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{"created":"2022-01-31T16:25:49.254416+00:00","id":"lit31399","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pf\u00e4nder","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 23: 210-215","fulltext":[{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\nG. F. Stout. A Manual of Psychology. Unit. Corresp. College Press. London, Clive u. New York, Hinds & Noble, 1899. 643 S.\nDer Verf. will in diesem Handbuch eine Darlegung der Psychologie vom genetischen Standpunkt geben. Zugleich soll der Anf\u00e4nger durch das Studium desselben wirkliches Interesse an den psychologischen Problemen gewinnen und wirklich die F\u00e4higkeit erlangen, selbst\u00e4ndig psychologische Fragen zu behandeln.\nDie Einleitung setzt der Psychologie die Aufgabe, die Beziehungen dessen, was wahrgenommen oder in irgend einer Weise Gegenstand ist, zn dem Wahrnehmenden oder Denkenden zu untersuchen. Zur Formulirung und Erkl\u00e4rung der psychischen Processe m\u00fcsse sie aufser den psychischen Thatsachen, d. h. denjenigen, die bewufste Erlebnisse Bind, noch andere Factoren, die keine Bewufstseinsthatsachen sind und deshalb psychologische Thatsachen genannt werden, benutzen. Leider vermifst man im Verlaufe des Werkes die Angaben dar\u00fcber, was in den einzelnen concreten F\u00e4llen als psychischer, und was als psychologischer Factor aufzufassen ist. \u2014 Viel Beachtenswerthes enth\u00e4lt das 2. Capitel der Einleitung \u00fcber Data und Methoden der Psychologie. Dann wird das Verh\u00e4ltnis von K\u00f6rper und Geist er\u00f6rtert ; der \u201eParallelismus\u201c als Untersuchungshypothese angenommen, indem zugleich eine metaphysische Erkl\u00e4rung desselben skizzirt wird.\nIm ersten Buch wird eine interessante allgemeine Analyse gegeben. An dem Thatbestande deB Bewufstseins von Etwas, oder des Be-zogenseins des Bewufstseins auf ein Object, werden als die constituirenden Theile drei nicht weiter zur\u00fcckf\u00fchrbare Seiten, n\u00e4mlich die cognitive, die Gef\u00fchls- und die Strebungsseite, unterschieden. Bei der Cognition wird wieder ein Unterschied zwischen Vorstellungen (presentations) und Vorgestelltem (presented objects) gemacht. Ein grofser Theil der Vorstellungen jedoch, die in einem Moment vorhanden sind, pr\u00e4sentire, obgleich er dazu f\u00e4hig ist, nicht immer Objecte. Gef\u00fchle, deren es aufser Lust und Unlust noch andere Arten, z. B. Zorn, Furcht, Hafs, Liebe etc. gebe, seien immer vorhanden. Ebenso sei eine Tendenz, ein Streben hin oder weg von Etwas, immer gegenw\u00e4rtig, wenn auch nicht immer als Bewulstseinszustand.\nGegen\u00fcber der Einheit und Continuit\u00e4t des Bewufstseins \u00fcberhaupt wird wegen ihrer \u00fcberwiegenden Bedeutung f\u00fcr die Entwickelung des","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\n211\ngeistigen Lebens die Einheit und Continuit\u00e4t des Strebens, d. h. die Vereinigung von psychischen Elementen zu Theilen eines und desselben Strebungsprocesses, in den Vordergrund gestellt. Die erste noth-wendige Bedingung jeder Entwickelung und jeden Fortschritts sei das Behalten (retentiveness). Eben oder langer vergangene Erlebnisse hinterlassen Dispositionen. Ihre Wirkung bed\u00fcrfe nicht des erneuten Be-wufstwerdens der entsprechenden Erlebnisse ; sie bestehe vielmehr zun\u00e4chst einfach darin, dafs das gegenw\u00e4rtige Erlebnifs eine Bedeutung (meaning, significance) habe. Diese Bedeutung sei eine Modification des Bewufst-seins, ein besonderer Charakter, den ein Theil durch seine Beziehungen zu einem Ganzen erhalte. Sie bildet zugleich die erste Stufe der Reproduction. Die verschiedenen Arten der eigentlichen Reproduction gehen aus der Entfaltung der Bedeutung wie die Pflanze aus dem Samen hervor. Diese Entfaltung der Bedeutung f\u00fchre zun\u00e4chst zur Complication, in der das Reproducirte keine eigene Existenzf\u00e4higkeit besitzt, sondern als integriren-der Theil des Reproducirenden erscheint (z. B. die Qualit\u00e4ten der T\u00f6ne, die als Klatschen, Krachen, Klirren, Rauschen u. dgl. bezeichnet werden). Bei der letzten Stufe der Entfaltung, bei der freien Reproduction k\u00f6nne dagegen das Reproducirte f\u00fcr sich bestehen und bestehen bleiben, wenn das Reproducirende verschwunden sei.\nEin geistiger Procefs k\u00f6nne aber auch, statt einen anderen hervorzu-rufen, seinen Eintritt nur erleichtern oder beg\u00fcnstigen. Wenn und soweit er das nicht thue, strebe er danach, seinen Eintritt zu hindern. \u2014 Die Fehler der Verm\u00f6gens- und der Associationspsychologie seien die Cirkel-erklfirung und die Verwechslung von Causation und Composition. \u2014\nIm zweiten Buch werden die Empfindungen behandelt. Empfindungen k\u00f6nnen als solche oder als Zeichen oder Eigenschaften von Dingen beachtet werden. Im ersteren Falle seien sie selbst Objecte, im zweiten dagegen nur Bestandtheile des Processes, durch welchen wir Objecte erkennen. Als Empfindungsreflex wird derjenige Reflex bezeichnet, der nur durch die Empfindung als solche bestimmt ist. Derselbe hat zugleich Gef\u00fchlston und Strebungscharakter. Dann werden die Thatsachen der Farbenempfindung und die der Tonempfindung aufgef\u00fchrt. St. nimmt hier die Lehre, Schwebungen bewirkten die Dissonanz, auf, ohne wie es scheint zu wissen, dafs W. Wundt, Th. Lipps und neuerdings C. Stumpf die Unhaltbarkeit derselben nachgewiesen haben. \u2014 Darauf folgen die anderen Arten von Empfindungen. Betreffs der sog. \u201eInnervationsempfindungen\u201c neigt er zu der Ansicht, dafs das, was man so nennt, in Wahrheit eine besondere Art des Strebens ist und sich keineswegs mit irgend einer Empfindung vergleichen l\u00e4fst. Nach der Darlegung des Weber-Fechner\u2019-schen Gesetzes und der dahin geh\u00f6rigen Thatsachen geht er zu dem Gef\u00fchlston der Empfindung \u00fcber. Lustvolle Empfindungen beg\u00fcnstigen, unlustvolle hemmen die Wirksamkeit der geistigen Functionen. Gef\u00fchlston nnd 8treben stehen auch f\u00fcr St. in naher Beziehung. Aber seine Erkl\u00e4rung, alle lustvollen Empfindungen seien mit einem Streben nach ihrer Fortsetzung verbunden, kann er gegen\u00fcber dem Widerspruch der Erfahrung nur durch die etwas gewaltsame Bemerkung aufrecht erhalten,\n14*","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nBesprechung.\nman k\u00f6nne doch nicht leugnen, dafs wenigstens unbewufst ein solches Streben immer vorhanden sei. Nur dieser Gewaltact erlaubt ihm dann auch die Verallgemeinerung: Lust entstehe, wenn das Streben in der Erreichung seines Zieles beg\u00fcnstigt oder gef\u00f6rdert, Unlust, wenn es gehindert werde. \u2014\nDas dritte Buch bespricht die Wahrnehmung. Hat eine Empfindung eine Bedeutung erworben oder eine Complication mit anderen Inhalten erfahren, erf\u00fcllt sie also eine cognitive Function, so liegt eine Wahrnehmung vor. Sie hat zugleich immer Gef\u00fchlston und Strebungs-charakter. Gew\u00f6hnlich bilden Wahrnehmungen Reihen, die eine gewisse Einheit und Continuit\u00e4t durch das Streben nach einem Ziel haben. Eine Vorstellung des Resultats des Strebens brauche nicht vorhanden zu sein. Die Instincthandlungen der Thiere sind ein Beispiel daf\u00fcr. Ueberraschend ist die Behauptung, dafs sogar bei erstmaliger Ausf\u00fchrung einer Instinct-handlung ein Wahrnehmungsprocefs vorliege. Ein Wiedererkennen von Objecten k\u00f6nne zwar hier nicht angenommen werden, aber der geistige Zustand des Thieres sei doch dem Wiedererkennen analog. Die Function der fehlenden fr\u00fcheren Erfahrung werde hier durch angeborene Begabung erf\u00fcllt. \u2014 Ein wesentliches Moment in der Wahrnehmungsth\u00e4tigkeit sei die Aufmerksamkeit, die immer in gewisser Weise erwartend und prospectiv sei. Was das genauer heifsen soll, wird nicht ganz klar. \u2014\nDer Wahrnehmungsprocefs f\u00fchrt, wenn er gehemmt wird, zur Variirung der Bem\u00fchungen und, wenn theilweise neue Bedingungen vorliegen, zur freien Anpassung an dieselben. Auch hierzu seien geistige Bilder und fr\u00fchere Erfahrungen nicht n\u00f6thig. Beim Menschen kommen freilich zum Wahrnehmungsprocefs meist Vorstellungsprocesse hinzu, am deutlichsten dann, wenn er im Voraus einen Plan entwirft. Die einzelnen Wahrnehmungsprocesse sind bei den Thieren isolirt und ohne Zusammenhang untereinander. Nur in der menschlichen Pers\u00f6nlichkeit, die keine rein impulsive Natur ist, wird der einzelne Impuls mit einem System von Motiven, das momentane Selbst mit dem totalen Selbst in Zusammenhang gebracht. \u2014 Die Nachahmung, die Bedingungen ihrer Entstehung, ihre Wichtigkeit f\u00fcr die geistige Entwickelung und die Grenzen ihrer Leistungsf\u00e4higkeit bilden den Gegenstand des n\u00e4chsten Capitels. \u2014 Der Gef\u00fchlston der Wahrnehmung wird einerseits durch F\u00f6rderung, Erleichterung oder Hemmung des Processes selbst, andererseits durch vorgebildete Associationen bedingt. Hinsichtlich der Emotionen weist St. die Theorie James\u2019 mit neuen Argumenten ab, giebt die Bedingungen der Entstehung von Ge-m\u00fcthabewegungen an, und erkl\u00e4rt, dafs sie sich nicht nur durch Lust- und Unlustcharakter, sondern auch noch durch andere, nicht weiter zur\u00fcck-f\u00fchrbare Gef\u00fchlscharaktere unterscheiden. Von der Emotion ist sowohl die nachbleibende Stimmung als auch die emotionelle Disposition zu scheiden. \u2014 Die dann folgende Analyse von Furcht und Zorn ringt mit umst\u00e4ndlichen, meist auf die Aeufserungen bez\u00fcglichen Beschreibungen und mit der Mannigfaltigkeit der Objecte, die Furcht und Zorn erwecken, ohne doch zu klarer Einsicht zu gelangen. \u2014\nDer zweite Abschnitt des dritten Buches enth\u00e4lt eine Untersuchung \u00fcber die Categorien des Wahrnehmungsbewufstseine, d. h. \u00fcber Causalit\u00e4t,","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\n213\nDingheit, \u00e4ufsere Realit\u00e4t, Raum und Zeit. Diese Categorien seien auf der Wahrnehmungsstufe noch ganz in concretem Material eingebettet. Specieller werden Raum- und Zeitwahrnehmung behandelt. An der Extension unterscheidet St. die Extensit\u00e4t und die r\u00e4umliche Ordnung. Die Extension entstehe durch Verschmelzung der Localzeichenqualit\u00e4ten zu einem Continuum. Indem dann die Extensit\u00e4t mit activen Bewegungen (der Augen und H\u00e4nde) eine Complication bilde, gewinne sie r\u00e4umliche Ordnung. Die Extension werde von uns f\u00fcr wirklich gehalten, weil sie nicht durch uns, sondern f\u00fcr uns determinirt sei. Es folgt eine genauere Betrachtung der Raum Wahrnehmung des Gesichts- und des Tastsinns. \u2014 Die Zeitwahrnehmung beruhe auf einer unmittelbaren Erfahrung des Zeitverlaufs. Gemessen werde der Zeitverlauf durch die \u201eansammelnde Wirkung des Aufmerksamkeitsprocessesu (cumulative effect of the process of attending), die zugleich die prim\u00e4re Erfahrung der Vergangenheit in sich schliefse. Die prim\u00e4re Erfahrung der Zuk\u00fcnftigkeit sei mit der wesentlich pro-spectiven Natur der Aufmerksamkeit gegeben; die Gegenwart sei durch die vorhandene Empfindung charakterisirt. \u2014 In diesen von ahnungsvollem Halbdunkel umgebenen Erkl\u00e4rungen wird, wie mir scheint, eine Einsicht in die Zeitwahrnehmung mehr erstrebt als erreicht. \u2014\nDas vierte und letzte Buch hat die Vorstellungs- und Gedanken-processe (ideational and conceptual process) zum Gegenst\u00e4nde. Analog dem Unterschiede zwischen Empfindung und Wahrnehmung wird ein Unterschied zwischen Bild (image) und Vorstellung (idea) gemacht. Das Bild sei nur ein Bestandtheil der Vorstellung, der andere und wichtigere sei die Bedeutung des Bildes, die je nach dem Zusammenhang und den Umst\u00e4nden, unter denen das Bild auftritt, variirt. Ein bildloses Denken giebt es jetzt auch f\u00fcr 8t. nicht mehr. \u2014 Vorstellungsreihen zeigen, weil sie meist einen theoretischen oder einen praktischen Zweck haben, eine gewisse Einheit und Continuit\u00e4t des Interesses. DaB Fundamentalprincip der Vorstellungsassociation sei nicht eigentlich Contiguit\u00e4t in strengem Sinne, sondern vielmehr Continuit\u00e4t des Interesses. Jede Vorstellungsreihe habe eine reproductive und eine productive Seite. Die rein reproductive Seite bildet das Ged\u00e4chtnifs, dessen Arten und Bedingungen dargelegt werden. Die productive Seite \u00e4ufsere sich darin, dafs die vorgestellten Objecte durch die Bedingungen, unter denen gerade die Reproduction stattfindet, Modificationen und Transformationen erleiden, und dafs aufser-dem neue Inhalte in reproducirte Relationen und reproducirte Inhalte in neue Relationen gebracht werden. Erleide die reproductive oder die constructive Seite der Vorstellungsth\u00e4tigkeit Hemmungen und Verz\u00f6gerungen, so strebe sie mit Aenderung des Verfahrens zu dauern. \u2014 Es wird dann die Wichtigkeit der gedanklichen Analyse und Synthese und der Vergleichung f\u00fcr die Vorstellungsth\u00e4tigkeit hervorgehoben; die Bedeutung der Sprache und das Verh\u00e4ltnifs der nat\u00fcrlichen und der conventionellen Sprache genauer dargelegt. Es folgen zwei interessante Capitel, von denen das erste die Momente angiebt, die zur ideellen Construction der \u00e4ufseren Welt f\u00fchren. Zusammenhangslosigkeit, Widerspruch, Zweideutigkeit bilden Hemmnisse der geistigen Activit\u00e4t und bewirken ein Streben nach ihrer Entfernung. Wichtiger als das theoretische ist das praktische Interesse,","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nBesprechung.\nd. h. das Streben, Mittel zur Erreichung praktischer Zwecke zu finden. Dazu kommen noch sociale Factoren, die Aufnahme der Beobachtungen und Denkresultate Anderer durch die Sprache, die Nachahmung und die Wahts-nehmung der materiellen Producte menschlicher Th\u00e4tigkeit. Andererseits bilden jedoch die social herrschenden ideellen Constructionen auch ein Hemmnifs f\u00fcr das individuelle Denken. Das zweite Capitel behandelt die ideelle Construction des Selbst, die ebenfalls zun\u00e4chst auf praktische Zwecke gerichtet sei. Sie habe sich der subjectiven Ordnung, d. h. derjenigen anzupassen, in welcher die Erfahrungen in der individuellen Lebensgeschichte thats\u00e4chlich eintraten. Das Material f\u00fcr diese Construction bilden die organischen Empfindungen und Tendenzen, die motorischen und die ideationalen Impulse und Th\u00e4tigkeiten. Die Motive zu dieser Construction entstehen aus der Beziehung des Individuums zu anderen Individuen derselben Gemeinschaft. Von der Vorstellung des Selbst sei das Ich, das diese Vorstellung hat, zu trennen, denn das letztere k\u00f6nne nicht zugleich Object sein. Daran schliefsen sich noch einige interessante Bemerkungen \u00fcber das Selbst zu verschiedenen Zeiten ; \u00fcber den Gegensatz des Selbst, wie es ist oder war, und des Selbst, wie wir es w\u00fcnschen; \u00fcber den Gegensatz zweier gegenw\u00e4rtiger Selbste, von denen das eine als das wahre Selbst betrachtet wird ; und \u00dcber die Pathologie des Selbst-bewufstseins. \u2014\nDas n\u00e4chste Capitel handelt vom Glauben (belief), der einerseits Bedingung der Activit\u00e4t, andererseits durch die Activit\u00e4t bedingt sei. Zum eigentlichen Wesen alles Glaubens geh\u00f6re objective Einschr\u00e4nkung (objective coercion) der subjectiven Th\u00e4tigkeit oder Freiheit. Was zun\u00e4chst als objective Einschr\u00e4nkung erscheine, k\u00f6nne sich vom Standpunkt umfassenderen Wissens als nicht von der Natur des Objectes, sondern von einer blos subjectiven Ideenassociation ausgehend erweisen. \u2014 Gef\u00fchle k\u00f6nnen bei der Vorstellungsth\u00e4tigkeit entweder an die Vorstellungen selbst gekn\u00fcpft sein, oder aus der F\u00f6rderung und Hemmung der Vorstellungsth\u00e4tigkeit entstehen. Im Schlufscapitel wird dann der Willensentscheid eingehender behandelt. Die Entwickelung des Strebens gehe parallel mit der Entwickelung der Cognition. Die Willenshandlung sei streng von der impulsiven Handlung, und die Ueberlegung vom Conflict impulsiver Tendenzen zu scheiden. Im Willensentscheid werde die einzelne Strebung und ihr Ziel zum ganzen System von Strebungen, das im Begriffe des totalen Selbst eingeschlossen sei, in Beziehung gebracht ; und der Willensentscheid folge nicht dem st\u00e4rksten Impulse, sondern unserem Vorziehen der einen Strebung vor den anderen. Folge kein Entscheid, so trete Ueberlegung ein. Es werden dann die Momente, die den Eintritt des Entscheides und seine Festigkeit bedingen, aufgez\u00e4hlt; die Ausf\u00fchrung der zur Erreichung des Gewollten n\u00f6thigen Bewegungen wird nicht zum Bewufstseinszustand des Wollens selbst gerechnet; und zum Schlufs werden noch die unwillk\u00fcrlichen und w\u2019iderwilligen Handlungen, die Selbstbeherrschung, die willk\u00fcrliche Aufmerksamkeit und die wahre Freiheit, die nicht in ursachlosem Entscheiden, sondern in der Selbstbestimmung oder Selbstbeherrschung bestehe, kurz besprochen. \u2014","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechung.\n215\nAue diesem kurzen Referat d\u00fcrfte schon zu ersehen sein, dafs der Verf. seine Absichten in origineller und, mit Nichtachtung kleiner M\u00e4ngel, in gl\u00fccklicher Weise erreicht. Die genetische Behandlung ist eigenartig and consequent durchgef\u00fchrt, und die Darstellung er\u00f6ffnet fesselnde und nene Ausblicke auf die psychologischen Probleme. Man kann nicht verlangen, dafs in einem solchen Werke von relativ geringem Umfange, das die Psychologie vom genetischen Standpunkt aus behandeln will, die Analyse \u00fcberall bis zu den letzten auffindbaren Elementen des psychischen Lebens vordringe. Jedoch, wenn es auch zu den \u00fcberkommenen Vorrechten genetischer Betrachtungen zu geh\u00f6ren scheint, die Probleme meist nur in ihren allgemeinen Z\u00fcgen zu erfassen, so w\u00fcrde doch die theilweise Benetzung dieses Vorrechtes den Verf. nicht haben abzuhalten brauchen, mit R\u00fccksicht auf die p\u00e4dagogische Absicht seines Buches jedesmal seinen Verzicht auf weitere Analyse ausdr\u00fccklich zu markiren, damit der Anf\u00e4nger weife, wo er noch in der Peripherie steckt und nicht schon im Centrum ruhen darf. Denn auf der Peripherie befindet man sich noch, wenn man z.B. nur erf\u00e4hrt, die \u201eBedeutung\u201c sei eine Modification des Bewufstseins ; oder es gebe eine objective Einschr\u00e4nkung der subjectiven Activit\u00e4t ; oder die Bedeutsamkeit fange es irgendwie an, dem Relevanten und Bedeutsamen eine besondere Wirkungsf\u00e4higkeit zu verschaffen; oder es gebe Strebungseinheit und Con-tinuit\u00e4t; u. dgl., ohne zu erfahren, wie das im Einzelnen aussieht oder zugeht. \u2014 Doch abgesehen hiervon wird der Leser das Buch mit Interesse lesen und eine reiche F\u00fclle von Anregungen daraus gewinnen, da der Verf. eine Menge bisher kaum beachteter Thatsachen in origineller Weise in die psychologische Untersuchung einf\u00fchrt und mit grofsem Geschick verwerthet. \u2014\tPf\u00e4nder (M\u00fcnchen).","page":215}],"identifier":"lit31399","issued":"1900","language":"de","pages":"210-215","startpages":"210","title":"G. F. Stout: A Manual of Psychology. Univ. Corresp. College Press. London, Clive u. New York, Hinds & Noble, 1899. 643 S","type":"Journal Article","volume":"23"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:25:49.254421+00:00"}