme zu thun.\nMax Bkahn (Leipzig).","page":103}],"identifier":"lit30854","issued":"1897","language":"de","pages":"101-103","startpages":"101","title":"A. Binet et J. Courtier: La Circulation capillaire de la main dans ses rapports avec la respiration et les actes psychiques. Ann\u00e9e psych. II. S. 87-167. 1896","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:11:27.919847+00:00"}