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{"created":"2022-01-31T15:18:24.912539+00:00","id":"lit30957","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Cohnstein, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 374-377","fulltext":[{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"374\nLitteraturbericht.\nFr. Bezold. \u00dcber den gegenw\u00e4rtigen Stand der H\u00f6rpr\u00fcfungen. Zeitschr. f. OhrenkeilMe. Bd. 29. S. 1\u201428. 1896.\nAus dem fast ausschliefslich otiatrisclien Inhalt dieser Abhandlung sei hier nur hervorgehoben, dafs bei pathologischen Prozessen im Mittelohr das Geh\u00f6r f\u00fcr T\u00f6ne in Luftleitung vom oberen zum unteren Ende der Tonskala gleichm\u00e4fsig abnimmt. Ein bestimmtes St\u00fcck des unteren Endes f\u00e4llt sogar ganz aus. Verfasser sieht daher die Zuleitung der tiefen T\u00f6ne als die eigentliche physiologische Funktion des Mittelohrapparates an. F\u00fcr die Perzeption hoher T\u00f6ne ist eine intakte Schallleitungskette nicht notwendig. \u2014 Taubheit f\u00fcr Sprache kann neben noch sehr betr\u00e4chtlichen H\u00f6rresten f\u00fcr T\u00f6ne bestehen. Nur ein kleines St\u00fcck der Tonskala ist es, deren Ausfall Taubheit f\u00fcr Sprache zur Folge hat.\tSchaefer (Rostock).\nTreitel. \u00dcber H\u00f6r\u00fcbungen bei Verlust des Geh\u00f6rs. Arch. f. OhrenheilMe. Bd. 40. S. 123\u2014132. 1896.\nDie von TJrbaxtschitsch durch methodische H\u00f6r\u00fcbungen bei Taubstummen erzielten Erfolge bewogen den Verfasser, an f\u00fcnf taubstummen Kindern gleichfalls Versuche anzustellen. S\u00e4mtliche Patienten \u201eerfreuten sich des Vokalgeh\u00f6rs, aber bei keinem war es ein sicheres, obgleich auch alle im st\u00e4nde waren, einzelne Worte und einer sogar einzelne S\u00e4tze zu verstehen.\u201c Obzwar im Anfang konstante Verwechselungen zwischen einzelnen Vokalen stattfanden, besserte sich doch im Laufe der \u00dcbungen das Vokalgeh\u00f6r, \u201ewenn auch nicht in dem Mafse, als man erwarten m\u00f6chte\u201c. Da die Ein\u00fcbung der Konsonanten betr\u00e4chtlichen Schwierigkeiten begegnet und auch von geringem praktischen Werte ist, so ging Verfasser alsbald zu H\u00f6r\u00fcbungen mit einzelnen W\u00f6rtern \u00fcber, bei welchen die Kombinationsgabe der Sch\u00fcler als wichtiger Faktor in Betracht kommt.\nUrbantschitsch berichtet von zwei F\u00e4llen, in welchen pl\u00f6tzlich Taubheit eintrat, die durch H\u00f6r\u00fcbungen in erstaunlich kurzer Zeit behoben wurde. Verfasser ist der Ansicht, dafs es sich hier um Hysterie handelte, bei welcher die H\u00f6r\u00fcbungen wesentlich als Suggestionsmittel wirksam waren. \u00dcber den praktischen Wert der H\u00f6r\u00fcbungen gestattet sich Verfasser noch kein abschliefsendes Urteil, \u201eweil die Erfahrungen noch nicht lange und nicht reichlich genug sind\u201c.\nTheodor Heller (Wien).\nMax von Frey. Untersuchungen \u00fcber die Sinnesfunktionen der menschlichen Haut. Erste Abhandlung: Druckempfindung und Schmerz. Abhandlungen der mathematisch-physischen Klasse der K\u00f6nigl. S\u00e4chsischen Gesellschaft der Wissenschaften. Bd. 23.'No. 3. S. 169\u2014266. 1896.\nDie Haut unterscheidet sich von den \u00fcbrigen Sinnesorganen dadurch, dafs ihr im Haushalt des K\u00f6rpers nicht nur eine einzige, sondern eine ganze Reihe verschiedenartiger Funktionen zugeteilt sind: sie ist an der W\u00e4rmeregulation, an der Aufspeicherung von Reservestoffen beteiligt und ist aufserdem \u2014 in diesem Falle als eigentliches Sinnesorgan \u2014 f\u00fcr","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"Li tteraturbericht.\n375\ndie Erkennung gewisser mechanischer Eigenschaften der den Raum erf\u00fcllenden Gegenst\u00e4nde von Wichtigkeit. Dieses Nebeneinander ver~ schiedenster Funktionen ist nicht nur potentiell, sondern auch r\u00e4umlich nachweisbar, und es liegt ein grofses Verdienst des Verfassers darin, die Ungleichwertigkeit der verschiedenen Hautpartien, wenn nicht entdeckt, so doch energisch hervorgehoben zu haben. Es handelt sich in der vorliegenden Abhandlung zun\u00e4chst nur um zwei Empfindungsqualit\u00e4ten, um \u25a0den Druck- und den Sch merz sinn. Die Analyse der \u00fcbrigen Hautempfindungen ist einer sp\u00e4teren Abhandlung Vorbehalten.\nUm Druckempfindungen auf der Haut auszul\u00f6sen, bedarf es einer Belastung derselben, und zwar mufs die Gr\u00f6fse der Belastung einen bestimmten Schwellenwert \u00fcberschreiten, um als solche wahrgenommen zu werden. Belastungen, welche den Schwellenwert nur wenig \u00fcberschreiten, werden nur in dem Moment des Aufsetzens wahrgenommen, Dauer und Ende des Reizes gelangen nicht zur Apperzeption. Wird die Reizgr\u00f6fse gesteigert, so gesellt sich zur ersten Ber\u00fchrungsempfindung eine der Dauer der Belastung entsprechende Druckempfindung. In seltenen F\u00e4llen und nur bei erheblich \u00fcber dem Schwellenwert liegenden Reizen \u00fcberdauert die Empfindung den Reiz, wahrscheinlich aus dem Grunde, weil die Belastung eine dauernde Deformation der Haut gebildet hat. Die Entlastungsschwelle liegt stets h\u00f6her als die Belastungsschwelle.\nF\u00fcr den Schwellenwert des Belastungsreizes ist nicht nur die Gr\u00f6fse der Belastung, sondern auch die Schnelligkeit ihres Einsetzens (\u201eSteilheit\u201c), sowie die Gr\u00f6fse der Reizfl\u00e4che von Bedeutung. .Kombiniert man verschiedene Gewichte mit verschiedenen Druckfl\u00e4chen, so zeigt sich, dafs Reize mit gleichem hydrostatischen Druck gleich stark empfunden werden.\nErsetzt man die \u00fcblichen ziemlich groben Untersuchungsmittel durch \u00e4ufserst fein abgestufte Reizapparate, die sog. Reizhaare, so l\u00e4fst sich zeigen, dafs die Druckempfindung der Haut an bestimmte zirkumskripte Stellen, die sog. Druckpunkte, gekn\u00fcpft ist. Die letzteren sind an den verschiedenen Stellen der K\u00f6rperoberfl\u00e4che verschieden dicht ges\u00e4t und verschieden tief gelegen. An den behaarten Stellen entsprechen sie meist der Lage der Haarb\u00e4lge. Die mittlere Empfindlichkeit scheint f\u00fcr alle Druckpunkte nahezu konstant zu sein.\nEbenso wie die Druckempfindung ist auch die Schmerzempfindung an r\u00e4umlich begrenzte, isolierte Funkte, Schmerzpunkte gekn\u00fcpft, doch fallen die letzteren anatomisch keineswegs mit den Druckpunkten zusammen. Es gelingt bei sorgf\u00e4ltigem Abtasten mittelst Reizhaaren, schmerzhafte Empfindungen ohne jede Spur einer vorg\u00e4ngigen oder begleitenden Druckempfindung auszul\u00f6sen. Eine Summation von Druckempfindungen zu Schmerzempfindungen im Sinne G old scheiders giebt es nicht.\nPhysiologisch sind die Schmerzpunkte mit einer auffallend langen Latenz gegen\u00fcber schwachen Reizen ausgestattet. Dieses Latenzstadium kann sich unter Umst\u00e4nden \u00fcber viele Sekunden ausdehnen und ist als die physiologische Form der von Naunyn f\u00fcr manche Krankheiten be-","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"376\nLitteraturberich t.\nschriebenen \u201eVersp\u00e4tung der Schmerzempfindung\u201c anzuselien. Der Schmerzpunkt zeigt sieb somit dem prompt reagierenden Druckpunkt gegen\u00fcber als das weit tr\u00e4gere Element. So erkl\u00e4rt sich denn auch durch die verschiedene Latenz der Druck- und Scbmerzpunkte das folgende interessante von Goldscheider beschriebene Experiment: \u201eDr\u00fcckt man den Kopf einer Stecknadel f\u00fcr einen Augenblick in die Haut, so folgt sehr h\u00e4ufig der dem Reiz zeitlich entsprechenden Druckempfindung nach einem kurzen empfindungslosen Intervall eine zweite, diesmal schmerzbafte-Empfindung, welche bald wieder erlischt.\u201c \u2014\nDie Zahl der Scbmerzpunkte mag auf etwa 100 pro cm2 der Hautoberfl\u00e4che zu sch\u00e4tzen sein, jedenfalls sind sie weit zahlreicher als die Druckpunkte, auch enden ihre Nerven wahrscheinlich n\u00e4her der Oberfl\u00e4che als die die Druckempfindungen vermittelnden Easern.\nVergleicht man die Empfindlichkeit von Druck- und Schmerzpunkten,, so findet man, dafs der Schwellenwert f\u00fcr letztere etwa 1000 mal h\u00f6her liegt, als f\u00fcr jene. Dies gilt aber nur f\u00fcr sehr grofse Reizfl\u00e4chen; f\u00fcr kleinfl\u00e4chige Reize kann sich das Verh\u00e4ltnis zu G-unsten der Schmerzpunkte bedeutend ver\u00e4ndern. So kommt es, dafs die Ber\u00fchrung mit eckigen, scharfkantigen Gegenst\u00e4nden im unmittelbaren Anschlufs an die Druckempfindung leicht Schmerz ausl\u00f6st, w\u00e4hrend bei der Ber\u00fchrung gr\u00f6fserer, glatter, runder Fl\u00e4chen die Druckempfindung weit mehr zur Geltung kommt, als die Schmerzempfindung.\nEs kann nach dem bisher Ausgef\u00fchrten nicht zweifelhaft sein, dafs die sinnesphysiologische Funktion der Haut auf die \u201eDruck\u201c- und \u201eSchmerzpunkte\" beschr\u00e4nkt ist, dafs wir somit in diesen die eigentlichen Sinneselemente der Haut vor uns haben. Es fr\u00e4gt sich nun, an welchen anatomischen Bestandteil die Sinnesempfindung gekn\u00fcpft ist, denn eino direkte Erregung freier Nerven erscheint ausgeschlossen. Nach der Ansicht des Verfassers sind als die druckempfindenden Apparate auf den behaarten Teilen die die Talgdr\u00fcsenm\u00fcndung umspinnenden Nervenkr\u00e4nze anzusehen. Auf der unbehaarten Haut kommen wohl nur die Meissner-schen K\u00f6rperchen (nicht die VATERSchen) in Betracht, wenigstens entsprechen die anatomischen Angaben \u00fcber ihre Zahl einigermafsen der durch Experiment festgestellten Zahl der Druckpunkte.\nAls Organe der oberfl\u00e4chlichen Schmerzempfindung sieht Verfasser die intraepithelialen freien Nervenendigungen an. Dies wird besonders bewiesen durch die anatomische Untersuchung der Cornea, welche nur Schmerzempfindung besitzt und daher auch ausschliefslich intraepitheliale Nervenendigungen aufweist. \u2014 Die hohe Reizschwelle f\u00fcr die Schmerzempfindung erkl\u00e4rt sich durch die bedeutende Widerstandsf\u00e4higkeit der Epidermis. Wissen wir doch durch Gartens Untersuchungen, dafs Deformationen der Cutis weit leichter zu erreichen sind, als solche der Epidermis.\nSind so die vermittelnden Organe f\u00fcr Druck- und Schmerzsinn mit einiger Sicherheit erkannt, so erhebt sich jetzt die Frage nach dem Mechanismus ihrer Reizung. \u2014 F\u00fcr den Drucksinn giebt Verfasser der Vermutung Raum, dafs der mechanische Reiz in den getroffenen Tastk\u00f6rperchen eine chemische \u00c4nderung, wahrscheinlich eine Kon-","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht\n377\nzentrations\u00e4nderung, verursache und so den Nerven reize. Eine direkte mechanische Beizung des Nerven ist ausgeschlossen, da eine solche niemals eine dauernde Arbeitsleistung desselben hervorrufen k\u00f6nnte. Die beanspruchte chemische Ver\u00e4nderung der Tastk\u00f6rperchensubstanz k\u00f6nnte etwa in der Weise zu st\u00e4nde kommen, dafs unter der Belastung durch die als \u201ehalbdurchl\u00e4ssig\u201c angenommene Wand Wasser austr\u00e4te, wodurch die zur\u00fcckbleibenden gel\u00f6sten Stoffe an Konzentration zunehmen und dadurch den Tastnerven reizen k\u00f6nnten.\nGanz \u00e4hnlich k\u00f6nnten die Verh\u00e4ltnisse auch f\u00fcr die Schmerznerven liegen, wenn man annimmt, dafs Substanzen, welche unter dem Beize aus den die Nervenendigungen umgebenden Zellen austreten, als chemische Nervenreize wirken.\tW. Cohnstein (Berlin).\nM. Ch. F\u00e9b\u00e9. Exp\u00e9riences relatives \u00e0 la notion de position. Compt. rend, de la soc. de biologie. 18. Januar 1896. S. 61.\nWenn die H\u00e4nde des Verfassers, w\u00e4hrend der letztere durch Lekt\u00fcre seine Aufmerksamkeit ablenkte, durch Geh\u00fclfen in verschiedene Stellungen gebracht wurden, etwa unter Verwendung verschiedener Hohlformen, so war Verfasser nicht im st\u00e4nde, die Lage seiner Finger anzugeben, wenn Ber\u00fchrungsempfindung und Bewegungsempfindung ausgeschlossen war.\nEr schliefst \u201ela notion de position est un jugement plut\u00f4t qu\u2019une sensation\u201c.\tW. Cohnstein (Berlin).\nA. M. Bloch. Note \u00e0 propos de la communication de M. F\u00c9R\u00c9 (Exp\u00e9riences relatives \u00e0 la notion de position). Compt. rend, de la soc. de biologie. 25. Januar 1896. S. 81.\nVerfasser stellt sich mit geschlossenen Augen in den Winkel eines mit Carreaupapier \u00fcberzogenen Wandschirms und nimmt in jede Hand einen mit Kohlenspitze versehenen Stab. Er hebt jetzt den rechten Arm und bezeichnet die H\u00f6he der Hebung durch einen Kohlenstrich. Jetzt hebt er, bei dauernd gehobenem rechten Arm, auch den linken Arm bis zu der ihm identisch scheinenden H\u00f6he und markiert die letztere. Es zeigt sich, dafs die Lagedifferenzen mit der Zeit zunehmen. W\u00e4hrend es bei gleichzeitigem Heben beider Arme fast sicher gelingt, identische Punkte zu treffen, wird die Wahrscheinlichkeit um so geringer, je sp\u00e4ter der linke Arm nach dem rechten gehoben wird.\nVerfasser schliefst daraus, dafs die Lageempfindung wesentlich durch die Bewegungsempfindung unterst\u00fctzt wird.\nW. Cohnstein (Berlin).\nE. Goblot. Le Souvenir des K\u00eaves. Bev. Philos. 21me. ann\u00e9e. Sept. 1896. Bd. 42. S. 288-290.\nZur Erkl\u00e4rung der Thatsache, dafs einige Tr\u00e4ume im Ged\u00e4chtnisse behalten, andere vergessen werden, stellt Verfasser die Hypothese auf, dafs nur die w\u00e4hrend des Erwachens, d. h. w\u00e4hrend des \u00dcberganges aus","page":377}],"identifier":"lit30957","issued":"1897","language":"de","pages":"374-377","startpages":"374","title":"Max von Frey: Untersuchungen \u00fcber die Sinnesfunktionen der menschlichen Haut. Erste Abhandlung: Druckempfindung und Schmerz. Abhandlungen der mathematisch-physischen Klasse der K\u00f6nigl. S\u00e4chsischen Gesellschaft der Wissenschaften. Bd. 23. No. 3. S. 169-266. 1896","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:18:24.912545+00:00"}