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{"created":"2022-01-31T14:28:18.180600+00:00","id":"lit30904","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 153-155","fulltext":[{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n153\nim st\u00e4nde sind, ein bestimmtes Wort durch Absehen oder Abh\u00f6ren zu gewinnen, dafs ihnen jedoch h\u00e4ufig im Anf\u00e4nge die F\u00e4higkeit fehlt, mit den W\u00f6rtern die entsprechenden Anschauungen zu verbinden. \u201eDaraus ergiebt sich notwendig, dafs man bei jedem neu gewonnenen Wort auch versuchen soll, das Wort von dem Kranken hervorbringen zu lassen blofs durch Andeutung des Gegenstandes, den man ihm zeigt.\u201c Deshalb bilden B\u00fccher, in denen sich neben den einzu\u00fcbenden W\u00f6rtern die entsprechenden Zeichnungen befinden, wichtige H\u00fclfsmittel f\u00fcr den Unterricht.\nSehr interessant sind die beiden F\u00e4lle sensorischer Aphasie, welche Verfasser erfolgreich behandelt hat. Im ersten bestanden neben der sensorischen Reste motorischer Aphasie. Bemerkenswert ist die Ged\u00e4chtnisst\u00f6rung des Patienten, welche Verfasser auf eine abnorm schnelle Erm\u00fcdbarkeit der Gehirnfunktion bezieht. Der zweite Patient verstand und beantwortete nur allt\u00e4gliche Redensarten. \u201eEr erkl\u00e4rte dabei ganz charakteristisch, dafs er sich so vork\u00e4me, als ob er blofs f\u00fcr das Gesprochene taub w\u00e4re; denn er h\u00f6re sonst ganz gut.\u201c Die vom Verfasser entworfene Methode zur Heilung der zentrosensorischen Aphasie beruht auf folgenden Erw\u00e4gungen: Dem Auge kommt eine keineswegs geringe Bedeutung f\u00fcr die Erlernung der Sprache zu; blinde Kinder lernen n\u00e4mlich in der Regel sp\u00e4ter sprechen als sehende. Zahlreiche Erfahrungen best\u00e4tigen ferner, dafs man besser versteht, wenn man die Mundbewegungen des Sprechenden sieht. Es liegt also der Gedanke nahe, bei der zentrosensorischen Aphasie das Auge als Perzeptionsweg f\u00fcr die Sprache zu benutzen. In den beiden behandelten F\u00e4llen war das Perzeptionszentrum nicht v\u00f6llig zerst\u00f6rt, der vorhandene Rest der Wortperzeption gen\u00fcgte in Verbindung mit der Absehfertigkeit, um alles Gesprochene zu verstehen. Dabei ist es nicht immer notwendig, alle Mundbewegungen direkt wahrzunehmen. Verfasser zeigte schon fr\u00fcher an einem Taubstummen, dafs f\u00fcr viele Laute die Form der Wangen, die Bewegungen von Wangenhaut und Unterkiefer so charakteristisch sind, dafs aus denselben auf die gesprochenen W\u00f6rter richtig geschlossen werden kann. Die Einpr\u00e4gung der verschiedenen Artikulationsstellungen erleichtert eine vom Verfasser kombinierte phonetische Bilderschrift.\nDie vorgeschlagenen Methoden erfordern viel Geduld und Ausdauer von seiten des Lehrenden und Lernenden; aber die aufgewandte M\u00fche wird reichlich vergolten durch die Erfolge, welche bei konsequenter Anwendung der Methoden nicht ausbleiben.\nTheodor Heller (Wien).\nSimerka. Sur le degr\u00e9 de fr\u00e9quence des paralysies laryng\u00e9es chez les h\u00e9mipl\u00e9giques. Bevue neurolog. IV. Ko. 11. S. 324\u2014326.\t1896.\nDafs die Erzeugung der Stimme im Kehlkopf, d. h. die Adduktion der Stimmb\u00e4nder, ihr Zentrum auf der Hirnrinde und zwar am Fufse der dritten Stirnwindung und in der vorderen-unteren Gegend der Pr\u00e4zentralwindung (frontal, ascend.) auf beiden Hemisph\u00e4ren hat, dar\u00fcber sind die Physiologen ziemlich einig, dar\u00fcber aber, wie diese Zentren das Endorgan beeinflussen, sind die Meinungen geteilt. Die einen (Masini)","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nLitter aturbericht.\nbehaupten, jedes der Zentren wirke auf das Stimmband der gegen\u00fcberliegenden Seite, die anderen (Krause, Semon und Horsley, Broeckart) sagen, jede Hemisph\u00e4re wirke gleichzeitig auf beide Stimmb\u00e4nder, so dafs die Beizung eines Zentrums die Zusammenziehung beider Stimmb\u00e4nder und die Exstirpation eines Zentrums, vermittelst der Kompensation durch das andere, keine St\u00f6rung der Larynxbewegung zur Folge habe. \u2014 Daran reiht sich die Frage, warum die Larynx-l\u00e4hmung vom Gehirn aus so selten vorkommt, w\u00e4hrend die Kranken mit Hemiplegie und motorischer Aphasie die Krankenh\u00e4user \u00fcberf\u00fcllen. Sollte man doch meinen, dafs, da die Larynxzentren dem BaocAschen an Gr\u00f6fse nichts nachgeben, \u00fcberdies von denselben Arterien versorgt werden und aufserdem auf beiden Seiten vorhanden sind \u2014 die L\u00e4sion derselben doppelt so h\u00e4ufig wie die des gesprochenen Wortes und wenigstens ebenso h\u00e4ufig wie die gew\u00f6hnliche Hemiplegie der Extremit\u00e4ten Vorkommen m\u00fcsse. Semon und Horsley erkl\u00e4ren sich die Sache so. Zufolge der beidseitigen Innervation ist eine einseitige L\u00e4hmung der Stimmb\u00e4nder nicht m\u00f6glich und eine beiderseitige nur dann, wenn auf jeder der beiden Hemisph\u00e4ren symmetrische L\u00e4sion sich vorfinde. Dagegen sprechen zwei F\u00e4lle (von Garel und Dejerine), in denen die Autopsie bei Larynxl\u00e4hmung nur eine L\u00e4sion ergab.\nDaraufhin erkl\u00e4rt Bauge mit Masini, die kortikalen Kehlkopfsl\u00e4hmungen seien gar nicht so selten, man f\u00e4nde sie nur nicht heraus.\nUm klar dar\u00fcber zu werden, w\u00e4hlte P. Marie aus seinem Material von Hemiplegischen eine Zahl solcher aus, bei denen man eine Larynx-st\u00f6rung vermuten konnte, und stellte sie dem Verf. zur Verf\u00fcgung.\nDerselbe untersuchte 23 M\u00e4nner, von denen elf rechtsseitig, elf linksseitig und einer auf beiden Seiten gel\u00e4hmt war. Unter den 23 F\u00e4llen befanden sich 8 mal Kontrakturen, 15 mal Dysarthrien verschiedenen Grades, 5 mal Schlingbeschwerden, 8 mal Deviation der Lippen oder der Zunge, 5 mal L\u00e4hmungen des Gaumensegels, 13 mal geringer oder fehlender Pharynxreflex.\nDie Zeitdauer des Leidens betrug 1 bis 18 Jahre.\nBei 19 dieser Kranken fand Verf. keine Bewegungsst\u00f6rung der Stimmb\u00e4nder, nur bei vier entfernte sich das rechte Stimmband beim Atmen (Inspiration) wenig von der Mittellinie, w\u00e4hrend das linke Stimmband sich normal verhielt, so dafs die Stimmritze nach links abwich, beim Intonieren bewegt es sich nach der Mittellinie hin und etwas dar\u00fcber hinaus (et empi\u00e9tait un peu sur l\u2019autre c\u00f4t\u00e9), so dass die Abweichung nach links blieb.\nDrei dieser Kranken litten an rechtsseitiger Hemiplegie, einer an linksseitiger, bei allen vier waren Kontrakturen und Dysarthrie zugegen. Die Erscheinungen konnten von Parese der Abduktion oder von zu grofser Erregbarkeit der Adduktoren herr\u00fchren und auf cerebraler, bulb\u00e4rer oder peripherischer L\u00e4sion beruhen, bei dem Kranken mit linksseitiger L\u00e4hmung wahrscheinlich auf bulb\u00e4rer, weil bei ihm aufser der Sprach-und Schlingst\u00f6rung und dem verminderten Pharynxreflex eine rechtsseitige Facialisl\u00e4hmung bestand. Um ein sicheres Urteil zu gewinnen, mufs man die Autopsie abwarten.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericlit.\n155\nAber auch diese vier F\u00e4lle, in denen h\u00f6chstens von einer Parese der Abduktoren oder Kontraktur der Adduktoren die Rede ist, geh\u00f6ren eigentlich nicht zur Kategorie derjenigen, von denen die obengenannten Autoren sprechen, wo es sich um Paralyse der Adduktoren im Kehlkopf handelt. Jedenfalls wird durch die 19 negativen F\u00e4lle Raug\u00e9s Behauptung der H\u00e4ufigkeit cerebraler Kehlkopfl\u00e4hmung widerlegt \u2014- so dafs dem Verf. die Ansicht Semons und Horsleys, wonach die Seltenheit durch die doppelte Innervation des Kehlkopfes bedingt ist, wahrscheinlicher klingt.\tFraenkel.\nEmil Kraepelin. Psychiatrie. Ein Lehrbuch f\u00fcr Studierende und \u00c4rzte.\nF\u00fcnfte vollst\u00e4ndig umgearbeitete Auflage, mit 10 Lichtdrucktafeln, 13 Kurven und 13 Schriftproben. Leipzig, J. A. Barth. 1896. 825 S,\nWenn ein Lehrbuch und noch dazu ein Lehrbuch der Psychiatrie, in verh\u00e4ltnism\u00e4fsig kurzer Zeit seine f\u00fcnfte Auflage erlebt, so d\u00fcrfte diese Thatsache an sich gen\u00fcgen, um eine nochmalige Besprechung des Buches nach der guten oder gar nach der schlechten Seite \u00fcberfl\u00fcssig zu machen. Bei Kraepelin liegen die Dinge etwas anders, und er konnte sich keinen Augenblick dar\u00fcber im Unklaren befinden, dafs er mit der neuen Bearbeitung seines Lehrbuches die Kritik geradezu herausfordern und es an abweichenden Meinungs\u00e4ufserungen nicht fehlen w\u00fcrde.\nBis dahin konnte man es sich ruhig eingestehen, dafs uns Kraepelin, wenn er es noch nicht gethan, so doch mit der Zeit das beste Lehrbuch der Psychiatrie liefern werde. Man sah daher der neuen Auflage mit Spannung entgegen und man hoffte, dafs sie, wie ihre Vorg\u00e4nger dies gethan, einen neuen Schritt auf dem Wege der Vollkommenheit bezeichnen werde.\nOb dies nun wirklich der Fall gewesen, und ob die vor uns liegende f\u00fcnfte Auflage in der That einen Fortschritt bedeutet, dar\u00fcber kann man geteilter Meinung sein, und fast m\u00f6chte ich bef\u00fcrchten, dafs sich die Zahl der Zustimmenden nicht in der Majorit\u00e4t befinden wird. Allerdings stellte von jeher die Einteilung und Gruppierung der einzelnen Irrsinnsformen den schw\u00e4chsten Punkt in der Psychiatrie dar, und es war gerade kein Verbrechen, hierin anderer Ansicht zu sein. Aber immerhin stand eine Anzahl dieser Formen fest, und wenn man sie auch hin und her schob, so hatten sie an sich doch B\u00fcrgerrecht erworben, und man war gewohnt, sie in einem ordentlichen Lehrbuche wiederzufinden.\nMit dieser kleinlichen R\u00fccksicht hat Kraepelin gr\u00fcndlich aufger\u00e4umt, er hat, wie er sagt: \u201eden letzten entscheidenden Schritt von der symptomatischen zur klinischen Betrachtungsweise des Irrseins gethan\u201c, und diesen Schritt hat eine ganze Reihe der \u00e4ltesten Psychosen mit dem Leben bezahlen m\u00fcssen.\nWir waren in der Psychiatrie bisher daran gew\u00f6hnt, mit der Manie und Melancholie aufzustehen und mit dem Bl\u00f6dsinn zu Bette zu gehen, und wenn wir uns in der f\u00fcnften Auflage fast vergebens nach den ersten Beiden umsehen, und eigentlich alles so ganz anders ist, wie wir es bislang gelernt und zum Teil wohl auch gelehrt hatten, dann kann man sich nicht so ohne weiteres darin finden, und man wird sich zun\u00e4chst ablehnend verhalten.","page":155}],"identifier":"lit30904","issued":"1897","language":"de","pages":"153-155","startpages":"153","title":"Simerka: Sur le degr\u00e9 de fr\u00e9quence des paralysies laryng\u00e9es chez les h\u00e9mipl\u00e9giques. Revue neurolog. IV. No. 11. S. 324-326. 1896","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:28:18.180606+00:00"}