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{"created":"2022-01-31T16:16:30.266672+00:00","id":"lit31135","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Stern, L. William","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 22: 1-12","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem psychologischen Laboratorium der Universit\u00e4t Breslau).\nDie Wahrnehmung von Tonver\u00e4nderungen.\nVon\nL. William Stehn.\nDritte Mittheilung:\nDie Wahrnehmung von Tonver\u00e4nderungen sehr verschiedener Geschwindigkeit\n(Mit 1 Fig. im Text.)\nUnmittelbar an die in meiner zweiten Mittheilung1 2 geschilderten Tonversuche schlossen sich die hier zu beschreibenden * Experimente an, deren Problemstellung lautete : \u201e W i e verh\u00e4lt sich die Wahrnehmungsschwelle f\u00fcr Tonver\u00e4nderung bei verschiedenen Graden der Aende-rungsgeschwindigkeit?\nAls Reagenten stellten sich mir wiederum die Herren Dr. K. und cand. R. zur Verf\u00fcgung. Die beiden Versuchspersonen zeigen in gewissen allgemeinen Beziehungen Uebereinstimmung, in gewissen anderen Abweichungen von einander. W\u00e4hrend die Punkte, in denen sie \u00fcbereinstimmen, geeignet sind, uns \u00fcber gewisse Gesetze der Ver\u00e4nderungswahrnehmung aufzukl\u00e4ren, sind die Verschiedenheiten in einem ganz anderen Sinne von psychologischem Interesse: sie beruhen n\u00e4mlich auf so charakteristischen Verhaltungsweisen beider Versuchspersonen in Bezug\n1\tS. diese Zeitschr. 21, 360.\n2\tDie Hauptresultate dieser Versuche habe ich bereits in dem Buche: Psychol, d. Ver\u00e4nderungsauffassung (Breslau 1898) verwerthet; doch macht die K\u00fcrze der dortigen Darstellung eine Erg\u00e4nzung noth wendig, welche eine Schilderung der Versuchsanordnung und Methode, sowie die Discussion einiger bisher unerw\u00e4hnter Ergebnisse zu bringen hat.\nZeitschrift fur Psychologie 22.\n1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nL. William Stern.\nauf ihre Urtheilsth\u00e4tigkeit, dafs gewisse Seiten ihrer Individualit\u00e4t dadurch eine Beleuchtung erfahren.\nDie vorliegende Mittheilung wird sich nur mit dem generellpsychologischen Problem der Ver\u00e4nderungsWahrnehmung befassen, w\u00e4hrend die differentiell-psychologische Betrachtung der Urtheilstypik beider Versuchspersonen in einem besonderen Artikel durchgef\u00fchrt werden soll.\nMethode.\nDer tonerzeugende Apparat war derselbe, wie bei den fr\u00fcheren Versuchen1; als Methode aber verwandte ich diesmal nicht das \u201eUrtheilsverfahren\u201c (in dem der Beobachter eine an Dauer vom Experimentator begrenzte Ver\u00e4nderung nach ihrem Ablauf zu beurtheilen hatte), sondern das einfachere und schneller zu Ergebnissen f\u00fchrende Reactions- oder besser \u201eBestimmungsverfahren\u201c, welches die Versuchsperson den Moment, in dem sie die Ver\u00e4nderung wahrnimmt, selbst durch eine Reactions-bewegung bestimmen l\u00e4fst.2\nAls Reactionsapparat diente eine F\u00fcnftelsecundenuhr, deren Genauigkeit f\u00fcr die hier in Betracht kommenden, relativ langen Zeiten vollst\u00e4ndig gen\u00fcgte. Die Technik des einzelnen Versuchs war die folgende : nachdem der Blasebalg bis oben mit Luft gef\u00fcllt war, liefs der Experimentator durch Zug am Blasebalgschieber den Ton erklingen, gleichzeitig der Versuchsperson das Signal \u201ejetzt\u201c zurufend. Diese setzte die Uhr, welche sie in der Hand hielt, durch Druck auf den Knopf in Gang und begann im gleichen Moment auf den Ton zu achten. Der Experimentator liefs nun eine Secunde lang den Ton unver\u00e4ndert bestehen, um ihn dem Reagenten einzupr\u00e4gen, und begann sodann durch gleichm\u00e4fsige Drehung an der Kurbel des Apparates den Ton zu erh\u00f6hen oder zu vertiefen, bis der Reagent durch einen zweiten Druck auf den Knopf die Uhr arretirte und dadurch anzeigte, dafs er sich ein Urtheil gebildet habe. Der Ton wurde dann abgesperrt; der Reagent theilte dem Experimentator die von der Uhr abzulesende Versuchsdauer sowie sein Urtheil mit;\n1 S. diese Zeitschr. 21, 361.\n* Die Einw\u00e4nde, die Stratton (Wahrn. von Druck\u00e4nd. Phil. Stud. 12, 522 ff.) gegen das Bestimmungsverfahren geltend machte, haben sich bei genauerer Pr\u00fcfung als unstichhaltig erwiesen. N\u00e4heres dar\u00fcber in meiner Psychol, d. Ver\u00e4nderungsauff. 112, 222, 233.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wahrnehmung von Tonver\u00e4nderungen.\n3\nder Experimentator protokollirte beides und ein weiterer Versuch konnte beginnen.\nDa die im Blasebalg nach einmaliger F\u00fcllung vorhandene Luft nur etwa 20 Secunden hindurch reichte, so war hiermit eine Maximaldauer des Versuchs gesetzt; hatte sich bis dahin noch kein Urtheil ergeben, so brach der Experimentator den Versuch ab und notirte seinen negativen Ausfall.\nDie angewandten T\u00f6ne lagen in der Gegend von 240 Schwingungen.\nSieben Aenderungsgeschwindigkeiten der Tonh\u00f6hen kamen zur Anwendung: ]/2, Vs, V4, Ve, Vs, Via, Vi\u00ab Schwingung pro Secunde. Die schnellste betrug also das Achtfache der langsamsten.\nDie verschiedenen Geschwindigkeiten wurden wiederum dadurch erzielt, dafs der Experimentator die kleine Kurbel des Apparats nach den Schwingungen eines stummen Metronoms, d. h. eines ger\u00e4uschlos pendelnden Metallst\u00fccks, drehte. Eine ganze Drehung der Kurbel ver\u00e4nderte bekanntlich den Ton um eine halbe Schwingung, das stumme Metronom konnte durch wechselnde Fadenl\u00e4nge auf Schl\u00e4ge von Va und Vs Secunden eingestellt werden. Je nachdem nun auf jeden Pendelschlag Va, V4, V\u00bb, Vi6 Drehung vollf\u00fchrt wurde, liefsen sich, wie leicht zu berechnen, die Geschwindigkeiten Va, V*, Vs, Vi \u00ab bezw. Vs, V\u00ab, 1 h erzeugen. Nach einiger Uebung hatte ich in der Tact-m\u00e4fsigkeit und Gleichf\u00f6rmigkeit der Drehung v\u00f6llige Sicherheit erreicht.\nJe 18 Versuche wurden zu einer Doppelreihe gruppirt, die sieben Tonvertiefungen (n\u00e4mlich in den sieben Geschwindigkeiten), sieben Tonerh\u00f6hungen (entsprechend) \u2014 somit jede Ver\u00e4nderungsrichtung in jeder Geschwindigkeit einmal \u2014 aufserdem vier Constanzen (d. h. Versuche, in denen der Ton sich gleich blieb) enthielt. Jede Doppelreihe bestand aus zwei Einzelreihen zu je neun Versuchen, die durch eine kleine Pause von einander getrennt waren.\nDie Doppelreihen zerfielen nun in zwei grofse Gruppen, in \u201eungemischte\u201c und \u201egemischte\u201c. In den ungemischten enthielt jede Einzelreihe nur Ver\u00e4nderungen einer Richtung, also nur Erh\u00f6hungen, bezw. Vertiefungen, und die Versuchsperson wufste, um welche Ver\u00e4nderungsrichtung es sich in der\nReihe handelte. War insofern das Verfahren wissentlich, so war\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nL. William Stern.\nes doch in allen anderen Beziehungen unwissentlich ; die Reihenfolge der sieben Geschwindigkeiten war innerhalb der Reihe sprungweise steigend oder fallend und dem Reagenten unbekannt; ebenso wufste er nicht, dafs in jede Einzelreihe zwei Versuche eingestreut waren, in denen der Ton constant blieb. Eine solche \u201eungemischte\u201c Doppelreihe sah z. B. folgender-mafsen aus (es bedeutet : / Erh\u00f6hung, \\ Vertiefung, - Constanz des Tones ; die Bruchzahlen geben die angewandten Geschwindigkeiten an):\nUngemischte Doppelreihe.\n1.\t/\tV.\t10.\t\\\t7i\u00ab\n2.\t/\t7a\til.\t\\\tVs\n3.\t\u2014\t\t12.\t\u2014\t\n4.\t/\tVia\t13.\t\\\tVi\n5.\t/\t1/l6\t14.\t\\\tV.\n6.\t/\tVs\t15.\t\u2014\t\n7.\t\u2014\t\t16.\t\\\tVs\n8.\t/\tlU\t17.\t\\\tVa\n9.\t/\tV.\t18.\t\\\tVl9\nBei den ungemischten Reihen wurde abwechselnd mit Erh\u00f6hung und mit Vertiefung begonnen.\nDie \u201egemischten\u201c Versuchsreihen stellte ich den ungemischten zur Seite, um zu untersuchen, inwiefern das Wissen oder Nichtwissen um die Ver\u00e4nderungsrichtung das Urtheil beeinflusse. Hier waren daher nicht nur die Geschwindigkeiten, sondern auch die Richtungen der Ver\u00e4nderung in einer dem Reagenten unbekannten Weise regellos durch einander gemischt, nat\u00fcrlich so, dafs im Ganzen jede Doppelreihe die 7 Erh\u00f6hungsgeschwindigkeiten, die 7 Vertiefungsgeschwindigkeiten und die 4 Constanzen enthielt. Z. B. :\n\tGe\tmischte\ti Doppelrei]\the.\t\n1.\t\\\tVa\t10.\t\\\tVi.\n2.\t/\tVi\t11.\t\u2014\t\n3.\t\u2014\t\t12.\t/\tVs\n4.\t\\\tVs\t13.\t\\\tVa\n5.\t/\tVie\t14.\t/\tVa\n6.\t/\tVi\u00ab\t15.\t\u2014\t\n7.\t\\\tVe\t16.\t\\\tVi\n8.\t\u2014\t\t17.\t/\tVs\n9.\t/\t11 13\t18.\t\\\tVi.\nAn jedem Versuchstage wurden zwei ungemischte und zwei gemischte Doppelreihen vorgenommen. Nach mehrt\u00e4gigen ein\u00fcbenden Vorversuchen wurden die eigentlichen Experimente","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wahrnehmung von Tonver\u00e4nderungen.\n5\nin f\u00fcnf Tagen durchgef\u00fchrt; somit stehen zur Berechnung bei R. zehn ungemischte und zehn gemischte Reihen zur Verf\u00fcgung; bei K. fielen durch eine \u00e4ufsere St\u00f6rung an einem Tage die ungemischten Reihen aus, so dafs ich von ihm acht ungemischte und zehn gemischte Reihen besitze.\nAus diesen Zahlen ist ohne Weiteres zu entnehmen, wie h\u00e4ufig in jeder Versuchsgruppe jede Ver\u00e4nderungsgeschwindigkeit vorhanden war. Denn in der Doppelreihe kamen die verschiedenen Geschwindigkeiten je zwei Mal (ein Mal bei Tonerh\u00f6hung, das andere Mal bei Tonvertiefung), Constanzen dagegen vier Mal vor.\nDie Berechnung der Versuche war h\u00f6chst einfach. Der Reagent las von der Uhr eine gewisse Zeit in ganzen und F\u00fcnftel-Secunden ab. Diese Zahl stellt nicht die reine Ver\u00e4nderungsdauer dar, denn sie enth\u00e4lt 1. jene Secunde zu Beginn des Versuchs, w\u00e4hrend deren der Experimentator den conBtanten Ton auf den H\u00f6rer wirken liefs, 2. die Reactionszeit des Rea-genten \u2014 beide Zeiten sind abzuziehen. W\u00e4hrend der erste Werth direct bekannt ist, m\u00fcssen wir uns beim zweiten mit einer hypothetischen Zahl begn\u00fcgen ; denn die blofse Reactionszeit auf allm\u00e4hliche Ver\u00e4nderungen ist unmittelbar nicht mefsbar. Uebrigens ist ihre absolute Gr\u00f6fse f\u00fcr unsere Zwecke ziemlich irrelevant, da die an sich kleine Reactionszeit, gegen\u00fcber den ziemlich langen Versuchsdauern, nicht allzusehr ins Gewicht f\u00e4llt Aus Gr\u00fcnden, die ich an anderen Stellen schon ausgef\u00fchrt habe1, sah ich mich veranlafst, als hypothetische Reactionszeit einen Werth von R/10 Secunden zu w\u00e4hlen.\nNach Abzug dieser 1V2 Secunden von der durch den Beobachter registrirten Zeit erhielt ich f\u00fcr jeden Versuch die eigentliche Ver\u00e4nderungsdauer bis zum Moment der Wahrnehmung t. Wird dieser Zeitwerth multiplicirt mit der Geschwindigkeit der Ver\u00e4nderung v, so erhalten wir, den in der Zeit t durchlaufenen Umfang der Ver\u00e4nderung, d. h. den eigentlichen Schwellenwerth w, der angiebt, um wieviel Schwingungen sich der Ton bis zum Wahmehmungsmoment ver\u00e4ndert hatte.\nErgebnis se.\nDie Abh\u00e4ngigkeit der Schwelle von der Aenderungsge-schwindigkeit geht aus den folgenden Tabellen hervor. In\n1 Diese Zeitschr. 11, 25. \u2014 Psychol, d. Ver\u00e4nderungsauff. 109.","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nL. William Stern.\nihnen sind f\u00fcr jede Versuchsperson die Schwellenwerthe u sowie die Ver\u00e4nderungsdauern t (diese in kleinem Druck) angegeben, die bei den verschiedenen Aenderungsgeschwindigkeiten im Durchschnitt erzielt worden sind. Rubrik I enth\u00e4lt die sieben Geschwindigkeiten, Rubrik II f\u00fcr jede Geschwindigkeit den Durchschnitt s\u00e4mmtlicher u- und Werthe (also Erh\u00f6hung und Vertiefung, gemischte und ungemischte Versuche vereint). Die beiden n\u00e4chsten Rubriken sondern die Erh\u00f6hungs- und Ver-tiefungsschwellen, in den zwei letzten sind die Schwellen der ungemischten und gemischten Reihen geschieden. Die Zahl n giebt an, aus wieviel Versuchen jede in der Rubrik enthaltene Durchschnittszahl abgezogen ist.\nTabelle I. K.\nII L\t\tII.\t\tIII.\t\tIV.\t\tV.\tVI.\n\t\u2022rH | CP OB _ ^ M \u00d6D \u00d6 -rH 'O 2 fl \u00a9 \u00f6 3h\tg >\u201c< (-4 -H w *r|.Srd <D\tDurchschnitt aus s\u00e4mmtl. Versuchen\t\tErh\u00f6hung\t\tVertiefung\t\tUn- gemischte Reihen\tGemischte Reihen\n\t^ te OGQ g 0 \u0153\t\u00a3\t\u25a0 (n =\t36)\t(n =\t18)\t(n =\t18)\t(n = 16)\tII\n\t\tu\tt\tu\tt\tu\tt\tU\tl\tu\tt\na\t1L\t2,25\t\t1,90\t\t2,5\t\t2,13\t2,30\n\t/\u00ab\t\t4,4\t\t3,8\t\t5,0\t4,25\t4,6\ni b\tVi\t1,64\t4,9\t1,67\t5,0\t1,60\t4,8\t1,60 4,75\t1,68 5,0\n\t11.\t1,46\t\t1,47\t\t1,45\t\tO T\u20141\t1,72\n\t14\t\t5,8\t\t5,9\t\t5,8\t4,8\t6,9\n\u25a0 1 d\tI Va\t1,12\t6,8\t1,00\t6,1\t1,25\t7,5\t1,00 6,1\t1,25 7,5\ne\t1/8\t1,09\t8,85\t1,07\t8,6\t1,13\t9,1\t0,95 7,7\t1,23 10,0\nf\tVit\t0,89\t10,85\t0,85\t10,5\t0,93\t11,2\t0,88 10,9\t0,90 10,8\n9\t'Via\t0,81\t13,0\t0,81\t12,9\t0,81\t13,0\t0,74 11,9\t0,88 14,0","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"7\nDie Wahrnehmung von Tonver\u00e4nderungen.\nTabelle II. B.\n\tI.\tII.\t\tIII.\t\tIV.\t\tV.\t\tVI.\t\n,\t*4-3\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\u2022 rH\tt \u2022r-i\tO H 'S bcA fl .3 \u00ab \u25a0-S S\tDurchschnitt aus s\u00e4mmtl. Versuchen\t\tErh\u00f6hung\t\tVertiefung\t\tUn- gemischte Reihen\t\tGemischte Reihen\t\n/\t\u00a3 \u00a3 \u00abCO 2 o\t(n \u2014\t40)\t{n =\t20)\t(n =\t20)\t(n ==\t20)\t(n \u2014\t20)\n\tm \u00ab.O f-1 ft 0\tu\tt\tu\tt\tu\tt\tu\tt\tu\tt\nr a\t-V.\t1,25\t2,5\t1,02\t2,05\t1,47\t2,95\t1,20\t2,4\t1,30\t2,6\nr l f\t7*\t1,12\t3,35\t0,92\t2,75\t1,31\t3,9\t1,03\t3,1\t1,20\t3,6\nC\t%\t0,80\t3,2\t0,70\t2,8\t0,89\t3,6\t0,68\t2,7\t0,91\t3,05\nd\t7\u00ab\t0,88\t5,03\t0,75\t4,5\t1,00\t6,05\t0,98\t5,9\t0,77\t4,<T>\n\tVs\t0,76\t\t0,63\t\t0,88\t\t0,63\t\t0,89\t\n\t\t\t6,1\t\t5,1\t\t7,1\t\t5,05\t\t7,15\nf\t7\u00bb.\t0,58\t6,9\t0,47\t5,65\t0,69\t8,2\t0,59\t7,15\t0,56\t6,7\n9\tTlo\t0,44\t6,9\t0,40\t6,35\t0,47\t7,5\t0,42\t6,7\t0,44\t7,15\n'\tj\n* Die Ergebnisse lassen sieh graphisch veranschaulichen in den Strahlenfiguren. \u201eIm Strahlensystem werden die Abscissen gebildet durch die Zeiten t, die Ordinaten durch die Ver\u00e4nderungsumf\u00e4nge u.. . . Die Geschwindigkeiten der Ver\u00e4nderung kommen aber ganz direct in den Strahlen zur Darstellung, die den Nullpunkt mit irgend einem Ordinaten-Abseissenschnittpunkt verbinden. Jeder Strahl bedeutet eine bestimmte Aenderungs-geschwindigkeit, welche ohne Weiteres aus den Ooordinaten abzulesen ist.\u201c Der Strahl a repr\u00e4sentirt z. B. die Geschwindigkeit a/2, da er durch den Schnittpunkt von 1 Secunde und 0,5 Schwingungen geht, u. s. w. \u201eDie Steilheit des Strahles ist das","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nL. William Stern.\nMaafs der Geschwindigkeit. Der gemessene Schwellenwerth wird durch einen auf dem Strahle anzubringenden Punkt re-pr\u00e4sentirt, welcher angiebt, bis zu welchem u- und t-Werth die Ver\u00e4nderung der gegebenen Geschwindigkeit vorschreiten mufs, damit ein Urtheil, bezw. eine Reaction ausgel\u00f6st werde.. . . Die Verbindung dieser Punkte giebt die Curve der ,Ver\u00e4nderungserregbarkeit in ihrer Abh\u00e4ngigkeit von der Aenderungs-geschwindigkeitS Das Ansteigen dieser Curve zeigt ein Ansteigen der Schwelle, d. h. eine Abnahme der Erregbarkeit an, und umgekehrt.\u201c 1\nZur Veranschaulichung der Hauptresultate gen\u00fcgt es, wenn wir die bei beiden Versuchspersonen gewonnenen Zahlen vereinigen ; die Curven der Figur I stellen diese combinirten Resultate dar. Und zwar entsprechen die r\u00f6mischen Nummern der Curven den gleich bezeichneten Rubriken der Tabelle (nur Curve I entspricht der Rubrik II).\n\u00b0 0 1 2 3 4 S 6 7 S 3 10\n01 2 3 1 3 5 7 8 9 N)\nFig. 1.\n0123456783 tO\nAus den Tabellen und Curven l\u00e4fst sich nun zun\u00e4chst das eine Grundergebnifs ablesen: Die Ver\u00e4nderungsschwelle sinkt mit Abnahme der Geschwindigkeit. D. h.: je langsamer (innerhalb der durch die Versuchsbedingungen gezogenen Grenzen) der Ton sich ver\u00e4ndert, um so feiner ist die Wahrnehmbarkeit der Ver\u00e4nderung.\nDie Erkl\u00e4rung dieses \u00fcberraschenden Resultates, durch welches fr\u00fcher von mir gefundene, von Manchen aber bestrittene Ergebnisse aufs Neue Best\u00e4tigung erhalten, habe ich an anderer Stelle ausf\u00fchrlich er\u00f6rtert.2 Ich will mich deshalb hier damit begn\u00fcgen, dasjenige Gesetz, auf welches sich meiner Ansicht\n1\tPsychol, d. Ver\u00e4nderungsauff., 209.\n2\tPsychol, d. Yer\u00e4nderungsauff., 231 ff.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wahrnehmung von Tonver\u00e4nderungen.\n9\nnach jene Schwellen Verh\u00e4ltnisse vor Allem gr\u00fcnden, ohne weitere Erl\u00e4uterung noch einmal zu citiren. Das Gesetz der Optimalzeiten lautet: \u201eWird ein sich \u00e4ndernder Reiz dauernd beobachtet , so giebt es innerhalb der Beobachtungszeit gewisse g\u00fcnstige Stadien, in denen die Wahrnehmungsf\u00e4higkeit bezw. die Tendenz, eine Urtheils- oder Bewegungsreaction zu vollziehen, besonders stark ist. Da innerhalb einer solchen Optimalzeit Ver\u00e4nderungen verschiedener Geschwindigkeit zur Wahrnehmung gelangen k\u00f6nnen, so sind die langsameren Ver\u00e4nderungen, welche bis zu jenem Zeitpunkt erst einen geringeren Umfang erreicht haben, relativ g\u00fcnstiger gestellt.\u201c 1 Im Uebrigen beschr\u00e4nke ich mich an dieser Stelle auf die Besprechung von Punkten, die im unten genannten Buch nicht behandelt worden sind.\nDer Grad, in dem sich die Wahrnehmungsschwelle mit wechselnder Geschwindigkeit ver\u00e4ndert, ist ein aufserordentlich betr\u00e4chtlicher. Man vergleiche in Rubrik II bei beiden Versuchspersonen den ersten und den letzen Werth: jener betr\u00e4gt fast das Dreifache dieses. Bei R. gen\u00fcgte f\u00fcr die langsamste Geschwindigkeit T/i e im Durchschnitt eine Ver\u00e4nderung von nicht einmal einer halben Schwingung, um die Wahrnehmung zu erm\u00f6glichen, w\u00e4hrend eine achtmal so schnelle Ver\u00e4nderung erst bemerkt wurde, wenn sich der Ton im Durchschnitt um 1 Va Schwingung erh\u00f6ht oder vertieft hatte. Bei K. sind die entsprechenden Werthe 4/s bezw. 2a/4 Schwingungen.\nWie sich aus der ersten Curve sofort ablesen l\u00e4fst, ist diese Zunahme der Unterscheidungsf\u00e4higkeit namentlich im Anfang, d. h. bei den h\u00f6heren Geschwindigkeitsgraden eine sehr betr\u00e4chtliche. R. zeigt zwischen Geschwindigkeit 1/2 und */i ein Herabgehen der Schwelle auf % ihres Werths, K. hat bei Geschwindigkeit 1/6 die doppelte Feinheit der Wahrnehmung wie bei der schnellsten 1/2. Nachher verlangsamt sich der Abfall, und wir d\u00fcrfen annehmen, dafs sich bei Untersuchung noch geringerer Geschwindigkeiten wieder eine Umkehrung des Curvenganges gezeigt haben w\u00fcrde ; leider war deren Anwendung unm\u00f6glich gemacht, da die Blasebalgluft jedesmal nur f\u00fcr etwa 20 Secunden reichte.\n1 A. a. O. 211.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nL. William Stern.\nDie Rubriken, bezw. Curven III und IV geben das Verh\u00e4ltnis der Erh\u00f6hungs- zu den Vertiefungsschwellen, an; es erweist sich, dafs Erh\u00f6hungen besser erkannt werden als gleich schnell ablaufende Vertiefungen des Tones; namentlich ist die Differenz grofs bei den schnellsten Geschwindigkeiten. Die Inferiorit\u00e4t der Vertief un gs Wahrnehmung ist bei beiden Versuchspersonen vorhanden; bei K. liegt die Vertiefungsschwelle im Durchschnitt um 10 %, bei R. sogar um 17% h\u00f6her als die Erh\u00f6hungsschwelle. Worauf die besondere Schwierigkeit der Wahrnehmung von Tonvertiefungen1 im Vergleich zu der Wahrnehmung von entsprechenden Erh\u00f6hungen beruhte, vermag ich nicht zu sagen.\nEine \u00e4hnliche Verschiedenheit, wie zwischen Erh\u00f6hung und Vertiefung, besteht auch \u2014 man betrachte die beiden letzten Rubriken und Curven \u2014 zwischen ungemischten und gemischten Reihen. Bei ersteren wufste die Versuchsperson, welche Ver\u00e4nderungsrichtung in jedem einzelnen Versuch pro-ducirt wurde \u2014 oder glaubte es wenigstens zu wissen, da ihr das Vorkommen der eingestreuten Constanzen nicht mitgetheilt war. Ihre ganze Aufmerksamkeit konnte sich somit auf das \u201eWann\u201c der Wahrnehmung concentriren ; denn dies wTar die einzige Beziehung, in der jeder Versuch wegen des Wechsels der angewandten Aenderungsgeschwindigkeiten, eine neue Aufgabe stellte. Bei den gemischten Reihen dagegen wurden nicht nur die Geschwindigkeiten, sondern auch die Ver\u00e4nderungsrichtungen von Versuch zu Versuch variirt; der Reagent wufste, dafs Erh\u00f6hung, Vertiefung und Constanz regellos wechselten; zu dem \u201eWann\u201c trat noch die Frage nach dem \u201eOb\u201c und nach dem \u201eWie\u201c der Ver\u00e4nderungswahrnehmung. Die hierdurch gesetzte Erschwerung macht sich nun sofort in den Schwellen-werthen bemerkbar: in den gemischten Reihen sind beinahe durchweg h\u00f6here u- und t- Werthe producirt worden. Und zwar zeigt diesmal K. die gr\u00f6fsere Differenz, n\u00e4mlich 14 % im Durchschnitt , w\u00e4hrend bei R. die gemischten Schwellenwerthe im Durchschnitt nur 8 % \u00fcber den ungemischten liegen, in einzelnen F\u00e4llen aber nicht einmal an sie heranreichen. Wir werden auf\n1 Auch bei anderen Versuchen zeigte R. die gr\u00f6fsere Differenz zwischen der Wahrnehmung von Tonvertiefungen und Tonerh\u00f6hungen. S. PsychoL d. Ver\u00e4nderungsauff., 253.","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Die Wahrnehmung von Tonver\u00e4nderungen.\n11\ndiese bemerkenewerthe Verschiedenheit der Versuchspersonen im folgenden Artikel zu sprechen kommen.\nDie Vergleichung der ungemischten und gemischten Reihen bietet aber noch so manches Bemerkenswerthe. Die Erschwerung des Urtheils, die sich im unwissentlichen Verfahren zeigt, ist sehr verschieden grofs bei den beiden Ver\u00e4nderungsrichtungen. Sondert man in den gemischten wie in den ungemischten Reihen die Erh\u00f6hungsschwellen von den Vertiefungsschwellen, so ergeben sich folgende u-Werthe (ich berechne hier nur die Durchschnitte aus s\u00e4mmtlichen Geschwindigkeiten):\nTabelle III\n\t\tK.\tR.\t\n\tErh\u00f6hung\tVertiefung\tErh\u00f6hung\tVertiefung\nUngemischte Reihen\t1,16\t1,34\t0,67\t0,94\nGemischte Reihen\t,\ti.\u00ab\t1,45\t0,75\t0,98\nDifferenz:\t0,25\t0,11\t0,08\t0,04\nIn \u00b0 0 der ungern. Werthe:\t22%\t7%\t12 %\t4 %\nSowohl Erh\u00f6hung wie Vertiefung zeigen hiernach im gemischten Verfahren ein Ansteigen der Schwelle (d. h. eine Abnahme der Wahrnehmbarkeit); doch ist dies Ansteigen f\u00fcr Tonerh\u00f6hungen ein viel betr\u00e4chtlicheres als f\u00fcr Tonvertiefungen; die Erh\u00f6hungsdifferenz betr\u00e4gt bei beiden Versuchspersonen pro-centuell das Dreifache der Vertiefungsdifferenz. Bedenkt man nun, dafs im Ganzen Erh\u00f6hung leichter und besser wahrgenommen wurde als Vertiefung, so kommen wir zu folgendem Ergebnifs, dessen G\u00fcltigkeit wohl \u00fcber die speciellen Bedingungen unserer Versuche hinausgeht und ein allgemeines psychologisches Verhalten ausdr\u00fcckt: Bei Reizen; die im wissentlichen Verfahren besonders leicht und sicher erkannt werden, macht sich die geminderte Sicherheit im unwissentlichen Verfahren besonders f\u00fchlbar.\nVon Interesse ist endlich auch die Fehlerstatistik in den gemischten Reihen. Da hier die Versuchspersonen nach jedem Einzelversuch angeben mufsten, ob sie Erh\u00f6hung, Ver-","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nL. William, Stern.\ntiefung oder Constanz geh\u00f6rt, so waren Irrth\u00fcmer m\u00f6glich. Diese Fehlurtheile vertheilen sich nun in Procenten auf die drei Reizformen folgendermaafsen :\nTabelle IV.\n\tK.\tR.\n:\tin Procent\tin Procent\nErh\u00f6hung\t!\t14\t14\nVertiefung\t7\t24\nConstanz\t35\t48\nIm Ganzen:\t16\t26\nDie Urtheile sind sonach in der weitaus \u00fcberwiegenden Anzahl richtig, ein Beweis daf\u00fcr, dafs das Bestimmungsverf\u00e4hren in der That brauchbar ist. Stratton hatte behauptet, die ge-sammten Resultate dieses Verfahrens w\u00fcrden dadurch illusorisch gemacht, dafs in Folge der Erwartung voreilig reagirt w\u00fcrde. Obige Zahlen zeigen, dafs dies nicht der Fall ist; denn die Re-actionen erfolgten in den weitaus meisten F\u00e4llen erst dann, wenn die Ver\u00e4nderungen in ihrer Richtung richtig erkannt waren ; hier darf man dann von Voreiligkeit nicht mehr sprechen.\nAm schlechtesten wurden, was mit fr\u00fcheren Resultaten \u00fcbereinstimmt1, Constanzen aufgefafst; von K. wurden sie in Vs aller F\u00e4lle, von R. gar zur H\u00e4lfte f\u00e4lschlich als irgend welche Ver\u00e4nderungen beurtheilt, ein Zeichen f\u00fcr die St\u00e4rke von Autosuggestionen, die durch Erwartung bedingt sind.\nBei den wirklichen Ver\u00e4nderungen dagegen ist die Fehlerzahl recht klein; im Ganzen sind hier, wenn man K. und R. vereinigt, nur 15% Fehler gemacht worden. R., der \u00fcberhaupt leichter zu Irrth\u00fcmem neigt, hat sich namentlich bei Vertiefungen \u00f6fter t\u00e4uscht; wir hatten schon oben an den erh\u00f6hten Schwellen gesehen, dafs ihm diese Ver\u00e4nderungsrichtung besondere Schwierigkeiten bereitete.\n1 S. diese Zeitschr. 21, 273\u201474 (Tabellen).\n. Eingegangen am 19. September- 1899.)","page":12}],"identifier":"lit31135","issued":"1900","language":"de","pages":"1-12","startpages":"1","title":"Die Wahrnehmung der Tonver\u00e4nderungen. Dritte Mittheilung: Die Wahrnehmung von Tonver\u00e4nderungen sehr verschiedener Geschwindigkeit","type":"Journal Article","volume":"22"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:16:30.266677+00:00"}