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{"created":"2022-01-31T13:46:21.349499+00:00","id":"lit31390","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kiesow, F.","role":"author"},{"name":"M. Nadoleczny","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 23: 33-59","fulltext":[{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus der Abtheilung f\u00fcr experimentelle Psychologie des physiologischen Instituts der Universit\u00e4t Turin.)\nZur Psychophysiologie der Chorda tympani.\nVon\nF. Kiesow und M. Nadoleczny.\nDurch die G\u00fcte des Herrn Prof. Gbadenigo zu Turin wurden uns aus seiner Klinik zwei F\u00e4lle von Otitis media puru-lenta chronica \u00fcberlassen, die hier operativ behandelt wurden und die nach der Operation einige interessante Functionserscheinungen der Chorda tympani darboten. Leider erhielten wir diese F\u00e4lle erst in einem Stadium, in dem die Heilung schon sehr weit fortgeschritten war. Trotzdem d\u00fcrften die von uns gefundenen Thatsachen der Mittheilung worth sein.\n1. Versuchsperson Luigi Bevilacqua, Sch\u00fcler aus\nVenedig, 15 Jahre alt.\nAnamnese: Vater 60 Jahre, Mutter 40 Jahre alt. Beide Eltern leben und sind gesund. Drei Br\u00fcder starben in kindlichem Alter, zwei leben und sind gesund. Patient hatte in der Jugend \u00f6fters Krankheiten des Tractus intestinalis, kann aber hier\u00fcber keine genaueren Angaben machen. Er giebt weiter an, wahrscheinlich auch andere Kinderkrankheiten durchgemacht zu haben. Seit dem 7. Lebensjahre ist er gesund gewesen. Vor drei Jahren traten Schmerzen im Unken Ohre auf, die angebhch aber nur wenige Stunden anhielten. Einige Monate sp\u00e4ter be-\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 23.\t3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\nF. Kiesow und M. Nadoleczny.\nmerkte der Kranke zuf\u00e4llig beim Reinigen des linken Ohres f\u00f6tiden eingedickten Eiter. Von der Zeit an bis vor drei Monaten bestand eine Otorrhoe ohne besondere Complications-symptome. Der Kranke befand sich damals in poliklinischer Behandlung und wurde aus dieser entlassen als die Otorrhoe sistirt hatte. Es war ein Polyp extrahirt worden, worauf sich das Leiden besserte. Eine hochgradige Schwerh\u00f6rigkeit auf dem linken Ohre dauerte jedoch fort\nStatus praesens 19. November 1899. Die linke Gesichtsh\u00e4lfte des sonst gesunden Knaben ist kleiner als die rechte. Besonders auffallend ist die Kleinheit des linken Auges. Dieselbe Asymmetrie soll der Vater des Patienten auf weisen. Ebenso soll derselbe ein linksseitiges Ohrenleiden besitzen, dessen Charakter aber nicht weiter festgestellt werden konnte. Der Geh\u00f6rgang des Patienten ist weit, mit Eiter und epithelialem Detritus angef\u00fcllt. In der hinteren H\u00e4lfte des linken Trommelfells sieht man eine grofse Perforation, durch welche reichliche, volumin\u00f6se Granulationen in der Paukenh\u00f6hle sichtbar sind. Gegen den Recessus epitympanicus wird die letztere durch eingedickte Eitermassen scheinbar abgeschlossen. Der Hammergriff und die vordere H\u00e4lfte der Membran sind erhalten. Die Granulationen sitzen im Wesentlichen am Boden der Pauke. Am Processus mastoideus sind keinerlei Krankheitssymptome nachweisbar.\nFunctionelle Pr\u00fcfung (nach dem Schema von Gradenigo).\nR.\t+\t15 m\t5 m\t2 m\t+\nWeber\tRinne\tPolitzer\u2019b\tFlttster-\tUhr\tUhr am proc. mast. u\u201e\nX\t\tHammer\tspraehe\t\tzygom.\nL.\t\u2014\t0,40 m\t0,5\u20142,5 m\t\t+\nDiagnose: Chronische Mittelohreiterung links mit Perforation der hinteren H\u00e4lfte des Trommelfells.\nTherapie: Zun\u00e4chst ohne Erfolg conservativ. Dann wurde am 23. November 1899 zur Operation nach Stacke geschritten, da Verdacht auf Erkrankung des Kuppelraums vorlag. Nach einem Hautschnitt mit geringer Blutung wurde das Periost mit Schwierigkeit entfernt. Die Spina suprameatum war gut entwickelt, der Knochen normal. Bei Abmeifselung der hinteren","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\n35\noberen Geh\u00f6rgangswand wurde sehr bald die D u r a der mittleren Sch\u00e4delwand freigelegt, die hier offenbar entsprechend der Anomalie der Sch\u00e4delbildung (siehe Status) abnorm tief lag. Es wurde der Hammer extrahirt und ein Theil der lateralen Attiqus-wand entfernt Es fanden sich hier nur einige Granulationen. Der Hammer war makroskopisch intact. Nach Reinigung der Paukenh\u00f6hle von Granulationen und Eiterconerementen wurde tamponirt und die Wunde durch eine prim\u00e4re Naht geschlossen.\nNachbehandlung: Beim ersten Verbandwechsel am 27. November 1899 findet sich wenig Secret, sp\u00e4ter nimmt dasselbe an Menge zu ohne f\u00f6tid zu sein. Im Grunde des Geh\u00f6rgangs und speciell an der hinteren Wand in der Gegend des Limbus treten sehr bald reichliche Granulationen auf, die durch Chroms\u00e4ure- und Jod-Jodkalitouchirungen niedergehalten werden* m\u00fcssen, da sie drohen, den Eingang zur Paukenh\u00f6hle zu verengen. Die Operationswunde heilt glatt und ist am 2. December 1899 geschlossen. Langsamer bessert sich die Eiterung.\n15. December 1899: Aeufserer Geh\u00f6rgang weit Gaze mit eitrigem, nicht f\u00f6tidem Secret getr\u00e4nkt. Narbe hinter der Ohrmuschel sch\u00f6n geheilt. Linke Ohrmuschel etwas tiefer stehend als die rechte. Am Grund des Geh\u00f6rgangs oben befinden sich zwei breit aufsitzende Granulationen, die gr\u00f6fsere hinten, die kleinere vom. Die Sonde dringt zwischen beiden nur m\u00e4fsig weit nach oben und hinten. Darunter liegt das Promontorium frei. Secretion d\u00fcnnfl\u00fcssig. Bei Sondirung des Cavum tympani gab der Kranke bei Ber\u00fchrung einer bestimmten Stelle ant auf der vorderen linken lateralen Zungenh\u00e4lfte, einen deutlich metallisch-sauren Geschmack zu haben. Ber\u00fchrung der \u00fcbrigen W\u00e4nde der Paukenh\u00f6hle vermochte keine Geschmacksempfindungen auszul\u00f6sen.\nAm 4. Januar 1900 wurde uns der Kranke f\u00fcr unsere\u2019 Untersuchungen zur Verf\u00fcgung gestellt.\nDurch weitere Versuche wurde nun festgestellt, dafs die Stelle, bei deren Ber\u00fchrung mit der Sonde der erw\u00e4hnte Geschmack auftrat, im Mittelohr dem hinteren Umfang des Anulus tympanicus entsprach. Sie war nicht sichtbar, weil sie durch die oben erw\u00e4hnten Granulationen verdeckt wurde und schien nur ein einzelner Punkt zu sein, der anatomisch der Austrittsstelle der Chorda aus dem Knochen entsprechen w\u00fcrde. Der'\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\nF. Kiettmc und M. Nadoleczny.\nOrt liegt somit in der Peripherie des oberen hinteren Trommel-fellquadranten. Wie schon bemerkt, wird derselbe durch eine von der oberen hinteren Wand sich vorschiebende Granulation verdeckt\nBei mehrfacher Ber\u00fchrung dieser Stelle mit der Kupfersonde nahm die Intensit\u00e4t der Geschmacksempfindung am linken vorderen Zungenrande ab, doch traten bei st\u00e4rkerer Ber\u00fchrung Schmerzempfindungen im Bereiche des zweiten und dritten Trigeminusastes speciell mit Ausstrahlung in die Nn. dentales super, und in den Ramus auriculo-temporalis auf. Die Schmerzempfindungen wurden im ersten Fall in die beiden vorderen oberen Molarz\u00e4hne localisirt Ebenso constant zeigte sich Schmerz auf der erw\u00e4hnten Zungenfl\u00e4che. Die Angaben \u00fcber den Geschmack lauteten constant: Sauer oder metallisch sauer.\n5. Januar 1900. Die Versuche ergaben bei st\u00e4rkerer mechanischer Reizung der erw\u00e4hnten Stelle Schmerz an den genannten Z\u00e4hnen und die saure oder metallisch-saure Geschmacksempfindung am vorderen lateralen Theil der Zunge. Die Geschmacksempfindung war jedoch gleichzeitig auch von Schmerz an der Zunge begleitet.\nNachdem durch mechanische Reizung mit der Kupfersonde keine Geschmacksempfindung auf der Zunge mehr auszul\u00f6sen war, versuchten wir die Stelle im Mittelohr durch den constanten elektrischen Strom zu reizen. Zu Anfang dieser Versuche trat bei einer Stromst\u00e4rke von 1 Milliamp\u00e8re (1 Volt Klemmspannung) und weniger beim Schliefsen des Stromes leiser Schwindel ein, der auch nach der Oeffnung eine kurze Zeit andauerte. Wir verringerten dann den Strom und erhielten nun gleichzeitig Geschmack (metallisch-sauer) und Schmerz in den erw\u00e4hnten Z\u00e4hnen und an den vorderen */\u00ab der Zunge. Beide Empfindungen erschienen st\u00e4rker bei Oeffnung als bei Schlufs des Stromes. Die Geschmacksempfindung trat bis zu einer Stromverringerung von wenigen Bruchtheilen eines Milliamp\u00e8res auf. Wir sch\u00e4tzten die Stromintensit\u00e4t auf 0.1 Ma. Genau war dies aber nicht zu ermitteln, da das uns zur Verf\u00fcgung stehende sonst vorz\u00fcgliche Milliamp\u00e8remeter (Fabrik von Habtmann und Bbaune, Frankfurt a./M.) eine Ablesung in Fractionen eines Milliamp\u00e8res nicht gestattete. Bei noch st\u00e4rkerer Verringerung der Stromst\u00e4rke erhielten wir nur noch Schmerzempfindungen.","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\t37\nDie Schwelle f\u00fcr die letzteren lag somit bei elektrischer Reizung scheinbar niedriger als die f\u00fcr die Geschmacksempfindung.\n6. Januar. Bei einfacher leiser Ber\u00fchrung trat auch heute die Geschmacksempfindung mehrfach deutlich hervor. Sie war bei Ber\u00fchrung mit Stromdurchgang st\u00e4rker als bei einfacher mechanischer Reizung. Wegen Auftretens von leisem Schwindel mu\u00dften die Versuche eingeschr\u00e4nkt werden, um den Patienten nicht zu verlieren.\n9. Januar. Bei st\u00e4rkerer mechanischer Ber\u00fchrung breitete eich der Schmerz zuweilen auch auf die unteren Molarz\u00e4hne aus.\nEine Pr\u00fcfung der Tastempfindlichkeit des linken Zungenrandes (nicht der Spitze) ergab kaum eine Abweichung von der der anderen Seite. Wir erhielten als Schwellenwerthe\nlinks :\t1,8 gr/mm\nrechts: 1,5 gr/mm\nDie verwandten von FaEY\u2019schen Reizhaare hatten die Con-stanten :\nQuerschnitt Mittler. Radius Kraft Spannungswerth\n0,0085 mm*\t0,062 mm\t78 mgr\t1,6 gr/mm\n0,0094 \u201e\t0,066 \u201e\t100 \u201e\t1,8 \u201e\nBei Reizung der beiden Zungenh\u00e4lften mit einem weichen Haarpinsel gab der Kranke an, keinen Unterschied in der Empfindung zu versp\u00fcren.\n12. Januar. Im Anschlufs an Chroms\u00e4ure\u00e4tzung der Granulationen schreitet die Heilung normal fort. Die Chordastelle ist nicht mehr sicher zu treffen. Bei st\u00e4rkerer mechanischer Ber\u00fchrung trat an den oberen beiden ersten Molarz\u00e4hnen Schmerz auf. Die Geschmacksempfindung war nicht mehr hervorzurufen.\nEine Pr\u00fcfung der elektrischen Tastempfindlichkeit der beiden Zungenseiten mit du Bois-Reymond\u2019s Schlitteninductorium ergab beiderseits den gleichen Rollenabstand. Dasselbe Ergebnifs zeigte die elektrische Schmerzempfindlichkeit dieser Stellen bei Reizung mit dem inducirten Strom. Eine genauere Angabe der Rollenabst\u00e4nde d\u00fcrfte wegen der Unm\u00f6glichkeit die Stromintensit\u00e4t zu controlliren, \u00fcberfl\u00fcssig sein.1\n1 Durch einen von Dr. Valentin Grandis soeben construirten Apparat, der den inducirten Strom exact zu messen gestattet, wird diesem Mangel","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\nF. Kiesow und M. Nadoleczny.\nEbenso zeigte die mechanische Reizung der Zungenr\u00e4nder mittels zugeschliffener N\u00e4hnadeln feinster Sorte beiderseits die gleiche Schmerzempfindlichkeit.\n19. Januar. Eine Reihe von Versuchen \u00fcber die Empfindlichkeit der Zunge f\u00fcr Geschmacksstoffe, die sich bis zum Tage des Fortgangs des Kranken von Turin (25. Februar) mit Unterbrechungen ausdehnten und deren Resultate wir hier zusammenfassen, ergab, dafs sich am linken Zungenrande ein Bezirk fand, der f\u00fcr alle vier Geschmacksqualit\u00e4ten unempfindlich war. Dieser erstreckte sich von etwas vor dem peripheren Ende der Reg. foliata bis etwa 6\u20147 mm Entfernung von der \u00e4ufsersten Spitze. An der linken H\u00e4lfte der Spitze selbst wurden alle vier Qualit\u00e4ten empfunden und zwar auf einem Dreieck, dessen eine Seite die erw\u00e4hnte Strecke von 6\u20147 mm bildete, w\u00e4hrend eine zweite Seite desselben von der \u00e4ufsersten Spitze ca. 5 mm die Mittellinie entlang lief und die dritte die Endpunkte dieser Linien verband. Es mufs jedoch ausdr\u00fccklich hervorgehoben wrerden, dafs, wie Vergleichs versuche zeigten, die Geschmacksf\u00e4higkeit dieser linksseitigen dreieckigen Fl\u00e4che gegen\u00fcber dem Verhalten der rechten H\u00e4lfte der Zungenspitze auffallend herabgesetzt war.\nDer f\u00fcr Geschmacksstoffe an\u00e4sthetische Bezirk der linken Zungenh\u00e4lfte w\u00fcrde somit durchaus dem Ausbreitungsgebiet der linken Chordatympani entsprechen. Wir st\u00fctzen uns in dieser Auffassung auch auf die ausgezeichneten Untersuchungen von R. Zander \u201e\u00fcberdas Ausbreitungsgebiet der Gef\u00fchlsund Geschmacksnerven in der Zungenschleimhaut\u201c1, nach welchen der \u201eN. lingualis sich nur in der Schleimhaut der Zungenspitze und des Zungenk\u00f6rpers, nicht aber an der Zungenwurzel verzweigt\u201c 2 * * 5 und der am meisten lateral gelegene Zweig des Glos8opharyngeus 1\u20141,5 cm weit \u00fcber das Ende des Sulcus terminalis hinaus nach vom zieht. Z. giebt an: \u201eSeine Endverzweigungen verlieren sich theils in der Papilla foliata, theils in der Schleimhaut unmittelbar vor dieser.\u201c 8 Da, wie die Pr\u00fcfungen der Tast- und Schmerzempfindlichkeit dieser Stelle\nabgeholfen sein. Ein Beschreibung des Apparates, den wir leider nicht\nmehr benutzen konnten, befindet sich im Druck.\n1 Anatomischer Anzeiger 14, 131\u2014145. 1898.\na Ebenda 133.\n5 Ebenda 136.","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\n39\nergaben, der Trigeminus hier v\u00f6llig intact war, so k\u00f6nnen die Ausfallserscheinungen nur auf eine L\u00e4sion oder Zerst\u00f6rung der Chorda tympani hinweisen, die den Lingualis begleitet\nZander\u2019s ausgezeichnete Untersuchungsmethode (\u201eVerfolgen der Nervenverzweigungen von den Nervenst\u00e4mmen aus gegen die Peripherie hin, also durch die Musculatur hindurch in die Schleimhaut hinein\u201c) ergab ferner, dafs die medianw\u00e4rts verlaufenden Lingualiszweige \u00fcber die Mittellinie hinaus 5 mm weit verfolgt werden konnten, ein Umstand, der hinreichend die Ge-schmacksf\u00e4higkeit des oben beschriebenen Dreiecks der linksseitigen Zungenspitze sowie dessen herabgesetzte Empfindlichkeit erkl\u00e4rt\nDie Pr\u00fcfungen des rechten Zungenrandes, auf den die Geschmacksstoffe bei Zimmertemperatur mittels Pinsel und Watte-b\u00e4uschchen aufgetragen wurden, ergaben kaum eine Abweichung von der Norm, wenn man bedenkt, dafs der Kranke nicht auf psychophysische Versuche einge\u00fcbt war. Bei den letzten Versuchen dieser Art gab er an\nRohrzucker\tbei 0,9 \u00b0/0\nKochsalz\t\u201e 0,5\u20140,6 %\nSchwefels\u00e4ure \u201e 0,01\u20140,02 % einer concentrirten L\u00f6sung\nChininsulfat bei weniger als 0,5% \u201e\t\u201e\t\u201e\nzu schmecken. Bei fortgesetzter Uebung nach der Heilung w\u00fcrden diese Werthe sicher noch gesunken sein. Die Versuche konnten aber nicht weitergef\u00fchrt werden, weil, wie schon erw\u00e4hnt, der Patient Turin verlassen mufste. Aus dem gleichen Grunde konnte auf dem mehrfach erw\u00e4hnten Dreieck der linken H\u00e4lfte der Zungenspitze keine Schwellenbestimmungen vorgenommen werden. Die Schwellen werthe der anderen Seite blieben hier ohne Wirkung. Ebensowenig wurde hier der elektrische Geschmack wahrgenommen, obwohl derselbe auf der normalen Seite deutlich auftrat. Auf dem an\u00e4sthetischen Bezirk wurden nahezu concentrirte L\u00f6sungen von Rohrzucker, Kochsalz, schwefelsaurem Chinin und Quassiin, sowie starke Schwefels\u00e4urel\u00f6sungen absolut nicht geschmeckt. Begleitende Tastempfindungen wurden durch Cocainisiren mit 2 proc. Cocainl\u00f6sung ged\u00e4mpft. Als weitere Schmeckfl\u00e4chen des Mundraums und zwar f\u00fcr alle vier Qualit\u00e4ten erwiesen sich bei Application der ebengenannten starken L\u00f6sungen von Schmeckstoffen der weiche Gaumen,","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\nJP. Kiesow und M. Nadcleczny.\nder vordere Gaumenpfeiler und die hintere Rachenwand. Zweifelhaft blieb die Schmeckf\u00e4higkeit des hinteren Gaumenpfeilers. Keine Empfindung entstand auf dem harten Gaumen und der Uvula.\n23. Januar. Die Heilung ist weit fortgeschritten. Die Granulationen sind jetzt ganz verschwunden und die Wundfl\u00e4che beginnt sich theilweise zu epidemisiren, w\u00e4hrend die Mucosa der Paukenh\u00f6hle sich in ihrer Farbe dem normalen Typus n\u00e4hert. In der unteren Circumferenz des Limbus beginnt sich eine neue Membran zu bilden, die rasch w\u00e4chst und die Pauke an Stelle des Trommelfells nach aufsen abzuschliefsen beginnt\n28. Januar. Die Secretion hat ganz aufgeh\u00f6rt Die narbige Membran schliefst sich immer mehr und l\u00e4fst nur noch eine etwa 1,5 mm breite runde L\u00fccke offen.\nFunctionspr\u00fcfung:\nR.\t15^30\tl\u00f6 m\t\u00dcber 10 m\t2 m\t+\nWeber X\tRinne\tPolitzee\u20198 Hammer\tFl\u00fcster- sprache\tUhr 71\tam proc. mast \u00bb\t\u201e zygomatic.\nL.\t\u2014\t1 m\t0,20-0,30 m\t0,3\u20140,35 ni\t+\n18. Februar. Die erw\u00e4hnte Membran ist nun vollst\u00e4ndig geschlossen und gleicht einem atrophischen und etwas retrahirten Trommelfell. Zur functionellen Pr\u00fcfung ist noch folgendes hin-zuzuf\u00fcgen: Schwer verst\u00e4ndliche Worte oder Zahlen werden links bei tiefer Tonlage auf ca. 0,5 m, bei hoher Tonlage auf 1\u20142 m Entfernung leicht verst\u00e4ndlich. Die untere Tongrenze ist mit der BEzoLD-EDELMANN\u2019schen Tonreihe bestimmt beim Anschl\u00e4gen mit der Hand F~l, beim Anschl\u00e4gen mit dem Hammer D~x, die Pr\u00fcfung der oberen Tongrenze mittels der Galtonpfeife ergab 0,5. F\u00fcr hohe T\u00f6ne ist die H\u00f6rdauer etwas verk\u00fcrzt (Geadenigo).\n2. Versuchsperson Secondo Pescando, Bauernsohn aus Montechiaro d\u2019Asti, 15 Jahre alt.\nAnamnese: Pat. stammt aus gesunder Familie. Er hatte l\u00e4ngere Zeit verschiedene Kinderkrankheiten, \u00fcber die er aber","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\t41\nnichts bestimmtes aussagen kann. Etwa gegen das 7. Lebensjahr brachte er beim Spielen in den linken \u00e4ufseren Geh\u00f6rgang einen Fremdk\u00f6rper, der in der Tiefe desselben eine Verwundung verursachte und so zun\u00e4chst zu blutigem und sp\u00e4ter zu eiterigem Ausflufs Veranlassung gab. Schmerzen sowie Schwindel traten nicht auf, hingegen stellten sich subjective Ger\u00e4usche ein, die zeitweise verschwanden. Seit einigen Jahren wechselt die Otorrhoe h\u00e4ufig in ihrer Intensit\u00e4t. Rechts besteht ebenfalls eiteriger Ausflufs, der in langen Intervallen auftritt und meistens nur von kurzer Dauer ist.\nStatus praesens: Der linke \u00e4ufsere Geh\u00f6rgang enth\u00e4lt nur wenig Eiter, das Trommelfell ist fast ganz zerst\u00f6rt. Reste davon sowie Reste des cari\u00f6sen Hammers finden sich an der oberen Circumferenz. Granulationen fehlen in der Paukenh\u00f6hle, nur am Boden derselben liegt eine kleine Erhebung, die wahrscheinlich aus einer epidermisirten Granulation entstanden ist Die Fl\u00fcstersprache wird rechts \u00fcber 5 m, links 0,15 m weit geh\u00f6rt, der PoLiTZER\u2019sche Hammer rechts \u00fcber 5 m, links 2 m weit. Weber wird nach rechts lateralisirt.\nRechts wird Retraction und Perforation der Membran con-statirt Es findet sich kein Secret. Man sieht eine Narbe im hinteren Segment und Adh\u00e4sion der hinteren H\u00e4lfte am Promontorium.\nDiagnose: Otitis media purulenta chronica sinistra mit Hammerkaries. Residuen von Otitis media perforativa dextra.\nTherapie: Im Verlaufe der Behandlung trat rechts wieder eine leichte, vom Kuppelraum herstammende Eiterung auf. Da links eine Besserung nicht zu erreichen war, so wurde hier am 15. Januar 1900 unter Cocainan\u00e4sthesie mittels des von Del-8TANCHE angegebenen Messers der Hammer entfernt, dessen Griff ausgedehnte Karies aufwies.\nDie Sondirung der Perforation rechterseits ergab eine Eiterung aus dem Kuppelraum. In der Chloroformnarkose wurde diese Perforation erweitert und der Limbus hinten und oben mit dem scharfen L\u00f6ffel abgekratzt Gleichzeitig wurde die Synechie im hinteren Segment mit dem Synechotom getrennt. Hieran schlofs sich eine Chroms\u00e4ure\u00e4tzung der oberen Partien, soweit sie von der Perforation aus zu erreichen waren.","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\nF. Kiesow und M. Nadoleczny.\n10. F e b r u ar. Secretion beiderseits minimal. Links schreitet die Heilung rasch fort. Vorne oben \u00fcber dem Tubenostium besteht eine breite L\u00fccke, die von Granulationen umgeben ist Letztere sind in Folge von Chroms\u00e4ure\u00e4tzungen in R\u00fcckbildung begriffen. Durch diese L\u00fccke gelangt die Sonde etwa 2\u20143 mm nach oben in den Recessus epitympanicus und trifft am vorderen Umfang der kleinen L\u00fccke etwas nach oben auf einen Punkt, von dem aus Chordareize ausgel\u00f6st werden k\u00f6nnen. Dieser Punkt ist von der vorliegenden Granulation verdeckt und, liegt in der der Fissura Glaseri entsprechenden H\u00f6he. Die zum Zweck der Reizung jener Nerven eingef\u00fchrte Sonde vermag nur an ein und derselben Stelle Zungenempfindungen zu erregen.\nAm 13. Februar wurde der Kranke uns f\u00fcr unsere Untersuchungen \u00fcberlassen. Wir suchten zun\u00e4chst die Schmeckfl\u00e4chen des hinteren Mundraums an ihm festzustellen und fanden durch Versuche, die sich auf mehrere Tage erstreckten, folgendes :\nAn der linken Zungenh\u00e4lfte fand sich ein an\u00e4sthetischer Bezirk, der von der \u00e4ufsersten Spitze l\u00e4ngs des lateralen Theiles bis zum Beginn der Regio foliata reichte. Dieser Bezirk erwies sich unempfindlich f\u00fcr alle vier Geschmacksqualit\u00e4ten. Sobald man mit irgend einem starken Geschmackstoff die Zungenspitze nach rechts umging, erfolgte die Reaction ad\u00e4quaterweise prompt und ohne merkbare Z\u00f6gerung. Alle \u00fcbrigen Theile der Zunge (soweit hier Schmeckfl\u00e4chen in Betracht kommen) waren f\u00fcr alle vier Qualit\u00e4ten empfindlich. Doch zeigte die rechte Zungenseite f\u00fcr alle vier Qualit\u00e4ten eine Herabsetzung der Empfindlichkeit gegen\u00fcber v\u00f6llig normalen Verh\u00e4ltnissen auf Grund der rechtseitigen Mittelohrerkrankung. Eine Schwellenpr\u00fcfung des rechten, dem an\u00e4sthetischen Bezirk links entsprechenden Zungenrandes ergab\nf\u00fcr Rohrzucker: 2,5\u20143%\nf\u00fcr Kochsalz: l\u00b0/0\nf\u00fcr Schwefels\u00e4ure: 0,05\u20140,1 % einerconcentrirtenL\u00f6sung\nf\u00fcr schwefelsaures Chinin: 3\u20143,5% einer concentrirten L\u00f6sung.\nDie Schmecksubstanzen wurden mittels eines weichen Pinsels oder eines von einer Pincette gehaltenen Watteb\u00e4uschchens aufgetragen. Dafs hier, wie auch bei den fr\u00fcheren Versuchen, alle","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\n43\nnur denkbaren Vorsichtsmafsregeln angewendet wurden, bedarf kaum erw\u00e4hnt zu werden.\nDiese Herabsetzung der Empfindlichkeit des rechten Zungenrandes steht sicher in Zusammenhang mit dem oben erw\u00e4hnten Defect des rechten Mittelohrs.1 *\nLeider verliefe der Kranke Turin so fr\u00fch, dafe wir an der Regio foliata und den Pap. circumval. keine Schwellenpr\u00fcfungen mehr vornehmen konnten. Wir gewannen aber durchaus den Eindruck, dafe die Schwellen hier bedeutend niedriger lagern\nAls weitere Schmeckfl\u00e4chen ergaben wiederholte Pr\u00fcfungen und zwar f\u00fcr alle vier Qualit\u00e4ten: Weicher Gaumei*, .vorderer Gaumenpfeiler. Nicht ganz sicher war festzustellen, ob der Pat. mit dem hinteren Gaumenpfeiler schmeckte, da die Angaben zwischen \u201eja\u201c und \u201enein\u201c variirten. Sicher nicht geschmacksempfindlich waren der harte Gaumen, die Uvula und die hintere Rachen wand.3\nF\u00fcr diese letzteren Versuche sowie f\u00fcr die Pr\u00fcfung des geschmacks-an\u00e4sthetischen Bezirks dienten uns die bei den vorstehenden mitgetheilten Versuchen verwandten starken L\u00f6sungen. Begleitende Tastempfindungen wurden auch hier durch Bestreichen mit 2 proc. Cocainl\u00f6sung ged\u00e4mpft.\nMehrmals vorgenommene Pr\u00fcfungen der Tastempfindlichkeit des geschmacks-an\u00e4sthetischen Bezirks ergaben, dafe dieselbe gegen\u00fcber dem Verhalten der entsprechenden rechten Zungenseite keinerlei Unterschied zeigte. Dies erwies sich sowohl beim Bestreichen der Zungenr\u00e4nder mit einem weichen Haarpinsel, sowie bei Anwendung der von FitEY\u2019schen Reizhaare und der Bestimmung der elektrischen Tastempfindlichkeit mittels des faradischen Stroms. Wir erhielten mit den von FaEY\u2019schen Reizhaaren beiderseits den Werth von 1 gr/mm. Das Haar hatte die Constanten :\nQuerschnitt Mittlerer Radius Kraft Spannungswerth 0,0066 mm*\t0,046 mm\t46 mgr\t1,0 gr/mm\n1 Vergleiche Urbantschitsch, Beobachtungen \u00fcber Anomalien des Geschmacks etc. Stuttgart 1876.\n* Die Antworten wurden hier wie fr\u00fcher durch ein verabredetes Zeichen\nmit der Hand gegeben.","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nF. Kkmw und M. NadoUczny.\nEin gleiches Resultat ergaben wiederholte Pr\u00fcfungen der Schmerzempfindlichkeit dieser Stellen mittels zugeschliffener feiner N\u00e4hnadeln und mit dem Inductionsstrom. Auch in der Schmerzempfindlichkeit zeigten die beiden Zungenr\u00e4nder keinen Unterschied.\n15. Februar. Bei Ber\u00fchrung der oben angegebenen SteDe des rechten Mittelohrs mit der Kupfersonde trat eine schwache Geschmacksempfindung von \u201eSelterwasser\u201c an der Mitte des an\u00e4sthetischen Bezirks auf. Bei Pinselung mit 1 proc. w\u00e4sseriger Jod*Jodkalil\u00f6sung trat einmal ein Geschmack von Selterwasser, ein ander Mal ein saurer am linken Zungenrande distal von der Reg. foliata auf. Bei Pinselung mit Tinct op. crocata giebt der Kranke an, eine taube Empfindung (\u201ecome carne morta\u201c) auf der linken Zungenseite zu haben. Die Empfindung wurde weniger gut localisirt. Bei darauf folgender Reinigung jener Stelle mit 45 proc. Alkohol giebt Pat. an, eine eigenth\u00fcm-liche Empfindung von K\u00e4lte und Ber\u00fchrung an der Unter-fi\u00e4che der Zunge zu haben. Nach Pinselung mit 45 proc. Alkohol tritt dann zun\u00e4chst w\u00e4hrend etwa einer Minute ca. 2 cm von der Spitze eutfemt im an\u00e4sthetischen Bezirk Prickeln auf, dann 2 Minuten sp\u00e4ter ein salziger Geschmack, der ca. 2 Minuten anh\u00e4lt. Bei Pinselung mit concentrirter L\u00f6sung von Chininsulfat giebt der Kranke an, unter der Zunge ein Brennen zu empfinden, das im Verlaufe von einer Minute abnimmt Geschmack wurde diesmal nicht wahrgenommen.\nDie \u201ewie Selterwasser\u201c angegebene Empfindung sind wir geneigt f\u00fcr die sonst als prickelnd bezeichnete charakteristische intermittirende Tastempfindung zu halten, die in diesen F\u00e4llen vielleicht von einer schwachen Empfindung von S\u00e4ure oder Salz begleitet war, welche letzteren Geschmacksarten h\u00e4ufig von Kranken und Kindern (Kiesow) nicht oder nicht sicher unterschieden werden.\n20.\tFebruar. Die\tSecretion\that beiderseits seit einigen\t\nTagen aufgeh\u00f6rt. Rechts scheint sich die Perforation geschlossen zu haben. Die functionelle Pr\u00fcfung des Geh\u00f6rorgans ergiebt\t\t\t\t\nR.\t\u2014\t3 m\t2\u20143 m\t0,20\t+\nft\tRinne Politzer'8\tFl\u00fcster-\tUhr\tUhr am tempor.\nWeber\tHammer\tsprache\t\t\u201e\t\u201e mast.\nL.\t\u2014\t2,50 m\t1,50 m\t0,15\t-f","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\n45\nNach der Luftdouche wird Politzer\u2019s Hammer rechts auf 10 m und die Fl\u00fcstersprache auf 6 m geh\u00f6rt, der Rinne\u2019sehe Versuch fiel dann positiv aus, jedoch ist die H\u00f6rf\u00e4higkeit rechts f\u00fcr tiefe T\u00f6ne, links f\u00fcr hohe und f\u00fcr tiefe vermindert.\nAuch die an diesem Kranken angestellten Versuche lassen wohl keinen Zweifel, dafs der an\u00e4sthetische Bezirk der linken Zungenseite dem Ausbreitungsgebiet der linken Chorda entspricht Auch hier waren die Tast- und die Schmerzempfindlichkeit des linken Zungenrandes v\u00f6llig normal und somit der eigentliche Trigeminus intact, die Ausfallserscheinungen k\u00f6nnen somit auch hier nur einer durch operativen Eingriff herbeigef\u00fchrten L\u00e4dirung oder Zerst\u00f6rung der Chorda zugeschrieben werden. F\u00fcr uns selbst steht es aufser Zweifel, dafs die Chorda in beiden F\u00e4llen in ihrer Continuit\u00e4t unterbrochen war.\nDafs der an\u00e4sthetische Bezirk im letzteren Falle gr\u00f6fser war als im ersteren, d\u00fcrfte indirect ein weiterer Beweis f\u00fcr die oben erw\u00e4hnten Zander\u2019sehen Befunde sein. Denn da nach Urbant-schitsch1 bei Affectionen des Mittelolirs h\u00e4ufig Herabsetzung der Oeschmacksf\u00e4higkeit an den vorderen */8 der correspondirenden Zungenseite zu beobachten ist und dies ist hier in auffallendem Maafse der Fall, so d\u00fcrften die normalerweise \u00fcber die Mittellinie hin\u00fcbergreifenden Chordafasem der einen Seite auf der anderen aufser Function gesetzt sein. Wie weit dies in allen F\u00e4llen zutrifft, l\u00e4fst sich freilich nicht ohne weitere Beobachtungen sagen.\nDie vorstehenden Mittheilungen best\u00e4tigen aufs Neue die Thatsache, dafs die Geschmacksfasem f\u00fcr die vorderen 2/a der Zunge, d. h. vom peripheren Ende der Rg. fol. oder der demselben unmittelbar vorgelagerten Stelle an bis zur \u00e4ufsersten Zungenspitze in der den Lingualis begleitenden Chorda tympani enthalten sein m\u00fcssen.2 Zur Vervollst\u00e4ndigung des ersteren unserer beiden F\u00e4lle sei noch hinzugef\u00fcgt, dafs nach einer von F. Kiesow an dem betreffenden\n1\tBeobachtungen \u00fcber Anomalien des Geschmacks etc. Stuttgart 1876.\n2\tAls Geschmacksnerv wurde die Chorda tympani zum ersten Male von Bellinoebi erkannt, doch \u00fcbersch\u00e4tzte er ihre Bedeutung, indem er sie als den haupts\u00e4chlichsten Geschmacksnerv ansah. Dissertatio in-aaguralis quam publice defendebat in regio Athenaeo Anno 1818 die IX maji Augustae Taurinorum.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nF. Kiesow und M. Nadoleczny.\nPatienten im vorigen Jahre gemachten Beobachtung, zu einer Zeit also, als derselbe noch in der Poliklinik behandelt wurde und die Operation noch nicht ausgef\u00fchrt war, am linken Zungenrande noch alle vier Qualit\u00e4ten erkannt wurden, wenn auch eine Herabsetzung der Geschmacksf\u00e4higkeit gegen\u00fcber der rechten Zungenseite zu eonstatiren war. Die Versuche konnten damals nur mit st\u00e4rkeren Vergleichsl\u00f6sungen angestellt werden, da f\u00fcr Schwellenbestimmungen nicht Zeit war, sie konnten auch nicht an anderen Tagen wiederholt werden, weil die Umst\u00e4nde es nicht gestatteten, aber die Angaben des intelligenten Patienten waren bestimmt und zuverl\u00e4ssig. Es d\u00fcrfte also damals die linke Chorda tympani zum Theil noch functionsf\u00e4hig gewesen sein.\nDer Vollst\u00e4ndigkeit wegen m\u00f6gen hier noch einige Versuchsresultate eingef\u00fcgt werden, die von Kiesow in den letzten Jahren gelegentlich theils in der Privatklinik, theils in der Poliklinik des Herrn Prof. Gradenigo gesammelt wurden. Dieselben sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt. Die Versuche konnten ebenfalls nur mit starken L\u00f6sungen vorgenommen werden, da auch hier f\u00fcr Schwellenbestimmungen nicht Zeit war. Sie sind aber an ein und demselben Versuchstage an dem betreffenden Patienten unter Beobachtung der n\u00f6thigen Vorsichtsmafsregeln mehrmals nach einander wiederholt worden. In F\u00e4llen, in denen der Reiz die ad\u00e4quate Empfindung ausl\u00f6ste, sind die Angaben in der Tabelle mit einem 4* verzeichnet, w\u00e4hrend eine 0 angiebt, dafs jede Geschmacksempfindung ausblieb. Im Uebrigen bedarf die Tabelle keiner weiteren Erkl\u00e4rung. Es geht aus derselben deutlich hervor, dafs nach Zerst\u00f6rung der Chorda die Geschmacksf\u00e4higkeit peripherw\u00e4rts von der Reg. fol. an dem entsprechenden Zungenrande erloschen bleibt. Sie zeigt aufserdem in einigen F\u00e4llen eine weitere physiologische Best\u00e4tigung der oben erw\u00e4hnten anatomischen Befunde Zander\u2019s.","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda iympani.\n41\n\u00f6 \u00a9\u2022 \u25a0 tJO \u00f6' \u2022 fl ft\nS\n\u00a9\nW \u25a0\n\u00a9\nOQ\nC\u00d4\nfl\nG?\nd g \u00a9\nu*\nfl \u00b0 \u25a0 fl N\n\u00f6 \u00a9\n\u00a9\nfl\n:\u00a7 a \u00a9 \u00a9 d 13\np\nb\u00a9 \u00ae\nm '\na\n\u00ab\n\"A\nd\n5h\n\u00a9\nd<\nP\nO\no3\nP ft \u00a9 d ft fl *\n! a\ng ft;\no \u00a9\n\u00a9 \u00fc \u00a9 \u00a9\nS 'S ^ 'S\nSfgg * \u00a9 >5 \u00f6 S \u00f6\nd fl 5h\nfl \u00ab \u00a9 \u00abtw\n~~p\n\u00d6\nfl \u00f6 d 4\u00a7 \u00a9 \u00ae\n5h\n\u00a9\nd\nft\u00f6-\n&J0\tb\u00df\t&D'\nm\toa\t\u0153,\n\u00a9\t\u00a9\t\u00a91\nft\tft\tft\nT- -4-^\n^^ \u00a9 ^ fl ^ o3<h n\nfl ft .\n<y gd\nflft \u00a9 \u00a9 .\n\u00a3 ->\u00ab g \u00a9\u25a0g \u00a9\t\u00a3 p\nif\nN\n\u25a0*s\\ \u00a9 d \u00a9 d\n\u00a9.\n\u00a9\n\u00a9rfl\n9 S N\n\u00f6S vn v_-\nfl\n\u00a9\nd\n\u00a9\nft\n\u00a9\n\u2022*H\n5h\nrfl\no\n\u0153\n\u00a9\nft\nO\u00ae\n5h i-h \u00a9 :o3\nd ft\n+\n+\n\nN\n\u2022rH\n\u00a9\nS3\nC3\na\nrfl\n\u00a9\n\u00a9\n\u00a9\ntoo\n\u2022\trH\n00\n00\n<P\n\u00d6\n\u2022\trH\n<x>\nm\n&\no\nft\n+\n+\n+\nN\nr-H\nC3\n\u00d6Q\nft\no\no\nM\n5h\n\u00a9\nft\n\u00a9\nfl\nN!\n5h\nft\no\n\u00ab\n+\n+\n+\n+\n\n+\n\u2022rH -4-3 (3} *rH\n\u20224-=>\n\u2022rH\n<x>\nft\nft\n\u00d6\nc3\n5h\nM\nSo\u201c\n3 5j H\n^ft g\n\u00a9 <D p\ni \u0153 *fl\nI H-= \u00a9\n'fl 5h\n\u00ae S-g\np ft .\u00ae \u00a9\nCO\nft\n1' \u2022 rH\nM.\np ' \u00a9 d\n\u00b15,\na\n. A\no3 O ^ 5h\nfl ja o3 \u00fc -p\n\u2022rH j.\n\u00c4ft\n.a d\nft-2\n'S '\u00fc\nd g\nO 5h >\na^\n\u00aeft d \u00a9\n\u2666rH <D\n\u00a9 P P ft o d\n> \u00a9 r- d\n&0 p fl\n* a \u00a9 a a\n.\u25a0fld133\n\u00d6\nfl\np\n-p\nfl\np\n\u00a9\n\u00abp\np\nd\n\u00a9\np\n\u00a9\nP <\\\n\u00a9 3\n,3,o d\u00ae\nO P\n\u2022\trH \u2022 rH\n\"SS\np \u00a9\nft d o \u00a9 \u00a9\n1ft a\n\u2022\trH \u00a9 fl\nft \u00a9 :oS ^ 5h P\nft\nft \u00a9 flft p ft\na *\nphO\nft d\n<\u00a3) \u00bbrH\nm\na\nd\n2 2 \u202243 ft\n\u2022 rH Q\ng-3\no ft -\n\u00a3_j *\t*5\nH\u00bb\u00a33 \u2022\n.\nr?H n{ft ^ -rH \u2022\nA \u00a9\nG CO ft\n\u2022rH . rH\n\u00ae i\np p p\n\u25a0o \u00a9ft\ng'g a\nft a\n\u00a9\np\nP Oi\n\u00a9 p P \u2022=! \u25a0-1 r\u00f6\n>-s.\nO\nCM\nCO\n\u00a9\na\no3\n525\nM\n\u00a9 \u25a0\u2014i\nd\n:o3\nP\nft\nCO\nCO\n\u00ab\no\nIS]\nHi\nfl\no\nHi\nH\n\u00d6Q\nW\n15\nft\nB\nHj\n\u00a3\nH\n-5\nd\nM\nfl\nft\no\n\u00a3\nM\nd\nfl\nfl\nfl\nfl\nO\ng\nd\nni\n>\no\n\u00eb\nCM\nCO\nH*l","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nF. Kiesow und M. Nadoleczny.\ntr\n\u00a9\n'O\u00df\nff\nff\nM .\nSh\n\u00a9\nB\n\u00a9\npq\n\u00a9\nSh\ncg\nM\n\u00fc\nff\na\no\nCG\n0)\nO\nm\nm\nff\nff\n<y\n\u00f6\u00df\n\u2022\trH\nm\nm\no\n\u00f6\n\u2022\trH\n<x>\nN\nr\u201cH\nff\nCG\n\u00bbff\nO\no\nft\n\u00ceH\n\u00a9\nM\no\nff\nN\nSh\niff\no\nK\n\u00ab3\n+a\nid\no\nSH\nff,\u00ae\n\u00ae ff\n\u25a0ff\n\u00a9 ft &\u00df\nI ^\n\u00a9 etn\n\u00ae PV\u00d6 | g ff\no\u00bb \u00ae 13\nr\u00d6 5h ^\n\u00f6 \u00a9 S\n\u00a7 g|\nN g ,5 \u00f6Q\n\u2022ff 8 \u00ab\n*\u00e41\n|w|\nff . 75\n\u00ae ^ \u00ab\nff \u00b0ff\nrff\n\u00f6\u00dfff\nSh pff\n\u00a9 ^\naS\na\n+\n+\n+\n+\nSh\nff\n\u00a3\nOG\nft\n\u00a3u0t3 ff \u00a9\n\u00a33\na %\nff ft ft\u00ae\na g\n\u00a9 ff\n\u00e4\u00ab\n.9 \u00a9\n\u00a9 fff fff \u00ab \u00a9 :ff\nCG- Sh Sh T3\n4.9\n\u0153\nff =3 ff v\nO Sh O ff rff ff\nw\na\n\u00a9\ni2\u00d6i\n03 ff\u25a0\u25a0\u00a9 \u00a9\nff \u00a9^\n-\t9 ff\n\u00f6-'Z N\n\u00b0*g\u00a9\nH f,. rQ\nff \u00a9\nff CG\n\u2022ff^ ff .\u00ae\nff ff ff\nff \u00d6D ff ^ \u00abfl\n\u00f6b ff g O S\nM\u00e4g\nSh \u00a7 g\n-\u00d6N\u00ae\nff\nff\n<y\nSh\n\u00a9\nff ~0 ff\n9 ff\nrff \u00a9\n<\nn m ft \u00a9\n\u25a0slsj\nPiSHo\n: Sh \u00a9 ff \u00a9 fe\nff rf\nff _f a\n\u00a9 'A \u00a9 i\u00b14 4h'-\u00d6\n\u2022r-i-\n\u00a9 ff !=l g ff M\nSh\n\u00a9\nff\n\u00a9\n\u00a9 -H\n-4ff\u00bb\nfl\nfl\n\u00a9\n?H\n.0\nfl\nfl\n\u00a9\nSh\nr\u00dc\n4-i\nfl\nfl\n\u00a9\nSh\nrO\n4H\nfl\nfl\n\u00a9\nSh\n.O\n+3\nfl\nfl\n\u00a9\n?H\nrQ\n-IH\nfl\nfl\n\u00a9\nSH\n. <D\nrfl\n\u00f6\nc3\nH\nft\n?H <\u00a3\nCD ^\n\u00b1> rfl\n<q ^\nff ;ff o ft ..\nSH ft\n'S _\u00a9 ..\nSn'rff .\nff \u00b0\nf.\n73 r \u00a9 fff .J\n843 ff .3 *-\u00a7\n43 +=> ff\n\u202243. ff t>\no\nfH \u00ae\nff H-a\nO\nSh\niff\n\u00a9\n\u00a9\nCG\nSh\n\u00a9\nff \u00a9\nftW 7? .\n\u00a9 4-a\nff\n73\nff \u2022\u25a0 O\n\u2022 rH-\ncS \u00a9\nSh 'y\n\u00a9\na,\n\u202243 ff\nft\n\u00a9\n\u201eCG \u00ab\u2014I\n\u00a9\nO Sh Sh\nSbft.\n\n\u00a9\na\nff\nH\n!zi\nff\ny\nft\n\u2022\u00abj\nM\nff\n\u2022hJ\ny\nfl\nfl\nff\nft\no\nM\nff\nHl\niO\nCO","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\n49\n\u00fc i* O \u00a9 \u00a9 *\nIfifc w ^ \u00f6 \u00a9\n\u00a9 S .\u00a3>\nt)\n\u25a0+* 1 *rH JJ ^\nfit\nS\u00bb<\u00a75\ng \u00a9N\nu \u00f6 \u00a9\u00f6d TO \u00a9 \u00ab8 anSM\nd a\n\u2019S \u00a9 pC na\n\u00a9*d d\nT5 d \u00a9\n. => S\nO <D 2\n6\u00ab 3 ,\n(SN|\n\u00absi\n\u00bbH \u00a9\n^ d\n\u00ae \u00a933\n^p\u00f6 \u00ab\t\u2022\n\u00fc HM\n\u00a9\u25a0\u2018\u25a0a d ec\u00ae d d a ^ \u00a9 \u00abs a . m\n\u00a9 \u00a9\n-M\na\n\u00bbfl\ns \u25ba\nd ^ ^ Sa\n\u00a9 tC p e8\n^ o a s ^\u00abOC?\nfe 05 *\n\u00a3 o \u00a9\nPQ \u00a9 P*H\n\u25a0 s'\u00a9 \u00a9 \u00d6\n.1; \u00ab \u00ab-a\n2 g t* S\necT3 \u00a9 a\nglLa -g\n\u00ae S= S\n+\tO\tO\tO\t0\n4*\t+\t\tO\t4\"\n+\tO\tO\tO\t0\n+\t+\t+\tO\t+\n+\tO\t0\tO\t0\n+\t+\t4\"\tO\t4-\n4-\tO\t0\tO\t0\n+\t4\t+\tO\t4-\nob _: cd \u2022 Sgea \u2022 -M U \u00c7 w\t\u00aeJ3 \u2019 'O'o \u2022\ts\u00e8 \u2019 ^ 0 \u25a0\tts . \u2022X HM\tder ohr-\n\u25a0 \u00a9 \u00abTO \u2018 \u2666\u00bb\t& a aj 1\td\u00ae \u25a0 0 S \u2022rj *fni\td\t. O HM \u00ae \u00bb=S \u00abp-4\t38 \u2022 Ph . .\tfl\t\u2022 O HM\n2 \u00ab\u20141 Jl* e8 \u00ae g \u00d6*ot> \u00d6C \u00e4 S**3 \" a ^ \u00f6d\t2\u00ae &d '\t2S . \u00a9 ad\t'O ad\u00ae \u2022-\u20222 \u00a7\t\u00ab8 ' \u00bb1 \u00a9 Ad\neit 2\u20143 med. ; dextr. oberen Geh\u00f6r]\tadicalo rechte r\u00e4ume\tadicalo rechte r\u00e4ume\t\u00a9-t^a p \u00abs *8 a \u00bbh m \u00a9 \u00a9 Ih 'S \u00c4-d \u2022300\tadicalo rechtei r\u00e4ume\n02\t\u00ab\t\u00ab\tm\t\u00ab\nH rH\tt> H\t<M\tSi\tao\n<\t0\t\t\th\ng\t\u00bb-H 1-3\t\t\t\u00bb\n0\tO O\t< \u00fb\t\u2022< \u25baH\t\n00\t00 pq\t\tO O\tD\n0 0 00 M\t\u00ab \u25a0< M\t0 \u00ab\tO P6 \u00a9 Pm\tN H h\nO < at\t5 9\tH \u00df\tH a O\t\u00ab B\nCm\t\u00bb\t\t\u00ab\tO\nt>\tad\t05\t10.\tr-1 r-f\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 23.\n4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nF. Kittow und M. Nadoleczny.\nWas die bei Chordareizung im Mittelohr an der Zunge auftretenden Geschmacksempfindungen betrifft, so ist wohl kaum eine andere Deutung zul\u00e4ssig als die, dafs das centrale Ende derselben gereizt wurde, man m\u00fcfste denn annehmen, dafs die Chorda nur so weit l\u00e4dirt sei, dafs sie auch maximale ad\u00e4quate Reize nicht mehr leitet, w\u00e4hrend st\u00e4rkere inad\u00e4quate Insulte, die den Nerv selbst treffen, centripetal geleitet w\u00fcrden und im Centrum eine Geschmacksempfindung ausl\u00f6sen (Urbantschitsch 1). Diese Annahme gilt uns jedoch, wie erw\u00e4hnt, nach den beschriebenen Krankheitsbildern f\u00fcr ausgeschlossen. Die erstere der beiden Annahmen auf den zweiten Fall bezogen w\u00fcrde consequenterweise zu den weiteren f\u00fchren, dafs entweder der Nerv an der Austrittsstelle aus der Paukenh\u00f6hle gerissen und sein centrales Ende ebendort in Granulationen eingebettet liegen geblieben sei oder das der Reiz durch diese auf jenes \u00fcbertragen w\u00e4re. Welche dieser M\u00f6glichkeiten die wahrscheinlichere ist oder ob hier noch andere vorhanden sind, liefs sich durch unsere Versuche nicht ermitteln. Sicher ist nur die Thatsache, dafs die bei dieser Reizungsart auftretenden Geschmacksempfindungen bei Versuchen, die an den ersten Tagen nach der Operation an diesem wie an dem ersten der beiden Kranken angestellt wurden, nach ihren eigenen Aussagen bedeutend intensiver waren.\nUeber die Frage, warum bei directer Reizung der Nerven an der Zunge nur ein saurer, bezw. metallisch saurer oder salziger Geschmack auftraten und die Empfindungen S\u00fcfs und Bitter ausblieben, enthalten wir uns des Urtheils in dieser Arbeit v\u00f6llig. Nochmals hervorzuheben w\u00e4re vielleicht nur die interessante Thatsache, dafs verschiedene Reizungsarten die gleiche Empfindung ausl\u00f6sten.\nWas die bei Chordareizung an der Zunge auftretenden Tast-und Temperaturempfindungen betrifft, so ist hier wohl an Trigeminusreflexe zu denken. Die Tastempfindlichkeit der corre-spondirenden Zungenseite wich, wie hervorgehoben wurde, nicht oder kaum von der der normalen Seite ab und ebenso ist uns nicht aufgefallen, dafs die Temperaturempfindlichkeit an jenen K\u00f6rpertheilen herabgesetzt war. Da diese Befunde im Gegen-\n1 Beobachtung eines Falles von An\u00e4sthesie der periph. Chorda tympani Fasern etc. Arch. f. Ohrenheilkunde 19, 135ff. 1883.","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\n51\nsate\u00a9 zu anderen Beobachtungen stehen (Urbantschitsch * *, 0. Wolf2), so haben wir diese Verh\u00e4ltnisse an einem dritten Fall, den Herr Prof. Gradenigo uns zur Verf\u00fcgung stellte, nachgepr\u00fcft\nDerselbe betrifft den 19 j\u00e4hrigen Pietro Lartoretti, bei dein wegen chronischer Mittelohreiterung rechts der Hammer entfernt werden mufste. Eine Pr\u00fcfung der Geschmacksempfindlichkeit an den vorderen 2/a der Zunge dieses Kranken am Tage vor der Operation mit starken Vergleichsl\u00f6sungen von Rohrzucker, Salz, Weinessig und schwefelsaurem Chinin ergab, dafs alle Geschmacksstoffe auf beiden Zungenh\u00e4lften ad\u00e4quat empfunden wurden. Der Kranke gab ferner an, die Substanzen rechts (krankes Ohr) vielleicht sehr wenig intensiver zu schmecken als links, kann aber ein sicheres Urtheil hier\u00fcber nicht abgeben.\nEinige Tage nach der Operation, d. h. am Tage des Fortgangs des Kranken aus der Klinik konnten wir die Nachpr\u00fcfung vornehmen. Es bestand noch eiterige Secretion.\nDie Pr\u00fcfung auf die Geschmacksempfindlichkeit der rechten Zungenseite ergab auch hier jetzt einen an\u00e4sthetischen Bezirk f\u00fcr alle vier Qualit\u00e4ten, der sich von fast dem peripheren Ende der Regio foliata bis circa 5 mm weit vor der Zungenspitze hin erstreckte. An der rechten Seite der Zungenspitze fand sich eine Verminderung der Geschmacksf\u00e4higkeit Es bedarf wohl kaum des Hinweises, dafs auch diese Erscheinung im Sinne des Zar der \u2019 sehen Befundes gedeutet werden mufs.\nDie Pr\u00fcfung der Temperaturempfindlichkeit wurde mit einem von Kiesow\u2019s Thermo\u00e4sthesiometern vorgenommen, die je nach Belieben ein Durchstr\u00f6men von kaltem oder erw\u00e4rmtem Wasser zulassen, dessen Temperatur an einem in den Apparat gesteckten Thermometer abgelesen werden kann.3 Die Versuche ergaben sowohl f\u00fcr die Kalt- wie f\u00fcr die Warm-\n1 Cit. Arbeit 136.\n* Citirt nach L. Laotois, Lehrbuch der Physiologie des Menschen. . 7. Aufl., S. 737. 1891.\n5 Nach dem in Wundt\u2019s Philos. Studien 14, 589, sowie in Mosso\u2019s Arch, ited. de Biologie 30, 375, mitgetheilten Princip habe ich mir einige Apparate anfertigen lassen, die sich durch ihre Form den verschiedenen K\u00f6rper-theilen leicht anpassen. Der im obigen Fall benutzte ist von cylindrischer Form und hat bei einer L\u00e4nge von 6 cm einen Durchmesser von ca. 1 cm.\nK.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nF. Kie\u00e2ow und M. Xadoleczny.\nempfindung und die des Temperaturschmerzes auf beiden Seiten keinerlei Unterschied- Das gleiche Ergebnifs fanden wir bei Vergleichsversuchen mit constanten Temperaturen.\nDie Tastempfindlichkeit pr\u00fcften wir vergleichsweise mit einem weichen Haarpinsel, sowie mit Watteb\u00e4uschchen und mit von Fbey\u2019s Reizhaaren. Auch hier zeigte die rechte Seite keinerlei Herabsetzung der Empfindlichkeit gegen\u00fcber dem Verhalten der normalen linken Seite. Wir konnten sogar mit von Fret\u2019s Reizhaaren links wie rechts einen Schwellenwerth von 0,75 gr/mm bestimmen. Das Haar hatte die Constanten:\nQuerschnitt Mittlerer Radius Kraft Spannungswerth 0,0039 mm9\t0,035 mm\t27,0 mgr\t0,75 gr/mm\nF\u00fcr die Untersuchung der Schmerzempfindlichkeit der rechten Zungenseite dienten uns Vergleichsversuche mit den oben erw\u00e4hnten sehr feinen und zugeschliffenen N\u00e4hnadeln. Der Kranke gab an, auch bei diesen Versuchen wie bei jenen, in denen wir den Temperaturschmerz verglichen, weder rechts noch links einen Unterschied in der Intensit\u00e4t des Eindrucks zu versp\u00fcren.\nHiernach h\u00e4tte man entweder an individuelle Unterschiede zu denken, sofern die Chorda in einigen F\u00e4llen tactile, sowie Schmerz- und Temperaturfasern f\u00fchrt und in anderen nicht* oder es w\u00fcrde in F\u00e4llen von herabgesetzter Tastempfindlichkeit bei Chordal\u00e4dirung oder Durchtrennung des Nerven (Fall von O. Wolf, in dem sogar v\u00f6llige Aufhebung der Sensibilit\u00e4t f\u00fcr Tast- und Temperaturreize beobachtet wurde) der Trigeminus, mit dem die Chorda durch Anastomosen in engster Verbindung steht, mit afficirt sein. In letzterem Sinne ist wohl auch die Bemerkung von Urbantschitsch zu verstehen: \u201eNebst den Geschmacksanomalien giebt sich bei der eiterigen Paukenentz\u00fcndung auch eine ver\u00e4nderte Tastempfindung an der Zunge zu erkennen, w\u00e4hrend sich wieder in anderen F\u00e4llen, selbst bei einem totalen Geschmacksverluste, eine intacte Tastempfindung vorfindet. Aus \u2022diesem Grunde erweisen sich die St\u00f6rungen der Geschmacks-und Tastempfindungen von einander vollst\u00e4ndig unabh\u00e4ngig und ihr gleichzeitiges Vorkommen spricht nur daf\u00fcr, dafs aufser den Geschmacksfasern noch Tastnerven vom Erkrankungsprocesse ergriffen sind.1\n1 Lehrbuch der Ohrenheilkunde 359. Wien u. Leipzig 1890.","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\n53\nMan k\u00f6nnte einwenden, dafe die Reizung mit Reizhaaren in den obigen F\u00e4llen nicht einwandsfrei sei, da z. B. der Ausfall der tactilen Chbrdafasem nur auf die Dichte der Tastpunkte, nicht aber auf die eigentliche Empfindlichkeit der einzelnen Punkte von Einflufs sein m\u00f6chte und dafs die Anzahl der Tastpunkte pro Fl\u00e4cheneinheit auf der Zungenschleimhaut nicht bestimmbar sei. Aber dieser Einwand trifft doch nicht zu; denn abgesehen davon, dafs die Methode g\u00e4nzliche Ausfallserscheinungen erkennen lassen m\u00fcfste, pflegt man auch bei einer merklichen Herabsetzung der Empfindlichkeit h\u00f6here Schwellen-werthe zu erhalten.\nZudem d\u00fcrfte man sich bei der Pr\u00fcfung mit dem Induc-tionsstrom sowie bei Benutzung von feinen Haarpinseln und Watteb\u00e4usehchen, bei Reizapparaten somit, die ebenfalls bei Versuchen anderer Autoren verwandt wurden, die ein entgegengesetztes Resultat ergaben, auch kaum t\u00e4uschen d\u00fcrfen; denn die Kranken pflegen auf diese Weise mit grofser Bestimmtheit die geringere Empfindlichkeit eines gegebenen K\u00f6rpertheiles zu erkennen.\nDa uns die mechanischen Tastschwellen der beiden Knaben, die uns als Versuchspersonen dienten, ein wenig hoch erschienen, haben wir es nicht f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig erachtet, dieselben an v\u00f6llig normalen und ge\u00fcbten Beobachtern nachzupr\u00fcfen. Diese Versuche beziehen sich somit ebenfalls auf den Zungenrand in einer Ausdehnung vom peripheren Ende der Reg. foliata bis etwa 1\u20141,5 cm Entfernung von der \u00e4ufsersten Spitze.1 Wir erhielten auf diese Weise als Schwellenwerthe f\u00fcr punctuelle Reize\nan Herrn Dr. Luigi Agliabdi\trechts 0,75 gr/mm\nlinks 0,5^0,75 \u201e \u201e an Herrn stud. med. Alexander Sandri rechts 0,5\u20140,75 \u201e \u201e\nlinks 0,5\u20140,75 \u201e \u201e\n\u00bb\nan Herrn stud. med. Orest. Polledro rechts 0,5\u20140,75 \u201e \u201e\nlinks 0,5\u20140,75 \u201e \u201e an Herrn stud. med. Eduard Audenino rechts 0,5\u20140,75 \u201e\t\u201e\nlinks 0,75 \u201e\t\u201e\n1 Ueber die aufserordentliche Empfindlichkeit der Zungenspitze f\u00fcr Tastendr\u00fccke hat Kiesow wiederholt berichtet. Vergl. die in seiner Arbeit \u201eZur Psychophysiologie der Mundh\u00f6hle\u201c [Philos. Stud. 14 (4)] mit-getheilten Schwellenangaben, ebenso Arch. ital. de Biol. 30, 384 Note.","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nF. Kiesow und M. Nadoleczny.\nJe mehr man sich der Spitze n\u00e4herte, nahmen die Punkte niedrigster Schwelle, wie vorauszusehen, an H\u00e4ufigkeit zu.\nDie beiden Reizhaare hatten die Constanten:\nQuerschnitt Mittlerer Radius Kraft Spannungswerth 0,0046 mm*\t0,038 mm\t19,0 mgr\t0,5 gr/mm\n0,0038 \u201e\t0,035 \u201e\t27,0 \u201e\t0,75 \u201e\nDiese Werthe stimmen mit denen, die im dritten Fall gefunden wurden, sie stimmen aufserdem mit denen, die mit Ausnahme der Zungenspitze und des Lippenroths auch auf anderen Theilen der K\u00f6rperoberfl\u00e4che als niedrigste Schwellenwerthe gefunden werden.1 Wenn die Werthe in den beiden in Rade stehenden F\u00e4llen etwas h\u00f6her ausfielen, so mag auch hier bemerkt werden, dafs die Versuchspersonen nicht auf psychophysische Versuche einge\u00fcbt waren und es mag daran erinnert werden, dafs sie Kranke waren, dafs man an sie deshalb wohl einen mehr klinischen Maafsstab anlegen mufs. Zudem liegen diese Werthe sehr nahe der mittleren Schwelle des Tastpunktes, die nach von Frey2 an der Wade = 1,44 gr/mm und am Handgelenk = 1,28 gr/mm betr\u00e4gt In einer noch nicht abgeschlossenen Arbeit fand Kiesow unter anderem als mittlere Schwelle des Tastpunktes auf der Mitte der Volarseite des linken Unterarms den Werth von 1,67 gr/mm. Es l\u00e4fst sich ferner durch Versuche leicht zeigen, dafs die Punkte von niedrigstem wie von h\u00f6chstem Schwellenwerth auf einem gegebenen Raume sich niemals in der gr\u00f6fsten H\u00e4ufigkeit vorfinden. Hiernach d\u00fcrfte wohl kein Zweifel sein, dafs man jene Werthe unter den gegebenen Bedingungen noch als normale ansehen darf. Der niedrigere Werth, der bei dem dritten der oben erw\u00e4hnten Kranken gefunden wurde, erkl\u00e4rt sich wohl hinreichend daraus, dafs die Versuchsperson \u00e4lter war als die beiden anderen und zudem, als diese Versuche angestellt wurden, im Begriffe war, die Klinik zu verlassen.\nVon besonderem Interesse d\u00fcrften noch die Schmerzempfindungen sein, die durch Ber\u00fchrung der Chorda in den Molarz\u00e4hnen und auf der Zunge auftraten. Die stechenden Schmerzen, in letzterer wie die der jeweils auftretenden Odontalgie beruhen\n1 Vergl. M. v. Frey, Untere, \u00fcber d. Sinnesfunctionen der menschl. Haut. \u00c4bhdl. d. math.-phys. Classe der k. s\u00e4chs. Ges. d. JFis\u00bb. zu Leipzig 23, 325. F. Kiesow, cit. Arbeit 41.\n8 Cit. Arb. 233 f.","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\n55\nwohl, wie nach dem Vorstehenden kaum anders erwartet werden kann, auf Trigeminusreflexen. In dem ersten von uns beobachteten Fall gelang es regelm\u00e4fsig durch mehr oder minder starke Ber\u00fchrung der oben beschriebenen Stelle in der Paukenh\u00f6hle Schmerzen auszul\u00f6sen, die auf die Zunge, sowie auf die beiden ersten oberen Molarz\u00e4hne, auf das Verbreitungsgebiet des N. auriculo-temporalis und, wenn auch nur selten, auf die Molaren des Unterkiefers ausstrahlten. Es liegt nahe, diese experimentell erzeugten Reflexe mit den h\u00e4ufig vorkommenden \u201eirradiirten\u201c Ohrschmerzen in Verbindung zu bringen. Auch Ubbantschitsch hebt am Schl\u00fcsse seiner Arbeit : Beobachtung eines Falles von An\u00e4sthesie der peripheren Chorda tympani-fasern bei Ausl\u00f6sbarkeit von Geschmacks- und Gef\u00fchlsempfindungen durch Reizung des Chorda tympani - Stammes die Bedeutung des bei Reizung der Chorda tympani auftretenden Zahnschmerzes (in seinem Falle d. letzt unt. Molarzahn) hervor und zwar im Hinblick auf die Otalgia c. dentiscaric.* 1 * * Letztere \u00e4ufsert sich in verschiedener Weise. Meistens wird sie im Mittelohr localisirt, bisweilen jedoch auch im Meatus externus oder auch am Tragus oder an der Ohrmuschel (Gbadenigo).- Sie betrifft also gew\u00f6hnlich das Verbreitungsgebiet des Plexus tympanicus sowie des N. auriculo-temporalis und es ist sehr wahrscheinlich, dafs die Neuralgien im Gebiete des Auricularis magnus selbstst\u00e4ndiger Natur sind. Die Ursache dieser partiellen Trigeminusneuralgie ist h\u00e4ufig eine Caries der Molaren und zwar wie die meisten Autoren angeben der Molaren des Unterkiefers. Wahrscheinlicher ist es jedoch, dafs die Zahncaries am Oberkiefer mindestens ebenso h\u00e4ufig Anlafs zu diesen Schmerzen giebt oder sogar insbesondere in Betracht kommt (Haug).8 Jedenfalls giebt F. Krause 4 f\u00fcr die Neuralgie des zweiten sowohl wie des dritten Quintusastes einen Schmerzpunkt im Ohr an. Die Neuralgie des zweiten Astes verbreitet sich nach ihm auch auf die Z\u00e4hne des Oberkiefers, seltener strahlt sie auf die Zunge aus.\nDiese Angaben stehen insofern in einem gewissen Einklang\n1 Archiv f\u00fcr Ohrenheilkunde 19, 135 ff. 1883.\n1 Salle manife\u00dftazioni auriculari dell\u2019 isterismo. Turin 1895. S. 72.\n*\tIn Blau\u2019s Encyldop\u00e4die der Ohrenheilkunde.\n*\tNeuralgie des Trigeminus etc. 1896.","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nF. Kiesow und M. Nadolcczny.\nmit unseren Beobachtungen, als wir durch Reizung im Mittelohr Schmerzen an jenen Punkten erregen konnten, die auch bei der erw\u00e4hnten Form der Otalgie, sei es als Sohmerzpunkte (Gebiet des Auriculo-temporalis), sei es als anatomischer Sitz der Krankheit (Molarz\u00e4hne) eine Rolle spielen.\nJene Ohrschmerzen, die als Symptom von Zungenerkrankungen auftreten, d\u00fcrften vielleicht auch als partielle Trigeminusneuralgien aufzufassen sein. Sie gelten z. B. als Fr\u00fchsymptom des Zungen-carcinoms (Richard)1 * *, treten aber, wie K\u00f6rner9 beobachtete, auch beim Zungenabscefs auf. Im K\u00f6RNER\u2019schen Fall erregte ein rechtsseitiger Zungenabscefs Schmerzen im rechten Ohr, die bei Druck auf das Zungenbeinhorn sich steigerten und nach Oeffnung des Abscesses schwanden.\nEs m\u00f6gen also diese Versuche vielleicht den Weg zu einer theilweisen Erkl\u00e4rung jener irradiirten Otalgien anbahnen, deren mannigfache Beziehungen zu Erkrankungen der Mundh\u00f6hle, des Rachens und des Kehlkopfes zwar bekannt aber nicht klar gelegt sind.\nSchliefslich d\u00fcrfte nicht zu vergessen sein, dafs bei Ber\u00fchrung der Chorda auch deren sympathische Fasern gereizt werden, wie aus einem von Lewis beobachteten Fall hervorgeht Dieser Autor erhielt nach Aetzung der Paukenseite mit Chroms\u00e4ure starke Anschwellung der Zunge sowie auch Oedeme an anderen K\u00f6rperstellen.8\nTrophische Reflexe wie sie Brunner4 und Urbantschitsch5 beschrieben haben, fehlten in unseren F\u00e4llen.\nDie taube Empfindung, welche einmal im zweiten Fall auf* trat, d\u00fcrfte vielleicht einem Trigeminusreflex, wahrscheinlicher aber einem vasomotorischen zuzuschreiben sein.\nUeber den vielumstrittenen centripetalen Verlauf der Chordafasern k\u00f6nnen die vorstehend beschriebenen Versuche nat\u00fcrlich keinen Aufschlufs geben. Es steht uns aber ein Fall in Aussicht,\n1 These de Paris 1875.\n*\tZeitschrift f\u00fcr Ohrenheilkunde 30, 133.\n*\tA Remarkable Angioneurosis of the Tongue. Transact, of the Amer. Otological Society (Sept.). 1897.\n4 Arch. f. Ohrenheilkunde 5, 34.\n8 Lehrb, d. Ohrenheilkunde. 3. Aufl., S. 363. 1890.","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\n57\ndurch dessen genauere Pr\u00fcfung wir auch zu dieser Frage einen Beitrag zu liefern hoffen d\u00fcrfen.\nF\u00e4lle von intratympanaler Chordareizung mit Ausl\u00f6sung von Geschmacksempfindungen auf der gleichnamigen Zungenseite sind mehrfach beobachtet worden. H\u00e4ufiger jedoch finden sich in der Literatur Angaben \u00fcber taktile Zungenempfindungen bei Sondirung der Chorda im Mittelohr. Abweichend von diesen Angaben verhalten sich der oben citirte Fall von R. Lewis, und ein von D\u00e9lan1 mitgetheilter. Letzterer erhielt bei Aetzung der Paukenh\u00f6hle mit Argentum nitricum wiederholt pl\u00f6tzlich auftretende F acialisl\u00e4hmung.\nDas Auftreten s\u00e4mmtlicher Geschmacksqualit\u00e4ten bei directer Chordareizung wurde an einem und demselben Individuum bisher nicht beobachtet. Am vollst\u00e4ndigsten war die Anzahl der auftretenden Geschmacksempfindungen in dem von Urbant-schitsch2 * mitgetheilten oben citirten Fall, sowie in dem, \u00fcber den Blau berichtet hat8 Die Angaben von Urbantschitsch lauten mit Bezug hierauf: S\u00fcfs, s\u00fcfslich, s\u00fcfslich-bitter, s\u00fcfslich-fade, bemsteinzuckerartig, fade, laugenartig, seifen artig, undeutlich, bitter, sauer, metallisch. Es fehlte in diesem Falle die salzige Empfindung, wenn man nicht die Angaben laugenartig, seifenartig, fade dahin deuten will, was uns aber ohne Weiteres nicht zul\u00e4ssig erscheint. Blau erhielt durch verschiedenartige Reizung der Chorda ebenfalls auf der Zunge einen s\u00fcfsen, bitteren und sauren Geschmack, doch war in seinem Falle der Geschmack auf der entsprechenden Zungenseite vollst\u00e4ndig erhalten.\nRelativ am h\u00e4ufigsten scheint der s\u00e4uerliche oder der metallische Geschmack hei Chordareizung zur Beobachtung gekommen zu sein. Dieser tritt, wie Urbantschitsch in anderen F\u00e4llen4 *, sowie Politzer\u00ae, und Moos6 beobachteten schon bei ein-\n1 Bulletin de l'Acad\u00e9mie imperiale de m\u00e9decine 1857/58, 23, 193.\n*\tArch. f. Ohrenheilkunde 19\u201420, 135.\n*\tBerliner klin. Wochenschrift (45), 674. 1879.\n4 Lehrb. f. Ohrenheilkunde 358. 1890.\n4 Lehrb. d. Ohrenheilkunde 510. 1893.\n4 Archiv f. Augen- u. Ohrenheilkunde 1, 207.","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nF. Kiesow und M. Nadoleczny.\nf\u00e2cher Sondirung, sowie bei Aetzungen und Sp\u00fclung der Paukenh\u00f6hle oder, wie Duchenne 1 und von Tr\u00d6ltsch 3 fanden, bei elektrischer Reizung auf. Duchenne d\u00fcrfte zudem der Erste gewesen sein, der die Chorda tympani elektrisch reizte. Er f\u00fchrte diese Reizung aus, indem er den \u00e4ufseren Geh\u00f6rgang mit Wasser f\u00fcllte und dann die eine der beiden Elektroden hineinlegte, w\u00e4hrend die andere am Nacken angelegt ward. Es entstand hierauf an den vorderen */* der Zunge ein metallischer Geschmack. D. nahm jedoch die Chorda auch f\u00fcr die allgemeine Empfindlichkeit des genannten Zungentheils in Anspruch.\nH\u00e4ufiger sind, wie schon bemerkt, taktile bezw. auch Schmerzempfindungen durch Ber\u00fchrung, Verletzung oder elektrische Reizung der Chorda auf der Zunge hervorgerufen worden, Empfindungen, die von den Patienten meist als prickelnd oder als ein Erzittern der Zunge, sowie als Kitzel und als Stechen beschrieben werden. Abgesehen von den schon citirten F\u00e4llen, bei denen diese Empfindungen neben Geschmacksempfindungen auftraten, w\u00fcrden hierher die Beobachtungen von Wilde\u00ae, Carl1 * 3 4 *, Bonnafont6 u. A. geh\u00f6ren. Der Auffassung Carl\u2019s, nach welcher der Glossopharyngeus auch der haupts\u00e4chlichste Geschmacksnerv f\u00fcr den vorderen Zungentheil sein soll, k\u00f6nnen wir, wie kaum erw\u00e4hnt zu werden braucht, nicht zustimmen. (Vergl. die Arbeiten von Salomonsohn *, Schulte 7, Ziehl8 u. A.)\nUeber Temperaturempfind\u00fcngen und zwar K\u00e4lteempfindungen, die nach L\u00e4sion oder Ber\u00fchrung der Chorda im Mittel-\n1 Archives g\u00e9n\u00e9rales de m\u00e9decine 24, 4. 1850.\n8 Lehrb. d. Ohrenheilkunde, 6. Auf!., 8. 579. \u2014 Angew. Anatomie des Ohres 76. 1861.\n3 Urs. u. Beh. d. Ohrenfl., Uebers. 39; Arch. f. Ohrenheilkunde 5, 235.\nCitirt nach Urbantschitsch, L. d. O., 3. Auf!., 357.\n*\tArch. f. Ohrenheilkunde 10, 162.\n6 Citirt Schmid\u2019s Jahrb\u00fccher 225. 1852.\n6\tBerliner Diss. 1888.\n7\tZeit8chr. f. Ohrenheilkunde 15, 67. 1886.\n*\tVirchow's Arch. 117, 52. 1889.","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani.\n59\nohr auftraten, berichten Urbantschitsch\\ Toynbee8, Klaatsch* und Eh RH ARD.1 * 3 4 5 * 7\nZeitweilige Ageusie nach Spirituseingiefsung ins Mittelohr fand Schulte. 8\nUeber die weitere Literatur w\u00e4ren aufser der ausgezeichneten Abhandlung v. Vintschga\u00fc\u2019s 6 die betreffenden Lehrb\u00fccher, sowie die unl\u00e4ngst von Schlichting 7 ver\u00f6ffentlichte Untersuchung \u00fcber die Chorda tympani zu befragen.\n1 Citirte Arbeit 142 (\u201edem bitteren Geschmack war ein eigent\u00fcmliches Gef\u00fchl einer pl\u00f6tzlichen Abk\u00fchlung der betreffenden Zungenpartie vorausgegangen\u201c).\n*\tKrankh. d. Ohres 186. 1863.\n3\tRomberg's Handb. der Nervenkrankheiten, 2. Aufl., S. 277.\n4\tVortr\u00e4ge \u00fcber Krankh. des Ohres 190. 1875.\n5\tZeitschr. f. Ohrenheilkunde 18.\n\u2022\tHbhmanm\u2019s Hdb. d. Physiologie, Bd. Ill, Theil II, S. 143 ff.\n7 Zeitschr. f. Ohrenheilkunde 32.\n{Eingegangen am 18. M\u00e4rz 1900.)","page":59}],"identifier":"lit31390","issued":"1900","language":"de","pages":"33-59","startpages":"33","title":"Zur Psychophysiologie der Chorda tympani","type":"Journal Article","volume":"23"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:46:21.349505+00:00"}