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{"created":"2022-01-31T15:43:19.028209+00:00","id":"lit31030","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 21: 150-152","fulltext":[{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nLiterat urbcricht.\nF. Kennedy. Oft the Experimental Investigation of Memory. Psych. Rev. 5 <;5), 477-499. 1898.\nK. giebt eine recht klare Uebersicht Ober die Methoden und Leistungen der bisherigen Ged\u00e4chtnifsuntersuchungen. Bei der Besprechung der Methoden fehlt eine Charakteristik der herangezogenen Maafse (z. B. Gr\u00f6fse der Abweichung, Fehlerzahl, Anzahl des richtig Behaltenen, Zeit des Lernens, Zahl der n\u00f6thigen oder beim Wiederlernen ersparten Reproduc-tionen). Sehr interessant ist der Hinweis auf die Wichtigkeit der quantitativen und qualitativen Ver\u00e4nderung des Gedftchtnifsbildes mit der Zeit. Nach einigen Andeutungen darf man von Kennedy\u2019s eigenen Untersuchungen \u00fcber Ged\u00e4chtnifs f\u00fcr Druck und Tonst\u00e4rke, die sp\u00e4ter publient werden sollen, wichtige Aufschl\u00fcsse in dieser Beziehung erwarten. Die Lehre von den individuellen Ged\u00e4chtnifstypen (dem Vorwalten des akustischen, visuellen oder motorischen Bildes) scheint K. absichtlich nicht aufgenommen zu haben, daher auch Binet's einschl\u00e4gige Arbeiten im Literatur-verzeichnifs fehlen. Nicht recht einzuBehen ist, warum Ebbinghaus : Ueber eine neue Methode zur Pr\u00fcfung geistiger F\u00e4higkeiten etc. in dies Verzeichnis aufgenommen wurde.\tJ. Cohn (Freiburg i. B.).\nF. le Dantec. Mim\u00e9tisme et imitation. Rev. philos. 46 (10), 356\u2014398. 1898.\nDie Nachahmung ist eine zweif\u00e4ltige, je nachdem der \"Wille des naeb-ahmenden Gesch\u00f6pfes mitbetheiligt ist oder nicht, im letzteren Falle nennt sie Verf. Mimetismus. Bevor er zur eigentlichen Betrachtung \u00fcbergeht, schickt Verf. eine chemische Definition der Art voraus: Monoplastiden derselben Art nennt er solche \"Wesen, welche aus denselben plastischen Substanzen bestehen. Die Individuen unterscheiden sich nach ihrer quantitativen Zusammensetzung. Bei Polyplastiden gehen die Gewebselemente der einzelnen Individuen aus verschiedenen Variationen derselben Plastiden-art hervor. Die F\u00e4lle von Dimorphismus, z. B. bei Schildl\u00e4usen, oder von Generationswechsel, z. B. bei Farnkr\u00e4utern, haben wir auf Ver\u00e4nderungen der \u00e4ufseren Lebensbedingungen zur\u00fcckzuf\u00fchren, wobei die inneren Anlagen dieselben bleiben. Letztere bewirken nach verschiedenen Umwandlungen eine Wiederkehr der urspr\u00fcnglichen Form. Eine bestimmte Art besitzt also nicht eine bestimmte specifische Form, sondern eine regel-m\u00e4fsige Reihe von specifischen Formen. Gewisse quantitative Beziehungen im K\u00f6rper des Individuums werden von der Differenzirung der Gewebe nicht ber\u00fchrt, sie bleiben unabh\u00e4ngig vom \u00e4ufsern Medium. Dieselben bilden den Charakter der Rasse. Nahe stehende Arten bestehen aus plastischen Substanzen, welche chemische Affinit\u00e4t besitzen, z. B. Frosch und Kr\u00f6te. Sie werden sich um so mehr \u00e4hneln, je j\u00fcnger sie sind. \u2014 Was nun die Erscheinung des Mimetismus betrifft, so haben fr\u00fchere Natur* forscher bereits festgestellt, dafs dieselbe Lebensweise im Stande ist, bei urspr\u00fcnglich sehr verschiedenen Thieren eine gewisse Aehnlichkeit herbeizuf\u00fchren, so z. B. zwischen den Walen und Fischen, zwischen den Flederm\u00e4usen und V\u00f6geln, desgleichen dafs die auf dem hohen Meere lebenden Tiere eine gewisse Aehnlichkeit erlangen und in Folge dessen \u00fcbereinstimmen bez\u00fcglich der Durchsichtigkeit der Gewebe, der hervortretenden","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberich t.\n151\nEntwickelung bestimmter Organe, bez\u00fcglich der Reducirung des Verdauungsschlauches, einer hervorragenden Ausbildung des Fortpflanzungsorgane. \u2014 Ueber den Mimetismus im Dienste des Schutzes der Individuen hat am ersten Wallace eine Anzahl von Thatsachen gesammelt: Viele Thiere haben die Farbe des Mediums, in dem sie sich aufhalten, z. B. Polarthiere die weifse, W\u00fcstenthiere die fahle, n\u00e4chtliche Thiere dunkle Farben. Sie entkommen dadurch leichter ihren Verfolgern und finden leichter Nahrung. Ein kleiner weifsgrauer Nachtschmetterling, Cilix compressa, sieht aus wie Vogelkot, welcher auf ein Blatt gefallen ist. Viele Fang- und Laubheuschrecken in den Tropen sind gef\u00e4rbt und gefleckt wie die Bl\u00e4tter, auf denen sie sich aufhalten, die Gespenstheuschrecken gleichen hinsichtlich ihrer Farbe und Form verdorrten Zweigen, dies um so mehr, als sie ihre F\u00fcfse unregelm\u00e4fsig herabh\u00e4ngen lassen. Ein Schmetterling, Kallima para-lecta, zeigt \u00e4ufserlich pr\u00e4chtige Farben, im Zustande der Ruhe jedoch simuliren seine hervortretenden Fl\u00fcgel ein vertrocknetes Blatt mit seinen Adern und seinen durch Insecten hervorgebrachten Narben. \u2014 Zu den F\u00e4llen von wirklichen Mimetismus geh\u00f6rt nach Wallace die Gewohnheit verschiedener Fliegen gattungen, welche in die St\u00f6cke der Bienen eindringen und dort ihre Eier legen. Ihre Larven n\u00e4hren sich von denen der Bienen, und die daraus entstehenden Individuen sind jedesmal der Hymenopteren-art \u00e4hnlich, bei denen sie als Parasiten leben. Dies sch\u00fctzt die Fliegen vor den Angriffen der Bienen. In \u00e4hnlicher Weise wird auch ein den V\u00f6geln wohlschmeckender Schmetterling durch seine Aehnlichkeit mit anderen Schmetterlingen von schlechtem Geschmack und Geruch vor dem Vertilgt werden gesch\u00fctzt. Wallace hat Gesetze \u00fcber den Schutzmimetis-mus aufgestellt: 1. Die einander nachahmenden Gruppen von Individuen bewohnen dieselbe Gegend, 2. die nachgeahmten Individuen sind reich an Arten und Individuen, 3. die nachahmenden sind arm daran. Manche Thiere werden gesch\u00fctzt durch ihre Aehnlichkeit mit gef\u00fcrchteten Individuen. Brasilianische Schmetterlinge von der Gattung Caligo gleichen im Ruhezustand dem Kopfe einer Eule in Folge der leuchtenden Augenfiecken auf ihren Fl\u00fcgeln. Auch ahmen manche nicht giftige Schlangenarten die giftige Prunknatter nach. \u2014 Indirecten Mimetismus haben wir, wenn die Aehnlichkeit hervorgerufen wird durch gemeinsame Anpassung an \u00e4hnliche Existenzbedingungen. Ein tempor\u00e4rer Mimetismus ist derjenige, der so lange bleibt, als er dem betreffenden Individuum n\u00fctzlich ist. \u2014 Der LAMABa\u2019sche Mimetismus besteht in einer directen Wirkung des Mediums auf den Organismus. Poulton hat gezeigt, dafs, je nachdem man hellere oder dunklere Farben auf den K\u00f6rper der Raupen von Vanessa urticae wirken l\u00e4fst, die entsprechenden Puppen heller oder dunkler gef\u00e4rbt sind. Dies soll darauf beruhen, dafs der K\u00f6rper auf eine bestimmte Farbenerregung mit einer Ausscheidung derselben Farbe antwortet. Ein solcher willk\u00fcrlicher Mimetismus, wobei die Thiere ihre Hautfarbe der Umgebung an\u00e4hneln, finden wir bei Cham\u00e4leon, Laubfrosch, bei gewissen Fischen, welche den sandigen Grund des Meeres bewrohnen. Pouchet und Cop* nehmen an, dafs die hierzu n\u00f6thigen Pigmente (Chromobiasten) in den anatomischen Elementen, welche sarcodische Bewegungen besitzen, verbreitet sind. Die Ver\u00e4nderungen, welche dieselben durch Elektricit\u00e4t,","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nLi teraturbericht.\nLicht u. 8. w. erfahren, modificiren nicht die Quantit\u00e4t der gef\u00e4rbten Materie, sondern nur den Eindruck auf die Netzhaut durch entsprechende Zusammenziehungen bezw. Ausbreitungen der Stoffe, welche durch das Nervensystem bewirkt werden. Viele Fische und Krebse ver\u00e4ndern ihre F\u00e4rbung je nach der F\u00e4rbung des Wassergrundes, wohin sie versetzt werden. Dies ist nicht der Fall, wenn die Individuen ihrer Augen beraubt sind. Solche Ver\u00e4nderungen geschehen urspr\u00fcnglich willk\u00fcrlich, unterst\u00fctzt durch bereits unbestimmt bestehende Aehnlichkeit, allm\u00e4hlich werden sie reflectorisch.\nVerf. kommt zu dem Schlufs, dafs die DARWix\u2019sche Erkl\u00e4rung des Schutz-Mimetismus, n\u00e4mlich durch nat\u00fcrliche Zuchtwahl, nicht gen\u00fcgt\u00bb dafs man vielmehr aufserdem noch in vielen F\u00e4llen eine wirkliche oder instinctive Nachahmung annehmen mufs, namentlich dann, wenn die \u00c4rmlichkeiten zu bestimmt und in die Augen fallend sich auf Einzelheiten erstrecken. \u2014\nMeiner Ansicht nach ist der wirkliche Schutz-Mimetismus mehr eine Folge des dem Organischen inne wohnenden Strebens nach Anpassung an die jeweilige Umgebung. Es besteht im thierischen Individuum die tief gewurzelte Tendenz, in dem f\u00fcr das Thier so harten Kampfe ums Dasein an Kr\u00e4ften zu sparen, was es sparen kann, sowohl beim Aufsuchen von Nahrung, beim Aufziehen der Nachkommenschaft, bei der Unternehmung von Wanderungen alB auch beim Schutze gegen Feinde. Diejenigen Individuen aber sparen offenbar am meisten an Kraft, welche sich den jeweiligen \u00e4ufseren Bedingungen am allseitigsten anpassen. Jede Abweichung von der in einer bestimmten Umgebung erprobten Art der Verwerthung der daselbst bestehenden Lebensbedingungen erfordert einen gr\u00f6fseren Aufwand von Kraft. Um diesen zu vermeiden, sucht das Individuum, welches in die betreffende Umgebung ger\u00e4th, den Gliedern der Gemeinschaft, welche daselbst wohnen, m\u00f6glichst \u00e4hnlich zu werden, in Farbe, K\u00f6rpergestalt, Beschaffenheit bestimmter Organe, Lebensweise. Durch dieses Aehnlich-werden spart eB in jeder Weise an Kr\u00e4ften. Namentlich wird dadurch auch ein Theil der sonst zum Schutze seines Leibes gegen Feinde verwendeten Kr\u00e4fte \u00fcberfl\u00fcssig, sofern sein ver\u00e4ndertes Aeufsere diesen Schutz mit \u00fcbernimmt. Auch im Menschlichen findet man einen solchen Mimen-tismus z. B. das Aehnlichwerden der Ehegatten, nicht nur in seelischer Beziehung, sondern auch in Bezug auf die Gesichtsz\u00fcge, ja mitunter sogar in Bezug auf die F\u00e4rbung des Haares. Hier liegt offenbar das Streben zu Grunde, durch dieses Aehnlichwerden eine leichtere gemeinsame Anpassung an die Lebensbedingungen zu erzielen.\tGiessleb (Erfurt).\nA. Binet et N. Vaschide. Un nouvel ergographe dit ergographe \u00e0 ressort\nAnn\u00e9e psych. 4, 303\u2014315. 1898.\n\u2014\tExamen critique de l\u2019ergographe de Mosso. Ebda. 253\u2014266. 1898.\n\u2014\tR\u00e9paration de la fatigue musculaire. Ebda. 295\u2014302. 1898.\n\u2014\tLa physiologie du muscle dans les exp\u00e9riences de vitesse. Ebda. 267\u2014279. 1898.\n\u2014\tL\u2019effort respiratoire pendant les exp\u00e9riences \u00e0 l\u2019ergographe. Ebda. 280\u2014294.\n\u2014\tCritique dn dynamom\u00e8tre ordinaire. Ebda. 245\u2014252. 1898.\nDieser Ergograph der Verf. ist eine zweckm\u00e4fsige Verbindung des Ponometers von Mosso (1890) und eines Dynamometers zu einem neuen","page":152}],"identifier":"lit31030","issued":"1899","language":"de","pages":"150-152","startpages":"150","title":"F. Le Dantec: Mim\u00e9tisme et imitation. Rev. philos. 46 (10), 356-398. 1898","type":"Journal Article","volume":"21"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:43:19.028214+00:00"}