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{"created":"2022-01-31T16:18:27.116033+00:00","id":"lit31116","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ziehen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 21: 452-454","fulltext":[{"file":"p0452.txt","language":"de","ocr_de":"452\nLi teraturberich t.\nPhrenicu8 aus technischen R\u00fccksichten nicht als beweisend anzuerkennen. Sie selbst fanden in ihren eigenen Versuchen, dafs der Phrenicus (von Hunden, Kaninchen und namentlich Katzen), wenn er nicht aufs Sorgf\u00e4ltigste pr\u00e4parirt ist, sich bald den Angaben von Beck, bald denen von Pfl\u00fcger entsprechend verh\u00e4lt. Ist der Nerv aber ganz unversehrt geblieben und ist kein Eingriff in das Centralnervensystem erfolgt, so zeigt die elektrische Reizbarkeit central, peripher und in der Mitte keine nennens-werthen Unterschiede. Die Verf. befinden sich demnach in bester Ueber-einstimmung mit Weiss, dessen Beobachtungen in dieser Zeitschrift 20, 43 besprochen worden sind.\tSchaefer (Gr. Lichterfelde).\nM. Verwohn. Beitr\u00e4ge iir Physiologie des Centralneireisystems. I. Theil: Die sogenannte Hypnose der Thiere. Jena, G. Fischer, 1898. 92 s.\nV. hat in der bekannten Weise \u201ehypnotische\u201c Versuche an Meerschweinchen, H\u00fchnern, Fr\u00f6schen und Brillenschlangen angestellt. Dabei lenkte er zun\u00e4chst seine Aufmerksamkeit auf die eigenth\u00fcmliche Haltung, in welcher die Hypnose eintritt. Sie ist nach seinen Beobachtungen nur der \u201eAusdruck eines pl\u00f6tzlich stehengebliebenen Lage-correctionsversuches\u201c. In diesem Nachweis besteht das wesentliche und sehr erhebliche Verdienst der Abhandlung. Das pl\u00f6tzliche stocken der J^agecorrectionsversuche beim Eintritt der Bewegungslosigkeit hat seine Ursache nicht etwa in der Unf\u00e4higkeit, die tonisch contrahirten Muskeln zu hemmen, sondern vielmehr in dem Ausbleiben der motorischen Impulse f\u00fcr die n\u00f6thigen Bewegungen selbst. Dabei erschlaffen jedoch die einmal innervirten Muskeln nicht mehr vollst\u00e4ndig, sondern behalten eine Contraction zur\u00fcck. Beg\u00fcnstigt w\u2019ird das Tonischwerden der Lage-correctionsbewegungen und der Eintritt der Bewegungslosigkeit besonders dadurch, dafs eine starke Anstrengung n\u00f6thig, ein starker Widerstand zu \u00fcberwinden ist, um die Bewegung auszuf\u00fchren.\nWeiter weist V. nach, dafs eine Ver\u00e4nderung der Erregbarkeit der h\u00f6heren Sinnessph\u00e4ren in dem hypnotischen Zustand nicht besteht. Ob die Reflexerregbarkeit herabgesetzt ist, war nicht sicher zu entscheiden; die \u00f6fter beobachtete Herabsetzung ist vielleicht nur auf Erm\u00fcdung zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nWie Heubel und Danilewsky bei dem Frosch, vermochte V. bei dem Huhn auch nach Exstirpation des Grofshims (incl. Thalamus opticusj die \u201eHypnose\u201c zu erzielen. W\u00e4hrend aber unverletzte H\u00fchner durchschnittlich nur 5\u201410 Min., selten eine halbe Stunde bewegungslos auf dem R\u00fccken liegen bleiben, behalten grofshirnlose Thiere ihre R\u00fcckenlage mindestens % Stunde, zuweilen \u00fcber 2% Stunden bei. Das Aufstehen erfolgt wie bei intacten H\u00fchnern entweder spontan oder in Folge irgend einer Reizung. F\u00fcr das spontane Aufstehen ist \u00fcbrigens meist ein innerer Reiz (Def\u00e4cation) nachzuweisen.\nV. schliefst aus diesen Versuchen, dafs die centralen Ursachen des Zustandes im Gebiet des cerebralen Lagereflexes zu suchen sind. Dafs das R\u00fcckenmark nicht prim\u00e4r betheiligt ist, folgert V. daraus, dafs bei Meerschweinchen nach Durchschneidung des R\u00fcckenmarks zwischen 3. und 4. Lendenwirbel die Hinterbeine w\u00e4hrend des hypnotischen Zustandes","page":452},{"file":"p0453.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\n453\nv\u00f6llig schlaff blieben. Das Vorkommen des hypnotischen Zustandes bei decapitirten H\u00fchnern bestreitet er. Er denkt sich also, dafs durch das pl\u00f6tzliche Fixiren des Thieres in einer Zwangslage zun\u00e4chst die Zellen des cerebralen Lagereflexgebietes heftig erregt werden und motorische Impulse zu Lagecorrectionsbewegungen geben, dafs aber pl\u00f6tzlich bei der Unterdr\u00fcckung dieser Bewegungen die Impulse ausbleiben, w\u00e4hrend die Zellen in einem Zustand mittlerer tonischer Erregung verharren. Mit guten Gr\u00fcnden wird ferner dargethan, dafs hierbei die motorischen Rindengebiete des Grofshirns sich nicht nur im gew\u00f6hnlichen Zustand der Un-th\u00e4tigkeit, sondern in einem Zustand mehr oder weniger starker Hemmung befinden, der erst durch entsprechend st\u00e4rkere Sinneseindr\u00fccke \u00fcberwunden werden kann.\nIn den theoretischen Er\u00f6rterungen wirft Verf. die Frage auf, welche Ver\u00e4nderungen des \u201eBiotonus\u201c, d. h. des Verh\u00e4ltnisses von Assimilation zu Dissimilation dem tonischen Contractionszustand der thierischen \u201eHypnose\u201c zu Grunde liegt. Er nimmt an, dafs auf die centralen Zellen ein dauernder Reiz einwirkt. Zu Beginn der Einwirkung wird die Dissimilation ziemlich stark in die H\u00f6he schnellen, dann aber allm\u00e4hlich abnehmen, bis die in Folge der Selbststeuerung des Stoffwechsels gesteigerte Assimilation mit ihr gleiche H\u00f6he erreicht hat (Hering). Damit ist von neuem Gleichgewicht hergestellt. Dies Gleichgewicht unterscheidet sich allerdings von dem der Ruhe . dadurch, dafs Z\u00e4hler und Nenner des Biotonusbruchs absolut gr\u00f6fser sind. V. erkennt jedoch ganz richtig, dafs hierin noch kein Grund f\u00fcr eine dauernde Contraction zu suchen w\u00e4re. Diesen sucht er vielmehr darin, dafs, ehe es zum Gleichgewicht zwischen Dissimilation und Assimilation kam, viel mehr Biogenmolek\u00fcle (d. h. lebendige Eiweifsmolek\u00fcle im Sinne Pfl\u00fcger's) zerfallen als regenerirt sein m\u00fcssen \u2014 denn die Assimilation hat Bp\u00e4ter begonnen und sich niemals bis zur anf\u00e4nglichen H\u00f6he der Dissimilation entwickelt \u2014 und dafs sonach stets ein Plus von assimilationsf\u00e4higem Material (\u201eBiogenresten\u201c) vorhanden ist. In dem Muskel und dem motorischen Neuron soll dies Verh\u00e4ltnifs analog sein, nur kommt es in letzterem voraussichtlich zu keiner Contraction. Nach der Meinung des Ref. erkl\u00e4rt sich die tonische Erregung1 viel ein-\n1 Ueberhaupt kann ich gegen die von V. eingef\u00fchrte Gegen\u00fcberstellung von Erregung und L\u00e4hmung einige Bedenken nicht unterdr\u00fccken. V. nimmt sowohl f\u00fcr die Dissimilation wie f\u00fcr die Assimilation sowohl Erregung wie L\u00e4hmung an. Mir scheint im Allgemeinen Erregung mit Dissimilation zusammenzufallen ; nur aufserhalb des Nervengebietes \u2014 z. B. im Bereich der Sehsubstanzen \u2014 wirkt auch die Assimilation \u201eerregend\u201c. Vollends scheint mir f\u00fcr die L\u00e4hmung nur die Verarmung an dissimilationsf\u00e4higem Material oder die Absperrung der die Dissimilation herbeif\u00fchrenden Erregungen charakteristisch. Abnahme der Dissimilation und Abnahme der Assimilation kommen auch ohne L\u00e4hmung vor. Ich halte daher f\u00fcr besser, Zunahme der Dissimilation und der Assimilation einerseits und Abnahme der Dissimilation und der Assimilation andererseits nicht mit den Terminis Erregung und L\u00e4hmung zu verkn\u00fcpfen.","page":453},{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"454\njLiteraturbericht.\nf\u00e2cher aus dem Fortbestehen einer starken Dissimilation der motorischen Neuronen, wie sie durch fortlaufendes Zugehen von Reizen unterhalten und durch die HEBiNo'sche Selbststeuerung erm\u00f6glicht wird. Eine solche continuirliche Dissimilation pflanzt sich l\u00e4ngs der Nervenfasern fort und bedingt unter Umst\u00e4nden, die uns im Einzelnen noch wenig bekannt sind, eine tonische Muskelcontraction. Auf die letztere schon heute die Begriffe der Dissimilation und Assimilation anzuwenden scheint noir verfr\u00fcht. Jedenfalls scheint mir das Plus von Biogenresten keine wesentliche Rolle spielen zu m\u00fcssen.\nIm Folgenden versucht V. von seinem Standpunkte auch die Hemmung zu beleuchten. Die specielle Hemmung der bewegungslos gemachten Ver-suchsthiere f\u00fchrt er auf den starken Sinneseindruck des Ergreifend und Fixirens zur\u00fcck. Im Uebrigen neigt er dazu, der Hemmung einer dissimilatorischen Erregung durch einen assimilatorisch erregenden Reiz eine grofse Rolle zuzuweisen. Speciell nimmt er f\u00fcr den Schlaf an, dafs hier die Ursache f\u00fcr die Herabsetzung der Erregbarkeit, f\u00fcr die Hemmung nicht in der Abnahme der Menge dissimilatorischer Substanz und auch nicht etwa in der Anh\u00e4ufung von Erm\u00fcdungsstoffen zu suchen ist, sondern dafs es die gesteigerte Assimilation ist, welche die Hemmung dissimilatorischer Reizwirkungen erzeugt. Er schliefst dies daraus, dafs unmittelbar vor dem Einschlafen, auf der H\u00f6he der Dissimilation, noch immer Erregbarkeit f\u00fcr Reize besteht, hingegen nach dem Einschlafen und namentlich nach mehreren Stunden Schlafes, wo die dissimilatorische Erregung l\u00e4ngst vor\u00fcber ist, die Erregbarkeit f\u00fcr den gleichen Reiz herabgesetzt oder ganz erloschen ist.\nMit Recht betont Verf., dafs die Beziehungen zur menschlichen Hypnose ganz \u00e4ufserliche sind.\tZiehen (Jena).\nB. Rawitz. Das Geh\u00f6rorgan der japanischen T&nzm\u00e4use Arch. f. Anat. \u00ab.\nPhysiol., Physiolog. Abth., 236\u2014243. 1899.\nDie japanischen Tanzm\u00e4use sind eine albinotische Spielart der gew\u00f6hnlichen Hausmaus. Sie haben die merkw\u00fcrdige Eigent\u00fcmlichkeit, von Zeit zu Zeit ihre Nahrungsaufnahme oder ihre Vorw\u00e4rtsbewegung, die \u00dcbrigens stets im Zick-Zack ausgef\u00fchrt wird, pl\u00f6tzlich zu unterbrechen und sich eine Weile mit grofser Schnelligkeit bald nach rechts, bald nach links um einen festen Gegenstand oder um sich selbst im Kreise zu drehen. Diese Man\u00e8gebewegungen sind den Thieren ebenso von Geburt an eigen wie ihre auffallende Unruhe, welche Verf. darauf zur\u00fcckf\u00fchrt, dafs sie \u2014 wie besondere Versuche evident ergaben \u2014 taub sind und sich daher fortw\u00e4hrend des Gesichts und Geruchs zur Orientirung in der Umgebung bedienen m\u00fcssen. Das Kreisl\u00e4ufen, das \u00fcbrigens keine Zwangsbewegung ist, da ja die M\u00e4use ihr \u201eTanzen\u201c jederzeit willk\u00fcrlich beenden k\u00f6nnen, h\u00e4ngt zweifellos mit dem hochgradig pathologischen Zustande der Ohrlabyrinthe zusammen. Die durch Photogramme illustrirte anatomische Beschreibung derselben lehrt Folgendes: \u201eDie japanischen Tanzm\u00e4use haben nur einen normalen Bogengang und zwar den oberen, w\u00e4hrend der \u00e4ufsere und der hintere Bogengang verk\u00fcmmert und h\u00e4ufig sogar mit einander","page":454}],"identifier":"lit31116","issued":"1899","language":"de","pages":"452-454","startpages":"452","title":"M. Verworn: Beitr\u00e4ge zur Physiologie des Centralnervensystems. I. Theil: Die sogenannte Hypnose der Thiere. Jena, G. Fischer, 1898. 92 S.","type":"Journal Article","volume":"21"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:18:27.116039+00:00"}