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{"created":"2022-01-31T14:01:21.714137+00:00","id":"lit30863","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Witasek","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 116-119","fulltext":[{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nLitteraturbericht.\ndeutliches Bild \u00fcber die Arbeitsweise, die Genauigkeit der Methode u. s. w. machen k\u00f6nnten. Es ist dies eine Publikationsweise experimenteller Arbeiten, die mit Recht weder in der Psychologie noch \u00fcberhaupt in einer Experimentalwissenschaft Billigung findet, und die unverst\u00e4ndlich ist, wenn es sich um so schwierige Beobachtungen (Vergleichung verschiedener Helligkeiten auf gleiche S\u00e4ttigung!) handelt. Macht die ganze Sache deshalb von vorne herein einen durchaus unsoliden Eindruck, so klingen die wesentlichen Ergebnisse selbst im h\u00f6chsten Grade unwahrscheinlich, um nicht zu sagen unm\u00f6glich. Man nehme an, man habe eine rotierende Scheibe, die aus 180 Grad Rot und 180 Grad eines mittleren Grau besteht. Man kann dann, ohne dafs die Empfindung ver\u00e4ndert w\u00fcrde, das Grau ersetzen durch einen weifsen und einen schwarzen Sektor, wofern nur diese beiden zusammen eben soviel Licht reflektieren als der Graue, den sie vertreten. Je nach der Intensit\u00e4t nun, die man dem Weifs giebt, schwankt die Gr\u00f6fse des weifsen Sektors. Mit diesen Schwankungen \u00e4ndert sich dem TALBOTschen Gesetz zufolge die S\u00e4ttigung durchaus nicht, wohl aber unserm Verfasser zufolge. Solomons Ergebnisse stehen also mit dem TALBOTschen Gesetz im Widerspruch. Die eigent\u00fcmliche Rolle, die bei ihm die Schw\u00e4rze spielt, ist aber auch mit anderen, wohlbegr\u00fcndeten Anschauungen unvereinbar. Alle Physiker nehmen an, dafs die Wirkung eines Lichtstrahls lediglich durch Wellenl\u00e4nge und Amplitude bestimmt ist. Anders Solomons. Nach ihm hat das durch eine Fl\u00e4che reflektierte Licht von einer bestimmten Intensit\u00e4t eine ganz verschiedene Wirkung, je nach dem Verh\u00e4ltnis, in dem seine St\u00e4rke durch das einfallende Licht und den Absorptionskoeffizienten der Fl\u00e4che bestimmt ist. Ich f\u00fcr meinen Teil halte mich lieber an das von vielen Forschern nachgepr\u00fcfte TALBOTsche Gesetz und an die herk\u00f6mmlichen Anschauungen der Physik als an die ohne jedes Material mitgeteilten Ausf\u00fchrungen des Verfassers. Und alles in allem glaube ich, dafs durch d er art ige Arbeiten die psychologis che Litt\u00e9ral ur nur belastet, unsere Erkenntnis aber nicht gef\u00f6rdert wird. \u2014 Der Befund, dafs es gelegentlich unm\u00f6glich sei, verschieden beleuchtete, gleichartige Sektoren enthaltende Scheiben durch geeignete Einf\u00fcgung schwarzer Sektoren gleichzumachen, scheint mir in den That-sachen des Kontrastes seine selbstverst\u00e4ndliche Erkl\u00e4rung zu finden.\nKahl Marbe (W\u00fcrzburg'.\nKarl Marbe. Theorie des TALBOTschen Gesetzes. (Habilit.-Schrift, W\u00fcrzburg.) Phil. Stud. XII. 2. S. 279\u2014296. 1896.\nDer Verfasser versucht, von korrekten physiologisch-psychologischen Grundanschauungen aus eine vollst\u00e4ndige Theorie des TALBOTschen Gesetzes zu gewinnen. Er hat demnach nicht nur zu erkl\u00e4ren, warum \u00fcberhaupt bei einer gewissen Successionsgeschwindigkeit verschiedener Lichtreize statt mehrerer successiver Empfindungen diejenige Empfindung entsteht, welche sich erg\u00e4be, wenn das w\u00e4hrend einer jeden Periode wirkende Licht auf die Dauer der ganzen Periode gleichm\u00e4fsig verteilt w\u00e4re, sondern auch die Wirksamkeit der die Verschmelzung in g\u00fcnstigem Sinne beeinflussenden Momente begreiflich zu machen. Solcher Momente","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n117\nf\u00fchrt er n\u00e4mlich f\u00fcnf an, und zwar: 1. Verminderung der Beizdauern, 2. Vergr\u00f6fserung der Unterschiede der Eeizdauern, 3. Verminderung des Unterschiedes der Eeizintensit\u00e4ten, 4. Verst\u00e4rkung der mittleren Intensit\u00e4ten der beiden Eeize und 5. Steigerung der Geschwindigkeit der Konturenbewegung.\nDa der lichtempfindliche Stoff unserer Netzhaut zu denjenigen Substanzen geh\u00f6rt, \u201ederen Zersetzung gegebenenfalls mit H\u00fclfe anderer regeneriert wird, ist die photochemische Wirkung (Erregung) keine Funktion des photochemischen Gesamteffektes\u201c ; sie ist aber auch nicht durch den dem jeweiligen Zeitelement angeh\u00f6rigen Elementareffekt allein bedingt; sonst w\u00e4re die Thatsache des TALBorschen Gesetzes unm\u00f6glich. Wir k\u00f6nnen also nur annehmen, dafs sie eine Funktion des gleichzeitigen und einiger direkt vorangehender Elementareffekte (der \u201echarakteristischen Effektengruppe\u201c) ist. Nach unseren gesamten psychophysischen Erfahrungen werden nun nicht nur gleichen, sondern auch hinreichend \u00e4hnlichen charakteristischen Effektengruppen gleiche Erregungen entsprechen, und es ist demnach begreiflich, dafs eine charakteristische Effektengruppe, auch wenn sie nicht aus lauter gleichen Elementarstoffen besteht, dennoch eine homogene Erregung ausl\u00f6sen kann, wenn sie nur der einer solchen in der Eegel entsprechenden charakteristischen Effektengruppe hinreichend \u00e4hnlich ist.\nDamit meint Makbe den ersten Teil seiner Aufgabe gel\u00f6st zu haben. Der Versuch, den TALBOrschen Satz durch Zur\u00fcckf\u00fchrung auf das Schwellengesetz zu erkl\u00e4ren, ist auch gewifs ganz einwurfsfrei. Eine Schwierigkeit hat er aber doch noch zu \u00fcberwinden, die eine v\u00f6llige Beruhigung bei dem vorl\u00e4ufig Gebotenen noch nicht aufkommen l\u00e4fst. Das Schwellengesetz ist allerdings auf dem ganzen Gebiete unserer psychophysischen Erfahrungen als g\u00fcltig nachgewiesen ; aber doch nur mit einer gewissen Beschr\u00e4nkung, die den Fall, auf den es hier von Maebe angewendet wird, bereits ausschliefst. Der Thatbestand der unter schwelligen Verschiedenheit wurde bis jetzt nur zwischen zwei lediglich graduell voneinander verschiedenen Eeizen konstatiert; zwischen einer charakteristischen Effektengruppe jedoch, die aus lauter gleichen Elementareffekten besteht, und derjenigen, die Gegenstand des Talbot-schen Satzes ist, besteht eine mehr als blofs graduelle Verschiedenheit. F\u00fcr solche F\u00e4lle ist aber die G\u00fcltigkeit des Schwellengesetzes noch keineswegs nachgewiesen. Man kann dem nicht entgegenhalten, dafs auch die Elementareffekte eines konstanten, sich gleichbleibenden Eeizes mit h\u00f6chster Wahrscheinlichkeit einander nicht absolut gleich sind; denn die Verschiedenheiten, die in diesen F\u00e4llen allenfalls vorliegen, sind eben noch unterschwellige, was bei den charakteristischen Effektengruppen, mit denen sich das TALBOTSche Gesetz besch\u00e4ftigt, nat\u00fcrlich l\u00e4ngst nicht mehr zutrifft. Marbes Subsumption des TALBOrschen Satzes unter das Schwellengesetz stellt sich daher eigentlich nicht als Erkl\u00e4rung des ersteren durch das letztere, sondern als Erweiterung des letzteren durch das erstere dar. Zu einer wirklichen Erkl\u00e4rung k\u00f6nnten wir auf diesem Wege nur dann gelangen, wenn die G\u00fcltigkeit dieser Erweiterung des Schwellengesetzes auch in anderen, analogen F\u00e4llen entweder em-","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nLitteraturbericht.\npirisch nachgewiesen oder aber als in notwendigem, inneren Zusammenhang mit der urspr\u00fcnglichen engeren Bedeutung stehend aufgedeckt w\u00fcrde. Keiner der beiden Wege scheint vorg\u00e4ngig aussichtslos.\nVielleicht l\u00f6st sich dann auch das Bedenken, das sich, so wie die Dinge jetzt stehen, gegen Marbes Erkl\u00e4rung des vierten von den f\u00fcnf obengenannten Momenten erhebt. Nach derselben ist es eben nichts anderes, als eine Folge aus den Gesetzen der Unterschiedsempfindlichkeit, \u201edafs der Unterschied, welchen zwei charakteristische Effektengruppen haben d\u00fcrfen, um eben noch gleiche Erregungen zu erzeugen, mit der mittleren G-r\u00f6fse der Elementareffekte der beiden charakteristischen Effektengruppen w\u00e4chst\u201c (S. 286). So unbestimmt auch die Fassung ist, in der hier das WEBERSche Gesetz herangezogen wird, so mufs man bei n\u00e4herem Zusehen doch erkennen, dafs sich ihm die Sachlage, auf die es in unserem Falle angewendet werden soll, noch immer nicht f\u00fcgt. Wenn die Verschiedenheit der Dr\u00fccke von 100 und 150 gr sehr wohl, die von\n10\t000 und 10 050 gr nicht mehr gesp\u00fcrt wird, so liegt das eben daran, dafs die erstere gr\u00f6fser ist als die letztere. Wer aber wird sagen k\u00f6nnen, dafs die Verschiedenheit zwischen den charakteristischen Effektengruppen (die Zahlen m\u00f6gen die Intensit\u00e4ten der Elementareffekte bedeuten) [2, 2, 2, 6, 2, 2, 2, 6] (I) und [3, 3, 3, 3, 3, 3, 3, 3] (I') gr\u00f6fser sei als die zwischen [4, 4, 4, 12, 4, 4, 4, 12] (II) und [6, 6, 6, 6, 6, 6, 6, 6] (II')? - Aber noch aus einem anderen Grunde pafst das WEBERSche Gesetz nicht hierher. Denn es befafst sich nur mit Verschiedenheiten, deren beide Glieder ein und demselben Kontinuum angeh\u00f6ren, in dem sie sich auf- und abw\u00e4rts bewegen und unter Umst\u00e4nden auch bei gleichbleibendem Unterschiede einmal eine \u00fcberschwellige, ein andermal eine unterschwellige Verschiedenheit ausmachen k\u00f6nnen. Soll aber die zwischen der charakteristischen Effektengruppe I und dem konstanten Beize 3 bestehende Verschiedenheit in die zwischen II und 6 \u00fcbergehen, so liegt die Bewegung des I nach dem II nicht im gleichen Kontinuum, wie die des 3 nach dem 6. Mit anderen Worten: das WEBERSche Gesetz handelt von Verschiedenheiten, deren Sichtung derjenigen gleich (oder entgegengesetzt) ist, in welcher sich ihre Glieder, wenn sie sich ver\u00e4ndern, zu bewegen haben; die Sichtung der Verschiedenheit zwischen I und 3 oder zwischen\n11\tund 6 ist aber eine ganz andere, als die des \u00dcberganges von 3 nach 6 oder von I nach II. Der ganze Einwand wird am klarsten, wenn man sich das Intensit\u00e4tskontinuum derjenigen charakteristischen Effektengruppen, die aus lauter gleichen Elementareffekten zusammengesetzt sind, durch eine vertikale Gerade (A), und durch eine zweite solche (B) dasjenige der irgendwie anders zusammengesetzten versinnbildlicht denkt; dann hat man von 3 nach 6 in der Sichtung der Geraden A, von I nach II in der von B zu gehen, von I nach 3 oder II nach 6 aber in einer A und B kreuzenden Sichtung. Und diese Sichtungsverschiedenheiten veranschaulichen ja nichts Anderes, als die Qualit\u00e4ts-, d. i. Sichtungsverschiedenheiten der bez\u00fcglichen Verschiedenheiten. (\u00dcber den Begriff der Verschiedenheitsrichtung siehe Meinong, diese Zeitsehr. Bd. XI. S. 117 f.)\nTrotz dieser, wie mir scheint, unverkennbaren Schwierigkeiten f\u00fchle ich doch ein gutes Zutrauen zu dem Weg, den Marbe zur Erkl\u00e4rung des","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n119\nTALBOTschen Satzes einschl\u00e4gt, und es w\u00fcrde mich daher gar nicht wundern, wenn er hei n\u00e4herer Betrachtung der Wurzeln, aus denen ihm sein G-edankengang entsprungen ist, die L\u00f6sung derselben bereits vorf\u00e4nde. Ich sch\u00f6pfe dieses gute Zutrauen nicht nur aus der \u00fcberaus ansprechenden Klarheit und Exaktheit seiner ganzen Deduktionen, sondern vor allem daraus, dafs ihn diese in den Stand setzen, die Wirksamkeit der vier \u00fcbrigen der oben angef\u00fchrten f\u00fcnf Momente in aufserordentlich nat\u00fcrlicher und befriedigender Weise zu erkl\u00e4ren. Durch die Verminderung der Eeizdauern, die Vergr\u00f6fserung des Unterschiedes derselben und die Verminderung des Unterschiedes der Reizintensi t\u00e4ten werde n\u00e4mlich die G-leichm\u00e4fsigkeit der charakteristischen Effektengruppen und somit deren \u00c4hnlichkeit mit denjenigen charakteristischen Effektengruppen, welche hei v\u00f6llig gleicher Lichtverteilung vorliegen, gesteigert. Und was den Einflufs der Geschwindigkeit der Konturenbewegung anlangt, so ergiebt eine nicht minder einfache \u00dcberlegung, dafs die Unterschiede der Erregungen nebeneinander liegender Netzhautpunkte um so gr\u00f6fser sind, je langsamer sie sich vollzieht, woraus unmittelbar folgt, dafs durch erh\u00f6hte Geschwindigkeit der Verschmelzungsprozefs beg\u00fcnstigt werden mufs.\nEin der Arbeit beigegebener Anhang berichtet \u00fcber Versuche, welche zeigen, dafs das TALBOTsche Gesetz f\u00fcr die verschiedenen Kombinationen farbigen Lichtes genau so gilt, wie f\u00fcr farbloses.\nWitasek (Graz).\nK. Hesse. Untersuchungen \u00fcber die Organe der Lichtempfindung bei. niederen Tieren. I: Die Organe der Lichtempfindung bei den Lumbriciden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 61. S. 393\u2014419 u. Taf. XX 1896.\nAus Versuchen mit verschiedenen Arten von Kegen W\u00fcrmern zieht der Verfasser den Schlufs, \u201edafs die Kegenw\u00fcrmer am ganzen K\u00f6rper Empfindlichkeit gegen Lichteindr\u00fccke besitzen, dafs diese aber am Hinterund ganz besonders am Vorder ende bedeutend gesteigert ist\u201c, wodurch einerseits die Angaben von Hoffmeister und Darwin, dafs nur das Vorderende Lichtempfindung besitze, andererseits die von Gr\u00e4ber, dafs die Lichtempfindung \u00fcber den ganzen K\u00f6rper ausgedehnt sei, modifiziert werden.\nGegen\u00fcber den Annahmen, dafs die Haut als solche lichtempfindlich sei (Gr\u00e4ber) oder dafs die in der Haut nachgewiesenen Sinneszellen neben Keizen anderer Art gleichzeitig auch Licht wahrzunehmen verm\u00f6chten (Nagel), glaubt der Verfasser in besonderen von ihm entdeckten Zellen und Zellgruppen die wirklichen Lichtsinnesorgane erkennen zu sollen. Die vermeintlichen Lichtzellen liegen in der Tiefe der Epidermis, und zwar vorwiegend in den vordersten und hintersten Segmenten, treten aber bei einigen Wurmarten auch im Innern des K\u00f6rpers auf, hier jedoch ausschliefslich im Kopf und im letzten Segment, wo sie gruppenweise den zur Oberlippe und zur Schwanzspitze hinziehenden Nerven anliegen. Die Zahl der Zellen, welche eine solche Gruppe zusammensetzen, schwankt von 3 oder 4 bis zu 20 und mehr. Der Nerv geht mitten","page":119}],"identifier":"lit30863","issued":"1897","language":"de","pages":"116-119","startpages":"116","title":"Karl Marbe: Theorie des Talbotschen Gesetzes. (Habilit.-Schrift, W\u00fcrzburg.) Phil. Stud. XII. 2. S. 279-296. 1896","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:01:21.714143+00:00"}