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{"created":"2022-01-31T15:28:02.377208+00:00","id":"lit30969","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Groos, K.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 13: 390-391","fulltext":[{"file":"p0390.txt","language":"de","ocr_de":"390\nLitteraturbericht.\neiner Erkl\u00e4rung, da vom Verfasser nur die physiologischen Gesichtspunkte ins Auge gefafst worden sind. Vielleicht bieten die neuen Aufstellungen Wundts dazu einen Schl\u00fcssel, der neben der Lust und Unlust noch Erregung und Beruhigung, L\u00f6sung und Spannung als Hauptrichtungen der Gef\u00fchle ansieht. Die \u00dcberg\u00e4nge von der aktiven Form der Trauer zu der passiven deuten besonders auf einen solchen Zusammenhang hin.\tMax Erahn (Leipzig).\nColley March. Evolution and Psychology in Art. Mind. N. S. Vol. V. (No. 20). g. 441\u2014463. 1896.\nDer Artikel ist im wesentlichen eine Entwickelungsgeschichte des Ornaments, an ethnologischen Beispielen erl\u00e4utert. Da eine solche bereits von Baleour, Haddon und Grosse in ausf\u00fchrlicheren Werken gegeben ist, so gen\u00fcgt ein Hinweis auf diese, um die Tendenz der Arbeit zu charakterisieren, mit der sich die moderne ethnologische Richtung der Kunstwissenschaft von vorneherein einverstanden erkl\u00e4ren wird. Diese Tendenz geht von dem Gedanken aus, dafs die Naturv\u00f6lker k\u00fcnstlerische Muster in den Ornamenten oder technischen K\u00fcnsten nicht frei nach der Fantasie erfinden, sondern sie nur anwenden als Nachahmung von Figuren und Formen, deren Gestalt urspr\u00fcnglich durch den praktischen Zweck der Dinge notwendig war. Verfasser weist diesen Gedanken nach an einer Anzahl von Beispielen vom einfachen Linien-Ornament bis zur Vase. Die Lehre der fr\u00fcheren spekulativen \u00c4sthetik, die in allen Dingen der Kunst immer eine Emanation der Idee des Sch\u00f6nen sah, erh\u00e4lt dabei eine Zur\u00fcckweisung, die sie f\u00fcr immer von der Kunstwissenschaft ausschliefst.\nDa die Idee des Artikels nicht neu ist, habe ich die einzige Einwendung zu erheben, dafs er blofs kompilatorischen Wert besitzt und auch da nur als Summarium aufgefafst werden kann, denn in mehreren Spezialwerken und fast in allen ethnologischen Arbeiten ist sie schon gr\u00fcndlicher behandelt und ausf\u00fchrlicher an Beispielen erl\u00e4utert worden.\nWallaschek (Wien).\nFriedrich Carstanjen. Entwickelungsfaktoren der niederl\u00e4ndischen Fr\u00fchrenaissance. Ein Versuch zur Psychologie des k\u00fcnstlerischen Schaffens. \u2014 Vierteljahr sehr. f. wissensch. Philos\u25a0 Bd. XX (1 u. 2) S. 1 \u201444, 143\u2014190. 1896.\nEs ist allgemein \u00fcblich geworden, die Enstehung neuer Kunstepochen aus dem Volks- und Zeitcharakter zu erkl\u00e4ren. Da aber die Beziehung zwischen Volk und Individuum keine unbedingt gesetzm\u00e4fsige ist, so erscheint es dem Verfasser als gewagt, wenn man den kulturellen, soziologischen Faktoren mehr als einen indirekten Einflufs zuschreibt. Die direkten Vorbedingungen einer neuen Kunstgestaltung m\u00fcssen in subjektiven, individuellen, biologischen Faktoren gesucht werden, 0. stellt daher der historisch - soziologischen Methode eine \u201ebio - psychologisch e<\u00a3 Betrachtungsweise gegen\u00fcber, die er auf die niederl\u00e4ndische Fr\u00fchrenaissance anwendet, d. h. 1. auf die franz\u00f6sisch - niederl\u00e4ndische Miniaturmalerei des 14. Jahrhunderts, 2. auf die gleichzeitige und folgende","page":390},{"file":"p0391.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n391\nTafelmalerei vor dem Auftreten der Br\u00fcder van Eyck, 3. auf die van EycKsche Tafelmalerei. \u2014 Der Verlauf der hierbei zu Tage tretenden bio - psychologischen Vorbedingungen l\u00e4fst sich schematisch durch folgende Schlagworte darstellen: Unlust \u00fcber das Bestehende \u2014 Lust zur \u00c4nderung \u2014 Suchen nach der Andersl\u00f6sung \u2014 Finden der Neul\u00f6sung \u2014 Lust am gefundenen Neuen. F\u00fchren wir dies Schema f\u00fcr die franz\u00f6sisch - niederl\u00e4ndische Miniaturmalerei etwas n\u00e4her aus. Indem die Handschriftenmalerei im Anfang des 14. Jahrhunderts vom Klosterbetrieb aus in b\u00fcrgerliche H\u00e4nde \u00fcbergeht, zeigt sich ein \u00dcberschufs an Kraft, der in den \u00fcberkommenen Formen keine gen\u00fcgende Entladung findet und so Unlust hervorruft \u2014: die Triebfeder der Bewegung. Die Lust zu einem unbekannten Anderen setzt sich um in Lust zur \u00c4nderung. Das naive, nicht reflektierende Suchen nach der Andersl\u00f6sung f\u00fchrt zu dem G-ebrauch, den Hintergrund und die Umrahmung der Bildchen durch allerlei eingetragene Ornamente u. dergl. reicher zu schm\u00fccken. \u201eJeder urspr\u00fcngliche Kunstfortschritt geht von der Ausschm\u00fcckung aus\u201c. Indem diese auf einen reicheren, mannigfaltigeren Eindruck abzielende Richtung sich auch auf das Bild selbst ausdehnt, entsteht eine Vermehrung des Details (das wird h\u00fcbsch an dem Beispiel der Baum-Darstellung gezeigt), die als Resultat eine Ann\u00e4herung an die Natur und eine Vermehrung der Individualisierung aufweist. Die \u201eWiedergeburt der Individualit\u00e4t und des Naturgef\u00fchls\u201c, die in der historisch-soziologischen Betrachtung als der Ausgangspunkt der Entwickelung erscheint, wird demnach hier als ihr Resultat hingestellt, als ein Resultat, dem die K\u00fcnstler durch die blofse Entfaltung des Prinzips der Ausschm\u00fcckung absichtslos \u00abntgegengetrieben wurden. \u2014 Dasselbe bio-psychologische Schema tritt auch bei der zweiten und dritten Entwickelungsstufe der niederl\u00e4ndischen Fr\u00fchrenaissance hervor, hat aber im Einzelnen einen etwas anderen Inhalt. Der Unterschied zeigt sich haupts\u00e4chlich darin, dafs bei der vor-eyckschen Tafelmalerei dem Suchen nach einer Neul\u00f6sung in den Erfolgen der Miniaturmalerei ein bestimmtes Vor b il d gegeben ist, dem die K\u00fcnster bewufst nachstreben, w\u00e4hrend die Br\u00fcder van Eyck von der Unlust \u00fcber technische M\u00e4ngel ausgehen, sodafs die Neul\u00f6sung hei ihnen zun\u00e4chst in einem technischen Erfolg besteht (in der Erfindung der \u00d6ltemperamalerei), der dann die Lust zu weiteren \u00c4nderungen erzeugt und schliefslich zum Modell- und Naturstudium und der Ausbildung eines selbst\u00e4ndigen Stiles f\u00fchrt. \u2014 Es ist im Interesse der Kunstgeschichte und \u00c4sthetik sehr zu w\u00fcnschen, dafs der Verfasser seine Methode auch auf andere Perioden der Kunstgeschichte anwendet. Von besonderer Wichtigkeit wird dabei die Frage sein, ob in der That die Entwickelung aus dem Schmuck \u201edas Grundmotiv aller Kunstentstehung\u201c bildet.\nK. Grqos (Giefsen).","page":391}],"identifier":"lit30969","issued":"1897","language":"de","pages":"390-391","startpages":"390","title":"Friedrich Carstanjen: Entwickelungsfaktoren der niederl\u00e4ndischen Fr\u00fchrenaissance. Ein Versuch zur Psychologie des k\u00fcnstlerischen Schaffens. - Vierteljahrschr. f. wissensch. Philos. Bd. XX (1 u. 2) S. 1-44, 143-190. 1896","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:28:02.377213+00:00"}