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{"created":"2022-01-31T14:40:10.523049+00:00","id":"lit30924","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Vold, J. Mourly ","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 225-228","fulltext":[{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturb er icht.\n225\nZeitintervall untereinander verglichen. (S. 215.) F\u00fcr einen Zeitwert von 0,4 Sekunden zeigten sich hei s\u00e4mtlichen Ausf\u00fcllungsarten \u00dcbersch\u00e4tzungen der erf\u00fcllten Zeit. Die \u00dcbersch\u00e4tzung bei diskontinuierlicher Ausf\u00fcllung ist gr\u00f6fser als bei kontinuierlicher; sie steigt mit der gr\u00f6fseren Zahl der erf\u00fcllenden Eindr\u00fccke, sinkt etwas bei Rhythmi-sierung der Eindr\u00fccke. F\u00fcr einen Zeitwert von 1 Sekunde ergab sich starke \u00dcbersch\u00e4tzung der erf\u00fcllten Zeit bei diskontinuierlicher, dagegen Untersch\u00e4tzung bei kontinuierlicher Ausf\u00fcllung. \u2014 Rhythmisierung wirkt, wie ausf\u00fchrlich nachgewiesen wird, der T\u00e4uschung stark entgegen, und zwar um so mehr, je mehr der Rhythmus ein \u00e4sthetisch wohlgef\u00e4lliger ist.\nSechste G-ruppe: Die Abh\u00e4ngigkeit der Zeitsch\u00e4tzung von der Ausf\u00fcllung derZeitstrecken mit geistiger Arbeit. (S. 228.) Die Normalzeit wurde durch Lekt\u00fcre von Worten, die auf einer Kymo-graphiontrommel rotierten, ausgef\u00fchrt; sodann mufste der Beobachter durch eine Druckbewegung eine leere Zeit von subjektiv gleicher L\u00e4nge selber abgrenzen (Herstellungsverfahren). Bei den gew\u00e4hlten Zeitwerten (5 und 8 Sekunden) wurde stets die Lesezeit betr\u00e4chtlich untersch\u00e4tzt, Wurden die Versuche mit demselben Lesestoff mehrere Male unmittelbar hintereinander wiederholt, so war der Grad der Untersch\u00e4tzung zuerst sehr hoch, nahm dann ab und dann nochmals zu. M. sucht dies so zu erkl\u00e4ren, dafs im ersten Stadium die Schwierigkeit des Lesens ein Achten auf die Zeitverh\u00e4ltnisse des Lesens selbst unm\u00f6glich macht, dafs. im dritten Stadium, nachdem die Lesereihe vertraut geworden ist, das Lesen den Charakter einer lustvollen, leicht von statten gehenden Th\u00e4tig-keit gewinne. Beide Male sei scheinbare Verk\u00fcrzung der Lesezeit die Folge.\nDie ausf\u00fchrlichere theoretische Auswertung seiner Resultate beh\u00e4lt sich M. f\u00fcr sp\u00e4tere Arbeiten vor.\tW. Steen (Berlin).\nM. Giesslee. Die physiologischen Beziehungen der Traumvorg\u00e4nge.\nHalle, Niemeyer. 1896. 46 S.\nDies lehrreiche Schriftchen will das Werk des Verfassers \u201eAus den Tiefen des Traumlebens\", Halle 1890, besonders nach der physiologischen Seite hin erg\u00e4nzen. Auf der neueren Gehirnphysiologie fufsend, beabsichtigt die jetzige Arbeit, die in dem fr\u00fcheren Buche dargelegten psychologischen Beobachtungen \u201ephysiologisch zu begr\u00fcnden und dabei zu wirklichen Traumgesetzen zu gelangen\u201c. Verfasser nimmt in den zwei von Wundt aufgestellten Bedingungen des Traumes seinen Ausgangpunkt und sieht es demgem\u00e4fs als seine Aufgabe an, die verschiedenen Weisen zu untersuchen, in denen die im Nervensystem w\u00e4hrend des Schlafes aufgespeicherte Energie auf Veranlassung von Reizen verteilt wird und sich in Tr\u00e4umen verschiedener Art Ausdruck giebt.\nSo behandelt Kapitel 1 die Arten der Energieverteilung, welche sich in Traumillusionen offenbaren, und Kapitel 2 die, welche zu Traumhalluzinationen f\u00fchren. Das interessante Kapitel 3 bespricht unter dem\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XIII.\t^","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nLitter aturbericht.\nNamen \u201eDie Energieverteilungen an Organsysteme\u201c die St\u00f6rungen, denen die r\u00e4umliche Orientierung, das Sprechen und Lesen, das Zeichnen und Schreiben im Traume unterworfen sind. So erhalten wir im \u00a7 1 dieses Kapitels \u00fcber den optischen Apparat w\u00e4hrend des Tr\u00e4umens folgende wichtige Bestimmungen, a) Die Muskelinnervationen f\u00fcr die Bewegungen des Augapfels nach oben sind im Traume zu gering, die f\u00fcr Bewegungen nach unten zu bedeutend, indem im Schlafe die Asymmetrie der betreffenden Muskelkr\u00e4fte nicht korrigiert wird, b) Bei der Ausmessung der Tiefe reicht die Innervationsenergie nicht zu, um zu gleicher Zeit die Bewegung des Blickes und die Akkommodation zu besorgen \u2014 die Blicklinie wird in diesem Falle richtig eingestellt, dagegen die Akkommodation f\u00fcr die verschiedenen Entfernungen unrichtig ausgef\u00fchrt, indem der Unterschied der Entfernungen unter sich vermindert wird; dem letzteren Resultate wird auch diese lehrreiche Form gegeben: Die historisch \u00e4lteren Anlagen des Augenmuskelapparates (zum Einstellen der Blicklinie) wmrden zeitlich fr\u00fcher, intensiver und bestimmter angeregt als die Anlagen neueren Datums (f\u00fcr Akkommodationen). Dieser Satz wird am Schl\u00fcsse des Buches f\u00fcr s\u00e4mtliche Organsysteme geltend gemacht und als ein Traumgesetz aufgestellt, c) Die Wach-Vorstellungen der Ausdehnung oder der Entfernung bewirken durch Assoziation im Traume Erh\u00f6hungen der betreffenden Innervationen. Die hier gegebenen Mitteilungen \u00fcber die r\u00e4umliche Orientierung im Traume tragen an sich eine innere Wahrscheinlichkeit, und wenn die Beobachtungen des Verfassers durch die anderer Forscher best\u00e4tigt werden, liegen hier Wahrheiten einer grofsen Tragweite vor. Auch die folgenden Paragraphen \u00fcber Sprechen, Lesen, Zeichnen und Schreiben im Traum enthalten vieles vom Interesse. Hier begegnet uns (\u00a7 3, S. 35) ein Satz, der am Schlufs der Schrift als ein Traumgesetz aufgestellt wird: Die Reaktionszeit auf Reize ist im Traume gr\u00f6fser als im Wachen. Dieser Satz mag als richtig angenommen werden; er folgt ja auch davon, dafs der Traum bei erm\u00fcdetem Gehirne stattfindet. \u2014 Kapitel 4 zieht eine Reihe interessanter Parallelen zwischen dem Traume und dem Leben des Kindes. In der That sinken wir ja im Traume zum Teil auf einen niedrigeren Standpunkt zur\u00fcck, was ja auch in dem oben zitierten Satze von dem Vorzug der \u00e4lteren Teile der Systeme eingeschlossen liegt. \u2014 Kapitel 5 versucht eine Einteilung der Tr\u00e4ume.\nDas Verdienst dieser Schrift um die Traumwissenschaft besteht \u2014 der Ansicht des Referenten nach \u2014 zuerst in einer Transskription der von Fr\u00fcheren und vom Verfasser selbst gefundenen Traumvorg\u00e4nge aus dem psychologischen ins physiologische Gebiet. Verfasser scheint zwar selbst der Ansicht zu sein, dafs die von ihm gebotene Darlegung der Beziehungen der Traumvorg\u00e4nge zur Gehirn-Physiologie etwas mehr als eine derartige Transskription sei, dafs sie n\u00e4mlich zu \u201ewirklichen Traumgesetzen\u201c f\u00fchre (cfr. das Vorwort). Da \u00fcber die Bedeutung der Physiologie f\u00fcr die Psychologie \u00fcberhaupt viele Unklarheit herrscht, mag es nicht unbefugt sein, mit einigen Worten auf den hier in Frage stehenden Punkt einzugehen. WAnn man eine Erscheinung JB mit einei anderen Erscheinung A in kausale Beziehung setzen will, ist es selbst-","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Li it\u00e9ra turberich t.\n227\nverst\u00e4ndlich, m\u00f6chte ich fast sagen \u2014 notwendig, dafs beide Erscheinungen nach ihrer Realit\u00e4t feststehen. Wenn sich dann ergiebt, z. B. dafs die zwei Erscheinungen sich nach demselben quantitativen Verh\u00e4ltnisse \u00e4ndern, hat man das Recht auf irgend ein kausales Verh\u00e4ltnis zwischen ihnen zu schliefsen \u2014 oder in einer anderen Form, je nachdem man eine oder die andere der f\u00fcnf Methoden Stuabt Mills befolgt. Wenn es dagegen nicht an sich sicher ist, dafs A existiert, wenn vielmehr der einzige oder der wesentliche Grund f\u00fcr die Annahme eines existierenden A in B selbst liegt, hat man kein Recht, zu behaupten, A sei eine Ursache (resp. Wirkung) von B. In diesem letzteren Falle sind wir aber in vielen der F\u00e4lle, wo es sich um eine physiologische Deutung der psychischen Vorg\u00e4nge handelt. Wir kennen hier zwar einige Kausalverh\u00e4ltnisse, n\u00e4mlich in F\u00e4llen, wo es gelungen ist, erstens die einen psychischen Prozefs begleitenden physiologischen Vorg\u00e4nge physiologisch zu bestimmen, zweitens die Existenzbeziehungen zwischen den Vorg\u00e4ngen beider Reihen nach einer der Methoden Mills festzustellen. Aber z. B. in Bezug auf die Traumvorg\u00e4nge ist nicht einmal der erste Teil dieser Aufgabe \u2014 die Bestimmung der mit den psychischen Prozessen zeitlich korrespondierenden physiologischen Vorg\u00e4nge \u2014 gel\u00f6st. Kein Physiologe weifs noch \u2014 auf exakte Erfahrung gest\u00fctzt \u2014, was w\u00e4hrend der verschiedenen Momente der vielen Tr\u00e4ume in den kortikalen und subkortikalen Substanzen vor sich geht; nicht einmal den physiologischen Mechanismus des Schlafes kennt man ja recht. Wir kennen zwar die Anatomie und die allgemeine Physiologie der Zentralorgane bis auf einen gewissen Grad ; aber diese Kenntnisse verhelfen uns nicht zur physiologisch-kausalen Erkl\u00e4rung der Traum-vorg\u00e4nge; denn hierzu w\u00e4re es ja vor allem notwendig, die Vorg\u00e4nge zu kennen, die zur Zeit der zu erkl\u00e4renden Traumerscheinungen in den Zentralorganen stattfinden; wenn der wesentliche Grund, um die Existenz der eben genannten Zentralvorg\u00e4nge zu behaupten, in den betreffenden Traumvorg\u00e4ngen liegt, und wenn diese postulierte Existenz als die Ursache derselben Traumerscheinungen aufgestellt wird, bewegt man sich im Zirkel. Noch schlimmer wird die Sache, wenn man sogar, wie es Verfasser passiert, ein Organ, dessen Existenz nicht einmal an sich feststeht \u2014 das \u201eApperzeptionsorgan\u201c \u2014 zur kausalen Erkl\u00e4rung herbeizieht. \u2014 H\u00f6chstens k\u00f6nnen wir alle diese Er\u00f6rterungen des Verfassers als Versuche betrachten, um auf Grund unserer allgemeinen zentralanatomischen und -physiologischen Kenntnisse die physiologischen Substrate der an sich bekannten psychologischen Erscheinungen zu bestimmen. Diesen ponierten Substraten kann also nur ganz hypothetisch eine urs\u00e4chliche Bedeutung f\u00fcr die Traumvorg\u00e4nge zugeschrieben werden. Eine ausnahmsfreie Regelm\u00e4fsigkeit in der Aufeinanderfolge physiologischer und psychologischer, an sich festgestellter Thatsachen, d. h. eine wirkliche \u201eGesetzm\u00e4fsigkeit\u201c auf diesem Gebiete, liegt hier gar nicht vor. Vielleicht meint es Verfasser auch nicht so buchst\u00e4blich mit der genannten physiologischen \u201eGesetzm\u00e4fsigkeit\u201c; denn unter den am Schlufs des Buches formulierten \u201eGesetzen\u201c haben die meisten keinen physiologischen, vielmehr einen rein psychologischen Charakter.\n15*","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nLitter aturbericht.\nReferent will mit diesen Er\u00f6rterungen nicht gesagt haben, dafs eine \u00dcbertragung psychologischer Ereignisse in physiologische Formeln, wie die vom Verfasser versuchte, nutzlos sei. Vielmehr meint er, eine derartige \u00dcbertragung diene, richtig aufgefafst, zur Kl\u00e4rung und Fixierung des Verst\u00e4ndnisses von den psychologischen Zusammenh\u00e4ngen, indem sie zeigt, wie deren physiologische Grundlage in \u00dcbereinstimmung mit der bis jetzt gefundenen anatomischen und physiologischen Sachlage gedacht werden kann. Dafs die besprochene Umschreibung f\u00fcr die Physiologie n\u00fctzlich sein kann, n\u00e4mlich als Forschungsregulativ, liegt auf der Hand. Von diesen Gesichtspunkten aus mag auch der Versuch des Verfassers als ein sehr verdienstvoller angesehen werden.\nNeben diesem Verdienste kommt dem Buche auch ein anderes, vielleicht ein noch wichtigeres zu. Die Schrift teilt n\u00e4mlich mehrere feine psychologische Beobachtungen und Analysen mit, welche die in psychologischer Beziehung verdienstliche fr\u00fchere Traumschrift des Verfassers gl\u00fccklich erg\u00e4nzen.\nIn eine Realdiskussion der psychologischen Einzelheiten des Buches eingehen, w\u00fcrde zu weit f\u00fchren. Viele derselben stimmen mit den Erfahrungen des Referenten \u00fcberein \u00fcber viele andere w\u00fcrde er nur durch fortgesetzte Beobachtungen oder noch besser durch Experimente ein Urteil f\u00e4llen k\u00f6nnen.\nDas erste der sechs Traumgesetze scheint Referenten ziemlich fraglich.\nJ Mo URL y Vold (Christiania).\nEmil Amberg. \u00dcber den Einflufs von Arbeitspausen auf die geistige Leistungsf\u00e4higkeit. Psychologische Arbeiten, 1 H. 2 u. 3. S. 300\u2014377. 1895. \u00e2 h\nA. hat die OEHRxschen Versuche {Psychol. Arb. I. 1) in erweitertem Umfang fortgesetzt. Er bedient sich der sog. fortlaufenden Arbeitsmethode, und zwar namentlich der Addier- und Lernmethode. Um die Richtigkeit der einzelnen Additionen pr\u00fcfen zu k\u00f6nnen, wurden immer nur zwei aufeinanderfolgende Zahlen addiert und die Summe unter Vernachl\u00e4ssigung der Zehner seitlich zwischen den beiden Summanden mit Bleistift notiert. Er ging dabei von der, wie Kraepelin in einer Anmerkung selbst angiebt, oft nicht zutreffenden Voraussetzung aus, dafs die Schreibbewegungen sehr viel rascher ausgef\u00fchrt werden als das Rechnen und daher eine Verlangsamung der ersteren (infolge einer Mnskelerm\u00fcdung) das Ergebnis der Messung nicht beeinflussen k\u00f6nne. Referent l\u00e4fst die Versuchsperson jedes Resultat laut aussprechen, sobald es sich auch um Feststellung der Richtigkeit der Einzelresultate handelt; dabei ergiebt sich, dafs.hierdurch das Resultat nur sehr wenig beeinftufst wird. \u2014 Die S. 304 und 305 mitgeteilte Beobachtung ist sehr lehrreich, weil sie die M\u00e4ngel der ganzen Methode jedem Unbefangenen sehr drastisch enth\u00fcllt. Diese M\u00e4ngel erkl\u00e4ren denn auch besser als die Hypothesen des Verfassers die seltsamen Resultate, zu welchen er gelangt. Er findet n\u00e4mlich, dafs bei einst\u00fcndigem Addieren die Pausen von 5 Minuten im allgemeinen eine geringf\u00fcgige g\u00fcnstige Einwirkung auf die Arbeitsleistung aus\u00fcben, w\u00e4hrend viertelst\u00fcndige Pausen unter sonst gleichen Be-","page":228}],"identifier":"lit30924","issued":"1897","language":"de","pages":"225-228","startpages":"225","title":"M. Giessler: Die physiologischen Beziehungen der Traumvorg\u00e4nge. Halle, Niemeyer. 1896. 46 S.","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:40:10.523055+00:00"}