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Aesthetische Einfühlung

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{"created":"2022-01-31T16:23:24.892790+00:00","id":"lit31367","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Lipps, Theodor","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 22: 415-450","fulltext":[{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"\u00c0esthetische Einf\u00fchlung.\nYon\nTheodoe LiPP8.\nEinleitung.\nDer Begriff der Einf\u00fchlung k\u00f6nnte zun\u00e4chst in einem sehr allgemeinen Sinne genommen werden. Ich habe Lust an einem Wahrgenommenen, etwa an der Farbe eines Gegenstandes. Im Uebrigen sei mir der Gegenstand gleichg\u00fcltig oder unangenehm. Dafs ich Lust an der Farbe des Gegenstandes habe, dies kann dann nicht einfach heifsen: Ich f\u00fchle Lust, w\u00e4hrend die Farbe in meinem Bewufstsein ist Denn andere Eigenschaften des Gegenstandes, z. B. seine Form, sind gleichzeitig in meinem Bewufstsein. Diesen gilt aber der Voraussetzung nach mein Lustgef\u00fchl nicht. Sondern, dafs ich an der Farbe des Gegenstandes Lust habe, dies besagt, dafs ich die Lust auf die Farbe des Gegenstandes mit Ausschlufs der \u00fcbrigen Eigenschaften desselben \u201ebeziehe\u201c. Und dies wiederum heifst: Ich appercipire die Farbe und hebe sie appercipirend heraus, und, indem ich dies thue, habe ich Lust\nUnd was ist die Apperception einer Sache, f\u00fcr mein unmittelbares Bewufstsein n\u00e4mlich? \u2014 Sie ist dies, dafs ich die Sache innerlich erfasse, habe, halte, oder, dafs ich damit innerlich befafst oder besch\u00e4ftigt bin, dafs ich innerlich \u201ein\u201c oder \u201ebei\u201c der Sache bin. Dies innerliche Darin- oder Dabeisein ist kein r\u00e4umliches, so wie \u00fcberhaupt dem Ich, von dem ich hier rede, keine r\u00e4umlichen Pr\u00e4dicate zukommen. Dasselbe l\u00e4fst sich auch nicht n\u00e4her beschreiben. Es ist genau das Darin- oder Dabeisein, oder genau das innerliche Einssein meiner und der Sache, das Jeder kennt, der einmal eine Sache appercipirt hat, oder ihr innerlich zugewendet war, und nun auf dies innere Erlebnifs zur\u00fcckblickt.","page":415},{"file":"p0416.txt","language":"de","ocr_de":"416\nTheodor Lippi.\nUnd Was ist dies \u201eIch\u201c? \u2014 Es ist dasjenige Ich, das ich immer erlebe, wenn ich f\u00fchle. In dem Lustgef\u00fchl f\u00fchle ich mich, n\u00e4mlich lustgestimmt, befriedigt, erfreut Ebenso f\u00fchle ich in dem Unlustgef\u00fchl mich, n\u00e4mlich unlustgestimmt, mifsbefriedigt, verletzt u. s. w. Alles Gef\u00fchl ist Ichgef\u00fchl, und das Ich, n\u00e4mlich dasjenige, das wir \u2014 nicht denken oder erschliefsen, sondern in jedem Augenblick unseres bewufsten Lebens unmittelbar erleben oder haben, ist gegeben in den Gef\u00fchlen.\nDamit ist die \u201eBeziehung\u201c der Lust auf ein Object genauer bezeichnet. Sie besagt, dafs ich mich in dem Object, oder dafs ich mich innerlich dabei f\u00fchle, nicht irgendwie, sondern mit der Ichqualit\u00e4t, die ich Lust nenne. Ich f\u00fchle mich lustgestimmt in oder bei dem Object. Ich finde mich, als lustgestimmten, in jener eigent\u00fcmlichen Einheit mit dem Object, die ich soeben als das Appercipirtsein des Objectes, als mein innerliches Darin- oder Dabeisein, als mein inneres Zugewendetsein zu ihm bezeichnete.\nDies innerliche in oder bei einer Sache Sein nun k\u00f6nnte man, wenn man wollte, als Einf\u00fchlung bezeichnen. Das w\u00e4re dann der denkbar allgemeinste Begriff der Einf\u00fchlung. Aber diese Einf\u00fchlung meinen wir nicht mit der \u201e\u00e4sthetischen Einf\u00fchlung\u201c. Die \u00e4sthetische Einf\u00fchlung soll den \u00e4sthetischen Genufs begreiflich machen, etwa den Genufs an einer r\u00e4umlichen Form: Ich f\u00fchle mich in die Form hinein, und habe darum Lust an dem Objecte. Die \u00e4sthetische Lust hat also ihren Grund in der Einf\u00fchlung. Sie ist Lust an dem Ich, sofern es in das Object hineingef\u00fchlt ist. Oder, was dasselbe sagt: Sie ist Lust an dem Object, aber nicht an dem Object als solchem, sondern sofern ich mich in dasselbe hineingef\u00fchlt habe.\nEs ist dasselbe, wenn ich sage: Die \u00e4sthetische Lust beruht auf Belebung, Beseelung. Die \u00e4sthetische Betrachtung, aus welcher die \u00e4sthetische Lust erw\u00e4chst, schliefst immer eine solche Belebung oder Beseelung in sich. Leben aber kann ich nicht irgendwo aufser mir sehen oder h\u00f6ren, oder \u00fcberhaupt sinnlich wahrnehmen. Ich kann es finden nur in mir, als eine Bestimmung meiner Pers\u00f6nlichkeit Ich leihe also in der \u00e4sthetischen Betrachtung dem \u00e4sthetischen Object in eigent\u00fcmlicher Weise meine Pers\u00f6nlichkeit oder eine Weise ihres Daseins oder ihrer Bet\u00e4tigung. Das Object, das ich \u00e4sthetisch belebe oder beseele, tr\u00e4gt in sich einen Widerschein meiner Pers\u00f6nlichkeit Ich finde mich in","page":416},{"file":"p0417.txt","language":"de","ocr_de":"Aesthetische Einf\u00fchlung.\n417\nihm wie in einem Spiegel. Und daraus entsteht mir die \u00e4sthetische Lust. Die Lust auf Grund der Einf\u00fchlung ist die Lust auf Grund solcher Belebung, Beseelung, Spiegelung.\nUnsere Frage lautet jetzt: Wie ist diese Einf\u00fchlung m\u00f6glich? In dieser Frage liegen aber deutlich unterschieden zwei Fragen. N\u00e4mlich einmal: Wie kann eine Bestimmtheit meiner selbst als Bestimmtheit des Objectes erscheinen? Und zweitens: Wie kann daraus der \u00e4sthetische Genufs resultiren. Indem ich nach einander diese beiden Fragen beantworte, gewinne ich nach einander zwei Stufen der \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung. Ich gebe denselben gleich die Namen der \u201eeinfachen Einf\u00fchlung\u201c und der \u201esympathischen Einf\u00fchlung\u201c. Mit letzterem Namen gebe ich zugleich zu erkennen, worauf der \u00e4sthetische Genufs beruht. Es ist Genufs dieser sympathischen Einf\u00fchlung oder begl\u00fcckendes Gef\u00fchl der Sympathie.\nPraktische Einf\u00fchlung.\nIch gelange zu diesen beiden Stufen, indem ich meine Aufmerksamkeit zun\u00e4chst richte auf Einf\u00fchlungsthatsaehen, die zweifellos und nach jedermanns Meinung im allerallt\u00e4glichsten Leben f\u00fcr uns bestehen.\nIch sehe einen Menschen zornig. D. h. ich sehe an einem Menschen eine Geberde, die mir erfahrungsgem\u00e4fses Zeichen des Zornes ist. Sie ist dies, sofern ich auf Grund der Erfahrung nicht umhin kann, zu der wahrgenommenen Geberde in meinen Gedanken die Vorstellung des Zornes hinzuzuf\u00fcgen.\nDazu ist zun\u00e4chst erforderlich, dafs ich die Vorstellung des Zornes habe; und nat\u00fcrlich mufs ich sie irgendwoher haben. Niemand nun kann zweifeln, dafs ich diese Vorstellung nur aus mir haben kann. Ich kann Zorn nirgends in der Welt der Dinge sehen; ich kann ihn auch nicht unmittelbar in anderen Personen wahrnehmen. Aber ich habe eigenen Zorn erlebt, und ich kann denselben in mir reproduciren. Dies time ich auch, wenn ich die Vorstellung die Zornes mit der an einem Anderen wahrgenommenen Geberde des Zornes verbinde. Diese Vorstellung ist nichts Anderes, als die Reproduction meines eigenen Zornes ; oder: Der Zorn des Menschen, an dem ich die Geberde beobachte, das ist der eigene Zorn in reproductiver Gestalt.\nUnd wie wird dieser Zorn zum Zorn des Anderen? \u2014 Dadurch, dafs er mit der Geberde des Zornes in einen einzigen\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 22.\t27","page":417},{"file":"p0418.txt","language":"de","ocr_de":"418\nTheodor Lipps.\npsychischen Complex verwachsen ist Die Geberde ist etwas von mir Unterschiedenes, imabh\u00e4ngig von mir Bestehendes, sie ist etwas \u201eaulser\u201c mir, ein St\u00fcck der objectiv wirklichen Aufsenwelt. Daran nimmt der Zorn verm\u00f6ge jenes \u201eVerwaehsenseins\u201c Theil. Auch er wird etwas von mir unabh\u00e4ngig oder.\u201eaufaer\u201c mir. Bestehendes, ein St\u00fcck der objectiv wirklichen Aufeenweli, und zwar ein solches, das mit der Geberde, und weiter \u00abdt der ge-sammten \u00e4ufseren Erscheinung, an welcher ich die Geberde beobachte, ein Ganzes bildet\nDieser Sachverhalt ist ein Beispiel daf\u00fcr, wie eine Bestimmtheit meiner selbst, oder eine Weise mich selbst zu erleben einem Anderen zugeh\u00f6rig erscheinen kann. Er ist ebendamit ein Beispiel derjenigen Stufe der Einf\u00fchlung, die ich als einfache Einf\u00fchlung bezeichnete: Was ich in mir fand und einzig in mir finden konnte, damit erf\u00fclle ich ein Anderes, mir Fremdes. Eine Weise, mich zu f\u00fchlen, finde ich in einem mir gegen\u00fcber-stehenden Object Hier handelte es sich zun\u00e4chst um den Zorn. Aber in gleicher Weise kann ich jede Art mich zu f\u00fchlen, in einem Objecte, zun\u00e4chst in anderen Menschen, finden oder zu finden glauben. Eben dadurch werden die anderen Menschen f\u00fcr mich zu \u201eanderen Menschen\u201c. \u201eAndere Menschen\u201c sind, psychologisch betrachtet, Vervielf\u00e4ltigungen meiner selbst\nDie M\u00f6glichkeit dieses Sachverhaltes ist einleuchtend. Was ich in mir erlebt, die Weise, wie ich mich gef\u00fchlt habe, ist jetzt f\u00fcr mich eine Thatsache, wie jede andere. Sie kann darum, wie jede andere, mit Inhalten der sinnlichen Wahrnehmung erfahrungsgem\u00e4fs verkn\u00fcpft und zu einem einheitlichen Complex zusammengeschlossen sein. Und sie kann oder mufs dann, wie jede andere, an der objectiven Wirklichkeit des Complexes, dessen Element sie ist, Antheil haben.\nDoch muJfe nun noch ein wichtiger Umstand in Betracht gezogen werden. Dafs mir die Geberde \u201eZeichen\u201c des Zornes ist, dies besagt nicht, dafs sie in mir einen Zorn reproducire, genau so, wie ich denselben ehemals erlebt habe. Psychische Vorg\u00e4nge, die in mir reproducirt werden, brauchen nicht getreue Abbilder dessen zu sein, was ich ehemals, erlebte. Das von mir Erlebte kann in solcher Reproduction wesentlich umgestaltet sein. D. h. Z\u00fcge, des Erlebten k\u00f6nnen in. ihr \u00abgesteigert, herabgemindert oder neu combinirt erscheinen. So kann ich insbesondere auch, nachdem ich gewisse Zomesetimmungen er-","page":418},{"file":"p0419.txt","language":"de","ocr_de":"\u00c4sthetische Einf\u00fchlung.\n419\nlebt habe, gar mannigfache und mannigfach anders geart\u00e9te Zomesstimmungen reproductiv vorstellen.\nUnd ich kann dies nicht blofs, sondern ich mufe es, wenn eine wahrgenommene Zornesgeberde mich dazu n\u00f6thigt. Ist die Geberde einmal Zeichen des Zornes geworden, d. h. haben sich mit gewissen m\u00f6glichen Modificationen der Geberde, die ich als Geberde des Zornes bezeichne, auf Grund der Erfahrung gewisse m\u00f6gliche Modificationen des Zornes verbunden, so sind damit zugleich an bestimmte andere Modificationen der Geberde entsprechende andere Modificationen der Zornesstimmung in ge-setzm\u00e4fsiger Weise gebunden. Die neuen Modificationen der Geberde reproduciren diese modificirten Zornesstimmungen oder sie reproduciren die Zornesstimmungen, die an jene anderen Modificationen der Geberde auf Grund der Erfahrung sich gekn\u00fcpft hatten und geben ihnen zugleich einen ihrer besonderen Beschaffenheit entsprechenden ver\u00e4nderten Charakter.\nUnd jedesmal erscheint dann diese bestimmte Zomesstimmung dem Individuum, an welchem ich die Geberde sehe, zugeh\u00f6rig, oder sie scheint in ihm objectiv wirklich. Eis scheint mir also objectiv wirklich, was ich in dieser besonderen Gestalt niemals in mir selbst erlebt habe. Es gen\u00fcgt, dafs die Elemente, die constituirenden Z\u00fcge, Gegenstand meines Erlebens gewesen sind.\nAuch hiermit ist die Thatsache der einfachen Einf\u00fchlung noch nicht vollst\u00e4ndig beschrieben. Es fehlt noch das Moment, das f\u00fcr uns das wichtigste ist. Ich betrachtete im Vorstehenden den Zorn als ein isolirtes Erlebnifs. Als solches kam der Zorn niemals in mir vor. Sondern er regte sich immer unter bestimmten objectiven und subjectiven Bedingungen. Er war immer Element eines Zusammenhangs. Es gab jedesmal, wenn ich zornig war, einen Gegenstand des Zornes, und eine Weise, wie ich zum Zorn gereizt wurde. Der Zorn hatte vor Allem jedesmal in einer Eigenart meines Wesens seine Wurzel. Dafs ich \u00dcber diesen bestimmten Gegenstand z\u00fcrnte, dafs diese bestimmten Umst\u00e4nde mich zum Zorn veranlafsten, und insbesondere dafs ich in Solcher Weise z\u00fcrnte und dem Zorn mich hingab, also auch \u00e4uiserflch ihn kundgab, dies hatte immer seinen Grund in einer Disposition, Stimmung, Verfassung meiner Pers\u00f6nlichkeit.\nDaraus ergiebt sich, dafs auch bei der Wahrnehmung der\nOeberde der Zorn nicht als isolirtes Vorkommnifs reproducirt\n27*","page":419},{"file":"p0420.txt","language":"de","ocr_de":"420\nTheodor Lipps.\nwird. Sondern mfkreproducirt wird mehr oder weniger bestimmt ein solcher Zusammenhang. Auch dies heilst nicht, dafs eben der Zusammenhang der objectiven und subjectiven Bedingungen reproducirt wird, aus dein einmal eine von mir erlebte Zornes-Stimmung thats\u00e4chlich sich ergab. Sondern, was reproducirt wird, ist eine je nach der Beschaffenheit der Geberde so oder so geartete Modification eines solchen Zusammenhanges. D. h. ich gewinne aus der Wahrnehmung der Geberde mehr oder weniger bestimmt das Bild eines Zornes, der diese oder jene ob--jectiven Gr\u00fcnde hat, und.vor Allem das Bild eines Zornes, in welchem eine so oder so geartete Pers\u00f6nlichkeit sich bet\u00e4tigt. Auch diese Pers\u00f6nlichkeit ist dann doch nichts anderes und kann nichts anderes sein, als die reproducirte, obzwar zugleich modificirte eigene Pers\u00f6nlichkeit bezw. ein St\u00fcck derselben.\nDamit nun haben wir schon den Uebergang gewonnen zur sympathischen Einf\u00fchlung. liegt einmal der soeben Gezeichnete Bach verhalt vor, so fragt es sich einzig noch, wie meine gegenw\u00e4rtige eigene Pers\u00f6nlichkeit zu dieser reproducirten und ob-jectivirten eigenen Pers\u00f6nlichkeit sich verh\u00e4lt D. h insbesondere, ob meine eigene Pers\u00f6nlichkeit, so wie sie jetzt ist, mit der reproducirten insoweit \u00fcbereinstimmt, dafs auch in ihr die Bedingungen f\u00fcr einen solchen Zorn gegeben sind. Ist dies der \u2022Fall, sind, anders gesagt, die so oder so modificirten Momente meiner Pers\u00f6nlichkeit, die ich in der Reproduction des Zornes zugleich mit reproducirt und an die Geberde gekn\u00fcpft habe, der Art, dafs sie mit irgendwelchen, sei es auch tief verborgenen und sonst in mir schlummernden Neigungen, Interessen, Bed\u00fcrfnissen, \u2022Tendenzen meines eigenen gegenw\u00e4rtigen Wesens \u00fcbereinstimmen und darin Widerhall finden k\u00f6nnen, so finden sie darin Widerhall. Diese Momente meiner gegenw\u00e4rtigen Pers\u00f6nlichkeit werden also zur Wirksamkeit gebracht\nDamit verwandelt sich der reproducirte Zorn in einen jetzt thats\u00e4chlich erlebten. Oder genauer : der Zorn, der zun\u00e4chst f\u00fcr mein Bewufstsein wirklich ist in einem Anderen, wird zugleich unmittelbar wirklich in mir. Das Vermittelnde bei diesem Procelb ist einerseits jene objective Wirklichkeit des Zornes in dem Anderen, und die mit dem Bewufstsein dieser objectiven Wirklichkeit ge-\u2022gebene besondere Wirksamkeit desselben in mir, andererseits ,das Dasein der Bedingungen f\u00fcr ein gleichartiges eigenes Erleben","page":420},{"file":"p0421.txt","language":"de","ocr_de":"Aesthctische Einf\u00fchlung.\nm\nin meiner gegenw\u00e4rtigen Pers\u00f6nlichkeit. \u2014 Darin hegt ein Problem, das einer eingehenderen Betrachtung f\u00e4hig und bed\u00fcrftig w\u00e4re. Die bezeichnete Thatsache k\u00f6nnte in einen allgemeineren Zusammenhang hineingestellt werden und w\u00fcrde dann als Specialfall eines allgemeinsten psychologischen Gesetses sich darstellen. Hier aber mufs die Constatirung der Thatsache ge.< n\u00fcgen.\nDie fragliche Thatsache ist kurz gesagt die, dafs ich unter den bezeichneten Bedingungen zornig bin mitdemZornigen. Die mir von aufsen aufgen\u00f6thigte reproductive Be-th\u00e4tigungsweise meiner Pers\u00f6nlichkeit ist zugleich eine eigene, freie gegenw\u00e4rtige Beth\u00e4tigungsweise, ein gegenw\u00e4rtiger spontaner Vorgang. Der Zorn hat f\u00fcr mich den Charakter der Objectivit\u00e4t und zugleich den Charakter der Activit\u00e4t. Er ist etwas Erfahrenes und zugleich ein eigenes Thun. Damit ist das gegeben, was wir als volle oder sympathische Einf\u00fchlung bezeichnen. Sie ist jener Zusammenklang des Fremden und des eigenen Wesens; eine damit gegebene Steigerung, Ausweitung, Erh\u00f6hung, Vertiefung einer Weise der Beth\u00e4tigung meines eigenen Wesens; nicht eine unfreie Beth\u00e4tigung desselben, sondern eine Beth\u00e4tigung von eigent\u00fcmlicher Freiheit.\nZu Letzterem bemerke ich noch Folgendes: Die in jedem Sinne ungebundene Eigenth\u00e4tigkeit ist entweder eindeutige, durch keinen gegenteiligen Antrieb beirrte Wirkung eines Naturtriebs; oder sie ist Willk\u00fcr, also Wahl, Entscheid zwischen entgegengesetzten M\u00f6glichkeiten. Der Naturtrieb kann f\u00fcr uns hier aufser Frage bleiben. In uns giebt es im Grunde keine reine Wirkung von Naturtrieben mehr. Wenn ich esse, so k\u00f6nnte ich auch das Essen unterlassen, und statt dessen etwas Anderes tun. Und es fehlen in mir niemals v\u00f6llig die Antriebe f\u00fcr Letzteres. Es giebt in mir immer Factoren, in deren Natur es liegt,H mich von irgend einem Antrieb abzulenken, und meinem Thun eine andere Richtung anzuweisen.\nDies aber gilt in h\u00f6herem Maafse, wenn kein Naturtrieb in Frage steht, also bei der Willk\u00fcr. Jemehr ein Wollen diesen Namen verdient, umsomehr ist es der momentane Sieg eines Antriebes \u00fcber andere, die ebensowohl, oder auch wohl tiefer, in meiner Natur gegr\u00fcndet hegen. Dieser Sieg vollzieht sich also im Gegensatz zu solchen Antrieben. Er ist insofern innerlich unfrei. Willk\u00fcr scheint die h\u00f6chste Freiheit Sie ist aber","page":421},{"file":"p0422.txt","language":"de","ocr_de":"422\nTheodor Lipps.\nin Wahrheit immer innerliche Unfreiheit. Und sie kann h\u00f6chste innerliche Unfreiheit sein. Daher das Erl\u00f6sende, das die Pflicht, das Befreiende, das das M\u00fcssen haben kann. Es liegt darin Erl\u00f6sung oder Befreiung von dieser inneren Unfreiheit.\nDie Eigenth&tigkeit kann dann weiter unfrei sein, nicht in sich, sondern sofern sie zu dem, was ich erlebe, zum objec-tiven Thatbestand, in Gegensatz tritt, durch seine n\u00f6thigende Kraft gehemmt, niedergehalten, zwangsweise abgelenkt wird. Dann finde und f\u00fchle ich mich dem Erlebten, dem Zwange der Objecte gegen\u00fcber passiv. Und hier besteht ein unvers\u00f6hnlicher Gegensatz: Soweit ich den Zwang f\u00fchle, kann ich mich nicht frei f\u00fchlen.\nNeben diesen beiden M\u00f6glichkeiten aber besteht endlich diejenige, die in unserem Falle, d. h. bei der sympathischen Einf\u00fchlung vorliegt. Der objective Thatbestand, der an sich wohl f\u00e4hig w\u00e4re, sich mir f\u00fchlbar aufzuzwingen, zwingt sich mir freilich auf, und zwar nicht mit gleichem sondern mit gr\u00f6fserem Erfolg als dann, wenn ich ihm innerlich widerstrebe ; er \u00fcbt seine n\u00f6thigende Wirkung in vollkommenster Weise; ich bin ganz im Banne seiner Wirkung. Aber der Zwang kann nicht f\u00fchlbarer Zwang sein, weil meine spontane Thftfigkeit auf das gleiche Ziel gerichtet ist\nUmgekehrt kommt in dem Falle, von dem wir reden, nicht minder die Eigenth\u00e4tigkeit zu vollster Wirkung. Aber sie\u00bb wird nicht f\u00fchlbar als gegen das Object gerichtete Eigenth\u00e4tigkeit. Es verschwindet also in unserem Falle \u00fcberhaupt f\u00fcr das Gef\u00fchl der Gegensatz meiner und des Objektes. Es ist eben dasjenige, wozu das Object mich n\u00f6thigt, nichts Anderes, als die Verwirklichung meiner spontanen Th\u00e4tigkeit Es treffen sich diese beiden Momente und schliefsen sich zusammen zur Einheit des durchaus durch das Object bedingten Erlebens und des durchaus eigenen Thuns.\nUnd daraus nun entsteht jene Freiheit, oder jene Einheit von Activit\u00e4t und Objectivit\u00e4t Sie ist beides zugleich, innere Freiheit, und Freiheit vom Zwang des Objectes.\nUnd wir d\u00fcrfen gleich hinzuf\u00fcgen : Je mehr oder je zwingender der objective Thatbestand \u2014 in unserem Falle der durch die Geberde mir vergegenw\u00e4rtigte Zorn \u2014 mich erfafst, also unter anderen Umst\u00e4nden den Zustand f\u00fchlbarer Passivit\u00e4t oder f\u00fchlbaren Zwanges in mir erzeugen k\u00f6nnte, um so sicherer","page":422},{"file":"p0423.txt","language":"de","ocr_de":"Aesthetifiche Einf\u00fchlung.\n428\nweckt er meine auf das gleiche Ziel gerichtete spontane Th\u00e4tig-keit und um so m\u00e4chtiger l\u00e4fst er sie werden, sofern n\u00e4mlich in meinem * Wesen f\u00fcr solchen Zorn die Bedingungen gegeben sind.\nUnd damit-verbindet sich noch eine andere Wirkung: Was in mir selbst zu dieser Eigenth\u00e4tigkeit in Gegensatz treten oder mich innerlich in andere Richtung dr\u00e4ngen oder mich mit mir selbst in Zwiespalt bringen, also mich innerlich unfrei machen k\u00f6nnte, ist durch diese \u00fcberw\u00e4ltigende Wirkung des objectiven Thatbestandes von vornherein niedergehalten oder zur Seite geschoben. Die Wirkung, die ich erfahre, concentrirt mich also, je st\u00e4rker sie ist, um so ausschlie\u00dflicher auf den einen Punkt Es vermag die mit der objectiven N\u00f6thigung hinsichtlich ihres Zieles und Inhaltes einstimmige spontane Th\u00e4tigkeit von vornherein frei, n\u00e4mlich innerlich frei sich zu regen. \u2014 Nehmen wir dies zu dem vorhin Gesagten hinzu, so ergiebt sich ein besonders starker und zugleich freier Einklang jener N\u00f6thigung und dieser Spontaneit\u00e4t\nSolche Freiheit ist eine Thatsache, der wir auch auf anderen Gebieten begegnen. Das Gef\u00fchl des sittlichen Sollens ist ein Gef\u00fchl der Gebundenheit, ein Gef\u00fchl der, n\u00e4mlich moralischen, N\u00f6thigung. Aber ich kann spontan eben dasjenige wollen, was ich soit \u201ePflicht\u201c und \u201eNeigung\u201c k\u00f6nnen in Einklang stehen. Dann weicht das Gef\u00fchl des Zwanges. Es schwindet andererseits das Gef\u00fchl der Willk\u00fcr mit seiner inneren Unfreiheit Es entsteht das Gef\u00fchl der sittlichen Freiheit, in welchem Spontaneit\u00e4t und Gebundenheit in Eines vereinigt sind. Und dasselbe entsteht um so sicherer und ist zugleich ein Gef\u00fchl um so h\u00f6herer und stolzerer Freiheit, je mehr die Pflicht von vornherein mit einem Charakter klarer und zwingender Nothwendig-keit vor mir steht und je sicherer und von innerem Zweifel freier darum das der Pflicht gem\u00e4fse freie Wollen von vornherein sich regen kann. Diese sittliche Freiheit ist allein wirkliche Freiheit des Wollene und Handelns.1\nOder ich mache die Wirklichkeit zum Gegenst\u00e4nde meines Denkens. Die Thatsachen erheben die strenge Forderung der .Anerkennung. Angenommen aber, ich habe die Erkenntnis eines Gesetzes gewonnen, das die Thatsachen in sich be-\nx 8. Die ethischen Grundfragen 1899, 8. 107, 129 ff.","page":423},{"file":"p0424.txt","language":"de","ocr_de":"424\nTheodor Lippe.\ngreift. Ich bin im Besitze dieses Gesetzes, es ist mein geistiges Eigenthum, eine nat\u00fcrliche Weise meines Denkens. Dann beantworte ich jene Forderung mit der gleichen eigenen Forderung. Ich sage zu dem, was ich gelten lassen mufs, meinerseits, es m\u00fcsse so sein. Das ist die volle Freiheit auf dem Gebiete des Verstandes.\nAesthetische Einf\u00fchlung.\nWas ich im Obigen beschrieben habe, ist, wie gesagt, die sympathische Einf\u00fchlung, oder die Einf\u00fchlung im vollen Sinne des Wortes. Ich habe in den letzten Bemerkungen zugleioh vorausgesetzt, dafs sie vollkommene Einf\u00fchlung sei, d. h. solche, bei welcher ich ohne Rest, und damit ohne alle Gefahr der inneren Unfreiheit und des f\u00fchlbaren Zwanges durch das Object, mich einf\u00fchle. Statt dessen k\u00f6nnte ich auch sagen, ich habe vorausgesetzt, dafs die Einf\u00fchlung von der Art sei, d. h. dafs sie die Reinheit und Vollkommenheit habe, wie sie die Einf\u00fchlung der Wirklichkeit gegen\u00fcber nie zu haben pflegt, dagegen die \u00e4sthetische Einf\u00fchlung haben soll und im Grunde einzig haben kann. Die \u00e4sthetische Einf\u00fchlung kann jene oben bezeichnete Freiheit durchaus geben. Sie so zu geben, das hegt in der Aufgabe und im Verm\u00f6gen der Kunst.\nDer Weg von der Einf\u00fchlung des praktischen Lebens zur \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung ist nicht weit. Ich sehe, so nehmen wir jetzt an, die Geberde des Zornes nicht an einem lebenden Menschen, sondern an einer Statue. Das ist nicht die Geberde des Zornes, wie ich sie in der Erfahrung kennen gelernt habe. Sie ist eine Geberde, nicht an einem lebenden menschlichen K\u00f6rper, sondern an einer Stein- oder Bronce- oder Holzmasse. Diesem Unterschied entspricht ein Unterschied der Wirkung.\nIch nannte die Geberde am menschlichen K\u00f6rper ein er-fahrungsgem\u00e4fses Zeichen des Zornes. Damit war unter Anderem gesagt, dafs mit der Geberde das Bewufstsein von der Wirklichkeit und zwar der objectiven Wirklichkeit des Zornes verbunden sei. Solches Zeichen ist die in der toten Mafse wiedergegebene Geberde nicht Sie kann es nicht sein, weil sie eben etwas Anderes ist als die Geberde am lebendigen K\u00f6rper, an welche allein die Erfahrung die Vorstellung des Zornes gekn\u00fcpft hat. Aus der erfahrungsgem\u00e4fsen Geberde des Zornes ist hier nur der wesentliche oder charakteristische Grundzug, die Form,","page":424},{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"Aesthetische Einf\u00fchlung.\n425\nherausgenommen. Und damit ist nicht mehr das verstandes-m\u00e4fsige Bewufstsein der Wirklichkeit des Zornes, oder der \u201eGlaube\u201c daran, sondern nur noch der Eindruck derselben, verbunden : Das \u201eZeichen\u201c hat sich verwandelt in ein \u00e4sthetisches \u201eSymbol\u201c.\nSo k\u00f6nnen sich allerlei erfahrungsgem\u00e4fse Zeichen durch Herausnahme des wesentlichen Grundzuges verwandeln in Sym-bole. Dafs die Zeichen nicht mehr diese bestimmten Zeichen sind, sondern ein erfahrungsgem\u00e4fser und erfahrangsgem\u00e4fs noth-wendiger Bestandteil derselben weggenommen ist, dies macht, dafe der verstandesm\u00e4fsige Glaube an die Wirklichkeit des Be-zeichneten wegf\u00e4llt Dafs aber doch ein charakteristischer Grundzug geblieben ist, d, h. ein Element, dafs f\u00fcr sich allein den gen\u00fcgenden und eindeutigen Hinweis auf das Be-zeichnete enth\u00e4lt, dies macht zun\u00e4chst, dafs die Vorstellung des Bezeichneten trotz jenes Wegfalles sich einstellt.\nAber damit, dafs die Vorstellung des Bezeichneten sich einstellt, ist nicht Alles gesagt. Zum \u00e4sthetischen Symbol geh\u00f6rt auch, dafs die Vorstellung des Bezeichneten, oder wie wir jetzt sagen m\u00fcssen, des Symbolisirten, nicht nur da ist, sondern mit dem Symbol zugleich unmittelbar und zwingend da ist Dies ist der Fall, wenn die fragliche Vorstellung auch mit dem Symbol, d. h. mit dem unvollst\u00e4ndigen Zeichen, noch zu einer untrennbaren Einheit verbunden ist Indem sie in solcher untrennbaren Weise mit dem sinnlich gegenw\u00e4rtigen Symbol verbunden ist, nimmt sie zugleich an der Realit\u00e4t dieses sinnlich Gegenw\u00e4rtigen Theil. D. h. sie wirkt \u00e4sthetisch oder wirkt auf das Gem\u00fcth, als ob ihr Inhalt wirklich w\u00e4re, ohne dafs doch dieser Inhalt als wirklich angesehen, oder geglaubt w\u00fcrde. Dies ist es, was ich oben kurz als \u201eEindruck\u201c der Wirklichkeit im Gegensatz zum verstandesm\u00e4fsigen Bewufstsein derselben be-zeichnete.\nDieser nicht f\u00fcr den Verstand, sondern nur f\u00fcr den \u00e4sthetischen Eindruck bestehenden Wirklichkeit geben wir den Namen der \u00e4sthetischen Realit\u00e4t Das Dasein dieser \u00e4sthetischen Realit\u00e4t f\u00fcr mein Bewufstsein ist die \u00e4sthetische \u201eIllusion\u201c. Die \u00e4sthetische Illusion ist danach im Vergleich mit dem verstandesm\u00e4fsigen Bewufstsein der Wirklichkeit oder dem logischen Glauben, es sei etwas wirklich, durchaus eine Thatsache f\u00fcr sich. Sie ist nicht Schein, nicht T\u00e4uschung, auch nicht ein Schwanken","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"426\nTheodor Lipps.\nzwischen Schein oder T\u00e4uschung und Aufl\u00f6sung des Scheines oder Entt\u00e4uschung. Sondern sie ist die in sich klare* ohne alles Schwanken sich gleichbleibende, mit nichts sonst in der Welt vergleichbare Thatsache der \u2014 \u00e4sthetischen Illusion.\nIn dieser \u00e4sthetischen Illussion haben wir zugleich die \u00e4sthetische Einf\u00fchlung, zun\u00e4chst als einfache Einf\u00fchlung. Diese wird dann aber zur sympathischen Einf\u00fchlung unter den gleichen Bedingungen, unter denen die einfache Einf\u00fchlung des praktischen Lebens in die sympathische Einf\u00fchlung sich verwandelt: Ich habe nicht nur den unmittelbaren und zwingenden Eindruck des Zornes, sondern ich erlebe diesen Zorn mit oder nach, wenn daf\u00fcr in meiner gegenw\u00e4rtigen Pers\u00f6nlichkeit die Bedingungen gegeben sind ; wenn etwas in mir sich findet, ein Zug, ein Bed\u00fcrfnis, eine Kraft meines Wesens, die in diesem Zorn ihre nat\u00fcrliche Beth\u00e4tigung findet, oder in einer ihrer Natur entsprechenden Weise sich auszuwirken vermag; wenn ein solches Z\u00fcrnen, d. h. ein Z\u00fcrnen, wie es hier mir entgegentritt, mein eigenes Wesen zum selbstth\u00e4tigen freien Mitschwingen veranlassen kann und demgem\u00e4fs thats\u00e4chlich veranlagst.\nDamit ist dann endlich auch der \u00e4sthetische Genufs gegeben. Er liegt begr\u00fcndet in dem Einklang des Eigenen und des Fremden, in der durch die Einwirkung von au&en geweckten und durch die Einstimmigkeit mit ihr gesteigerten und in sich selbst frei gemachten Beth\u00e4tigung meines eigenen Wesens, in dieser eigenen Art in einem objectiv bedingten Erleben mich selbst frei auszuwirken.\nDabei sind aber noch wesentliche Momente aufser Acht gelassen. Unter ihnen auch dasjenige, in welchem das Specifische der \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung und damit die specifische Bedingung des \u00e4sthetischen Genusses enthalten liegt\nZun\u00e4chst hebe ich dies hervor: Jeder beliebige Zorn eines Menschen, den ich wahmehme, hat f\u00fcr mich, wenn er menschlich berechtigt erscheint, so dafs ich ihn verstehen und innerlich mitmachen kann, einen eigenth\u00fcmlichen Werth. Und zwar aus dem angegebenen Grunde : Ich wirke mich oder einen Zug meines Wesens in einem mir von aufsen aufgen\u00f6ihigten Erleben, und damit in der hierdurch bedingten eigent\u00fcmlich freien und gesteigerten Weise aus.\nAber nun bedenke man, dafs es ja doch nicht ein beliebiger Zorn zu sein pflegt, der mir in einem Kunstwerk zur \u00e4sthetischen","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"\u00c2esthebische Einf\u00fchlung.\n427\nBetrachtung sich darbietet, sondern ein irgendwie bedeutsamer, d. h. ein solcher, in dem ein bedeutsamer Zug menschlichen Wesens zum Ansdruck kommt, oder in dem irgend etwas, das zum Menschsein einen positiven Beitrag liefert, und auch in mir als ein positives St\u00fcck meines Menschseins sich findet, besonders stark und unmittelbar einleuchtend sich ausspricht Es wird in einem solchen, in einem Kunstwerk dargestellten Zorn irgendwelche Gr\u00f6fse sein, irgend etwas Gesundes, irgend welche Kraft wird darin sich au\u00dfwirken. Sehliefslich kann ja h\u00f6chste sittliche Kraft in ihm sich kundgeben\nDie Sympathie beruht dann darauf, dafs in mir ein ebensolches Grofse, eine ebensolche Kraft sich auswirkt und in jener eben bezeichneten eigenth\u00fcmlich freien und gesteigerten Weise sich auswirkt. Das sinnlich gegebene Symbol schafft in mir zun\u00e4chst die Reproduktion eines \u201egrofsen\u201c Zornes, d. h. eines Zornes, und zugleich einer Gr\u00f6fse, aus welcher er stammt Das ist dann nicht nothwendig die Reproduction eines Zornes, wie ich ihn einmal in meinem Leben wirklich gehabt habe. Vielleicht habe ich in meinem Leben immer nur klein gez\u00fcrnt Aber die Beschaffenheit des Symbols modifient, wie wir oben sahen, den Inhalt der Reproduction. Das Symbol erhebt, wenn es entsprechend geartet ist, den Zorn, so wie ich ihn gehabt habe oder zu haben pflegte, und das Pers\u00f6nlichkeitsmoments das darin sich aussprach, die Kraft in mir, aus welcher er stammte, in der Reproduction auf eine h\u00f6here Stufe. So ge-gewinne ich zun\u00e4chst die Vorstellung eines grofsen Zornes, ich gelange zum reproductiven Erleben desselben, und zugleich zum Eindruck der Wirklichkeit des reproductiv Erlebten in dem sinnlich wahrgenommenen Kunstwerk. Ich bin zun\u00e4chst in der Reproduction \u00fcber mein empirisches Wesen hinaus gesteigert; ich bin f\u00fcr mein vorstellendes Erleben gr\u00f6fser als ich im wirklichen Erleben zu sein pflege oder jemals gewesen bin.\nAber ich werde dann auch gr\u00f6fser in meinem wirklichen Erleben. Ich werde es unter der Voraussetzung, dafs ich nicht nur f\u00fcr mein Vorstellen oder in meinem reproductiven Erleben in einen Gr\u00f6fseren mich verwandeln kann, sondern dafs ich die Bedingungen au solcher Gr\u00f6fse und der Gr\u00f6fse solcher Beth\u00e4tigung \u2022meiner selbst jetzt in mir trage, wenn ich also der Anlage nach wirklich der Gr\u00f6fsere bin. Ich sage der Anlage nach. Denn -auch das ist nicht gesagt, dafs ich ohne die Wirkung des Sym-","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"428\nTheodor Lippe.\nbols jemals als der \u201eGrofse\u201c mich darstellen oder als soldier irgend einmal mit beth\u00e4tigen, insonderheit z\u00fcrnend mich be-th\u00e4tigen w\u00fcrde. Aber der Anlage nach mufs allerdings die Gr\u00f6fse in mir sein. Es mufs in meiner gegenw\u00e4rtigen Natur die M\u00f6glichkeit liegen, so grofs zu z\u00fcrnen. Diese Anlage oder diese M\u00f6glichkeit wird dann durch die Reproduction in Wirklichkeit und That umgesetzt Dies wiederum nicht darum, weil die Reproduction eben Reproduction ist, sondern weil sie die zwingende und mit dem Charakter der \u00e4sthetischen Realit\u00e4t ausgestattete Reproduction ist. Die \u00e4sthetische Realit\u00e4t wird also in mir zur psychischen Realit\u00e4t D. h. die Vorstellung des grofsen Zornes oder der in mir in Form der Reproduction gegebene und sich abspielende grofse Zorn, der in mir so wirkt, als ob er wirklicher Zorn w\u00e4re, trifft auf die in mir jetzt vorhandene Anlage oder M\u00f6glichkeit, wenn man lieber will, auf die in meinem Wesen gegebene \u201eDisposition\u201c, und wird dadurch zum wirklichen grofsen Zorn.\nIch gedenke aber hier keineswegs auf die \u201eGr\u00f6fse\u201c des Zornes, allgemein gesagt darauf, dafs die dargestellte innere Regung oder Weise des pers\u00f6nlichen Daseins \u00fcber das gemeine Mafs hinausrage, entscheidendes Gewicht zu legen. Sei auch eine solche Regung oder Weise des Daseins allt\u00e4glich, so wird sie doch durch die Kirnst bedeutsam. Das Kunstwerk ist allemal eine abgeschlossene Welt f\u00fcr sich, und concentrirt darum das Interesse auf seinen Inhalt Schon damit bringt das Kunstwerk das, was es darstellt, mir n\u00e4her und macht es mir eindringlicher und in diesem Sinne gr\u00f6fser, als es im Zusammenhang der viel verschlungenen Wirklichkeit f\u00fcr mich sein w\u00fcrde. Dazu kommen dann aber noch die mancherlei besonderen Mittel, die Bedeutung des Dargestellten f\u00fcr mich zu erh\u00f6hen: die Ausschliefsung des Nebens\u00e4chlichen, die Vereinfachung, die Vereinigung des in der Natur Zerstreuten, die klare Heraushebung und Veranschaulichung dessen, was den eigentlichen Gegenstand der Darstellung ausmacht.\nEndlich aber ist die Welt des Kunstwerkes vor Allem, obzwar eine \u00e4sthetisch reale, so doch eine ideelle Welt Und so ist auch jener von mir wirklich gef\u00fchlte Zorn, oder wiederum allgemeiner gesagt, die von mir miterlebte innere Regung oder pers\u00f6nliche Daseinsweise nicht wirklich in dem Sinne, in welchem eine solche Regung im praktischen Leben wirklich w\u00e4re oder","page":428},{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":"\u00c4sthetische Einf\u00fchlung.\n429\nB\u00e8in k\u00f6nnte. Es besteht ja doch, wenn ich die im Kunstwerke wiedergegebene Geberde des Zornes sehe, f\u00fcr meinen Zorn kein realer Grund, es gibt nichts objectiv Wirkliches, \u00fcber das ich z\u00fcrnen oder gegen das ich z\u00fcrnend mich wenden k\u00f6nnte. Mein Zorn ist ein wirklicher Zorn, darum doch nicht demjenigen gleich, dter in der wirklichen Welt sein Object und seine Nahrung hat Er ist, obgleich in sich selbst wirklich, dennoch ganz und gar eingeschlossen in die Welt einer blos \u00e4sthetischen Realit\u00e4t. Er ist wirklich, genau so, wie eben das \u00e4sthetisch Miterlebte in mir wirklich ist. Er ist wirklich in dieser einzigartigen \u2014 ich wiederhole den oben gebrauchten Ausdruck : \u2014 mit nichts sonst in der Welt vergleichbaren Weise.\nAuf die\u00e4e Thatsache mufs alles Gewicht gelegt werden. Zun\u00e4chst auf die Wirklichkeit dieses miterlebten Zornes. Man hat die Gef\u00fchle oder die Weisen des inneren Erlebens, die in der \u00e4sthetischen Betrachtung miterlebt, oder, wie ein schlechter Ausdruck lautet, innerlich \u201enachgeahmt\u201c werden, als ideelle Gef\u00fchle oder gar als Scheingef\u00fchle bezeichnet. Nichts kann irr-th\u00fcmlicher sein als eine solche Auffassung. Ideelle Gef\u00fchle sind vorgestellte Gef\u00fchle. Und von vorgestellten Gef\u00fchlen g\u00fct, wenn sie nichts weiter sind, als dies, in erh\u00f6htem Mafse, was man von den nur vorgestellten Farben, T\u00f6nen, Schmerzen u. s. w. gesagt hat. Die vorgestellte Farbe leuchtet nicht, der vorgestellte Ton klingt nicht, der vorgestellte Schmerz schmerzt nicht. So ist die vorgestellte Freude keine Freude, und im vorgestellten Zorn z\u00fcrnen wir nicht. Vorgestellten Gef\u00fchlen fehlt die W\u00e4rme und K\u00e4lte, die S\u00fcfse und Bitterkeit, das Erhebende und Niederdr\u00fcckende der wirklichen Gef\u00fchle. Sie sind nicht mehr Gef\u00fchle sondern schattenhafte Nachbilder von solchen, blutleer, f\u00e4rb- und klanglos, vielleicht interessant f\u00fcr den Verstand, aber ohne Bedeutung f\u00fcr das Gem\u00fcth.\nDar\u00fcber nun gehen schon die Gef\u00fchle, die den Inhalt der einfachen \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung bilden, hinaus. Der in einer Geberde dargestellte Zorn hat, wie gesagt, \u00e4sthetische Realit\u00e4t Wir stellen diesen Zorn nicht nur vor, sondern wir ^sehen\u201c ihn der Geberde \u201ean\u201c, oder sehen ihn aus ihr heraus. D. h. er ist uns, obgleich nicht selbst Gegenstand der Ge-sichtswahmehmung, dennoch in der gesehenen Geberde unmittelbar gegenw\u00e4rtig. Ohne dies w\u00e4re der Zorn gar nicht \u00e4sthetisch, oder als Gegenstand der \u00e4sthetischen Betrachtung vorhanden.","page":429},{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"430\nTheodor Lippe.\nDarin liegt mehr als eine blofse Vorstellung, so gewifs die \u00e4sthetische Realit\u00e4t mehr ist als das blofse Vorgestelltsem.\nErst recht aber sind die \u00e4sthetisch nacherlebten Gef\u00fchle oder die Gef\u00fchle als Gegenstand der \u00e4sthetischen Sympathie nicht ideell. Sie sind nicht nur wirkliche, sondern sie sind meine gegenw\u00e4rtig wirklichen Gef\u00fchle. Nur mit einem cftppelten Zusatz. Ich sagte, wenn ich den im Kunstwerk dargestellten Zorn miterlebe, so sei dieser mein Zorn nicht eine Beth\u00e4tigung meines empirischen Ich. Dies nun kann in einem doppelten Sinne genommen werden. Und dann schliefst es Beides, was ich hier meine, in sich. Einmal, das hier zur Th\u00e4tigkeit gebrachte Ich ist ein \u00fcber das Ich des allt\u00e4gliehens Lebens hinaus gesteigertes. Der miterlebte oder nacherlebte Zorn ist eine Bet\u00e4tigung eines \u00fcber empirischen Ich, d. h. einer Pers\u00f6nlichkeit, die hinausgeht \u00fcber diejenige, wie sie der realen Welt gegen\u00fcber sich zu bet\u00e4tigen pflegt. Dies \u00fcberempirische Ich kann auch als ein ideales bezeichnet werden. Aber dies ideale Ich darf nicht verwechselt werden mit einem ideellen oder blos vorgestellten. Es ist trotz aller Idealit\u00e4t durchaus real. Es ist mein, nur eben angesichts der wirklichen Welt nicht zur Beth\u00e4tigung gelangendes Wesen.\nUnd andererseits: Mag dies Ich ein \u00fcberempirisches sein oder nicht, in jedem Falle ist es ein aufs er empirisches, d. h. ein von den empirischen Bedingungen seiner Bet\u00e4tigung freies, in seiner Beth\u00e4tigung nicht in die Wirklichkeit der Dinge verflochtenes. Es bet\u00e4tigt sich wie ich sagte, in der Sph\u00e4re des \u00e4sthetisch Realen. Auch hier aber mufs betont werden: Das \u00e4sthetisch Reale ist mehr als ein blos Vorgestelltes.\nSo handelt es sich also hier genau genommen nirgends um Ideelles im eigentlichen Sinn des Wortes, sondern \u00fcberall um Reales, obzwar eigenartig Reales. Die Behauptung der \u201eideellen\u201c Gef\u00fchle widerspricht durchaus den Thatsachen der \u00e4stetischen Betrachtung. Aller Sinn vollends dieser \u00e4stetischen Betrachtung wird zerst\u00f6rt, wenn man von \u00e4sthetischen Scheingef\u00fchlen redet. Es giebt auf \u00e4sthetischem Gebiete gar keinen Schein, aufser dem Schein, der selbst \u00e4sthetisch real ist, also etwa der heuchlerischen Freude, die in einem Kunstwerke dargestellt wird; und andererseits aufser dem Schein, der darin besteht, daf$ uns eine \u00e4sthetische Realit\u00e4t vorgespiegelt werden soll, die f\u00fcr uns doch","page":430},{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"Aestketische Einf\u00fchlung.\n431\nnicht da ist, d. h. aufser dem Schein, der die Verneinung der \u00e4sthetischen oder k\u00fcnstlerischen Wahrheit ist.\nBei dem letzterw\u00e4hnten Momente der \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung m\u00fcssen wir aber noch einen weiteren Augenblick verweilen : Der in der \u00e4sthetischen Betrachtung nacherlebte Zorn ist, sofern ihm das reale Obje\u00e7t fehlt, auf das er gerichtet sein, oder gegen welches er sich beth\u00e4tigen k\u00f6nnte, losgel\u00f6st von der realen Welt der Objecte. Diese Losgel\u00f6stheit, oder dies Nicht-Verflochtensein in den Wirklichkeitszusammenhang nun bezeichnet das Charakteristische, das der \u00e4sthetischen Sympathie uni damit dem \u00e4sthetischen Genufs jederzeit, abgesehen davon, welchen Inhalt die Sympathie oder der Genufs haben mag, eignet, und das zugleich nur beim \u00e4sthetischen Genufs sich findet. Es ist das Moment, ohne welches er keinen specifisch \u00e4sthetischen Genufs, also keine Sch\u00f6nheit g\u00e4be; der Factor, der dem begl\u00fcckenden Sicherleben in dem \u00e4sthetischen Objecte erst seine \u00e4sthetische Freiheit und damit seine volle H\u00f6he verleiht.\nFehlen beim Zorn als Gegenstand der \u00e4sthetischen Betrachtung die realen Objecte, gegen die er gerichtet sein k\u00f6nnte, fehlt \u00fcberhaupt der objective Wirklichkeitszusammenhang, so bleibt als das einzig f\u00fcr mich Existirende \u2014 aufser dem Symbol, das eben doch nur Symbol ist, und seine ganze Bedeutung darin hat, Symbol zu sein, \u2014 nur dies \u00e4sthetisch Reale und mein Miterleben desselben, es bleibt einzig das specifische \u00e4sthetische Object und die Beth\u00e4tigung meines eigenen Wesens, diese Weise mit in dem \u00e4sthetischen Objecte zu erleben und zu f\u00fchlen und einer Kraft meiner Pers\u00f6nlichkeit inne zu werden. Darauf also concentrirt sich ausschliefslich mein Erleben, mein Interesse, meine Aufmerksamkeit, die ganze Kraft meines Wesens.\nDarin liegen aber wiederum zwei Momente. Einmal: Der Zusammenhang der Wirklichkeit aufser mir ist f\u00fcr mich beseitigt. Und andererseits: Indem dies der Fall ist, bin auch ich selbst, als der in dieser Welt der Wirklichkeit Lebende und in sie Verflochtene, ausgeschieden. Ich bin ganz in jenem Erleben meiner selbst, oder ich bin ganz in dem Objecte, in welchem ich in solcher Weise mich erlebe. Es existirt f\u00fcr mich \u00abnichts aulker dem Gegenst\u00e4nde der Einf\u00fchlung, und ich selbst exastire nur als der sich Einf\u00fchlende oder als der Eingef\u00fchlte. Daraus erf\u00e4hrt die Art, wie ich mich erlebe, eine Reinigung, eine xcc&aQffig rcov nadyfiatafv, und mit der Reinigung zugleich","page":431},{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"482\nTheodor I\u00c0ppe.\neine weitere Steigerung. Es kann die Kraft in mir, und soweit das Dargestellte Gr\u00f6fse hat, die Gr\u00f6fse meines Wesens, sich auswirken in einer Unbeirrtheit und Freiheit, wie dies sonst nirgends in der Welt geschehen kann.\nHiermit erst ist der Sinn der \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung ersch\u00f6pft Wir haben das Ganze dieser Einf\u00fchlung, wenn wir zu dem eben Betonten das Doppelte, auf das vorhin Gewicht gelegt wurde, und das auch schon in der aufser\u00e4sthetischen Sympathie, obgleich nicht so rein und vollkommen, stattfindet oder stattfinden kann, hinzuf\u00fcgen. N\u00e4mlich einmal: dafs ich nicht das Ich des allt\u00e4glichen Lebens, sondern ein je nach der Beschaffenheit des Symboles modificirtes und in sich selbst gesteigertes, kurz, ein ideales Ich erlebe ; z. B. ein Ich, das gr\u00f6fser z\u00fcrnt, als ich im gemeinen Loben zu z\u00fcrnen pflege. \u2014 Und zweitens, dafs in dem, was ich erlebe, die N\u00f6thigung, die von aufsen kommt, und die Spontaneit\u00e4t oder Eigenth\u00e4tigkeit sich begegnen und frei, zusammenklingen.\nOder, wenn wir die Momente in logischer Folge zu einander hinzuf\u00fcgen: Was ich in der \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung habe, ist: Ein Ich, das \u00fcber mein allt\u00e4gliches Ich hinausgeht; es ist ein durch jenen Zusammenklang gesteigertes und befreites sich Auswirken desselben ; und es ist ein sich Auswirken, das vom Zusammenhang der wirklichen Welt befreit und dadurch gereinigt und von Neuem gesteigert ist \u2014 Je gr\u00f6fser, reicher und tiefer die Pers\u00f6nlichkeitsmomente sind, auf welche die sinnliche Darstellung des Zornes hindeutet, je unmittelbarer und zwingender, zugleich je eindeutiger und in sich einstimmiger dieser Hinweis ist, und je mehr bei allem dem das sinnliche Symbol mit voller Klarheit und Selbstverst\u00e4ndlichkeit als blofses \u00e4sthetisches Symbol sich .giebt, also mit voller Bestimmtheit und Selbstverst\u00e4ndlichkeit der Wirklichkeit der Dinge und damit zugleich der Wirklichkeit meines in den Zusammenhang der Dinge verflochtenen Ich mich entr\u00fcckt, um so gr\u00f6fser, reicher und tiefer, um so zwingender und damit freier, um so ungetheilter, anbei rrter und demnach reiner ist der \u00e4sthetische Genufs.\nSo mufs es sein, weil mit dem hier Gesagten die Bedingungen der h\u00f6chst-m\u00f6glichen \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung bezeichnet sind, n\u00e4mlich der vollen oder sympathischen Einf\u00fchlung. Diese bezeichne ich auch kurz als \u00e4sthetische Sympathie, Aesthetische Sympathie, dies besagt : sich Erleben und F\u00fchlen in einem","page":432},{"file":"p0433.txt","language":"de","ocr_de":"Aesthetische Einf\u00fchlung.\n433\nAnderen, zugleich in der eigent\u00fcmlich gesteigerten, reinen und* freien Weise, wie es die Natur des \u00e4sthetischen Objectes mit sich\u2019 bringt Der . \u00e4sthetische Genufs der darauf beruht, ist begl\u00fcckendes Gef\u00fchl des objectivirten Selbst.\t\u00bb\nIn der Betrachtung, die in dies Ergebnifs m\u00fcndete, sind wir; ausgegangen von einem bestimmten Beispiel. Das Sympathiegef\u00fchl' aber, von dem ich rede, ist nicht das Sympathiegef\u00fchl in einem bestimmten Falle, sondern das Allgemeine des Sympathiegef\u00fchls oder des \u00e4sthetischen Gef\u00fchls \u00fcberhaupt Dies gewinnt im Einzelnen je nach der Beschaffenheit des Gegenstandes verschiedenartigen Charakter, vor Allem einen anderen, wenn ich mit freud-\u00bb vollem, einen anderen, wenn ich mit leidvollem Erleben sympathi-sire. Aber jenes Allgemeine bleibt in jedem Falle bestehen. Das leidvolle Erleben, das ich miterlebe, bedr\u00fcckt mich. Und dieser Druck ist gewifs nicht Freiheit sondern \u2014 Druck. Aber, indem ich es mit er lebe, besteht auch hier der Einklang des Fremden und des eigenen Wesens. Und mit dem Einklang zugleich besteht die Steigerung und Befreiung meines eigenen Wesens. Ich bin \u2014 nicht wie Volkelt sagt, in dem \u201eBewufstsein\u201c, wohl aber in dem Erleben dessen, was es heilst ein Mensch sein, reicher geworden. Wiefern das Miterleben des Leidvollen in besonderem Mnafse Miterleben, also Einklang, also Steigerung und Befreiung, kurz Erhebung meiner selbst \u00fcber mich hinaus ist und sein mufs, daf\u00fcr verweise ich auf meine Kritik der inhaltsvollen \u201eAesthetik des Tragischen\u201c von Volkelt in meinem \u201eDritten1 \u00e4sthetischen Literaturbericht\u201c.1\nDer \u00e4sthetische Genufs, so sage ich, liegt in dem begl\u00fccken-; den \u00e4sthetischen Sympathiegef\u00fchl. Ich schliefse also andere Gr\u00fcnde oder Factoren des \u00e4sthetischen Genusses aus. Dies thue ich mit vollem. Bewufstsein. Aesthetisch\u00e8r Genufs ist mir eben, nicht beliebige Lust, die ich angesichts eines Kunstwerkes haben kann, sondern es ist mir zugleich Lust von bestimmter Art. Allerlei Lustgef\u00fchle kann ich angesichts des Kunstwerkes haben, vielleicht, sogar sexuelle. Und Einige, \u2014 es sind die Alleroberfl\u00e4chlichsten, \u2014\u2022 haben diese Lust in den \u00e4sthetischen Genufs ausdr\u00fccklich mit einbezogen, ja ihn sogar, einer modernsten Mode folgend, in gewisser Weise in die Mitte desselben gestellt Aber ich rede hier nur von der \u00e4sthetischen Lust Und dieser.\n1 Archiv f\u00fcr systematische Philosophie 5, 1. Zeitschrift f\u00fcr Psychologie tri.\n28","page":433},{"file":"p0434.txt","language":"de","ocr_de":"434\nTheodor Lipps.\nhaftet ein bestimmtes Merkmal an, n\u00e4mlich das der Tiefe. Diese Tiefe ist nicht ein Wort, sondern eine eigene Beschaffenheit des Lustgef\u00fchls. Tiefe aber, oder das was ich so nenne, eignet dem Gef\u00fchl nur unter der Voraussetzung, dafs nicht ein \u201eSinn\u201c, sondern die Pers\u00f6nlichkeit als Ganzes sich beth\u00e4tigt und in einer bestimmten Richtung sich auswirkt. Um es kurz zu sagen: Das Gef\u00fchl der Tiefe der Lust, oder das Gef\u00fchl der Lust, die Tiefe hat, ist allemal das Gef\u00fchl eines Pers\u00f6nlichkeitswerthes, also eines ethischen Werthes. Freilich, viele Psychologen weigern sich noch, Arten des Lustgef\u00fchles zu unterscheiden. Aber das ist eben Psychologie, die Vorartheile \u00fcber die Thatsachen setzt.\nEinf\u00fchlung und Association.\nBer\u00fchren wir jetzt gleich die Streitfrage, wie sich Einf\u00fchlung und Association zueinander verhalten. Wir m\u00fcssen sagen: Einf\u00fchlung ist gewifs nicht Association, sondern eben \u2014 Einf\u00fchlung. Also sie beruht auf Association. Nat\u00fcrlich kommt es dabei an auf den Begriff der Association. Man kann diesen Begriff zweifellos so definiren, dafs der Satz gerechtfertigt erscheint: Einf\u00fchlung beruht nicht auf Association. Aber ich verstehe nun einmal unter Association allgemein das an sich dem Be-wufstsein Entzogene, das bewirkt, dafs Bewufstseinsinhalte in bestimmter Weise verbunden auftreten. Dann ist die Behauptung, Einf\u00fchlung beruhe auf Association, durchaus selbstverst\u00e4ndlich.\nDie Association, die in dem oben besprochenen Falle der \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung in Frage kommt, l\u00e4fst sich noch n\u00e4her bestimmen. Trennen wir auch hier \u201eeinfache\u201c und \u201esympathische\u201c Einf\u00fchlung. Die erster\u00a9 beruht in jenem Falle auf Erfahrungsassociation. Erfahrung hat an die Geberde des Zornes die Vorstellung des Zornes gekn\u00fcpft, sowie \u00fcberhaupt Erfahrung an die wahrnehmbaren menschlichen Lebensbeth\u00e4ti-gungen, einschliefslich der Sprache, die Vorstellung eines zu Grunde liegenden Inneren bindet. Dafs diese Association besonderer Art ist, und nicht mit jeder beliebigen Association zusammengeworfen werden darf, ist eine Sache f\u00fcr sich. Die fragliche Association geh\u00f6rt vor Allem zu denjenigen, welche eine Zusammengeh\u00f6rigkeit, oder ein nothwendiges Zusammensein, ein unmittelbares und nothwendiges Gegebensein von Einem in und mit einem Anderen bedingen. Sie ist also gewifs eigenartig.","page":434},{"file":"p0435.txt","language":"de","ocr_de":"Aesthetische Einf\u00fchlung.\n435\nSie ist eine Association innigster Art Aber sie darum nicht mehr Association zu nennen, liegt kein Grund vor. Sie ist vielmehr Association in vollstem Sinn, weil Association von h\u00f6chster Wirkung.\nInsbesondere geht es nicht an, hier den Begriff der \u201eAssociation\u201c etwa durch den der \u201eVerschmelzung\u201c zu ersetzen. Verschmelzung ist gar nicht etwas neben der Association. Sie ist auch nicht eine Weise der Association. Sondern sie ist eine m\u00f6gliche Wirkung derselben. Sie ist eine besondere Weise des Zusammenseins im Bewufstsein, die auf Association be-ruht. Und zwar eine solche, die hier, bei der \u201eeinfachen\u201c Einf\u00fchlung in die Geberde des Zornes, nicht in Frage kommt. T\u00f6ne \u201everschmelzen\u201c zu Kl\u00e4ngen, das heilst: Es ist meinem Bewufstsein statt mehrerer T\u00f6ne, die unter gewissen Bedingungen der Aufmerksamkeit einzeln geh\u00f6rt werden k\u00f6nnten, ein einziger Geh\u00f6rseindruck gegeben, n\u00e4mlich eben derjenige, den wir Klang nennen. So ist Verschmelzung \u00fcberhaupt die Thatsache, dafs im Bewufsfsein statt mehrerer gesonderter Bewufstseinsinhalte, die unter anderen Aufmerksamkeitsbedingungen als gesonderte da sein k\u00f6nnten, ein einziger neuer Bewufstseinsinhalt vorgefunden wird.\nSolche Verschmelzung findet statt bei Gleichartigem, und nur bei Gleichartigem. Die T\u00f6ne, die zu Kl\u00e4ngen verschmelzen, sind einander gleichartig als T\u00f6ne. Sie besitzen aufserdem die besondere Gleichartigkeit, die ich als Tonverwandtschaft zu bezeichnen pflege. Solche Aehnlichkeit oder Uebereinstimmung bildet \u00fcberall die Bedingung der Verschmelzung. Wir k\u00f6nnen also auch sagen : die Verschmelzung ist das Zustandekommen eines einzigen neuen Bewufstseinsinhaltes statt mehrerer einander gleichartiger Bewufstseinsinhalte. Genauer ist es, wenn wir sagen : Verschmelzung ist das Zusammenwirken mehrerer gleichartiger und an sich auf gleichartige Bewufstseinsinhalte abzielender Empfindungs- bezw. Vorstellungs v o r g \u00e4 n g e zur Erzeugung eines einzigen neuen Bewufstseinsinhaltes an Stelle jener gleichartigen Bewufstseinsinhalte.\nDamit ist zugleich gesagt, auf welcher Association die Verschmelzung beruht Es ist die Association der Aehnlichkeit, Gleichartigkeit, Uebereinstimmung. Und eine solche Verschmelzung ist nat\u00fcrlich die Verkn\u00fcpfung der Geberde des Zornes mit der Vorstellung des Zornes nicht.","page":435},{"file":"p0436.txt","language":"de","ocr_de":"436\nTheodor Lipps.\nGewifs kann*man sie ja, wenn man durchaus w ill, so nennen. Es kann eben Niemand verhindert werden, Verschmelzung so zu definiren, wie es ihm gef\u00e4llt. Unter Anderem auch so, dafs jede innige Verkn\u00fcpfung unter den Begriff der Verschmelzung f\u00e4llt Aber es ist doch nicht die Aufgabe der Psychologie Begriffe nach M\u00f6glichkeit zu verwirren. Haben Begriffe einmal einen bestimmten Sinn, so sollte der Psychologe es bei diesem Sinne belassen. Und immer wenn wir von Verschmelzung von T\u00f6nen zu Kl\u00e4ngen reden, hat die Verschmelzung keinen anderen, als den oben*angegebenen Sinn.\nAuch der Umstand, dafs der Zorn, der an die wahrgenommene Geberde gekn\u00fcpft ist, \u00e4sthetische Realit\u00e4t besitzt, geht, wie ich schon angedeutet habe, nicht \u00fcber das hinaus, was Associationen leisten k\u00f6nnen. Gewifs kommt eine besondere Bedingung hinzu. Sie beBteht, wie wir sahen, darin, dafs der Zorn mit der wahrgenommenen Geberde verkn\u00fcpft und in der bezeichneten unmittelbaren Weise damit verkn\u00fcpft ist Diese \u00e4sthetische Realit\u00e4t ist eine besondere Thatsache, sie ist nicht Association. Aber sie ist in dieser besonderen Art der Association begr\u00fcndet\nAlles das ist nun noch nicht die vollendete Einf\u00fchlung. Und man sagt vielleicht, erst diese vollendete Einf\u00fchlung gehe \u00fcber die Wirkung von Associationen hinaus. Sie sei eine Identification : Ich identificire mich mit dem Objecte. Und diese Identification beruhe nicht auf Association.\nDa w\u00e4re dann die Frage, ob dieser Satz richtig sei, ob nicht vielmehr auch jede Identification auf Association beruhe. Diese Frage w\u00fcrde ich bejahen.\nEs findet aber auch eine Identification von urspr\u00fcnglich Getrenntem hier gar nicht statt. Sondern, was ich in mir jetzt erlebe, und was ich in der \u00e4sthetischen Betrachtung im Objecte finde, ist von Hause aus Eines und Dasselbe. Es ist eine und dieselbe Eigenth\u00e4tigkeit. Die Frage der sympathischen Einf\u00fchlung ist nicht die: Wie kommt Fremdes und Eigenes dazu. Eines zu sein? Sondern sie lautet: Wie geschieht es, dafs Eigenes zugleich als im Objecte vorgefunden sich mir darstelit? Darauf aber giebt die \u201eAssociation\u201c die Antwort.\nUnd doch ist hier, bei der sympathischen Einf\u00fchlung, ein Punkt, wo der Name der Verschmelzung am Platze erscheinen mag. Die Einf\u00fchlung wird, wie wir sahen, zur sympathischen, indem das reproducirte eigene Erleben \u2014 der reproducirte Zorn \u2014^","page":436},{"file":"p0437.txt","language":"de","ocr_de":"\u00c4sthetische Einf\u00fchlung.\n437\ndas an das Symbol gebunden erscheint, zugleich in die entsprechende gegenw\u00e4rtige Eigenth\u00e4tigkeit sich verwandelt Dies dr\u00fcckte ich auch so aus : Das reproducirte eigene Erleben, dem in deiner Gebundenheit an das Symbol \u00e4sthetische Realit\u00e4t eigne, wecke die entsprechende Eigenth\u00e4tigkeit, wenn dazu jetzt in mir die Pers\u00fcnlichkeitabedingungen gegeben seien. Hierbei betrachtete ich beide psychische Vorg\u00e4nge, die Reproduction des eigenen Erlebens, und die gegenw\u00e4rtige Eigenth\u00e4tigkeit, zun\u00e4chst f\u00fcr sich, und stellte sie zu einander in Gegensatz. Dazu war ich berechtigt, \u2014 nicht weil etwa beide Vorg\u00e4nge zun\u00e4chst neben einander gegeben w\u00e4ren und erst nachtr\u00e4glich sich mit einander verb\u00e4nden, wohl aber sofern beide aus verschiedenen Quellen stammen, n\u00e4mlich der eine aus den Ged\u00e4chtnifsdispositionen, die von vergangenen Erlebnissen, \u2014 den vergangenen Zomaffecten \u2014 in mir nachgeblieben sind; der andere aus meinem gegenw\u00e4rtigen Wesen. Beide Vorg\u00e4nge sind in Wahrheit von vornherein ein einziger, aber in diesem einzigen Vorgang fliefsen jene beiden Quellen zusammen. Und dies kann man, wenn man will, Verschmelzung nennen : Die Wirkungen der beiden Quellen verschmelzen zu dem einzigen Vorgang, n\u00e4mlich zu dem Acte der \u00e4sthetischen Sympathie. Immerhin w\u00e4re hier der Begriff der Verschmelzung in einem weiteren Sinne genommen*\nZugleich aber bleibt es auch hier dabei : Verschmelzung und Association sind nicht Gegens\u00e4tze. Auch hier beruht die \u201eVerschmelzung\u201c auf Association, n\u00e4mlich auf der Aehnlichkeit der mit einander verschmelzenden Vorg\u00e4nge. In unserem Beispiel haben beide den gleichen Zorn zum Inhalt.\nDabei ist freilich wiederum dies, dale das Product dieser Verschmelzung gleichzeitig in der doppelten Weise, als objectiv und als Eigenth\u00e4tigkeit, als von dem sinnlich Wahrgenommenen mir auf-gen\u00f6thigt, und als spontane Regung meines Wesens erscheint, und dafs aus dieser gebundenen Eigenth\u00e4tigkeit jenes besondere Gef\u00fchl der Freiheit erw\u00e4chst, von dem oben die Rede war, \u2014 eine wohl auf ihre Gr\u00fcnde zur\u00fcckf\u00fchrbare, im Uebrigen aber nur anzuerkennende eigenartige Thatsache. Und sofern darin erst der Sinn der Einf\u00fchlung sich vollendet, m\u00fcssen wir wiederholen : Einf\u00fchlung ist, so gewiis sie durch Association zu Stande kommt, dennoch eine durchaus eigene psychologische Thatsache.","page":437},{"file":"p0438.txt","language":"de","ocr_de":"438\nTheodor Lipps.\n, R\u00e4umliche Formern ..\t, \u201e\nWollte ich. die im Thema dieser Abhandlung!, hozeiohnete Aufgabe auch nur em\u00f6germaafsen vollst\u00e4ndig l\u00f6seta, . so h\u00e4tte ich jetzt die Einf\u00fchlung- durch die verschiedenen \u00f6ebiet\u00a9 zu verfolgen. Ich h\u00e4tte insbesondere zu handeln ivonti decrEfini\u00fchlung in r\u00e4umliche Formally und zwar einerseits in *iie> iN&turfomien, andererseits in die geomertrischen oder rein ornamentalen Formen ; weiter von der Einf\u00fchlung in den Rhythmus v-in\tKl\u00e4nge\n\u2022und Verbindungen von solchen; endlich in Farben. Dies\u00ab alles zu thun verbietet mir aber der f\u00fcr diese Abhandlung zur Verf\u00fcgung stehende Raum. Ich begn\u00fcge mich darum weiterhin mit Hervorhebung einiger Punkte.\nIn einer Kritik meines Buches \u00fcber \u201eRaum\u00e4sthetik und geometrisch-optische T\u00e4uschungen\u201c meint Conrad Lange meine \u201eRaum\u00e4sthetik\u201c d. h. insbesondere meine Theorie des \u00e4sthetischen Wohlgefallens an geometrischen oder rein ornamentalen Formen sehr einfach durch die Bemerkung zu widerlegen: Er habe noch nie in Form einer Spirale sich ausgelebk loh gestehe gerne, dafs ich mich in diesem Punkte mit Lang\u00ae . in gleicher Lage befinde. Aber ich habe ja auch an Lange: keine solche Zumuthung gestellt.\t: x\nDas Mifsverst\u00e4ndnifs Lange\u2019s beseitigt sich, leioht, wenn ich am Beispiel der Spirale kurz zeige, worin der*Sinn jener von Lange vermeintlich widerlegten Theorie besteht Ich sage gleich : Die Form der Spirale ist lediglich Sache der Spirale. Nur dafs die Spirale diese Form durch eine innere Th\u00e4tigkeit von bestimmtem Charakter sich zu geben, dafs sie demnach in dieser Form sich selbst frei \u201eauszuleben\u201c scheint, dies allerdings ist meine Sache, oder ist von mir in sie \u201ehineingef\u00fchlt\u201c.\nSchon indem ich die Spirale betrachtend verfolge, und suc-cesive in ihren einzelnen Theilen auffasse, lasse ich sie, n\u00e4mlich eben f\u00fcr mich, oder in meiner Auffassung, entstehen. Sie ist -erst weit, dann eng; oder, bei umgekehrter Betrachtung, erst eng, dann weit Sie wird also successive enger .beam weiter/, sie verengert oder erweitert sich ; und sie th\u00fct' Jdica l * in bestimmter Weise. Ihr Dasein ist ein Werden. \u2022\u2022. ii r<\\\nDamit ist ein erster Ankn\u00fcpfungspunkt gegeben f\u00fcr die;Vorstellung der Bedingungen, unter welchen, zufolge. meiner, von dem ersten Tage meines Lebens an gemachten mechanischen","page":438},{"file":"p0439.txt","language":"de","ocr_de":"AeMhetische Einf\u00fchlung.\n439\nErfahrungen, eine solche Linie objectiv entstehen w\u00fcrde. Es giebt aber auch schon die Form der Linie an sich Anlafs zur Vorstellung 'dsamtt nat\u00fcrlichen Entstehungsbedingungen\u00bb Formen pflegen eben doch thats\u00e4chlich unter bestimmten mechanischen Bedingungen \u25a0 \u00bb\u00fc entstehen. Und ich habe, auch schon diese oder fthmlibbei\u2022Formen, ich habe allerlei Kr\u00fcmmungen, ab\u00bb nehmende uhd?:zunehmende, entstehen sehen. Und endlich, entstehen Formen nicht, so behaupten sie sich doch\u00bb Und auch dies geschieht unter bestimmten mechanischen Bedingungen.\nDiese mechanischen Bedingungen nun nennen, wir Kr\u00e4fte, Tendenzen, mechanische Th\u00e4tigkeiten. Indem wir die Linie daraus entstehen lassen, interpretiren wir ihre Form mechanisch.\nUnd dazu nun f\u00fcgen wir, oder daran heftet sich weiterhin die .Vorstellung m\u00f6glicher innerer Verhaltungsweisen meiner selbst \u2014 nicht von gleichem Ergebnifs, sondern von gleichem Charakter, d. h. es heftet sich daran die Vorstellung m\u00f6glicher Arten meines eigenen Thuns, bei denen in analoger Weise -Kr\u00e4fte, Antriebe oder Tendenzen, Th\u00e4tigkeiten frei oder gehemmt sich verwirklichen, ein Nachgeben gegen Einwirkungen stattfindet, oder Widerst\u00e4nde \u00fcberwunden werden, Spannungen zwischen Antrieben, entstehen und sich l\u00f6sen u. s. w. Jene Kr\u00e4fte und Kraft Wirkungen erscheinen im Lichte dieser meiner eigenen Verhaltungsweisen, dieser Arten meines Thuns, dieser Antriebe und Tendenzen und dieser Weisen ihrer Verwirklichung.\nDamit ist dafs Mifsverst\u00e4ndnifs Lange\u2019s beseitigt. Nicht das Mechanische, was m der Spirale geschieht, d. h. zu geschehen scheint, sondern dafs dies Geschehen nicht als ein blos mechanisches, sondern zugleich als ein innerer Th\u00e4tigkeit und Regsamkeit entstammendes erscheint, ist aus meinem eigenen Erleben genommen und in die Spirale hineingetragen. Nicht die lebendige Spirale erzeuge ich, indem ich eine eigene Weise, spiralf\u00f6rmig mich auszuleben, objectivire; sondern ich mache die Spirale lebendig, indem ich mein Leben, \u2014 das an. sich mit der Spiralform nichts, um so mehr aber mit Kraft, mit Hemmung und Hemmungslosigkeit, mit Widerstand und Ueberwindung von Widerst\u00e4nden, mit Spannung und L\u00f6sung zu thun hat, \u2014 zu den Kr\u00e4ften, Hemmungen, Widerst\u00e4nden u\u00bb. 8. W., die mir in der Spirale gegenw\u00e4rtig scheinen, hinzuf\u00fcge und dadurch ihnen Leben einfl\u00f6fse. Ich gebe kurz gesagt , im Acte der Einf\u00fchlung nicht der Spirale und","page":439},{"file":"p0440.txt","language":"de","ocr_de":"440\nTheodor Lippe.\nder Weise, wie sie zu entstehen scheint, ihre Form, sondern ich gebe den Kr\u00e4ften, wodurch ihre Form entsteht, diese pers\u00f6nliche F\u00e4rbung. Es ist also auch nicht erforderlich, dafs ich diese Form jemals in mir gefunden habe.\nIndem dann freilich diese pers\u00f6nliche F\u00e4rbung zu der Form -dieses bestimmten mechanischen'Geschehene hinzutritt, oder in rsie eingeht, wird diese F\u00e4rbung nat\u00fcrlich zur F\u00e4rbiing eines r\u00e4umlich so gearteten, n\u00e4mlich spiralf\u00f6nhigen mechanischen Ge* .schens. Meine Weise mich selbst auszuleben verwandelt sich in .der Spirale, oder sofern sie in die Spirale ein gef\u00fchlt ist, in ein sich Aiisleben in Form der Spirale. Aber sie erscheint so .nur in der Spirale, nicht vorher in mir.\nUnd so mufs ich schliefslich doch sagen : Ich habe allerdings schon in Form einer Spirale mich ausgelebt. Und ich vermuthe, dafs das Gleiche von Lange gilt. Ich that dies immer dann, aber auch freilich nur dann, wenn ich eine Spirale sah. Mein sich Ausleben gewann dann immer, n\u00e4mlich in der Spirale, oder sofern es als sich A\u00fcsleben der Spirale erschien, diese bestimmte Form.\nZur weiteren Verdeutlichung frage ich: Wenn ich die Form eines thierischen K\u00f6rpers, eines Hundes oder einer Katze beseele, heilst dies, dafs ich mich einmal als Hund oder Katze ausgelebt habe? Und doch steht es fest, dafs das Thier f\u00fcr mich beseelt , oder belebt sein kann, nur weil ich Z\u00fcge meines eigenen Lebens in dasselbe hineintrage.\nWie geht dies zu? Die Antwort ist einleuchtend. Ich trage zun\u00e4chst in den Thierk\u00f6rper die Z\u00fcge meines eigenen Lebens liinein, zu deren Hineintragung die bei Betrachtung des Thieres gemachten Erfahrungen mir Anlafs geben. Ich trage sie zugleich hinein in dem Grade, mit den Modificationen, in den Combi-nationen, zu denen mich diese Erfahrungen n\u00f6thigen. Damit gewinnen jene Z\u00fcge meines eigenen Lebens die besondere Form und Richtung und den concreten Inhalt, wodurch das Leben zum specifischen Leben eines Hundes oder einer Katze wird. Will man, so kann man dies auch so ausdr\u00fccken, dais man sagt, ich lebe mich in Gestalt des Thieres selbst aus. Nun, in dem gleichen Sinne lebe ich auch angesichts der Spirale in Form der Spirale mich aus.\nHierbei ist zun\u00e4chst wiederum an die einfache. Einf\u00fchlung gedacht. Insoweit ist das sich Ausleben in Form der Spirale bezw. in","page":440},{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"Aesthetiscke Einf\u00fchlung.\n441\nGestalt des Hundes oder der Katze auch hier, wie bei der Geberde des Zornes, ein reproductives oder in der blofsen Vorstellung sich vollziehendes. Dabei aber bleibt es auch bei der Spirale nicht. Die Einf\u00fchlung ist bei ihr, falls die Spirale nicht eine verbogene sondern eine in \u201efreiem Linienflufs\u201c verlaufende Spirale ist, zugleich sympathische Einf\u00fchlung. Und dies heilst: Ich lebe jetzt wirklich in der Spirale, also in gewissem Sinne auch in Form der Spirale mich selbst aus. Nicht minder kann ich aber auch mit Lebens\u00e4ufserungen des Hundes oder der Katze sympathisiren. Ich thue dies immer, wenn sie mir gefallen. Dann lebe ich auch in Gestalt des Thieres, bezw. in (restait dieser Lebens\u00e4ufserungen genau ebenso wirklich mich aus. Dies heifet doch nichts Anderes, als ich bin mit meinen Gedanken in den Lebens\u00e4ufserungen des Thieres, sowie ich mit meinen Gedanken in der Spirale bin, ich verfolge jene Lebens\u00e4ufserungen, sowie ich die eigent\u00fcmliche Bewegung der Spirale verfolge, und indem ich dies oder jenes thue, f\u00fchle ich mich in dem Thiere bezw. in der Spirale frei th\u00e4tig, leicht spielend, oder Hemmungen kraftvoll \u00fcberwindend u. s. w. Und wiederum, indem ich so mich verhalte, f\u00fchle ich in dem Thiere bezw. in der Spirale mich begl\u00fcckt.\nRhythmus.\nVon hier gehen wir noch einen Schritt weiter. Man sieht deutlich die Uebereinstimmung, aber auch den Unterschied zwischen der Einf\u00fchlung in die Spirale und der vorher er\u00f6rterten Einf\u00fchlung in die Geberde des Zornes. Der Unterschied besteht darin, dafs bei der Spirale die Beth\u00e4tigungsweise meiner selbst, die ich in sie einf\u00fchle, mit den mechanischen Kr\u00e4ften, Tendenzen, Th\u00e4tigkeiten, an welche sie sich heftet, nicht durch Erfahrungsassociation, sondern durch Association der Aehnlichkeit, genauer durch Association der Gleichartigkeit des Charakters, verkn\u00fcpft ist.\nF\u00fcr diese Wirkung der Association der Aehnlichkeit, also f\u00fcr diejenige Art der Einf\u00fchlung, bei welcher die Aehnlichkeit das Band zwischen mir und dem Objecte bildet, m\u00f6chte ich aber noch ein weiteres Beispiel erw\u00e4hnen. Ich w\u00e4hle das Beispiel des Rhythmus.\nDie gesetzm\u00e4fsige Folge von betonten und unbetonten oder minderbetonten Silben, oder der Rhythmus der Kl\u00e4nge in der","page":441},{"file":"p0442.txt","language":"de","ocr_de":"442\nTheodor Lippi.\nMu\u00dfik bedingt zun\u00e4chst wiederum, wie die * Spirale, eine bestimmte Auf\u00dfassungsbewegung. Diese ist aber hiervon besonderer Art: Ich bin und f\u00fchle mich fortgedr\u00e4ngt/- von Element zu Element, von Gruppe zu Gruppe. Was mich forid r\u00e4ngt, ist die Gleichartigkeit der Elemente und der Gruppemj Jedem psychischen Geschehen eignet die Tendenz, in gleichartiger Weise fortzugehen. Dies Gesetz ist nichts als das Gesetz1 der Association der Aehnlichkeit\nZugleich h\u00e4lt jedes einzelne Element und jede abgeschlossene Gruppe mich fest Die betonten Silben halten mich st\u00e4rker und dauernder fest, als die unbetonten; st\u00e4rker betonte st\u00e4rker, als schw\u00e4cher beitonte. In dieser Wechselwirkung von Vorw\u00e4rtsdr\u00e4ngen und Zur\u00fcckgehaltenwerden und in dem daraus sich ergebenden Wechsel von freierem Fortschritt und Ruhe, Spannung und L\u00f6sung, Conflict und UeberWindung, Gegeneinanderwirken und Gleichgewicht, und in der Gesetzm\u00e4fsigkeit dieser wechselvollen psychischen Bewegung besteht zun\u00e4chst, psychologisch betrachtet, die Thatsache des Rhythmus.\nDer Rhythmus ist also zun\u00e4chst Rhythmus der Acte der Auffassung der betonten und unbetonten oder minderbetonten Silben. Er ist zun\u00e4chst verwirklicht lediglich in der successiven Apperception eines sinnlich Gegebenen, hat also einzig dies sinnlich Gegebene zum Inhalt\nAber dabei bleibt es nicht. Das Gesetz der Aehnlichkeits-association ist auch ein Gesetz der Ausbreitung jeder charakteristischen Art der psychischen Erregung oder Bewegung, ein Gesetz der Ausstrahlung derselben auf Grund der Gleichartigkeit, ein Gesetz der Irradiation, des Mitschwingens des Gleichartigen oder der auf einen gleichartigen Ton gestimmten \u201eSaiten\u201c unseres Inneren, ein Gesetz der psychischen Resonanz des Aehn-lichen. Dies Gesetz war schon oben, bei der Spirale, als bestehend vorausgesetzt. Hier formulire ich es kurz so: Jede Eigenart, oder jede besondere \u201eRhythmik\u201c einer psychischen Erregung oder Bewegung, di\u00a9 irgendwo an einer Stelle der Psyche stattfindet, d. h. in irgendwelchen psychischen Inhalten verwirklicht ist, hat die Tendenz, sich weiter zu verbreiten und fco weit m\u00f6glich, die ganze Psyche zu erfassen und z\u00bb erf\u00fcllen, d. h. solches zu unterst\u00fctzen, zu reproduciren, anklingen zu lassen, das die gleiche Weise des psychischen Ge\u00f6chehetos in sich re-pr\u00e4sentirt.\t/\t\u25a0","page":442},{"file":"p0443.txt","language":"de","ocr_de":"Aestheti\u00eache Einf\u00fchlung.\n443\nDafs ein solches Gesetz bestehen mufs, verstehen wir wohl. Worin immer die Psyche bestehen mag, in jedem Falle ist sie eine Einheit Wie verschiedenartige Vorg\u00e4nge auch gleichzeitig sich in ihr abspielen m\u00f6gen, immer Kit doch jeder Vorgang eine Function i oder Lebens\u00e4ufserung dieser Einheit oder des Ganzen 4er Psyche. Darin liegt, dafe die> Eigenart eines psychischen Vorganges immer zugleich der Tendenz nach f\u00fcr das Ganze der Psyche dasein mufs. \u2014 Ich bemerke noch besonders dafs ich hier \u00fcber das Wesen der Psyche keinerlei metaphysische Voraussetzungen mache.\nIm Uebrigen ist das hier auf gestellte Gesetz durch allerlei Erfahrungen zur Gen\u00fcge sicher gestellt. Ich bezeichnete es soeben als ein Gesetz der Ausbreitung der Eigenart jedes psychischen Vorganges. Eine solche Eigenart ist zun\u00e4chst jeder Rhythmus im Ganzen betrachtet. Andererseits hat wiederum .jeder Rhythmus seine Eigenart oder seine \u201eRhythmik\u201c : Er ist .im Ganzen leichter, freier, oder schwerer, gebundener, vorw\u00e4rts .st\u00fcrmend oder zur\u00fcckhaltend, einfach oder reich u. s. w., mit einem Wort, er hat seinen bestimmten Grundcharakter, seine allgemeine Ablaufsweise, es verwirklicht sich in ihm eine charakteristische Weise der seelischen Erregung \u00fcberhaupt.\nDiese Unterscheidung m\u00fcssen wir festhalten. Wir finden dann, dafs zun\u00e4chst jedem bestimmten in einem bestimmten Vorstellungsbebiet verwirklichten Rhythmus im Ganzen die Tendenz eignet, auf andere Vorstellungsgebiete sich zu \u00fcbertragen. Wir sind etwa geneigt, in Uebereinstimmung mit einem geh\u00f6rten Rhythmus den K\u00f6rper zu bewegen, zu gehen, zu tanzen.\nHier werden durch den Rhythmus der Geh\u00f6rseindr\u00fccke gleichartig rhythmisch geordnete Bewegungsvorstellungen geweckt. Und diese Bewegungsvorstellungen sind nicht nur da, sondern sie erweisen sich m\u00e4chtig genug, zu thats\u00e4chlichen Bewegungen Anlafs zu geben. Nun sind BewegungsVorstellungen mit Geh\u00f6rseindr\u00fceken v\u00f6llig unvergleichbar. Trotzdem hat der Rhythmus diese reproduoirende Wirkung. Dann mufs dem Rhythmus \u00fcberhaupt die Tendenz zugeschrieben werden, weiter in der Psyche sich- zu verwirklichen.\nEine sehr viel umfassendere Wirkung aber m\u00fcssen wir dann weiter jenen, allgemeinen oder Grundcharakter des Rhythmus zuschr\u00e4ben. Wir m\u00fcssen dies eben darum, weil er allgemeinerer Art ist, und als solcher eine sehr viel umfassendere","page":443},{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"444\nTheodor IApps.\n-Bedeutung innerhalb des psychischen Lebens besitzt Der Rhythmus im Ganzen ist eine bestimmte Art der Aufeinanderfolge einzelner gleichartiger psychischer Vorg\u00e4nge. Er ist darum \u00fcbertragbar lediglich von einer Aufeinanderfolge solcher Vorg\u00e4nge auf eine andere, also etwa von einer Silbenreihe oder Tonreihe auf eine Reihe von BewegungsvorsteUufagen. Dagegen liegt es in der Natur jenes allgemeinen Charakters eines Rhythmus, jener Leichtigkeit, Freiheit, Schwere, Gebundenheit u. s. w,, dafs psychische Vorg\u00e4nge von beliebigem Inhalt Tr\u00e4ger desselben sein k\u00f6nnen. Hier kann also eine Ausstrahlung auf die ganze Psyche oder alle m\u00f6glichen Inhalte derselben, ein \u201eMitschwingen\u201c aller m\u00f6glichen \u201eSaiten\u201c unseres Inneren stattfinden.\nUnd weil dies Mitschwingen stattfinden kann, so muls es jederzeit in gr\u00f6fserem oder geringerem Mafse stattfinden. Das jedesmalige Maafs, in welchem es stattfindet, wird abh\u00e4ngen einmal von dem Rhythmus: Rhythmen sind in h\u00f6herem oder geringerem Maafse \u201esuggestiv\u201c, einschmeichelnd, packend, fortreifsend. Zum Anderen von der besonderen Zug\u00e4nglichkeit des Individuums f\u00fcr eine solche Art der Wirkung.\nJenes rhythmisch-psychische Geschehen also, das wir beim Anh\u00f6ren der rhythmisch gegliederten Folge von T\u00f6nen oder Silben erleben, d. h. jener gesetzm\u00e4fsige Wechsel von freiem Fortschritt und Ruhe, Spannung und L\u00f6sung, Conflict und Ueber-windung mufs zu reproduciren streben alle solche \u00fcberhaupt in mir reproducirbaren anderweitigen psychischen Vorg\u00e4nge, die eine gleichartige Weise der psychischen Bewegung in sich schliefsen. Ich k\u00f6nnte auch sagen, er mufs die ganze Psyche in gleichartiger Weise zu rhythmisiren suchen. Dabei nehme ich aber, ich wiederhole dies, den \u201eRhythmus\u201c in umfassenderem Sinne, n\u00e4mlich als charakteristische Weise des psychischen Geschehens oder des Ablaufes desselben \u00fcberhaupt\nZugleich schliefst diese Reproduction wiederum \u2014 wie in den oben er\u00f6rterten F\u00e4llen \u2014 je nach der Beschaffenheit des geh\u00f6rten Rhythmus diese oder jene Modification, Steigerung, neue Combination von Vorg\u00e4ngen, die ich erlebt habe, oder von Elementen solcher Vorg\u00e4nge in sich. Sie ist insofern wiederum, eine Reproduction von Beth\u00e4tigungsweisen eines idealen Ich\nDaneben ist zu ber\u00fccksichtigen, dafs die reproducirend\u00a9 Kraft des Rhythmus nicht gerichtet ist auf den besonderen.","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"Aesthetische Einf\u00fchlung.\n445\nInhalt solcher ehemaligen Erlebnisse, sondern auf eben diese darin verwirklichte Weise der psychischen Bewegung. Das Ergebnis ist die Reproduction einer dem Rhythmus entsprechenden allgemeinen Weise der Beth\u00e4tigung meiner selbst, und einer zugeh\u00f6rigen Weise mich zu f\u00fchlen, die Vorstellung einer umfassenden \u201eGesammtstimmung\u201c der Freiheit und Gebundenheit, des leidenschaftlichen Vorw\u00e4rtsdr\u00e4ngens oder der ruhigen Gemessenheit, des Ernstes oder des heiteren Spieles u. s. w.\nWas ich also innerlich habe, wenn ich den Rhythmus h\u00f6re, ist zun\u00e4chst zweierlei: Einmal die mir aufgen\u00f6thigte Bewegung der Auffassungsth\u00e4tigkeit. Weil sie durch den geh\u00f6rten Rhythmus mir aufgen\u00f6thigt und unmittelbar an ihn gebunden, in der Wahrnehmung desselben unmittelbar mitgegeben ist, so erscheint sie als dem Rhythmus oder dem rhythmischen Objecte selbst zugeh\u00f6rig, als seine Bewegung und Bewegungstendenz. \u2014 Und zum Anderen erlebe ich diese Gesammtstimmung meiner Pers\u00f6nlichkeit.\nZugleich sind doch diese beiden Erlebnisse wiederum f\u00fcr mich nicht zweierlei. Es tritt nicht neben jene mir unmittelbar aufgen\u00f6thigte Bewegung diese Stimmung. Sondern, wie jene Bewegung an den geh\u00f6rten Rhythmus, so ist diese Stimmung an jene Bewegung unmittelbar gebunden. Was sie an einander bindet, ist dies, dafs Beides eine und dieselbe Bewegung ist. Die Stimmung ist die mir aufgen\u00f6thigte Bewegung selbst, nur nicht als Bewegung, die auf den Punkt der Psyche beschr\u00e4nkt bleibt, an dem sie erzeugt wurde, sondern als Bewegung in der Gesammtpers\u00f6nlichkeit, deren Wesen bestimmt ist durch alles was jemals von mir erlebt wurde, und jetzt in mir wiedergeweckt werden kann; demnach ausgestattet mit dem Charakter der Mitbeth\u00e4tigung der Gesammtpers\u00f6nlichkeit\nSo ist auch der Klang der Violinsaite der Klang dieser Saite, aber nicht als einer isolirten Saite, sondern eben als der Saite der Violine, darum mit der Kraft und Klangfarbe, die ihm dieses gesammte Instrument verleiht. So gewifs aber das Instrument sie verleiht, so gewifs ist sie doch nicht etwas von dem Klange der Saite als solcher Getrenntes, sondern haftet diesem unmittelbar an. Der Vergleich hinkt, sofern die Violinsaite isolirt sein k\u00f6nnte, und nur thats\u00e4chlich in den K\u00f6rper der Violine eingef\u00fcgt ist. Dagegen existiren die Saiten","page":445},{"file":"p0446.txt","language":"de","ocr_de":"446\tTheodor Lipps.\nunseres Inneren von vornherein nur in Einheit mit der \u00f6esammt-pers\u00f6nlichkeit - \u20221\nDamit ist dann zugleich gesagt, dafe die BMh\u00e4tigutigsweise: meiner Gesammtper&\u00f6nlichkeit oder diese Geaammtetimimmg, diese psychische \u00bbResonanz der mir aufgenttt\u00e4ngte\u00fc Bewegung, ebenso wie diese selbst* an den Rhythmus unmittelbar gebunden oder ihm zugeh\u00f6rig erscheint Der Rhythmus ^elbst-also scheint, in der Weise einer Pers\u00f6nlichkeit, frei und leicht, oder gebunden und schwer* eich auszuleben, ein ernstes oder fr\u00f6hliches Beben scheint in ihm selbst zu pulsiren. Es ist in ihm Wille, Leidenschaft, ruhiges Behagen, Strenge, heitere Lebenslust. Es ist dies alles in ihm, als- \u201eobjective\u201c Thatsache, mit objectiver, n\u00e4mlich \u00e4sthetischer Realit\u00e4t.\nUnd endlich ist dieses reproductive und in den Rhythmus hineingef\u00fchlte sich Ausleben meiner idealen Pers\u00f6nlichkeit nicht nur reproductiv, sondern als gegenw\u00e4rtiges thats\u00e4ch\u00fcches Erleben in mir und in dem Rhythmus gegenw\u00e4rtig. Ich lebe in dem Rhythmus jetzt als diese ideale Pers\u00f6nlichkeit tbats\u00e4ohlich mich aus. N\u00e4mlich in dem Maafse, als es in meinem .gegenw\u00e4rtigen Wesen liegt, mich in solcher Weise auszuleben oder in solcher Weise innerlich athmen zu k\u00f6nnen. Jetzt werde ich nicht mehr blos vom Rhythmus fortgetrieben und zur\u00fcokge halten, gespannt und befreit; es scheint auch nicht mehr d\u00ebr Rhythmus, als etwas aufs er mir Bestehendes, so oder) teo sich auszuleben; sondern ich selbst strebe oder st\u00fcrme vorw\u00e4rts oder halte zur\u00fcck, woge frei i n dem Rhythmus auf und ab, So frei, leicht, spielend, oder so ruhig, ernst, gemessen, wie es der gegebene Rhythmus und zugleich das Bed\u00fcrfnifs oder die Sehnsucht meines eigenen Wesens mir vorschreibt. Ich f\u00fchle mioh zugleich in allem dem innerlich frei in der besonderen Weise, wie es aus dieser Einstimmigkeit meines Wesens mit der Forderung des Rhythmus sich ergiebt; so wie ich mich frei f\u00fchle, wenn ich im Strome schwimmend eben dahin will, wohin der Strom seiner eigenen Richtung zufolge mich zu f\u00fchren strebt \u2014 Darin besteht hier die volle \u00e4sthetische Einf\u00fchlung oder die \u00e4sthetische > Sympathie.\nNoch einmal: Einf\u00fchlung und Association.\nDieser Einf\u00fchlung ist gleichartig die Ei\u00fcf\u00fchluiigi\u00fc! Kl\u00e4nge und Klangverbindungen und die Einf\u00fchlung irr Farben.. Auch jeder Klang, jede Klangverbindung, jede Farbe, genauer der","page":446},{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"Aesthetische \u00cainf\u00fchlung.\n447\npsychische Vorgang der Wahrnehmung dieser Inhalte, hat seine \u201eRhythmik\u201c, die zu einer Rhythmik der Gesammtpers\u00f6nlichkeit wird oder wetxien kann.\nDarauf ' indessen gehe ich, wie schon gesagt, nicht mehr ein. Wohl aber frage ich noch einmal: Wie verh\u00e4lt sich im Falle des Rhythmus'1 und!'in 'den verwandten F\u00e4llen die\u2019Einf\u00fchlung zur Association?' Ich erinnere hier zun\u00e4chst daran: Jenes Gesetz der \u201eAusstrahlung* \u00f6der der \u201epsychischen Resonanz* auf Grund der Gleichartigkeit \u201cbezeichnet\u00a9 ich bereits oben als eine \u00dfpeziali-sirung des Assooi\u00e4tionsgesetzes, n\u00e4mlich des Gesetzes der Aebn-lichkeitsassociation. Zugleich ist schon deutlich geworden, um welche Aehnlichkeit oder Gleichartigkeit e\u00e9 sich dabei im Wesentlichen handelt. N\u00e4mlich nicht um eine Aehnlichkeit oder Gleichartigkeit, wie sie besteht zwischen Roth und Orange, d. h. um die Aehnlichkeit, bei welcher ein Gemeinsames in den Bewusstseinsinhalten selbst aufgefunden werden kann, sondern um die Aehnlichkeit psychischer Vorg\u00e4nge, die den Rewufst-seinsinhalten zu Grunde liegen. Ernst und Heiterkeit eines Rhythmus, ebenso Leerheit von Kl\u00e4ngen und Klangf\u00fclle, Breite, Ruhe, Schwere und1 das Gegenteil in T\u00f6nen, Tiefe, W\u00e4rme und K\u00e4lte von Farben- das sind keine Qualit\u00e4ten des geh\u00f6rten Rhythmus, der Kl\u00e4nge, der Farben, d. h. sie sind keine Qualit\u00e4ten, die wir M den fraglichen Bewufstseinsinhalten als solchen finden. Ich h\u00f6re nicht den Emst und die Heiterkeit, wenn ich die Folge der betonten und unbetonten Silben h\u00f6re, ich h\u00f6re nicht die Leerheit und F\u00fclle, die Breite und Ruhe, wenn ich einen Klang h\u00f6re; ich sehe nicht die Tiefe, die W\u00e4rme oder K\u00e4lte, wenn ich die Farben sehe. Sondern diese Worte bezeichnen die f\u00fchlbare Weise, wie ich innerlich erregt bin, indem ich die Kl\u00e4nge und Farben wahrnehme, sie bezeichnen den \u201eaffectiven Charakter\u201c des Wahrnehmungsvorganges. Gewifs geh\u00f6ren diese Weisen der psychischen Erregung dem geh\u00f6rten Rhythmus, den Kl\u00e4ngen und Farben zu, und gewifs haftet das Gef\u00fchl, in welchem sie sieh unmittelbar kundgeben, f\u00fcr das Bewusstsein bumittelbar an dem Rhythmus, den Kl\u00e4ngen und Farben. Aber ebenso gewifs sind jene Weisen oder ist dies Ge-fttl nM\u00eft'in\" ~dbm Rhythmus, den Kl\u00e4ngen und Farben als Bestandteil des betreffenden Geh\u00f6rs- oder GesichtBbildes selbst enthalten. ! Sie sind, wie schon gesagt, Eigent\u00fcmlichkeiten","page":447},{"file":"p0448.txt","language":"de","ocr_de":"448\nTheodor Lippe.\nder psychischen Vorg\u00e4nge, die den Empfindungsinhalten, Klang und Farbe genannt, zu Grunde liegen.\nSolche psychischen Vorg\u00e4nge haben aber nicht nur repro-ducirende Kraft, sondern sie sind das Reproducirende immer dann, wenn Rhythmen, Kl\u00e4nge, Farben reproducirend wirken. Und da Aehnlichkeitsassociation nichts ist als Aehnlichkeit, sofern sie psychisch wirkt und Verschiedenes psychisch an einander bindet, so m\u00fcssen wir sagen, Aehnlichkeitsassociation zwischen Rhythmen, Kl\u00e4ngen, Farben einerseits und irgendwelchen sonstigen psychischen Erlebnissen andererseits ist \u00fcber-, haupt nicht Association der Bewufstseinsinhalte, die wir Rhythmen, Kl\u00e4nge, Farben nennen, mit anderen Bewufstseinsinhalten, sondern sie ist Association zwischen psychischen Vorg\u00e4ngen, die jenen und diesen Bewufstseinsinhalten zu Grunde liegen.\nDies m\u00fcssen wir verallgemeinern. Keine Association ist Association zwischen Bewufstseinsinhalten. Etwas, das diesem Namen verdient, existirt nicht. Sondern jede Association ist Association zwischen psychischen Vorg\u00e4ngen. Und noch allgemeiner: Was \u00fcberhaupt psychisch wirkt, das sind nicht die Bewufstseinsinhalte, sondern die psychischen Vorg\u00e4nge. Die Psychologie als Wissenschaft vom psychischen Causalzusammen-hange ist nicht die Wissenschaft von den Bewu\u00dftseinsinhalten \u2014 dies ist auch die Physik, und in ganz specifischer Weise dia Mathematik \u2014, sondern sie ist Wissenschaft von den psychischen Vorg\u00e4ngen. Ihre Aufgabe besteht darin, aus den Bewu\u00dftr seinsinhalten die psychischen Vorg\u00e4nge und ihre Wechselwirkung zu ersehliefsen, und so die Bewufstseinsinhalte verst\u00e4ndlich zu machen. Jede Psychologie, die dies verkennt, strebt einem Trugbilde nach. Es ist f\u00fcr die Zukunft der Psychologie entscheidend, dafs dies Trugbild aufgegeben wird. \u2014 Nebenbei bemerkt habe ich hier nichts dawider, wenn Jemand, sei es der gr\u00f6fseren Anschaulichkeit wegen, sei es in gutem Glauben, die psychischer* Vorg\u00e4nge, von denen ich hier rede, mit irgendwelchen Gehirnvorg\u00e4ngen identificiren will. Thut man dies, so stimmt das soeben Gesagte mit der Regel des \u201epsychophysischen Parallelismus\u201c : Alle psychische Causalit\u00e4t ist lediglich physiologisch; die Bewufstseinsinhalte sind nichts als unth\u00e4tige Begleiter der einzig und allein wirkenden und Wirkungen empfangenden physiologischen Gehimvorg\u00e4nge, Wenn ich meinestheils jene Identification nicht vollziehe, so geschieht dies zun\u00e4chst darum, weil ich damit","page":448},{"file":"p0449.txt","language":"de","ocr_de":"Aesthetische Einf\u00fchlung.\n449\n\u00fcber , die Grenzen der Erfahrungserkenntnifs hinausginge. Und Psychologie soll ja keine Metaphysik sein.\nHat man aber einmal den \u201epsychischen Vorg\u00e4ngen\u201c die associative Wirkung zugewiesen, so ist noch ein Weiteres zu bedenken. Was an einem Wahmehmungsvorgang oder Complex von selchen die gr\u00f6fste associative also reproductive Kraft hat, das ist nicht das Spe\u00e9ifische an den Wahrnehmungsvorg\u00e4ngen, d. h. nicht das, was sie zu Wahrnehmungen von diesem bestimmten Inhalte macht, sondern die allgemeine Weise der psychischen Bewegung, die darin verwirklicht ist. Und entsprechend ist auch das, was durch einen Wahmehmungsvorgang oder Complex von solchen verm\u00f6ge der Association der Aehn-lichkeit reproducirt wird, was also jene \u201eResonanz\u201c ausmacht, nicht dieser und jener inhaltlich bestimmte VorstellungsVorgang, sondern es ist eine allgemeine Weise des, zun\u00e4chst reproductiven, inneren Erregtseins \u00fcberhaupt, eine umfassende Art, mich innerlich zu beth\u00e4tigen, zu haben, auszuleben, zu f\u00fchlen, eine \u201eStimmung\u201c oder Gestimmtheit des psychischen Gesammt-geschehens.\nDies Letztere mag Bedenken erregen. Diese allgemeinen Weisen des Erregtseins scheinen Abstractionen. Dies sind sie in gewisser Weise in der That. Aber sie sind darum nichts Unwirkliches. Sie haben relative psychische Selbst\u00e4ndigkeit. Dafs wir sie in Gedanken heraussondem k\u00f6nnen, dies eben beweist diese Selbst\u00e4ndigkeit. Unser Verm\u00f6gen der gedanklichen Heraussonderung dessen, was f\u00fcr das Bewufstsein nicht gesondert gegeben ist oder gesondert gegeben sein kann, oder unser Verm\u00f6gen der \u201eAbstraction\u201c, das ist gar nichts Anderes als die Thatsache, dafs das Abstracte, oder das Allgemeine, das vielen psychischen Thatbest\u00e4nden gemeinsam ist, eine relative psychische Selbst\u00e4ndigkeit besitzt, oder f\u00fcr sich psychisch, d.h. in dem \u2014 jenseits des Bewufstseins liegenden \u2014 psychischen Lebens-zusammenhange zur Wirkung gelangen kann.\nVon hier aus nun ergiebt sich vielleicht eine M\u00f6glichkeit, den Streit, ob Einf\u00fchlung \u2014 nicht Association sei, aber auf Association beruhe, zu schlichten. Wenn ein wahrgenommenes Object einen bestimmten Inhalt meines Vorstellens oder Denkens, ein vorgestelltes oder gedachtes Object reproducirt, wenn die Association eine solche reproductive Einzelwirkung \u00fcbt, dann steht dies reproducirte Object neben dem wahr-\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 32.\t29","page":449},{"file":"p0450.txt","language":"de","ocr_de":"450\nTheodor Lippe.\ngenommen. Es tritt zu ihm hinzu. Und das ist nicht Einf\u00fchlung. Nun, vielleicht versteht man, wenn man leugnet, dafs Einf\u00fchlung auf Association beruhe, oder durchaus darauf be--ruhe, unter der Association aussehliefslich die psychische Beziehung zwischen einzelnen psychischen Vorg\u00e4ngen, aus der diese Wirkung stammt. Dann hat man mit jener Leugnung Recht. Anders, wenn man diese Einschr\u00e4nkung nicht macht, sondern, so wie wir thun, zugleich eine Association mit allgemeinen Weisen der psychischen Beth\u00e4tigung anerkennt und dieser sogar die h\u00f6chste F\u00e4higkeit des Wirkens zuspricht Hier ist keine Gefahr, dafs das Reproducirte \u00e4ufserlich neben dasjenige trete, von dem die reproductive Wirkung ausgeht. Diese Weisen meiner Beth\u00e4tigung sind nicht ein Object neben Objecten, und k\u00f6nnen darum gar nicht neben dem wahrgenommenen Objecte stehen. Die Weisen meiner Beth\u00e4tigung insbesondere, von denen hier, bei der Frage der \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung die Rede ist, k\u00f6nnen, als Bestimmtheiten meiner selbst, nur in den Objecten sein, i n denen ich betrachtend verweile. Indem ich dies letztere thue, nehme ich mich, mit den Weisen meiner Beth\u00e4tigung, mit. Die Bestimmtheiten meiner selbst geh\u00f6ren dem Objecte an, sofern oder soweit sie iml\u00f6sbar an den Act der Apperception des -Objectes, als seine \u201eResonanz\u201c, gekn\u00fcpft sind. \u2014 Damit ist zugleich noch einmal der Shm der \u00e4sthetischen Einf\u00fchlung und des \u00e4sthetischen Symboles kurz bezeichnet\n(Eingegangen am 18. December 1899.)\n","page":450}],"identifier":"lit31367","issued":"1900","language":"de","pages":"415-450","startpages":"415","title":"Aesthetische Einf\u00fchlung","type":"Journal Article","volume":"22"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:23:24.892795+00:00"}

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