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{"created":"2022-01-31T15:32:04.502197+00:00","id":"lit31017","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Runze, Geo.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 21: 122-126","fulltext":[{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\nP. K. D\u00fcrselen. Homiletik vnd Psychologie. Eia Beitrag zur praktische! Theologie, insbesondere zur Topik. Berlin, Reuther u. Bei chard, 1891. y u. \u00eeoo s.\nEine Kombination zwischen der Theologie und der psychologischen Forschung ist auf mehrfache Weise m\u00f6glich. Franz Delitzsch hat als einer der ersten in systematischer Form den Versuch gemacht, aus den biblischen Urkunden das Material zusammenzustellen, aus welchem sich erkennen l\u00e4fst, wie die biblischen Schriftsteller \u00fcber das Verh\u00e4ltnifs von Leib und Seele, von Seele und Geist, \u00fcber die Beziehungen zwischen Wille und Erkenntnis, \u00fcber die Affecte u. a. gedacht haben. Dabei wurde aber kritiklos vorausgesetzt, dafs sie dar\u00fcber \u00fcberhaupt gedacht haben und im Wesentlichen s\u00e4mmtlich die gleichen Vorstellungen hegten. Aehnlich wrie mit Delitzsch's biblischer Psychologie steht es mit den Arbeiten von J. Tob. Beck, welcher mit weniger Klarheit, aber mehr congenialer Versenkung in die Eigenart des biblischen Vorstellungskreises zugleich den inneren Beweggr\u00fcnden der heiligen Autoren und ihrem einheitlichen religi\u00f6sen Grundtriebe gerecht zu werden suchte. Immer bleibt solche Psychologie des Glaubens ein Ausschnitt aus der allgemeinen biblischen Theologie, deren einzelne Systeme in neuester Zeit manches werthvolle Ergebnifs festgestellt haben. Aber recht ertragreich f\u00fcr die Kenntnifs des Seelenlebens an sich war diese Methode nicht, und man kann es der wissenschaftlichen \u25a0Psychologie nicht verdenken, wenn sie von den bez\u00fcglichen theologischen Arbeiten wenig Notiz genommen hat. Einen anderen Weg beschritt Vorbbodt .mit seiner Psychologie des Glaubens, indem er die allgemeinen Beziehungen -aufzudecken unternahm, die zwischen den Bestrebungen der exacten Seelenkunde und den Motiven und Idealen religi\u00f6s - christlicher Lebens-anschauung sich finden. Leider bewegte sich das umfangreiche Buch in mehr andeutenden Allgemeinheiten, die auch durch die zahlreichen einzelnen, mit farbenpr\u00e4chtiger Rhetorik vorgetragenen Detaillirungen nichts an belehrender Kraft gewannen; alles Entwurf, Gesichtspunkt, Zukunftsmusik ; kein nerviger Griff in die Wirklichkeit, kein mannhaftes Zufassen, geschweige L\u00f6sen wollen irgend eines ernstlichen Problems. W\u00e4hrend jenen Arbeiten in Delitzsch\u2019s Manier wenigstens die gr\u00fcndliche Verwerthung der biblischen Exegese und das geschichtliche Verst\u00e4ndnifs f\u00fcr das religi\u00f6se Schriftthum am Herzen lag, so bleibt in dem letztgenannten Werk alles Interesse an den Problemen der Glaubens- und Sittenlehre haften, obwohl wenigstens die Idee einer wissenschaftlichen Religionspsychologie richtig","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n123\nerfafst ist. Die Schaffung einer Religionspsychologie wird eine ebenso interessante wie schwierige Aufgabe der Zukunft sein, und sicherlich wird theologische Bildung ihrer L\u00f6sung zu Gute kommen, aber sie bleibt doch ihrer Natur nach mehr Object des philosophirenden Geistes als des speci-fischen Theologen, der von dem besonderen Interesse f\u00fcr eine bestimmte kirchliche Gemeinschaft und deren religi\u00f6sen, ethischen und kultischen Ideenkreis beherrscht wird. Hingegen schwindet das Mifsliche dieser Beschr\u00e4nkung, verwandelt sich sogar in einen Vorzug, wenn ein noch anderer Cnrs eingeschlagen wird, um die Psychologie in das theologische Fahrwasser hin\u00fcberzuleiten: und das ist die Methode, welche D\u00fcrselen mit Erfolg angebahnt hat. Der Theologe als Seelsorger, insbesondere als geistlicher Redner hat die Wirkung auf die Psyche der Gemeindemitglieder als seine specifische Aufgabe zu betreiben ; nicht einmal von dem theologischen Katecheten, der doch zugleich an Ged\u00e4chtnifs und Verstand sich wendet, gilt dies in gleichem Maafse, obwohl sonst gerade die P\u00e4dagogik um die Verwerthung der psychologischen Erkenntnisse l\u00e4ngst ernstlich bem\u00fcht ist. Was die Theologie in der Katechetik an psychologischer Beobachtung wie an Verwerthung psychologischer Erfahrung und an Erprobung psychologischer Theorien zu leisten vermag, das w\u00fcrde ihren Wirkungskreis von der allgemein-p\u00e4dagogischen und didaktischen Aufgabe nicht unterscheiden ; was aber ihr eigenstes Feld ist und bleiben mufs, das ist die Seelsorge und speciell die Predigtkunst, die Homiletik. Wenn hier der Hebel angesetzt wird, wenn es gelingt, eine Br\u00fccke zu schlagen zwischen den schon gewonnenen Einsichten in das nat\u00fcrliche Leben der Seele und den idealen Zielen der geistlichen Beredsamkeit, sowie andererseits eine R\u00fcckwirkung Torzubereiten, wie sie von den Erfahrungen eines Seelsorgers, der die Probleme der Psychologie kennt und erw\u00e4gt, auf die Befruchtung des Forschungsgebietes der letzteren ausgehen m\u00fcfste: dann wird der Gewinn auf beiden Seiten ein erfreulicher sein. Und ein Anfang, wie er in dem vorliegenden Versuche gemacht wird, ist wohl geeignet diese Erwartung *u beg\u00fcnstigen.\nD\u00fcrselen verlangt vom Homileten, dafs er sich bewufst sei mit seiner Verk\u00fcndigung des Evangeliums an lebendige Menschenseelen sich zu wenden, die allen nat\u00fcrlichen Gesetzen des Seelenlebens unterworfen sind und deren Empfindungen, Vorstellungen, Triebe nach den leitenden Gesichtspunkten der Psychologie aufzufassen sind, wenn man mit Erfolg auf dieselben wirken will. Er soll nicht blofs den Menschen im Allgemeinen, sondern den H\u00f6rer als Kind seiner Zeit, den modernen Menschen, auf den bestimmte Ereignisse, Gesellschaftsordnungen, Zeitbildung, Versuchungen, Moden, Standesgewohnheiten gestaltend einwirken, als sein psychisches Material voraussetzen. Von da aus erst wird er das \u201eGesetz der rednerischen Wirkung\u201c verstehen lernen; wissend, \u201ewas im Menschen ist\u201c, wie der vierte Evangelist von seinem Meister sagt, wird er die ciceronianische Kunst das movere neben dem docere und delectare recht zu \u00fcben verm\u00f6gen. Der Zuh\u00f6rer erwartet vor allem, dafs das Wort so verk\u00fcndigt werde, dafs er es verstehe; das psychologische Verst\u00e4ndnifs ist der Schl\u00fcssel zum Herzen des H\u00f6rers. Dazu geh\u00f6rt aber auch die Einsicht, dafs Familientradition, Standesunterschiede, Lebenslage, Temperament, grofse individuelle","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nBesprechungen.\nVerschiedenheiten innerhalb der Gemeindeglieder voraussetzen lassen ; die Anziehungskraft eines Redners beruht auf der F\u00e4higkeit liebevollen und doch energischen Eingehens auf die Individualit\u00e4ten. Die Frage, wie weit die gewohnte Art, \u00fcber die moralische Verschiedenheit der Menschen Werthurtheile zu f\u00e4llen, durch Handhabung der religi\u00f6sen Beurtheilungs-weise einerseits gesteigert, dann aber auch wiederum gemildert wird, inwieweit namentlich die religi\u00f6se Ausdrucksweise, die weihevolle Sprache seelsorgerischer Rede, geeignet sei, gewissensch\u00e4rfend und zugleich heilend auf das Gemtith zu wirken, wird in dem IV. Cap. des ersten Theils (j,Das Bed\u00fcrfen des Zuh\u00f6rers\u201c) zwar nur gestreift, aber doch in ergiebig aufkl\u00e4render Weise beleuchtet. Hier wird in feinen Z\u00fcgen skizzirt, was eine Predigt, die auf psychologischer Basis ruht, leisten kann, welcher Unterlassungen sie sich im anderen Falle schuldig machen wird. \u201eDer Zuh\u00f6rer bringt, mag er geartet sein, wie er wolle, das Bewufstsein mit in den Gottesdienst, dafs Gottes Liebesoffenbarung die Kraft haben werde, ihn zu tr\u00f6sten und aufzurichten; oder er hegt doch die Sehnsucht, es m\u00f6chte so sein. Findet er nun einen Prediger, welcher nicht in der geistlichen Muttersprache zu reden vermag, welche der H\u00f6rer versteht, so regt sich in ihm das Gef\u00fchl der Entt\u00e4uschung und jene schaale Stimmung, welche nach dem Zusammenbruch einer theuren Hoffnung in der Seele zur\u00fcckbleibt. Er hat ein zweischneidiges Schwert vor sich leuchten sehen, ihm zur Rettung, aber der, welcher es schwang, kam ihm wie ein Knabe vor, der es nicht zu regieren vermochte. Der aufrichtige Zuh\u00f6rer erwartet im Gottesdienste eine Ueberwindung seiner fleischlichen Gedanken durch die heilige Gedankenwelt des Geistes Gottes. Der Dunst und Rauch der t\u00e4glichen Arbeit, die S\u00fcnde vergangener Zeit, die Bitterkeit der Armuth, der Druck des Hasses, der Hochmuth des alten Menschen, \u2014 alles soll von dem inwendigen Menschen Gottes geschieden werden und der Friede und die Freude in die sturmersch\u00fctterte Seele einziehen. Als Luther seine Thesen an die Wittenberger Schlofskirche schlug, war es die Stimme nicht des Priesters, welche man aus seinen S\u00e4tzen heraush\u00f6rte, sondern diejenige des Laien, des einfachen Menschen, welcher nach dem pers\u00f6nlichen Besitze des Heiles ringt. Dieses Kleinod pers\u00f6nlicher Gewifsheit erstreben auch heute noch viele, sie erwarten die L\u00f6sung ihrer Spannung von dem gepredigten Wort im Gottesdienst. Der grofse Seelsorger im Himmel erzieht die Seinen durch Gl\u00fcck und Z\u00fcchtigung, durch Geben und Nehmen, aber es hat ihm gefallen, Menschen einen Antheil an dieser Arbeit als seinen Gehtilfen und Mitteln zu geben. Deshalb erwartet der H\u00f6rer inBtinctiv von dem Prediger, dafs derselbe so spreche, dafs er, der H\u00f6rer, mit seiner innersten Person bei dem grofsen Interessenaustausche betheiligt werde. Der Wille erhofft seine geistige Wiedergeburt; auch das Gem\u00fcth will in seinen Tiefen bewegt und von der Liebe Gottes zur Gottes- und Bruderliebe erw\u00e4rmt sein; der Erkenntnifstrieb erwrartet Belehrung, die Phantasie Reinigung und Verkl\u00e4rung. Jeder Trieb wird bei dem Heilsbegierigen zur Hand, die sich bittend um eine geistliche Gabe ausstreckt. \u201eUnd es ging ihnen durch\u2019s Herz\u201c oder \u00e4hnlich berichtet die Apostelgeschichte an mehreren .Stellen. In unseren Tagen wirkt die christliche Kirche nicht mehr wie eine Naturmacht mit unangefochtener Autorit\u00e4t; die Gemeinde","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n125\nfordert, dafs der Prediger ihr die Schrift in einer der Seelenverfassung der Gemeindeglieder entsprechenden Weise \u00fcbermittele. In der Unsicherheit des irdischen Bestandes und den H\u00e4rten, welche das Leben oft in fr\u00fcher nicht gekannter Weise mit sich bringt, sucht der Mensch im Gottesdienste Heil und Frieden, einen Glauben, der ihn entsch\u00e4digt und sichert, die Begr\u00fcndung und St\u00e4rkung einer zweifellosen, ihn tragenden Lebens\u00fcberzeugung. Hat seine Seele gefunden, was sie suchte, so gebraucht der H\u00f6rer auch heute noch jenen sch\u00f6nen, anschaulichen Ausdruck der Schrift, er sagt, er habe Bich \u201eerbaut\u201c. Des Menschen Psyche aber ist das Organ der Erbauung, sie, die Lebenstr\u00e4gerin, welche entweder in der Sinnenwelt und S\u00fcnde untergeht oder mit g\u00f6ttlichem Geistesinhalt gef\u00fcllt wird. Darum gilt in den Augen des H\u00f6rers jeder geistliche Redner so viel, als er sich um die Seelen seiner H\u00f6rer bek\u00fcmmert. Geht es also im Gottesdienste nach dem Worte Goethes: \u201eDie Hauptsache ist, dafs man eine Seele habe, die das Wahre liebt und die es aufnimmt, wo sie es findet\u201c, so kann, wenn dem Zuh\u00f6rer nun auch die rechte, ihn bewegende psychologische Predigt geboten wird, aus einem glaubenslosen, ver\u00f6deten Herzen eine Quelle reichsten Segens werden\u201c (vgl. S. 27 ff.).\nIn Bezug auf Eintheilung und Umfang der einzelnen Theile liefse sich mehrfach mit dem Verfasser rechten. Eine gewisse Neigung zum Abspringen vom Thema, zum Herbeiziehen neuester Literaturerscheinungen, wie Ibsen, Zola, Nietzsche, und daneben unbegr\u00fcndete K\u00fcrze in der Behandlung wichtigerer Probleme, z. B. der praktischen Seelenkunde des Apostels Paulus, endlich eine nicht selten hervortretende Bevorzugung des sch\u00f6neren an Stelle des klareren Ausdrucks, \u00fcberhaupt der rhetorischen an Stelle der wissenschaftlichen Diction \u2014 dies alles verr\u00e4th den schriftstellerischen Anf\u00e4nger neben dem ge\u00fcbten Kanzelredner. Aber im Ganzen ist der Eindruck des Buches ein befriedigender : es belehrt und fesselt zugleich ; es begn\u00fcgt sich nicht mit Andeutungen, sondern giebt detaillirte Erl\u00e4uterungen; es weist die Bedeutung der Psychologie f\u00fcr die Homiletik nach, ohne bei der erg\u00e4nzenden Aufgabe, dem Nachweis einer R\u00fcckwirkung der letzteren auf die erstere, sich aufzuhalten, obwohl es an Material dazu nicht gebricht Es bleibt zwar, alles in allem, Entwurf; aber die Grundlinien einer Psychologie innerhalb der Homiletik bietet dieser Entwurf. Um demselben den wUnschenswerthen Erfolg zu schaffen, dazu w\u00e4re vor Allem erforderlich, dafs bei der Pr\u00fcfungsordnung f\u00fcr die Candidaten des geistlichen Amtes und bei der Wahl der Examinatoren innerhalb der Con-sistorien das Lehrfach der Psychologie mehr Ber\u00fccksichtigung f\u00e4nde, als dies gegenw\u00e4rtig der Fall zu sein scheint. Die Wechselwirkung von Theorie und Praxis steht gerade auf diesem Punkte aufser Zweifel.\nDafs die \u201eTopik\u201c, die Kunst der rednerischen Invention, welche sich materiell zun\u00e4chst auf die heilige Schrift und auf die ethische Erfahrung zu st\u00fctzen hat, erheblich durch Ausnutzung der psychologischen Gesichtspunkte gewinnen w\u00fcrde, zeigt der Verfasser im zweiten Haupttheil, welcher die beiden Disciplinen in ihrer Verbindung behandelt. Die Aufnahmef\u00e4higkeit des H\u00f6rers ist bedingt durch die Sinne, durch die Enge oder Weite des Bewufstseins, durch Verwandtschaft und disparate Verschiedenheit des Vorgetragenen, den Grad der Anschaulichkeit, die Leichtigkeit der","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nBesprechungen.\nIdeenassociation, die Ausbildung de\u00bb Ged\u00e4chtnisses. Darauf mufs der Redner R\u00fccksicht nehmen : er hat zu erw\u00e4gen, wie weit er im Stande sein werde, durch Anregung der Phantasie, durch Erweckung bestimmter Gef\u00fchle, durch Respectirung des Wahrheits- und des Sch\u00f6nheitssinnes der H\u00f6rer fremdartige Stimmungen fernzuhalten, heilsame zu begr\u00fcnden oder zu befestigen. Er mufs ebenso das Selbstgef\u00fchl der H\u00f6rer schonen wie ihren sympathetischen Gef\u00fchlen gerecht werden, vor Allem aber \u00fcber eine richtige Theorie der Willensregungen verf\u00fcgen, um seiner vornehmsten Aufgabe, auf eine Erneuerung gesunden Willenslebens hinzuarbeiten, gewachsen zu sein.\nDer Schlufs des Buches bringt einige werthvolle Ausschnitte aus der Geschichte der christlichen Predigt, welche zeigen, wie das geniale Ver-st\u00e4ndnifs einzelner Redner wie Chbysostomus, Augustin, Bkrthold, Meister Eckabt, Massillon, Saubin, Schlelbbmacheb, Tholuck, \u2014 f\u00fcr das Seelenleben der Gemeinde den Forderungen gerecht geworden ist, welche die hier entwickelte Theorie an die psychologische Ausbildung des Seelsorgers zu stellen sich bem\u00fcht. Die Praxis des genialen Redners eilt den theoretischen Regeln gleichsam voraus und liefert die Probe auf ihre Richtigkeit Gemeinsam ist allen jenen Musterrednern, ungeachtet ihrer grofsen Verschiedenheit, die individuelle Werthung menschlicher Verh\u00e4ltnisse, die psychologische W\u00fcrdigung der Menschen und ihrer Geschichte, die Beherrschung und praktische Befolgung derjenigen Regeln und die Kenntnis derjenigen Gesetze, welche im Seelenleben des Menschen Geltung haben und durch deren Anwendung allein eine machtvolle Wirkung der anderen Factoren, der fruchtbaren Auslegung des Bibelwortes, des religi\u00f6sen Verst\u00e4ndnisses f\u00fcr die Ziele der Forschung, des ethischen Verst\u00e4ndnisses f\u00fcr die Pflichten, welche sich daraus ergeben, hervorgebracht werden kann.\nDer Verfasser schliefst mit dem Ergebnifs, dafs \u201ezwischen der Psychologie und der geistlichen Redekunst Beziehungen bestehen, welche nur zum Schaden der letzteren geleugnet werden k\u00f6nnen. Die rednerische Wirkung, die Idee der Predigt \u00fcberhaupt, das Bed\u00fcrfnifs des H\u00f6rers wie das Beispiel unseres Herrn und Meisters und der Schrift weisen uns genugsam auf jene Verwandtschaft hin. Die Kunstlehre von der Invention wird mit dieser Thatsache rechnen m\u00fcssen, wie die Homiletik \u00fcberhaupt des psychologischen Fundamentes nicht wird entbehren k\u00f6nnen. Fragt man uns nach dem Materiale, welches zu verarbeiten sein w\u00fcrde, so verweisen wir auf die nat\u00fcrliche und die biblische Psychologie, auf die Erfahrungen der Seelsorge, die Beobachtung des eigenen Ichs des Predigers, wie auf das Studium der psychologisch-homiletischen Literatur. Diesen reichen und grofsen Stoff zu sammeln und f\u00fcr die Kunstlehre von der Predigt zu ordnen, war nicht Aufgabe der vorliegenden Schrift. Aber wir sind \u00fcberzeugt, dafs die Homiletik, insbesondere die Topik, wie die Praxis des Predigers an jener psychologischen Beih\u00fclfe ein starkes Fundament f\u00fcr die Wahrheit der Theorie und die Wirklichkeit des Erfolges in der Welt der Seelen gewinnen w\u00fcrde.\u201c\tGeo. Runzk.","page":126}],"identifier":"lit31017","issued":"1899","language":"de","pages":"122-126","startpages":"122","title":"P. R. D\u00fcrselen: Homiletik und Psychologie. Ein Beitrag zur praktischen Theologie, insbesondere zur Topik. Berlin, Reuther u. Reichard, 1897. V u. 100 S.","type":"Journal Article","volume":"21"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:32:04.502203+00:00"}