Open Access
{"created":"2022-01-31T16:21:42.619018+00:00","id":"lit30927","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ziehen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 232-234","fulltext":[{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nLitter aturbericht.\nganzen Beihe yon Vorstellungszentren, die auf transkortikalen Wegen mit den verschiedenen Sprachzentren verbunden seien, zu immer ver-wickelteren Schematen gef\u00fchrt worden, ohne doch die Komplexit\u00e4t der Wirklichkeit zu umfassen.\nZum Schlufs entwickelt Verfasser seinen Standpunkt kurz dahin, dafs er mit W\u00fcndt hei aller distinkten Wahrnehmung einen zentrifugalen neben dem zentripetalen Nervenprozefs annimmt. Derselbe geht aus von Vorstellungszentren, in denen B. aber nur Zentren der Gruppierung von Einzelempfindungen sieht, Organe virtueller Wahrnehmung, die unter dem Einfl\u00fcsse der Zwecke der Erinnerung stehen, ebenso wie es Organe der reellen Wahrnehmung giebt, die unter dem Einfl\u00fcsse der Wirkung der Objekte stehen. Der charakteristische Prozefs des Wiedererkennens ist nicht der zentripetale, sondern der zentrifugale.\nA. Pilzecker (G\u00f6ttingen).\nG. Aschaffenburg. Experimentelle Studien \u00fcber Assoziationen. Psychol.\nArbeiten, herausgeg. von E. Kraepelin. Bd. 1. H. 2 u. 3. S. 209\u2014299. 1895-\nA. hat Untersuchungen \u00fcber die assoziative Th\u00e4tigkeit in normalem Zustande und in der Ersch\u00f6pfung angestellt. Die Ersch\u00f6pfung, f\u00fcr welche \u00fcbrigens eine scharfe Definition nicht gegeben wird, wurde durch durchwachte und durcharbeitete N\u00e4chte erzeugt. Vom Mittag an wurde Thee, Alkohol und Nikotin vermieden, w\u00e4hrend des Tages die gew\u00f6hnliche Berufsarbeit verrichtet; von 8 Uhr abends an \u2014 eine Stunde nach dem Nachtmahl \u2014 wurde mit kurzen, in einzelnen Versuchsn\u00e4chten nur minutenlangen Pausen durchgearbeitet bis zur gleichen Stunde des anderen Morgens. Die Versuchspersonen experimentierten gegenseitig aneinander. Aufser Wasser wurde keine Nahrung genommen. Im Laufe einer Versuchsnacht wurde die assoziative Th\u00e4tigkeit viermal untersucht. Folgende Methoden kamen zur Anwendung:\n1.\tDer Versuchsperson wurde ein Wort zugerufen, und sie mufste mit m\u00f6glichster Geschwindigkeit eine bestimmte Zeit lang niederschreiben, was ihr einfiel.\n2.\tDie Versuchsperson hatte jedesmal auf drei zugerufene Beiz-worte nur das erste auftauchende Beaktionswort auszusprechen oder hinzuschreiben.\nDie zweite Methode wurde oft mit Zeitmessung verbunden, und zwar in der von Kraepelin angegebenen Weise. Aufser einsilbigen kamen auch zweisilbige Worte zur Verwendung. Den Fehler, welcher bei letzteren bekanntlich durch Verz\u00f6gerung des Beginnes der assoziativen Verwertung entsteht, hat A. auf 72 g (m V d~ 34 o) berechnet.\nDie Assoziationen klassifiziert A. in folgender Weise:\nI. Unmittelbare Assoziationen.\nA. Beizwort dem Sinne nach richtig aufgefafst. a) Innere Assoziationen.\n1.\tAssoziationen nach Koordination und Subordination.\n2.\tAssoziationen nach pr\u00e4dikativer Beziehung.\n3.\tKausalabh\u00e4ngige Assoziationen.","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n233\nb)\t\u00c4ufsere Assoziationen.\n1.\tAssoziationen nacb r\u00e4umlicher und zeitlicher Koexistenz.\n2.\tIdentit\u00e4ten.\n3.\tSprachliche Reminiszenzen.\nB. Reizwort dem Sinne nach nicht aufgefafst.\nc)\tReizwort, nur auf den Klang wirkend.\n1.\tWorterg\u00e4nzungen.\n2.\tKlang- und Reimassoziationen:\na. sinnvolle, \u00df. ohne Sinn.\nd)\tReizwort, nur reaktionsausl\u00f6send wirkend.\n1.\tWiederholung des Reizwortes.\n2.\tWiederholung fr\u00fcherer Reaktionen ohne Sinn.\n3.\tAssoziationen auf vorher vorgekommene Worte.\n4.\tReaktionen ohne erkennbaren Zusammenhang.\nAuf einzelne M\u00e4ngel und Schwierigkeiten dieser Einteilung macht A. selbst aufmerksam. Da Referent selbst demn\u00e4chst die schwierige Frage der Klassifikation der Assoziationen eingehend behandeln wird, so gestatte ich mir auf die daselbst erfolgenden kritischen Er\u00f6rterungen zu verweisen.1\nIm ganzen wurden 44 Normalversuche mit ca. 4000 Assoziationsreaktionen an 17 Personen angestellt. Aus diesen Nor mal versuchen zieht A. folgende wichtigere Schl\u00fcsse:\n1.\tMittelbare Assoziationen und ebenso die nahe verwandten para-phasischen Assoziationen sind selten; mehr als 4% wurden in keinem Versuche beobachtet. Die durchschnittliche Dauer war gr\u00f6fser als die der \u00fcbrigen Assoziationen.\n2.\tDie \u00e4ufseren Assoziationen \u00fcberwiegen an Zahl meist gegen\u00fcber den inneren; sie zeigen im Durchschnitt etwas k\u00fcrzere Dauer als die anderen.\n3.\tMehr als 5 nicht sinngem\u00e4fse Reaktionen, mehr als 4 Klangassoziationen auf 100 kamen beim normalen Individuum nur selten vor. Das Vorkommen nicht sinnentsprechender Assoziationen in gr\u00f6fserer Zahl l\u00e4fst auf ung\u00fcnstige Versuchsbedingungen schliefsen.\n4.\tZuweilen wurden die verschiedenen Reizworte in einer Versuchsreihe (zu 100 Einzelassoziationen) mit dem gleichen Reaktionsworte beantwortet; die Zahl der sich wiederholenden Worte jeder Serie bewegte sich zwischen 0 und 6\u201410. In einzelnen F\u00e4llen, in denen sich viele Worte wiederholten, liefs sich eine ung\u00fcnstige \u00c4nderung in der Disposition nachweisen.\n5.\tDie Durchschnittsdauer der Assoziation bei zweisilbigen Reizworten liegt zwischen 1100 und 1400 er, diejenige bei einsilbigen zwischen\n1 Ein starkes Mifsverst\u00e4ndnis liegt S. 235 vor, wenn A. bei Besprechung eines meiner S\u00e4tze die Assoziationen der H\u00f6rvorstellungen Herz und Schmerz nicht als inhaltlich anerkennt. Der Inhalt der H\u00f6rvorstellung Herz ist nur der Wortklang Herz, und nicht etwa das konkrete Herz. A. hat hier den logischen mit dem psychologischen Inhalt verwechselt.","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nLitter aturbericht.\n900 und 1200 o. Die Zeitmessungen bei zweisilbigen Reizworten sind zuverl\u00e4ssiger. Die individuellen Verschiedenheiten sind sehr grofs. So ergab sich als Durchschnittsdauer (f\u00fcr zweisilbige Reizworte) bei einer Person 927 g und bei einer anderen 2151 <r (f\u00fcr \u00e4ufsere Assoziationen sogar noch mehr, n\u00e4mlich 2212 <r, vergl. Tab. XVII). Genauere Angaben \u00fcber die Schwankungen der Dauer innerhalb einer Versuchsreihe und f\u00fcr eine bestimmte Assoziationsgruppe werden leider nicht gemacht.\n6. Die Neigung verschiedener Individuen in dieser oder jener grammatischen Sprachform zu assoziieren, ist eine stehende Eigent\u00fcmlichkeit der einzelnen Personen. Der gr\u00f6fseren Gruppe nun, die fast aus-schliefslich in Hauptworten (85\u201492%) und wenig Verben (1\u20149%) assoziieren, steht eine kleinere Gruppe mit 59\u201468% Substantiven und 22\u201431% Zeitworten gegen\u00fcber. Dazwischen stand ein Versuch mit H\u00e4ufung von Adjektiven (18%).\n7. Unter 100 Assoziationen hatten von 5 Personen alle f\u00fcnf 2, vier 4, drei 16 und zwei 39 Antworten gemeinsam.\tZiehen (Jena).\nMe Keen Cattell. Measurements of the Accuracy of Recollection. Science. N. S. II. S. 761\u2014766. 6. Dezbr. 1895.\nDer Verfasser setzt sich zur Aufgabe, f\u00fcr die Verl\u00e4ssigkeit der Erinnerung eine quantitative Bestimmung, ein festes Mafs zu gewinnen. Zu diesem Zwecke legte er seinen Studenten mehrere einfache Fragen vor, welche diese nach kurzem Besinnen schriftlich beantworten mufsten, und zwar unter steter Angabe, ob sie ihrer Sache ganz sicher oder nur m\u00e4fsig sicher waren, ob zweifelhaft, oder ob sie blcfs rieten. Die Antworten auf eine so einfache Frage, wie \u201eWelches Wetter war heute vor acht Tagen?\u201c ergab \u00fcberraschende Abweichungen, wobei nat\u00fcrlich die Lebensstellung und das verschiedene Interesse wesentlich mitspielte. Referent bekam in \u00e4hnlicher Weise einmal in einem Aufsatze, in welchem er Sch\u00fcler von durchschnittlich 10\u201411 Jahren die Turnhalle, die sie w\u00f6chentlich zweimal schon im zweiten Jahre besuchten, hatte beschreiben lassen, \u00fcber die Farbe der W\u00e4nde sieben oder acht verschiedene Angaben.\nWas den Grad des Vertrauens auf die Richtigkeit der Antworten anlangt, so hat sich gezeigt, dafs in der Mehrzahl der F\u00e4lle das Sicherheitsgef\u00fchl nicht get\u00e4uscht hat, wenngleich auch hier die Individualit\u00e4t sich sehr stark geltend machte. Bei der Pr\u00fcfung der F\u00e4higkeit, Gewichte, Entfernungen, Zeiten zu sch\u00e4tzen, ergab sich eine auffallende Tendenz, Gewichte zu untersch\u00e4tzen, Entfernungen m\u00e4fsig, Zeiten sehr stark zu \u00fcbersch\u00e4tzen. Schliefslich liefs der Verfasser von einem sehr oft besuchten Raum einen Grundrifs entwerfen. Nur aus der Zusammenstellung einer Reihe solcher Grundrisse wrar es m\u00f6glich, ein ann\u00e4hernd richtiges Bild des Raumes zu gewinnen.\nAus diesen Beobachtungen schliefst der V erfasser sehr richtig, dafs es von grofser Bedeutung f\u00fcr das praktische Leben w\u00e4re, besonders bei Postbeamten, Zeugen u. s. \u00a3, wenn auf solche Weise die individuelle Beobachtungs- und Erinnerungsf\u00e4higkeit jeweilig festgestellt w\u00fcrde, also eine Art pers\u00f6nlicher Formel, Pr\u00e4zisionsindex, f\u00fcr diese F\u00e4higkeiten eruiert w\u00fcrde. Dazu reichen bekanntlich die \u00fcblichen Examina nicht","page":234}],"identifier":"lit30927","issued":"1897","language":"de","pages":"232-234","startpages":"232","title":"G. Aschaffenburg: Experimentelle Studien \u00fcber Assoziationen. Psychol. Arbeiten, herausgeg. von E. Kraepelin. Bd. 1. H. 2 u. 3. S. 209-299. 1895","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:21:42.619023+00:00"}