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{"created":"2022-01-31T16:12:49.254402+00:00","id":"lit31320","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Heller, Th.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 22: 299-301","fulltext":[{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n299\n\u201esecund\u00e4r die Gew\u00f6hnung ans Denken\u201c. Im Einzelnen wird auf Bekanntes hingewiesen : klaren und sorgsamen Gedankepausdruck seitens des Sch\u00fclers, anschauliches Reden seitens des Lehrers, nicht zu leichte Fragen, Abwechselung und harmonische Gestaltung bez\u00fcglich der Lehrgegenst\u00e4nde.\nF\u00fcr die Psychologie w\u00fcrde ich eine noch genauere Abgrenzung der Arten der Zerstreutheit w\u00fcnschen. Wollte man eine Einordnung in das System der Aufmerksamkeitsst\u00f6rungen von Sante de Sanctis versuchen, so k\u00f6nnte man die Flatterhaftigkeit, bei welcher die Vorstellungen oberfl\u00e4chlich gefafst werden, als concentrative, die Confusion, bei welcher sie nur oberfl\u00e4chlich eingeordnet werden, als distributive Hypoprosexie bezeichnen, dagegen die Gedankenlosigkeit in ihren extremsten Formen als distributive Aprosexie.\tGiessler (Erfurt).\nA. Binet et V. Henri. La f&tlgne intellectuelle. Paris, Schleicher, 1898. 338 S.\nDas vorliegende Buch bildet den ersten Theil einer \u201eBibliothek f\u00fcr P\u00e4dagogik und Psychologie\u201c und ist zun\u00e4chst f\u00fcr P\u00e4dagogen bestimmt, um diese mit der modernen experimentellen Forschung bekannt zu machen und die Nothwendigkeit experimenteller Methoden f\u00fcr die P\u00e4dagogik darzuthun.\nVon den beiden Theilen behandelt der erste die physiologischen, der zweite \u2014 bedeutend k\u00fcrzere \u2014 die psychologischen Wirkungen der geistigen Arbeit. Ein Auszug aus der Ueberb\u00fcTdungsdebatte der medicinischen Akademie in Paris, welcher den beiden Theilen vorausgeschickt ist, giebt den Lesern ein anschauliches Bild von der fr\u00fcheren Behandlung der Ueber-b\u00fcrdungsfrage, die \u2014 so lange eine v\u00f6llig unerwiesene Behauptung der anderen gegen\u00fcberstand \u2014 keine gedeihliche L\u00f6sung finden konnte.\nDer erste Theil umfafst in \u00fcbersichtlicher Anordnung die Untersuchungen \u00fcber den Einflufs der geistigen Arbeit auf Herzth\u00e4tigkeit, Blut-circulation, Blutdruck, K\u00f6rpertemperatur und W\u00e4rmeproduction, Athmung, Muskelkraft und Stoffwechsel. Die hier zusammengestellten Beobachtungen sind den Lesern dieser Zeitschrift im Einzelnen hinl\u00e4nglich bekannt und es kann daher von einer ausf\u00fchrlichen Besprechung des ersten Theiles abgesehen werden.\nEingehender mufs der zweite, psychologische Theil behandelt werden ; hier nimmt die Kritik einen breiten Raum ein. In den ersten Capiteln besprechen die Verfasser die aus dem Laboratorium von Krxepelin hervorgegangenen Arbeiten. Trotz der geringen Zahl von Versuchspersonen haben die Experimentatoren allgemein g\u00fcltige Schl\u00fcsse gezogen und deshalb bezeichnen die Verfasser die Ergebnisse der Laboratoriumsversuche im vorhinein als hypothetisch. Am l\u00e4ngsten verweilen die Verfasser bei der Untersuchung von Oehrn, die sich durch Heranziehung einer gr\u00f6fseren Zahl von Versuchspersonen und durch Ausdehnung auf verschiedene psychische Vorg\u00e4nge vortheilhaft von den anderen Arbeiten unterscheidet. Bei Anf\u00fchrung der Additionsversuche wird bemerkt, dafs ein Theil der vorhandenen Erm\u00fcdung auf die Erlahmung der schreibenden Hand zur\u00fcckzuf\u00fchren sei, was insbesondere aus einer Nachpr\u00fcfung durch V. Henri hervorging. Die beiden Factoren der Uebung und Erm\u00fcdung, welche im","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nLi teraturbericht.\nentgegengesetzten Sinne auf die Schnelligkeit der geistigen Arbeit wirken, w\u00e4ren ihrer Bedeutung nach n\u00e4her zu bestimmen. Nach Ansicht der Verfasser ist diese Behauptung Kraepelin\u2019b und seiner Sch\u00fcler einer n\u00e4heren Pr\u00fcfung bed\u00fcrftig und bis dahin mit Vorsicht aufzunehmen. In weiterer Betrachtung der Arbeit von Oehbn gelangen die Verfasser zu manchen Ergebnissen, welche in der urspr\u00fcnglichen Untersuchung nicht enthalten sind.\nDen Arbeiten von Amberg, Rivers und Kraepelin machen die Verfasser den Vorwurf, dafs die Verwerthung der erhaltenen Zahlen eine ziemlich willk\u00fcrliche sei, weshalb die aus diesen abgeleiteten Schl\u00fcsse nicht als feststehend betrachtet werden d\u00fcrfen. Als Ergebnifs der Laboratoriums-versuche wird lediglich hervorgehoben, dafs sich im Verlaufe einer geistigen Arbeit starke Schwankungen in der Arbeitsschnelligkeit ergeben. Diese deuten auf die mehr oder minder rasche Erm\u00fcdbarkeit hin und lassen in Bezug auf letztere und den Einflufs der Uebung eine Charakteristik der Pers\u00f6nlichkeit zu. Alle diese Fragen seien jedoch noch weit von ihrer L\u00f6sung entfernt; die vorhandenen Versuche k\u00f6nnten nur als Wegweiser f\u00fcr neue Untersuchungen betrachtet werden, die an einer grofsen Zahl von Versuchspersonen mit Ber\u00fccksichtigung verschiedener Arten geistiger Arbeit anzu stellen w\u00e4ren.\nDie Untersuchung von Bettmann ist nach zwei Richtungen hin wichtig: sie widerlegt die Behauptung, dafs k\u00f6rperliche Arbeit nach geistiger erholend wirke und zeigt den Einflufs m\u00e4fsiger geistiger Arbeit auf relativ einfache seelische Vorg\u00e4nge. Der letztere Nachweis ist von hoher praktischer Bedeutung, weil er unschwer den Grad der geistigen Erm\u00fcdung erkennen l\u00e4fst\nDie folgenden Capitel sind den Versuchen in Schulen gewidmet, die nach Ansicht der Verfasser im Allgemeinen leicht zu machen sind; eine Andeutung der mannigfachen \u00e4ufseren Schwierigkeiten solcher Versuche und Weisungen bez\u00fcglich ihrer Vorbereitung aufserhalb der Schule w\u00e4ren in einem Werke, das vornehmlich f\u00fcr P\u00e4dagogen bestimmt ist, wohl am Platze gewesen. Bei Besprechung der Untersuchung von Sikorsky wird als Vorzug der Dictirmethode hervorgehoben, dafs sie nicht blos im Allge-gemeinen den Einflufs geistiger Arbeit auf die Aufmerksamkeit der Sch\u00fcler nachweist, sondern auch durch genaue Analyse der begangenen Fehler auf die Natur dieses Einflusses schliefsen l\u00e4fst. Die Abhandlungen von Hopfner und Friedrich erfahren eingehende W\u00fcrdigung.\nAls Nachtheil der Rechenmethode erscheint den Verfassern der Umstand, dafs der Uebung ein zu weiter Spielraum gelassen ist und dafs diese .den Einflufs der Erm\u00fcdung verbergen kann. Deshalb sollten die gestellten Aufgaben nur jenen Gebieten angeh\u00f6ren, in denen die Sch\u00fcler bereits hinl\u00e4ngliche Uebung erworben haben, eine Forderung, die in der Dictirmethode verwirklicht ist.\nIn recht sonderbarer Weise wird die Besprechung der bekannten Untersuchung von Ebbinghaus eingeleitet. Bevor der Leser die letztere ihrem Inhalte nach kennen gelernt hat, vernimmt er die Klage, dafs die g\u00fcnstige Gelegenheit zu umfassenden Schul versuchen nicht gen\u00fcgend ausgen\u00fctzt worden sei und dafs die von Ebbinghaus vorgeschlagene Methode keine befriedigenden Resultate ergeben habe. Trotzdem gelangen die Verfasser zu dem Schl\u00fcsse, dafs diese Methode n\u00e4her studirt werden m\u00fcsse","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n301\nund m\u00f6glicherweise wichtige Ergebnisse liefern werde. Die kurze Behandlung der GnEESBACH\u2019schen Methode kann deren hoher Bedeutung nicht hinreichend gerecht werden. Allerdings ist die umfassendste \u00e4sthesiometrische Untersuchung von Wagner noch nicht ber\u00fccksichtigt.\nIn einer Schlufsbetrachtung werden die oben erw\u00e4hnten Methoden nochmals kritisch er\u00f6rtert. Am besten entspricht den Verfassern die Dictinnethode, die anderen Erm\u00fcdungsmessungen erscheinen ihnen nicht einwandfrei und f\u00fchren ihrer Meinung nach nicht zu unbedingt sicheren Ergebnissen. Eine Generaluntersuchung, die s\u00e4mmtliche bis jetzt ge\u00fcbten Methoden in sich fafst und gleichsam an einander mifst, w\u00e4re nach Ansicht der Verfasser dringend w\u00fcnschenswerth ; \u00fcberdies werden einige Probleme aufgezeigt, die n\u00e4herer Betrachtung bed\u00fcrftig sind.\nW\u00e4hrend die Verfasser im ersten Theile mafsvolle, sachliche Kritik \u00fcben, lassen sie im zweiten Theile wenige der ermittelten Resultate gelten und k\u00f6nnten hierdurch in dem Leser, welcher seine Kenntnisse \u00fcber Erm\u00fcdungsmessungen lediglich aus diesem Buche sch\u00f6pft, sogar den vollkommen ungerechtfertigten Glauben erwecken, als seien manche der angef\u00fchrten Autoren mit wenig Gr\u00fcndlichkeit und Genauigkeit vorgegangen. Thats\u00e4ch-lich bietet die Ueberb\u00fcrdungsfrage ein weites Gebiet f\u00fcr fernere experimentelle Untersuchungen; aber es darf nicht vergessen werden, dafs die bisherigen Arbeiten dieses Gebiet erschlossen haben und daf\u00fcr geb\u00fchrt ihren Autoren Dank und Anerkennung.\tTh. Heller (Wien).\nJ. Finzi. L\u2019obiettivo e il soggettivo negli esperimenti di psicologia. Atti delV Accademia di Scienze Mediche e Naturali in Ferrara 73 (1\u20142). 1899. 11 S.\nDer Verf. berichtet \u00fcber eine Reihe interessanter Versuche, die in Kraepelin\u2019s Laboratorium ausgef\u00fchrt wurden. Die Versuchspersonen, welche durchaus gesund sein mufsten, wurden unter besondere Versuchsbedingungen gestellt: sie durften 24 Stunden lang vor dem Versuche keinen Alkohol und w\u00e4hrend 3 Stunden vor demselben keinen Kaffee geniefsen. Sie durften aufserdem an den beiden dem Versuche voraufgehenden Tagen keine l\u00e4ngeren Spazierg\u00e4nge unternommen haben etc. Den bei den Versuchen gebrauchten Apparat verheilst der Verf. in einer gr\u00f6fseren Abhandlung in Krakeelin\u2019s Psychologischen Arbeiten 3 (\u201eZur Untersuchung der Auffassungsf\u00e4higkeit und Merkf \u00e4h i gkeit\u201c) zu beschreiben. Erbesteht im Wesentlichen in einer Anordnung von Diafragmen, durch welche es m\u00f6glich war, auf die Versuchspersonen in variablen und mefsbaren Zeiten bei k\u00fcnstlichem Licht leicht Gesichtseindr\u00fccke (Buchstaben, Silben, W\u00f6rter, Zahlen etc ) wirken zu lassen. Die Versuchspersonen hatten dann entweder sofort oder nach einer vom Experimentator bestimmten Zeit anzugeben, was sie von den dargebotenen Eindr\u00fccken gesehen hatten, resp. erinnerten. Die Zwischenzeiten waren entweder leer oder es wurde die Aufmerksamkeit der Versuchspersonen w\u00e4hrend derselben abgelenkt. In einer besonderen Versuchsreihe suchte der Verf. sodann festzustellen, in welchem Ver-h\u00e4ltniTs die Klarheit und die Zuverl\u00e4ssigkeit der Erinnerung zur L\u00e4nge der Zwischenzeit und zu der diese ausf\u00fcllenden Ablenkung stehen.","page":301}],"identifier":"lit31320","issued":"1900","language":"de","pages":"299-301","startpages":"299","title":"A. Binet et V. Henri: La fatigue intellectuelle. Paris, Schleicher, 1898. 338 S.","type":"Journal Article","volume":"22"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:12:49.254408+00:00"}