The Virtual Laboratory - Resources on Experimental Life Sciences
  • Upload
Log in Sign up

Open Access

Experimentelle Beiträge zur Lehre vom ökonomischen Lernen

beta


JSON Export

{"created":"2022-01-31T14:57:29.358110+00:00","id":"lit31338","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Steffens, Lottie","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 22: 321-382","fulltext":[{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem Psychologischen Institut zu G\u00f6ttingen.)\nExperimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen\nLernen,\nVon\nLottie Steffens.\nEinleitung.\nStellt man Jemandem die Aufgabe, eine l\u00e4ngere Strophe eines Gedichtes oder dergleichen auswendig zu lernen, so wird er, wie die Erfahrung zeigt, in der Regel in der Weise verfahren, dafs er zun\u00e4chst einen Theil des St\u00fcckes mehrfach wiederholt, dann den n\u00e4chsten Theil und dann vielleicht die beiden ersten Theile in Verbindung mit einander liest, hierauf zu dem dritten Theile \u00fcbergeht u. s. w. Er wird aber nicht in der Weise verfahren, dafs er jedesmal das ganze St\u00fcck ohne Wiederholung einzelner Theile liest und mit diesem Verfahren so lange fortf\u00e4hrt, bis er sich in der Lage f\u00fchlt, das Ganze vom Anfang bis zu Ende fehlerfrei hersagen zu k\u00f6nnen.\nMan kann also eine vorgelegte Strophe, Silbenreihe und dergleichen sich auf zweifache Weise aneignen, erstens dadurch, dafs man dieselbe im Allgemeinen st\u00fcckweise liest, und zweitens dadurch, dafs man dieselbe stets im Ganzen nimmt. Bei n\u00e4herer psychologischer Ueberlegung erscheint es als eine eigent\u00fcmliche Thatsache, dafs man im gew\u00f6hnlichen Leben in der Regel das erstere Verfahren anwendet. Prof. M\u00fcller stellte mir daher die Aufgaben\n1.\teine Beschreibung der verschiedenen Modificationen der gew\u00f6hnlichen Lemweise zu geben und zugleich festzustellen, aus welchen Motiven das gew\u00f6hnliche Lernverfahren in der Regel dem ersteren, st\u00fcckweise vorgehenden Verfahren entspricht,\n2.\tzu untersuchen, ob die gew\u00f6hnliche Lernweise wirklich, wie man zu vermuthen pflegt, allgemein \u00f6konomischer (d. h. mit dem k\u00fcrzeren Zeitaufwande zum Ziele f\u00fchrend) ist als das Verfahren der Erlernung im Ganzen,\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 22.\n21","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nLottie Steffens.\n3. die psychologischen Gesetze oder Factoren darzulegen, welche bei Anwendung beider Verfahrensweisen im Spiele sind und bei der Erkl\u00e4rung ihres \u00f6konomischen Werthes in Betracht kommen.\ndapitel L\nUeber die Arten nnd Motive des gew\u00f6hnlichen Lernverfahrens.\n\u00a7 1. Ueber das Verfahren, das in Versuchsreihe 1\u2014 7 befolgt worden ist.\nUm zu untersuchen, wie man im gew\u00f6hnlichen Leben, sinnvolles Material lernt, habe ich sieben Versuchsreihen, deren jede zw\u00f6lf Versuchstage umfafste, ausgef\u00fchrt. In sechs von diesen Versuchsreihen lernte die Versuchsperson1 t\u00e4glich zwei Strophen, und zwar waren die Strophen f\u00fcr vier deutsche Versuchspersonen der von Adolf Seubert gelieferten Uebersetzung von Byron\u2019s \u201eChilde Harold\u201c, f\u00fcr zwei englisch sprechende Versuchspersonen dem Originale dieses Gedichtes entnommen. Keine Versuchsperson hatte fr\u00fcher die ihr vorgelegten deutschen oder englischen Strophen gelesen. Ulrich Pilzecker, ein neunj\u00e4hriger Knabe, lernte an jedem Versuchstage zwei Mal sechs Zeilen von Julius Lokmeyeb und Edwin Bormann\u2019s \u201eReineke Fuchs\u201c.\nIn jeder Versuchsreihe wurde eine Ruhepause von f\u00fcnf Minuten nach dem Lernen der ersten Strophe bezw. nach dem Lernen der ersten sechs Zeilen eingeschoben.\nDie Versuchspersonen, denen allen mit Ausnahme von Prof. M\u00fcller der Zweck der Versuche ganz unbekannt war, wurden s\u00e4mmt\u00fcch dahin instruirt, jede Strophe in m\u00f6glichst kurzer Zeit zu lernen und Alles laut zu lesen oder herzusagen, bis sie die Strophe einmal fehlerfrei hersagen k\u00f6nnten. Die Anforderungen hinsichtlich der Fehlerlosigkeit des Hersagens waren ganz streng, genau so, wie dies hier bei Versuchen mit sinnlosen Silbenreihen der Fall ist.\n1 N\u00e4here Angabe der Versuchspersonen folgt auf S. 6.","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge, zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 323\nDie Dauer des Lernens wurde jedesmal mit einer F\u00fcnftel-secundenuhr m\u00f6glichst genau bis auf F\u00fcnftelsec\u00fcnden gemessen.\nGleichzeitig wurden alle Wiederholungen einer Zeile odereines Complexes auf einander folgender Zeilen mit der Ordnung, in welcher die Wiederholungen auf einander folgten, in folgender Weise zu Protokoll genommen. Der Versuchsleiter hatte die zu lernenden St\u00fccke in sein Protokollbuch eingetragen. Wenn nun z. B. die Versuchsperson eine Zeile las, machte der Versuchsleiter einen verticalen Strich neben der Zeile, und wenn sie die n\u00e4chstfolgende Zeile gleich nachher las, dann wurde dieser Strich verl\u00e4ngert, so dafs er neben den beiden Zeilen stand. Aber wenn die Versuchsperson dann nicht weiter las, sondern wieder von neuem anfangend z; B. die ersten vier Zeilen las oder hersagte, so wurde rechts neben dem ersten Striche noch ein zweiter Verticalstrich angebracht, welcher von der H\u00f6he der ersten Zeile bis zur H\u00f6he der vierten Zeile reichte. Las hierauf die Versuchsperson die vier ersten. Zeilen nochmals, so wurde rechts von dem soeben erw\u00e4hnten Striche noch ein anderer gemacht, der gleichfalls die vier ersten Zeilen umfafste, u. s. w. Und so geben die gezeichneten Striche durch ihre Lage, L\u00e4nge und Aufeinanderfolge an, auf welche Zeilen sich die auf einander folgenden Lesungen bezogen, und in welcher Ordnung dieselben auf einander folgten. Wenn einzelne Worte nach ihrem Gelesenwerden sogleich nochmals ausgesprochen wurden, wurden sie nur unterstrichen, und, um zu zeigen, bei welcher Lesung das nochmalige Aussprechen stattfand, wurde in der H\u00f6he der Zeile, zu welcher das wiederholte Wort oder Wortaggregat geh\u00f6rte, ein kleiner Strich senkrecht auf denjenigen Verticalstrich gezogen, welcher die Lesung markirte, bei welcher jene Wiederholung eines Wortes oder Wortaggregates vorkam. Wenn die Versuchsperson eine Zeile und dann den ersten Theil der n\u00e4chstfolgenden las, so wurde der Strich f\u00fcr die eine Zeile nur ein wenig verl\u00e4ngert, und am Ende desselben wurde der kleine senkrechte Strich angebracht.\nFolgendes ist ein Beispiel, in welchem alle die soeben beschriebenen Kennzeichen gebraucht wurden. Versuchsperson Laura Steffens hat diese Strophe wirklich in der angezeigten Weise gelernt.\n21*","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324;\nLottie Steffens.\nBeispiel 1. Canto I, Strophe 28.\nVersuchsperson Laura Steffens, Lernzeit = 5 Min. 5,2 Sec. w1 = 9.\n1.\tTo horse ! to horse ! he quits forever quits\n2.\tA scene of peace, though soothing to his soul ;\n3.\tAgain he rouses from his moping fits,\n4.\tBut seeks not now the harlot and the bowl\u00bb\n5.\tOnward he flies, nor fix\u2019d as yet the goal\n6.\tWhere he shall rest him on his pilgrimage ;\n7.\tAnd o\u2019er him many changing scenes must roll\n8.\tEre toil his thirst for travel can assuage,\n9.\tOr he shall calm his breast, or learn experience sage.\nWie leicht- zu sehen, h\u00e4t die Versuchsperson die Strophe in vier verschiedene Abschnitte getheilt und sich die Abschnitte der Reihenfolge nach eingepr\u00e4gt mit eingeschobenen Lesungen mehrerer Abschnitte zusammen. Der erste Abschnitt, war Zeile 1 und 2, der zweite Zeile 3 und 4, der dritte Zeile 5 und 6, und der vierte war Zeile 7, 8 und 9.\nSie las zuerst die ersten zwei Zeilen drei Mal durch,, aber das dritte Mal las sie die n\u00e4chsten zwei folgenden auch mit. Dann wurde der Complex der vier ersten Zeilen einmal wiederholt, und nachher wurde Zeile 3 und 4 einmal allein gelesen\u00bb Dann kehrte die Versuchsperson wieder zur\u00fcck zum Anfang* las die sechs ersten Zeilen durch, jedoch nicht ganz glatt, sondern in der Weise, dafs die Worte der vierten Zeile \u201eand the bowl\u201c zweimal ausgesprochen wurden. Die f\u00fcnfte und sechste Zeilewurden hierauf nochmals gelesen. Alsdann wurden wiederum die ersten sechs Zeilen unmittelbar hinter einander gelesen, u. s. f., bis die ganze Strophe in dieser Weise allm\u00e4hlich durchgelesen oder theilweise hergesagt war. Dann las die Versuchsperson die Strophe einmal ganz durch. Sie fand aber die letzten drei Zeilen nicht gen\u00fcgend eingepr\u00e4gt, daher wurden diese noch drei Mal besonders wiederholt. Hierauf wurde das Ganze-nochmals durchgelesen, die erste Zeile und die ersten W\u00f6rter der zweiten\n1 Betreffs der Art und Weise, wie die Wiederholungszahl w bestimmt worden ist, vergleiche die Anmerkung zu S. 338.","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u2019\u00f6konomischen Lernen. 325\n(a scene of peace) durch einmalige Lesung nochmals fester eingepr\u00e4gt, und dann schliefslich die ganze Strophe fehlerfrei hergesagt\n\u00a7 2. Grundz\u00fcge des gew\u00f6hnlichen Lernverf ahr ens nach den Resultaten der Versuchsreihen 1 \u2014 7.\nDas im \u00a7 1 angef\u00fchrte Beispiel ist im Allgemeinen typisch f\u00fcr jede Versuchsperson. In ihm finden sich folgende bei allen sieben Versuchspersonen vorgekommenen Eigent\u00fcmlichkeiten des Lernverfahrens:\n1.\tJede Versuchsperson theiit beim Auswendiglernen die zu lernende Strophe in Abschnitte. Nur bei einer Versuchsperson, Dr. A. Pilzecker, kam es vor, dafs die vorgelegte Strophe ungetheilt gelernt wurde. Allein das geschah in vollkommener Weise nur bei zwei von 24 vorgelegten Strophen. Zwei andere Strophen wurden insofern nahezu als Ganze gelernt, als nur eine Zeile in jeder zwei Mal unmittelbar hinter einander gelesen wurde.\n2.\tJede Versuchsperson wiederholt; die bisher eingepr\u00e4gten Abschnitte oder einen Theil derselben gelegentlich, w\u00e4hrend sie im Begriffe ist, einen sp\u00e4teren Abschnitt sich anzueignen, oder bevor sie dazu \u00fcbergeht, einen neuen Abschnitt vorzunehmen. Mit Ausnahme der Versuchspersonen Miss Laue a Steffens und Mils Evelyn Crow haben die Versuchspersonen sehr selten den ersten Theil der Strophe f\u00fcr mehr als drei Wiederholungen der letzten Theile unwiederholt gelassen.\nDer Zweck dieser h\u00e4ufigen Zur\u00fcckkehrung zum Anfang kann erstens darin bestehen, dem Vergessen des bereits Eingepr\u00e4gten entgegenzuwirken, und zweitens darin, ;dafs man die Theilst\u00fccke mit einander associren will.\n3.\tJede Versuchsperson hat die ersten Zeilen h\u00e4ufiger wiederholt als die letzten Zeilen. Dies tritt z. B. sehr deutlich hervor, wenn wir Zusehen, wie grofs die Durchschnittszahl w der vollzogenen Wiederholungen in den verschiedenen Versuchsreihen einerseits f\u00fcr die erste Zeile und andererseits f\u00fcr die letzte Zeile der Strophe war.","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\nLottie Steffens.\nVersuchsreihe 1 :\n(Versuchsperson Frau Baumspector Schmidt.) 1. Zeile w = 6,6\n9.\nn\nw = 5,8\nDiff. 0,8\nDiff. 3,5\nDiff. 1,6\nDifE. 2,5\nVersuchsreihe 2:\n(Versuchsperson Laura Steffens.)\n1. Zeile w = 13,2 9.\t\u201e\tw =\t9,7\nVersuchsreihe 3:\n(Versuchsperson Dr. Alfons Pilzecker.) 1. Zeile w \u2014 11,3 9.\t\u201e\tw =\t9,7\nVersuchsreihe 4:\n(Versuchsperson Prof. G. E. M\u00fcller.)\n1. Zeile w = 10,9 9.\t\u201e\tw =\t8,4\nVersuchsreihe 5:\n(Versuchsperson Mifs Evelyn Crow.)\n1. Zeile w \u00ab 12,6 9.\t\u201e\t9,3 Dffi3\u20193\nVersuchsreihe 6:\n(Versuchsperson Ulrich Pilzecker.)\n1. Zeile w = 13 6.\t\u201e\tw \u2014\t6,9\nVersuchsreihe 7:\n(Versuchsperson Herr Referendar Schmidt.) 1. Zeile w \u2014 12,3\nDifE. 6,1\n9.\t\u201e w \u2014 7,8\nDiff. 4,5\nEs ist also eine Eigenth\u00fcmlichkeit des gew\u00f6hnlichen Lem-verfahrens, dafs die Wiederholungen den verschiedenen Abschnitten der Strophe und dergleichen i\u00fc verschiedener Zahl, und zwar den ersten Abschnitten in gr\u00f6fserer Zahl als den letzten","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen.\t327\nzu Theil werden. Am st\u00e4rksten ausgepr\u00e4gt zeigt sich dies\u00f6 Eigent\u00fcmlichkeit in der Versuchsreihe, wo der neunj\u00e4hrige Knabe Versuchsperson war.\nDieses Ueberwiegen der Anzahl der Lesungen der ersten Zeilen ist nat\u00fcrlich in erster Linie bedingt durch die oben erw\u00e4hnte h\u00e4ufige R\u00fcckkehr der Versuchsperson zum Anf\u00e4nge der zu lernenden Strophe, oder besser durch die oben erw\u00e4hnten Motive dieser R\u00fcckkehr. Aufserdem kommt nach den (insbesondere an dem Knaben) gemachten Beobachtungen noch Folgendes in Betracht. Ist der erste Theil der Strophe durch eine grofse Zahl von Wiederholungen bereits fest eingepr\u00e4gt, so dafs er bei einem gelegentlichen Hersageversuche ohne Stockung und Anstrengung glatt aufgesagt wird, so kommt hierdurch die Versuchsperson mit ihrer Aufmerksamkeit so in Zug und in eine solche zuversichtliche, g\u00fcnstige Stimmung, dafs ihr das Hersagen des weiteren Theiles der Strophe h\u00e4ufig gelingt, auch wenn derselbe erst eine geringe Zahl von Wiederholungen erfahren hat Die geringere Wiederholungszahl, welche f\u00fcr den letzten Theil einer Strophe gebraucht wird, ist also theilweise auch durch die Wirkung bedingt, welche das flotte Hersagen eines fester eingepr\u00e4gten ersten Theiles auf die bei dem weiteren Hersagen vorhandene Stimmung und Aufmerksamkeit der Versuchsperson aus\u00fcbt\nIch unterlasse nicht darauf hinzu weisen, dafs die im Vorstehenden angef\u00fchrten drei Eigent\u00fcmlichkeiten des gew\u00f6hnlichen Lern verfahrene auch in der Art und Weise wiederkehren, wie der Zahlen virtuose Inaudi l\u00e4ngere Zahlenreihen sich eingepr\u00e4gt hat. Benbt (Psychologie des grands calculateurs, S. 53) berichtet hier\u00fcber Folgendes:\n\u201eVoici comment on a proc\u00e9d\u00e9. L\u2019impresario a d\u2019abord lu 18 chiffres (group\u00e9s en nombres de 3 chiffres) que M. Inaudi a ensuite r\u00e9p\u00e9t\u00e9s lentement, avec effort, comme s\u2019il avait eu, de la peine \u00e0 les entendre. La r\u00e9p\u00e9tition s*\u00e9tant faite exactement, l\u2019impr\u00e9sario a lu les 18 chiffres suivants, et M. Inaudi l\u2019a alors arr\u00eat\u00e9, pour r\u00e9p\u00e9ter les 36 chiffres. Tout cela a \u00e9t\u00e9 fait en une minute et demie. Puis l\u2019ipapresario a lu 21 chiffres de plus et M. Inaudi les a r\u00e9p\u00e9t\u00e9s exactement en m\u00eame temps que les pr\u00e9c\u00e9dents, total 57 chiffres, qui se trouvaient appris en 4 minutes. Puis, lecture des 18 nouveaux chiffres, et r\u00e9p\u00e9tition totale; on arrive \u00e0 ce moment \u00e0 cinq minutes et demie; puis 33 nouveaux chiffres sont lus, appris et ajout\u00e9s aux autres ; cela fait environ neuf minutes. Apr\u00e8s une nouvelle lecture g\u00e9n\u00e9rale pour consolider les r\u00e9sultats, M. Inaudi a pu r\u00e9citer les 100 chiffres (en r\u00e9alit\u00e9 il y en avait 105) et l\u2019exp\u00e9rience totale a dur\u00e9 douze mi\u00fcutes.\u201c\nWie man sieht, hat Inaudi st\u00fcckweise gelernt. Er zeigt ferner auch das gelegentliche Zur\u00fcckgreifen auf den Anfang und die Eigent\u00fcmlichkeit;","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nLottie Steffens.\ndais die Zahl der Wiederholungen ffir die ersten Abschnitte gr\u00f6\u00dfer ist als f\u00fcr die letzten. So erhielt z. B. die erste Grappe von 18 Ziffern (einschlie\u00dflich der Lesungen des Impresario) acht Wiederholungen, die letzte Gruppe von 33 Ziffern hingegen nur vier.\n4.\tAlle Versuchspersonen haben gelegentlich schwerere Zeilen oder Wortcomplexe durch eine oder mehrere besondere Wiederholungen sich besser eingepr\u00e4gt.\n5.\tDie Versuchspersonen suchten sich gelegentlich den Uebergang von einem Abschnitte zu dem nachfolgenden dadurch fester einzupr\u00e4gen, dafs sie den ersteren oder das Ende desselben in unmittelbarem Zusammenh\u00e4nge mit dem zweiten Abschnitte lasen.1 * * * * *\n6.\tAufser dem Knaben* schr\u00e4nkten alle Versuchspersonen das Lesen zu Gunsten der Hersageversuche m\u00f6glichst ein. Lesen und Hersagen einzelner Theile war also bei ihnen sehr mit einander vermischt Sie sahen m\u00f6glichst viel vom Buche hinweg, und konnten sie bei einem Versuche des Hersagens nicht weiter, so sahen sie zwar in das Buch, nachdem sie aber den Anfang der Fortsetzung gelesen hatten, versuchten sie in der Regel das Weitere frei herzusagen.9 Der Knabe hingegen las in einem solchen Falle den Rest des Ganzen bis zum Ende durch.\n7.\tNach dem von mir Beobachteten lesen die Versuchspersonen langsamer als sonst, wenn sie bem\u00fcht sind, sich etwas ganz besonders intensiv einzupr\u00e4gen. So wurden z. B. die besonders schwierigen Abschnitte der Strophen im Allgemeinen langsamer gelesen als die \u00fcbrigen Abschnitte.\nEin Beispiel hierf\u00fcr bietet wohl auch die Thatsache, da\u00df Ebbinghaus (Ueber das Ged\u00e4chtni\u00df, S. 43) bei seinen Ged\u00e4chtni\u00dfversuchen l\u00e4ngere und daher schwieriger zu erlernende Silbenreihen unwillk\u00fcrlich mit langsamerem Tempo las als k\u00fcrzere Reihen. Es kann indessen nicht als sichergestellt gelten, da\u00df langsameres Lesen der Einpr\u00e4gung allgemein g\u00fcnstiger ist als schnelleres. J. 0. Q\u00fcantz (Problems in the Psychology of Reading), welcher seine Versuchspersonen die betreffenden St\u00fccke still lesen lie\u00df, fand, da\u00df diejenigen Versuchspersonen, welche am schnellsten lasen, auch am me\u00dften behielten. Und Kraepelin (Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorg\u00e4nge, S. 81) fand, da\u00df in der Regel die Versuchspersonen, die am\n1 Siehe Beispiel 5 in \u00a7 3.\na Dr. Pilzeckeb bemerkte einmal, da\u00df er den Eindruck habe, f\u00fcr die\nfestere Einpr\u00e4gung einer Zeile mehr durch Hersagen a\u00df durch blo\u00dfes Ab-\nlesen derselben zu gewinnen. Das fr\u00fchzeitige Hersagen hat indessen den\nNachtheil, da\u00df es leicht zum Aussprachen falscher W\u00f6rter und demgem\u00e4\u00df\nzur Stiftung st\u00f6render Associationen f\u00fchrt.","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 329\nschnellsten laut wiederholten, am meisten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes lernten.1 Hiernach erscheint es nicht unm\u00f6glich, dafs auch bei einer und derselben Versuchsperson innerhalb gewisser Grenzen schnelleres Lesen mehr f\u00fcr die Einpr\u00e4gung leistet als langsameres.\nIch habe gefunden, dais in jeder der Versuchsreihen 1 \u2014 7 diejenigen Strophen, welche die l\u00e4ngste Lernzeit erforderten, durchschnittlch langsamer gelesen wurden als die Strophen, welche die k\u00fcrzeste Lernzeit brauchten. Dies ergiebt sich z. B. aus nachstehender Zusammenstellung, welche die durchschnittliche Dauer L einer Lesung einerseits f\u00fcr die f\u00fcnf Strophen, die in der betreffenden Versuchsreihe die k\u00fcrzeste Lernzeit in Anspruch nahmen, und andererseits f\u00fcr die f\u00fcnf Strophen, welche die l\u00e4ngste Lernzeit erforderten, angiebt.\nVersuchsreihe\tL\n1\tk\u00fcrzeste Lernzeiten\t\t27,1 Sec.\n\tl\u00e4ngste\t71\t29,3 \u201e\n2\tk\u00fcrzeste\tn\t24,1\t\u201e\n\tl\u00e4ngste\tr>\t30,0 \u201e\n3\tk\u00fcrzeste\tn\t33,7\t\u201e\n\tl\u00e4ngste\tn\t37,0 \u201e\n4\tk\u00fcrzeste\tn\t22,9 \u201e\n\tl\u00e4ngste\t71\t30,8 \u201e\no\tk\u00fcrzeste\t71\t38,8 \u201e\n\tl\u00e4ngste\t71\t45,1 \u201e\n6\tk\u00fcrzeste\t71\t22,9 \u201e\n\tl\u00e4ngste\tn\t30,8 \u201e\n7\tk\u00fcrzeste\t71\t23,4\t\u201e\n\tl\u00e4ngste\t79\t29,9 \u201e\n1 Kbaepklik constatirte indessen auch Ausnahmen von dieser Begel. Eine seiner Versuchspersonen sprach schnell nnd lernte wenig, und bei einer anderen verhielt es sich umgekehrt. Vielleicht hat man diesen Beobachtungen gegen\u00fcber in folgender Weise Stellung zu nehmen. Das Lernen kann unter wesentlicher Benutzung der sensorischen (akustischvisuellen) und intellectuellen Momente des zu Erlernenden oder vorwiegend nur motorisch stattfinden. Soweit die erstere Art des Lernens festgehalten wird, f\u00fchrt das schnellere Lesen in k\u00fcrzerer Zeit zur Erlernung. Ist aber die Geschwindigkeit des Lesens auf Kosten der Benutzung der sensorischen und intellectuellen Momente des Lernmateriales eine gesteigerte, ist also das schnellere Lesen zugleich ein vorwiegend motorisches, so ist es dann nicht unbedingt f\u00f6rderlicher als langsames Lesen. Mit dieser Auffassung, deren Richtigkeit freilich erst durch besondere Versuchsreihen endg\u00fcltig bewiesen werden kann, steht es im Einkl\u00e4nge, dafs die am schnellsten","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\nLottie Steffens.\nDie hiermit festgestellte Thatsache, dafs die Strophen, welche die l\u00e4ngsten Lernzeiten erforderten, auch am langsamsten gelesen wurden, bedeutet entweder, dafs diese Strophen am schwersten zu lernen waren und deshalb am langsamsten gelesen wurden, oder, dafs dieselben deshalb l\u00e4ngere Lernzeiten erforderten, weil sie langsamer gelesen wurden, oder dafs beides zugleich im Spiele ist.\n\u00a7 3. Ueber individuelle Eigenth\u00fcmlichkeiten\nbeim Lernen.\nNicht jede Versuchsperson zeigte die in \u00a7 2 angef\u00fchrten typischen Eigenth\u00fcmlichkeiten in gleichem Grade. Z. B. Prof. M\u00fcller und Dr. Pilzecker theilten die Strophen nur wenig, d. h. die Anzahl der Abschnitte, die sie beim Lernen machten, war kleiner als bei den anderen Versuchspersonen. Sie waren beide geneigt, die Strophe entweder in nur zwei Abschnitten zu lernen, wie folgendes Beispiel darstellt:\nBeispiel 2. Canto I, Strophe 28.\nVersuchsperson Prof. M\u00fcller, Lernzeit = 4 Min. 33,8 Sec. w \u2014 8.\nZeile 1 \u00bb 2 \u201e\t3\n\u201e\t4\n\u201e \u00f6\n\u00bb 6 \u201e\t7\n\u00bb 8\n\u201e\t9\noder die erste Gruppe von Zeilen isolirt besonders einzupr\u00e4gen, und nachher die Strophe immer ganz durchzunehmen, bis sie dieselbe ganz fehlerfrei hersagen konnten.\nlesenden Versuchspersonen von Quantz, wie letzterer ausdr\u00fccklich hervorhebt, keine Lippenbewegungen beim Lesen ausf\u00fchrten, also nicht vorwiegend motorisch lasen. Diejenige Versuchsperson von Kraepelin, welche schnell las und doch langsam lernte, las vielleicht vorwiegend motorisch. In entsprechender Weise sind vielleicht auch die F\u00e4lle zu erkl\u00e4ren, irr denen Kraepelin (a. a. O. S. 138) fand, dafs eine Beschleunigung des Lesens bei einer und derselben Versuchsperson nicht mit einer Verk\u00fcrzung der Lernzeit verbunden war.","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 331\nFolgendes Beispiel ist f\u00fcr diese Verfahrensweise typisch:\nBeispiel 3. Canto I, Strophe 21.\nVersuchsperson Dr. A. Pilzecker, Lernzeit = 5 Min. 11,2 Sec. w \u2014 9%.\nZeile 1\nBei Mifs Lauea Steffens kam die folgende Art der Theilimg h\u00e4ufig vor:\nBeispiel 4. Canto I, Strophe 10.\nVersuchsperson Laura Steffens, Lernzeit = 4 Min. 34,5 Sec. w \u2014 10.\nZeile 1\nNachdem die ersten vier Zeilen f\u00fcr sich etwas eingepr\u00e4gt waren, wurden die letzten f\u00fcnf Zeilen zun\u00e4chst ganz durchgelesen und dann erst dazu \u00fcbergegangen, diese Zeilen auch in Abschnitten vorzunehmen.\nF\u00fcr Frau Bauinspector Schmidt ist folgendes Beispiel charakteristisch :\nBeispiel 5. Canto I, Strophe 15.\nVersuchsperson Frau Schmidt, Lernzeit = 1 Min. 50 Sec. w = 44/e.\nZeile 1","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\nLottie Steffens.\nBei ihr war das Bestreben, die verschiedenen Abschnitte mit einander durch Association zu verkn\u00fcpfen, besonders stark ausgepr\u00e4gt. Im vorstehenden Falle z. B. las sie zun\u00e4chst die ersten vier Zeilen zweimal durch. Hierauf las sie noch eine Zeile weiter; anstatt aber diese eine Zeile nochmals allein zu lesen, wiederholt sie dieselbe zusammen mit der unmittelbar vorhergehenden vierten Zeile.\nDie erw\u00e4hnte Eigenth\u00fcmlichkeit war auch bei Herrn Referendar Schmidt besonders stark ausgepr\u00e4gt. Charakteristisch f\u00fcr die beiden soeben erw\u00e4hnten Versuchspersonen war auch dies, dafs sie sofort auf das Buch blickten, wenn sie stockten, w\u00e4hrend die anderen Versuchspersonen in solchem Falle eine Zeitlang \u00fcberlegten. Bei Herrn Schmidt zeigte sich die Neigung, eine oder mehrere Zeilen mit nur einem,T he il e der zun\u00e4chst folgenden Zeile zu einem besonderen Abschnitte zu verbinden. Zii bemerken ist auch, dafs sich am meisten bei ihm die Tendenz zeigte, einzelne W\u00f6rter oder Wortcomplexe einer Zeile mehrmals hinter einander zu wiederholen.\nFolgendes Beispiel zeigt sein \u00fcbliches Verfahren.\nBeispiel 6. Canto I, Strophe 42.\nVersuchsperson Herr Schmidt, Lernzeit = 3 Min. 39,6 Sec. w ~ 8%.\nZeile 1\nNur zwei Versuchspersonen, Dr. A. Pilzecker und Referendar Schmidt, lasen jede Strophe erst einmal ganz durch, ehe sie dazu \u00fcbergingen, dieselbe st\u00fcckweise vorzunehmen. Dr. Pilzecker hat sogar 15 Strophen erst zweimal direct hinter einander ganz durchgelesen.\nFolgendes Beispiel, welches der mit dem neunj\u00e4hrigen Knaben angestellten Versuchsreihe 6 entnommen ist, zeigt, wie sehr un-\u00d6konomisch derselbe vorging. H\u00f6chst wahrscheinlich hat der-","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge' zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 333\nselbe am Ende des Lernens die ersten Zeilen unn\u00f6thig fest eingepr\u00e4gt gehabt.\nBeispiel 7. Erster Gesang. Zeile 43\u201449.\nVersuchsperson Ulrich Pilzecker, Lernzeit 6 Min. 35,6 Sec. ic \u2014 14 3/e-\nZeile 1\n\u00a7 4. Ueber die Motive der gew\u00f6hnlichen\nLernweise.\nNachdem wir uns noch durch besondere Versuchsreihen \u00fcberzeugt haben, dafs die gew\u00f6hnliche Lernweise in der That ein st\u00fcckweise vorgehendes Verfahren ist, erhebt sich f\u00fcr uns die Frage, weshalb das gew\u00f6hnliche Verfahren von dieser Art ist, und weshalb man im Allgemeinen sich nie dazu entschliefst, eine gegebene Strophe, Zahlenreihe und dergleichen nur im Ganzen zu lernen. Von vornherein kann man hinsichtlich dieses Punktes verschiedene Vermuthungen hegen.\n1* Man kann meinen, dafs das st\u00fcckweise vorgehende Verfahren dasjenige sei, welches in der k\u00fcrzeren Zeit zur Erlernung f\u00fchre, und dafs dieses Verfahren von den Menschen eben deshalb stets bevorzugt werde, weil dieselben von dem Bestreben beherrscht seien, m\u00f6glichst \u00f6konomisch zu lernen.\n2. Im gew\u00f6hnlichen Leben sind die verschiedenen Theile eines zu erlernenden St\u00fcckes h\u00e4ufig mit verschiedener Leichtigkeit; erlernbar. Einige Theile sind besonders schwer, w\u00e4hrend andere sich dem Ged\u00e4chtnisse fast von selbst einpr\u00e4gen.- Unter diesen Umst\u00e4nden liegt es nahe, ein gegebenes Material st\u00fcckweise: vorzunehmen ^ um die schwierigen Abschnitte \u00d6fter und die leichteren. weniger oft\" zu wiederholen. Und so- kann die Beschaffenheit, welche im gew\u00f6hnlichen Leben das gegebene Lernmaterial, vielfach besitzt, die Menschen daran gew\u00f6hnt haben, das st\u00fcckweise vorgehende Verfahren ausschliefslicb und auch da anzuwenden, wo dasselbe nicht schneller zum Ziele f\u00fchrt.","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\nLottie Steffens.\n\u2019 . 3. Vielleicht pflegen die Menschen aus folgenden Gr\u00fcnden niemals den Versuch zu machen, eine gegebene Strophe u. dgL ausschliefslich im Ganzen zu lernen. Wenn man eine Strophe oft hinter einander als ganze liest, so geschieht es erst nach verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig langer Zeit, dafs man merkt, sich etwas von der Sache eingepr\u00e4gt zu haben. Wenn man hingegen st\u00fcckweise vorgeht, kann man einzelne St\u00fccke schon sehr bald auswendig. Auf diesem Wege kann durch Erfahrung unvollst\u00e4ndiger Art die Ansicht entstanden sein, dafs das erstere Verfahren ganz unzweekm\u00e4fsig, das zweite hingegen das vom \u00f6konomischen Standpunkte aus gegebene sei.1\nGegen\u00fcber der oben an erster Stelle erw\u00e4hnten Vermuthung, dafs das gew\u00f6hnliche Lernverfahren deshalb st\u00fcckweise vorgehe, weil es durch das Bestreben bestimmt sei, m\u00f6glichst schnell zum Ziele zu kommen, l\u00e4fst sich indessen Einiges bemerken. Zun\u00e4chst ist hervorzuheben, dafs, wenn das gew\u00f6hnliche Verfahren wirklich nur durch den \u00f6konomischen Gesichtspunkt bestimmt w\u00e4re, doch nur ein, etwa auf dem soeben unter 3. angedeuteten Wege entstandenes, Vorurtheil der Grund daf\u00fcr sein w\u00fcrde, dafs dasselbe ein st\u00fcckweise vorgehendes Verfahren ist; denn kein Mensch pflegt im gew\u00f6hnlichen Leben vergleichende Versuche \u00fcber den \u00f6konomischen Werth der beiden hier in Rede stehenden Lern weisen anzustellen. Ferner zeigt nun aber \u00fcberdies die n\u00e4here Beobachtung (insbesondere auch Selbstbeobachtung), dafs das gew\u00f6hnliche Lemverfahren keineswegs ausschliefslich vom \u00f6konomischen Gesichtspunkte, sondern aufserdem mehr oder weniger noch von folgenden Factoren bestimmt ist\n1.\tDie Zahl der Zeilen einer Strophe, \u00fcber welche sich eine Lesung erstreckt, bestimmt sich zuweilen nach einem \u00e4sthetischen Gesichtspunkte. Es widerstrebt der Versuchsperson gelegentlich, die Lesung einer Strophe da zu unterbrechen, wo kein Gedanken-abschlufs ist, oder wo die der Versuchsperson bereits eingewurzelte Gliederung der Strophe ganz von selbst dazu dr\u00e4ngt, noch bis zu einem gewissen Punkte hin weiter zu lesen.\n2.\tDie nochmalige Lesung eines Abschnittes einer Strophe wird, obwohl sie f\u00fcr zweckm\u00e4fsig erachtet wird, dennoch zu-\n1 Ich bemerke hier, dafs ein studirender Herr, als ich ihn aufforderte, eine Strophe im Ganzen zu lernen, mir direct erkl\u00e4rte, es k\u00f6nne kein Mensch auf .diesem Wege eine Strophe lernen.","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 335\nweilen unterlassen, weil es zu langweilig erscheint, denselben Abschnitt nochmals zu lesen.\n3.\tEs kommt vor, dafs eine Strophe zun\u00e4chst nur deshalb im Ganzen gelesen wird, weil die Versuchsperson neugierig ist und wissen will, wie die Sache weitergeht.\n4.\tDas Interesse an dem Inhalte der Zeilen bringt zuweilen mit sich, dafs die Versuchsperson sich auf einen zun\u00e4chst gegebenen Abschnitt nicht beschr\u00e4nkt, sondern weiter liest, weil sie glaubt, mittels dieses Weiterlesens den Sinn jenes Abschnittes besser erfassen zu k\u00f6nnen. \u2014\nAus vorstehenden Ausf\u00fchrungen ergiebt sich, dafs die gew\u00f6hnliche Lernweise nicht ein ausschlie\u00dflich von \u00f6konomischen Gesichtspunkten beherrschtes Verfahren ist, und dafs der Umstand, dafs dieselbe ein st\u00fcckweise vorgehendes Verfahren ist, keineswegs die Annahme beweist, dafs immer ein Verfahren letzterer Art das \u00f6konomischste sei. Andererseits ist durch das Bisherige nat\u00fcrlich noch nicht ausgeschlossen, dafs die soeben erw\u00e4hnte Annahme dem wirklichen Sachverhalte entspreche. Nur geeignete Versuche k\u00f6nnen die Entscheidung bringen. Das nachstehende Capitel wird auf Grund angestellter Versuchsreihen zeigen, welches Verh\u00e4ltnifs zwischen den in Rede stehenden verschiedenen Lemweisen in \u00f6konomischer Hinsicht thats\u00e4chlich besteht\nIm Bisherigen haben wir unter dem \u00f6konomischeren Lernverfahren dasjenige verstanden, welches in der k\u00fcrzeren Zeit (mit dem geringeren Zeitaufwande) zum Ziele f\u00fchrt. Man kann nun aber vom principiellen Standpunkte aus zwei verschiedene Lern weisen auch in der Art mit einander vergleichen, dafs man zusieht, welche von beiden mit der geringeren Anstrengung zum Ziele f\u00fchrt.\nVon vornherein erscheint es wohl m\u00f6glich, dafs das den geringsten Zeitaufwand erfordernde Lernverfahren nicht zugleich auch dasjenige sei, welches die geringste Anstrengung mit sich bringt. Ich bemerke, dafs ich mich mit dem Grade von Anstrengung, welchen die verschiedenen Lernweisen erfordern, und allen darauf bez\u00fcglichen Fragen nicht besch\u00e4ftigt habe, weil ich hinl\u00e4nglich zu thun hatte, um den mir zun\u00e4chst gestellten Aufgaben, die sich auf den von den verschiedenen Lernweisen erforderten Zeitaufwand bezogen, gerecht zu werden. Unter dem \u00f6konomischeren Verfahren wird also in dieser Abhandlung stets nur ein solches Verfahren verstanden, welches in k\u00fcrzerer Zeit zum Ziele f\u00fchrt.","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nLottie Steffens.\nCapitel II.\nEmpirische Vergleichung des Lernens im Ganzen mit der gew\u00f6hnlichen und anderen \u00e4hnlichen Lernweisen.\n\u00a7 5. Versuchsreihe 8.\nVergleichung des G-Verfahrens und des N-Verfahrens mittels sinnvollen Materiales.\nWir stellen uns hier die Aufgabe, das Verh\u00e4ltnis, welches zwischen den beiden im vorigen Capitel beschriebenen Lem-weisen in \u00f6konomischer Hinsicht besteht, zu untersuchen. Durch folgende zwei Versuchsreihen 8 und 9 suchte ich zun\u00e4chst dieser Aufgabe zu entsprechen.\nIn der hier zuerst zu besprechenden Versuchsreihe 8 bediente ich mich sinnvollen Materiales. Die Versuchsperson, Frau Bauinspector Schmidt, hatte Strophen auswendig zu lernen aus derselben Uebersetzung von \u201eChilde Harold\u201c, welcher die Strophen in Versuchsreihe 1 entnommen waren. Die Strophen wurden auch f\u00fcr diese Versuchsreihe in keiner Weise ausgesucht, sondern es wurde mit Strophe 1 von Canto H angefangen und immer weiter gelernt in der Ordnung, in welcher die Strophen im Gedichte auf einander folgten. Am 1., 3., 5. u. s. w. Versuchstage wurden drei Strophen nach demG-Verfahren, d.h. als un-getheilte Ganze gelesen und gelernt. Am 2., 4., 6. u. s. w. Versuchstage wurden gleichfalls drei Strophen gelernt, aber es wurde der Versuchsperson (ganz wie in Versuchsreihe 1) aufgegeben, dasjenige Lernverfahren anzuwenden, welches ihr selbst im gegebenen Falle als das zu einer schnellen Erlernung geeignetste erschiene. Wir bezeichnen dieses Verfahren als das N-Verfahr en. Die nach diesem Verfahren gelernten Strophen werden wir kurz als die N-Strophen bezeichnen im Gegensatz zu den nach dem G-Verfahren gelernten G-Strophen. Der Grund, weshalb die beiden Lernweisen niemals an demselben Tage neben einander stattfanden, liegt darin, dafs das N-Verfahren der Versuchsperson m\u00f6glichst unbeeinflufst von dem G-Verfahren erhalten bleiben sollte. Die Versuchsperson sollte m\u00f6glichst wenig in die Versuchung gef\u00fchrt werden, die beiden Lern weisen hinsichtlich ihrer Leistungsf\u00e4higkeit direct mit einander zu ver-","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen, 337\ngleichen, und nach der hierbei gemachten Erfahrung die Art des N-Verfahrens abzu\u00e4ndem. Dieser Zweck wurde in der That vollkommen erreicht. Die Versuchsperson hat bis zum Schl\u00fcsse der Versuchsreihe die N-Strophen in ganz \u00e4hnlicher Weise gelernt wie in der fr\u00fcheren Versuchsreihe 1.\nHervorzuheben ist, dafs jede Strophe von der Versuchsperson zweimal unmittelbar hintereinander fehlerfrei hergesagt werden mufste, und zwar aus folgendem Grunde. Wird von der Versuchsperson nur ein einmaliges fehlerfreies Hersagen verlangt, so pflegt sie, wie ich in den fr\u00fcheren Versuchsreihen bemerkt hatte, bei Anwendung des N-Verfahrens auf die Einpr\u00e4gung der ersten Worte oder Zeilen einer Strophe weniger Gewicht zu legen1, als auf die Einpr\u00e4gung der folgenden Strophen-theile. Sie sagt sich, dafs sie f\u00fcr den Fall, dafs sie an einer Stelle der ersten Zeilen der Strophe stocke, schnell etwas \u00fcber die Stelle hinaus lesen und dann wieder zu dem Anf\u00e4nge der Strophe zur\u00fcckkehren und so ohne grofsen Zeitverlust ein neues Hersagen der Strophe versuchen k\u00f6nne. Bei dem G-Verf\u00e4hren hingegen mufs die Versuchsperson Bich auch den Anfang der Strophe fest einpr\u00e4gen, weil, wenn sie in demselben stockt, sie alsdann die ganze Strophe bis zum Ende durchlesen mufs, ehe sie ein neues Hersagen beginnen kann. Wird also nur ein einmaliges fehlerfreies Hersagen gefordert, so erf\u00e4hrt das N-Verfahren eine Beg\u00fcnstigung, weil bei ihm die Associationen f\u00fcr den Anfang der Strophe durchschnittlich nicht so fest sein werden wie bei dem G-Verfahren. Hingegen kommt diese Fehlerquelle nur noch in viel geringerem Mafse in Betracht, wenn die Versuchsperson jede Strophe zweimal hinter einander fehlerfrei aufzusagen hat. Denn alsdann mufs die Versuchsperson bei dem N-Verfahren sich den Anfang jeder Strophe mindestens so fest einpr\u00e4gen, dafs sie denselben auch nach einem einmaligen Hersagen der Strophe noch fehlerfrei reproduciren kann.\n1 Die fr\u00fcher festgestellte Thatsache, dafs bei dem N-Verfahren die ersten Zeilen einer Strophe eine gr\u00f6fsere Anzahl von Wiederholungen erfahren als die letzten, widerspricht dem hier Behaupteten in keiner Weise, da ja wahrend des Lesens der letzten Zeilen die ersten Zeilen mehr oder weniger vergessen wurden; und den Einflufs eben dieses Vergessene .haben manche Versuchspersonen f\u00fcr den Anfang der Strophe weniger sorgsam compensirt.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 22.\n22","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nLottie Steffens.\nDie Versuchsreihe umfafste 30 Versuchstage. Beginn der Versuche jeden Tag Nachmittags 3 Uhr.\nDie Versuche ergaben, dafs das G-Verfahren in k\u00fcrzerer Zeit und mit einer geringeren Anzahl von Wiederholungen zum Ziele f\u00fchrte als das dem Gutd\u00fcnken der Versuchsperson \u00fcberlassene N-Verfahren, wie nachstehende Uebersicht zeigt:\n\nN-Strophen 3 Min. 3,3 Sec. G- \u201e\t2 \u201e 47,4 \u201e\n|Diffl.=15,9\n2\u00ab\n2 Min. 53,6 Sec. 1 2 \u201e 41,8 \u201e J\nDiff.=ll,8\nwa\nWc\nN-Strophen\nG-\nn\n6,9 I 6,5 J\nDiff. = 0,4\n6,8 1\n6,0 /\nDiff. = 0,8\nHierbei bedeutet za den arithmetischen Mittelwerth der Zeitdauer des Lernens einer Strophe einsehliefslich der beiden fehlerfreien Hersagungen und zc den entsprechenden Centralwert1 w ist der arithmetische Mittelwerth der f\u00fcr Erlernung einer Strophe erforderlichen Wiederholungszahlen (einsehliefslich der beiden fehlerfreien Hersagungen) und wc der Centralwerth derselben. 2\nVon einer Berechnung des wahrscheinlichen Fehlers und dergleichen habe ich wegen der von M\u00fclleb und Schumann (a. a. O. S. 275 ff.) angef\u00fchrten, einschlagenden Gesichtspunkte, die auch f\u00fcr meine Versuche G\u00fcltigkeit besitzen, abgesehen.\nEs ist anzunehmen, dafs man die Associationen, die einerseits bei Anwendung des G-Verfahrens, andererseits bei Anwendung des N-Verfahrens gestiftet werden, auch dadurch mit einander vergleichen kann, dafs man zusieht, wie grofs die durchschnittliche Zeitdauer des zweiten Hersagens bei jeder dieser beiden Verfahrensweisen ist. Die durchschnittliche Dauer des ersten Hersagens kann man zu dem gleichen Zwecke nicht benutzen. Denn wie oben (S. 17) gesehen, pflegen manche Versuchspersonen bei dem N -Verfahren vor einem Hersageversuche die ersten W\u00f6rter oder Zeilen der Strophe schnell noch einmal \u00fcberzulesen. In einem solchen Falle sind die Associationen der ersten W\u00f6rter oder Zeilen der Strophe unmittelbar vor\n1\tVgl. M\u00fcller und Schumann in der Zeitschrift f. Psychologie, 0, 8.269 fL\n2\tDie Anzahl der Wiederholungen einer Strophe habe ich in den. F\u00e4llen, wo das N-Verfahren benutzt war, in der Weise berechnet, dafis ich die Summe der Wiederholungszahlen der verschiedenen Zeilen der Stropbe durch 9, d. i. die Anzahl der Zeilen einer Strophe, dividirte.","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom '\u00f6konomischen Lernen. 339\ndem Hersagen noch einmal aufgefrischt worden und daher bei dem Hersagen selbst verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig stark und schnell wirksam. Bei Anwendung des G-Verfahrens hingegen liegt zwischen der letzten Wiederauffrischung der ersten W\u00f6rter oder Zeilen der Strophe und dem Beginne des Hersagens die Zeit, welche ein einmaliges Durchlesen der Strophe erfordert. Hiernach ist die durchschnittliche Zeit des ersten Hersagens nicht verwendbar, wenn man das G- und das N - Verfahren hinsichtlich dessen, was sie f\u00fcr die Einpr\u00e4gung leisten, mit einander vergleichen will. F\u00fcr die durchschnittliche Dauer des zweiten Hersagens besteht die Boeben angedeutete, das N-Verfahren beg\u00fcnstigende Fehlerquelle, wie leiebt ersichtlich, nur noch in geringem Maalse.\nDie durchschnittliche Zeit des zweiten Hersagens betrug nun\nf\u00fcr die N-Strophen 23,2 Sec.\n\u00bb\t\u00ab G- \u00bb\t21,6 \u201e\n- Falls die hier vorhandene Differenz nicht blos zuf\u00e4lligen Ursprungs ist, dient sie zur Bekr\u00e4ftigung unserer obigen Resultate, insofern sie zeigt, dafs das zweite Hersagen bei den G-Reihen schneller erfolgte als bei den N \u2022 Reihen.\n\u00a7 6. Versuchsreihe 9. Vergleichung des\nG-Verfahrens und des N-Verfahrens mittels \u25a0 sinnlosen Materiales.\nUm zu untersuchen, ob das G-Verfahren auch f\u00fcr die Erlernung von sinnlosen Silbenreihen bei der Versuchsperson von Versuchsreihe 8 vortheilhafter ist, als das N-Verfahren, habe ich folgende Versuchsreihe ausgef\u00fchrt.\nFrau Bauinspector Schmidt hatte t\u00e4glich f\u00fcnf 16silbige Reihen1 * zu erlernen. Am 1., 3., 5. u. s. w. Tage wurden 3 von den Reihen nach dem G-Verfahren und 2 nach dem N-Verfahren bis zum zweimaligen fehlerfreien Hersagen gelernt; am 2., 4., 6. u. s. w. Tage wurden 3 Reihen nach dem N-Verfahren und 2 nach dem G-Verfahren gelernt3 Die Versuchsperson war in-struirt, alle Silbenreihen im troch\u00e4ischen Tacte zu lesen, und\n1 Was die Art des Aufbaues der 16silbigen Reihen anbelangt, so bildeten die ersten zw\u00f6lf Silben jeder Reihe eine normale Reihe im Sinne von M\u00fcllkb und Schttmaitn (a. a. O. S. 99). Die Gruppe der letzten vier Silben war in sich normal; und die Anfangsconsonanten waren s\u00e4mmtlich verschieden. Entsprechend war das Verfahren beim Aufbau noch l\u00e4ngerer\nReihen.\n3 Selbstverst\u00e4ndlich fand hierbei (und ebenso auch in allen nachfolgenden Versuchsreihen) ein angemessener Wechsel der Zeitlage statt. An den einen Tagen nahm die eine und an den anderen Tagen die andere Reihenart die erste, dritte, f\u00fcnfte Stelle ein.\n22*","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nInitie SUfem,.\num Orr dies zu erleichtern, wurden die Reihen so geschrieben, da& jeder Tact tou dem nachfolgenden durch einen Strich getrennt wurde. Damit auch bei dem X Verfahren jede Silbe dem vorgeschriebenen Tacte gem\u00e4fs gelesen werde, war der Versuchsperson anbefohlen, bei ihren nach diesem Verfahren stattfindenden Lesungen niemals eine einzige Silbe zu wiederholen, sondern, wenn sie eine Wiederholung f\u00fcr nothwendig bef\u00e4nde, stets einen oder mehrere ganze Tacte zu wiederholen.\nDie Art und Weise, wie die zu erlernenden Silbenreihen der Versuchsperson dargeboten wurden, war bei diesen Versuchen nothwendigerweise wesentlich anders als bei den Versuchen von M\u00f6ller und Schcmajts. Wegen der N-Reihen konnte ein Rotationsapparat f\u00fcr die Vorf\u00fchrung der Silbenreihen nicht gebraucht werden. Die Silben jeder Reihe wurden auf einem Papierstreifen aufgeschrieben, und zwar die Silben jeder Reihenh\u00e4lfte neben einander, die beiden H\u00e4lften jeder Reihe unter einander. Wie in der vorigen Versuchsreihe wurde die Versuchsperson instrairt, innerhalb m\u00f6glichst kurzer Zeit zu lernen. Der Zweck der Versuche blieb ihr unbekannt.\nAlle Lesungen eines Tactes oder einer Mehrzahl aufeinander folgender Tacte wurden mit der Ordnung, in welcher diese Lesungen aufeinander folgten, in derselben Weise zu Protokoll genommen, welche bei den Versuchen mit sinnvollem Material angewandt worden war.1 Folgendes ist ein Beispiel:8\nBeispiel 8. N-Reihe.\nLernzeit = 3 Min. 18,8 Sec. t* \u2014 10,8 Sec. uo \u2014 10*/8\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\ndeup\tfei\t\t\ti\t\t\t\t1\t\t\t\t\nbot\thaf\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\ng\u00e4r\tp\u00f6s\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nlein\tkaam\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nnttsch\trik\t\t\tr\t\t\t\t\t\t\t\t\nwuch mauz\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t!\t\njeuf\tsil\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nzuk\ttaut\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n1 Siehe S. 3 ff. \u2014 8 Die Silbenreihe ist hier in derjenigen Ordnungjwieder-gegeben, in welcher sie in meinem Protokollbuche geschrieben war. Die Art und Weise, wie sie der Versuchsperson dargeboten wurde, war, wie sich aus dem Obigen ergiebt, eine andere.\n\u2022 t bedeutet die durchschnittliche Dauer des zweiten Hersagens.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00d6konomischen Lernen.\t341\nDie Versuche erstreckten sich im Ganzen \u00fcber 34 Tage, aber die Resultate der ersten 10 Tage und diejenigen der letzten 24 Tage habe ich von einander getrennt wegen des Einflusses der Uebung. Folgende Resultate wurden f\u00fcr die ersten 10 Tage erhalten:\nN - Reihen G- \u00bb\t3 Min. 2,0 Sec. \\ 3 \u201e\t43,7 \u201e j\tDiff. =\n\t2e\t\nN-Reihen G- \u201e\t3 Min. 17,8 Sec. 1 3 * 40,6 \u201e J\tDiff. =\u2018\n\twa\twc\n- Reihen \u00bb\t10,5 1 11,8 }Dift\t1>3 *\t10,2 12,1\n41,7 Sec.\n=' \u2014 22,8 Sec.\n2 1\n| Diff. = \u20141,9\nAnders verhielt es sich an den letzten 24 Versuchstagen, wie nachstehende Zusammenstellung der Resultate dieser Tage zeigt\nN-Reihen\nG*\n\u00bb\n2\u00ab\n3 Min. 29,4 Sec.\n3\t\u201e\t22,5 \u201e\nDiff. = 6,9 Sec.\nN -Reihen\nG-\nn\n2C\n3 Min. 29,4 Sec. ^ 3\t\u201e\t15,9 \u201e J\nDiff. = 13,5 Sec.\n\twa\tU'c\nN - Reihen G- \u201e .\t12,2 \\ 10,9 } Ditt = 1\u20193\t11,0 ) 10,5 ! Dift \u201c \u00b0\u20195\nNach diesen Resultaten der letzten 24 Tage ist das G-Verfahren bei der benutzten Versuchsperson auch f\u00fcr sinnloses Material dasjenige, welches ein wenig schneller zum Ziele f\u00fchrt Dafs das Ergebnifs am Anf\u00e4nge der Versuche ein anderes war, l\u00e4fst sich leicht aus Folgendem erkl\u00e4ren. Die betreffende Versuchsperson lernte zum ersten Male sinnlose Silben, und wie manche Versuchspersonen (vgl. M\u00fclleb und Schumann, S. 106)","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nLottie Steffens.\nst\u00fctzte sie sich hierbei zun\u00e4chst unwillk\u00fcrlich1 auf die gelegentlich vorkommenden sinnvollen Beziehungen der Silben und Silbenfolgen, ihre Ankl\u00e4nge an bekannte W\u00f6rter oder Phrasen u. dgl., bis sie in Folge der Uebung gegen solche Beziehungen der Silben gleichg\u00fcltig geworden war. Bei dieser Versuchsperson waren derartige Beziehungen und Ankl\u00e4nge der Silben am Anf\u00e4nge deshalb besonders zahlreich, weil derselben neben Hochdeutsch und Plattdeutsch noch verschiedene fremde Sprachen ganz gel\u00e4ufig sind. Solange die hier erw\u00e4hnte Ungleichm\u00e4fsig-keit des Materiales zur Geltung kam, war nat\u00fcrlich das N-Verfahren geeigneter f\u00fcr die schnelle Erlernung der Reihen als das G-Verfahren, weil das N-Verfahren den Vortheil hatte, dafs die schwerer zu lernenden Theile einer Reihe, d. h. die Theile, mit welchen keine sinnvollen Associationen verbunden wurden, isolirt besonders eingepr\u00e4gt werden konnten.\nDafs die Benutzung sinnvoller Beziehungen der Silben im Verlaufe der Versuchsreihe abgenommen hat, ist nicht blofse Vermuthung, sondern ist durch die Selbstbeobachtung der Versuchsperson sicher gestellt. Dieselbe war aufgefordert, alle F\u00e4lle der Benutzung sinnvoller Beziehungen der Silben hinterher zu Protokoll zu geben. Die Zahl der zu Protokoll gegebenen F\u00e4lle dieser Art wurde im Verlaufe der Versuchsreihe immer geringer. Auf diese Abnahme der Benutzung sinnvoller Beziehungen der Silben ist auch die eigenth\u00fcmliche Thatsache zur\u00fcckzuf\u00fchren, dafs die N-Reihen an den ersten 10 Tagen der Versuchsreihe innerhalb k\u00fcrzerer Zeit gelernt wurden als an den letzten 24 Tagen. Die G-Reihen hingegen wurden in Folge der Uebung an letzteren Tagen schneller gelernt als an den ersten 10 Tagen.\n\u00a77. Versuchsreihe 10. Vergleichung des G-Ver-fahrens und der ersten Art des S-Verfahrens mittels sinnvollen Materiales.\nWie schon erw\u00e4hnt (S. 101), zeigten zwei Versuchspersonen eine starke Tendenz, die erste Gruppe von Zeilen zuerst mehrmals durchzulesen und nachher die Strophe immer ganz durchzunehmen, bis sie dieselbe hersagen konnten. Die anderen Versuchspersonen lernten insofern in einer \u00e4hnlichen Weise, als sie\n1 Nat\u00fcrlich war die Versuchsperson instruirt, solche Associationen m\u00f6glichst zu vermeiden.","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 343\ndie ersten Zeilen einer Strophe h\u00e4ufiger als die letzten wiederholten. Es schien zun\u00e4chst w\u00fcnschenswert^ durch folgende Versuchsreihe 10 zu untersuchen, ob die Versuchspersonen mit dieser Lernweise vom \u00f6konomischen Standpunkte aus betrachtet zweckm\u00e4fsig verf\u00fchren.\nIch verstehe unter einem S-Verfahren ein solches st\u00fcckweise vorgehendes Lemverfahren, bei welchem (im Gegens\u00e4tze zu dem der Versuchsperson ganz \u00fcberlassenen N-Verfahren) in einer ganz bestimmten, vorgeschriebenen Weise st\u00fcckweise gelernt wird. In dieser Versuchsreihe 10 nun wurde das G-Verfahren mit einem S-Verfahren verglichen, bei welchem die Versuchsperson instruirt war, zun\u00e4chst die ersten vier Zeilen drei Mal zu wiederholen und dann unmittelbar nachher die Strophe immer ganz durchzunehmen bis zum zweimaligen Hersagen. Die Zahl 3 wurde f\u00fcr die isolirten Wiederholungen der ersten vier Zeilen deshalb gew\u00e4hlt, weil La\u00fcka Steffens, welche in dieser Versuchsreihe 10 als Versuchsperson fungirte, in Versuchsreihe 2, in welcher ihr die Lemweise ganz \u00fcberlassen gewesen war, einen Ueberschufs von durchschnittlich etwas \u00fcber drei Wiederholungen f\u00fcr die ersten Zeilen der Strophe ergeben hatte (vgl. S. 6). Als Lemmaterial dienten auch in dieser Versuchsreihe Strophen aus \u201eChilde Harold\u201c. Es wurden indessen nur solche Strophen gelernt, welche am Ende der vierten Zeile einen gewissen Gedanken-abschlufs zeigten. Die Versuche erstreckten sich \u00fcber 28 Tage; t\u00e4glich wurden drei Strophen gelernt Die folgenden Resultate zeigen, dafs das hier benutzte S-Verfahren langsamer zum Ziele f\u00fchrte als das G-Verfahren.\nS - Strophen\nG-\nn\nZa\n6 Min. 2,7 Sec. 5\t\u201e\t42,9 \u201e\n19,8 Sec.\nZc\nS-Strophen 6 Min. 11,5 Sec. G- \u201e\t5\t\u201e\t40,8 \u201e\nDiff. \u2014 30,7 Sec.\nw\na\nWc\nS-Strophen\nG-\n10,5 1\n10,2 /\nDiff. = 0,3\n10,4\n9,7\nn","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\nLottie Steffens,\nFerner zeigen die Resultate dieser Versuchsreihe, dafs, wenn die ersten Zeilen einer Strophe eine Anzahl besonderer Lesungen erfahren, bevor die Strophe stets nur als ganze durchgenommen wird, alsdann f\u00fcr die \u00fcbrigen Zeilen der Strophe eine Ersparnis an Wiederholungen gewonnen wird. Von den G-Strophen erfuhren alle Zeilen, also auch die letzten f\u00fcnf Zeilen, durchschnittlich 10,2 Wiederholungen. Dagegen wurden die letzten f\u00fcnf Zeilen der S-Strophen nur 9,1 Mal wiederholt\n\u00a7-8. Versuchsreihe 11, 12, 13. Vergleichung des G-Verfahrens und der zweiten Art des S-Verfahrens mittels sinnvollen Materiales.\nDa zwei Versuchspersonen bei dem gew\u00f6hnlichen Lernen geneigt waren, zun\u00e4chst sich die beiden H\u00e4lften der Strophe einzeln einzupr\u00e4gen und nachher immer die ganze Strophe durchzunehmen (vgl. S. 10), so schien es angezeigt, auch eine solche Lemweise mit dem G-Verfahren n\u00e4her zu vergleichen. Folgende drei Versuchsreihen dienten einer Vergleichung des G-Verfahrens mit einem S-Verfahren, dafs dem hier angedeuteten Verfahren m\u00f6glichst \u00e4hnlich war.\nIn Versuchsreihe 11 fungirte Dr. A, Pilzecker als Versuchsperson. T\u00e4glich, mit Ausnahme von Sonntag, hatte er drei achtzeilige Strophen des 21. Gesanges von Hermann Lingo\u2019s Gedichte \u201eDie V\u00f6lkerwanderung\u201c1 auswendig zu lernen, und zwar waren die Strophen blos insoweit ausgesucht, als nur diejenigen gelernt wurden, die sich in einigermaafsen ungezwungener Weise in zwei gleich lange H\u00e4lften theilen liefsen. Die Art des st\u00fcckweise vorgehenden Verfahrens, welches der Versuchsperson vorgeschrieben war, war folgende. Die ersten vier Zeilen einer Strophe wurden immer ganz durchgelesen bis zum fehlerfreien Hersagen dieser Zeilen, nachher wurden die letzten vier Zeilen ebenso gelernt, und schliefslich wurde die Strophe als ganze gelesen, bis sie einmal fehlerfrei hergesagt werden konnte.2 Der\n1 Dieses Gedicht schien mir am meisten den hier gestellten Anforderungen zu entsprechen, erstens der Versuchsperson nicht bekannt * *n Bein, und zweitens aus sehr vielen Strophen von einiger L\u00e4nge und gleich-m\u00e4fsigem Bau zu bestehen.\n* In dieser, sowie in allen anderen Versuchsreihen, aufser Versuchsreihe 8* 9, 10, wurden die Strophen oder Silbenreihen nur bis zum einmaligen fehlerfreien Hersagen gelernt.","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 345\nertheilten Instruction gem\u00e4fs durfte eine Zeile eigentlich niemals zweimal unmittelbar hinter einander gelesen werden. Die Versuchsperson hatte indessen die Neigung, w\u00e4hrend des Hersagens gelegentlich eine Zeile mehrmals zu wiederholen, um dadurch die Reproduction der n\u00e4chsten Zeilen zu erleichtern. Dieses Verhalten wurde stillschweigend erlaubt, aber jede derartige Wiederholung der Lesung einer Zeile bei der Berechnung des Endresultates mit in Anrechnung gebracht.\nDie Versuchsreihe beanspruchte 16 Versuchstage. Die Versuchsperson war instruirt in m\u00f6glichst kurzer Zeit zu lernen. Der Zweck der Versuchsreihe war ihr unbekannt; aber im sp\u00e4teren Verlaufe der Versuchsreihe schienen die zu Protokoll gegebenen Aussagen der Versuchsperson darauf hinzuweisen, dafs sie den Zweck errathen habe.\nDie nachstehenden Resultate dieser Versuchsreihe zeigen, dafs die G-Strophen viel schneller gelernt wurden als die S-Strophen.\nS-Strophen 4 Min. 6,1 Sec.\nG-\n3 \u00bb 2\n,1 Sec. )\n> Diff. >5 n )\n1 Min. 3,6 Sec.\nS-Strophen 4 Min. 5,8 Sec G- \u201e\n3\t\u201e\t36\n,8 Sec. )\n\u2019\tDifL = 29 Sec.\nn I\nU'a\nS - Strophen 8,6 G\nWe\n8,6 )\t8,3 )\n7,0 I Dift = 1>6\t7,0 | Dia \u201c\nAn 13 von den 16 Versuchstagen wurden die G-Strophen in k\u00fcrzerer Zeit gelernt als die S-Strophen, nur an einem Tage verhielt es sich umgekehrt, und an zwei Tagen hatte keine Strophenart den Vorzug vor der anderen.\nHiernach kann nicht bezweifelt werden, dafs f\u00fcr diese Versuchsperson das G-Verf\u00abihren schneller zum Ziele f\u00fchrt als das hier benutzte S-Verfahren. Die Versuchsperson hat einmal bemerkt, dafs sie w\u00e4hrend des Lernens des zweiten Abschnittes einer S-Strophe den ersten Abschnitt vergesse. Es scheint in der That, dafs dieses Vergessen wesentlich zum Nachtheile der S-Strophen beigetragen hat. Die Versuchsperson brauchte nach","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nLottie Steffens.\nder Erlernung der zweiten Strophenh\u00e4lfte in der Regel noch mehrere Wiederholungen der ganzen Strophe, bevor sie die letztere fehlerfrei aufsagen konnte.\nDas Versuchs verfahren in der Versuchsreihe 12 war im Wesentlichen nicht verschieden von dem der soeben beschriebenen Versuchsreihe 11. Die Versuchsperson Laura Steffens hatte Strophen von dem Original von Byron's \u201eChilde Harold\u201c zu erlernen. Wiederum wurden nur solche Strophen erlernt, welche in der Mitte einen gewissen Gedankenabsehlufs zeigten. Die Versuche umfafsten 28 Versuchstage. An den ersten zehn Versuchstagen lernte die Versuchsperson zwei Strophen t\u00e4glich und an den letzten 18 Tagen drei Strophen.\nFolgende Resultate wurden erhalten:\nS-Strophen 6 Min. 11,6 Sec. 1\nn\t* w. \u2019\tDiff. \u2014 37,6 Sec.\nG- \u201e\t5 Min. 34,0 \u201e j\nS-Strophen 6 Min. 7 Sec. G-\n5\t\u201e\t42\nSec. )\n.*. i\u201c\n24,6 Sec.\nwa\nwe\nS-Strophen 8,6 )\t8,5 ]\nG- .\t8,4 ! D\u00c4 \u201c \u00b0-2\tHfl } Dl& = \u00b0\u2019\nIn dieser Versuchsreihe wurden gleichfalls an einer bedeutend \u00fcberwiegenden Mehrzahl von Versuchstagen (n\u00e4mlich an 20 Versuchstagen) die G-Strophen in k\u00fcrzerer Zeit gelernt als die S-Strophen.\nDafs der Vortheil des G-Verfahrens vor dem hier benutzten S-Verfahren f\u00fcr die Versuchsperson Laura Steffens geringer ist als f\u00fcr Dr. Pilzeckes, l\u00e4fst sich daraus erkl\u00e4ren, dafs bei ersterer Versuchsperson das Vergessen des ersten Abschnittes w\u00e4hrend des Lernens des zweiten Abschnittes eine geringere Rolle spielte. Dieselbe hat zw\u00f6lf Strophen fehlerfrei hergesagt unmittelbar nachdem sie die zweite Strophenh\u00e4lfte hergesagt hatte.\nBehufs Vergleichung des G-Verfahrens und des hier in Rede stehenden S-Verfahrens habe ich auch noch eine Versuchsreihe mit mir selbst ausgef\u00fchrt, indem ich zu gleicher Zeit Versuchs-","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00d6konomischen Lernen. 347\nleiter und Versuchsperson war. Nur die Lernzeiten habe ich notirt. Ich lernte dieselben Strophen, die meine Schwester sp\u00e4ter in vorstehender Versuchsreihe 12 lernte, aber ihre G-Strophen waren meine S-Strophen und umgekehrt Die folgenden Resultate dieser Versuchsreihe 13 zeigen gleichfalls, dafs das G-Ver-fahren schneller zum Ziele f\u00fchrt als das S-Verfahren.\nS - Strophen G -\n2\u00ab\n7 Min. 36 Sec. | 6\t*\t24 \u201e j\nDiff. = 1 Min. 12 Sec.\nS - Strophen G-\nzc\n7 Min. 26 Sec. 6 \u201e\t21,4 \u201e\nDiff. = 1 Min. 4,6 Sec.\nWie in Versuchsreihe 11 sind auch hier die Differenzen f\u00fcr die zwei Arten des Lernens sehr betr\u00e4chtlich. Der Zweck der Versuche war mir nat\u00fcrlich bekannt, und es ist nicht unm\u00f6glich, dafs mein Lernen in Folge dessen beeinflufst war. Aber dafs die Differenzen hier gr\u00f6fser sind als in Versuchsreihe 12, ist bereits v\u00f6llig erkl\u00e4rbar durch mein schlechtes Behalten. Denn die erste Strophenh\u00e4lfte konnte ich niemals unmittelbar nach dem Hersagen der zweiten H\u00e4lfte aufsagen.\n\u00a7 9. Versuchsreihen 14 u. 15. Fortsetzung der im vorigen Paragraphen beschriebenen Versuche an\nKindern.\nEs schien mir interessant zu untersuchen, welche Resultate bei solchen Versuchen, wie wir im vorigen Paragraphen kennen gelernt haben, an Kindern sich ergeben.\nIn Versuchsreihe 14 (24 Versuchstage) war ein zehnj\u00e4hriges M\u00e4dchen, Luise Sohapeb, Versuchsperson. Sie lernte t\u00e4glich mit Ausnahme von Sonntag vier Gruppen von je vier Zeilen aus dem \u201eReinecke Fuchs\u201c (vgl. S. 2) auswendig, zwei nach dem G-Verfahren und zwei nach dem S-Verfahren. Das letztere Verfahren gestaltete sich in diesem Falle selbstverst\u00e4ndlich in der Weise, dafs zun\u00e4chst die ersten zwei Zeilen der Gruppe bis zum fehlerfreien Hersagen eingepr\u00e4gt wurden, hierauf die letzten zwei Zeilen, und dann die vier Zeilen als Ganzes gelernt wurden.","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nLottie Steffens.\nIn den Vorversuchen wurden Gruppen von acht Zeilen gelernt, aber die Erm\u00fcdung und die Schwankungen der Aufmerksamkeit spielten eine so grofse Bolle, dafs die Lernzeiten zwischen drei Minuten und 16 Vs Minuten schwankten. Aus diesem Grunde schien es besser, mit k\u00fcrzeren Gruppen zu operiren.\nDie Versuche erstreckten sich \u00fcber 24 Versuchstage. Wie nachstehende Zusammenstellung zeigt, haben dieselben ganz dasselbe ergeben wie die entsprechenden Versuche mit Erwachsenen : das G-Verfahren f\u00fchrt schneller zum Ziele als das S-Verfahren.\n\nS-Zeilen G- *\t3 Min. 30,8 Sec. 1 2\t\u201e\t47,0 \u201e\t/\tDiff. = 43,8 Sec.\n\t\t\nS-Zeilen G' r\t3 Min. 16,3 Sec. ( 2 * 36,8 \u201e j\tDiff. = 39,5 Sec.\n\twa\twe\nS-Zeilen G- \u201e\t\u00ae j Diff. = 1\t8,2 ) 7,0 } Di\u00c6 = 1\u20192\nIn allen bisherigen Versuchsreihen waren diejenigen Strophen oder Silbenreihen, welche am allerschnellsten gelernt wurden, G-Strophen bezw. G-Reihen. In dieser Versuchsreihe war es nicht anders. Die sieben am schnellsten gelernten Zeilengruppen waren solche, die nach dem G-Verfahren gelernt wurden.\nMit dem 9j\u00e4hrigen Knaben Ulrich Pilzecker wurde Versuchsreihe 15 (34 Versuchstage) ausgef\u00fchrt Diese Versuchsreihe war von vorstehender Versuchsreihe 14 nur insofern verschieden, als in ihr Gruppen von acht Zeilen (wie beiden Vorversuchen zu Versuchsreihe 14) gelernt wurden.\nFolgende Resultate wurden erhalten:\nS-Zeilen 7 Min. 11,9 Sec. )\nG\nK\n4,2 \u201e J\nDiff. = 7,7 Sec.\nS-Zeilen\t6 Min. 40,0 Sec\nG- \u201e\t6 \u201e\n40,0 Sec. )\n1. Q } Diff. = 14,8 \u201e J\n25,2 Sec.\n\u00bb","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 349\nS - Zeilen\nG-\n\nDas G-Verfahren hat sich auch hier als das etwas g\u00fcnstigere Verfahren erwiesen. Die Differenz zwischen za und ze ist hier f\u00fcr eine und dieselbe Zeilenart verh\u00e4ltnifsm\u00e4Tsig grofs, weil die Erm\u00fcdung sich mehr geltend machte als sonst und gelegentliche \u00fcberhohe (auch dem Hervortreten der verschiedenen Wirksamkeit des G-Verfahrens und S-Verfahrens ung\u00fcnstige) Werthe von z bedingte.\n\u00a7 10. Versuchsreihe 16, 17, 18. Vergleichung des G-Verfahrens und der zweiten Art des S-Verfahrens mittels sinnlosen Materiales bei vorgeschriebener constanter Lesegeschwindigkeit.\nIn den bisherigen Versuchsreihen wurde die Geschwindigkeit des Lesens den Versuchspersonen ohne Weiteres \u00fcberlassen. Infolgedessen kamen erhebliche Schwankungen der Geschwindigkeit des Lesens vor. Obwohl diese Schwankungen sich in der Regel f\u00fcr beide Strophenarten und dergleichen ungef\u00e4hr um denselben Mittelwerth herum schaarten, so schien es doch angezeigt, festzustellen, ob das G-Verfahren auch noch dann schneller zum Ziele f\u00fchre als das S-Verfahren, wenn die Lesegeschwindigkeit f\u00fcr beide Lemweisen stets dieselbe und constant sei Es wurde daher in Versuchsreihe 16 (24 Versuchstage) mit sinnlosen Silben operirt, die ganz nach dem M\u00fcller-Schu mann\u2019sehen Verfahren mittels einer mit constanter Geschwindigkeit rotirenden Trommel der Versuchsperson vorgef\u00fchrt wurden.1\nDie Versuchsperson, Frl. Brinkmann, lernte f\u00fcnf zw\u00f6lfsilbige Reihen t\u00e4glich. Am 1., 3., 5., u. s. w. Tage lernte sie drei Reihen nach dem S-Verfahren und zwei nach dem G-Verfahren, am 2., 4., 6., u. s. w. Tage drei nach dem G-Verfahren und zwei nach dem S-Verfahren. Die Rotationsdauer der Trommel war 8,5 Secunden. Das S-Verfahren dieser Versuchsreihe war etwas anders als das S-Verfahren der Versuchsreihen 11\u201415, indem,\n1 N\u00e4heres bei M\u00fcllek und Sch\u00fcmann a. a. O. S. 96 ft.","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\niattie Steffens.\nwie erw\u00e4hnt, fr\u00fcher zun\u00e4chst jede der beiden Strophenh\u00e4lften isolirt gelernt wurde, in dieser Versuchsreihe hingegen jede H\u00e4lfte der Silbenreihe acht Mal isolirt gelesen wurde, bevor die Silbenreihe als ganze in Angriff genommen wurde. Die Ruhepausen, welche zwischen die v\u00e8rschieden\u00e9n zu erlernenden Reihen fielen, wurden wie bei M\u00fcller und Sch\u00fcmann (a. a. 0. S. 115) durchgef\u00fchrt. Die Reihen wurden im troch\u00e4ischen Tacte g\u00ebl\u00ebsen mit einer Incision nach der sechsten Silbe. Die Versuchsperson wurde instruirt, die Reihen mit m\u00f6glichst wenig Wiederholungen zu lernen, die Silben zu lesen, wenn sie ihr hinter der Schirmspalte erschienen, sich aber sonst mit ihnen nicht weiter innerlich zu besch\u00e4ftigen. Es folgen die Resultate der Versuchsreihe.\nS - Reihen\nDiese Zahlen zeigen einen sehr entschiedenen Vortheil des G-Verfahrens. Ich habe indessen hinzuzuf\u00fcgen, dafs ich w\u00e4hrend der Versuche auf zwei den S-Reihen ung\u00fcnstige, durch die benutzte Versuchsanordnung gegebene Umst\u00e4nde aufmerksam wurde.\nDie Silben, welche bei der Erlernung einer S-Reihe und einer G-Reihe gebraucht wurden, waren n\u00e4mlich in vier nebeneinander befindlichen Reihen, deren jede aus zw\u00f6lf untereinander geschriebenen Silben bestand, auf dem rotirenden Papierbogen aufgeschrieben. Die erste dieser vier Reihen bestand aus der zwei Mal geschriebenen ersten H\u00e4lfte der S-Reihe. Die zweite Reihe bestand aus der zwei Mal geschriebenen zweiten H\u00e4lfte der S-Reihe, und die dritte Reihe aus der ganzen S-Reihe. Die vierte Reihe war die G-Reihe. Die erste dieser vier Reihen wurde benutzt beim achtmaligen isolirten Lesen der ersten H\u00e4lfte der S-Reihe (welche demgem\u00e4fs nur vier Rotationen der Trommel in Anspruch nahm). Die zweite Reihe1 diente dem achtmaligen isolirten Lesen der zweiten H\u00e4lfte der S-Reihe. Die\n1 Beim Uebergange von der einen der oben erw\u00e4hnten vier Reihen zur anderen mufste nat\u00fcrlich der Schirm, der vor der rotirenden Trommel sich befand, schnell um das geeignete St\u00fcck weiter ger\u00fcckt werden, damit der Spalt des Schirmes sich genau vor der demn\u00e4chst zu lesenden Reihe von Silben befinde.","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 351\ndritte und vierte Reihe wurde beim Lernen der ganzen S-Reihe bez. der G-Reihe benutzt. Diese Anordnung der Versuche hatte nun den Nachtheil, dafs jede Silbe einer S-Reihe beim Lesen verschiedene Stellen auf der Trommel einnahm. Hieraus entsprang gem\u00e4fs dem Einfl\u00fcsse, den die absolute Stelle beim Lernen und Hersagen von Silbenreihen aus\u00fcbt (vgL M\u00fcller und Schumann, a. a. O. S. 311 ff.), eine St\u00f6rung f\u00fcr die Erlernung der S-Reihe, wie mich gelegentliche F\u00e4lle \u00fcberzeugten, wo die Versuchsperson beim Lernen dieser Reihe sich versprach. Beim Lernen der G-Reihe war eine entsprechende St\u00f6rung nicht vorhanden.\nDie zweite hier zu nennende Fehlerquelle ist folgende, Infolge der getroffenen Anordnung mufste die Zahl der Lesungen einer S-Reihe (einschliefslich des Hersagens derselben) mindestens neun sein. Bei den G-Reihen war f\u00fcr die Zahl der Lesungen eine solche Grenze nach unten hin nicht gesetzt Die Folge hiervon war, dafs die Versuchsperson beim Lesen der G-Reihen interessirter war als beim Lesen der S-Reihen, weil sie nur bei ersteren hoffen konnte, besonders geringe Werthe der Wiederholungszahlen zu erzielen.\nIn Versuchsreihe 17 stellte ich mir die Aufgabe, die beiden soeben genannten Fehlerquellen auszuschliefSen, im Uebrigen aber die Versuche genau so durchzuf\u00fchren wie in Versuchsreihe 16.\nDie erstere der beiden obigen Fehlerquellen wurde durch folgende Art der Vorf\u00fchrung der Silbenreihen beseitigt. Die beiden H\u00e4lften jeder Silbenreihe (sowohl jeder S-Reihe als auch jeder G-Reihe) waren auf einer Trommel vom geeigneten Durchmessen neben einander angebracht, so dafs w\u00e4hrend der einen Rotation der Trommel die eine H\u00e4lfte gelesen werden konnte und w\u00e4hrend der n\u00e4chsten oder irgend einer anderen Rotation die andere. Das (der unbeschriebenen Papierstrecke auf der Trommel entsprechende) Zeitintervall zwischen dem Erscheinen der letzten Silbe einer Reihenh\u00e4lfte und der ersten Silbe derselben H\u00e4lfte oder der demn\u00e4chst zu lesenden anderen Reihenh\u00e4lfte war grofs genug gew\u00e4hlt, um eventuell diejenige Verschiebung des vor der Trommel stehenden Schirmes bequem zu erm\u00f6glichen, welche erforderlich war, damit der Spalt des Schirmes sich bei der n\u00e4chsten Rotation direct vor der zu lesenden anderen Reihenh\u00e4lfte bef\u00e4nde. Bei den G-Reihen wurde","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nLottie Steffens.\nder Schirm nat\u00fcrlich nach jeder einmaligen Lesung einer Reihenh\u00e4lfte vor die andere geschoben, bis die Reihe hergesagt war. Bei den S-Reihen hingegen wurde der Schirm nach Beendigung der isolirten Wiederholungen der ersten Reihenh\u00e4lfte nach rechts und dann nach Beendigung der isolirten Wiederholungen der zweiten H\u00e4lfte nach links ger\u00fcckt und hierauf in entsprechender Weise hin und her geschoben wie bei den G-Reihen, bis die Reihe als ganze hergesagt werden konnte.\nBei dieser Versuchsanordnung waren die Silben der S-Reihen in ganz gleicher Weise auf der Trommel angebracht wie die Silben der G-Reihen. Es war allerdings m\u00f6glich, dafs in Folge der gleichartigen Stelle auf der Trommel z. B. die erste Silbe einer Reihenh\u00e4lfte mit der ersten Silbe der anderen Reihenh\u00e4lfte verwechselt wurde, aber diese M\u00f6glichkeit bestand in gleichem Grade f\u00fcr die G-Reihen wie f\u00fcr die S-Reihen.\nDie zweite der beiden obigen Fehlerquellen eliminirte ich in einfacher Weise dadurch, dafs ich an Stelle 12silbiger Silbenreihen l\u00dfsilbige benutzte und aufserdem jede Reihenh\u00e4lfte nur bis zum einmaligen Hersagen isolirt lesen liefs. Bei diesem Verfahren hatte die Versuchsperson keine Veranlassung mehr, die isolirten Lesungen der beiden H\u00e4lften einer S-Reihe deshalb mit geringerem Eifer vorzunehmen, weil sie durch die vorgeschriebene Zahl dieser Lesungen einer S-Reihe so wie so daran verhindert sei, mit einer S-Reihe in kurzer Zeit zu Rande zu kommen.\nDie Versuche wurden gleichfalls mit Frl. Brinkmann als Versuchsperson ausgef\u00fchrt (auch die Silben bewegten sich durch das Gesichtsfeld mit derselben Geschwindigkeit wie fr\u00fcher). Die Resultate der 24 Versuchstage waren folgende:\nS - Reihen G- \u201e\nWc\n14.9\n12.9\n!\nDiff. = 2,0\nWir sehen, dafs die G-Reihen immer noch entschieden schneller als die S-Reihen gelernt werden, wenn auch wegen der Eliminirung der oben erw\u00e4hnten Fehlerquellen die Differenzen nicht so betr\u00e4chtlich sind wie in der vorigen Versuchsreihe.\nDafs in dieser Versuchsreihe die Differenzen etwas kleiner ausgefallen sind als in der vorigen Reihe, hat zu einem Theile auch darin seinen Grand,","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 353\ndafs in dieser Versuchsreihe 17 bei Anwendung des S-Verfahrens auf eine besonders leichte Reihenh\u00e4lfte nicht mehr isolirte Lesungen entfielen, als f\u00fcr das Hersagen erforderlich waren. So kam es z. B. in dieser Versuchsreihe vor, dafs eine Reihenh\u00e4lfte schon nach der vierten Lesung hergesagt werden konnte. Sind also bei dem 8 -Verfahren f\u00fcr jede Reihenh\u00e4lfte (wie in der vorigen Versuchsreihe) acht isolirte Lesungen vorgeschrieben, so erf\u00e4hrt gelegentlich eine H\u00e4lfte einer S- Reihe mehr isolirte Lesungen als f\u00fcr ihre Erlernung n\u00f6thig sind, was zur Folge haben mufe, dafs die Mittel-werthe wa und we f\u00fcr die S-Reihen etwas zu grofs ausfallen.\nNach Vorstehendem erhebt sich die Frage, ob das G-Verfahren auch noch bei l\u00e4ngeren (mehr als 16 Silben enthaltenden) Reihen schneller zum Ziele f\u00fchre als das S-Verfahren. Behufs Beantwortung dieser Frage wurde Versuchsreihe 18 (Versuchsperson Frl. ^rinkmann, 30 Versuchstage) angestellt\nIch begann die Versuche mit 24silbigen Reihen. Die Er-m\u00fcdung bei der Erlernung derselben war jedoch so grofs, dafs hinl\u00e4nglich constante Resultate kaum zu erwarten waren. Ich ging daher zur Benutzung 20silbiger Reihen \u00fcber. Das Verfahren mit denselben war genau dasselbe wie das Verfahren mit den 16silbigen Reihen in Versuchsreihe 17. Die Versuchsperson lernte t\u00e4glich vier Reihen (zwei S-Reihen und zwei G-Reihen). Nicht ohne Interesse ist die Art und Weise, wie die Versuchsperson ganz ohne mein Zuthun diese (in dem stets vorgeschriebenen tro-ch\u00e4ischen Takte gelesenen) 20silbigen Reihen rhythmisch gliederte. Sie machte eine Incision nach der vierten, nach der zehnten und nach der vierzehnten Silbe. Die Resultate waren folgende:\nS - Reihen\nG-\nw\nWa\n17.7\t1\n16.7\tJ = 1\nWe\n17,2\n15,0\n}\nDiff. = 2,2\nVergleicht man die vorstehenden Resultate mit denjenigen von Versuchsreihe 17 (S. 32), so sieht man, dafs die Differenz, die zwischen den von den S-Reihen und den von den G-Reihen erzielten Werthen von wa besteht, in dieser Versuchsreihe ein wenig kleiner ist als in Versuchsreihe 17. Wie schon eine Vergleichung der Werthe von we zeigt, w\u00fcrde man indessen weit fehlgreifen, wenn man hieraus schliefsen w\u00fcrde, dafs der Vortheil des G-Verfahrens bei l\u00e4ngeren Silbenreihen nicht mehr so grofs sein k\u00f6nne wie bei k\u00fcrzeren Silbenreihen. Es ist n\u00e4mlich eine Eigent\u00fcmlichkeit der G-Reihen, dafs bei ihnen \u00fcber-\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 22.\t23","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nLottie Steffens.\nhohe Werthe von w h\u00e4ufiger und in abnormeren Betr\u00e4gen Vorkommen als bei den S-Reihen. Diese Eigenth\u00fcmlichkeit zeigte sich ganz besonders in dieser Versuchsreihe 18. W\u00e4hrend die G-Reihen auf der einen Seite bedeutend mehr sehr kleine Werthe von w ergeben haben als die S-Reihen \u2014 von den letzteren haben nur sechs, von den ersteren dagegen 20 einen Werth von to ergeben, der 13 ist \u2014, haben die G-Reihen auf der anderen Seite auch mehr sehr grofse Werthe von w geliefert als die S-Reihen. Die letzteren haben nur zwei, die ersteren dagegen sieben Werthe von w ergeben, welche > 26 sind. In Folge dieser \u00fcberhohen Werthe ist die Differenz der von beiden Reihenarten erzielten Werthe von wa verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig klein und erheblich geringer als die Differenz der entsprechenden Central-werthe ausgefallen. Sieht man n\u00e4her zu, so zeigt sich, dafs jene \u00fcberhohen Werthe nur am Anf\u00e4nge der Versuchsreihe vorgekommen sind, wo der Versuchsperson das Silbenmaterial noch nicht so gel\u00e4ufig und gleichf\u00f6rmig war wie sp\u00e4terhin. Berechnen wir die Werthe von wa einerseits f\u00fcr die ersten 15 Tage, andererseits f\u00fcr die letzten 15 Tage, so erhalten wir folgende Resultate :\nDie ersten 15 Tage:\nDie letzten 15 Tage :\n\tWa\nS - Reihen\t18,1\nG- *\t18,6\n\tWa\nS - Reihen\t17,4\nG- \u201e\t14,6\nDiff. = \u2014 0,5\nDiff. = 2,8\nWie man sieht, ist die Uebung den S-Reihen nur wenig, den G-Reihen in hohem Grade f\u00f6rderlich gewesen. Die Folge davon ist, dafs die G-Reihen nach erlangter Uebung viel schneller erlernt wurden als die S-Reihen. Man kann also durchaus nicht sagen, dafs bei gr\u00f6fserer L\u00e4nge der Reihen das G-Verfahren weniger vortheilhaft sei als bei k\u00fcrzerer L\u00e4nge, sondern man kann nur sagen, dafs bei gr\u00f6fserer Reihenl\u00e4nge eine vorhandene Ungleichm\u00e4fsigkeit des Silbenmateriales den Vortheil, welchen das G-Verfahren vor dem S-Verfahren bei v\u00f6lliger Gleichm\u00e4fsig-keit des Lemmaterials durchaus besitzt, noch weniger hervortreten l\u00e4fst als bei k\u00fcrzerer Reihenl\u00e4nge. Ist jene Gleichm\u00e4fsig-keit des Materiales (durch l\u00e4ngere Uebung im Lesen von Silben-","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen.\t355\nreihen) einigermaafsen erreicht, dann tritt auch bei langen Silbenreihen der Vorzug des G-Verfahrens ganz deutlich hervor.\n\u00a7 11. Schlufswort zu diesem Capitel.\nAus den Resultaten der in diesem Capitel besprochenen Versuchsreihen, welche durch die Ergebnisse der nachfolgenden Versuchsreihen 19 und 21 noch weitere Best\u00e4tigungen finden werden, ergiebt sich bereits hinl\u00e4nglich, dafs das Lernen im Ganzen in k\u00fcrzerer Zeit zum Ziele f\u00fchrt als ein st\u00fcckweise vor sich gehendes Lernen, mag dieses nun in seiner n\u00e4heren Gestaltung dem Gutd\u00fcnken der Versuchsperson \u00fcberlassen sein oder bestimmten Vorschriften gehorchen. Zugleich ergiebt sich auch, dafs meine fr\u00fchere Behauptung, das nat\u00fcrliche Lern verfahren st\u00fctze sich nicht auf wirkliche Erfahrungen hinsichtlich des \u00f6konomischen Werthes der verschiedenen Lernweisen, zutreffend ist.\nDer von mir gefundene Vorzug des G-Verfahrens ist um so beachtenswerther, weil die Versuchspersonen nichts weniger als in einem diesem Verfahren g\u00fcnstigen Sinne voreingenommen waren. Wie ich gefunden habe, herrscht durchaus die Meinung vor, dafs es eine Thorheit sei, eine Strophe und dergL mittels des G-Verfahrens lernen zu wollen. Wie ich schon fr\u00fcher (S. 14) erw\u00e4hnt habe, wird es zuweilen sogar direct f\u00fcr unm\u00f6glich erkl\u00e4rt, auch nur eine Strophe mittels dieses Verfahrens zu lernen ; und selbst Dr. Pilzeckeb sprach sein Erstaunen dar\u00fcber aus, wie schnell und leicht er mit dem G-Verfahren lerne. Auch die Versuchsperson Frl. Brinkmann, welche thats\u00e4chlich mit dem G-Verfahren schneller gelernt hat als mit dem S-Verfahren, sprach sich g\u00e9legentlich dahin aus, dafs sie glaube, mit dem zweiten Verfahren in k\u00fcrzerer Zeit zum Ziele zu kommen als mit dem ersteren. Ich selbst erwartete gleichfalls bei Beginn meiner Untersuchung, dafs das G-Verfahren sich als das allgemein unzweckm\u00e4fsigere herausstellen werde.\nSelbstverst\u00e4ndlich l\u00e4fst sich der Vorzug des G-Verfahrens nur f\u00fcr solche F\u00e4lle behaupten, wo das Lernmaterial nicht un-gleichm\u00e4fsiger ist als das von mir benutzte Material. Der Nachtheil des G-Verfahrens besteht offenbar darin, dafs, wenn in der zu lernenden Strophe, Silbenreihe und dergleichen ein Abschnitt vorhanden ist, der sich besonders schwer einpr\u00e4gen l\u00e4fst, alsdann bei Anwendung dieses Verfahrens wegen dieses einen Ab-\n23*","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\nLottie Steffens.\nSchnittes alle \u00fcbrigen Abschnitte eine Anzahl f\u00fcr ihre Einpr\u00e4gung ganz \u00fcberfl\u00fcssiger Wiederholungen erfahren m\u00fcssen, w\u00e4hrend bei dem st\u00fcckweise vergehenden Verfahren jener besonders schwierige Abschnitt ganz allein besonders oft wiederholt werden kann. Wenn man also ein Lemmaterial nimmt, in welchem solche ganz besonders schwierige Abschnitte h\u00e4ufig Vorkommen, so kann freilich das G-Verfahren sich nicht als das vortheil-haftere erweisen.1 Denkt man sich auf der andern Seite ein Lernmaterial von idealer Gleichm\u00e4fsigkeit, so wird man den Vorzug des G-Verfahrens noch h\u00f6her anzusetzen haben, als er sich bei meinen Versuchen herausgestellt hat\nAuch wenn die Ungleichm\u00e4fsigkeit des Lernmaterials nicht so grofs ist, dafs der Vorzug des G-Verfahrens verschwindet, so zeigen doch die nach diesem Verfahren erlernten Strophen oder Silbenreihen die oben erw\u00e4hnte Eigenth\u00fcmlichkeit, Werthe von tu zu liefern, welche eine deutlich ausgiebigere Streuung zeigen als die Werthe von w, welche die nach dem N- oder S-Verfahren erlernten Strophen oder Reihen gewinnen lassen. Diese Eigenth\u00fcmlichkeit der G-Strophen oder G-Reihen hat sich in allen meinen Versuchsreihen gezeigt. Das G-Verfahren hat in Folge gewisser ihm anhaftender Vorz\u00fcge in allen Versuchsreihen eine gr\u00f6fsere Zahl sehr kleiner Werthe von w geliefert als das N-und S-Verfahren. Weil aber das von mir benutzte Lernmaterial eine ideale Gleichm\u00e4fsigkeit nicht besafs, so hat es andererseits auch stets mehr \u00fcberhohe Werthe ergeben als jene anderen Lernweisen.\nWorin bei der thats\u00e4chlich vorkommenden Ungleichm\u00e4fsigkeit des Lemmateriales die Schw\u00e4che des G-Verfahrens besteht, haben wir uns oben vergegenw\u00e4rtigt. Ungel\u00f6st dagegen ist\n1 F\u00fcr Versuchspersonen, welche noch niemals sinnlose Silbenreihen gelernt haben, sind nach meinen Versuchen selbst normal gebaute Silbenreihen (vgl. M\u00fcllkr und Schumann, S. 99 ff.) ein Lemmaterial von der oben angedeuteten Ungleichm\u00e4fsigkeit. Ich brauche hier nicht erst zu bemerken, dafs Massenuntersuchungen, die mit unbekannten und uncontrolir-ten Versuchspersonen \u00fcber meinen Gegenstand angestellt w\u00fcrden, einen wissenschaftlichen Werth nicht beanspruchen k\u00f6nnten. Ich w\u00fcrde nur solche Versuche beachtungswerth finden, bei denen der Versuchsleiter, in gleicher Weise wie bei meinen Versuchen, mit der Feder in der einen und mit der Uhr in der anderen Hand, die Versuchsperson beim Lernen und Hersagen fortw\u00e4hrend beobachtet und controlirt hat","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 357\nnoch die Frage, auf welchen Eigent\u00fcmlichkeiten und Vorz\u00fcgen des G-Verfahrens es beruht, dafs dasselbe trotz jenes Mifsstandes in allen meinen Versuchsreihen am schnellsten zum Ziele gef\u00fchrt hat und \u00fcberhaupt als das im Allgemeinen g\u00fcnstigste Lernverfahren anzusprechen ist. Der Beantwortung dieser Frage dienen die Untersuchungen des n\u00e4chsten Capitels.\nCapitel HL\nDie Vorz\u00fcge des Lernens im Ganzen.\n\u00a7 12. Versuchsreihe 19. Vergleichung des S-Verfahrens und G-Verfahrens, wenn der Ueber-gang von dem einen Abschnitte zum nachfolgenden der Versuchsperson gegeben wird.\nVon vornherein kann man meinen, dafs der Vorzug des G-Verfahrens vor jedem st\u00fcckweise vergehenden Verfahren, s. B. dem in Versuchsreihe 17 und 18 angewandten S-Verfahren, auf folgendem Umstande beruhe. Wird bei Benutzung des letzteren Verfahrens zun\u00e4chst der erste Abschnitt der Silbenreihe isolirt erlernt, so wird nothwendig bei den unmittelbar auf einander folgenden Wiederholungen dieses Abschnittes eine Association zwischen der Endsilbe und Anfangssilbe dieses Abschnittes gestiftet. Diese Association macht sich sp\u00e4terhin, wenn es sich darum handelt, sich den Uebergang vom ersten Abschnitte zum zweiten einzupr\u00e4gen, in hinderlicher Weise geltend und hat zur Folge, dafs f\u00fcr die Erlernung des aus beiden Abschnitten bestehenden Ganzen ein gewisses Plus von Wiederholungen gebraucht wird. Bei Anwendung des G-Verfahrens, bei welchem die beiden Abschnitte jedesmal hinter einander gelesen werden, ist ein entsprechender nachtheiliger Einflufs offenbar nicht vorhanden, vielmehr wird von Anfang an der Uebergang vom ersten Abschnitte zum zweiten in der richtigen Weise eingepr\u00e4gt.\nEs unterhegt keinem Zweifel, dafs der hier angedeutete Gesichtspunkt zutreffend ist. Es ist jedoch die Frage, ob aus-schliefslich auf ihm der Vorzug des G-Verfahrens beruht. Um diese Frage zu entscheiden, habe ich folgende Versuchsreihe 19 (Versuchsperson Frl. Brinkmann, 20 Versuchstage) mit","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nLottie Steffens.\n16 silbigen Silbenreihen angestellt. Das Versuchsverfahren war mit demjenigen der Versuchsreihe 17 und 18 identisch aufser folgender Anordnung. Die erste Silbe jeder H\u00e4lfte einer S- oder G-Reihe hatte auf der rotirenden Trommel von der zweiten Silbe derselben H\u00e4lfte einen Abstand, der noch einmal so grofs war wie der Abstand, der zwei sonstige unmittelbar auf einander folgende Silben der Reihenh\u00e4lfte von einander trennte, so dafe zwischen dem Erscheinen der Anfangssilbe jeder Reihenh\u00e4lfte und dem Erscheinen der zweiten Silbe derselben ein Zeitraum verflofs, welcher v\u00f6llig ausreichte, um ein freies Hersagen der zweiten Silbe zuzulassen. Da nun die Versuchsperson instruirt war, die erste Silbe jeder Reihenh\u00e4lfte immer (auch bei jedem Hersage versuche) direct abzulesen, so war durch die soeben beschriebene Einrichtung der oben erw\u00e4hnte Vorzug des G-Verfahrens offenbar ganz beseitigt. Die im Falle der Anwendung des S-Verfahrens beim isolirten Lernen der ersten Reihenh\u00e4lfte gestifteten Associationen zwischen der letzten und ersten Silbe dieser H\u00e4lfte konnten sich bei der Erlernung der ganzen Silbenreihe nicht mehr nachtheilig geltend machen, weil die erste Silbe der zweiten H\u00e4lfte von der Versuchsperson jedesmal abgelesen werden mufste. Die Resultate waren folgende:\nS - Reihen\nG-\n\nWa\n13,9 \\\n12,3 ) Dlft\nWe\n12,9 1\n11,2 }\nDiff. = 1,7\nWie man sieht, sind die Differenzen noch immer recht betr\u00e4chtlich. Der oben angedeutete Gesichtspunkt ist also durchaus nicht ausreichend, um den Vorzug des G-Verfahrens ganz zu erkl\u00e4ren.\n\u00a7 13. Versuchsreihe 20. Das G-Verfahren ist wegen der Associationen durch mittelbare Folge, die sich zwischen den Gliedern verschiedener Abschnitte hersteilen, und wegen des Einflusses der absoluten Stellen der verschiedenen Abschnitte im VortheiL\nEin zweiter Vortheil des G-Verfahrens scheint folgender zu sein. Beim Hersagen einer Silbenreihe finden wir den Ueber-gang von einem Abschnitte zum n\u00e4chstfolgenden nicht blos mittels der Association, welche die Endsilbe des fr\u00fcheren Ab-","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 369\nSchnittes mit der Anfangssilbe des sp\u00e4teren Abschnittes verkn\u00fcpft, sondern auch mittels der Associationen, die sich durch mittelbare Folge zwischen den verschiedenen Gliedern der beiden Abschnitte (z. B. zwischen der vorletzten Silbe des fr\u00fcheren Abschnittes und der ersten Silbe des nachfolgenden Abschnittes) herstellen. In dem gleichen Sinne wie letztere Associationen machen sich aufserdem auch die Associationen geltend, welche die verschiedenen Abschnitte der Reihe mit ihren absoluten Stellen eingehen. Wir haben uns z. B. gemerkt, mit welchen Silben der dritte Abschnitt der Reihe anf\u00e4ngt und benutzen diese Association zwischen bestimmten Silben und der Vorstellung des Anfanges des driven Abschnittes, wenn es sich darum handelt, beim Hersagen von dem zweiten Abschnitte zum dritten \u00fcberzugehen. Es ist nun klar, dafs diese eben erw\u00e4hnten Associationen durch mittelbare Folge und Associationen mit der absoluten Stelle im Falle der Anwendung des G-Verfahrens bei jeder einzelnen Wiederholung der Silbenreihe eine Kr\u00e4ftigung Erfahren. Hingegen werden in dem Falle, wo st\u00fcckweise gelernt wird, dieselben Associationen innerhalb der gleichen Zeit oder durch den gleichen Gesammtaufwand an Lesungen nicht auf einen entsprechenden St\u00e4rkegrad gebracht werden.\nEs schien mir angezeigt, festzustellen, ob der hier angedeutete Gesichtspunkt nicht blos theoretisch richtig, sondern auch praktisch von Belang sei. Diesem Zwecke diente Versuchsreihe 20. In derselben lernte die Versuchsperson Brinkmann zwei Arten 18 silbiger Reihen. Jede Reihe bestand aus 3 auf dem rotirenden Papierbogen neben einander geschriebenen Abschnitten von je 6 Silben. Die erste Silbe jedes Abschnittes war (ganz ebenso wie in Versuchsreihe 19, S. 38) durch einen gr\u00f6fseren Abstand von der nachfolgenden zweiten Silbe getrennt, und die Versuchsperson war instruirt, die erste Silbe jedes Abschnittes jedesmal (auch bei jedem Hersage versuche) abzulesen. Die Silbenreihen der ersten Art, die unver\u00e4nderten Reihen, wurden stets mit derselben Aufeinanderfolge ihrer Abschnitte gelesen. Die Reihen der zweiten Art, die umgestellten Reihen, wurden nur bei den ersten 5 Wiederholungen in der Weise gelesen, dafs auf den ersten Abschnitt der zweite und auf den zweiten der dritte folgte. Bei den \u00fcbrigen Wiederholungen (auch bei dem Hersagen) dagegen kam an erster Stelle der dritte, an zweiter Stelle der zweite und an dritter Stelle der erste Abschnitt","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360\nLottie Steffens.\nDurch diese Anordnung wurde offenbar bewirkt, dafs die oben erw\u00e4hnten Associationen durch mittelbare Folge, die sich zwischen den Silben aufeinander folgender Abschnitte herstellten, und die Associationen der Abschnitte mit ihren absoluten Stellen f\u00fcr das Hersagen der umgestellten Reihen schw\u00e4cher waren als f\u00fcr das Hersagen der unver\u00e4nderten Reihen. Dagegen spielte die unmittelbare Association zwischen der Endsilbe eines Abschnittes und Anfangssilbe des nachfolgenden Abschnittes bei beiden Reihenarten keine Rolle, weil ja der erhaltenen Instruction gem\u00e4fs die Anfangssilbe jedes Abschnittes von der Versuchsperson abgelesen wurde. Zeigt sich also in den Resultaten eine Differenz zu Gunsten der unver\u00e4ndert gelernten Reihen, so folgt, dafs die oben erw\u00e4hnten Associationen durch mittelbare Folge und die Associationen der Abschnitte mit ihren absoluten Stellen beim Hersagen eine merkbare Rolle gespielt haben. Die Resultate 1 waren folgende :\nunver\u00e4nderte Reihen umgestellte \u201e\nica\n8,5 \\\n11,1 )\nDiff. = \u2014 2,6\nU'c\n8,2\n10,5\n2,3\nEs ist zuzugeben, dafs im Ganzen erlernte Reihen hinsichtlich der Associationen, deren Wirksamkeit hier in eclatanter Weise nachgewiesen ist, nicht einen so grofsen Vortheil vor st\u00fcckweise erlernten Reihen besitzen, wie in dieser Versuchsreihe die unver\u00e4nderten Reihen in Vergleich zu den umgestellten Reihen besessen haben, aber immerhin bleibt aufser Zweifel, dafs das G-Verfahren jenen Associationen g\u00fcnstiger ist als irgend ein st\u00fcckweise vorgehendes Verfahren, und dafs hierin einer der Vorz\u00fcge des G-Verfahrens zu erblicken ist,\nIn den vorstehenden Ausf\u00fchrungen dieses und des vorigen Paragraphen haben wir nur sinnloses Material vor Augen gehabt. Nat\u00fcrlich gelten analoge Betrachtungen auch f\u00fcr sinnvolles Material, z. B. Strophen. Auch bei diesen hat das G-Verfahren den Vortheil, dafs die Associationen zwischen den einzelnen Abschnitten der Strophen sowie zwischen den ihren Sinn ausmachenden Vorstellungen und die Associationen der Abschnitte mit ihren absoluten Stellen von Anbeginn des Lesens an in der richtigen Weise gebildet werden, w\u00e4hrend bei dem st\u00fcckweise vorgehenden Verfahren zun\u00e4chst eine Reihe sch\u00e4dlicher Associationen zwischen den letzten Theilen der i8olirt gelesenen Abschnitte und ihren Anfangstheilen gestiftet werden.\n1 Die Versuchsreihe erstreckte sich \u00fcber nur acht Versuchstage. Sie wurde so bald abgebrochen, weil jeder Tag ganz deutlich den Vortheil der unver\u00e4nderten Reihen hatte erkennen lassen.","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 361\n\u00a7 14. Versuchsreihe 21. Ein weiterer Vortheil\ndes G-Verfahrens.\nIm Bisherigen haben wir gesehen, dafs das G-Verfahren vor dem N-Verfahren und dem S-Verfahren deshalb einen Vortheil voraus hat, weil die Association zwischen Endsilbe eines Abschnittes und Anfangssilbe des nachfolgenden Abschnittes und die Associationen durch mittelbare Folge, die sich zwischen den Silben verschiedener Abschnitte bilden, und auch die Associationen der Abschnitte mit ihren absoluten Stellen unter sonst gleichen Umst\u00e4nden beim Lesen im Ganzen st\u00e4rker ausfallen als dann, wenn das zu lernende Material st\u00fcckweise vorgenommen wird. Die nachstehende Versuchsreihe wird uns indessen zeigen, dafs hiermit die Vortheile des G-Verfahrens nicht ersch\u00f6pft sind. Sie wird zeigen, dafs das Lesen im Ganzen selbst dann etwas vortheilhafter ist als ein st\u00fcckweise vorgehendes Verfahren, wrenn man die Versuche so einrichtet, dafs die oben erw\u00e4hnten Associationen, soweit sie sich geltend machen, die Resultate zu Ungunsten der im Ganzen gelesenen Reihen und zu Gunsten der abschnittweise gelesenen Reihen beeinflussen.\nIn Versuchsreihe 21 (Versuchsperson Frl. Brinkmann, 30 Versuchstage) wurden drei Arten von 24silbigen Reihen erlernt, die ich kurz als die A-Reihen, B-Reihen, C-Reihen bezeichnen will. Jede A-Reihe wurde zun\u00e4chst sechs Mal hinter einander im Ganzen gelesen. Unmittelbar darauf wurde eine Pr\u00fcfung nach dem Ersparnifsverf\u00e4hren in der Weise vorgenommen, dafs die erste H\u00e4lfte der Reihe zuerst und die zweite H\u00e4lfte zuzweit isolirt gelernt wurde oder umgekehrt.1 Was die B-Reihen anbelangt, so wurde jede derselben in folgender Weise vorgenommen. Zun\u00e4chst wurde die erste H\u00e4lfte der Reihe drei Mal gelesen, hierauf sofort die zweite H\u00e4lfte gleichfalls drei Mal gelesen, dann wiederum die erste H\u00e4lfte und hierauf nochmals die zweite H\u00e4lfte je drei Mal gelesen. Nach den in dieser Weise vertheilten sechs Lesungen jeder Reihenh\u00e4lfte erfolgte sofort die Pr\u00fcfung nach dem Ersparnifsverfahren in genau derselben Weise wie bei den A-Reihen, d. h. es wurde zuerst die eine und dann die andere der beiden Reihenh\u00e4lften isolirt erlernt. Bei den C-Reihen endlich wurde in der Weise verfahren,\n1 Nat\u00fcrlich folgten die beiden hier erw\u00e4hnten F\u00e4lle (erste H\u00e4lfte zuerst, erste H\u00e4lfte zuzweit erlernt) in regelm\u00e4fsigem Wechsel auf einander.","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362\nLottie Steffens.\ndaf8 zun\u00e4chst die erste H\u00e4lfte der Reihe sechs Mal gelesen wurde, hierauf die zweite H\u00e4lfte gleichfalls sechs Lesungen erfuhr, und alsdann genau in derselben Weise wie bei den A- und B-Reihen die Pr\u00fcfung nach dem Erspamifsverfahren erfolgte.\nMan erkennt nun leicht Folgendes. Wie gesehen, wurden die A-Reihen zun\u00e4chst sechs Mal im Ganzen gelesen. Bei diesen Lesungen bildeten sich durch unmittelbare und mittelbare Folge Associationen zwischen den Silben der beiden Reihenh\u00e4lften, und auch jede der beiden Reihenh\u00e4lften konnte sich mit der Vorstellung associiren, an erster bezw. zweiter Stelle in der Reihe zu kommen. Die hier erw\u00e4hnten Associationen mufsten sich nun aber nicht als yortheilhaft, sondern als nachtheilig erweisen, wenn die Versuchsperson dazu \u00fcberging, die beiden Reihenh\u00e4lften isolirt zu erlernen. Denn in Folge jener Associationen war eine Tendenz vorhanden, auf die eine Reihenh\u00e4lfte immer die andere folgen zu lassen, und diese Tendenz konnte sowohl beim Lesen die Auffassung der zu erlernenden Reihenh\u00e4lfte st\u00f6ren als auch beim Beginn eines Hersageversuches sich als nachtheilig erweisen. Bei den B-Reihen hingegen war eine solche st\u00f6rende Tendenz nicht vorhanden, weil die Versuchsperson schon von vom herein jede Reihenh\u00e4lfte drei Mal unmittelbar hinter einander und nachher nochmals drei Mal hinter einander gelesen hatte, und in Folge dessen es ihr eine einigermaafsen gel\u00e4ufige Sache war, von dem Ende einer Reihenh\u00e4lfte unmittelbar zum Anf\u00e4nge derselben \u00fcberzugehen. Noch gel\u00e4ufiger mufste ihr dieser Uebergang bei den C-Reihen sein. Sollten also die H\u00e4lften der A-Reihen schneller gelernt worden sein als diejenigen der B- und C-Reihen, so kann dies nur darin seinen Grund haben, dafs es neben den in \u00a7 12 und 13 angef\u00fchrten Vorz\u00fcgen des G-Verfahrens noch einen weiteren Umstand giebt, der bei hinl\u00e4nglicher Gleichm\u00e4fsigkeit des Lemmateriales diesem Verfahren einen Vortheil sichert.\nF\u00fcr die Erlernung einer Reihenh\u00e4lfte wurden nun folgende Mittelwerthe erhalten:\niva uc\nbei\tden\tA-Reihen\t13,7\t12,7\n\u00bb\tn\tB- \u201e\t14,1\t13,0\nC- \u201e\t14,1\t14,0\n\u00ab","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 363\nDie H\u00e4lften der A-Reihen sind also in der That mit einer etwas geringeren Wiederholungszahl gelernt worden als diejenigen der B- und C-Reihen. Die Differenzen w\u00e4ren gr\u00f6fser gewesen, wenn die H\u00e4lften der A-Reihen nicht durch die oben erw\u00e4hnten Associationen benachtheiligt gewesen w\u00e4ren.\nEine n\u00e4here Ueberlegung zeigt leicht, worin der weitere, im Bisherigen noch nicht erw\u00e4hnte Vorzug des G-Verfahrens besteht, der sich auch noch in vorstehender Versuchsreihe 21 zu Gunsten der A-Reihen geltend machen konnte. Bei dem st\u00fcckweise vorgehenden Lernen werden die einzelnen Abschnitte der zu lernenden Strophe, Silbenreihe und dergleichen im Allgemeinen verschieden oft wiederholt Ferner ist die Art und Weise, wie die einzelnen Wiederholungen \u00fcber die Zeit des Lernens vertheilt werden, f\u00fcr die verschiedenen Abschnitte eine verschiedene. Es finden etwa die Wiederholungen des ersten Abschnittes haupts\u00e4chlich am Anf\u00e4nge, diejenigen des letzten Abschnittes dagegen vorzugsweise am Ende des Lernens statt, wobei die Zahl der ersteren Wiederholungen in der Regel gr\u00f6fser ist als diejenige der letzteren Wiederholungen. Ein einsichtiger Lerner wird hierbei bestrebt sein, die Zahl und die Vertheilung der Wiederholungen jedes Abschnittes so zu w\u00e4hlen, dafs beim Hersagen kein Abschnitt viel st\u00e4rker eingepr\u00e4gt ist als die anderen und so zu sagen ein \u00fcberfl\u00fcssiges Plus von St\u00e4rke des Eingepr\u00e4gtseins besitzt. Allein man hat bei einem derartigen st\u00fcckweise vorgehenden Verfahren gar keine Garantie daf\u00fcr, dafs man die Zahl und zeitliche Vertheilung der Wiederholungen jedes einzelnen Abschnittes gerade so treffe, dafs beim Hersagen wirklich alle Abschnitte der Strophe in gleichem Grade eingepr\u00e4gt sind und kein Abschnitt einen unn\u00f6thigen Ueberschufs von Wiederholungen erfahren hat; und es ist direct als sehr unwahrscheinlich zu bezeichnen, dafs man diese gleichf\u00f6rmige St\u00e4rke der Einpr\u00e4gungen der verschiedenen Abschnitte wirklich erreiche. Ganz anders bei dem G-Verfahren. Bei diesem ist die Zahl und die zeitliche Vertheilung der Wiederholungen (ein-schliefslich des Hersagens) f\u00fcr alle Abschnitte des zu erlernenden St\u00fcckes ganz dieselbe. Es ist z. B. die erste oder, ganz allgemein ausgedr\u00fcckt, die nte Wiederholung der ersten Zeile der zu erlernenden Strophe von dem Hersagen dieser ersten Zeile durch ann\u00e4hernd den gleichen Zeitraum getrennt, durch welchen die erste bezw. \u00abte Wiederholung der letzten Zeile von dem Her-","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364\nLottie Steffens.\nsagen dieser letzten Zeile getrennt ist. Es besitzt also das G-Verfahren bei hinl\u00e4nglicher Gleichm\u00e4fsigkeit des Lernmateriales auch deshalb einen Vorzug vor dem st\u00fcckweise vorgehenden Lern verfahren, weil es uns eine gr\u00f6fsere Gleichm\u00e4fsigkeit der Einpr\u00e4gungen der verschiedenen Abschnitte des zu erlernenden St\u00fcckes garantirt und uns mehr davor bewahrt, auf die Einpr\u00e4gung eines oder mehrerer Abschnitte ein \u00fcberfl\u00fcssiges Plus von Wiederholungen zu verwenden.\n\u00a7 15. Zusaramenfassende Vergleichung der beiden\nLernweisen.\nWenn wir eine Lernweise hinsichtlich ihres \u00f6konomischen Werthes beurtheilen wollen, so haben wir erstens darauf zu sehen, ob bei derselben die aufgewandte Lernarbeit (z. B. der Gesammtaufwand von Zeilenwiederholungen) in gr\u00f6fstm\u00f6glichem Maafse zur Herstellung und Verst\u00e4rkung der n\u00fctzlichen, d. h. beim Hersagen hilfreichen, Associationen dient. Gehen wir von diesem Gesichtspunkte aus, so zeigt sich, dafs das st\u00fcckweise vorgehende Lernverfahren hinter dem G-Verfahren deshalb zur\u00fccksteht, weil das erstere Verfahren (gem\u00e4fs den Ausf\u00fchrungen von \u00a7 12 und 13) bei gleicher Lernarbeit die Associationen, welche den Uebergang von einem Abschnitte zum n\u00e4chstfolgenden vermitteln, im Allgemeinen schw\u00e4cher ausfallen l\u00e4fst als das G-Verfahren.\nZweitens hat man darauf zu achten, inwieweit das betreffende Lemverfahren sch\u00e4dliche Associationen, d. h. solche Associationen stiftet, welche beim Hersagen hinderlich sind. Auch von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet stellt sich das st\u00fcckweise vorgehende Verfahren als das unvortheilhaftere heraus. Denn bei ihm werden, wie fr\u00fcher hervorgehoben, sch\u00e4dliche Associationen zwischen den Endtheilen und den Anfangstheilen der verschiedenen Abschnitte des zu erlernenden Ganzen hergestellt, w\u00e4hrend bei dem G-Verfahren derartige Associationen nicht gestiftet werden.\nDrittens haben wir das betreffende Lernverfahren darauf hin zu pr\u00fcfen, inwieweit es uns ein gleichm\u00e4fsiges Eingepr\u00e4gtwerden der verschiedenen Abschnitte garantirt und uns davor bewahrt, einen oder mehrere Abschnitte mit \u00fcberfl\u00fcssiger H\u00e4ufigkeit zu wiederholen. Wie oben gesehen, stellt sich auch von diesem Gesichtspunkte aus das st\u00fcckweise vorgehende Verfahren","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 365\nals das unvortheilhaftere heraus, falls das Lemmaterial von hinl\u00e4nglich gleichm\u00e4fsiger Beschaffenheit ist. Ist das Lernmaterial von erheblicher Ungleichm\u00e4fsigkeit, so hat das G-Verfahren den Nachtheil, wegen besonderer Schwierigkeit eines oder weniger Abschnitte allen \u00fcbrigen Abschnitten mehr Wiederholungen zu Theil werden zu lassen, als f\u00fcr ihre gen\u00fcgende Einpr\u00e4gung erforderlich sind.\nEndlich viertens ist klar, dafs der \u00f6konomische Werth einer Lemweise, wenigstens principiell genommen, auch von den Gesetzen abh\u00e4ngig ist, nach denen sich die Silbenassociationen oder sonstigen Associationen nach der Zahl und den zeitlichen Abst\u00e4nden der vorausgegangenen Wiederholungen bestimmen. Leider kennen wir diese Gesetze noch lange nicht in dem Grade, dafs wir im Stande w\u00e4ren uns bei einer Vergleichung der hier in Rede stehenden Lernweisen auf dieselben zu st\u00fctzen. Das folgende Capitel wird allerdings den Satz beweisen, dafs, wenn eine Anzahl von Wiederholungen \u00fcber einen Zeitraum von con-stanter L\u00e4nge in regul\u00e4rer Weise (d. h. in \u00e4quidistanten Gruppen von Wiederholungen1) zu vertheilen ist, alsdann dasjenige Verfahren das zweckm\u00e4fsigste ist, bei welchem die Wiederholungen in ausgiebigster Weise \u00fcber jenen Zeitraum vertheilt sind. Und es ist klar, dafs, wenn wir eine Strophe oder Silbenreihe im Ganzen lernen, alsdann die einzelnen Lesungen jedes Abschnittes \u00fcber den Zeitraum, den die ganze Erlernung erfordert, in ausgiebigster Weise vertheilt sind, indem jede Lesung eines Abschnittes von der nachfolgenden Lesung desselben Abschnittes durch ein Zeitintervall von ann\u00e4hernd constanter L\u00e4nge getrennt ist. Allein trotzdem k\u00f6nnen wir nicht mit Sicherheit behaupten, dafs das G-Verfahren auch dann als das zweckm\u00e4fsigste Verfahren anzusehen sei, wenn man von den drei ersten der hier angef\u00fchrten Gesichtspunkte ganz absehe und lediglich die Gesetze in Betracht ziehe, nach denen die Associationen von der Zahl und den zeitlichen Abst\u00e4nden der vorausgegangenen Wiederholungen abh\u00e4ngen. Denn das soeben angef\u00fchrte Gesetz ergiebt zwar, dafs wir z. B. hinsichtlich der Einpr\u00e4gung des ersten Abschnittes einer Strophe \u00f6konomischer verfahren, wenn wir die Wiederholungen desselben, wie dies beim G-Verfahren\n1 N\u00e4here Definition der regul\u00e4ren Vertheilungs weise und ihrer Ausgiebigkeit folgt im Eing\u00e4nge von \u00a7 16.","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\nLottie Steffens.\ngeschieht, in ausgiebigster Weise \u00fcber den ganzen Zeitraum der Erlernung vertheilen, als dann, wenn wir diese Wiederholungen bei Beginn und in der Mitte des Lernens cumuliren. Allein wir wissen nicht, ob der Nachtheil, den eine in dieser oder \u00e4hnlicher Weise stattfindende Cumulirung der Wiederholungen des ersten Abschnittes besitzt, f\u00fcr das Erlernen der ganzen Strophe nicht z. B. durch den Vortheil compensirt wird, den eine Cumulirung der Wiederholungen des letzten Abschnittes unmittelbar vor dem Hersagen bietet. Kurz, die Verh\u00e4ltnisse liegen beim st\u00fcckweise vorgehenden Verfahren zu complicirt, als dafs wir auf Grund des oben erw\u00e4hnten Satzes in der Lage w\u00e4ren hier eine Entscheidung zu treffen.\nWir haben es indessen auch nicht n\u00f6thig, uns hier mit irgend welchen Hypothesen \u00fcber die Associationsgesetze abzugeben. Denn die Ergebnisse meiner bisher angef\u00fchrten Versuchsreihen erkl\u00e4ren sich hinl\u00e4nglich aus den drei ersten der Gesichtspunkte, die wir im Vorstehenden als solche geltend gemacht haben, die bei Beurtheilung des \u00f6konomischen Werthes einer Lern weise in Betracht k\u00e4men. In allen meinen Versuchen hat das G-Verfahren schneller zum Ziele gef\u00fchrt als das st\u00fcckweise vorgehende Lernen.1 Der Vortheil des ersteren Verfahrens vor letzterem war allerdings vielfach nur gering, aber er zeigte sich eben in allen Versuchsreihen. Dieses Resultat erkl\u00e4rt sich in v\u00f6llig befriedigender Weise, wenn wir bedenken, dafs das st\u00fcckweise vorgehende Lernen bei gleicher Lernarbeit erstens die beim Hersagen n\u00fctzlichen Associationen nicht gleich stark entwickelt als das G-Verfahren, zweitens sch\u00e4dliche Associationen stiftet, welche beim G-Verfahren nicht hergestellt werden, und drittens ein hinl\u00e4nglich gleichm\u00e4fsiges Eingepr\u00e4gtwerden der verschiedenen Abschnitte nicht garantirt, und wenn wir andererseits in R\u00fccksicht ziehen, dafs das von mir benutzte Lemmaterial\n1 Nur an den ersten Tagen von Versuchsreihe 9, an denen die sinnlosen Silben f\u00fcr die Versuchsperson ein zu ungleichm\u00e4fsiges Lernmaterial darstellten, zeigte sich das Gegentheil. Ebbinohaub (a. a. O. S. 69) bemerkt, dafs er englische Stanzen mit gr\u00f6fserem Zeitaufwande gelernt habe, wenn er sie nur im Ganzen gelernt habe, als dann, wenn er schwierige Stellen besonders gelernt und dann eingef\u00fcgt habe. Offenbar entbehrte auch in diesem Falle, wenigstens f\u00fcr die deutsche Versuchsperson, das benutzte englische Lernmaterial derjenigen Gleichm\u00e4fsigkeit, welche mein Lernmaterial im Allgemeinen besafs.","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom '\u00f6konomischen Lernen. 367\nnicht diejenige vollkommene Gleichm\u00e4fsigkeit besafs, bei welcher die Vorz\u00fcge des G-Verfahrens in vollem Maafse hervortreten m\u00fcssen.1\nEs ist nicht zu \u00fcbersehen, dafs sich bei meinen Versuchen das Lernen im Ganzen als das vorteilhafteste Verfahren nur f\u00fcr den Fall herausgestellt hat, dafs das jeweilig zu erlernende St\u00fcck nicht mehr umfafst als zwei neunzeilige Strophen oder eine 24silbige Silbenreihe. Wie sich die Sache bei gr\u00f6sserem Umfange der zu erlernenden St\u00fccke verhalten wird, ist nat\u00fcrlich nicht von vornherein festzustellen und bestimmt sich ganz nach dem Grade von Gleichm\u00e4fsigkeit, den das benutzte Lernmaterial besitzt. F\u00fcr den Fall einer idealen Gleichm\u00e4fsigkeit des benutzten Materiales ist nach den oben ausgef\u00fchrten Gesichtspunkten zu vermuthen, dafs der Vortheil des G-Verfahrens absolut genommen um so gr\u00f6fser sei, eine je gr\u00f6fsere L\u00e4nge das zu erlernende St\u00fcck besitze.\nWenn man ein St\u00fcck gr\u00f6fseren Umfanges zu lernen hat, so wird man meist nicht in der Weise verfahren, dafs man, wie es bei allen meinen bisher besprochenen Versuchen der Fall war, die Wiederholungen ohne Unterbrechung bis zur vollst\u00e4ndigen Erlernung des ganzen St\u00fcckes fortsetzt, sondern man wird die Lernarbeit auf mehrere Zeitabschnitte, die durch l\u00e4ngere Ruhepausen (von z. B. 24 Stunden) von einander getrennt sind, vertheilen. Auch f\u00fcr diesen Fall lassen die oben angef\u00fchrten, an der Hand unserer Versuche gewonnenen Gesichtspunkte vermuthen, dafs bei hinl\u00e4nglicher Gleichm\u00e4fsigkeit des Lernmateriales das Lernen im Ganzen dasjenige Verfahren ist, welches bei gegebener L\u00e4nge der Ruhepausen und der Zeitabschnitte, w\u00e4hrend welcher das Lesen und Lernen stattfindet, am schnellsten zum Ziele f\u00fchrt.\nMit dem Bisherigen habe ich versucht einen Beitrag zur Beantwortung der Frage zu liefern, welches Verfahren f\u00fcr die\n1 Mit Obigem m\u00f6chte ich die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen haben, dafs der Vortheil des G-Verfahrens gelegentlich auch noch auf dem Umstande beruhe, dafs die Versuchsperson bei diesem Lernverfahren weniger in Versuchung kommt, nur rein motorisch zu lernen und den eventuellen Sinn und die akustischen und visuellen Eindr\u00fccke des zu Erlernenden zu vernachl\u00e4ssigen. Man kann sich denken, dafs, wenn Jemand einen kurzen Abschnitt einer Strophe oder Silbenreihe oft hinter einander wiederholt, er sehr leicht Gefahr l\u00e4uft, die letzten Wiederholungen dieses Abschnittes rein mechanisch zu vollziehen.","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"368\nLottie Steffens.\nErlernung eines gegebenen St\u00fcckes das zweckm\u00e4fsigste sei. Eine andere Frage ist die, welches Verfahren der Erlernung f\u00fcr das Behalten das g\u00fcnstigste sei. Ein Eingehen auf diese Frage geh\u00f6rt nicht zu meiner Aufgabe. Nat\u00fcrlich ist es nicht schwer, auf Grund der im Bisherigen gewonnenen Gesichtspunkte plausible Vermuthungen in dieser Hinsicht zu \u00e4ufsern.\nCapitel IV.\nFeber die zweckm\u00e4fsigste Art regul\u00e4rer Yertheilung der Wiederholungen \u00fcber eine constante Zeit.\n\u00a7 16. Versuchsreihe 22\u201427.\nEmpirischer Beweis des Satzes, dafs bei regul\u00e4rer Vertheilung der Wiederholungen \u00fcber einen gegebenen Zeitraum die ausgiebigere Vertheilung zugleich die yortheilhaftere ist.\nWird eine gegebene Anzahl von Wiederholungen eines zu erlernenden St\u00fcckes \u00fcber einen Zeitraum von gegebener L\u00e4nge, an dessen Ende eine Pr\u00fcfung der gestifteten Associationen nach der Ersparnifsmethode oder nach der Treffermethode stattfindet, in der Weise vertheilt, dafs die Wiederholungen in Gruppen stattfinden, welche s\u00e4mmtlieh gleich viele Wiederholungen umfassen und durch ein Zeitintervall von constanter L\u00e4nge von einander, bezw. von dem Beginne der Pr\u00fcfung getrennt sind, so nenne ich dies eine regul\u00e4re Vertheilung der Wiederholungen \u00fcber den betreffenden Zeitraum. Eine solche regul\u00e4re Vertheilung ist offenbar als eine um so ausgiebigere zu bezeichnen, je gr\u00f6fser die Zahl der \u00e4quidistanten Gruppen von Wiederholungen ist. Sie ist am ausgiebigsten, wenn jede Gruppe nur eine Wiederholung umfafst, mithin die Zahl der Gruppen die maximale ist, und am wenigsten ausgiebig, wenn alle Wiederholungen am Anf\u00e4nge des betreffenden Zeitraumes cumulirt werden. Blickt man nun auf unsere Beschreibung von Versuchsreihe 21 (S. 41 f.) zur\u00fcck, so erkennt man leicht, dafs in allen F\u00e4llen, wo die erste H\u00e4lfte der sechs Mal gelesenen Silbenreihe vor der zweiten H\u00e4lfte mittels der Ersparnifsmethode gepr\u00fcft wurde, die sechs vorausgeschickten Wiederholungen der ersten","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge. zm^Lehr\u00e8. vom \u00f6konomischen Lernen.\nIJ\u00e4lft\u00f6 fit f \u00eagul\u00e2r\u00ebr Weise 'veifh\u00e9ilkrw\u00e2ren.: foDer? Zeitraum:, \u25a0 \u00fcben welchen die regul\u00e4re Verthe\u00fcung.stattfandp war; bei den ersteh) H\u00e4lften der 'A% B- und C?Reihen ; ganz derselb\u00e9 ,. aber die / Ausgiebigkeit . der ; Vertheilung .War bei den ersten . H\u00e4lften deir B-Reihen greiser als bei denjenigen der \u2019 C-Reiherb und: beifdehb jenigen der A-Reihen noch grofser als bei* denjenigen den B-ReiheiL \u25a0 Denn bei den ersten H\u00e4lften der : A-Reihen .* zerfielen\ndin sechs vomusgeschickten Wi\u00e9derhblung\u00ean in: 'sechs. Gruppen,:' deren jede nur : eine Wiederholung umfafste, und\u2019 d\u00e2s constante: Zeitintervall war gleich der Zelt, welche die: Lesung einer Reihe\u00fcb h\u00e4lfte v umfafste, * Bei : den nisten \u2022 H\u00e4lften . der \u25a0 B-Reihen fanden!\ndie; sechs vorausg'eschickten Wiederholungen \u25a0ine zwei Gruppen von j e drei Wiederholungen statt; und das : constante ' Zeifintorvalb war gleich der Zeit, welche drei Lesungen einer Reihen h\u00e4lfte\u00ab in Anspruch, nahmen : Die sechs vorausgeschickten! Wieder*\u2019 holungen der ersten H\u00e4lfte einer \u2018O-Keihe endlich' wurden/ \u2022cmnutirt. und waren durch die Zeit, welche sechs Lesungen einer Reihenh\u00e4lfte beanspruchten, von dein -Beginne; - der \"Pr\u00fcfung ged tyennt,... N\u00fcn wurde l die erste: H\u00e4lfte einer Reihe in dein ange-f geb\u00e9nen Falle (bei: Pr\u00fcfung: vor der zweiten H\u00e4lfte): wenigstens\u00bb den Central w\u00ebrthen ' \u2022 nach schneller erlernt , wenn es sich nur \u25a0eineA-Reihe handelte als dann, wenn: es sich um eine B- oder C-Reihe handelte1, 'obwohl, wie. auf B. 42 n\u00e4her ausgef\u00fchrt/ die:? ersten H\u00e4lften der A-Reihen durch die Associationen mit den:\nzweiten H\u00e4lften eine Benachtheiligung hinsichtlich. der Erlern? barkeit erfuhren, welche bei den B-Reihen und C-Reihen1 gaf> nicht oder wenigstens nicht in gleichem Grade vorhanden war; Es : wurden also die ersten. H\u00e4lften der A-Reihen, deren voraus-geschickte sechs Wiederholungen die ausgiebigste regul\u00e4re Ver-theilung erfahren hatten, trotz der erw\u00e4hnten Bonachtheiligung/ schneller oder wenigstens gleich schnell, erlernt wie die ersten/ H\u00e4lften der B- und C-Reihem Dies erweckte in mir die Verv muthung, dafs vielleicht .ganz allgemein von allen Arten fegn* l\u00e4rer Vertheilung einer gegebenen Zahl von Wiederholungen) \u00fcber einen Zeitraum von constanter L\u00e4nge die ausgiebigste Vertheilungsform zugleich, die f\u00fcr die Erlernung -zweckm\u00e4f sigste : sei J In Einkl\u00e4nge . zu dem allgemein gehaltenen Titel meiner Ab* \u2018\n1 Der Centralwerth ive \u2019 betr\u00fcg f\u00fcr die ersten H\u00e4lften der :A-, B-, C-Reihen 12,0, 12,16, 13.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 22.\n24","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"37#\nLottie Steffens.\nHandlung beschloss ich auch noch in eine experimentelle Pr\u00fcfung dieser Vermuthung einzutreten.\nIn der zun\u00e4chst unternommenen Versuchsreihe 22 (Versuchsperson Laura Steffens, 15 Versuchstage) stellte ich mir die Aufgabe, das Verfahren so einzurichten, dafs der Nachtheil eliminirt werde, den in Versuchsreihe 21 die erste H\u00e4lfte einer A-Reihe dem auf S. 42 Bemerkten gem\u00e4fs insofern besessen hatte, als sie durch die sechsmalige Lesung der ganzen A-Reihe mit der zweiten H\u00e4lfte derselben fest associirt war. Ich erreichte dies und schlofs \u00fcberhaupt jene die Erlernung der ersten Reihenh\u00e4lften st\u00f6renden Associationen derselben mit den zweiten Reihenh\u00e4lften v\u00f6llig aus, indem ich die zweiten Reihenh\u00e4lften einfach durch Ruhepausen von ganz entsprechender L\u00e4nge ersetzte. Es wurden also auch drei Arten von Reihen, die wir Wiederum als A-, B- und C-Reihen bezeichnen wollen, gelernt, und zwar gen\u00fcgten bei der genannten Versuchsperson achtsilbige Reihen. Jede A-Reihe wurde zun\u00e4chst ein Mal gelesen, hierauf trat eine Ruhepause ein, welche die Zeit der n\u00e4chsten Trommel-rotation in Anspruch nahm *, alsdann fand wiederum eine Lesung der Reihe statt, hierauf folgte wieder eine Ruhepause von einer Rotationsdauer u. s. f., bis sechs Lesungen der Reihe und sechs-Ruhepausen vor\u00fcber waren. Alsdann wurde die Reihe ununterbrochen so lange wiederholt, bis sie fehlerfrei hergesagt werden konnte. Eine B-Reihe erfuhr zun\u00e4chst drei unmittelbar auf einander folgende Lesungen, hierauf kam eine Ruhepause von-der Dauer von drei Trommelrotationen, alsdann abermals drei Lesungen der Reihe, nach denselben wiederum eine Ruhepause von der soeben angegebenen L\u00e4nge, und hierauf wurde die Reihe ohne Unterbrechung so oft gelesen, bis sie hergesagt werden konnte. Jede C-Reihe endlich wurde zun\u00e4chst sechs Mal unmittelbar hinter einander gelesen, alsdann trat eine Ruhepause von der Dauer von sechs Trommelrotationen ein, und hierauf wurde die Reihe ohne Unterbrechung so oft gelesen, bis sie hergesagt werden konnte.\nBei einer Trommelrotation, w\u00e4hrend welcher eine Reihe gelesen wurde, war selbstverst\u00e4ndlich der vor der rotirenden Trommel befindliche Schirm so gestellt, dafs der in dem Schirme\n1 Die Geschwindigkeit der Trommelrotation wnrde selbstverst\u00e4ndlich w\u00e4hrend der ganzen Versuchsreihe constant erhalten.","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 371.\nbefindliche Ausschnitt sich direct vor der zu lesenden Reihe W* fand. W\u00e4hrend einer Ruhepause jedoch war der Schirm so verschoben, dafs die Versuchsperson nur unbeschriebenes Papier erblicken konnte. Die Versuchsperson lernte sechs Reihen t\u00e4glich, zwei von jeder Art Folgende Resultate wurden erhalten1;\n\tWm\tw.\nA - Reihen\t7,2\t6,1\nB- .\t8,6\t7,9\nc- .\t9,3\t8,2\nVersuchsreihe 23 (24 Versuchstage) diente demselben Zwecke wie vorstehende Versuchsreihe 22 und unterschied sich von derselben nur dadurch, dafs die Versuchsperson (FrL Beihk-mann) eine andere war, dafs die Reihen aus zw\u00f6lf Silben be-standen, und dafs die Ruhepausen zwischen den Lesungen oder Gruppen von Lesungen f\u00fcnf Mal so lang waren wie in Versuchsreihe 22. Bei einer A-Reihe besafs also jede der sechs Ruhepausen, die zwischen die ersten sieben Lesungen der Reihe fielen, die Dauer von f\u00fcnf Trommelrotationen. Bei einer B-Reihe kam sowohl nach der ersten als auch nach der zweiten Gruppe von je drei Lesungen eine Ruhepause, welche 15 Trommel-Fatationen in Anspruch nahm. Bei einer C-Reihe endlich lag zwischen de\u00bb 6. und 7. Lesung eine Ruhepause von der Dauer von 30 Rotationen. Es ergaben sich folgende Mittelwerthe :\n\t\u00ab4.\tW>c\nA - Reihen\t5,6\t5,1\nB- .\t6,7\t5,2\nc- \u201e\t7,6\t5,8\nIch hebe hervor, dafs von den C-Reihen keine, von den R-Reihen nur zwei, hingegen von den A-Reihen neun mit weniger als neun Wiederholungen gelernt wurden.\nEs erhob sich nun die Frage, ob die A-Reihen auch dann schneller als die B-Reihen und diese schneller als die C-Reihen gelernt werden, wenn man den Ruhepausen nicht blos die Zeit-\n1 Hier bedeutet w nur die Zahl derjenigen unmittelbar auf einander folgenden Wiederholungen einer Reihe, welche nach den vorausgeschickten sechs Lesungen fflr die Erlernung erforderlich waren. Analog ist die Bedeutung von w in allen nachstehenden Versuchsreihen.\n24*","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372\nLottie Steffen*.\ndatier yon einigen Trommetrotationen, sondern die Dauer von ganzen Tagen giebt. Die zur Beantwortung dieser Frage dienenden Versuchsreihen 24 und 25, deren jede 36 Versuchs-: tage umfafste, wurden in ganz gleicher Weise durchgef\u00fchrt. Nur der Unterschied bestand, dafs in der Versuchsreihe 24 die Versuchsperson (Frau Bauinspector Schmidt) Strophen1 von \u201eChilde Harold\u201c auswendig lernte, w\u00e4hrend in Versuchsreihe 25 die Versuchsperson (La\u00fcka Steffens) achtsilbige Reihen zu lernen hatte. Jede A-Strophe (A-Reihe) wurde zun\u00e4chst an jedem von sechs unmittelbar auf einander folgenden Tagen ein Mal gelesen und dann am 7. Tage erlernt. Jede B-Strophe (R-Reihe) erfuhr zun\u00e4chst an einem Tage und hierauf wiederum am 4. Tage drei unmittelbar auf einander folgende Lesungen und wurde dann' am 7. Tage erlernt. Jede C-Strophe (C*Reihe) erfuhr zun\u00e4chst sechs unmittelbar auf einander folgende Lesungen und wurde dann nach Verlauf von sechs Tagen erlernt. Endlich wurde an jedem der letzten acht Versuchstage aufser einer A-, B-, C-Strophe (Reihe) auch noch eine ganz neue Strophe (Reihe), welche kurz als die D-Strophe (D-Reihe) bezeichnet werden mag, erlernt Die erhaltenen Mittelwerthe (von je 30 Einzelbestimmungen von w bei den A-, B-, C-Strophen oder -Reihen und von nur acht Einzelbestimmungen bei den D-Strophen oder -Reihen) waren folgende :\nVersuchsreihe 23.\n\ttva\tHe\nA - Strophen\t5,2\t4,7\nB- .\t5,3\t4,7\nc- \u201e\t5,3\t4,9\nD- \u201e\t6,5\t6,5\nVersuchsreihe\t\t24.\n\tWa\twe\nA - Reihen\t10,1\t9,5\nB- .\t10,6\t9,6\nc- \u201e\t10,8\t10,3\nD- \u00bb\t12,5\t11,5\n1 Da diese Versuchsperson bo gar schnell lernte, hielt ich es f\u00fcr an-igt, in dieser Versuchsreihe die stets im Ganzen zu wiederholenden ke aus je zwei unmittelbar auf einander folgenden Strophen bestehen issen.","page":372},{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 378\nWie man sieht; sind die 'Differenzen, wenigstens in Versuchsreihe 24; nur sehr klein und. nicht beweiskr\u00e4ftig. Der Fehler des von mir benutzten Verfahrens kam* mir erst mitten in der Versuchsreihe zum Bewufstsein. Es ist n\u00e4mlich die Zahl :von nur sechs \u00fcber sechs Tage vertheilten Wiederh\u00f6lungeii eine zu geringe, als dafs die Art und Weise der Vertheilung dieser Wiederholungen sich in erheblichen Differenzen der bewirkten Ersparnisse an Wiederholungen \u00e4ufsem k\u00f6nnte, zumal bei einer Versuchsperson, welche so schnell lernt, wie die Versuchsperson von Versuchsreihe 24, und bei welcher demgem\u00e4fs hohe numerische Betr\u00e4ge irgend welcher Ersparnisse \u00fcberhaupt nicht zu erwarten sind. Um mich davon zu \u00fcberzeugen, dals den sechs \u00fcber sechs Tage vertheilten Wiederholungen in der That keine betr\u00e4chtlichen Ersparnisse entsprachen, habe ich an den letzten acht Versuchstagen die Versuche mit den ganz neu zu erlernenden D-Strophen (D-Reihen) hinzugef\u00fcgt Wie man sieht, sind in der That in Versuchsreihe 23 die Mittelwerthe f\u00fcr die D-Strophen nicht um zwei Einheiten gr\u00f6fser ausgefallen als f\u00fcr die anderen Arten von Strophen.\nDie soeben erw\u00e4hnte Unzul\u00e4nglichkeit sollte nun in den beiden nachfolgenden Versuchsreihen m\u00f6glichst ausgeschlossen werden. In Versuchsreihe 26 (Versuchsperson Laura Steffens, 20 Versuchst\u00e4ge) wurde die Zahl der Wiederholungen jeder Reihe auf 12 erh\u00f6ht, und die Vertheilung dieser Wiederholungen fand nur \u00fcber vier Tage statt. Nur zwei Arten acht-silbiger Reihen wurden gelernt. Eine Reihe der ersten Art wurde zun\u00e4chst an jedem von vier auf einander folgenden Tagen drei Mal hinter einander gelesen und dann am 5. Tage erlernt Eine Reihe der zweiten Art wurde zun\u00e4chst am 1. und 3. Tage je sechs Mal gelesen und am 5. Tage gleichfalls erlernt Die beiden Reihenarten ergaben (bei je 32 Einzelbestimmungen von to) folgende Mittelwerthe:\nM\u2019a\twc\nerste Art\t8,6\t8,0\nzweite Art\t9,3\t8,5\n*\nIrf Versuchsreihe 27 (Versuchsperson Frl. Bbinkmann, 14 Versuchstage) wurden gleichfalls nur zwei Arten von Reihen erlernt Eine Reihe der erstell Art wurde an jedem von vier","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"Lottie Steffens,\n374\nauf einander folgenden Tagen je f\u00fcnf Mal unmittelbar hintereinander gelesen und am 5. Tage erlernt. Eine Reihe der zweiten Art wurde am 1. und 3. Tage je zehn Mal gelesen und gleichfalls am 5. Tage gelernt. Die beiden (zw\u00f6lf silbigen) Reihenarten ergaben (bei je 20 Einzelbestimmungen von w) folgende Resultate :\nwa\tivc\nerste Art\t3,5\t2,9\nzweite Art\t4*8\t4,3\nSowohl die Resultate von Versuchsreihe 26 als auch ganz besonders die vorstehenden Resultate dieser Versuchsreihe 27 sind eine sch\u00f6ne Best\u00e4tigung des Satzes, dafs bei regul\u00e4rer Ver-theilung der Wiederholungen \u00fcber einen Zeitraum von con-stanter L\u00e4nge die ausgiebigere Vertheilung zugleich die f\u00fcr die Erlernung vorteilhaftere ist. Wir haben diesen Satz in Versuchsreihen 21\u201423 als g\u00fcltig f\u00fcr kurze Zeitr\u00e4ume, jetzt aber in vorstehenden Versuchsreihen 24\u201427 auch als g\u00fcltig f\u00fcr lange Zeitr\u00e4ume erkannt.\n\u00a7 17. Ableitung des im Vorstehenden auf gestellten Satzes aus dem Gesetze, nach weichem der Ersparnis werth der Associationen abklingt.\nIch stelle hier folgenden Satz auf:\nSind zwei Associationen von verschiedener St\u00e4rke, so f\u00e4llt der Ersparnifswerth der schw\u00e4cheren Association (absolut genommen) in der Zeit langsamer ab, soweit nicht ein Altersunterschied der beiden Associationen ein gegenteiliges Verhalten bedingt.\nIn diesem Paragraphen werde ich zeigen, wie uns dieser Satz verstehen l\u00e4fst, dafs bei regul\u00e4rer Vertheilung der Wiederholungen \u00fcber einen constanten Zeitraum die ausgiebigere Vertheilung zugleich die f\u00fcr die Erlernung g\u00fcnstigere ist. In dem n\u00e4chsten Paragraphen werde ich den empirischen Nachweis erbringen, dafs der soeben aufgestellte Satz in der That g\u00fcltig ist. r Der ersten mir hier gestellten Aufgabe entspreche ich da-dadureh, dafs ich zeige, wie das hier aufgestellte Gesetz \u00fcber den zeitlichen Abfall 5 des Ersparnifswerthes der Associationen es","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom. \u00f6konomischen Lernen.\t'375\nmit sich brachte, dafs z. B. in Versuchsreihe 27 die Reihen der ersten Art, welche an jedem von vier auf einander folgenden Tagen je f\u00fcnf Mal gel\u00e9sen wurden, am 5. Tage mit einer ; geringeren Anzahl von Wiederholungen erlernt wurden als. die Reihen der zweiten Art, welche am ersten und dritten Tage je zehn Lesungen erfuhren.\nIn nachstehender Zeichnung stellt die Abscisse die verlaufende Zeit dar. Die (vom Nullpunkte aus gerechnete) Strecke xx stellt die Stunden des ersten Tages dar, und die Strecke entspricht den 24 Stunden des zweiten Tages. Die mit y und z bezeichneten Ordinatenwerthe sollen die zu den betreffenden Abscissenwerthen zugeh\u00f6rigen Ersparnifswerthe der Associationen darstellen, welche durch die bisherigen Lesungen einer Reihe der ersten bezw. zweiten Art bewirkt worden sind. Und ; zwar stelle y0 den Ersparnifswerth dar, welchen die Associationen, die durch die am ersten ' Tage vollzogenen f\u00fcnf Lesungen einer Reihe der ersten Art gestiftet worden sind, unmittelbar nach Beendigung der letzten dieser f\u00fcnf Lesungen besitzen.\nIn entsprechender Weise rfepr\u00e4sentire z() den Ersparnifswerth, welchen die Associationen, die durch die am ersten Tage vollzogenen zehn Wiederholungen einer Reihe der zweiten Art; her-gestellt worden sind, Unmittelbar nach der letzten dieser zehn Wiederholungen besitzen.\nNach dem oben auf gestellten Satze mjifs nunVon dem Werthe z0 aus schneller abfallen als 2/von dem ; W\u00e9rth\u00e9 \u00ab/oi\u00e0b-f\u00e4llt, so dnfs nach Verlauf von 24 St\u00fcnden & bis aufden Werth 2;i und /y bis auf den Werth herabgesunkeii ist, wobei die Differenz zx\u2014yx kleiner als die Differenz z0\u2014y0 sein mufs. Nachdem 2 den Werth, % und y den Werth ^ erreicht hat, er-","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"Lottie Steffens.\n\u00a376\nf\u00e4hrt die Reihe der ersten Art nochmals f\u00fcnf Lesungen. Be erf\u00e4hrt also y,, der Ersparnifswerth der Associationen der letzteren Reihe, einen Zuwachs, der gleich f\u00fcnf Einheiten oder gleich der Differenz z0\u2014y0 ist; es steigt y von dem Werthe y, auf den Werth y\\ empor. Von diesem Zeitpunkte' ab wird y dem oben auf gestellten Gesetze gem\u00e4fs schneller abfallen als a, -we\u00fc eben y\\ betr\u00e4chtlich gr\u00f6fser ist als zx. Allein man erkennt leicht, dafs die Abnahme, welche y innerhalb der nachfolgenden 24 Stunden erf\u00e4hrt, \u00fcber die Abnahme, welche z innerhalb derselben Zeit erleidet, nicht in dem Grade \u00fcberwiegen wird, dais nach Verlauf der zweiten 24 Stunden y einen gleichen Werth besitzt wie z. Es wird vielmehr ya gr\u00f6fser sein als z2. Man denke sich z. B., dafs die y-Gurve von dem Werthe \u00ffx aus 'nach ganz demselben Gesetze abfalle, nach welchem die z-Curve von dem Punkte Q aus abf\u00e4llt, welcher in gleicher H\u00f6he liegt \u25a0.wie yV Alsdann ist klar, dafs eine in dem Punkte xt auf \u2022der Abscissenaxe errichtete Senkrechte von der y-Curve in einem h\u00f6heren Punkte geschnitten werden wird als von der z-Curve.\nAllerdings kann man vielleicht sagen, dafs die y-Curve von dem Punkte y\\ aus nach dem zweiten Jost\u2019sehen Satze1 schneller abfallen k\u00f6nne, als die z-Curve von dem Punkte G aus abf\u00e4llt. Denn dieser Satz besage, dafs von zwei gleich starken Associationen die \u00e4ltere langsamer abf\u00e4llt als die j\u00fcngere. Nun bes\u00e4fsen aber die Associationen der Reihe der zweiten Art zu dem Zeitpunkte, wo ihr Ersparnifswerth gleich G ist, schon ein gewisses Alter, w\u00e4hrend die Associationen der Reihe der ersten Art zu der Zeit, wo ihr Ersparnifswerth y\\ ist, zu einem wesentlichen Theile auf soeben erst vollzogenen Wiederholungen beruhten. Folglich sei es nicht ausgeschlossen, dafs die y-Curve von dem Punkte \u00fft aus schneller abfalle, als die z-Curve von dem Punkte G aus abf\u00e4llt.\nDem hier angedeuteten Gesichtspunkte kann man indessen entgegenhalten, dafs die Associationen der Reihe der ersten Art zu der Zeit, wo ihr Ersparnifswerth y\\ ist, allerdings zu dem einen Theile auf soeben erst vollzogenen Lesungen beruhen, zu dem anderen Theile hingegen auf Lesungen beruhen, welche vor nicht weniger als 24 Stunden stattgefunden haben. Hiernach er-\n1 Man vergleiche Zeitschr. f. Psychol. 14,- S. 466.","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00d6konomischen Lernen. -377\nscheint \u00e4ufserst fraglich, ob man zu der Behauptung berechtigt ist, dafs die Associationen der Reihe der ersten Art zu dem Zeitpunkte, wo ihr Ersparnifswerth gleich y\\ ist, im Sinne des \u2022 obigen JosT\u2019schen Satzes ein geringeres Alter bes\u00e4fsen, als die Associationen der Reihe der zweiten Art zu der Zeit besitzen, wo ihr Ersparnifswerth gleich G ist.\nFalls also wirklich der Satz gilt, dafs, soweit nicht ein wesentlicher Altersunterschied der Associationen ein gegenteiliges Verhalten bedingt, der Ersparnifswerth einer schw\u00e4cheren Association langsamer abkhngt, als derjenige einer st\u00e4rkeren, so wird nach Verlauf von 48 Stunden der Ersparnifswerth y% gr\u00f6fser als 2, sein. Und man erkennt leicht, dafs ganz analoge Betrachtungen, wie wir im Vorstehenden angestellt haben, f\u00fcr den Verlauf wiederkehren, den die beiden Erspamifswerthe y und z w\u00e4hrend des jeweiligen dritten und vierten Tages nehmen. Es wird also in der That eine G\u00fcltigkeit des obigen Satzes sich dahin geltend machen, dafs am 5. Tage die Reihe der ersten Art mit weniger Wiederholungen gelernt wird, als die Reihe der zweiten Art\nNat\u00fcrlich wird hier nicht in Abrede gestellt, dafs innerhalb gewisser Grenzen die ausgiebigere regul\u00e4re Vertheilnng der Wiederholungen auch deshalb die vorteilhaftere ist, weil die Wiederholungen, die am Ende .einer zahlreichen Gruppe von Wiederholungen stattfinden, nur noch mit geringerer Frische und Aufmerksamkeit stattfinden, k\u00f6nnen, w\u00e4hrend die Wiederholungen, die einer minder zahlreichen Gruppe angeh\u00f6ren, von dem Einfl\u00fcsse der Erm\u00fcdung nicht in gleicher Weise getroffen werden. Dies ist indessen ein Gesichtspunkt, der nur in Betracht kommt, wenn eine bedeutende Anzahl von Wiederholungen in relativ wenigen Gruppen \u00fcber einen verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig langen Zeitraum zu vertheilen ist.\t>\n% 18. Versuchsreihe 28\u201431. Empirischer Nachweis der G\u00fcltigkeit des f\u00fcr das Abklingen der Ersparnifa-werthe aufgestellten Gesetzes.\nNach Vorstehendem bleibt mir nur noch die Aufgabe, das den soeben gegebenen Ausf\u00fchrungen zu Grunde gelegte Gesetz, dafs der Ersparnifswerth der st\u00e4rkeren von zwei gleich alten Associationen (absolut genommen) schneller in der Zeit abf\u00e4llt, als wirklich g\u00fcltig nachzuweisen.\nThats\u00e4chlich ergiebt sich die G\u00fcltigkeit dieses Gesetzes schon aus den Resultaten gewisser Versuche von Ebbinghaus. Derselbe","page":377},{"file":"p0378.txt","language":"de","ocr_de":"378\nLottU Steffens.\n(\u00e4. \u00e0. O. 8. 70 ff.) stellte Versuche dar\u00fcber an, in welcher Weise die Er8pamif8 an Wiederholungen, welche unmittelbar hinter einander vollzogene Lesungen einer 16 silbigen Silbenreihe nach 24 Stunden erzielen, von der Zahl dieser Lesungen abh\u00e4ngt. , Diese Versuche ergaben, dafe innerhalb gewisser Grenzen jene Ersparnis ungef\u00e4hr ein Drittel der Anzahl von Wiederholungen betrug, welche die Reihe vor 24 Stunden erfahren hatte. Dieses : Verhalten erstreckte sich bis etwa zu derjenigen Wiederholungszahl (n\u00e4mlich 64) hin, welche das Doppelte der f\u00fcr das Aus* wendiglemen durchschnittlich gerade erforderlichen Wieder-.holungszahl betrug. Jenseits dieser Grenze war das Verh\u00e4ltnifs -zwischen der erzielten Ersparnis und der Anzahl der vor -24 Stunden vollzogenen Wiederholungen ein um so geringeres, je gr\u00f6fser die letztere Wiederholungszahl war. Es ist klar, dais diese Resultate eine Best\u00e4tigung des obigen Gesetzes bedeuten. \u25a0Denn nach denselben mulsten z. B. 24 Wiederholungen einer Reihe nach 24 Stunden eine Erspamifs von 1/8 X 24, d. i. \u2022acht Wiederholungen liefern, w\u00e4hrend zw\u00f6lf Wiederholungen nach 24 Stunden eine Ersparnifs von 1[s X12, d. i. vier Wiederholungen ergeben mufsten. Der Erspamifewerth jener 24 Wiederholungen betrug unmittelbar nach Beendigung der letzten (24ten) rderselben 24, und der Erspamifswerth dieser zw\u00f6lf Wiederholungen war unmittelbar nach Beendigung der letzten (12ten) derselben gleich 12. Mithin sank der Ersparnifswerth jener 24 Wiederholungen innerhalb der ersten 24 Stunden um den Betrag 24\u20148, d. i. i 12. Der Ersparnifswerth der zw\u00f6lf Wiederholungen dagegen \u25a0verminderte sich innerhalb derselben Zeit um den Betrag 12\u20144, d. i. 8. Es erlitt also, ganz dem obigen Gesetze gem\u00e4fs, der Erspamifswerth der Associationen, welche durch 24 Wiederholungen gestiftet waren, innerhalb der 24 Stunden eine gr\u00f6fsere Einbufee als der Erspamifswerth der Associationen, welche durch zw\u00f6lf-malige Lesung einer Reihe hergestellt waren.\nBei der Wichtigkeit der Sache hielt ich es f\u00fcr angezeigt, \u2022selbst noch einige Versuchsreihen zur Pr\u00fcfung des obigen Satzes .anzustellen.\nt\t\u2022\nIn Versuchsreihe 28 (Versuchsperson L auka Steffens, *20 Versuchstage) wurden f\u00fcnf Arten von achtsilbigen Reihen gelernt. Eine A-Reihe wurde drei Mal hinter einander gelesen und nach einer Pause von der Dauer von 15 Trommelrotationen","page":378},{"file":"p0379.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 379\n\u2022gelernt, und zwar betrug die Dauer einer Trbmmelrotation bei diesen Versuchen 6,5 Sec\u00fcnden.1\nEine B-Reihe wurde sechs Mal gelesen lind gleichfalls nach 15 Trommelrotationen gelernt\nEine C-Reihe und eine D-Reihe wurde drei Mal bezw. sechs \u2022Mal gelesen und nach 60 Rotationen gelernt:\nEine E-Reihe endlich wurde direct ohne Zwischenschiebung irgend einer Pause erlernt.\nAn jedem Tage w\u00fcrde eine Reihe von jeder Art gelernt Selbstverst\u00e4ndlich fand an den verschiedenen Tagen ein angemessener Wechsel der Zeitlage statt.\nDie Mittelwerthe der Anzahl von Wiederholungen, welche f\u00fcr die unmittelbare Erlernung einer E-Reihe und f\u00fcr die nach Verlauf von 15 bezw. 60 Trommelrotationen stattfindende Erlernung einer A-, R-, C- oder D-Reihe erfordert wurden, waren folgende :\nA-Reihen\twa 9,6 )\tU>e 9,8 1 e gJ Diff. = 2,9\nB-\t7\u20197 J Diff. = 1,9\t\nc-. \u201e\t10,0 I sio } Dift = 2-\u00b0\t9,5 \\\np- *\t\t7\u2019x | Diff. = 2,4\nE- n \u2022\t13,7\t13,3.\nWenn der Erspamifswerth der ersten drei Wiederholungen einer A-Reihe und der Erspamifswerth der ersten sechs Wiederholungen einer B-Reihe parallel zu einander abfielen, so m\u00fcfste die Differenz beider Erspamifswerthe zu jeder Zeit den Werth drei besitzen, den sie besitzt, wenn wir den Zeitpunkt ins Auge \u2022fassen, wo die drei bezw. sechs Wiederholungen soeben vollendet sind. Thats\u00e4chlich ist aber diese Differenz nach Ablauf von 15 Rotationen kleiner als drei (durchschnittlich nur gleich 1,9), 'weil eben dem obigen Satze gem\u00e4fs der Erspamifswerth der sechs Wiederholungen schneller in der Zeit abf\u00e4llt als der Er-spamifswerth der drei Wiederholungen. \u2022 Entsprechendes lehrt ein Vergleich der Resultate, welche die C-Reihen und D-Reihen ergeben haben.\t* '\n1 Ausl\u00e4nder lesen die Silbenreihen nicht so schnell wie Deutsche, f\u00fcr\nwelche die Trommelrotation betr\u00e4chtlich schneller vor sich gehen kann.","page":379},{"file":"p0380.txt","language":"de","ocr_de":"380\nLottie Steffen\u00bb.\nLi Versuchsreihe 29 (Versuchsperson Herr Referendar Schmidt, 18 Versuchstage) wurden drei Arten zw\u00f6lfsilbiger Reihen gelernt Die A-Reihen und B-Reihen dieser Versuchsreihe entsprechen ganz den A- und B-Reihen der Versuchsreihe 28, nur bestand der Unterschied, dais in dieser Versuchsreihe 29 eine A-Reihe vier Mal und eine B-R\u00e8ihe acht Mal vor der Pause YOh 15 Trommelrotiationen gelesen wurde. Die C-Reihen dieser Versuchsreihe 29 entsprechen den E-Reihen der vorigen Versuchsreihe ; sie wurden also ohne Zwischenschiebung einer Pause direct gelernt Die (bei je 24 Einzelbestiminungen von *c) erhaltenen\nMittelwerthe waren folgende:\t\t-\n\u2022\tWa\tWe\nA-Reihen B- \u201e\t% ) M \u201c 2-8\t10,6 1 7;9jDi* = 2,7\nc- \u201e\t14,2\t14,1\nWenn der Erspamifswerth der vier ersten Wiederholungen einer A-Reihe und der Erspamifswerth der acht ersten Wiederholungen einer B-Reihe gleich schnell in der Zeit abgefallen w\u00e4ren, so. h\u00e4tte die Differenz dieser beiden Erspamifswerthe auch nach Verlauf der 15 Trommelrotationen gleich vier sein m\u00fcssen. Sie war aber, wie vorstehende Zahlen zeigen, erheblich kleiner, n\u00e4mlich durchschnittlich gleich -2,8.\nIn Versuchsreihe30 (Versuchsperson Frau Bauinspector Schmidt, 17 Versuchstage) und in Versuchsreihe 31 (Versuchsperson Frl. Brinkmann , 17 Versuchstage) war die L\u00e4nge der eingeschobenen Pause, welche in den beiden vorstehenden Versuchsreihen nur 15 oder 60 Trommelrotationen umfalst hatte, auf 24 Stunden erh\u00f6ht. In Versuchsreihe 30 wurde mit sinnvollem Material, in Versuchsreihe 31 mit 12 silbigen Silbenreihen operirt. In eraterer Versuchsreihe wurde an' jedem Versuchstage .eine A-Strophe, welche vor 24 Stunden drei Mal gelesen worden \u201ewar, eine B-Strophe, welche vor 24 Stunden sechs Lesungen erfahren hatte, und aufserdem eine noch gar nicht gelesene C-Strophe gelernt. In Versuchsreihe 31 lernte die Versuchsperson t\u00e4glich zwei A-Reihen, welche sie vor 24 Stunden schon f\u00fcnf Mal gelesen hatte, zwei B-Reihen, welche sie vor 24 Stunden zehn Mal gelesen hatte, und aufserdem zwei bisher noch nicht","page":380},{"file":"p0381.txt","language":"de","ocr_de":"Expei'imenteUc Beitr\u00e4ge.zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen. 381'\ngelesene G-Reih\u00e9n. Die \"Resultate beider Versuchsreihen waren folgende :\n* > \u2022\nVersuchsreihe 30.\n\u2022\tw*\t>\tU'c\t-\nA - Strophen B- \u201e .\t3,7} Dift = \u00b0\u20198 ; \u2022 \u00bb *\t3,5 3,3\t| Difi. = 0,2\nC-\u201e ; : *\t5,2\t' 4,7\t\ni\t*\tVersuchsreihe\t31.\t\u201c\n:\t: Wa\t'\tWe\t\nA-Reihen\t7,9 ) 7,0 j Di& = \u00b0>9\t7,1\tJ Diff. = 0,6\nB- \u201e\t\t6,5\t\nc- \u201e\t10,9\t10,7\t\nDiese Resultate best\u00e4tigen in eclatanter Weise unseren obigen Satz. Wenn der Erspamifswerth von drei (f\u00fcnf) Wiederholungen und der Ersparnifs werth von sechs (zehn) Wiederholungen gleich schnell in der Zeit abfielen, so mufste die Differenz beider Er-sparnifswerthe auch nach Ablauf der 24 Stunden noch gleich drei (f\u00fcnf) sein. Sie war in beiden Versuchsreihen aber durchschnittlich kleiner als eins. Es hatte eben in diesen beiden Versuchsreihen die ungleiche Abfallsgeschwindigkeit der beiden verschieden hohen Ersparnifswerthe mehr Gelegenheit, sich geltend zu machen als in den beiden vorhergehenden Versuchsreihen, weil in diesen beiden Versuchsreihen 30 und 31 der Zeitraum, nach dessen Ablauf die Ersparnifswerthe gemessen wurden, ein viel gr\u00f6fserer war als in den beiden vorhergehenden Versuchsreihen.\nF\u00fcr Diejenigen, welche k\u00fcnftighin auf diesem Gebiete Versuche an-stellen werden, m\u00f6chte ich eine Fehlerquelle nicht unerw\u00e4hnt lassen, welche mir bei den Vorversuchen zu Versuchsreihe 31 entgegentrat. Ich hatte bei diesen Vorversuchen der zwischen die Wiederholungen einer A- oder B-Reihe einzuschiebenden Pause die Dauer von 15 Rotationen gegeben. Die Folge davon war, dafs die Zahl der Wiederholungen, welche die Versuchsperson nach der Pause f\u00fcr die Erlernung einer B- Reihe brauchte, eine durchschnittlich nur sehr geringe war. Sobald der Versuchsperson eine B-Reihe nach der Pause wieder vorgef\u00fchrt wurde, erkannte sie sofort, dafs sie diese Reihe sehr schnell lernen werde, und dies gab ihr bei ihrem Ehrgeize Veranlassung, sich bei dem Lernen dieser Reihe","page":381},{"file":"p0382.txt","language":"de","ocr_de":"382\nLottie Steffens.\nnoch ganz 'besonders zusammenzunehmert. Bei den A- Reihen dagegen fehlte nach der Pause jener Eindruck der leichten Erlernbarkeit, und jn Eolge dessen verzichtete die Versuchsperson auf eine besondere Anstrengung beim Lernen, weil sie von einer solchen doch kein besonders gl\u00e4nzendes Ergebnifs erwartete. Dieses Verhalten, welches zeigt, wie mit einer auffallenden Leichtigkeit einer Reihe eine Neigung zu einer st\u00e4rkeren Anstrengung beim Lernen verbunden sein kann, gab mir Veranlassung, die L\u00e4nge jener Pause auf 24 Stunden zu erh\u00f6hen.\nZum Schl\u00fcsse ergreife ich noch die Gelegenheit, Herrn Professor G. E. M\u00fcller f\u00fcr die Unterst\u00fctzung, die er mir bei dieser Arbeit hat angedeihen lassen, meinen w\u00e4rmsten Dank auszusprechen. Ebenso danke ich an dieser Stelle auch den Herren und Damen, die so freundlich waren, mir als Versuchspersonen zu dienen.\n(Eingegangen am 6. November 1899.)\n","page":382}],"identifier":"lit31338","issued":"1900","language":"de","pages":"321-382","startpages":"321","title":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre vom \u00f6konomischen Lernen","type":"Journal Article","volume":"22"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:57:29.358115+00:00"}

VL Library

Journal Article
Permalink (old)
http://vlp.uni-regensburg.de/library/journals.html?id=lit31338
Licence (for files):
Creative Commons Attribution-NonCommercial
cc-by-nc

Export

  • BibTeX
  • Dublin Core
  • JSON

Language:

© Universitätsbibliothek Regensburg | Imprint | Privacy policy | Contact | Icons by Font Awesome and Icons8 | Powered by Invenio & Zenodo