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{"created":"2022-01-31T14:50:18.018951+00:00","id":"lit30964","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Offner, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 384-385","fulltext":[{"file":"p0384.txt","language":"de","ocr_de":"384\nLitter aturbericht.\n1.\tDie Wahrnehmung ist kein Erinnerungsakt; das lehrt die vorurteilslose Beobachtung der einfachsten Thatsachen.\n2.\tWahrnehmung ist darum auch keine Vergleichung, weil ja hei der einfachen Wahrnehmung kein zweites Bild hinzutritt.\n8. Auch liegt hei ihr in keinem Fall psychische Chemie vor, weil diese selbst gar nicht besteht.\n4.\tWahrnehmung ist ferner keine Wiederbelebung fr\u00fcherer Eindr\u00fccke, ein Einwand, dessen prinzipielle Verschiedenheiten von 1. Referent nicht recht finden kann.\n5.\tDie Ausdehnung des Begriffes Wiedererkennen auf die Wahrnehmung ist unberechtigt.\n6.\tDie Ursache der sog. Bekanntheitsqualit\u00e4t ist von H\u00f6ffding falsch erkl\u00e4rt, wobei Verfasser allerdings auch H\u00f6ffding falsch zu verstehen scheint.\n7.\tDie Theorie versagt bei der Erkl\u00e4rung von Sinnest\u00e4uschungen\nund anderen abnormen Erscheinungen.\tM. Offner (M\u00fcnchen).\nArthur Allin. Recognition. Americ. Journ. of Psychol. Bd. VIL S. 249\u2014273.\n1896.\nVerfasser geht aus von dem in der Litteratur vielfach ber\u00fchrten \u00fcberraschenden Ph\u00e4nomen der sog. Erinnerungsf\u00e4lschung, Paramnesie, welche darin besteht, dafs man beim erstmaligen Wahrnehmen eines Gegenstandes, eines Vorganges irriger Weise glaubt, ihn schon fr\u00fcher einmal wahrgenommen zu haben. Thats\u00e4chlich unbekannte Dinge erscheinen als bekannte. Wenn \u00fcbrigens Verfasser meint, H\u00f6ffding habe diese illusorische Bekanntheit im Auge, wenn er das unmittelbare Wiedererkennen auf das Vorhandensein einer Bekanntheitsqualit\u00e4t zur\u00fcckf\u00fchrt, so ist er sehr im Irrtum. H\u00f6ffding denkt hier an eine Bekanntheitsqualit\u00e4t, welche ein thats\u00e4chliches, kein eingebildetes fr\u00fcheres Kennenlernen des Objektes andeutet, aber eben nur andeutet, nicht zu klarem Bewufst-sein zu bringen vermag. Obwohl ich H\u00f6ffdings Erkl\u00e4rung dieses Ph\u00e4nomenes in meiner Untersuchung \u00fcber \u201eDie Grundformen der Vorstellungsverbindung\u201c, Philos. Monatsh. XXVIII, 1892, angriff und auch heute noch nicht anerkennen kann, so mufs ich ihn doch gegen Mifs-verst\u00e4ndnisse in Schutz nehmen.\nF\u00fcr solche Bekanntheitsillusion sucht Verfasser in manchen F\u00e4llen, ohne allerdings tiefer auf die Sache einzugehen, den Ursprung in Erm\u00fcdungszust\u00e4nden, welche unerwartete assoziative Verbindungen zur Reproduktion zu bringen verm\u00f6gen, wie im Halbtraum und \u00e4hnlichen Zust\u00e4nden. Bez\u00fcglich der Tr\u00e4ume und des Phantasierens wirft Verfasser ein, dafs hier kein Erinnerungsph\u00e4nomen vorliegt. Als ob je ein Mensch im Ernste behauptet h\u00e4tte, Tr\u00e4ume seien Erinnerungen in subjektivem Sinne d. h. Bilder, Erlebnisse, oder wie wir es nennen wollen, bei denen der Tr\u00e4umende oder der Phantasierende sich bewufst ist, dafs er sie schon einmal, und zwar genau in gleicher Weise, erfahren habe! Andererseits wird er selbst nicht leugnen wollen, dafs die Traumbilder u. dergl. wenigstens in ihren Teilen sich doch aus der Wiederkehr fr\u00fcherer Erlebnisse bezw. Teilerlebnisse zusammensetzen. Nihil est in","page":384},{"file":"p0385.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n385\nsomniante, k\u00f6nnen wir das bekannte Wort variieren, quod non prius fuerit in vigilante. Objektiv liegt eben docb eine Ged\u00e4chtnisleistung vor. Wozu also solche K\u00e4mpfe um das Wort, wo man \u00fcber die Sache eins ist? Im dritten Kapitel (Assimilation or Association not Recognition) wendet sich Verfasser abermals gegen H\u00f6ffdings Erkl\u00e4rung des Er-kennens oder Wiedererkennens, zwei Vorg\u00e4nge, die, nebenbei bemerkt, nur quantitativ, nicht, wie Verfasser zu meinen scheint, qualitativ verschieden sind. Alsdann kehrt er sich aber auch gegen diejenigen, welche wie Lehmann, Waed und der Referent die Bekanntheitsqualit\u00e4t aus dem Herein wirken unter der Schwelle bleibender Nebenvorstellungen (Erinnerungen an begleitende Nebenumst\u00e4nde) erkl\u00e4ren. So wenig Verfasser aber die erste Ansicht zwingend widerlegt, so wenig oder noch weniger widerlegt er die zweite, macht uns aber umso neugieriger auf seine eigene Erkl\u00e4rung. Wie erstaunt man indes, wenn man endlich vernimmt, \u00bbdie hervorgebrachte \u00c4nderung besteht in der gr\u00f6fseren Leichtigkeit der Koordination in denjenigen Zentren, welche notwendig bei jeder Vorstellungsth\u00e4tigkeit in Wirksamkeit sind (The change wrought is the greater facility of coordination in the centres necessarily involved in each presentation). Vorausgesetzt, dafs wir hier den Kernpunkt der diesbez\u00fcglichen Ausf\u00fchrungen des Verfassers getroffen haben, was bei der Un\u00fcbersichtlichkeit derselben keine kleine Kunst ist, so k\u00f6nnen hierauf die H\u00f6ffdingianee mit Gretchen schmunzelnd sagen: \u201eUngef\u00e4hr sagt das der Pfarrer auch, nur mit ein bischen anderen Worten.\u201c Wozu also der L\u00e4rm?\nWir wollen dem Verfasser nicht weiter auf seinen keineswegs immer hellen Wegen folgen, m\u00f6chten ihn aber bitten, k\u00fcnftighin seine Gedanken erst vollst\u00e4ndig ausreifen und zu einem organischen Ganzen zusammenwachsen zu lassen, ehe er sie weiteren Kreisen mitteilt.\nM. Offnes (M\u00fcnchen).\nHeney Stuet. Conscience. Mind. N. S. Vol. V. No. 19. S. 343\u2014353. 1896 Nach einer alten Lehre gelte das Gewissen als \u201einnere Stimme\u201c dem D\u00e4mon des Sokrates vergleichbar, der warnend und beratend uns zur Seite stehe. Diese Theorie habe sich in neuerer Zeit \u00fcberlebt, man orkenne heute an, dafs das f\u00fchrende Prinzip beim ethischen Urteil ein Teil der Pers\u00f6nlichkeit selber sei, keine isolierte Wesenheit. Das ethische Urteil erfolge nach einer Art von Instinkt, nicht nach abstrakten Maximen und ethischen Formeln. Dieser Instinkt bilde in uns einen permanenten ethischen Faktor, der darin bestehe, dafs wir ein geistiges Bild von uns vor Augen haben, dem gleichzukommen wir bestrebt sind; als diese, d.em geistigen Bilde von uns entsprechende Pers\u00f6nlichkeit wollen wir .auch vor der Mitwelt gelten. Das Gegenst\u00fcck dieses moralischen Ideals ist auf k\u00f6rperlichem Gebiete die Sorge f\u00fcr unsere pers\u00f6nliche Erscheinung. Dieses moralische Ideal ist kein absolutes Ideal an sich, es ist nur der Ausdruck unseres pers\u00f6nlichen Wunsches. So enthalte das Ideal manches \u201eWilden\u201c auch die Eigenschaften des Diebes und M\u00f6rders, das\n25\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XIII.","page":385}],"identifier":"lit30964","issued":"1897","language":"de","pages":"384-385","startpages":"384","title":"Arthur Allin: Recognition. Americ. Journ. of Psychol. Bd. VII. S. 249-273. 1896","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:50:18.018957+00:00"}