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{"created":"2022-01-31T16:11:32.967513+00:00","id":"lit31091","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Heymans, G.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 21: 321-359","fulltext":[{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\nVon\nG. Heymans.\nErster Artikel.\n(Mit 17 Figuren.)\nInhalt.\nSeite\nEinleitung............................................. 381\nI.\tDie Verdr\u00e4ngung von Empfindungen durch andere, local mit jenen zusammenfallende, aber qualitativ davon verschiedene Empfindungen..........................326\n1.\tFarbenempfindungen............................326\n2.\tGeschmacksempfindungen.........^.............338\n3.\tSchallempfindungen............................351\nII. Folgerungen: die Reizschwelle........................356\nEinleitung.\nMit dem Worte psychische Hemmung bezeichne ich die allgemeine Thatsache, dafs ein Bewufstseinsinhalt durch das gleichzeitige Gegebensein eines anderen Bewufstseinsinhaltes einen Intensit\u00e4tsverlust erleidet, also entweder geschw\u00e4cht, oder vollst\u00e4ndig aus dem Be-wufstsein verdr\u00e4ngt wird. Mit der experimentellen Untersuchung dieser Thatsache besch\u00e4ftige ich mich seit mehreren Jahren; einige vorl\u00e4ufige Ergebnisse derselben habe ich im Jahre 1892 auf dem Londoner Psychologencongrefs mitgetheilt.1 Jetzt bin\n1 International Congrefs of Experimental Psychology, Second Session, London 1892, S. 109\u2014115: Ueber das Verh\u00e4ltnis des WKBEE\u2019schen Gesetzes zu den Erscheinungen der Vorstellungshemmung. \u2014 Indem das letzte Wort den Schein erwecken k\u00f6nnte, als ob es blos oder vorzugsweise die Hemmung von ErinnernngsVorstellungen bedeuten sollte, habe ich es hier durch \u201epsychische Hemmung\u201c ersetzt.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XXI.\n21","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nG. Heymans.\nich im Stande, ein mehrere Sinnesgebiete umfassendes, nach verschiedenen Methoden gewonnenes, jedoch einer allgemeinen Gesetzm\u00e4fsigkeit sich unterordnendes Thatsachenmaterial den Fachgenossen vorzulegen. Allerdings sind auch jetzt noch meine Untersuchungen weit davon entfernt, ihren Abschlufs erreicht zu haben. Einerseits halte ich es f\u00fcr wahrscheinlich, dafs das im Folgenden zu er\u00f6rternde Hemmungsgesetz ein viel gr\u00f6fseres Thatsachengebiet umspannt als dasjenige, \u00fcber welches hier berichtet werden soll; andererseits m\u00f6chte ich auch meine bisherigen Untersuchungen nur als eine Art Pionierarbeit angesehen haben, welche zwar die vorhegenden allgemeinen Abh\u00e4ngigkeitsverh\u00e4ltnisse festgestellt, keineswegs aber in der Bestimmung der f\u00fcr die besonderen F\u00e4lle geltenden (konstanten h\u00f6chste Genauigkeit erreicht zu haben beansprucht. Letzterem Mangel abzuhelfen, mufs ich den gr\u00f6sseren, \u00fcber ein zahlreiches Versuchspersonal verf\u00fcgenden Laboratorien \u00fcberlassen ; in Bezug auf den ersteren hoffe ich innerhalb nicht zu langer Zeit Ergebnisse weiterer, zum Theil bereits angefangener oder abgeschlossener, zum Theil auch blos geplanter Versuche ver\u00f6ffentlichen zu k\u00f6nnen.\nEs wird n\u00fctzlich sein, der Er\u00f6rterung specieller Hemmungsverh\u00e4ltnisse einige orientirende Beispiele aus der allt\u00e4glichen Erfahrung vorauszuschicken, und nachzusehen, was dieselben uns in Bezug auf die allgemeinen Bedingungen der Hemmung lehren k\u00f6nnen. Ich beschr\u00e4nke mich dabei auf das Gebiet, wo solche Beispiele sich am leichtesten darbieten, und von welchem auch in diesem ersten Artikel ausschliefslich die Rede sein wird, n\u00e4mlich dasjenige der Verdr\u00e4ngung sinnlicher Empfindungen und Gef\u00fchle durch andere von gleicher Modalit\u00e4t. Schon Hippocrates lehrte, dafs von zwei an verschiedenen K\u00f6rperstellen auftretenden Schmerzen der st\u00e4rkere den schw\u00e4cheren unter Umst\u00e4nden vollst\u00e4ndig unmerklich macht; ebenso kann die Anwendung eines intensiven K\u00e4ltereizes ein Schmerzgef\u00fchl momentan zum Verschwinden bringen. Das in der Stille der Nacht deutlich wahrnehmbare Ticken der Uhr l\u00e4fst sich aus dem Tagesl\u00e4rm kaum, und w\u00e4hrend einer Musikausf\u00fchrung \u00fcberhaupt nicht mehr unterscheiden ; f\u00fchrt man einen starken elektrischen Strom durch die eine, und einen schw\u00e4cheren durch die andere Hand, so wird letzterer nicht bemerkt Schliefst man beide Augen, so hat man deutlich die Empfindung des Schwarzen; schliefst man dagegen blos ein Auge, so wird die Schwarzempfindung dieses Auges","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n323\ndurch die Lichtempfindung des anderen Auges vollst\u00e4ndig verdr\u00e4ngt, und man sieht mit dem geschlossenen Auge so wenig Wie mit dem. Finger oder dem R\u00fccken- Es w\u00e4re leicht die Beispiele zu h\u00e4ufen; das Angef\u00fchrte wird jedoch zum Zwecke der vorl\u00e4ufigen Orientirung gen\u00fcgen.\nUeber die allgemeinen Bedingungen, denen der Verdr\u00e4ngungs-procefs unterliegt, l\u00e4fst sich nun aus den angef\u00fchrten Thatsachen schon soviel erkennen, dafs einmal die den Empfindungen zukommenden Intensit\u00e4ten und Gef\u00fchlst\u00f6ne, sodann auch die jeweilige Richtung der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit darunter, eine wichtige Stelle einnehmen. Wenn die oben erw\u00e4hnten hemmenden Reize allm\u00e4hlich abgeschw\u00e4cht werden, so treten die anfangs gehemmten Empfindungen alsbald wieder ins Bewufst-sein; das N\u00e4mliche findet statt, wenn man die Intensit\u00e4t der gehemmten Reize allm\u00e4hlich zunehmen l\u00e4fst. Ein merklicher Gef\u00fchlston der zu hemmenden Empfindung wirkt, ebenso wie die Richtung der Aufmerksamkeit auf dieselbe, der Hemmung entgegen; haftet dagegen der hemmenden Empfindung ein bedeutender Gef\u00fchlston an, oder wird die Aufmerksamkeit der-selben zugewendet, so wird dadurch der Hemmungsprocefs be-g\u00fcnstig! Es l\u00e4fst sich vermuthen, dafs neben diesen Factoren auch die Qualit\u00e4ten der Reize einen Einflufs haben werden; doch kann hier\u00fcber die einfache Selbstbeobachtung kaum etwas Sicheres lehren.\nMan wird vielleicht bemerken, dafs die hier aufgez\u00e4hlten Factoren sich s\u00e4mmtlich auf Einen zur\u00fcckf\u00fchren lassen, insofern auch Intensit\u00e4t, Gef\u00fchlston und Qualit\u00e4t der Empfindungen die Hemmung nur dadurch beeinflussen, dafs sie die Aufmerksamkeit mehr oder weniger von dem wahrzunehmenden Reize ab-oder auf denselben hinlenken. Dem mag so sein; es ist aber zu bedenken, dafs die zwischen jene Factoren und die Hemmungswirkung eingeschobene \u201eAufmerksamkeit\u201c vielleicht ein unentbehrlicher H\u00fclfsbegriff, aber gewifs keine f\u00fcr sich wahrnehmbare und mefsbare Bewufstseinserscheinung ist. Eine auf die Feststellung exacter Gesetze ausgehende Untersuchung wird sich demnach, statt auf die Aufmerksamkeit selbst, auf die dieselbe bestimmenden Factoren, welche sich theils in melkbarer Weise variiren, theils constant erhalten lassen, richten m\u00fcssen. Dementsprechend habe ich zun\u00e4chst versucht, die Gesetze zu ermitteln,\nwelche die Abh\u00e4ngigkeit der hemmenden Wirkung\n21*","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\nG. He y mans.\nvon der Intensit\u00e4t des Hemmungsreizes beherrschen. Es lag nahe, dabei als Maafs der Hemmungswirksamkeit die Erh\u00f6hung der Reizschwelle zu verwenden, welche durch Einf\u00fchrung des Hemmungsreizes sich ergiebt ; die concrete Frage, \u00fcber welche Aufkl\u00e4rung gesucht wurde, ist also diese * nach welchem Gesetze diese Erh\u00f6hung der Reizschwelle von der Intensit\u00e4t des sie bewirkenden Hemmungsreizes abh\u00e4ngt. \u2014 Bei den zur Beantwortung dieser Frage angestellten Versuchen war selbstverst\u00e4ndlich genau darauf zu achten, dafs Variationen der sonstigen mitwirkenden Factoren, also der Qualit\u00e4t, des Gef\u00fchlstons und der Richtung der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit, entweder ausgeschlossen oder in anderer Weise unsch\u00e4dlich gemacht wurden. In Bezug auf die Qualit\u00e4t hatte dies keine Schwierigkeit Was den Gef\u00fchlston betrifft, so kam ein solcher den zu hemmenden Empfindungen, welche sich ohne Ausnahme in der N\u00e4he der Reizschwelle befinden, in merklicher Weise \u00fcberhaupt nicht zu, w\u00e4hrend die Hemmungsreize soviel wie m\u00f6glich unterhalb der Grenze gehalten wurden, wo Unlustgef\u00fchle anfangen aufzutreten; kam letzteres dennoch vor, so wurde es gewissenhaft protokollirt Nur bei den Geschmacksempfindungen liefsen sich Lust- oder Unlustgef\u00fchle auch bei den geringeren Intensit\u00e4ten der Hemmungsreize nicht vermeiden ; die Wirkung derselben scheint aber innerhalb weiter Grenzen derjenigen der Intensit\u00e4t parallel zu gehen; wenigstens enthielten die Versuchsergebnisse keine Anweisung, die beiden Einfl\u00fcsse zu sondern. Was schliefslich die Richtung der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit anbelangt, so gab es, wenn jede Unsicherheit vermieden werden sollte, nur zwei Wege: entweder es mufste vorgeschrieben werden, die Aufmerksamkeit stets der zu hemmenden schwachen Empfindung, oder aber dieselbe stets der hemmenden st\u00e4rkeren Empfindung m\u00f6glichst zuzuwenden. Ich w\u00e4hlte die erstere, f\u00fcr die Versuchsperson bequemere und gr\u00f6fsere Gleichm\u00e4fsigkeit der Ergebnisse versprechende Methode, obgleich dieselbe den Nachtheil hat, die Hemmungswirksamkeit m\u00f6glichst herabzusetzen und dementsprechend die Feststellung gesetzlicher Beziehungen bedeutend zu erschweren. Mit R\u00fccksicht hierauf habe ich geglaubt, meine Untersuchungen zun\u00e4chst auf die Hemmungsverh\u00e4ltnisse zwischen gleichartigen Reizen, welche an einer oder an benachbarten Stellen angreifen, beschr\u00e4nken zu m\u00fcssen, indem hier die Concentration","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n325\nder Aufmerksamkeit auf die zu hemmende Empfindung zugleich der hemmenden Empfindung mehr oder weniger zu gute kommt Wenn man auch die Hemmungsverh\u00e4ltnisse zwischen Reizen, welche an weit auseinander liegenden Stellen angreifen, oder gaf zwischen disparaten Reizen nach dieser Methode untersuchen wollte, so st\u00e4nde zu bef\u00fcrchten, dafs die hemmenden Empfim d\u00fcngen durch die intensive Concentration der Aufmerksamkeit auf eine andere K\u00f6rperstelle oder ein anderes Sinnesgebiet nahezu vollst\u00e4ndig aus dem Bewufstsein verdr\u00e4ngt, und dementsprechend ihrer hemmenden Wirksamkeit f\u00fcr den gr\u00f6fsten Theil beraubt werden sollten. F\u00fcr die allseitige Durchforschung des vorliegenden Gebietes wird es demnach unbedingt nothwendig sein, dafs in Zukunft auch jener andere, schwierigere Weg, also derjenige der Entscheidung \u00fcber die Merklichkeit der einen bei gleichzeitiger Concentration der Aufmerksamkeit auf die andere Empfindung, in irgend welcher Weise gangbar gemacht werden Das Schema, dem sich alle in diesem Artikel zu besprechenden Versuche einordnen, ist demnach Folgendes: es wird f\u00fcr eine bestimmte Empfindungsqualit\u00e4t erstens die einfache Reizschwelle, sodann die durch gleichzeitige Einwirkung eines in verschiedenen Intensit\u00e4ten zur Anwendung gelangenden zweiten Reizes erh\u00f6hte Reizschwelle bestimmt; jene einfache wird von je einer dieser erh\u00f6hten Reizschwellen subtrahirt, und es wird gefragt, welche Beziehung zwischen den so erhaltenen Hemmung% Wirkungen und den entsprechenden Intensit\u00e4ten des hemmenden Reizes besteht. Diesen hemmenden Reiz nenne ich im Folgenden den Activreiz, jenen anderen, auf welchen die Schwellenbestimmung sich bezieht, den Passivreiz; \u00fcber die Frage, ob vielleicht auch dieser auf jenen irgendwelche hemmende Wirkung aus\u00fcbt, wird durch diese Terminologie nicht pr\u00e4judicirt. \u2014 Es wird vielleicht auffallen, dafs hier und im Folgenden \u00fcberall von Verh\u00e4ltnissen zwischen Reizgr\u00f6fsen die Rede ist, w\u00e4hrend doch die Hemmung als ein psychischer, zwischen Bewufstseinsinhalten und speciell zwischen Empfindungen stattfindender Procefs bestimmt wurde. Ich habe jene Fragestellung gew\u00e4hlt, um die Formulirung meiner Versuchsergebnisse in empirische Gesetze von allen unbewiesenen Voraussetzungen frei erhalten zu k\u00f6nnen. Ueber die Beziehung zwischen Reiz- und Empfindungsintensit\u00e4ten l\u00e4fst sich, wie mir scheint, zur Zeit noch nichts mit Sicherheit behaupten; indem nun nicht die Empfindungen, wohl aber die","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\nG. Reymans.\nReiz\u00a9 direoter Messung zug\u00e4nglich sind, lassen sich die vor* liegenden thats\u00e4chlichen Verh\u00e4ltnisse, sofern denselben nicht\u00ab Hypothetisches beigemischt werden soll, nur als Abh\u00e4ngigkeitsbeziehungen zwischen Reizgr\u00f6fsen darstellen. Uebrigens glaube ich, dafs eben die Resultate dieser rein thats\u00e4chlichen Untersuchung \u00dcber die Frage der Empfindungsintensit\u00e4t und ihrer Messung einiges Licht werden verbreiten k\u00f6nnen.\nI. Die Verdr\u00e4ngung von Empfindungen durch andere, local mit jenen zusammenfallende, aber qualitativ davon verschiedene\nEmpfindungen.\n1. Farbenempfindungen.\nDie in diesem Abschnitt zu besprechenden Untersuchungen hatten die Frage zu beantworten, ob und nach welchem Gesetze die Reizschwelle f\u00fcr eine bestimmte Farbe sich erh\u00f6ht, wenn derselben andere intensiv abgestufte Farben von verschiedener Qualit\u00e4t beigemischt werden. Die Methode war diejenige der Minimal\u00e4nderungen; als Versuchsmaterial dienten farbige Papiere, welche auf Papp - und Aluminiumscheiben festgeklebt, und mittels eines ZiMMEBMANN\u2019schen Rotationsapparates in rasche Drehung versetzt wurden.\nDes n\u00e4heren sind die verwendeten Apparate folgenderweise eingerichtet. F\u00fcnf mit mattschwarzem Papier beklebte kreisf\u00f6rmige Scheiben von 11 cm Durchmesser sind an der Peripherie mit einer Gradeintheilung versehen; auf jede Scheibe ist ein von zwei con-centrischen Kreisbogen und zwei Radien begrenztes Papierst\u00fcck ab cd von weifser, rother, braungelber, gr\u00fcner oder blauer Farbe angebracht, dessen eine radiale Grenze genau dem Nullpunkte der Gradeintheilung entspricht Die im engeren Sinne farbigen Papiere (also alle mit Ausnahme des weifsen und des schwarzen Papieres) wurden so gew\u00e4hlt bezw. durch Auftr\u00e4gen einer Schicht schwarzer Wasserfarbe verdunkelt, dafs sie, nach der MARTius'schen Methode untersucht, ann\u00e4hernd gleiche\nFig. 1.","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n321\nHelligkeit besafsen. Ferner gelangten sechszehn Sectoren-scheiben aus Aluminiumblech zur Verwendung, von welchen eine (von 90u) mit mattschwarzem, und je drei (von 90\u00b0, 180\u00b0 und 270\u00b0) mit Papier in den obengenannten f\u00fcnf Farben beklebt sind. Wird nun (wie in der Figur dargestellt ist) eine Sectorenscheibe mit einer Kreisscheibe auf den Rotationsapparat befestigt, so kann durch Drehung der ersteren in Bezug auf di\u00e9 letztere der sichtbarbleibende Theil des auf dieser angebrachten farbigen Papierst\u00fccks beliebig variirt werden. Wird das Ganze in rasche Drehung versetzt, so gelangt ein farbiger Ring auf farbigem (oder bei Verwendung der schwarzen Sectorenscheibe auf schwarzem) Grund zur Wahrnehmung; letzterer ist in einem bestimmten Verh\u00e4ltnifs (in der Figur 1:3) aus der Farbe der Sectorenscheibe und Schwarz gemischt, w\u00e4hrend in dem ersteren ein beliebig variirbarer Theil des Schwarz durch die Farbe des auf der Kreisscheibe angebrachten Papierst\u00fcckes'ersetzt worden ist Durch allm\u00e4hliche Verstellung der beiden Scheiben l\u00e4fst sich der Punkt bestimmen, wo ein qualitativer Unterschied zwischen Ring und Grund eben merklich wird; das hierzu erforderte Verh\u00e4ltnifs der Farbenreize kann dann ohne Weiteres an der Gradeintheilung abgelesen werden.\nDie Fragestellung war \u00fcberall die gleiche: die Versuchsperson wurde aufgefordert zu entscheiden, ob zwischen Ring und Grund ein Qualit\u00e4tsunterschied in der Richtung von der Farbe des Papierst\u00fccks zur Complement\u00e4rfarbe zu erkennen sei. Gelangte also beispielsweise eine rothe Sectorenscheibe auf einer Kreisscheibe mit blauem Papierst\u00fcck zur Verwendung, so wurde gefragt, ob der Ring bl\u00e4ulicher bezw. der Grund gelblicher roth aussehe als das andere. Aus doppeltem Grunde glaubte ich diese Fragestellung der scheinbar einfacheren, ob in dem Ringe die Farbe des Papierst\u00fcckes zu erkennen sei, vorziehen zu m\u00fcssen. Einmal waren die verwendeten Papiere selbstverst\u00e4ndlich weit davon entfernt, die betreffende Farbe in speCtraler Reinheit darzubieten; sodann aber ist bekanntlich die genaue Bezeichnung der Farbenqualit\u00e4t grofsen Schwankungen und Unsicherheiten ausgesetzt, denen zu Folge eine Farbe, welche dem Einen als reines Roth erscheint, von einem Anderen schon als bl\u00e4ulieh-oder gelblichroth bezeichnet werden kann. Jene andere Fragestellung w\u00fcrde demnach nur \u00fcber die associative Verbindung zwischen Farbent\u00f6nen und Namen, nicht aber \u00fcber die Merk-","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nG. Heymans.\nlichkeit der beigemischten in der Grundfarbe etwas gelehrt haben. IJebrigens bemerke ich gleich, dafs die wahrgenommenen Unterschiede fast ausnahmslos als ein Auftreten der Farbe des Papier-St\u00fcckes in der Grundfarbe gedeutet wurden ; nur wo mit weifeen Sectorenscheiben experimentirt wurde, kam es \u00f6fters vor; dafe ehe noch der Ring die Farbe des Papierst\u00fcckes erkennen liefe, sich im Hintergr\u00fcnde schon die Contrastfarbe bemerklich machte.\nIndem ich, dem Vorhergehenden zu Folge, \u00fcber sechszehn Sectorenscheiben und f\u00fcnf Kreisscheiben verf\u00fcgte, waren im Ganzen 16 X 5 == 80 Combinationen von Sectorenscheiben und Kreisscheiben m\u00f6glich gewesen. Von diesen habe ich jedoch zw\u00f6lf (n\u00e4mlich die Zusammenstellung der drei rothen, bezw. braungelben, gr\u00fcnen und blauen Sectorenscheiben mit den Kreisscheiben mit gr\u00fcnem, bezw. blauem, rothem und braungelbem Papierst\u00fcck) un untersucht gelassen, weil ja die Hinzuf\u00fcgung einer complement\u00e4ren Farbe derjenigen von lichtschwachem Weifs gleichkommt, und also diese F\u00e4lle, neben denjenigen wo farbige Sectoren auf Kreisscheiben mit Weifs zur Verwendung gelangten, kein eigenes Interesse bieten. F\u00fcr jeden der \u00fcbrig-bleibenden 68 F\u00e4lle wurde zehnmal die obere und zehnmal die untere Reizschwelle bestimmt, aus den sich ergebenden Zahlen das Mittel gezogen, und der wahrscheinliche Fehler dieses Mittels\nE v\nnach der Formel w \u2014 0,8453 - ^ ^ berechnet. Versuchsperson\nwar bei diesen wie bei den sp\u00e4ter zu besprechenden Versuchen, wo nicht ausdr\u00fccklich Andere genannt werden, meine Frau. Das Verfahren war, mit Ausnahme der in der Fragestellung enthaltenen Hinweisung auf die Richtung des wahrzunehmenden Qualit\u00e4tsunterschiedes, ein durchaus unwissentliches. Die Mittel-werthe der einfachen (mit der schwarzen Sectorenscheibe gewonnenen) und der erh\u00f6hten Reizschwellen, sowie die wahrscheinlichen Fehler derselben, sind in der 5. und 6. Verticalspalte der Tab. I angegeben; eine graphische Darstellung der erateren findet man in den Figg. 2\u20146, wo die Abscissen die Intensit\u00e4ten der Hemmungsreize, die Ordinaten die zugeh\u00f6rigen Reizschwellen zur Anschauung bringen. Dafs in der Tabelle 84 statt 68 F\u00e4lle Vorkommen, liegt daran, dafs die einfache Reizschwelle f\u00fcr jede der f\u00fcnf verwendeten Farben mit R\u00fccksicht auf die systematische Ordnung der Versuche mehrfach bestimmt, und dementsprechend auch mehrfach in die Tabelle eingetragen wurde.","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n\u00e029\nTabelle I.\nNr.\nQualit\u00e4t und Intensit\u00e4t (in Graden) dee Activreizes\nQualit\u00e4t\ndes\nPassiv-\nreizes\nMittlere\nReiz-\nschwelle\nin\nGraden\nW. F. derselben in Graden\nHemmungs-\ncoefflcient\nBe-\nrechnete\nReiz-\nschwelle\ninGraden\n1\n2\n3\n4\n6\n6\n7\n8\n9\n10\n11\n12\n13\n14\n15\n16\n17\n18\n19\n20\n21\n22\n23\n24\n25\n26\n27\n28\n29\n30\n31\n32\nroth\nn\n99\nn\nn\nn\nn\nn\nn\n79\nn\nn\n99\n79\nbr.-gelb\n79\n99\n79\n79\n19\n79\n79\n79\n79\n79\n79\n79\n79\n79\n79\n0\n90\n180\n270\n0\n90\n180\n270\n0\n90\n180\n270\n0\n90\n180\n270\n0\n90\n180\n270\n0\n90\n180\n270\n0\n90\n180\n270\n0\n90\n180\n270\nroth\nbr.-gelb\n79\nblau\n79\n79\n79\nweifs\n79\nroth\nbr.-gelb\ngr\u00fcn\n79\nweifs\n79\n79\n79\n1,8\n2,8\n4.7\n6.7\n1.7\n2,1\n3.4\n4.8\n1,2\n1,7\n2,1\n3.1\n0,5\n0,5\n0,5\n0,5\n1,6\n3.6\n4.2\n5.2\n1.7\n3.1\n3.6\n4.6\n1.3\n2.6\n3.2\n4.5\n0,5\n1.3\n1,1\n1.5\n0,2\n0,1\n0,2\n0,2\n0,1\n0,2\n0,2\n0,2\n0,3\n0,1\n0,1\n0,2\n0,0\n0,0\n0,0\n0,1\n0,1\n0,1\n0,1\n0,2\n0,1\n0,1\n0,1\n0,1\n0,1\n0,1\n0,2\n0,4\n0,0\n0,1\n0,1\n0,1\n0,018\n\u2022 0,012\n0,007\n0,000\n0,013\n\u00bb 0,010\n0,011\n0,003\n1.5\n3.2\n4.8\n6.5\n1.4\n2.5\n3.6\n4.6\n1,1\n1.7\n2.3\n2.9\n0,6\n0,5\n0,5\n0,6\n1.9\n3.0\n4.2\n5.3\n1,9\n2.8 3,7 4,6\n1.3\n2.3\n3.4\n4.4\n0,7\n1.0 1,2\n1.5","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\nG. Seymans.\nNr.\n33\n34 36\n36\n37\n38\n39\n40\n41\n42\n43\n44\n45\n46\n47\n48\n49\n50\n51\n52\n53\n54 56\n56\n57\n58\n59\n60\n61\n62\n63\n64\nQualit\u00e4t und Intensit\u00e4t (in Graden) des Activreizes\t\tQualit\u00e4t des Passiv- reizes\tMittlere Reiz- schwelle in Graden\tW. F. derselben in Graden\tHexnmungs- coefficient\t\t\tBerechnete Reizschwelle in Graden\ngr\u00fcn\t0\tbr.-gelb\t1,3\t0,2\t\t\t\tt 1,4\nU\t90\t\t3,3\t0,2\t\t\t\t3.3\n\t\t\t\t\t\t0,021 \\\t\t\nn\t180\tr\t5,3\t0,3\t\t\t\t5,2\nr\t270\tn\t7,0\t0,5\t\t\t\t7 x\nr\t0\tgr\u00fcn\t1,3\t0,2\t\t\t\t1,3\n71\t90\t71\t2,1\t0,1\t\tA AA\u00db J\t1\t2,0 \u00bb 1\t\nr\u00bb\t180\t77\t2,6\t0,2\t\tUjUU\u00fc\tj\t\t2,7\nr\t270\t71\t3,4\t0,1\t\t\t\t3,4\nr>\t0\tblau\t1,3\t0,2\t\t\t\t1,0\nr\t90\t77\t1,7\t0,2\t\t0,011\t\t2,0\n77\t180\t77\t2,9\t0,2\t\t\t\t3,0\n77\t270\t\u00bb\t4,2\t0,2\t\t\t\t4,0\nW\t0\tweifs\t0,5\t0,0\t\t\ti 0,5\t\nV\t90\t\u201e\t0,7\t0,1\t\tA AA0\t\t0,7\nn\t180\t71\t0,9\t0,1\t\tU,w\u00f6\t\t0,9\n71\t270\t71\t1,1\t0,1\t\t\t.\tU\nblau\t0\troth\t1,7\t0,1\t\t\t\u2019\t1,6\n\t90\t\t3,1\t0,2\t\t\t\t3,4\n\t\t\t\t\t\t- 0,020 -\t\t\nr\t180\t71\t5,2\t0,2\t\t\t\t5,2\n71\t270\t*\t7,0\t0,3\t\t\t\t7,0\n71\t0\tgr\u00fcn\t1,3\t0,2\t\t\t\tU\n\t90\t\t2,8\t0,1\t1\t\t\t2,9\n\t\t\t\t\t\tr 0,018\t^\t\t\nr\t180\tr\t4,7\t0,2\t\t\t\t4,6\nr\t270\t71\t6,2\t0,3\t1\t\t\t6,2\nr\t0\tblau\t1,3\t0,2\t*\t\t\t1,1\n71\t90\t\t1,6\to,i\t\t\t\t2,0\n\t\t\t\t\t\t0,010 |\t\t\nr\t180\t\u00bb\t3,1\t0,2\t\t\t\t2,9\n71\t270\t77\t3,9\t0,2\t\u2022\t\t\t3,9\n71\t0\tweifs\t0,6\t0,0\t\t\t\t0,4\nr\t90\t\u00bb\t0,5\t0,0\t\tA AA\u00a32\t\t0,6\n71\t180\t71\t0,8\t0,1\t\tvJjiJU\u00dc\t\t0,9\n7*\t270\t71\t13\t0,1\t\u25a0\t\t\t1,1","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n331\nQualit\u00e4t und Intensit\u00e4t (in Graden) des Activreizes\nQualit\u00e4t\ndes\nPassiv-\nreizes\nMittlere\nReiz-\nschwelle\nin\n! Graden\nW. F. derselben in Graden\nHemmungs-\ncoefficient\nBe-\nrechnete\nReiz-\nschwelle\ninGraden\n65\tweifs\n66\t77\n67\t\u00bb\n68\tr\n69\tn\n70\tr\n71\tr\n72\tn\n73\tn\n74\tn\n75\t\u201d\n76\tr\n77\t*\n78\tn\n79\tn\n80\tr,\n81\tr\n82\tn\n83\tn\n84\t7?\nl\n0\troth\n90\tn\n180\tr>\n270\t77\n0\tbr.-gelb\n90\t71\n180\t77\n270\t\u00ab\n0\tgr\u00fcn\n90\tr\n180\tr\n270\tr\n0\tblau\n90\t77\n180\tr\n270\t77\n0\tweifs\n90\tr\n180\t77\n270\tff\n1.4 5,0 7,9\n10,1\n1,8\n5.0\n9.0 11,7\n1.5\n5.0\n8.4 10,9\n1.4 4,8 9,2\n11,5\n0,5\n0,2\n0,2\n0,4\n0,2\n0,2\n0,1\n0,3\n0,4\n0,0\n0,2\t(\n0,2\t|\n0,1\t)\n0,1\n0,2\n0,3\n0,4\n0,0\n1,3\n1,9\n2,7\n0,032\n0,037\n0,035\n0,039\n0,008\n1,8\n4.7\n7.6 10,5\n1.8\n5.2\n8.5 11,9\n1.7 4,9 8,0\n11,2\n1.5\n5.0\n8.5\n12,0\n0,5\n1.2\n2.0\n2.7\nFig. 2.\nFig. 3.","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\nG. Htymans.\nGrkin\nFig. 4.\nFig. 5.\nFig. 6.\nEin Blick auf diese Figuren lehrt nun ohne Weiteres, dafs die Curven, welche die Endpunkte der Ordinaten mit einander verbinden, die ausgesprochene Tendenz haben in Geraden \u00fcberzugehen. Die Abweichungen sind theils gering, theils nach beiden Seiten hin gleichm\u00e4fsig vertheilt1;\n1 Allerdings lassen die Fig. 2\u20146, jede f\u00fcr sich betrachtet, mehrfach Abweichungen von der Geradlinigkeit erkennen, welche nach Einer Bichtung verlaufen; so zeigen die Curven in Fig. 3 s\u00e4mmtlich bei 90\u00b0 eine ausgesprochene Convexit\u00e4t, w\u00e4hrend die Curven in Fig. 5 ebenso regel-m\u00e4fsig bei 90\u00b0 concav, diejenigen in Fig. 6 bei 180\u00b0 convex verlaufen. Es lag nahe zu vermuthen, dafs diesen constanten Abweichungen Ungenanig-keiten in der Construction der Apparate, speciell der jeweilig verwendeten Sectorenscheiben, zu Grunde liegen; und in der That wurde diese Ver-muthung durch die mikroskopische Messung vollkommen best\u00e4tigt. Es","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n333\nsie lassen sich dem zu Folge fast ganz zum Verschwinden bringen, wenn man f\u00fcr jeden Passivreiz die Mittelzahlen aus den mit sftmmtlichen Activreizen in der Intensit\u00e4t von 0\u00b0 bezw. 90\u00b0, 180\u00b0 und 270\u00b0 erhaltenen Reizschwellen in Anschlag bringt (Fig. 7), oder gar aus diesen Mittelzahlen noch einmal das Mittel zieht (Fig. 8). Es ergeben sich dann folgende, in den genannten Figuren veranschaulichte Zahlenwerthe :\nTabelle II.\nPassivreize\tIntensit\u00e4t der Activreize\t\t\t\n\t0*\t90\u00b0\t180\u00b0\t270\u00b0\nroth\t1,6\t3,6\t5,5\t7,3\nbraungelb\t1,6\t3,4\t5,3\t7,0\ngr\u00fcn\t1,4\t3,1\t4,7\t6,3\nblau\t1,3\t2,5\t4,3\t5,7\nweifs\t0,5\t0,9\t1,0\t1,4\nMittel:\t1,3\t2,7\t4,2\t5,5\nFig. 8.\nergab sich, dafs die f\u00fcr die Ablesung dienenden Kanten der Sectoren-scheiben nicht genau radial verlaufen, demzufolge die abgelesenen Werthe Correctionen von 1\u20143 Zehntelgraden erfordern, und dafs die erforderten G orrecti o nen durchwegs auf die Entfernung der angedeuteten Abweichungen hinzielen. Ich habe versucht, die betreffenden Fehler der Apparate zahlenm\u00e4\u00dfig zu bestimmen; leider waren aber die Oesen, mittels deren die Scheiben auf den Rotationsapparat befestigt wurden, durch den vielfachen Gebrauch etwas abgenutzt, demzufolge","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"384\nG. Heymans.\nD\u00fcrfen wir also annehmen, dafs sich die Curven dec Figg. 2\u20146 unter verbesserten Versuchsbedingungen stets mehr der Geradlinigkeit ann\u00e4hem w\u00fcrden, so geht daraus hervor, daJs die Erh\u00f6hung der Farbenreizschwelle, welche durch Hinzuf\u00fcgung eines weiteren Farbenreizes erfolgt, der Intensit\u00e4t des letzteren proportional gesetzt werden mufs. Oder mit anderen Worten: die Hemmungskraft eines Farbenreizes, an den ebengehemmten Farbenreizen gemessen, w\u00e4chst proportional seiner Intensit\u00e4t Die Beziehung zwischen der einfachen Reizschwelle f\u00fcr eine bestimmte Farbe r0 und der durch Beimischung eines zweiten Farbenreizes von der Intensit\u00e4t R erh\u00f6hten Reizschwelle rR mufs sich demnach durch folgende Formel darstellen lassen:\nrR = r0 -f- hR,\nin welcher der Factor h in Bezug auf die betreffenden Reize eine Constante vorstellt, welche ich den Hemmungscoeffi-cienten nenne. Die Bedeutung dieser Hemmungscoefficienten liegt offenbar darin, dafs sie das Verh\u00e4ltnifs zwischen den Sectorenbreiten der hemmenden und der durch dieselben eben gehemmten Reize ausdr\u00fccken, und also f\u00fcr die Hemmungskraft, welche einem Reize bestimmter Qualit\u00e4t einem anderen Reize bestimmter Qualit\u00e4t gegen\u00fcber zukommt, ein Maafs abgeben. Unter Zugrundelegung der obigen Formel lassen sich nun nach der Methode der kleinsten Quadrate aus den vorliegenden Versuchsergebnissen leicht die wahrscheinlichen Hemmungscoefficienten, und aus diesen die wahrscheinlichen Reizschwellenwerthe ermitteln; beide sind in der 7. und 8. Verticalspalte der Tab. I eingetragen worden. Wie aus der Tabelle ersichtlich, fallen die Differenzen zwischen den beobachteten und den berechneten Werthen in 55 von den 84 F\u00e4llen innerhalb des wahrscheinlichen Fehlers; wodurch f\u00fcr das oben formulirte Hemmungsgesetz die exacte Begr\u00fcndung gegeben ist.\ndie gegenseitige Stellung der Scheiben nicht mehr vollkommen fest, und die genaue Bestimmung der einschl\u00e4gigen kleinen Betr\u00e4ge nicht ohne eine gewisse Willk\u00fcrlichkeit zu .bewerkstelligen war. Nur soviel kann mit Sicherheit behauptet werden, dafs, wenn die betreffenden Fehler vermieden oder eliminirt h\u00e4tten werden k\u00f6nnen, die Begelm\u00e4fsigkeit der Ergebnisse eine bedeutend gr\u00f6fsere gewesen w\u00e4re als jetzt der Fall ist.","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n335\nDamit ist jedoch die Bedeutung der vorliegenden Versuchsergebnisse noch keineswegs ersch\u00f6pft Wenn wir n\u00e4mlich die oben berechneten Hemmungscoefficienten und die Mittelwerth\u00e9 der zugeh\u00f6rigen einfachen Reizschwellen in einer Tabelle (III) \u00fcbersichtlich zusammenstellen, so ergiebt sich ein \u00e4ufserst merkw\u00fcrdiger dreifacher Parallelismus zwischen dem Verlauf der einfachen Reizschwellen, der Hemmungscoefficienten f\u00fcr je einen Activreiz und der Hemmungscoefficienten f\u00fcr je einen Passivreiz; so zwar, dafs beim Uebergang von roth nach braungelb, gr\u00fcn, blau und weifs die beiden ersteren Werthe eine deutliche Tendenz zum Herabgehen1, die letzteren eine ebenso deutliche Tendenz zum Ansteigen erkennen lassen. Allerdings gelangen diese Tendenzen in den auf je eine Farbe sich beziehenden horizontalen und verticalen Zahlenreihen nicht ausnahmslos, sondern nur im Grofsen und Ganzen zum Durchbruch; man braucht aber nur Mittelwerthe aus denselben zu ziehen, um den behaupteten Parallelismus klar und deutlich ans Licht treten zu lassen.\nTabelle HI.\nActivreize\t\t\u2022\tPassivreize\t\t\t\n\troth\tbr.-gelb\tgr\u00fcn\tblau\tweif#\tMittel\nroth\t0,018\t0,012\t\t0,007\t0,000\t0,009\nbr.-gelb\t0,013\t0.010\t0,011\t\t0,003\t0,009\ngr\u00fcn\t\t0,021\t0,008\t0,011\t0,002\t0,011\nblau\t0,020\t\t0,018\t0,010\t0,003\t0,013\nweifs .\t0,032\t0,037\t0,035\t0,039\t0,008\t0,030\nMittel :\t0,021\t0,020\t0,018\t0,017\t0,003\t\nEinf. Reizschwelle\t1,7\t1,6\t1,4\t1,2\t0,6\t\nWenn wir genauer zusehen, haben wir es hier sogar nicht hur mit einem Parallelismus der Richtung und des Verlaufs, sondern mit einer nahezu exacten, directen oder reciproken Proportionalit\u00e4t zu thun. Wird n\u00e4mlich der mittlere Hemmungs-\n1 Dafs die Reizschwelle mit abnehmender Wellenl\u00e4nge fortw\u00e4hrend Sinkt, haben auch K\u00f6nig und Brodhun gefunden.","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"386\nG. Reyman*.\ncoefficient aller Activreize in Bezug auf je einen Passivreiz mit 80, und der reciproke Werth des mittleren Hemmungscoefficienten je eines Activreizes in Bezug auf alle Passivreize mit 0,015 mul* tiplicirt, so ergeben sich Zahlen, welche mit den entsprechenden einfachen Reizschwellen ann\u00e4hernd zusammenfallen (Tab. IV.).\nTabelle IV.\ni i\troth\ti br.-gelb 1 gr\u00fcn ; blau 1\t\t\tweife\nEinfache Beizschwelle\t1,7\t1,6\t1,4 j 1,2\t\t0,5\nMittlerer Hemmnngs-coefflcient f\u00fcr Passivreize X 80\t1,7\t1,6\t1,4\t1,4\t0,2\nBeciproker Werth des mittleren Hemmungs-coefficienten f\u00fcr Activreize X 0,015\t1,7\t1,7\t1,4\t1,2\t0,5\nSollte man vielleicht fragen, ob nicht diese auffallende Gesetz m\u00e4fsigkeit der Mittelzahlen der rechnerischen, von einer bestimmten Hypothese geleiteten Verarbeitung der Versuchsergebnisse zu verdanken sein k\u00f6nne, so ist darauf zu erwidern, dafe auch das rohe Versuchsmaterial die erw\u00e4hnten Verh\u00e4ltnisse schon in unzweideutiger Weise erkennen l\u00e4fst Man wolle nur die Tab. II auf S. 333, sowie die untenstehende Tab. V etwas genauer durchsehen. In jener sind erstens (zweite Verticalspalte) die mittleren einfachen Reizschwellen f\u00fcr die verschiedenen Farben, sodann (dritte bis f\u00fcnfte Verticalspalte) die mittleren durch Activreize verschiedener Intensit\u00e4t erh\u00f6hten Reizschwellen f\u00fcr die verschiedenen Farben zusammengestellt; s\u00e4mmtliche vier Zahlenreihen zeigen, wenn man sie von oben nach unten verfolgt, eine zun\u00e4chst langsamer, dann schneller verlaufende, durchgehende Abnahme. In der Tab. V sind dann in entsprechender Weise die mittleren bei Anwendung je eines Activreizes erhaltenen erh\u00f6hten Reizschwellen eingetragen; hier lassen die drei verticalen Zahlenreihen, fast ebenso deutlich wie dort eine Abnahme, eine zun\u00e4chst langsamer, dann schneller verlaufende","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n337\nZunahme von oben nach unten erkennen. In der That brauchen nur zwei (zwischen Klammem gestellte) Zahlen aus dieser Tabelle etwas kleiner genommen zu werden, um in jeder der sieben einschl\u00e4gigen Zahlenreihen die oben er\u00f6rterte Gesetzm\u00e4isigkeit durchgehend und ausnahmslos ans Licht treten zu lassen. Nimmt man nun hinzu, dafs von den beiden zu corrigirenden Werthen der eine nach einer fr\u00fcheren Bemerkung (S. 332\u2014333) in der That durch einen Fehler des Apparates zu grofs ausgefallen ist, w\u00e4hrend der andere nur einer ganz unbedeutenden Correction bedarf um in die Reihe zu passen, so darf wohl mit Sicherheit geschlossen werden, dafs die behauptete Gesetzm\u00e4fsigkeit durch die rechnerische Verarbeitung nicht hervorgebracht oder verst\u00e4rkt, sondern nur in eigener Reinheit, von fremden Beimischungen befreit, ans Licht gezogen worden ist\nTabelle V.\nIntensit\u00e4t der Activreize\nActivreize\t90\u00ae\t180\u00b0\t270\u00ae\nroth\t1,8\t2,7\t3,8\nbraungelb\t(2,6)\t(3,0)\t3,9\ngr\u00fcn\t2,0\t2,9\t3,9\nblau\t2,0\t3,5\t4,6\nweifs\t4,2\t7,3\t9,4\nWas ist nun aber der Sinn der Gesetzm\u00e4fsigkeit, welche wir hiermit kennen gelernt haben? Oder mit anderen Worten: was bedeuten die Zahlen, deren gegenseitige Abh\u00e4ngigkeit sie zum Ausdruck bringt, welche sind die Gr\u00f6fsen, welche durch diese Zahlen gemessen werden?\nDie Antwort ist im Vorhergehenden enthalten. Wenn der mittlere Hemmungscoefficient f\u00fcr Weifs als Activreiz h\u00f6her ist als der mittlere Hemmungscoefficient f\u00fcr jede der anderen Farben als Activreize, so bedeutet dies, dafs ein bestimmtes Quantum Weifs im Durchschnitt die Reizschwelle f\u00fcr ihm beigemischte\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XXI.\t22","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nG. Heymans.\nFarben mehr erh\u00f6ht, also einen gr\u00f6fseren Betrag von diesen Farben unmerklich macht, als ein gleiches Quantum Both, Braungelb, Gr\u00fcn oder Blau. Und wenn der mittlere Hemmungs* coefficient f\u00fcr Weifs als Passivreiz niedriger ist als der mittlere Hemmungscoefficient f\u00fcr jede der anderen Farben als Passiv-reize, so will das sagen, d&fs andere Farben im Durchschnitt die Reizschwelle f\u00fcr beigemischtes Weifs weniger erh\u00f6hen als die Reizschwelle f\u00fcr sonstige beigemischte Farben, dafs sie also einen geringeren Betrag von Weifs, als von Roth, Braungelb, Gr\u00fcn oder Blau unmerklich machen. Mit anderen Worten: die mittleren Hemmungscoefficienten f\u00fcr die verschiedenen Farben als Activreize geben ein Maafs f\u00fcr die hemmende Kraft, welche diesen Farben irgendwelchen passiven Farbenreizen gegen\u00fcber zukommt; und die reciproken Werthe der mittleren Hemmungscoefficienten f\u00fcr die verschiedenen Farben als Passivreize geben ein Maafs f\u00fcr den Widerstand, welchen diese Farben der Hemmung durch irgendwelche active Farbenreize entgegensetzen. Die oben erkannten Proportionalit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse lassen Bich demnach in dem einfachen Gesetze ausdr\u00fccken: die Hemmungskr\u00e4fte sind den Hemmungs widerst\u00e4nden, und beide den reciproken einfachen Reizschwellen pr oportional.\n2. Geschmacksempfindungen.\nDie Fragestellung, welche den hier zu besprechenden Versuchen zu Grunde liegt, ist derjenigen des vorhergehenden Abschnitts v\u00f6llig analog : es wurde untersucht, inwiefern die Schwelle f\u00fcr Geschmacksreize sich erh\u00f6ht, wenn denselben andere Geschmacksreize in verschiedener Intensit\u00e4t beigemischt werden. Aus dieser Fragestellung ergiebt sich das allgemeine Schema f\u00fcr die Versuchseinrichtung von selbst: es mufsten L\u00f6sungen von Schmeckstoffen in verschiedener Goncentration, f\u00fcr sich oder mit L\u00f6sungen anderer Schmeckstoffe von bestimmter Concentration gemischt, auf das Geschmacksorgan applicirt, und der jeweilig zur Ebenmerklichkeit erforderte Concentrationsgrad festgestellt werden. Was die n\u00e4here Ausf\u00fchrung betrifft, so wurden als Schmeckstoffe verwendet Rohrzucker, Kochsalz, salzsaures Chinin und Salzs\u00e4ure; von jedem dieser vier Stoffe wurden","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\t339\nL\u00f6sungen verschiedener Concentration in destillirtem Wasser hergestellt; und zwar zun\u00e4chst solche maximaler (\u00fcberhaupt m\u00f6glicher oder f\u00fcr den Organismus unsch\u00e4dlicher) Concentration (Zucker 50\u00b0/0l Kochsalz 25\u00b0/0, salzsaures Chinin 2\u00b0/0, Salzs\u00e4ure 0,5\u00b0/0), sodann andere, welche aus jenen durch zehnfache^ \u25a0hundertfache, n\u00f6tigenfalls tausendfache Verd\u00fcnnung gewonnen wurden. Bei jedem Einzelversuch wurde von einer als Passiv* reiz zu untersuchenden L\u00f6sung ein bestimmtes Quantum in meinen kleinen Mefscylinder gegossen, und entweder sofort oder nach Beimischung eines bestimmten Quantums einer anderen als Activreiz zu verwendenden L\u00f6sung bis zu einem Volumen von 10 cc. mit destillirtem Wasser angef\u00fcllt. Die so erhaltene einfache bezw. gemischte L\u00f6sung wurde von der Versuchsperson w\u00e4hrend einiger Augenblicke im Munde behalten, und sodann das Urtheil \u00fcber die Merklichkeit oder Unmerklichkeit des Passivreizes abgegeben In dieser Weise wurden im Ganzen 96 verschiedene, einfache oder erh\u00f6hte Reizschwellen bestimmt, indem jeder Schmeckstoff als Passivreiz einmal f\u00fcr sich, sodann in Verbindung mit den in 7 Concentrationsgraden (0,025, 0,05, 0,1, 0,2, 0,3, 0,4 und 0,5 der maximalen Concentration) abgestuften anderen drei Schmeckstoffen als Activreizen zur Untersuchung gelangte. Die Feststellung dieser 96 Werthe erforderte viel Zeit und Sorgfalt. Die bekannte lange Nachwirkung von Geschmacksreizen machte n\u00e4mlich vor jedem Einzelversuche eine ein- oder mehrst\u00fcndige Ruhe des Geschmacksorganes noth-wendig; dem zu Folge an einem Tage nur wenige solche Versuche angestellt werden konnten, und die nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen erfolgende Bestimmung eines einzigen oberen und unteren Reizschwellenwerthes regelm\u00e4fsig mehrere Tage in Anspruch nahm. Unter diesen Umst\u00e4nden konnte schwerlich davon die Rede sein, die 96 zu bestimmenden \u25a0Schwellenwerthe in \u00fcblicher Weise durch Wiederholung der Versuche und Mittelziehung sicherzustellen; es bezieht sich demnach jede der im Folgenden anzugebenden Zahlen nur auf das Ergebnifs einer einzigen, in der angedeuteten Weise durch mehrere Tage sich hindurchziehenden Bestimmung der oberen und unteren Reizschwelle. Wenn ich dennoch f\u00fcr diese Zahlen einiges Vertrauen in Anspruch nehme, so kann ich mich daf\u00fcr an erster Stelle auf die peinliche Sorgfalt berufen, mit welcher\ndie Versuche angestellt wurden. Die Bestimmung jedes Schwellen-\n22*","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nG. Reymans.\nwerthes wurde durch zahlreiche Orientirungsversuche vorbereitet, welche denselben zwischen bestimmten Grenzen einzuschliefeen hatten ; erst wenn zwei Concentrationsgrade des Passivreizes aufgefunden waren, in Bezug auf welche dreimal hinter einander die Merklichkeit bezw. Unmerklichkeit festgestellt worden war, wurden diese als Grenzen, zwischen welchen die gesuchte Reizschwelle liegen mufste, angenommen, und nunmehr zur genaueren Bestimmung dieser Reizschwelle fortgeschritten. Dazu wurde, zuerst von der unteren, sodann von der oberen Grenze ausgehend, durch allm\u00e4hliche Verst\u00e4rkung bezw. Abschw\u00e4chung des Reizes die untere und obere Reizschwelle festgestellt, und schliefslich das Mittel aus diesen beiden Werthen als definitives Ergebnifs in die Tabelle eingetragen. Die einzelnen Versuche wurden nur angestellt, wenn w\u00e4hrend einer oder (nach st\u00e4rkeren vorhergehenden Reizen) w\u00e4hrend mehrerer Stunden das Geschmacksorgan vollst\u00e4ndig geruht hatte; vor jedem derselben wurde der Mund mit destillirtem Wasser sorgf\u00e4ltig ausgesp\u00fclt; jedes auch nur unbedeutende Unwohlsein der Versuchsperson veranlafste sofortige Unterbrechung der Versuche. \u2014 Dafs diese Vorsichtsmaisregeln gen\u00fcgt haben, um die Zuverl\u00e4ssigkeit der Resultate zu sichern, scheint mir aus doppeltem Grunde wahrscheinlich. Einmal ergab die Untersuchung ganz allgemein, dafs die Geschmacksempfindlichkeit der Versuchsperson von Tag zu Tag nur sehr geringen Schwankungen unterlag; es kam fast nicht vor (wie z. B. bei Druckempfindungen so oft der Fall ist), dafs gleiche Reize heute gemerkt, morgen als unmerklich be-urtheilt wurden. Sodann scheint mir die Gesetzm\u00e4fsigkeit der gewonnenen Zahlen, ihr Zusammenstimmen unter einander und mit den f\u00fcr andere Sinnesgebiete erhaltenen Resultaten daf\u00fcr zu sprechen, dafs denselben reale Bedeutung zukommt. In der That darf, mit R\u00fccksicht auf diesen Zusammenhang, die Ge-sammtheit der vorliegenden Versuche als ebenso viele Best\u00e4tigungen einer einzigen allgemeinen Thatsache angesehen werden.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00dcber psychische Hemmung.\n341\nTabelle VL\nQualit\u00e4t\nund\nIntensit\u00e4t (in \u00b0/0) des\nActivreizee\nBe-\nrechnete\nReiz-\nschwelle\nQualit\u00e4t\ndes\nPassiv-\nreizes\nMittlere Reizschwelle in %\nHemmungs-\ncoefficient\nNa CI\nChin. mnr.\nSach. alb.\n0,0066\n0,0077\n0,0098\n0,0140\n0,0224\n0,0308\n0,0692\n0,0476\n0,0033\n0,0070\n0,0103\n0,0163\n0,0248\n0,0275\n0,0410\n0,0466\n0,042\n0,0000\n0,0007\n0,0014\n0,0029\n0,0068\n0,0086\n0,0115\n0,0144\n0,0003\n0,0011\n0,0010\n0,0026\n0,0067\n0,0083\n0,0116\n0,0146\nNa CI\nChin. mur.\nI 0,00116","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"33\n34\n35\n36\n37\n38\n39\n40\n41\n42\n43\n44\n45\n46\n47\n48\n49\n50\n51\n52\n53\n54\n65\n56\n57\n58\n59\n60\n61\n62\n63\n64\nG. Heymann.\n(in %)\n0\n0,625\n1,25\n2.5 5,0\n7.5 10,0 12,5\n0\n0,625\n1,25\n2.5 5,0\n7.5 10,0 12,5\n0\n1,25\n2.5 5\n10\n15\n20\n25\n\t\tBe\nQualit\u00e4t\tMittlere\t\ndes\tBeiz-\tHemmu\u00fcge-\t. > Beiz-\nPaaaiv-\tschwelle\tcoefficient 8chweUe\nreizes\tm %\tin \u00b00 1\nSach. alb.\nTi\ny\nr\nr\ny\ny\ny\n0,40\n0,55\n0,85\n1,68\n2,93\n4,75\n6,30\n(9,40)\nHCl\ny\ny\ny\nr\ny\ny\ny\nChin. mur.\ny\ny\ny\ny\n0,0034\n0,0031\n0,0041\n0,0061\n0,0065\n0,0083\n0,0118\n0,0128\n0,0006\n0,0010\n0,0017\n0,0025\n0,0046\n0,0070\n0,0099\n0,0140\n0,60\n0,0008\n0,19\n0,57\n0,94\n1.69\n3.19\n4.69\n6.19\n7.69\n0,0029\n0,0034\n0,0039\n0,0049\n0,0069\n0,0089\n0,0109\n0,0129\n\n, 0,00051\n0,0001\n0,0008\n0,0014\n0,0027\n0,0052\n0,0078\n0,0103\n0,0129\n0\n1,25\n2,5\n5\n10\n15\n20\n25\nNa Cl\ny\ny\ny\ny\ny\ny\n0,25\n0,56\n0,66\n0,98\n1,23\n1,83\n2,08\n2,55\n\n0,085\n0,44\n0,55\n0,65\n0,87\n1,29\n1,72\n2,14\n2,57","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"65\n66\n67\n68\n69\n70\n71\n72\n73\n74\n75\n76\n77\n78\n79\n80\n81\n82\n83\n84\n85\n86\n87\n88\n89\n90\n91\n92\n93\n94\nUntersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n343\nQualit\u00e4t und Intensit\u00e4t (in %) des Activreizes\t\tQualit\u00e4t des Passiv- reizes\tMittlere Reizschwelle in %\tHemmungs- coefficient\t\t\tBerechnete Reizschwelle in \u00b0,0\nSach. alb.\t0\tHCl\t0,0038\t\t\tf\t0,0036\n\t1,25\tr\t0,0035\t\t\t\t0,0041\nr\t2,5\tfl\t0,0045\t\t\t\t0,0045\n\t5\t\t0,0060\t\t\t\t0,0054\nr\t\t\t\t\t0,00036\t\t\nr\t\u2018 10\"\tr\t0,0068\t\t\t\t0,0072\n\t15\tn\t(0,0045)\t\t\t\t0,0090\nn\t20\tr\t(0,0038)\t\t\t\t0,0108\nff\t26\tn\t(0,0045)\t\t\t\u00bb\t0,0126\nHCl\t0\tChin. mur.\t0,0005\t\t\tr\t0,0004\n\t0,0125\tr\t0,0008\t\t\t\t0,0007\nr\t0,025\tr\u00bb\t0,0011\t\t\t\t0,0011\nn\t0,05\tff\t0.0016\t\t- 0,026 \u00ab\t\t0,0017\nn\t0,10\tfl\t0,0031\t\t\t\t0,0030\nn\t0,15\tff\t0,0043\t\t\t\t0,0043\nr\t0,20\tff\t0,0055\t\t\t\t0,0066\nr\t0,25\tff\t0,0069\t\t\t!,\t0,0069\nn\t0\tNa CI\t0,24\t\t\t\t0,28\nff\t0,0125\tff\t0,31\t\t\t\t0,30\nn\t0,025\tff\t0,34\t\t\t\t0,32\nn\t0,06\tff\t0,38\t\t\u25a0\t1,75 ' \u00ab\t\t0,37\nn\t0,10\tff\t0,46\t\t\t\t0,45\nn\t0,15\tr\t0,54\t\t\t\t0,54\nn\t0,20\tff\t0,64\t\t\t\t0,63\nff\t0,25\tff\t0,70\t\t\t\u25a0\t0,72\nff\t0\tSach. alb.\t(0,54)\t\u25a0\t\t\t0,24\n\t0,0125\tff\t(0,41)\t\t\t\t0,32\nr\t0,025\tfl\t0,39\t\t\t\t0,40\nn\t0,05\tff\t0,63\t\t-\t6,56\t\t0,57\nn\t0,10\tff\t0,90\t\t\t\t0,90\nw\t0,16\tff\t1,20\t\t\t\t1,22\nff\t0,20\tff\t1,58\t\t\t\t1,55\nn\t0,25\tff\t1,86 J\t\t.\t\t1,88","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\n(?. ffeymam.\nFig. 12.","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen, \u00fcber psychische Hemmung.\n345\nDie betreffenden Versuchsergebnisse sind in Tab. VI zusammengestellt worden, welche in genau derselben Weise wie die entsprechende Tab. I im vorhergehenden Abschnitt eingerichtet ist, nur dafs hier selbstverst\u00e4ndlich die Spalte f\u00fcr wahrscheinliche Fehler nicht vorkommt Wie aus dieser Tabelle und den beigef\u00fcgten graphischen Darstellungen ersichtlich, lassen auch diese Versuchsergebnisse sehr sch\u00f6n eine der Intensit\u00e4t der Activreize proportionale Steigerung der Reizschwellen erkennen; dem zu Folge sich hier in gleicher Weise wie dort die Hemmungscoefficienten, und mittels derselben die berechneten, im Allgemeinen gut zu den wahrgenommenen stimmenden Schwellenwerthe ermitteln liefsen. Doch bedarf noch einiges weiterer Aufkl\u00e4rung. Erstens die sonderbare Curve f\u00fcr Sach, alb. \u2014 HCl (Versuche 65\u201472), wo auf die anf\u00e4ngliche Erh\u00f6hung der Reizschwelle alsbald eine ausgesprochene Abnahme folgt Hier liegt die Erkl\u00e4rung ziemlich nahe : bekanntlich hat n\u00e4mlich der s\u00fcfse Geschmack st\u00e4rkerer Zuckerl\u00f6sungen einen s\u00e4uerlich stechenden Beigeschmack; dementsprechend auch die Versuchsperson in einer 50-procentigen L\u00f6sung ohne jeden Zusatz in zwei aus drei F\u00e4llen einen saueren Geschmack erkannte (entsprechende Ergebnisse wurden mit einer 2-procentigen Saccharinl\u00f6sung gewonnen). Daraus erkl\u00e4rt sich aber, dafs schw\u00e4chere Zuckerl\u00f6sungen, welche an und f\u00fcr sich noch nicht den saueren Geschmack erzeugen, dennoch nur eines geringen Zusatzes von","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nG. He y mans.\nHCl bed\u00fcrften, um denselben hervortreten zu lassen. Mit R\u00fccksicht auf diesen st\u00f6renden Umstand wurden hier der Bestimmung der Hemmungscoefficienten und der berechneten Werthe nur die f\u00fcr die f\u00fcnf niedrigsten Intensit\u00e4ten des Activreizes beobachteten Sch wellen werthe (65\u201469) zu Grunde gelegt, und sind die drei anderen (70\u201472j, welche in der Tabelle zwischen Klammem gestellt sind, als unzuverl\u00e4ssig zu betrachten. \u2014 Eine entgegengesetzte Abweichung zeigt die Curve f\u00fcr HCl \u2014 Sach. alb. (Versuche 89\u201496), wo die Reizschwelle f\u00fcr Zucker bei allm\u00e4hlichem Zusatz von Salzs\u00e4ure zuerst sinkt, dann regelm\u00e4fsig steigt Hier ist der st\u00f6rende Umstand (vielleicht die KiEsow\u2019sclie Contrast Wirkung?) nicht so leicht zu finden; das Vorhandensein eines solchen st\u00f6renden Umstandes ist aber angesichts des regel-m\u00e4fsigen Verlaufs der \u00fcbrigen Curven kaum zu bezweifeln, dem zu Folge hier die Ergebnisse der Versuche 89 und 90 zwischen Klammern gestellt, und f\u00fcr die Bestimmung der Hemmungscoefficienten und berechneten Werthe aufser Betracht gelassen sind. \u2014 Schliefslich sind noch aus \u00e4hnlichen Gr\u00fcnden durch Klammern ausgezeichnet und von der Rechnung ausgeschlossen die Versuche 8, 16 und 40, wo die Ergebnisse in Folge der Mitwirkung ausgesprochener und einer 1-procentigen Chinin- bezw. 12,5-procentigen Kochsalzl\u00f6sung gegen\u00fcber nicht befremdlichen Unlustgef\u00fchle offenbar zu hoch gerathen sind (vgl. S. 324).\nSehen wir nun von diesen wenigen (nur 8 von den 96 Versuchsergebnissen tangirenden), relativ unbedeutenden und aufser-dem f\u00fcr den gr\u00f6fseren Theil leicht und sicher erkl\u00e4rbaren Dis-crepanzen ab, so ergiebt sich als erstes Resultat dieser Untersuchung eine durchg\u00e4ngige Best\u00e4tigung des schon fr\u00fcher f\u00fcr das Gebiet der Farbenempfindungen festgestellten Gesetzes Von der Proportionalit\u00e4t zwischen der Intensit\u00e4t des Activreizes und der dadurch bewirkten Steigerung der Schwelle f\u00fcr den Passivreiz. Selbst ist, wie ein Blick auf die Tabelle lehrt, die Uebereinstimmung zwischen beobachteten und berechneten Werthen hier noch etwas genauer als dort.\nFragen wir nun des weiteren, inwiefern auch der andere Theil des in Bezug auf Farbenempfindungen festgestellten Hemmungsgesetzes, nach welchem die Hemmungskrftfte den Hemmungswiderst\u00e4nden, und beide den reci-proken einfachen Reizschwellen proportional ver-","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n347\nlaufen, f\u00fcr die Geschmacksempfindungen gilt, so ist der Tab. VII, in welcher die berechneten Hemmungscoefficienten \u00e4hnlich wie fr\u00fcher \u00fcbersichtlich zusammengestellt worden sind, die Antwort zu entnehmen.\n\tTabelle\tVII.\t\t\nActivreize\ti\tPassivreize\t\t\n\tHCl\tChin.mur.\t\tNaCl\tSach. alb.\nHCl\t!\t0,026\t1,75\t6,56\nChin. mur.\t!\t0,042\t\t1,7\t5,1\nNa Cl\t0,0008\t0,00115\t\t0,60\nSach. alb.\ti 0,00036\t1\t0,00051\t0.086\t\nEinf. Reizschw. :\tl 0,0085\t'\t0,0004\t0,25\t0,58\nIm Grofsen und Ganzen entsprechen diese Zahlen in sehr befriedigender Weise der zu erwartenden Gesetzm\u00e4fsigkeit Die Hemmungscoefficienten f\u00fcr die verschiedenen Activreize in der Ordnung HCl \u2014 Chin. mur. \u2014 NaCl \u2014 Sach. alb. lassen eine durchgehende Verminderung, die Hemmungscoefficienten f\u00fcr Passivreize und (mit Einer Ausnahme) die einfachen Reizschwellen in der n\u00e4mlichen Ordnung lassen eine durchgehende Steigerung erkennen, so zwar, dafs die betreffenden Werthe f\u00fcr HCl und Chin, mur., sowie f\u00fcr NaCl und Sach. alb. einander ziemlich nahe kommen, w\u00e4hrend diejenigen f\u00fcr HCl und Chin. mur. einerseits, NaCl und Sach. alb. andererseits, weit auseinander liegen. Des n\u00e4heren findet man, dafs die Hemmungscoefficienten f\u00fcr Sach. alb. und NaCl als Activreize sich in den beiden F\u00e4llen, welche Vergleichung zulassen, wie 1:2,2 und 1:2,3, die Hemmungscoefficienten f\u00fcr die n\u00e4mlichen Stoffe als Passivreize wie 3,7 :1 und 3,0 :1, die Reizschwellen wie 2,3 :1 verhalten. Ebenso verhalten sich die Hemmungscoefficienten f\u00fcr Chin. mur. und HCl als Activreize wie 1 :1,0 und 1 :1,3, und die Hemmungscoefficienten f\u00fcr dieselben als Passivreize wie 1,4:1 und 1,4:1; die einfachen Reizschwellen entsprechen zwar dieser Regelm\u00e4fsig-keit nicht, doch l\u00e4fst sich dies wohl aus der bekannten alkalischen Beschaffenheit des Mundspeichels erkl\u00e4ren, wodurch ein Theil der eingef\u00fchrten S\u00e4ure neutralisirt, und also die scheinbare Reizschwelle f\u00fcr dieselbe erh\u00f6ht werden mufste. \u2014 Soweit ist Alles in der Ordnung; jetzt kommen aber die Schwierigkeiten. Ver-","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nG. Hcymans.\ngleicht man n\u00e4mlich die Resultate f\u00fcr HCl und Chin. mur. mit denjenigen f\u00fcr NaCl und Sach, alb., so findet man zwar, wie oben bemerkt wurde, f\u00fcr jene ersteren Stoffe die activen Hem-mungscoefficienten bedeutend h\u00f6her, die passiven Hemmung\u00bb-coefficienten und einfachen Reizschwellen bedeutend niedriger als f\u00fcr diese letzteren; die quantitativen Verh\u00e4ltnisse zeigen aber grofse Unregelm\u00e4fsigkeiten. Am besten lassen sich die vorhegenden Verh\u00e4ltnisse \u00fcberschauen, wenn man, wie in Tab. Vm und IX geschehen ist, einmal die Hemmungscoefficienten f\u00fcr Passivreize und die einfachen Reizschwellen, sodann die reziproken Hemmungscoefficienten f\u00fcr Activreize auf die f\u00fcr einen beliebigen Reiz (etwa Sach, alb.) gefundenen Werthe als Einheiten reducirt.\nTabelle VIH.\n(Verh\u00e4ltnisse der Hemmungscoefficienten f\u00fcr Passivreise und der einfachen\nReizschwellen.)\nActivreize\tPassivreize\t\t\t\n\tHCl\tChin. mur.\tNa Cl\tSach. alb.\nHCl\t1\t0,0040\t0,27\t1\nChin. mur.\t, 0,0082\t\t0,33\t1\nNa Cl\ti 0,0013\t0,0019\t\t1\nSach. alb.\t0,0013\t0,0018\t0,301\t\u2022\nEinf. Reizschw.:\t0,0060\t0,0007\t0,43\t1\nTabelle IX.\n(Verh\u00e4ltnisse der reciproken Hemmungscoefficienten f\u00fcr Activreize.)\nActivreize\nPassivreise\tHCl\tChin. mur.\tNaCl\tSach. alb.\nHCl\t'\t0,009\t0,46\t1\nChin. mur.\t0,020\t\t0,44\t1\nNa Cl\t0,049\t0,060\t\t1\nSach. alb.\t0,040\t0,052\t0,4451\t\n1 Diese Zahlen sind, da ein Hemmungscoefficient f\u00fcr Sach. alb. an der entsprechenden Stelle in Tab. VII nicht vorkommt, durch Mittelziehung","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n349\nWie man leicht sieht, sind erstens die Hemmungscoefficienten f\u00fcr HCl \u2014 Chin. mur. und Chin. mur. \u2014 HCl in Bezug auf die Anderen Zahlen zu hoch gerathen, und w\u00fcrde eine Verminderung des ersteren auf die H\u00e4lfte, des zweiten auf 1/8 des festgestellten Betrages n\u00f6thig sein, um in den beiden Tabellen, jede f\u00fcr sich betrachtet, eine durchgehende Ordnung herzustellen. Woher diese Unregelm\u00e4fsigkeit stammt, ist schwer zu sagen ; die Gegenseitigkeit des Verh\u00e4ltnisses legt die Vermuthung chemischer Einwirkung nahe. Ein weiteres, erst durch Vergleichung beider Tabellen hervortretendes R\u00e4thsel bietet der Umstand, dafs, w\u00e4hrend f\u00fcr HCl und Chin, mur., und ebenso f\u00fcr NaCl und Sach, alb., sich die activen nahezu reciprok den passiven Hemmungscoefficienten verhalten, die beiden ersteren Stoffe sich zwar sowohl durch Hemmungskraft als durch Hemmungswiderstand, aber bedeutend mehr durch diesen als durch jenen, vor den beiden anderen Stoffen auszeichnen. Um dem Reciprocit\u00e4ts-gesetze vollst\u00e4ndig zu gen\u00fcgen, m\u00fcfsten demnach die nach Obigem corrigirten passiven Hemmungscoefficienten f\u00fcr HCl und Chin. mur. noch 20 bis 30 Mal gr\u00f6fser, oder aber diejenigen f\u00fcr NaCl und Sach. alb. 20 bis 30 Mal kleiner ausgefallen sein als thats\u00e4chlich der Fall war. Eine sichere Erkl\u00e4rung des abweichenden Thatbestandes vermag ich nicht zu geben; m\u00f6glich ist allerdings, dafs eine solche in der trotz aller Vorsichtsmaafs-regeln nicht ganz zu vermeidenden Nachwirkung s\u00fcfser und salziger Geschmacksreize, welche ja in den t\u00e4glich genossenen Speisen und Getr\u00e4nken ungleich frequenter als die anderen auf-treten, zu finden w\u00e4re. Zur n\u00e4heren Begr\u00fcndung dieser M\u00f6glichkeit ist noch anzuf\u00fchren, dafs nach Aussage des Protokolls auch die einfachen und erh\u00f6hten Reizschwellen f\u00fcr Cliin. mur. zu einer Zeit, als die Versuchsperson t\u00e4glich vor den Mahlzeiten eine bittere Arznei zu sich nehmen mufste, ungeachtet einer m\u00f6glichst g\u00fcnstigen Auswahl der Versuchszeiten sich bis auf das Dreifache der normalen Betrage steigerten; dem zu Folge damals die Versuche sofort unterbrochen, und erst sp\u00e4ter wieder aufgenommen wurden.\nTrotz alledem wird man vielleicht Bedenken tragen, angesichts so bedeutender Discrepanzen die vorliegenden Versuchs-\naua den gegebenen Zahlen der n\u00e4mlichen Verticalspalte gewonnen, und <ier Berechnung der weiteren Zahlen der betreffenden Horizontalspalte zu \u25a0Grunde gelegt worden.","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nG. Hey mans.\nresultate als eine Best\u00e4tigung auch des zweiten Theiles des Hemmungsgesetzes anzuerkennen. Demgegen\u00fcber ist aber einerseits zu wiederholen, dafs nicht nur der allgemeine Verlauf s\u00e4mmtlicher in die Tab. VIII und IX eingetragener Zahlen1, sondern auch alle quantitativen Verh\u00e4ltnisse einmal zwischen den f\u00fcr HCl und Chin, mur., sodann zwischen den f\u00fcr NaCl und Sach. alb. festgestellten activen und passiven Hemmungs-eoefficienten in befriedigendster Weise zum Gesetze stimmen; andererseits, dafs die in Bezug auf die Verh\u00e4ltnisse zwischen den wirksameren und den weniger wirksamen Schmeckstoffen auf gedeckten Unregelm\u00e4fsigkeiten durchaus den Charakter nicht variabler, sondern systematischer Abweichungen tragen, und als solche weniger auf Ung\u00fcltigkeit des Gesetzes f\u00fcr das betreffende Gebiet, als auf eine Verdunkelung seiner Wirkung durch st\u00f6rende Umst\u00e4nde hindeuten. Auch h\u00e4lt es nicht schwer, aufser den fr\u00fcher genannten noch andere solche st\u00f6rende Umst\u00e4nde, welche trotz aller Sorgfalt die Versuchsergebnisse haben beeinflussen k\u00f6nnen, \u00fcber deren Wirkung nach Richtung und Intensit\u00e4t sich aber nur wenig sagen l\u00e4fst, ausfindig zu machen. Ich erw\u00e4hne erstens m\u00f6gliche, physiologisch oder psychologisch begr\u00fcndete Ver\u00e4nderungen der Empfindlichkeit w\u00e4hrend der im Ganzen etwa 2 Jahre umfassenden Versuchszeit; sodann Zersetzungen, welche die Schmeckstoffe in Folge der starken Verd\u00fcnnung vielleicht erfahren haben; ferner die den \u00e4ufserst schwachen Passivreizen gegen\u00fcber nicht zu vernachl\u00e4ssigende Anwesenheit wenig bekannter Stoffe im Mundschleim ; endlich st\u00f6rende, durch den Gef\u00fchlston der intensiveren Empfindungen veranlafste Hemmungswirkungen. Zieht man alle diese schwer controllirbaren, jedoch jede f\u00fcr sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit beanspruchenden M\u00f6glichkeiten mit in Erw\u00e4gung, so darf man sich nicht wundem, wenn das Gesetz nicht in allen Versuchsergebnissen mit gleicher Evidenz zu Tage tritt. Alles in Allem finde ich demnach in den vorliegenden Resultaten zwar keine directe Best\u00e4tigung des Reciprocit\u00e4tsgesetzes, wohl aber einen zureichenden Grund, es f\u00fcr \u00e4ufserst wahrscheinlich zu halten, dafs sp\u00e4tere und genauere Untersuchungen eine solche Best\u00e4tigung ergeben werden.\n1 Mit alleiniger Ausnahme der einfachen Reizschwelle f\u00fcr H CI, deren an hoher Betrag sich, wie oben bemerkt wurde, aus bekannten Thatsachen erkl\u00e4ren l\u00e4fst.","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00dcber psychische Hemmung.\n35 t\n3. Schallempf indungen.\nBei den auf diese sich beziehenden Untersuchungen gelangten folgende Apparate zur Verwendung:\n1.\tF\u00fcr die Herstellung activer, continuirlicher Ger\u00e4usche: eine massive Holzrolle von 10 cm Durchmesser und 60 cm L\u00e4nge, welche mittels eines Wassermotors um eine horizontale Axe gedreht wurde, und \u00fcber welche nebeneinander 1 bis 4 Wellpappenstreifen von 10 cm Breite und 45 cm L\u00e4nge dergestalt aufgeh\u00e4ngt wurden, dafs ein Ende derselben am Fufs des Apparates befestigt ist, w\u00e4hrend das mit 50 g beschwerte andere Ende frei \u00fcber die Bolle hinabh\u00e4ngt. Wird die Rolle gedreht, so erzeugt die Reibung derselben gegen die Wellpappenstreifen ein continuirliches Ger\u00e4usch, welches, da die Drehungsgeschwindigkeit Constant auf 3/2 Sec. gehalten wurde, je nach der Anzahl der verwendeten Streifen in vier verschiedenen, sich wie 1: 2 : 3 : 4 verhaltenden Intensit\u00e4ten hervorgebracht werden kann.\n2.\tF\u00fcr die Herstellung activer oder passiver, continuirlich oder momentan erklingender T\u00f6ne : zwei mit Helmholtz\u2019sehen Resonatoren versehene elektromagnetische Stimmgabeln zu 128 und 256 Doppelschwingungen, welche mittels einer in einem Nebenzimmer aufgestellten Ac-cumulatorenb.atterie mit Interruptor in constan-ter, durch Einf\u00fchrung oder Ausschaltung von Widerst\u00e4nden zu regelnder Bewegung erhalten .wurden. Zur Messung der Reizintensit\u00e4ten dienten je zwei st\u00e4hlerne, vorn konisch zugespitzte Mikrometerschrauben M (Fig. 17), welche in einem die Gabel umfassenden und am Gabelstativ befestigten soliden kupfernen B\u00fcgel ABCD drehbar sind, und bei jeder Umdrehung um 0,5 mm senkrecht zu den Seitenfl\u00e4chen der Gabel verschoben werden. Indem die Peripherie der an die Schrauben befestigten\n. Cylinder E in 100 Theile eingetheilt ist, entspricht einer Drehung","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nG. Key mam.\num Einen The\u00fcstrieh eine Verschiebung von 0,005 mm. Um mittels dieser Einrichtung die Amplitude der schwingenden Gabel direct messen zu k\u00f6nnen, ist nur n\u00f6thig, dais die Schraubenspitzen mit den Seitenfl\u00e4chen, einmal der ruhenden, sodann der bewegenden Gabel eben in Ber\u00fchrung gebracht, und die entsprechenden Schraubenstellungen abgelesen werden; die Differenz derselben ergiebt dann die gesuchte Amplitude. Wenn die Gabel schwingt, gelingt die genaue Bestimmung der zur Ber\u00fchrung erforderten Schraubenstellung sehr leicht; so bald n\u00e4mlich die langsam vorgeschobene Schraubenspitze den Punkt der gr\u00f6fsten Abweichung der Gabel vom Ruhestande erreicht, macht sich ein leises, periodisch aussetzendes Ticken h\u00f6rbar, welches bei nicht allzugrofsen Amplituden durch Drehung des Cylinders um einen einzigen The\u00fcstrieh zum Verschwinden gebracht und wieder hervorgerufen werden kann. Die Bestimmung der zur Ber\u00fchrung der ruhenden Gabel erforderten Schraubenstellung erfolgt mit H\u00fclfe einer elektrischen Klingel, welche in einem einerseits mit der Stimmgabel, andererseits mit den Mikrometerschrauben verbundenen Stromleiter eingeschaltet ist, und im Momente der Ber\u00fchrung sofort zu l\u00e4uten beginnt. Indem auch diese Einrichtung mit fast idealer Pr\u00e4cision functionirte, gelang es die kleineren Amplituden bis auf 0,005 mm, die gr\u00f6fseren jedenfalls bis auf 0,02 mm genau zu bestimmen.\n3.\tF\u00fcr die Herstellung passiver Ger\u00e4usche : ein kleines Fallphonometer, mittels dessen eine Elfenbeinkugel von 7 mm Durchmesser und 0,4 g Gewicht von einer H\u00f6he von 1 bis 30 cm auf ein Ebenholzbrettchen hinunterf\u00e4llt; und\n4.\tdas L\u00e4utewerk einer gew\u00f6hnlichen Weckeruhr, dessen Schall durch allm\u00e4hliches Vergr\u00f6fsem oder Verkleinern der Entfernung von der Versuchsperson abgeschw\u00e4cht oder verst\u00e4rkt wird.\nBei den drei Versuchsreihen, \u00fcber welche ich hier zu berichten habe, wurden zum Erzeugen der Activreize ausschlieMich die Holzrolle mit Wellpappenstreifen, zum Erzeugen der Passivreize dagegen abwechselnd die Stimmgabel zu 128 Doppelschwingungen, das Fallphonometer und die Weckeruhr verwendet. Die Versuchsperson safs bei fixirter Kopflage am Experimentirtisch ; vor ihr standen in eonstanten Entfernungen die schallerzeugenden Apparate, mit Ausnahme der Weckeruhr, welche in der Medianebene, einer eingetheilten Schnur entlang, vom Experimentator hin- und herbewegt wurde. Die Bestimmung der Schwellen f\u00fcr","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Un tersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n353\ndie drei Passivreize geschah abwechselnd ohne dafs ein Hemmungsreiz (mit Ausnahme' des bei allen Versuchen constant mitgegebenen schwachen Ger\u00e4usches des Wassermotors)einwirkte, und bei gleicht zeitiger Anwendung eines solchen in einer der vier m\u00f6glichen Intensit\u00e4ten; mit R\u00fccksicht auf die nicht ganz gleiche Stellung der Versuchsperson zu den verschiedenen Wellpappenstreifen wurde sorgf\u00e4ltig darauf geachtet, dafs die Streifen in allen m\u00f6glichen Combinationen gleich oft zur Verwendung gelangten. Bei jedem Versuch wurden nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen die Amplituden der Gabel, die Fallh\u00f6hen der Elfenbeinkugel und die Entfernungen der Weckeruhr, bei welchen die Reize sich eben bemerklich machten, bestimmt; und schliefslich die Quadrate der ersteren, die directen Werthe der zweiten und die umgekehrten Quadrate der letzteren der Berechnung der Mittel* werthe und wahrscheinlichen Fehler zu Grunde gelegt. Die einfachen Reizschwellen wurden 12 mal, die erh\u00f6hten Reizschwellen bei Anwendung des Activreizes in je einer Intensit\u00e4t 24 mal f\u00fcr jeden der Passivreize bestimmt In den Tab. X\u2014XII sind als Einheiten die Reizst\u00e4rken angenommen, welche unter den oben angegebenen Bedingungen die Holzrolle bei Verwendung Eines Wellpappenstreifens, die Gabel bei einer Amplitude von 0,01 mm, die Elfenbeinkugel bei einer Fallh\u00f6he von 1 cm, und die Weckeruhr in einer Entfernung von 10 m erzeugt. Die Hemmungs-coefficienten und die daraus berechneten, mit den beobachteten zu vergleichenden Schwellenwerthe sind in der n\u00e4mlichen Weise wie fr\u00fcher ermittelt worden.\nTabelle X.\n(Passivreiz: schwingende Gabel.)\nIntensit\u00e4t d. Activreizes\tMittlere Reizschwelle\tW. F. derselben\tHemmungs- coefflcient\t\tBerechnete Reizschwelle\n0\t20\t1,3\t\t{\t18,2\n1\t46\t2,2\t\t\t46,8\n2\t74\t3,4\t28,6\t\t75,4\n3\t102\t4,4\t\t\t104,0\n4\t135\t6,9\t)\ti\t132,6\n23\n-Zeitschrift f\u00fcr Psychologie XXI.","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nG. Heymam,\nTabelle XL\n(Passivreiz: fallende Elfenbeinkngel.)\nIntensit\u00e4t d.\tMittlere\tW. F.\tHemmungs-\tBerechnete\nActivreizes\tReizschwelle\tderselben\tcoefficient\tReizschwelle\n!\n0\t1,181\t0,07\t\u25a0\n1\t3,76\t0,36\t\n2\t6,88\t0,33\t\n3\t8,33\t0,29\t\n4\t11,08\t0,36\t<\nM7\n3,61\n6,06\n8,49\n10,93\nTabelle XIL\n(Passivreiz : Weckeruhrgel\u00e4ute.)\nIntensit\u00e4t d. Activreizes\nMittlere\nReizschwelle\nW. F.\nderselben\n0\n1\n2\n3\n4\n0,31\n1,24\n1,97\n2,60\n3,33\n0,01\n0,06\n0,08\n0,06\n0,09\nHemmnngB-\ncoefficient\n0,74\nBerechnete\nReizschwelle\n0,41\n1,15\n1,89\n2,63\n3,37\nAus diesen Tabellen erhellt ohne Weiteres, dafs das Ges etz von der Proportionalit\u00e4t zwischen Intensit\u00e4t des Activreizes und Erh\u00f6hung der Passivreizschwelle sich au\u00f6h f\u00fcr das Gebiet der Schallempfindungen trefflich bew\u00e4hrt Die Uebereinstimmung ist hier sogar so genau, dafs es unn\u00f6thig erschien, dieselbe durch graphische Darstellungen noch einmal zu veranschaulichen.\nMan wird vielleicht fragen, ob f\u00fcr das vorliegende Gebiet, wo die Intensit\u00e4ten der Activreize in durchaus willk\u00fcrlichen Einheiten ausgedr\u00fcckt worden sind und keine exacte Vergleichung zulassen, der Begriff des Hemmungscoefficienten seine G\u00fcltigkeit nicht verliere. Darauf w\u00e4re zu erwidern, dafs allerdings diese Hemmungscoefficienten \u00fcber das Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnifs zwischen hemmenden und gehemmten Reizen keine Auskunft gew\u00e4hren,\n1 Diese Zahl ist nicht ganz zuverl\u00e4ssig, da bei diesen geringen Fallh\u00f6hen die Kugel, statt von dem Fallbrett zur\u00fcckzuspringen, oft an demselben hinabrollt, und so ein abnorm verl\u00e4ngertes Ger\u00e4usch hervorbringt. Doch kann, mit R\u00fccksicht auf das befriedigende Zusammenstimmen der Zahlen^ der Fehler kaum erheblich sein.","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n355.\nsondern nur dazu dienen, die wahrscheinlichen Schwellenwerthe zu berechnen und die Gleitung der Hemmungsgesetze in m\u00f6glichst exacter Weise zu erproben. Aber f\u00fcr die fr\u00fcher besprochenen Empfindungsgebiete liegt die Sache nicht wesentlich anders. Auch die Intensit\u00e4ten qualitativ verschiedener Farbenoder Geschmacksempfindungen haben wir in letzter Instanz nur durch verschiedene und unvergleichbare Einheiten messen k\u00f6nnen; wir k\u00f6nnen ja gar nicht wissen, ob die optischen Energien des von gleichgrofsen rothen und blauen Sectoren zur\u00fcckgeworfenen Lichtes, oder die chemischen Energien gleich-procentiger Kochsalz- und Zuckerl\u00f6sungen einander gleich sind oder nicht. Das ist aber, um die Hemmungscoefficienten f\u00fcr den angegebenen Zweck verwendbar zu machen, auch gar nicht n\u00f6thig. Denn die Energien eines Reizes von bestimmter. Qualit\u00e4t sind doch jedenfalls der Breite der Sectoren oder dem Concentrationsgrade der L\u00f6sungen proportional; um also die Vorgefundenen Werthe auf eine gemeinsame Energieeinheit zur\u00fcckzuf\u00fchren, brauchten dieselben nur mit einem f\u00fcr jede Reizqualit\u00e4t constanten Factor multjphcirt zu werden. Dadurch w\u00fcrden aber offenbar zwar die festgestellten Constanten, nicht aber die ermittelten gesetzlichen Verh\u00e4ltnisse eine Ver\u00e4nderung erleiden. .\nWenn also der Ermittelung der Hemmungscoefficienten jetzt ebensowenig wie fr\u00fcher etwas im Wege steht, so gestatten jedoch die bis dahin von mir verwendeten Schallreize nicht, dieselben in gleicher Weise wie fr\u00fcher auszunutzen. Von den beiden f\u00fcr Farben- und Geschmacksreize festgestellten, den Zusammenhang zwischen Hemmungskr\u00e4ften, Hemmungswiderst\u00e4nden und Reizschwellen bei qualitativ verschiedenen Reizen beherrschenden Gesetzen, l\u00e4fst sich n\u00e4mlich dasjenige von der Proportionalit\u00e4t zwischen Hemmungskr\u00e4ften und Hemmungswiderst\u00e4nden ohne Einf\u00fchrung neuer Apparate nicht auf seine G\u00fcltigkeit f\u00fcr Schallempfindungen pr\u00fcfen. Das Hegt an dem Umstande, dafs von den Apparaten, welche ich f\u00fcr die Hervorbringung von Passivreizen verwendet habe, nur Einer sich ann\u00e4hernd dazu eignet, auch f\u00fcr die Erzeugung von Activreizen, welche sich; ihrer Intensit\u00e4t nach mit jenen vergleichen Hefsen, gebraucht zu werden. Der Schall der fallenden Elfenbeinkugel schliefst, selbst wenn sich derselbe durch Vergr\u00f6fserung des Gewichtes und der Fallh\u00f6he gen\u00fcgend verst\u00e4rken Hefse, durch seinen momentanen\nCharakter die Verwendung als Activreiz aus; der Ton der\n23*","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\nG. Heymans.\nStimmgabel kann zwar durch das Anbringen eines Leitung\u00bb* rohres vom Resonator bis zum Ohr der Versuchsperson bedeutend verst\u00e4rkt werden, das Maafs dieser Verst\u00e4rkung l\u00e4fst sich aber nicht genau bestimmen. Nur das Gel\u00e4ute der Weckeruhr ge* stattet eine gen\u00fcgende und mefsbare Verst\u00e4rkung durch fortgesetzte Ann\u00e4herung; doch w\u00fcrden auch hier bei zu geringen Entfernungen Fehlerquellen kaum zu vermeiden sein. Jedenfalls lassen sich die drei auf ihre Hemmungswiderst\u00e4nde untersuchten Reize nicht gleichfalls auf ihre Hemmungskr\u00e4fte untersuchen und vergleichen, und mufs demnach die Frage nach dem gesetzlichen Verh\u00e4ltnis zwischen diesen Gr\u00f6fsen vorl\u00e4ufig unentschieden bleiben. Vielleicht finde ich sp\u00e4ter Gelegenheit, diese Frage mit H\u00fclfe neuer Apparate zu untersuchen ; es w\u00fcrde mich aber freuen, wenn sich irgendein j\u00fcngerer Fachgenosse dieser n\u00fctzlichen, nicht allzu schweren und Erfolg versprechenden Analogiearbeit unterziehen wollte.\nIn Bezug auf das zweite der obenerw\u00e4hnten Gesetze, nach welchem die Hemmungswiderst\u00e4nde qualitativ verschiedener Reize den einfachen Reizschwellen umgekehrt proportional verlaufen, liegen die Verh\u00e4ltnisse g\u00fcnstiger. Die einfache Reizschwelle verh\u00e4lt sich zum Hemmungscoefficienten in Tab. X wie 1:1,43, in Tab. XI wie 1:2,07, in Tab. XH wie 1: 2,39; die Reizschwellen betragen also durchwegs 0,4 bis 0,7 des Hemmungscoefficienten, wodurch sich das erw\u00e4hnte Gesetz auch f\u00fcr das jetzt vorliegende Gebiet in befriedigender Weise bew\u00e4hrt.\nII. Folgerungen : die Reizschwelle.\nDie Gesetze, welche unsere bisherigen Untersuchungen ans Licht gefordert haben, fasse ich noch einmal in folgende Formel kurz zusammen: die an der Erh\u00f6hung der Reizschwellen gemessenen HemmungsWirkungen sind den Intensit\u00e4ten der hemmenden Reize, und bei qualitativer Verschiedenheit derselben den Widerst\u00e4nden, welche sie selbst der Hemmung durch andere Reize entgegensetzen, sowie ihren reciproken Reizschwellen, proportional Aus diesen Gesetzen lassen sich mehrere wichtige Folgerungen allgemeinerer Natur ableiten, von welchen jedoch einige eine vorhergehende Discussion der Frage, ob wir es hier mit im engeren Sinne physiologischen oder mit psycho\u00ab","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00dcber psychische Hemmung.\n367\nlogischen Verh\u00e4ltnissen zu thun haben, erfordern w\u00fcrden. Indem ich es vorziehe, diese Discussion zu verschieben, bis wir das Hemmungsgesetz noch auf seine G\u00fcltigkeit f\u00fcr weitere Erscheinungen gepr\u00fcft haben, beschr\u00e4nke ich mich hier auf eine kurze Folgerung in Bezug auf den Begriff der Reizschwelle, welche, soweit ich sehe, unabh\u00e4ngig von jener Frage aus den vorliegenden Versuchsresultaten sich ergiebt.\nDie Thatsache, dafs bei allm\u00e4hlicher Abschw\u00e4chung eines Reizes die zugeh\u00f6rige Empfindung verschwindet ehe der Reiz den Nullwerth erreicht, wird gew\u00f6hnlich aus dem Zusammenwirken zweier Factoren erkl\u00e4rt : einmal aus Widerst\u00e4nden, welche die physiologische Wirkung des Reizes in den Sinnesorganen oder in den nerv\u00f6sen Leitungsbahnen zu \u00fcberwinden hat, sodann aus der Concurrenz anderer, gleichzeitig der Aufmerksamkeit sich aufdr\u00e4ngender Reize. Dieser letztere Factor f\u00e4llt offenbar unter den Begriff der Hemmung; seine Bedeutung f\u00fcr das Zustandekommen des vorliegenden Ph\u00e4nomens wird durch zahlreiche und naheliegende Thatsachen, vor Allem durch die Herabsetzung der Schwelle f\u00fcr Licht- oder Schallreize im Dunkeln oder in der Stille, aufser Zweifel gesetzt Von jenem ersteren Factor dagegen wird meistens die hypothetische Natur zugestanden; f\u00fcr die Annahme desselben sprechen zwar gewisse physikalische und physiologische Analogien, aber keine directen Thatsachen. lieber die Frage schliefslich, in welchem Verh\u00e4lt*\u00bb nifs die beiden Factoren zur Thatsache der Reizschwelle beitragen, fehlen bis dahin alle Daten ; auch ist kaum Aussicht vorhanden, auf directem experimentellem Wege diese Frage zur Entscheidung zu bringen. Denn dazu m\u00fcfste es m\u00f6glich sein, unter vollst\u00e4ndiger Ausschliefsung aller Hemmung die Reizschwellen zu bestimmen, wozu nicht nur absolute Stille und Dunkelheit, sowie Aufhebung aller Druck- und Organreize, sondern auch vollst\u00e4ndige Leere des Bewufstseins, mit alleiniger Aus-\u00bb n\u00e4hme der auf ihre Merklichkeit zu untersuchenden Empfindung, erfordert w\u00e4re. Wenn aber an eine directe experimentelle Sonderung jener beiden Factoren nicht zu denken ist, so kann doch, wie mir scheint, \u00fcber das thats\u00e4chliche Verh\u00e4ltnife zwischen denselben aus den vorliegenden Versuchsergebnissen mit gen\u00fcgender Sicherheit etwas geschlossen werden. Wir haben n\u00e4mlich f\u00fcr die drei bis dahin untersuchten Sinnesgebiete im Grofsen und Ganzen \u00fcbereinstimmend gefunden, dafs die Reizschwellen f\u00fcr","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nG. Heymans.\nEmpfindungen verschiedener Qualit\u00e4t sich nahezu umgekehrt proportional den Hemmungswiderst\u00e4nden verhalten: das heilst also, dafs sie zu den Erh\u00f6hungen, welche sie unter dem Einfl\u00fcsse einer beliebigen hemmenden Kraft erfahren, in einem constanten Verh\u00e4ltnisse stehen. Diese durchgehende Proportionalit\u00e4t zwischen der Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr Hemmungswirkungen und f\u00fcr die Einfl\u00fcsse, welche die Reizschwelle bestimmen, weist nun in unzweideutiger Weise darauf hin, dafs diese letzteren Einfl\u00fcsse, oder wenigstens der \u00fcberwiegende Theil derselben, gleicher Natur sein m\u00fcssen wie jene ersteren. Wenn und insofern Hemmungswirkungen der Reizschwelle zu Grunde liegen, l\u00e4fst die festgestellte Gesetzm\u00e4fsigkeit sich ohne Weiteres als nothwendig begreifen; wenn und insofern dieselbe dagegen durch Widerst\u00e4nde im Nervensystem zu Stande kommt, bleibt diese Gesetzm\u00e4fsigkeit durchaus unerkl\u00e4rt. Stand also, wie oben bemerkt wurde, aus anderen Gr\u00fcnden schon fest, dafs wenigstens ein Theil der Reizschwelle auf Hemmungswirkungen beruht, so sind wir jetzt wohl berechtigt zu schliefsen, dafs dieser Theil dem Ganzen sehr nahe kommt Dasjenige, was in unseren Laboratorien als Reizschwelle gemessen zu werden pflegt, mufs entweder ganz, oder bis auf einen in die Beobachtungsfehler sich versteckenden Bruchtheil, nicht eliminirbaren oder nicht eliminirten HemmungsWirkungen zugeschrieben werden.\nEs er\u00fcbrigt noch, kurz zu bemerken, dafs, wenn diese Folgerung zugestanden wird, jene nicht eliminirbaren oder nicht eliminirten Hemmungswirkungen, welche den Reizschwellen f\u00fcr ein bestimmtes Sinnesgebiet zu Grunde liegen, sich ohne Schwierigkeit mit einer beliebigen jenem Gebiete angeh\u00f6rigen Kraft vergleichen und in derselben ausdr\u00fccken lassen. So findet man aus Tabelle HI, dafs die Reizschwellen f\u00fcr Farben auf Hemmungs Wirkungen beruhen, welche denjenigen eines im durchschnittlichen Verh\u00e4ltnifs von 113:247 mit Schwarz gemischten blauen Sectors gleichkommen; aus Tabelle VH, dafs den Reizschwellen f\u00fcr Geschmacksempfindungen Hemmungswirkungen zu Grunde liegen, welche im Mittel mit denjenigen einer zweiprocentigen Zuckerl\u00f6sung \u00e4quivalent sind ; aus Tabellen X \u2014 XII, dafs die nicht eliminirbaren Hemmungswirkungen bei Schallempfindungen im Durchschnitt etwa */* der-","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung.\n359\njenigen betragen, welche durch die Reibung der Holzrolle gegen Einen Wellpappenstreifen zu Stande kommen.1 Man k\u00f6nnte yielleicht glauben, dafs hiermit auch die M\u00f6glichkeit gegeben w\u00e4re, Reize verschiedener Modalit\u00e4t auf ihre Hemmungskr\u00e4fte zu vergleichen; indem n\u00e4mlich vorauszusetzen sei, dafs bei den unter m\u00f6glichst gleichen Umst\u00e4nden angestellten Schwellenversuchen \u00fcberall dieselben uneliminirbaren Hemmungswirkungen Vorkommen, seien die mit diesen gleichgestellten hemmenden Kr\u00e4fte auch als unter sich \u00e4quivalent aufzufassen. Wer so 8chliefsen wollte, w\u00fcrde jedoch den \u00fcberaus bedeutsamen Ein-flufs der jeweiligen Richtung der Aufmerksamkeit \u00fcbersehen. Bei Versuchen, welche auf ein bestimmtes Sinnesgebiet sich beziehen, ist die Aufmerksamkeit allgemein den Erscheinungen dieses Gebietes angepafst ; von der Gesammtheit der physikalisch wirksamen uneliminirbaren Reize werden demnach bei Schallversuchen fast ausschliefslich die Schallreize, bei Farbenversuchen fast ausschliefslich die Lichtreize als hemmende Factoren in Betracht kommen u. s. w. Den Reizschwellen f\u00fcr Empfindungen verschiedener Modalit\u00e4t liegen also Hemmungswirkungen zu Grunde, welche nicht durch die n\u00e4mlichen, sondern durch verschiedene uneliminirbare Reize veranlafst werden, und welche wir nicht berechtigt sind f\u00fcr gleich su halten; die bis jetzt zur Ver-Wendung gelangten Untersuchungsmethoden sind demnach nicht im Stande, \u00fcber das Verh\u00e4ltnis der hemmenden Kr\u00e4fte disparater Reize irgendwelchen Aufschlufs zu gew\u00e4hren.\n1 (J\n4 V 0,\n1,7\n0,020\n+\n1,4\n+\n1,2\n+\n0,5 \\ 0,003/\n113.\n0,018 1 0,010\n2 (w + -^\u00f6\u00f6\u00f6kt) = 1>9; wobei die m*ch 8- 347 uniUTer;\nIfissige Beizschwelle f\u00fcr HCl aufser Betracht gelassen ist.\n1/20\t1,18\n3 V 28,6\t2,44\n+\n0,31\n0,74/\n= 0,53.\n(Eingegangen am 29. Juni 1899.)","page":359}],"identifier":"lit31091","issued":"1899","language":"de","pages":"321-359","startpages":"321","title":"Untersuchungen \u00fcber psychische Hemmung: Erster Artikel","type":"Journal Article","volume":"21"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:11:32.967519+00:00"}