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{"created":"2022-01-31T16:16:29.670536+00:00","id":"lit31409","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"M\u00fcller, G. E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 24: 142-145","fulltext":[{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Vergleichung gehobener Gewichte.\nVon\nG. E. M\u00fcller.\nProf. Cattell wendet sich in dieser Zeitschrift, 23, 108 f. abermals gegen die von Sch\u00fcmann und mir (in Pfl\u00fcger\u2019s Arch, f. d. ges. Physiol\u201e 45) aufgestellte Theorie der Vergleichung gehobener Gewichte. Nachdem er an eine von uns Beiden in Erinnerung gebrachte Auslassung von Hering nochmals erinnert hat, bemerkt er unter Hinweis auf die Resultate der von ihm gemeinsam mit Fullerton angestellten Versuche, dafs die Geschwindigkeit der Bewegung \u201enicht der einzige oder haupts\u00e4chliche Factor in der Wahrnehmung gehobener Gewichte sei\u201c. Kein Mensch hat die triviale Thatsache bestritten, dafs wir bei Ausf\u00fchrung von Gewichtshebungen auch noch ein gewisses Urtheil \u00fcber die Kraft der Bewegungen, ihre Ausgiebigkeit, ihre Dauer u. A. m. besitzen. Unsere Behauptung ging nur dahin, dafs bei der Vergleichung der Gr\u00f6fsen gehobener Gewichte die Beurtheilung der aufgewandten Kraft keine Rolle spiele.\nProf. C. bemerkt weiter, meine Behauptung, \u201edafs afferente Empfindungen von Kraft und Anspannung nichts mit der Sache zu thun haben\u201c,1 erscheine ihm unhaltbar; denn \u201ewir erkennen die Bewegungsgeschwindigkeit nur durch die von der Haut, den Muskeln, Sehnen und Gelenken kommenden Empfindungen, und diese wechseln in ihrer Intensit\u00e4t und ihrem Charakter mit dem gehobenen Gewicht\u201c. Diese Auslassung entzieht sich v\u00f6llig meinem logischen Verst\u00e4ndnisse. Mir scheint der Umstand, dafs\n1 Dafs Druck- und Spannungsempfindungen \u201ein gewissen F\u00e4llen bei der Vergleichung gehobener Empfindungen eine nicht unwesentliche Rolle spielen k\u00f6nnen\u201c, heben Schumann und ich (a. a. O. S. 58 und 61) ganz im Sinne unserer Theorie ausdr\u00fccklich hervor!","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Vergleichung gehobener Gewichte.\n143\ndie hier erw\u00e4hnten kin\u00e4sthetischen Empfindungen selbst bei gleicher St\u00e4rke der Hebungsimpulse ihrer Intensit\u00e4t und ihrem Charakter nach mit dem gehobenen Gewichte wechseln, eben dazu zu dienen, eine Unterscheidbarkeit der gehobenen Gewichte zu bedingen.\nProf. C. wendet weiter ein: \u201eWir beurtheilen Gewichte sehr gut, auch wenn keine wahrnehmbaren Bewegungen gemacht werden, und wenn Bewegungsgeschwindigkeit unm\u00f6glich irgend eine Bolle spielen kann.\u201c Es ist seit E. H. Weber eine bekannte Thatsache, dafs wir gehobene Gewichte (von gewissen unteren Grenzwerthen an) viel feiner unterscheiden als Gewichte, die nur auf unseren Drucksinn wirken. Auf welchen Factoren diese feinere Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr gehobene Gewichte beruhe, sucht unsere Theorie anzugeben. Inwiefern diese Theorie durch die Thatsache widerlegt oder als \u00fcberfl\u00fcssig dargestellt werde, dafs wir mit geringerer Sch\u00e4rfe auch ruhende Gewichte unterscheiden k\u00f6nnen, entzieht sich abermals meinem logischen Verst\u00e4ndnisse.\n\u201eDruckempfindungen gehorchen dem Weber\u2019sehen Gesetze ungef\u00e4hr ebenso genau wie Empfindungen des Muskelsinnes, und die M\u00fcller-Schumann\u2019sehe Hypothese ist daher \u00fcberfl\u00fcssig.\u201c Diese Auslassung ist geeignet, die Ansicht zu erwecken, als h\u00e4tten wir unsere Theorie lediglich darauf gegr\u00fcndet, dafs sich die G\u00fcltigkeit des WEBER\u2019schen Gesetzes f\u00fcr die Vergleichung gehobener Gewichte als eine unmittelbare Folgerung derselben ergiebt. Wir haben letzteren Umstand als \u201eein interessantes Ergebnis\u201c unserer Theorie bezeichnet. Die Thatsachen aber, die wir (a. a. O. S. 55 ft.) als wirkliche Beweisgr\u00fcnde f\u00fcr unsere Theorie geltend gemacht haben, und das weitere Beweismaterial, das in der yon L. Martin und mir verfafsten Schrift \u201eZur Analyse der Unterschiedsempfindlichkeit\u201c (S. 206 ff.) angef\u00fchrt worden ist, sind von ganz anderer Art. Prof. C. geht auf diese Thatsachen weder in seiner fr\u00fcheren Auslassung noch in seiner jetzigen Entgegnung ein. Es ist ihm offenbar unm\u00f6glich, die Bedeutung dieser Thatsachen und den Sinn unserer auf dieselbe bez\u00fcglichen Ausf\u00fchrungen zu verstehen. Statt eines Eingehens auf das f\u00fcr unsere Theorie angef\u00fchrte Thatsachenmaterial bietet er die im Vorstehenden besprochene Leistung. Selbstverst\u00e4ndlich sch\u00fctzt ihn das hier zu Tage getretene Unverm\u00f6gen sowie der schon in seiner fr\u00fcheren Auslassung \u00fcber unsere Theorie","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nG. E. Millier.\nhervorgetretene Umstand, dafs sein Denken offenbar anderen logischen Regeln folgt als das meine, vor jeder weiteren Kritik meinerseits.\nProf. C. hebt hervor, dafs der Abweisung seiner fr\u00fcheren kurzen Kritik der M\u00fcller-Schumann\u2019sehen Theorie in oben genannter Schrift \u201eZur Analyse der Unterschiedsempfindlichkeit\u201c nicht weniger als acht klein gedruckte Seiten gewidmet seien. Der Grund, weshalb ich meine Entgegnung so eingehend gestaltete, war nicht der, dafs ich der Auslassung von Prof. C. ein besonderes Gewicht beilegte, sondern vielmehr der, dafs die von ihm und Fullerton gegebenen Ausf\u00fchrungen durch ihr logisches Niveau und den aufgewandten Grad von Gr\u00fcndlichkeit einen Typus repr\u00e4sentirten, den einmal in sachgem\u00e4fser Weise zu charakterisiren, ich als ein zwar unerquickliches, aber der Wissenschaft n\u00fctzliches Unternehmen ansah. Wer nach jenen meinen Darlegungen und der im Obigen besprochenen Entgegnung von Prof. C. nicht weifs, was er von diesem Typus zu halten hat, dem ist eben nicht zu helfen. Uebrigens vergifst Prof. C. zu bemerken, dafs auf jenen acht klein gedruckten Seiten sich nicht blos eine Entgegnung auf seine Kritik, sondern (auf S. 217 f.) auch der beil\u00e4ufige Nachweis findet, dafs seine Ausf\u00fchrungen eine Unkenntnifs betreffs der psychophysischen Methodik erkennen lassen, welche ihn nicht gerade dazu auf fordern durfte, in eine vergleichende Untersuchung der psychophysischen Methoden einzutreten.\nDer Schlufs der Entgegnung von Prof. 0. bringt eine Verwahrung, welche anscheinend dazu bestimmt ist, in verh\u00fcllter Form den (anscheinend auch noch von Anderen gehegten) Wunsch auszusprechen, dafs Prof. Wundt sich k\u00fcnftighin bei Darstellung und Bek\u00e4mpfung der Ansichten Anderer einer gr\u00f6fseren H\u00f6flichkeit und Gewissenhaftigkeit befleifsigen m\u00f6ge. In der That kann man es weder f\u00fcr ein \u201eh\u00f6fliches\u201c Verfahren noch f\u00fcr ein solches erkl\u00e4ren, welches \u201eeine gerechte W\u00fcrdigung der Arbeiten Anderer\u201c einschliefst und \u201ezur F\u00f6rderung der Wahrheit beitr\u00e4gt\u201c, wenn Wundt die von Schumann und mir aufgestellte Theorie kritisirt, ohne sich die M\u00fche genommen zu haben, sie hinl\u00e4nglich kennen zu lernen, und sogar erdichtete Versuche und Versuchsresultate gegen dieselbe anf\u00fchrt.\nMan vergleiche zu Vorstehendem z. B. auch das in dieser Zeitschr. 10, 335 (Anmerkung) von mir Bemerkte. Auch die von Schumann und mir auf-","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Vergleichung gehobener Gewichte.\n145\ngestellte Annahme einer in niederen Centren sich vollziehenden motorischen Einstellung findet vor den Augen Wundt\u2019s keine Gnade. \u201eDer in den Versuchen von M\u00fcller und Schumann beobachtete Einflufs der Einstellung\u201c, bemerkt er (Grundz. d. physiol. Psychol., 4. Auf!., 1, S. 4301), \u201eist ein specieller F all der \u00fcberall sich best\u00e4tigenden Wirkung der Adaptation der Aufmerksamkeit: wir untersch\u00e4tzen unerwartet kleine, und wir \u00fcbersch\u00e4tzen unerwartet grofse Eeize; dazu kommt dann im vorliegenden Fall noch die V irkung der von der Adaptation abh\u00e4ngigen motorischen Innervation, die eine relative Beschleunigung bei der Hebung untersch\u00e4tzter, eine ebensolche Verlangsamung bei der Hebung \u00fcbersch\u00e4tzter Gewichte herbeif\u00fchrt.\u201c Nach den gl\u00e4nzenden Best\u00e4tigungen, welche unsere Lehre von der motorischen Einstellung durch die von Laura Steffens (in dieser Zeitschrift 23, 242 f.) n\u00e4her angef\u00fchrten Resultate der thierphysiologischen Versuche von Mott und Sch\u00e4fer, Steiner u. A. erfahren hat, ist es \u00fcberfl\u00fcssig, sich mit dieser ohne n\u00e4here Kenntnifs der einschlagenden Versuche am Schreibtische ersonnenen Speculation Wundt\u2019s weiter zu besch\u00e4ftigen. Es ist im Interesse der Psychophysik und experimentellen Psychologie sehr zu bedauern, dafs von den zahlreichen Behauptungen, welche Wundt auf diesem Gebiete aufgestellt hat, auch nicht eine einzige auch nur ann\u00e4hernd solche Best\u00e4tigungen erfahren hat wie unsere so kurzweg von Wundt abgethane Lehre von der motorischen Einstellung.\n(-Eingegangen am 26. Juni 1900.)\n!\n10\n-Zeitschrift f\u00fcr Psychologie 24.","page":145}],"identifier":"lit31409","issued":"1900","language":"de","pages":"142-145","startpages":"142","title":"Ueber die Vergleichung gehobener Gewichte","type":"Journal Article","volume":"24"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:16:29.670541+00:00"}