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Richard Seyfert: Ueber die Auffassung einfachster Raumformen. Philos. Stud. 14 (4), 550-566. 1898

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{"created":"2022-01-31T16:15:55.524985+00:00","id":"lit31174","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Witasek","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 22: 150-153","fulltext":[{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"\u00cf5\u00d4\n\u25a0\u00ce\u00c0ieraturbcricht.\ndie durch die vorzugsweise Ber\u00fccksichtigung des indirecten Sehens ge*-boten sind. Das Ergebnils der Versuche lautet dahin, \u201edafs sowohl im fcccommodirten wie im accommodationslosen Aug\u00e9 monocular wahrge* 'nommene Eindr\u00fccke nicht rfiumlich unterschieden, sondern in eine Fl\u00e4che verlegt weiden, die unter den realisirten Versuchsbedingungen ann\u00e4hernd 190 cm vom Auge entfernt ist\u201c. Trotz dieses der Theorie KibschmaniTs widersprechenden Ergebnisses gelangt der Verf. durch einen Ueberblick \u00dcber verschiedene, der monocularen Raumwahrnehmung gewidmete Untersuchungen zur Ansicht, dafs es immerhin eine monoculare Raum Wahrnehmung gebe, und meint, dafs die Motive, die in seinen VerBuchstabell\u00ebn eine gewisse Constanz der Localisation in einer ann\u00e4hernd constant bleibenden Fl\u00e4che bedingen, urspr\u00fcnglich dem binocularen Sehacte angeh\u00f6ren, and erst secund\u00fcr das monoculare Sehen bestimmen. Eine Isolirung derjenigen Factoren, die nur im monocularen Sehen auftreten, ist seiner Ansicht nach bei Fallversuchen nicht erreichbar.\tWit a sek (Graz).\nBichabd Sktfkbt. Ueher die ArnfTastug einfachster liumformew. Philo*. Stud. 14 (4), 550\u2014566. 1898.\nWenn die vorliegende Arbeit die Frage, die sie sich stellt, durch einwandfreie Untersuchung zur Beantwortung br\u00e4chte, w\u00e4re sie trotz ihres geringen Umfanges unter den zahlreichen Raumsinn-Publicationen eine der bedeutungsvollsten und wichtigsten. In der Regel wird n\u00e4mlich die grundlegende Rolle, die die Augenbewegungen in den heute zumeist herrschenden Raumtheorien spielen, von Arbeiten dieser Richtung stillschweigend anerkannt oder h\u00f6chstens auf indirectem Wege legitimirt; die vorliegende Arbeit dagegen geht ganz direct und unmittelbar gerade auf diesen Punkt los und b\u00f6te gewisserma&fsen das bisher entbehrte experimentum cruels \u2014 aber sie ist nicht beweisend in der Durchf\u00fchrung. Trotxdem verdient sie Beachtung, schon wegen der Lehren, die man aus ihren Fehlern f\u00fcr einen weiteren, einwandfreieren Versuch der L\u00f6sung dieses hochwichtigen Problems ziehen kann.\nDer Verf. erinnert daran, dafs unsere Gesichtsraum-Vorstellungen complexe psychische Gebilde sind, \u201ein die aufser den Netzhautempfindungeu auch Augenbewegnngs-Empfindungen sowie anderweitige Muskelempfin-d\u00fcngen und schliefs\u00fcch auch Reflexionen eingehen\u201c. Er setzt sich die Aufgabe, \u201efestzustellen, welchen Antheil die genannten Momente an der Ausgestaltung der Gesichtsvorstellung haben\u201c. Diese Aufgabe will er nun dadurch l\u00f6sen, dafs er die gleichen einfachen Raumformen einmal nur durch Netshautempfindung, dann nur durch Augenmuskel - Empfindung, dann nur durch anderweitige (Hand- und Arm-) Muskelempfindungen, schliefslich durch Combinationen dieser einzelnen Empfindungen (der sog. Einfiufs der Reflexion kommt nur nebenher zur Betrachtung), im Ganzen auf sechs verschiedene Arten zur Auffassung gelangen l\u00e4fst und dann die Ergebnisse der verschiedenen Auffassungsarten gegen einander vergleicht.\nZun\u00e4chst handelte es sich also um die Herstellung von Vereuchs-bedingungen, die die Sicherheit daf\u00fcr gew\u00e4hren, dafs je nach Wunsch die einzelnen Auffassungsarten zur Anwendung gelangen. Dies sucht 8. da* durch zu erreichen, dafs er die aufzufassenden Raumformen, Dreiecke von","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Litera turbericht.\n151\nverschiedene* Winkelvertheilung, von der Versuchsperson auf folgenden sechs verschiedenen Wegen percipiren l\u00e4fst:\n1.\t(Auflassung durch blofse Netzhautempflndung.) Ein markirter Punkt im Dreieck wird durch 4 bis 12 Secunden scharf fixirt. >\n2.\t(Auffassung durch blofse Augenbewegungs-Empfindung ohne Netzhautbild.) Die Versuchsperson folgt mit den Augen, scharf fixirend, einem schwarzen Punkt, der sich auf vollkommen gleichm\u00e4fsig weifsem Hintergrund in der Bahn des darzubietenden Dreieckes bewegt.\n3.\t(Auffassung durch blofse Hand- und Armmuskel-Empfindung\u00e9n.) Die Versuchsperson hat die Augen geschlossen und f\u00e4hrt, mit den Fingern tastend an den St\u00e4ben entlang, aus denen das Dreieck zusammengesetzt ist.\n4.\t(Auffassung durch Netzhaut- und Augenbewegungs-Empfindung zugleich.) Das Auge wird durch die Bewegungen des Zeigestabes veranlafst, die deutlich sichtbaren Umrifslinien des Dreieckes zu verfolgen.\n5.\t(Auffassung durch Augenbewegungs-Empfindung und Bewegungsempfindungen der Hand und des Armes ohne Netzhautbild.) Wie in 2, gleichzeitig aber zeichnet die Versuchsperson mit Bleistift das Dreieck, ohne jedoch den sich bewegenden schwarzen Punkt aus dem Auge zu verlieren.\n6.\t(Auffassung durch Netzhautbild, Augenbewegungs-Empfindung und Bewegungsempfindung der Hand und des Armes.) Das Auge folgt dem Zeigestabe, der die deutlich sichtbaren Dreieckscontouren umf\u00e4hrt, und gleichzeitig zeichnet die Hand das angeschaute Dreieck nach.\nDamit sollte das Eine, n\u00e4mlich die Isolirung, bezw. willk\u00fcrliche Combination der einzelnen verschiedenen Auffassungsarten geleistet sein.\nWeiters handelte es sich um die Ermittelung der bei jeder der verschiedenen Arten erzielten Genauigkeit der Auffassung. Zu diesem Zwecke moisten die Versuchspersonen die Dreiecke, nachdem sie sie percipirt hatten, mit Bleistift aufzeichnen. Die Genauigkeit der Auffassung wurde bestimmt durch die Summe der absoluten Abweichungen der drei Winkel des gezeichneten Dreieckes von den homologen Winkeln des vorgezeigten.\nAuf diese Weise ergaben die Versuche, an neun Personen angestellt, folgende Seihe, in der die Nummern der Auffassungsarten nach dem durchschnittlichen Grade der Genauigkeitsleistung fallend geordnet sind : 4, 1, 2, 6, 5, 3. Durch Discussion dieser Reihe gelangt der Verf. unter Ber\u00fccksichtigung einiger die Versuche beeinflussenden Nebenumst\u00e4nde, wie gr\u00f6fsere oder geringere Uebung im Fixiren bei einzelnen Versuchspersonen u. s. w-, zur Beantwortung seiner Frage in sechs allgemeinen S\u00e4tzen, von denen ich zun\u00e4chst den ersten als besonders wichtig mittheile, um einige Bemerkungen daran anzukn\u00fcpfen. Er lautet:\n\u201eDas Ausschlaggebende f\u00fcr die Exactheit der Auffassung einfachster Formen ist nicht das Netzhautbild, sondern die Augen: bewegungs-Empfindung.u","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nI\u00c0Uraturbericht.\nIch glaube nicht, dafs S.\u2019s Versuche geeignet sind, eine Best\u00e4tigung-dieees Grunddogmas der Wuirpr\u2019schen und verwandter Raumsinntheorien abzugeben. Nicht gerade deshalb, weil in der Durchschnittsreihe ja doch eigentlich 1 vor 2 zu stehen kommt. Die Reihe erscheint schon an und fflr sich wenig zuverl\u00e4ssig. Sie stimmt nur mit zweien der den einzelnen Versuchspersonen zugeh\u00f6rigen Einzelreihen v\u00f6llig \u00fcberein und diese Einzelreihen selbst weisen Abweichungen gegen einander auf, die so bedeutend sind, dafs sie kaum mehr als Ausdruck individueller Verschiedenheiten aufgefafst werden k\u00f6nnen, sondern h\u00f6chstens vermuthen lassen, dafs das Wesentliche, n\u00e4mlich die Erzwingung bestimmter Auffassungsarten^ durch die Versuchsanordnung nicht getroffen worden ist. \u2014 Was \u00fcbrigen\u00bb die Ergebnisse von 1 und 2 anlangt, so mag der Verf. berechtigt sein, vorzugsweise die Reihen jener Versuchspersonen zu ber\u00fccksichtigen, die im Fixiren sehr ge\u00fcbt waren. Diese Reihen enthalten thats\u00e4chlich alle 2 vor 1, allerdings an den verschiedensten Stellen. Sie lauten n\u00e4mlich:\n2, 4, 6, 1, 3, 5.\t2, 4, 5, 1, 6, 3.\t6, 5, 2, 4, 1, 3.\t4, 2, 6, 5, 1, 3.\n4, 2, 1, 6, 5, 3.\nNach diesen Reihen k\u00f6nnte man also allenfalls dem oben citirten allgemeinen Satze zustimmen, wenn auch die stets wechselnde Stelle der 4 recht schwer begreiflich sein mag. Aber andere, gewichtigere Bedenken sind es, die zeigen, dafs den Versuchen 1, 2 und 4 eine zwingende Beweiskraft f\u00fcr diesen Satz gar nicht zukommt und die Frage, ob das Netzhautbild oder die Augenbewegung das Ausschlaggebende f\u00fcr die Raumpercep-tion ist, durch diese Versuche nicht entschieden werden kann. Denn erstens hat es nur bei oberfl\u00e4chlicher Betrachtung den Schein, dafs durch die Versuchsanordnung 2 das Netzhautbild ausgeschaltet ist. Freilich die-Netzhautempfindung von schwarzen Strichen auf weifsem Grunde fehlt \u2014 aber diese Empfindung an sich ist ja gar nicht das Wesentliche. Da\u00bb Wesentliche ist vielmehr das Gesichtsbild \u00fcberhaupt, gleichg\u00fcltig wodurch es hervorgerufen worden ist, ob direct durch die Empfindung oder nur erg\u00e4nzt durch die Phantasie. Und dafs dieses Gesichtsbild thats\u00e4chlich beim Versuche 2 auf Grund der gesehenen Bewegung des Zeigestabes hinzuphantasirt wird, ist doch ein ganz unwillk\u00fcrlicher und unvermeidlicher Nebenerfolg der Blickbewegung, und jedenfalls von gr\u00f6fserer Bedeutung, als das Nachbild des bewegten Fixationspunktes, dessen den Versuch st\u00f6render Einflufs dem Verf. einige Sorge macht. So f\u00e4llt die Ver* Suchsanordnung 2 im Wesentlichen mit 4 zusammen, was auch in den auffallend \u00fcbereinstimmenden Ergebnissen beider Anordnungen zum Aua\u00bb druck kommt. Die Versuchsanordnung 2 bietet also keine reine Augen* bewegungs-Auffassung. \u2014 Sie bietet aber auch keine Gew\u00e4hr daf\u00fcr, dafs das, was sie an Exactheit gegen die Perception mit fixirtem Blick (1) allenfalls voraus hat, gerade der Augenbewegungs-Empfindung zu verdanken ist\u00bb 1 und 2 (oder 4) unterscheiden sich ja nicht nur dadurch, dafs dieses eine Augenbewegungs-Empfindung liefert, jenes nicht; auch die reinen Gesichts-(Netzhaut-)Empfindungen sind ja verschieden in beiden F\u00e4llen. Das Ge-sicht8-(Netzhaut-)Bild, das man vom Dreieck erh\u00e4lt, ist ein anderes, wenn, man nach und nach s\u00e4mmtliche Punkte seines Umfanges ins directe Sehen bekommt, und ein anderes, wenn man nur einen Punkt in seiner Fl\u00e4chn","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n153\ndirect, alles andere indirect sieht. Und so hat man gar kein Hecht, das g\u00fcnstigere Ergebnifs von 2 oder 4 der Angenbewegung zuzuschreiben; es k\u00f6nnte auch durch das vollkommenere Netzhautbild hervorgerufen sein. Erst eine Gegenprobe k\u00f6nnte vielleicht die Sache zur Entscheidung bringen, allenfalls in der Art angestellt, dafs trotz fixirten Blickes durch Bewegung des Dreieckes nach und nach s\u00e4mmtliche Theile desselben zu directem Gesehen-werden gelangen, oder dafs die Figur weit genug entfernt wird, um mit einem Blick \u00fcberschaut werden zu k\u00f6nnen.\nSoviel besonders gegen die Beweiskraft der Yersuchsergebnisse von 1, 2 und 4. Im Allgemeinen jedoch ist gegen S.\u2019s Versuchsanordnung noch ein gewichtiges Bedenken geltend zu machen. So wenig als Jemand durch das blofse Zuschauen radfahren oder schwimmen (d. h. die dazu erforderlichen und an anderen gesehenen Bewegungen selbst ausf\u00fchren) lernt ; so wenig, als Jemand, der irgend eine Melodie aufgefafst hat, sie deshalb auch schon singen oder pfeifen (d. h. also in die entsprechenden Kehlkopf- bezw. Lippen- und Zungenbewegungen umsetzen) k\u00f6nnen mufs; ebensowenig wird ob Jedem gleich gut gelingen, Gesichtsvorstellungen in die entsprechenden Handbewegungen umzusetzen, d. h. also, gesehene Figuren nachzuzeichnen. Verf. erw\u00e4hnt selbst die \u201egrofse Uebung der Muskeln\u201c von zweien seiner Versuchspersonen, die {man m\u00f6chte nach diesen Worten erwarten: Turnlehrer) Zeichenlehrer sind und f\u00fchrt auf diesen Umstand die besseren Ergebnisse, die sie in einzelnen Versuchsarten erzielten, zur\u00fcck. Ueberdies lftfst 8. die Dreiecke aus dem Ged\u00e4chtnifs nachzeichnen. Nach den auf diesem Wege gewonnenen Figuren bemifst er nun die Exactheit der Perception. Er nimmt also eine zweifache Fehlerquelle in den Kauf: Die Unsicherheit des Zeichnens und die des Ged\u00e4chtnisses; oder er macht die ganz willk\u00fcrliche Annahme, dafs die Controlfiguren den Wahrnehmungsvorstellungen von den Dreiecken gleich sind. Ob diese beiden Fehlerquellen thats\u00e4chlich bedeutend oder geringf\u00fcgig sind, ist f\u00fcr die Beur-theilung der Methode S.\u2019s gleichg\u00fcltig, einfach deshalb, weil wir dar\u00fcber nichts wissen. Und dais die beiden Fehler stets relativ den gleichen Betrag ausmachten, daher f\u00fcr die relative Bestimmung des Exactheitsgrades nicht in Betracht k\u00e4men, w\u00e4re eine ebenso willk\u00fcrliche Annahme; nicht einmal daf\u00fcr besteht irgend eine Gew\u00e4hr, dafs die Fehler stets im gleichen Sinne ausfallen. Noch we. .iger darf man sich damit beruhigen, dafs sich, dank der grofsen Anzahl der Einzelversuche, die Fehler im Durchschnitts-ergebnifs eliminiren; das mag sonst eine erlaubte Annahme sein, hier aber, wo es sich, wenn die Absicht der Versuche \u00fcberhaupt erreicht werden soll, um so verschiedenes Vorstellungsmaterial handelt, ist sie unzul\u00e4ssig. \u2014 So scheint mir S.\u2019s Methode der Bestimmung des Genauigkeitsgrades der Perception viel zu unzuverl\u00e4ssig, als dafs man seinen Ergebnissen irgend einen Werth beimessen k\u00f6nnte.\tWitasbk (Graz).\nJ. H. Hyslop. Psychical Research and Coincidences. Psych. Rev. 5 (4), 362\u2014387.\n1898.\nEin Fall, in dem eine Menge von scheinbar warnenden \u201eVorzeichen\u201c dem Tode eines KindeB durch Verbrennen vorangehen, einige Erscheinungen .de\u00bb Kindes ihm folgen, wird auf Grund eines eingehenden Detailstudiums","page":153}],"identifier":"lit31174","issued":"1900","language":"de","pages":"150-153","startpages":"150","title":"Richard Seyfert: Ueber die Auffassung einfachster Raumformen. Philos. Stud. 14 (4), 550-566. 1898","type":"Journal Article","volume":"22"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:15:55.524991+00:00"}

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