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{"created":"2022-01-31T16:16:46.982948+00:00","id":"lit31124","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Martinak","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 21: 459-460","fulltext":[{"file":"p0459.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n459\nJ Volkelt. Beitr\u00e4ge zur Analyse des Bewnfstseins- Zeitschr. f. Philosophie u. philos. Kritik 112 (2), 217\u2014240. 1898.\nMit strenger Wahrung der rein introspectiven Methode sucht Verf. die Empfindungen zu beschreiben und das sie charakterisirende Gemeinsame herauszuheben. Als solche Bestimmungen werden der Reihe nach besprochen: 1. die Unabh\u00e4ngigkeit von unserer Willk\u00fcr, Gegebenheit,\n2.\tdas \u201enur sich selbst Bedeuten\u201c der Empfindungen, das \u201eFehlen der Abbildlichkeit\u201c im Gegens\u00e4tze zu Erinnerungs- und Phantasievorstellungen,\n3.\tdie eigenth\u00fcmliche \u201eEindringlichkeit\u201c oder \u201eAufdringlichkeit\u201c, mit der sich uns die Empfindungen darb\u00f6ten, die sich durchaus nicht als graduelle, sondern als ganz grundlegende Verschiedenheit gegen\u00fcber anderen psychischen Thatsachen erweise, 4. als das vielleicht wichtigste Merkmal der \u201eSchein des von unserem Bewufstsein unabh\u00e4ngigen Daseins\u201c, \u201eSchein der Transsubjectivit\u00e4t\u201c. Das Empfinden sei eben durchaus kein \u201eInnenfinden\u201c, \u201ein sich finden\u201c u. A., wie man mit Anlehnung an die Etymologie vielfach behaupte. Und dieser Schein des Transsubjectiven bestehe sowohl bei den Empfindungen von der \u201eaufsenleiblichen\u201c als der \u201eeigenleiblichen\u201c Aufsenwelt.\nDer Verf. betont dann ganz ausdr\u00fccklich, dafs die unmittelbare psychische Erfahrung eben nur diesen \u201eEindruck\u201c, diesen \u201eSchein\u201c erwecke; \u00fcber dessen Berechtigung sei damit nichts ausgesagt. Dieser Schein der Transsubjectivit\u00e4t werde aber nicht erst an die Empfindung gef\u00fcgt, sondern sei mit ihr, mit einem Schlage, gegeben. Verf. greift einige Proben aus der psychologischen Literatur heraus, um zu zeigen, wie den Empfindungen vielfach ein rein intrasubjectiver Charakter zugesprochen worden sei, wie man also gerade jenes wichtigste Merkmal des transsubjectiven Scheines \u00fcbersehen habe (Hegel, J. E. Erdmann. Schopenhauer, Herbart, Volkmann, H. Spencer;. Dieser Schein hafte zwar nicht allen Empfindungen in gleich ausdr\u00fccklicher Weise an (\u00a7 9i, wohne ihnen aber so unabl\u00f6slich inne, dafs er auch dann nicht weiche, wenn kritische Erw\u00e4gungen uns etwa anders urtheilen lassen. Der Kern, zugleich aber auch die schwierigste und geradezu irrationale Seite der Empfindungsthatsache liege darin, dafs etwas rein Subjectives wie die Empfindung doch zugleich \u201eder Bewufstseinsjenseitig-keit des Bewufstseinsinhaltes in unmittelbarer Weise inne werde\u201c. Der Verf. spricht sich dagegen aus, diesen \u201etranssubjectiven Schein\u201c als etwas erst im Laufe der geistigen Entwickelung des Einzelnen Erworbenes anzusehen und tritt hierin ebenso energisch f\u00fcr eine nativistische Auffassung ein, wie er es bez\u00fcglich des Problems der Raumvorstellungen thut, dem er einen sehr innigen Zusammenhang mit dem Problem der aufsersubjec-tiven Aufsenwelt zuspricht. Dafs und inwiefern dieser naive aber unzerst\u00f6rbare Schein den Ausgangspunkt f\u00fcr eine sich nach und nach entwickelnde logisch begr\u00fcndete Ueberzeugung von der Realit\u00e4t der Aufsenwelt abgiebt, wird am Schl\u00fcsse mit recht nachdr\u00fccklicher Hervorhebung der Realismusannahme ausgef\u00fchrt.\nDie zwar kurze aber inhaltsreiche Untersuchung f\u00fchrt in geschickter und k\u00fchner Weise vom rein introspectiven Beobachten zu einer Begr\u00fcndung des Realismus; also aus psychologischer Kleinarbeit auf die H\u00f6hen philosophischer Forschung. Allerdings aber sind hierbei einige Klippen und Abgr\u00fcnde weniger hiuwegger\u00e4umt oder \u00fcberbr\u00fcckt als unerw\u00e4hnt ge-","page":459},{"file":"p0460.txt","language":"de","ocr_de":"460\nLiteraturbericht\nlassen. Das im \u00a7 3 besprochene \u201eFehlen der Abbildlichkeit\u201c h\u00e4tte zum Mindesten eine Auseinandersetzung mit Brentano\u2019s Lehre vom intentionalen. Objecte recht nahe gelegt. Da ferner Verf. immer nur von Empfindung schlechtweg spricht, w\u00fcnschte man eine ausdr\u00fcckliche Stellungnahme u der Sonderung von Act, Inhalt und Gegenstand des Empfindens, die manche Unklarheit aufhellt und die gerade auch den unverkennbaren Widerstreit zwischen Verf.\u2019s 2. und 4. Eigenschaft aller Empfindungen zu beseitigen geeignet ist. Bei der in \u00a7 4 betonten \u201eEindringlichkeit\u201c endlich, die, wie Verf. ausdr\u00fccklich behauptet, durchaus keinen blos graduellen Unterschied gegen\u00fcber anderen Bew\u2019ufstseinsthatsachen bedeute, h\u00e4tte Ref. ein Ankn\u00fcpfen an James' XXI. Cap. (The Perception of Reality) dankbar begr\u00fcfst.\nMartixak (Graz).\nF. W. Colegrove. Individual Memory. Amcric. Journ. of Psychol. 10 (2), 228\u2014257. 1899.\nDas Material, das Colegrove durch Aussendung eines Fragebogens mit 14 Fragen gesammelt hat, ist in vielen Punkten interessant. Wenn es auch nur in allen von gleicher Verl\u00e4fslichkeit w\u00e4rel Bei schriftlichen Antworten, die in so grofser Zahl ertheilt werden (1658), ist die Verl\u00e4fslichkeit geradezu uncontrolirbar, und es ist ganz unvermeidlich, dafs die Ausk\u00fcnfte zum Mindesten ebensoviel an Qualit\u00e4t verlieren, als sie an Quantit\u00e4t gewonnen haben. Von den zahlreichen Fragepunkten w\u00e4re etwa die Beantwortung folgender zu erw\u00e4hnen: Die \u00e4ltesten Erinnerungen steigen bis zum Alter von einem Jahre herab. Genaue statistische Erhebungen werden angestellt \u00fcber Erinnerungen an einzelne neue und wiederholte lang andauernde Erfahrungen, \u00fcber Erinnerungen an Personen, Kleider, Geschenke, Feste, Krankheiten, motorische, akustische, optische und olfactorische Einw\u00e4nde u. s. w. Die Pedanterie, mit der hier alle Eindr\u00fccke gez\u00e4hlt und in Procenten angegeben werden, steht, wie mir scheint, in keinem befriedigenden Verh\u00e4ltnifs zu den Resultaten, denn gerade die minuti\u00f6se Ein-theilung in zahlreiche Lebensperioden, die zuerst nach f\u00fcnf und dann nach zehn Jahren zusammengefafst wurden, f\u00fchrt zu einem so bunten Ergebnifs, dafs man nach der Untersuchung so ziemlich auf demselben Standpunktsteht, als vor derselben. Auch die Erinnerungen von 25 Indianerst\u00e4mmen wurden untersucht. Die Vertrauensw\u00fcrdigkeit ihrer Ausk\u00fcnfte zugegeben, d\u00fcrfte es doch kaum von wissenschaftlichem Interesse sein, zu erfahren, dafs Erinnerungen an Schlangen, Pfeil und Bogen, Jagden, Tabak, W\u00f6lfe, Eulen u. 8. w. nur den Indianern angeh\u00f6ren, w\u00e4hrend derartige Ausk\u00fcnfte von den Vorst\u00e4nden der h\u00f6heren Schulen Amerikas (die zum Schlufs erw\u00e4hnt sind) nicht gegeben wurden. Dafs ferner bei den Knaben die ersten Hosen, bei den M\u00e4dchen die Puppen eine Rolle in der Erinnerung spielen, d\u00fcrfte auch schon bekannt gewesen sein. In wie viel von 1658 F\u00e4llen das vorgekommen ist, d\u00fcrfte uns ganz gleichg\u00fcltig sein. Bei der Pr\u00fcfung der Erinnerung an B\u00fccher, die vor dem neunten Jahre gelesen wurden und den gr\u00f6fsten Eindruck gemacht haben, ist das Resultat eigentlich ziemlich kl\u00e4glich, da die zahlreichen illustrirten Geschichtsb\u00fccher selbst von dem unerm\u00fcdlichen Colegrove nicht specificirt wurden. Von Romanen ist","page":460}],"identifier":"lit31124","issued":"1899","language":"de","pages":"459-460","startpages":"459","title":"J. Volkelt: Beitr\u00e4ge zur Analyse des Bewu\u00dftseins. Zeitschr. f. Philosophie u. philos. Kritik 112 (2), 217-240. 1898","type":"Journal Article","volume":"21"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:16:46.982954+00:00"}