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{"created":"2022-01-31T16:10:18.247981+00:00","id":"lit30915","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ziehen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 214-216","fulltext":[{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nLitteraturbericht.\nJ. Steiner. \u00dcber die Entwickelung der Sinnessph\u00e4ren, insbesondere der Sehsph\u00e4re, auf der Grofshirnrinde des Neugeborenen. Sitzungsber. d. Perl \u00c4kad. Bd. 1. S. 308\u2014809. 1895.\nSteiner gebt von dem ScHAEEER-MuNxschen Satze aus, dafs bei elektriscber Reizung der Sebspb\u00e4re des Affen und des Hundes Kopf bewegungen und assoziierte Augenbewegungen auftreten, welche \u201enachweisbar Folge des Sehens\u201c sind. Er bat nun versucht, festzustellen, wann bei dem neugeborenen Tier dieser Reizungseffekt zuerst auftritt. Die Versuche wurden an jungen Katzen, Hunden, Kaninchen und Meerschweinchen angestellt. Zur Beobachtung der Augenbewegungen wurden die geschlossenen Augenlider k\u00fcnstlich ge\u00f6ffnet. Die ersten assoziierten Augenbewegungen und die erste Kopfbewegung nach der gekreuzten Seite wurden durch Reizung der Sehsph\u00e4re bei K\u00e4tzchen vom 14. bis 16. Tage erzielt. Die motorische Region ist bekanntlich schon am 9. bis 10. Tage erregbar. Bei dem Kaninchen erscheint die Reizbarkeit der Sehsph\u00e4re mit dem 15. Tage. Damit stimmt auch das Verhalten der Tiere \u00fcberein. Das 15 t\u00e4gige Tier sieht schon deutlich, denn es scheut ganz lebhaft, wenn man es zu fassen sucht, w\u00e4hrend ein Tier von 10 Tagen ruhig sitzen bleibt. Auch ist die Kornea der letzteren Tiere noch durch die ganze Dicke hindurch leicht rauchig getr\u00fcbt. Bei dem Meerschweinchen, dessen motorische Region schon bei der G-eburt erregbar ist, tritt die Reaktionsf\u00e4higkeit der Sehsph\u00e4re am 5. Tage ein. Bei dem Hund ist die Sehsph\u00e4re erst etwa am 40. Tage erregbar. Noch am 23. Tage st\u00f6fst der junge Hund allenthalben gegen Hindernisse an. St. schliefst daraus, dafs er trotz seiner offenen Augen noch blind ist. Erst das H\u00fcndchen von 34 Tagen st\u00f6fst nicht mehr gegen M\u00f6bel an. Gegenst\u00e4nde, die sich seinem Gesichte gerade gegen\u00fcber befinden, sucht es zu erhaschen, w\u00e4hrend es mit dem Blick nicht folgt, sobald das Objekt in die Peripherie des Gesichtsfeldes bewegt wird. Auch hieraus glaubt St. schliefsen zu k\u00f6nnen, dafs der Hund in diesem Alter nur diejenigen Gegenst\u00e4nde sieht, welche sich in der Richtung seiner Sehlinie befinden. Erst der 40t\u00e4gige Hund folgt dem vorgehaltenen Fleischst\u00fcck nach allen Richtungen mit den Augen und dem Kopfe, und dieser Thatsache entspricht, dafs die Sehsph\u00e4re jetzt erst erregbar ist. Geh\u00f6r und Geruch sind viel fr\u00fcher entwickelt.\nF\u00fcr den Menschen nimmt St. an, dafs die Sehsph\u00e4re erst im f\u00fcnften Monat vollst\u00e4ndig entwickelt ist und erst dann auf elektrische Reizung mit assoziierten Augenbewegungen und entsprechender Kopfbewegung antworten w\u00fcrde, da nach Raehlmann das Kind erst im f\u00fcnften Monat assoziierte Augenbewegungen behufs Fixierung peripherischer Objekte ausf\u00fchrt.\tZiehen (Jena).\nS. Ramon y Oajal. Einige Hypothesen \u00fcber den anatomischen Mechanismus der Ideenbildung, der Assoziation und der Aufmerksamkeit.\nArch, f, Anat. u. Phys. 1895. Anat. Abt. S. 367\u2014378.\t(S. auch Pevista\nde Medicina y Girurgia practicas. 1895.)\nVerfasser er\u00f6rtert zun\u00e4chst die Frage, \u201eob die Einzelwahrnehmung eine oder mehrere Nervenzellen zum Substrat hat\u201c. Aus den histolo-","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n215\ngischen Untersuchungen glaubt er schliefsen zu k\u00f6nnen, dais \u201eder an der Peripherie von einem einzigen Sinnesorgan aufgenommene Eindruck sich lawinenartig, d. h. durch eine wachsende Zahl von Zellen, bis in das Gehirn verbreitet\u201c und in der Hirnrinde eine aufserordentliche Menge von Pyramidenzellen in Mitbewegung setzt. Wahrscheinlich ist es dem Verfasser ferner, dafs Empfindung und Erinnerungsbild an dieselben Rindenelemente gebunden sind. Die Analogie zweier Vorstellungen scheint ihm auf der Zahl der gemeinsam an ihrer Erzeugung beteiligten Pyramidengruppen, die Ungleichheit auf der geringen Zahl der den beiden Vorstellungen gemeinsamen Zellgruppen zu beruhen. Die Assoziationen innerhalb einer Empfindungssph\u00e4re h\u00e4ngen von den Verbindungen ab, welche zwischen Kollateralen und Protoplasmaforts\u00e4tzen bestehen. Die Assoziationen zwischen verschiedenen Empfindungssph\u00e4ren haben ihr anatomisches Substrat in den sog. Assoziations- und Balkenzellen.\nDie Variabilit\u00e4t unserer Assoziationen versucht Verfasser mit der wechselnden Kontraktion der Forts\u00e4tze der Neurogliazellen in Zusammenhang zu bringen. Er unterscheidet drei Arten von Neuroglia-zellen :\n1.\tNeurogliazellen der weifsen Substanz: sie sind grofs, mit starren, glatten, scharfkonturierten Forts\u00e4tzen versehen und dienen wahrscheinlich als Isolatoren f\u00fcr die Nervenfasern.\n2.\tPerivaskul\u00e4re Neurogliazellen: sie finden sich nur in der N\u00e4he der Kapillaren der grauen Substanz, zu welcher sie einen oder mehrere aufs\u00dfn am Endothel sich inferierende Forts\u00e4tze senden; durch Kontraktion der Forts\u00e4tze f\u00fchren sie lokale Gef\u00e4fserweiterungen herbei.\n3.\tNeurogliazellen der grauen Substanz : sie sind bald stern-, bald kometenf\u00f6rmig, ihre \u00e4ufserst zahlreichen Forts\u00e4tze geben eine Unzahl kurzer, verzweigter Kollateralen ab. Aufser diesem Zustand der Erschlaffung beobachtet man oft auch einen Zustand der Kontraktion, in welchem der Zellleib an Protoplasma zunimmt, die prim\u00e4ren Forts\u00e4tze k\u00fcrzer und dicker, die sekund\u00e4ren verschwunden sind. Sie finden sich namentlich da, wo ein Neuronensystem mit einem anderen zusammentrifft (z. B. in der Molekularschicht der Grofshirnrinde).\nVerfasser nimmt nun an, dafs die Neurogliazellen im Zustande der Erschlaffung isolierend wirken, d. h. zwischen die beiden Neuronensysteme, also zwischen die Endb\u00e4ume des einen Systems und die Zellen bezw. Protoplasmaforts\u00e4tze des anderen Systems treten, so dafs der \u00dcbergang der Erregungen aufgehoben oder erheblich erschwert wird. Dies soll w\u00e4hrend der geistigen Ruhe und w\u00e4hrend des nat\u00fcrlichen und k\u00fcnstlichen Schlafes stattfinden. Im Zustand der Kontraktion h\u00f6rt die isolierende Wirkung auf, und damit tritt das Gehirn in den Zustand der Th\u00e4tigkeit. Die Kontraktionen k\u00f6nnen automatisch vor sich gehen, \u00f6fter aber werden sie \u201edurch den Willensreiz hervorgerufen, der auf diese Weise und durch Einwirkung auf eine bestimmte Gruppe von Neurogliazellen den Prozefs der Assoziation nach verschiedenen Richtungen zu dirigieren vermag. (Und das Substrat dieses seltsamen Willensreizes?? Ref.)\nDie lokale Kon- bezw. Retraktion der Neuroglia verbindet sich bei","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nLitter aturbericht.\ndem Akt der sog. Aufmerksamkeit mit einer Kontraktion der perivaskul\u00e4ren Neurogliazellen,1 durch welche nun eine lokale aktive Kongestion der Kapillaren des erregten Gebietes hinzukommt, die ihrerseits die Energie der Erregungswelle bis zum Maximum steigert. Auch diese Kontraktion findet unter dem merkw\u00fcrdigen Einfl\u00fcsse desselben Willens statt (die Gehirnkapillaren entbehren der Nerven und glatten Muskelfasern). Auf diese Weise k\u00f6nnten nach Verfasser \u201ealle die pr\u00e4zisen und begrenzten Kongestionen zu st\u00e4nde kommen, welche der Monoideismus der Aufmerksamkeit erfordert.\u201c\nDen durchaus hypothetischen Charakter dieser Ausf\u00fchrungen giebt \u00fcbrigens Verfasser selbst zu.\u00ae\tZiehen (Jena).\nA. Koch und E. Kraepelin. \u00dcber die Wirkung der Theebestandteile auf k\u00f6rperliche und geistige Arbeit. Psychologische Arbeiten. Bd. I. Heft 2 u. 3. S, 378\u2014488. 1895. i\u00ea fj\\\nZu den Versuchen dienten erstens die mit Zucker verriebenen \u00e4therischen Thee\u00f6le (c. 0,3\u00b0/o)5 ferner Koffein und die Bl\u00e4tter von Ilex paraguayensis (Paraguaythee, Mat\u00e9). Als Pr\u00fcfungsarbeit wurden einmal die Muskelleistung, dann aber das Addieren gew\u00e4hlt. Die Muskelleistung wurde mittelst eines modifizierten Mossoschen Ergographen gemessen (vergl. die Beschreibung S. 382 ff.). Die Dosierung des Koffeins schwankt zwischen 0,06\u20140,6 g, diejenige der Thee\u00f6le zwischen 0,018\u20140,072 g. Von den Bl\u00e4ttern des Paraguaythees wurden 10\u201425 g mit etwa 200 g heifsem Wasser \u00fcbergossen und nach 15 Minuten genossen. An den Versuchen beteiligten sich vier Personen. Zu den ergographischen Versuchen wurde ein Gewicht von 5 kg benutzt, welches in Zwischenzeiten von je einer Sekunde gehoben wurde. Jede Kurve wurde bis zur Unm\u00f6glichkeit der kleinsten Bewegung fortgesetzt. Die einzelnen Kurven wurden in Pausen von 5 oder 10 Minuten aufgenommen. Auf diese Weise wurde der Versuch etwa eine Stunde fortgesetzt. Begelm\u00e4fsig wurden Normaltage ohne Mittel eingeschoben. Das Addieren erstreckte sich regelm\u00e4fsig \u00fcber IV2 Stunden; nach der ersten halben Stunde wurde das Mittel eingenommen. Die Ergebnisse zeigten wenigstens bez\u00fcglich dreier Versuchspersonen eine befriedigende \u00dcbereinstimmung. Zun\u00e4chst best\u00e4tigt sich, dafs das Koffein eine entschiedene Steigung der Muskelarbeit bewirkt. Bei einer Versuchsperson trat diese schon nach Gaben von 0,1 g deutlich hervor. Die Wirkung war selbst bei kleinen Gaben nach Verlauf einer Stunde in der Hegel noch sehr deutlich nachweisbar. Unter dem Einflufs des Koffeins w\u00e4chst wesentlich nicht die Zahl, sondern die Gr\u00f6fse der einzelnen Hubbewegungen. Die Wirkung des zur Verwendung gelangten Paraguaythees war sehr fl\u00fcchtig. Das Thee\u00f6l bedingte bei einer Versuchsperson eine entschiedene, durch eine Verminderung der Hubzahl bedingte Herabsetzung der Muskelleistung. Die Arbeitsleistung des Addierens wurde sowohl durch Koffein wie durch Paraguaythee wie durch Thee\u00f6l gesteigert.\nBei der Deutung der Ergebnisse betonen die Verfasser zun\u00e4chst,\n1 \u201eNervenzellen\u201c S. 377, Z. 9 von unten ist Druckfehler.","page":216}],"identifier":"lit30915","issued":"1897","language":"de","pages":"214-216","startpages":"214","title":"S. Ramon y Cajal: Einige Hypothesen \u00fcber den anatomischen Mechanismus der Ideenbildung, der Assoziation und der Aufmerksamkeit. Arch. f. Anat. u. Phys. 1895. Anat. Abt. S. 367-378. (S. auch Revista de Medicina y Cirurgia practicas. 1895)","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:10:18.247986+00:00"}