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{"created":"2022-01-31T14:08:36.345529+00:00","id":"lit30862","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Marbe, Karl","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 114-116","fulltext":[{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nLitter aturbericht.\n13 Stunden). Die Beobachtungen des f\u00fcr Dunkel adaptierten Auges und des normalen konnten dann verglichen werden.\nDer physiologische Teil der Arbeit Kosters leidet an dem Fehler, dafs die Fragestellungen vorwiegend in Hinsicht auf die Richtigkeit dieser oder jener Farbentheorie fixiert sind. Dasselbe gilt von den meisten zeitgen\u00f6ssischen, insbesondere deutschen Experimentaluntersuchungen zur Farbenlehre. Wir haben jetzt eine ganze Reihe Farbentheorien, welche bei unserer vollst\u00e4ndigen Unkenntnis der photochemischen Retinavorg\u00e4nge alle nur vorl\u00e4ufiger Natur sein k\u00f6nnen. Die meisten Autoren einer Farbentheorie bezw. ihre Sch\u00fcler gehen nun, nachdem sie sich einmal in den Gedankengang derselben hineingelebt haben, auf St\u00fctzen f\u00fcr ihre Theorie aus und sie setzen ihr Bestes ein, um ja die einmal vertretene Theorie zu halten. Andere suchen nach Thatsachen, die geeignet sind, diese oder jene Theorie zu widerlegen. Zu systematischen Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit der Farbenempfindungen von den exakt bestimmten und exakt variierten physikalischen Vorg\u00e4ngen einerseits und den ebenso behandelten Beobachtungsbedingungen (Adaptation, Erm\u00fcdung u. s. f.) andererseits kommt es viel zu selten. Und doch ist dieser Weg in Verbindung mit systematisch betriebenen photochemischen Untersuchungen \u00fcber die Lichtwirkung in der Retina der einzige, welcher zu sicheren theoretischen Anschauungen f\u00fchren kann. Der \u00fcbliche f\u00fchrt zu einer l\u00fcckenhaften Thatsachen-kenntnis und zu fortw\u00e4hrenden T\u00e4uschungen, deren m\u00fcde zu werden es jetzt an der Zeit sein d\u00fcrfte.\nKarl Marbe (W\u00fcrzburg).\nL. M. Solomons. The saturation of colors. Studies from the Harvard-Psychological Laboratory. Communicated by Prof. H. M\u00fcnsterberg. Psychol. Bev. Ill, 1. S. 50\u201456. 1896.\nVerfasser teilt die Ergebnisse einer Reihe von Experimenten mit, die an rotierenden Scheiben angestellt wurden. Zun\u00e4chst gelangt er zu dem Satz, dafs die S\u00e4ttigung einer Farbe v\u00f6llig unabh\u00e4ngig ist von der Lichtintensit\u00e4t und von der absoluten Menge des farbigen Lichtes, dafs sie vielmehr lediglich bestimmt ist durch das Verh\u00e4ltnis des farbigen zum weifsen Licht. Dieses Resultat wurde gewonnen, indem Mischungen von ganz verschiedener Intensit\u00e4t hinsichtlich der Gleichheit ihrer S\u00e4ttigungen verglichen wurden, ein Unternehmen, das nach einiger \u00dcbung und wenn man mit grofsen S\u00e4ttigungsunterschieden beginnt, dem Verfasser zufolge keine weiteren Schwierigkeiten bietet.\nAndere Versuchsreihen ergaben, dafs f\u00fcr eine konstante S\u00e4ttigung der eben merkliche S\u00e4ttigungsunterschied konstant ist. Wenn also z. B. in einer Mischung von 50 Grad Weifs und 50 Grad Rot ein eben merklicher Unterschied durch Hinzuf\u00fcgung von 4 Grad Rot erzeugt wurde, dann entspricht auch bei einer Mischung von 100 Grad Weifs und 100 Grad Rot dem eben merklichen Unterschied ein Zuwachs von 4 Grad Rot.\nDieses vom Verfasser selbst gew\u00e4hlte Beispiel macht erst recht deutlich, wie auch der erste gewonnene Satz zu verstehen ist: Die Gr\u00f6fse des schwarzen Sektors einer rotierenden Scheibe ist f\u00fcr die S\u00e4ttigung","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n115\nund den S\u00e4ttigungsunterschied ganz gleichg\u00fcltig, nur auf die weifsen und farbigen Sektoren kommt es an.\nMit wachsender S\u00e4ttigung soll auch der eben merkliche Unterschied wachsen, so zwar, dafs die Menge des dem eben merklichen Unterschied entsprechenden farbigen Lichtes bestimmt ist durch einen Bruch, in dessen Z\u00e4hler die Intensit\u00e4t des farbigen und in dessen Nenner die des weifsen und farbigen steht.\nEine Anzahl von Versuchen mit zwei verschieden belichteten Farbenkreiseln f\u00fchrte zu folgendem Resultat : Stellt man eine weifse Scheibe in ein dunkles Licht und eine schwarze und weifse Scheibe in helles Licht, so ist es nicht m\u00f6glich, durch Variierung der Sektoren der st\u00e4rker beleuchteten Scheibe beide Scheiben einander \u00e4hnlich zu machen. Analoges gelte von den Farben. Eine blaue Scheibe w\u00fcrde deutlich als reines Blau gesehen, wenn sie schwach beleuchtet sei, w\u00e4hrend eine Kombination von Blau und Schwarz einen marineblauen Eindruck mache. \u2014 Betrachtet man jedoch die Scheiben durch schwarze R\u00f6hren, so kann nach den Mitteilungen Solomons allerdings Gleichheit hergestellt werden: die weifse Scheibe erscheint in schwarzem Licht grau, die blaue marineblau u. s. w.\nAus diesen Befunden zieht Verfasser den seiner Meinung nach einleuchtenden Schlufs, dafs die Lichtintensit\u00e4t als solche (also auch die des farbigen Lichtes) auf die Farbenqualit\u00e4t keinen Einflufs aus\u00fcbt, dafs ihr vielmehr ein eigent\u00fcmliches Element der Farbenempfindung entspricht, und dafs ferner Schw\u00e4rze weder als Gegensatz von Helligkeit noch als Empfindungselement \u00fcberhaupt betrachtet werden kann. Sie mufs vielmehr aufgefafst werden als ein Element, das zu jeder Wahrnehmung durch eine Art Reflexprozefs hinzutritt und dem Verh\u00e4ltnis des Objekts zu dem unmittelbar benachbarten Gesichtsfeld entspricht. Die Vorstellung eines farbigen K\u00f6rpers variiert demnach in vierfacher Weise, n\u00e4mlich sowohl hinsichtlich der S\u00e4ttigung als des Farbentons, der Helligkeit und der Schw\u00e4rze.\nVerfasser ist der Meinung, dafs der eben merkliche Unterschied das Mafs f\u00fcr die gr\u00f6fsere oder geringere Schwierigkeit eines Urteils sei, und dafs es demnach wohl verst\u00e4ndlich sei, warum der eben merkliche S\u00e4ttigungsunterschied umgekehrt wie die Intensit\u00e4t des weifsen und farbigen Lichtes der Scheibe wachse, aber nicht umgekehrt wie die Intensit\u00e4t des die Scheibe beleuchtenden Lichtes: es gelte bei der Feststellung des eben merklichen Unterschiedes das Schwarz-Element von den drei anderen Elementen zu trennen, was nat\u00fcrlich um so schwieriger sei, je gr\u00f6fser das Schwarz-Element sei, was aber mit der Beleuchtung nichts zu thun haben k\u00f6nne.\nNach diesen phantastischen Ausblicken teilt Verfasser noch mit, dafs sich seine Untersuchungen auch \u00fcber den Einflufs der Erm\u00fcdung auf die S\u00e4ttigung erstreckt h\u00e4tten; er h\u00e4lt aber seine Versuche selbst nicht f\u00fcr ausreichend, um etwas Bestimmtes \u00fcber diesen Einflufs zu sagen.\nAlle angef\u00fchrten S\u00e4tze werden uns vom Verfasser mitgeteilt, ohne dafs er auch nur eine einzige Tabelle hinzuf\u00fcgte, aus der wir uns ein\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nLitteraturbericht.\ndeutliches Bild \u00fcber die Arbeitsweise, die Genauigkeit der Methode u. s. w. machen k\u00f6nnten. Es ist dies eine Publikationsweise experimenteller Arbeiten, die mit Recht weder in der Psychologie noch \u00fcberhaupt in einer Experimentalwissenschaft Billigung findet, und die unverst\u00e4ndlich ist, wenn es sich um so schwierige Beobachtungen (Vergleichung verschiedener Helligkeiten auf gleiche S\u00e4ttigung!) handelt. Macht die ganze Sache deshalb von vorne herein einen durchaus unsoliden Eindruck, so klingen die wesentlichen Ergebnisse selbst im h\u00f6chsten Grade unwahrscheinlich, um nicht zu sagen unm\u00f6glich. Man nehme an, man habe eine rotierende Scheibe, die aus 180 Grad Rot und 180 Grad eines mittleren Grau besteht. Man kann dann, ohne dafs die Empfindung ver\u00e4ndert w\u00fcrde, das Grau ersetzen durch einen weifsen und einen schwarzen Sektor, wofern nur diese beiden zusammen eben soviel Licht reflektieren als der Graue, den sie vertreten. Je nach der Intensit\u00e4t nun, die man dem Weifs giebt, schwankt die Gr\u00f6fse des weifsen Sektors. Mit diesen Schwankungen \u00e4ndert sich dem TALBOTschen Gesetz zufolge die S\u00e4ttigung durchaus nicht, wohl aber unserm Verfasser zufolge. Solomons Ergebnisse stehen also mit dem TALBOTschen Gesetz im Widerspruch. Die eigent\u00fcmliche Rolle, die bei ihm die Schw\u00e4rze spielt, ist aber auch mit anderen, wohlbegr\u00fcndeten Anschauungen unvereinbar. Alle Physiker nehmen an, dafs die Wirkung eines Lichtstrahls lediglich durch Wellenl\u00e4nge und Amplitude bestimmt ist. Anders Solomons. Nach ihm hat das durch eine Fl\u00e4che reflektierte Licht von einer bestimmten Intensit\u00e4t eine ganz verschiedene Wirkung, je nach dem Verh\u00e4ltnis, in dem seine St\u00e4rke durch das einfallende Licht und den Absorptionskoeffizienten der Fl\u00e4che bestimmt ist. Ich f\u00fcr meinen Teil halte mich lieber an das von vielen Forschern nachgepr\u00fcfte TALBOTsche Gesetz und an die herk\u00f6mmlichen Anschauungen der Physik als an die ohne jedes Material mitgeteilten Ausf\u00fchrungen des Verfassers. Und alles in allem glaube ich, dafs durch d er art ige Arbeiten die psychologis che Litt\u00e9ral ur nur belastet, unsere Erkenntnis aber nicht gef\u00f6rdert wird. \u2014 Der Befund, dafs es gelegentlich unm\u00f6glich sei, verschieden beleuchtete, gleichartige Sektoren enthaltende Scheiben durch geeignete Einf\u00fcgung schwarzer Sektoren gleichzumachen, scheint mir in den That-sachen des Kontrastes seine selbstverst\u00e4ndliche Erkl\u00e4rung zu finden.\nKahl Marbe (W\u00fcrzburg'.\nKarl Marbe. Theorie des TALBOTschen Gesetzes. (Habilit.-Schrift, W\u00fcrzburg.) Phil. Stud. XII. 2. S. 279\u2014296. 1896.\nDer Verfasser versucht, von korrekten physiologisch-psychologischen Grundanschauungen aus eine vollst\u00e4ndige Theorie des TALBOTschen Gesetzes zu gewinnen. Er hat demnach nicht nur zu erkl\u00e4ren, warum \u00fcberhaupt bei einer gewissen Successionsgeschwindigkeit verschiedener Lichtreize statt mehrerer successiver Empfindungen diejenige Empfindung entsteht, welche sich erg\u00e4be, wenn das w\u00e4hrend einer jeden Periode wirkende Licht auf die Dauer der ganzen Periode gleichm\u00e4fsig verteilt w\u00e4re, sondern auch die Wirksamkeit der die Verschmelzung in g\u00fcnstigem Sinne beeinflussenden Momente begreiflich zu machen. Solcher Momente","page":116}],"identifier":"lit30862","issued":"1897","language":"de","pages":"114-116","startpages":"114","title":"L. M. Solomons: The saturation of colors. Studies from the Harvard-Psychological Laboratory. Communicated by Prof. H. M\u00fcnsterberg. Psychol. Rev. III, 1. S. 50-56. 1896","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:08:36.345534+00:00"}