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{"created":"2022-01-31T16:28:52.026828+00:00","id":"lit31426","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Straub, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 25: 78-100","fulltext":[{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction des menschlichen Auges.\nVon\nProf. Dr. M. Stbaub\nin Amsterdam.\n(Mit 2 Fig.)\nAls ich mm ersten Mal die ophthalmologische Retractions lehre kennen lernte, erstaunte ich \u00fcber die stillschweigende Annahme, dafs die Emmetropie der normale Refractionszustand des Auges sei. Da ich den Mechanismus nicht auffinden konnte, durch welchen die Natur das zur Emmetropie geforderte Verh\u00e4ltnis zwischen der Kr\u00fcmmung der gew\u00f6lbten Oberfl\u00e4chen und der Achsenl\u00e4nge erwerben und erhalten k\u00f6nnte, meinte ich, es werde sich hei eingehender Untersuchung herausstellen, dafs die Emmetropie nur in wenigen F\u00e4llen genau erreicht wird. Ich erwartete die normale Refraction zwar im Mittel emme-tropisch zu finden, doch oberhalb und unterhalb der Emmetropie viele F\u00e4lle leicht myopischer und leicht hyperopischer Refraction. Sobald ich als junger Milit\u00e4rarzt die Verf\u00fcgung \u00fcber einen Brillenkasten und eine grofse Anzahl von Aspirant-Freiwilligen mit normalen Augen erhielt, ging ich an die Untersuchung und fand zu meiner Entt\u00e4uschung, dafs die Emmetropie thats\u00e4ehlich so genau erreicht wird, als die Empfindlichkeit der Untersuchungsmethode die RefractionsbeStimmung zul\u00e4fst. Unsere schw\u00e4chsten Probegl\u00e4ser messen eine Viertel-Dioptrie und bis zu einer Viertel* Dioptrie fand ich die normalen Augen, d. h. die Augen der Mehrzahl der zur Milit\u00e4rpr\u00fcfung sich meldenden Personen, emmetropisch. Weiter als diese Grenze geht wahrscheinlich auch die Genauigkeit nicht, da doch der normale Astigmatismus ungef\u00e4hr eine Viertel-Dioptrie betr\u00e4gt. Muthmaafslieh ist also","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction des menschlichen Auges.\n79\ndas menschliche \u00c4uge als optisches Werkzeug bis auf eine Viertel-Dioptrie genau gebaut.\nIch fand das Ergebnifs meiner ersten Untersuchung sehr auffallend. Eine einfache Berechnung lehrt, dafs im menschlichen Auge eine Verl\u00e4ngerung der Axe um. 1 mm einen Refractionszu wachs von 3 Dioptrien bewirkt. Eine Viertel-Dioptrie entspricht demnach einem Zw\u00f6lftel-Millimeter Axen-l\u00e4nge. Die Axenl\u00e4nge des menschlichen Auges wird also im Zusammenhang mit der W\u00f6lbung der Hornhaut- und Linsenoberfl\u00e4che bis auf ein Zw\u00f6lftel-Millimeter genau bestimmt. Die Frage nach der bestimmenden Kraft dr\u00e4ngt sich auf!\nIn. sp\u00e4teren Jahren habe ich mein\u00a9 Bedenken gegen die Annahme einer scharf bestimmten normalen Refraction besser formuliren h\u00f6ren in einer Rectoratsrede unseres hochgesch\u00e4tzten Botanikers Hugo de Veies. 1 Dieser brachte in Erinnerung, dafs der belgische Anthropologe Quetelet das Gesetz der Einheit in der Ver\u00e4nderlichkeit erkannt hat, dessen Bestehen Goethe geahnt hat:\nAlle Gestalten sind \u00e4hnlich, doch keine gleichet der andern Und so deutet das Chor auf \u00a9in geheimes Gesetz.\n\u201eQuetelet studirte die K\u00f6rperl\u00e4nge im dienstpflichtigen \u00c4lter. Er ordnete die beim Messen einiger tausenden Milizm\u00e4nner gefundenen Zahlen in eine Curve. Er fand in dieser Curve eine wissenschaftlich wohlbekannte, schon von Newton studirte Form wieder, deren Eigenschaften gr\u00fcndlich und ausf\u00fchrlich bekannt sind. Es ist die Linie, deren Verlauf dem Binomium von Newton gen\u00fcgt, welches die Grundlage der Wahrscheinlichkeitsrechnung ist, die durch ihre Anwendung auf Lebensversicherung und Pensionsgesetze eine grofse Bedeutung im praktischen Leben hat.\n\u201eKurz gesagt ist di\u00a9 Entdeckung von Quetelet:\n\u201eDie Ungleichheit der K\u00f6rperl\u00e4nge der Menschen folgt den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung.\n\u201eWo f\u00fcr die L\u00e4ng\u00a9 des Menschen \u00a9in so \u00e4ufserst einfaches Gesetz Geltung hat, kann dieses Gesetz unm\u00f6glich auf diesen einen Fall beschr\u00e4nkt sein. Wenn unsere Einsicht in das Wesen der Naturgesetze richtig ist, so \u00fcberlegte Quetelet, dann mefs\n1 Hugo de Vmes. Eenheid in Veranderlykheid. Rectorale redevoeriag. Jmrboek der Universitiet van Amsterdam. 1898.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nM. Straub.\ndasselbe Gesetz das ganze Gebiet der Variabilit\u00e4t beherrschen. Es mufs gelten f\u00fcr alle Eigenschaften des Menschen, k\u00f6rperliche und intellectuelle, psychische und ethische; es mufs gelten f\u00fcr Pflanzen- und Thierreich, es mufs die ganze lebende Welt umfassen.\u201c\nHugo de Vbies nennt eine Reihe von Zoologen und Botanikern, die durch genaue Messungen an sehr verschiedenartigen Objecten das allgemeine Gesetz best\u00e4tigten. Er selbst berichtet \u00fcber eine Untersuchung nach dem Zuckergehalt der R\u00fcben, welche im Interesse der Industrie in der K\u00dcHN\u2019schen Fabrik in Naarden vorgenommen wurde :\n\u201eEine einfache Anordnung des f\u00fcnften oder sechsten Theiles der in einem Jahre gefundenen Ziffern gen\u00fcgt schon, um alle Zweifel zu heben. Stellt man jede Ziffer durch eine kleine Linie dar, und ordnet man die Linie wie Quetelet seine Rekruten, indem man ihre Spitzen durch ein\u00a9 Curve verbindet, dann ist diese Linie genau dieselbe wie jene von Quetelet, nur in einem anderen Maafsstabe gezeichnet Mehr als die H\u00e4lfte der R\u00fcben stimmen \u00fcberein mit der mittleren Ziffer der betreffenden Art; nach der Seite des gr\u00f6fseren Zuckerreichthums steigt die Linie erst langsam, dann immer schneller, bis sie am Ende einzelne sehr besonders beg\u00fcnstigte Individuen erreicht; am anderen Ende geht die Linie herunter, schnell \u00fcber die Linien der zucker\u00e4rmsten R\u00fcben abfallend, eine einfache, regel-m\u00e4fsige in ihren beiden H\u00e4lften symmetrische Figur.\u201c\nDas normale Maafs einer Eigenschaft wird also nie gegeben durch eine Zahl, sondern durch eine Reihe von Zahlen, die in bestimmter Weise um eine mittlere Zahl grupp:rt sind. Meine erste Untersuchung von Aspirant-Freiwilligen schien dahin zu f\u00fchren, dafs die normale Refraction eine Ausnahme von der allgemeinen Regel macht.\nDie Emmetropie der normalen Erwachsenen ist um so \u00fcberraschender, als die S\u00e4uglinge in der Regel hyperopisch sind. Die Refraction des neugeborenen Menschen wird also w\u00e4hrend des Wachsthums des Auges mit grofser Genauigkeit so lang\u00a9 verst\u00e4rkt, bis ein wirklich idealer Zustand erreicht ist: die Einstellung des Auges f\u00fcr die am weitesten entfernten Gegenst\u00e4nde.\nDie Natur mufs nothwendig die Refractions* un ah m e des wachsenden Auges beherrschen und quantitativ bestimmen. Der Wunsch, diesem Mechanismus nachzusp\u00fcren, trieb mich zu einer","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction des menschlichen Auges.\n81\nReih\u00a9 von Untersuchungen \u00fcber die normale Refraction in verschiedenen Altersstufen, Ich hatte dabei das Gl\u00fcck, eine Reihe von Coli egen und Sch\u00fclern als Mitarbeiter zu finden, die sogar den gr\u00f6fsten Theil der Arbeit auf sich nahmen. Die normale Refraction von S\u00e4uglingen wurde auf meinem Wunsche mit der Schattenprobe untersucht von Herrn Bataillonsarzt S. Biegel 1 * und von meinem Assistenten W. M, de Vbies. 3 Mit meinen fr\u00fcheren und jetzigen Assistenten, den Herren J. P, G. van deb Meer, N. Dinger, W. H. Smit, P, M\u00fcntbndam und W. M. de Vries untersuchte ich die Refraction der Augen von 7000 Schulkindern der Amsterdamer Volks- und Realschulen und des \u00f6ffentlichen Gymnasiums.8 Obgleich der Hauptzweck dieser Schuluntersuchungen in der Bestimmung der Frequenz der Myopie lag, lieferten sie doch auch f\u00fcr meinen besonderen Zweck n\u00fctzliche Daten. Ich untersuchte weiter mit Dr. Falken burg 4 * noch einmal aus einem anderen Gesichtspunkte als vorher die Refraction von 60 normalen Augen von Rekruten vor und nach k\u00fcnstlicher L\u00e4hmung der Accommodation. Endlich ordnete auf meinen Wunsch Dr. W. Ko\u00fcwenhovbn 6 * die Refractionsbe-stimmungen einer grofsen Reihe von 3877 normalen Presbyopen, welche in meiner Poliklinik untersucht waren, mit dem Zwecke, die normale Refraction des Greisenauges genauer kennen zu lernen.\nIch berichte zun\u00e4chst \u00fcber jenen Theil dieser Untersuchungen, welcher sich auf meinen Gegenstand, die normale Refraction, bezieht Ich werde dabei nicht dem Laufe des Lehens, von der Wiege, bis zum Greisenalter folgen, sondern der historischen Folge der obengenannten Untersuchungen, welche f\u00fcr meinen Gedankengang gleichzeitig die logische Ordnung bildete.\n1 Rxbobl. Be normale refractietoestand van pasgeborenen. Ncd. Tyd-schrift V. Geneesk. 2. 1893.\na Herr de Vries wird sp\u00e4ter \u00fcber seine Untersuchung selbst ausf\u00fchrlich berichten.\n\u2022\tN. Dmoma. Die Augen der Amsterdamer Schuljugend im Jahre 1899. Biss. Freiburg 1900.\nJ. P, G. van din Merk. Be oogen der leerlingen van de middelbare scholen en bet gymnasium te Amsterdam in het jaar 1898. Biss. Amsterdam 1900.\n4 J. Falkenbubg u, M. Strato. Ueber die norm. Refr. des Auges und\ndi\u00a9 H. bei angeb, Ambl, Arch. f. AugmheUk, 26. 1893.\n\u2022\tW. Ko\u00fcwbnhoybn. Seniele over verziendheid. Biss. Amsterdam 1899.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 8\u00a7.\t6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nM. Straub.\nIm Jahre 1860 theilte Dondeks in dem ersten Jahresberichte des Utrechter \u201eGasthuis von Ooglyders\u201c mit, dafs nach einer vollst\u00e4ndigen Erschlaffung der Accommodation das Auge f\u00fcr einen Punkt eingestellt ist, welcher ein wenig weiter liegt als\nder urspr\u00fcngliche Fernpunkt.\nDie Thatsache, dafs die normale Emmetrcpie durch L\u00e4hmung der Accommodation in eine leichte Hyperopie verwandelt wird, ist f\u00fcr unsere Frage von besonderem Interesse. Sie scheint darauf hinzuweisen, dafs die wunderbar stereotype Emmetropie nur scheinbar ist und erst durch Anstrengung d\u00ebr Accommodation, durch eine tonische Contraction des Ciliarmuskels erreicht wird. Gehen wir nun den Thatsachen genauer nach.\nFalke\u00fcburg (1. c.) untersuchte mit einer Genauigkeit von 0,25 D die Refraction von 59 Emmetropen im Alter von 19\u201426 Jahren vor und nach einer energischen Atropinisation.\nUm die erw\u00e4hnte Genauigkeit zu erzielen, wurden folgende Vorsichtsmaafsregeln beachtet :\n1.\tEs wurde stets der normale Astigmatismus ber\u00fccksichtigt ; so weit er mit Gl\u00e4sern von 0,25 D zu corrigiren ist, wurde er corrigirt. Nach der vorl\u00e4ufigen Bestimmung des erforderlichen sph\u00e4rischen Glases wurde das beste Cylinderglas dazu gesucht und zu diesem dann das bestpassende sph\u00e4rische Glas ermittelt\n2.\tEs wurde vor den Augen mit erweiterter Pupille ein schwarzes Diaphragma mit einer Oeffnung von 4 mm gestellt, um die fern von der Axe einfallenden Strahlen, die bei der normalen Pupillenweite nicht mitwirken, abzublenden.\n3.\tBei der Bestimmung der Refraction wurde die Aufmerksamkeit des Untersuchten auf die kleinsten Buchstaben gelenkt, die er noch entziffern konnte und deswegen gew\u00f6hnlich kleinere Buchstaben benutzt als die, welche auf den gebr\u00e4uchlichen Probetafeln gefunden werden.1\n4.\tSicherheitshalber geschah die Atropinisirung durch wiederholte Eintr\u00e4uflung einer 2% L\u00f6sung von Sulfas atropini.\n1 Es wurden meine bei Brill (Leiden) erschienenen Probetafeln benutzt, welche sehr viele Buchstaben und Figuren enthalten und auch Gelegenheit geben im Abstande von 5 m die Sehsch\u00e4rfen 1 \u2019/*, l*/t \u00abad 2 Sn. zu bestimmen. Die Refractionsbestimmungen werden viel weniger genau, wenn man Tafeln benutzt, die nicht weiter gehen als Sehsch\u00e4rfe \u00ab 1 Sn.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction des menschlichen Auges.\n83\nIn der citirten Abhandlung von Falkenbueg und mir findet man einen vollst\u00e4ndigen Bericht \u00fcber die Untersuchung der 59 Emmetrope.\nHier gen\u00fcgt die Mittheilung, dafs die Refraction nach der Atropinisirung betrug\nE\nH = 0,25 D H = 0,5 D H = 0,75 D F=1D H = 1,25 D H = 1,50 D U = 1,75 D F = 2D1\nin\n\u00bb\n\u00bb\n\u00bb\nn\nn\n\u00bb\n\u00bb\n6 F\u00e4llen\n1\tFall\n2\tF\u00e4llen\n\u00bb\n\u00bb w n\n1 Fall.\n4\n12\n16\n13\n4\nAus diesen Zahlen ergiebt sich eine mittlere Hyperopie von 1,1 Dioptrien. Doch ist es von noch gr\u00f6sserer Bedeutung festzustellen, dafs einerseits in 6 F\u00e4llen die Emmetropie bestehen blieb, andererseits in 41 F\u00e4llen die durch Accommodations-l\u00e4hmung hervorgerufene Hyperopie 1 bis l1/\u00ab Dioptrien betrug.\nBevor ich auf Grund dieser Untersuchung annehme, dafs die meisten Augen nur emmetropisch sind durch einen merkw\u00fcrdig genau bemessenen Tonus des Ciliarmuskels, mufs ich ein Bedenken widerlegen, welches von Tschebning in seiner \u201eOptique physiologique\u201c (S. 84) angef\u00fchrt ist\n\u201eEn mettant de l\u2019atropine dans les yeux emm\u00e9tropes on trouve souvent un l\u00e9ger degr\u00e9 d\u2019hypermetropie que Dondebs a voulu expliquer en admettant un tonus du muscle ciliaire. On a \u00e9t\u00e9 conduit \u00e0 cette erreur parcequ\u2019on \u00e9tait persuad\u00e9 que la r\u00e9fraction devait n\u00e9cessairement \u00eatre la m\u00eame dans toute l\u2019espace pupillaire. Il n\u2019en est rien: il existe presque toujours des diff\u00e9rences qui sont souvent tr\u00e8s-notables. C\u2019est ainsi qu\u2019il y a dans mon oeil une diff\u00e9rence relativement \u00e9norme, de pr\u00e8s de 4 D entre le bord sup\u00e9rieur et le bord inferieur de la pupille.\n\u201eLorsqu\u2019on instille de l\u2019atropine, la pupille se dilate et la partie basale de la corn\u00e9e qui est fortement aplatie entre en jeu. Comme l\u2019aplatissement de ces parties est souvent assez fort pour surcorriger l\u2019aberration de sph\u00e9ricit\u00e9, il se trouve que la r\u00e9fraction de ces parties p\u00e9riph\u00e9riques est g\u00e9n\u00e9ralement plus faible que celle des parties centrales.\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\n* M. Straub,\nFalkenbubg und ich haben die hier genannte Schwierigkeit umgangen durch die Benutzung eines Diaphragma von 4 mm Durchmesser. Man darf erwarten, dafs die untersuchte Person instinctm\u00e4fsig daf\u00fcr sorgt, durch das Centrum dieser k\u00fcnstlichen Pupille zu sehen. Wenn man daran zweifelt, wie Tbc\u0153bbmmg wirklich that (S. 121 L c.), dann wird man doch seine Bedenken fallen lassen m\u00fcssen angesichts der Wahrnehmung, dafs auch die Accommodationsl\u00e4hmung nach Diphtheritis, die bekanntlich ohne Pupillenerweiterung verl\u00e4uft, f\u00fcr gew\u00f6hnlich ein\u00a9 leicht\u00a9 Hyperm\u00e9tropie hervorruft Jacobson 1 hat darauf schon 1864 die Aufmerksamkeit gelenkt und alle Augen\u00e4rzte haben all j\u00e4hrlich die Gelegenheit, diese Beobachtung Jacobson\u2019s von Neuem zu befestigen. Unter Anderen berichtet Moll 2 in seiner Mittheilung \u00fcber 150 F\u00e4lle postdiphtherischer Accommodationsl\u00e4hmung, dafe in allen F\u00e4llen bis auf 10 ein\u00a9 manifeste Hyperm\u00e9tropie von 1 bis 8 Dioptrien gefunden wurde.\nDie Bedeutung, welche diese Beobachtungen f\u00fcr unseren Zweck haben, liegt darin, dafs die diphtherische L\u00e4hmung die Pupille intact l\u00e4fst. Wir sind also sicher, dafs die erworbene Hyperm\u00e9tropie nicht der abnormalen Pupillen weite, sondern nur der Accommodationsl\u00e4hmung allein zugeschrieben werden kann. Diese pathologische Beobachtungen Befestigen unser Zutrauen in den Wahrnehmungen Falkbnbubg\u2019s und geben uns das Recht, ausf\u00fchrlicher als es bisher geschah, zu \u00fcberlegen, zu welchen Schl\u00fcssen diese Wahrnehmungen uns f\u00fchren m\u00fcssen,\nZun\u00e4chst ersehen wir, dafs di\u00a9 normal\u00a9 Refraction nicht Emmetropie heifsen darf, wenn wir an der Definition festhalten, dafs die Refraction des Auges die relative Brechung des Auges ist im Zustande der Accommodationsruhe. Eher m\u00fcfste dann eine Hyperopie von 1- -11/\u00ee Dioptrien als die normale Refraction beteachtet und zugleich dabei constatirt werden, dafs die normale Refraction nicht ein einziger, scharf umschriebener Grad von Hyperopie ist, doch wie jedes biologische Maafs um eine mittler\u00a9 Zahl, in diesem Falle H = 1,25 Dioptrien wechselt.\nDamit sind wir auf unseren Ausgangspunkt zur\u00fcckgekehrt und messen jetzt nach genauer Betrachtung der Thatsachen der normalen Emmetropie eine ganz andere Bedeutung bei.\n1 Archiv f Ophthalmologie 10, 2.\n8 Centralbl. f. prakt. Augenheilk. 1896.","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction des menschlichen Auges.\n85\nSie ist ein Zustand des brechenden Systems, der aus dem Ruhezustand entsteht durch eine leichte tonische Anspannung der Accommodation, einen schwachen Tonus des Ciliarmuskels, dessen Grad in verschiedenen Augen ungleich ist, doch immer gerade so viel betr\u00e4gt, dafs die Einstellung f\u00fcr parallele Strahlen genau erreicht wird und also die normale Hyperopie \u201ecorrigirt\u201c ist\nDieser Tonus ist ein sehr nachhaltiger. Bei der Untersuchung mit Gl\u00e4sern blieb die Hyperopie \u201elatent\u201c. Wir gingen doch aus von \u201eemmetropen\u201c Augen. Ebensowenig wird der Tonus in der Dunkelkammer entspannt, wo sonst die Accommodation so leicht erschlafft. Nur das Diphtheriegift und das -Atropin verm\u00f6gen die normale Hyperopie den scheinbaren Emmetropen manifest zu machen.\nDie nachfolgende pathologische Beobachtung zeigt, dafs der normale Ciliartonus, wenn er verloren gegangen ist, in einigen Monaten wieder gewonnen werden kann.\nv. V., 44 Jahre, kam 13. Febr. 1892 in meine Behandlung wegen Keratitis dentritica des linken Anges. Die kleinen, sehr excentrisch gelegenen Geschw\u00fcrchen wurden von Zeit zu Zeit mit dem scharfen L\u00f6ffel abgeschabt. Vom 16. April an wurde, obgleich die Iris normal war, nach damals \u00fcblicher Therapie, t\u00e4glich Atropin in das kranke Auge eingetrftufelt. Am 24. Mai wurde damit aufgeh\u00f6rt, weil die Hornhautkrankheit geheilt war. Bei der ersten Untersuchung war die Refraction beiderseits emmetropisch. Das Atropin rief jedoch auf dem linken Auge JT = 1,5 D hervor. Am 27. Juni, also 34 Tage, nachdem zuletzt Atropin angewandt war, fand ich die Refraction noch immer H \u2014 1,5 D, obgleich Accommodation und Pupille schon lange Zeit normal und die l\u00e4hmende Wirkung des Atropins v\u00f6llig vorbei waren. Das Auge hatte also nach sechsw\u00f6chentlicher Atropinisirung seinen Ciliartonus so sehr verloren, dafs es denselben auch dann nicht zur\u00fcckgewinnen konnte als die Accommodation wiederkehrte. Sollte dieser Zustand dauerhaft sein? Nach einem Monat fand ich Hyperopie 1 D (Sehsch\u00e4rfe ohne Glas 7e> nach Correction */\u00bb). Neun Monate nachdem zuletzt Atropin eingetr\u00e4ufelt war, fand ich wieder Emmetropie und Sehsch\u00e4rfe 7a-\nDer Ciliartonus der normalen Hyperopen ist ein zweck-m\u00e4fsiger. Offenbar wird seine Quantit\u00e4t bestimmt durch das Streben, das Auge f\u00fcr parallele Strahlen einzurichten, das heifst, den Brechzustand so zu regeln, dafs die am weitesten entfernten Gegenst\u00e4nde ohne weitere Anstrengung der Accommodation scharf gesehen werden k\u00f6nnen. Augen, die nach vollkommener Erschlaffung der Acommodation noch emmetropisch sind, bleiben also ohne Ciliartonus, entgegen der g\u00fcltigen Regel, dafs glatte Muskelfasern immer einen Tonus haben. In den meisten Augen","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nM. Stratib.\njedoch betr\u00e4gt der Tonus 1 bis 1,5 Dioptrien, im Mittel 1,25 Dioptrien.\nIch glaube, dafs die mitgetheilten Thatsachen betreffend der normalen Refraction des erwachsenen Auges, klar genug sind. Sie bieten aber eine Schwierigkeit, wenn wir sie in eine Definition der normalen Refraction resumiren wollen. Wir haben ohne Zweifel das Recht, eine schwache Hyperopie die normale Refraction zu nennen. Wir bleiben dann in Uebereinstimmung mit der allgemein g\u00fcltigen Definition der normalen Refraction. Doch wird an erster Stelle der Praktiker sich dagegen erkl\u00e4ren, der in seiner t\u00e4glichen Arbeit immer wieder Emmetropie findet und mit vollem Rechte davon absieht, die normale latente Hyperopie zu suchen. Doch w\u00fcnscht auch der Theoretiker die dynamische Emmetropie, welche viel constanter ist als die von Fall zu Fall wechselnde statische Hyperopie, in der Definition wieder zu finden. Wir thun also am besten, die normale Refraction zu definiren als eine Emmetropie, welche im schwach hyperopischen Auge entsteht durch einen sehr z\u00e4hen Ci liar tonus, durch eine sehr vollkommene dynamische Adaptation an die vom Auge geforderte Function.\nDas eigenth\u00fcmliche Verhalten der normalen Refraction f\u00e4llt noch mehr auf, wenn wir uns erinnern, dafs die normale Refraction des neugeborenen Kindes eine Hyperopie h\u00f6heren Grades ist als die normale Hyperopie des Erwachsenen, und ferner dafs auch die normale Refraction des Greisenauges Hyperopie ist Wir treffen also eigentlich w\u00e4hrend des ganzen Lebens die Hyperopie im normalen Auge an.\nFolgen wir jetzt dem Gang der Refraction im Laufe des Lebens. Zun\u00e4chst fragen wir, welches die Refraction des Neugeborenen ist. Die ersten quantitativen Bestimmungen sind von Horstmann 1, der sp\u00e4ter dann noch eine neue gr\u00f6fsere Reihe von Bestimmungen ver\u00f6ffentlicht hat. Er fand unter 100 Neugeborenen am meisten Hyperopie, n\u00e4mlich 88 Hyperopen, 10 Emmetropen und 2 Myopen. Vor Horstmann\u2019b zweiter Publication hatten schon K\u00f6nigstein a, ScmsiCH 8 und Ulrich 4 Untersuchungen mitgetheilt,\n1 Naturforscher-Versammlung Danzig 1880.\nArchiv f. Augenheilkunde 1881.\n8 Wiener med. Jahrbuch 1881.\n8 Mitth. aus der ophth. Klinik T\u00fcbingen 2 (1). 1882.\n4 Dies. K\u00f6nigsberg 1884.","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Befraetion des menschlichen Auges,\n87\nwelche eine noch gr\u00f6fsere Reihe von Augen betreffen. Sie fanden alle Augen hyperopisch. Der am meisten Vorgefundene Grad von Hyperopie war unter 100 Augen von Horstm\u00e2nn H = 3 D, unter 600 Augen von K\u00f6nigstrin H = 2 bis 21/\u00ab D, unter 300 von Schleich H \u00ab 41/\u00ab D, unter 204 von Ulrich H = 2D. Bjrrrum 1 fand unter 126 Augen am meisten F=4D, German * unter 220 Augen am meisten U = 4\u20148 D Hyperopie. Man sieht, dafs die Zahlen unter sich sehr verschieden sind. Die Bestimmungen sind sehr schwierig genau auszuf\u00fchren. Wenn auch die Accommodation gel\u00e4hmt und die Pupille durch Atropin erweitert ist, so bleibt doch die Re-fractionsbestimmung im aufrechten Bild beim Neugeborenen m\u00fchsam. Die Lidspalte mufs offen gehalten werden ; der g\u00fcnstige Augenblick, wenn das Kind in die geeignete Richtung blickt, mufs abgewartet werden und geht bald wieder vor\u00fcber. Es ist deswegen wohl richtig, mehr Gewicht zu legen auf skiaskopische Bestimmungen. Dabei sitzt der Untersucher in einem gr\u00f6fseren Abstande, so dafs das Offenhalten der Lider durch einen Ge-h\u00fclfen den Beobachter nicht hindert. Er hat nur zu bestimmen, ob in der Pupillarebene ein Schatten sich bildet oder nicht, und in welcher Richtung sich der Schatten bewegt. Jedesmal, wenn das Kind in die geeignete Richtung schaut, kann er schnell eine Beobachtung machen und er erh\u00e4lt bald eine Reihe sich con-trolirende Beobachtungen. Er kann leichter einen nahe an der Fovea centralis liegenden Netzhauttheil untersuchen als Derjenige, der die Bestimmung im aufrechten Bilde in der gew\u00f6hnlichen Weise macht.\nHerr Bieorl fand skiaskopisch in 39 F\u00e4llen immer Hyperopie ; in 30 dieser F\u00e4lle war H = 2\u20144 D vorhanden ; am meisten (in 9 F\u00e4llen) kam 2f 3 D vor. Mein Assistent de Vries, der eine sehr grofse Erfahrung mit der Schattenprobe hat, und auf dessen Beobachtungen ich viel Werth lege, untersuchte vor Kurzem auf meine Bitte eine Reihe Neugeborene in der Geb\u00e4ranstalt der Universit\u00e4t Er wird selbst ausf\u00fchrlich seine Untersuchungen mittheilen, doch gebe ich hier schon seine Statistik \u00fcber 97 F\u00e4lle. Er fand 5 Myopen, 14 Emmetropen und 78 Hyperopen. Da ihm nicht in allen F\u00e4llen die quantitative Bestimmung hin-\n1 Intern, med. Congrefs Kopenhagen 1884. 8 Arch. f. Ophth. 31 (2). 1885.","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nM. Straub.\nreichend sicher erschien, so sonderte er die zweifelhaften F\u00e4lle aus und erhielt dann folgende Statistik von 78 Neugeborenen:\n\tZahl der\t\tZahl der\n\tF\u00e4lle\t\tFalle\nM = 4 D\t1\tH =r 3 D\t12\niff = 3D\t2\tH = 4 D\t12\nM = 2 D\t1\tH = 5 D\t6\niff = 1 D\t1\tH = 6 D\t5\nE\t11\tH =7 I)\t1\nfi-li)\t10\tH = 8 D\t1\nH = 2 D\t15\t\t\nMan sieht, dafs nach dieser Liste die gr\u00f6fste Zahl der S\u00e4uglinge zwischen E und H = 4 D schwankt um einem bei H \u2014 2 D gelegenen, nicht scharf hervorragenden Maximum. Hervorzuheben ist, dafs mehr Myopen und Emmetropen gefunden wurden als fr\u00fchere Untersuchungen h\u00e4tten erwarten lassen, obgleich die grofse Mehrzahl doch hyperopisch war. Ich hoffe, dafs Herr de Vries Zeit finden wird, seine Untersuchungen auf eine gr\u00f6fsere Reihe von Kindern auszudehnen.\nDas Mitgetheilte gen\u00fcgt, um zu zeigen, dafs die Refraction des atropinisirten Neugeborenen-Auges kein scharf bestimmter Zustand ist und im Mittel H = 2 D betr\u00e4gt. Vergleichen wir diese Ziffer mit der Tabelle von Falken b\u00fcrg\u2019s atropinisirten Recruten, so finden wir, dafs die Abweichungen von der mittleren Zahl sehr viel kleiner werden und dafs die Hyperopie abnimmt, im Mittel 0,75 D. Das Auge des Neugeborenen \u00e4ndert also w\u00e4hrend des Wachsthums seine Form und die verschiedenen normalen Augen werden unter sich \u00e4hnlicher.\nDie Messungen von Axenfeld j und von Holth 2 haben gezeigt, dafs der Kr\u00fcmmungsradius der Hornhaut des Neugeborenen nur wenig von dem des Erwachsenen verschieden, hingegen die Kr\u00fcmmung der Linsenfl\u00e4chen viel st\u00e4rker ist. Weibs 8 hat gefunden, dafs die mittlere L\u00e4nge des Neugeborenen-Auges 16,4 mm betr\u00e4gt gegen 23,85 mm beim Erwachsenen. In der That unterliegt also das Auge einer eingreifenden Aenderung seiner Form.\n1 Zeitschrift f. Psych, und Phys. der Sinnesorgane 15. 1897. * Internat, ophth. Congrefs Utrecht 1899.\n3 Anatomische Hefte 1897.","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction des menschlichen Auges.\n89\nWir wissen, dafs diese eine Verst\u00e4rkung der Refraction zu Wege bringt, durch, welche diese der Emmetropie gen\u00e4hert-wird. Doch wird in der Regel di\u00a9 Emmetropie nicht erreicht und es bleibt eine schwache, doch keineswegs in allen F\u00e4llen, gleiche Hyperopie f\u00fcr die dynamische Correction \u00fcbrig.\nIn welchem Alter ist die normale tonische Refraction Emmetropie geworden ? Das wissen wir nicht, da keine Massenunter-suchungen der Augen im Alter von 0\u20148 Jahren vorliegen. Erst in der Schule sind die Kinder f\u00fcr Massenuntersuchungen zug\u00e4nglich. Wir k\u00f6nnen die Refraciionsuntersuchungen, die vielfach im Interesse der Myopiefrage ausgef\u00fchrt sind, zu unserem Zwecke benutzen. Ich verf\u00fcge hierzu zun\u00e4chst \u00fcber die Untersuchungen an 5226 Sch\u00fclern der Amsterdamer Volksschulen, welche das Material zu der Dissertation von DmoE\u00bb geliefert haben* Die Untersuchungen geschahen zwar nur sHaskopisch ohne Atropinisirung der. untersuchten Augen, wurden aber stets von Personen ausgef\u00fchrt, die mit dieser Methode sehr vertraut waren.\nTabelle 1\nRefraction von 5226 Schulkindern,\nProcenten.\n6\u20147 Jahre 8\u20149 Jahr\u00a9\nOl\t0/\n10\tio\nEmmetropen,\t75\t76,2\nHyperopen.\t14,8\t14\nAstigmatiker\t9,6\t7,6\nMyopen\t0,9\t2,3\nnach Altersgruppen, in\n10\u201411 Jahre\n0/\nIo\n74,4\n13,3\n7,5\n4,3\n12\u201413 Jahre\n%\n74,2\n11,5\n10,1\n6,7\nDie Zahlen zeigen zun\u00e4chst, dafs Dreiviertel der Schulkinder von 6 Jahren schon (dynamisch) emmetropisch sind. Zu unserem Zwecke d\u00fcrfen wir die Astigmatiker und die Myopen, als pathologische Erscheinungen, fortlassen. Wir haben es nur mit Emmetropen und Hyperopen zu thun.\nWir berechnen daher, wie in der GesammtzaM der Emmetropen und Hyperopen das Verh\u00e4ltnis von Emmetropie zu Hyperm\u00e9tropie ist Im Alter von 6\u20147 Jahren sind 83 % Emmetropen neben 17 \u00b0/0 Hyperopen vorhanden. Nur 17 unter 100 haben also die typische S\u00e4uglingsrefraction behalten.\nEine sehr auffallende Erscheinung fand Dinger bei der Vergleichung der Schulen verschiedener Classen. Wegen der Wichtigkeit der Thatsaehe wiederhole ich hier die ganze Tabelle und die Curve aus Dinger\u2019s Dissertation.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nM. Straub.\nTabelle IL\nVerhalten von Emmetropen- und Hyperopen-Augen in 4 Classen von Scholen; absolute Zahlen und Procente.\n\u00a9\n(0\n30\nM\nI. Classe\nII.\nClasse\nIII.\nClasse\nIV.\nClasse\n6\u20147 Jahre\ni _\n\u00a9 il G\n2==; s,* s <% s\nN-P 'C\n1 u O g 2 C3 \u00a9. ,\t4*\nagf0^ c\ns W x\tS*\no\t5h\no s es 2 3-<5 N\n8=9 Jahre\n\u00a9^\n^ P\t'G\n1\nN *3 T?\t+3\n+;*^ u \u00f4\t\u00d6\nS\tf\t'r E*s\t2\na\tc\tc\n2\tD\tH.]\tJ-'\nx\tSC\u00c6--\tP.4\n\u00a9 S es g 0<!N\n10\u201411 Jahre\n2 s\n\u00ab ^\nK +3 +\u00bb \u20192 s s s g\nBS 53\n5 tic \u00a9 s\nsss:\nbc\n2 w. u O\n\u00a9r, \u2014< -*3\nr\u00df \"2 \u00f6 \u00a3 S3\nBS\nN\n-U\nS\n\u00a9\no\nO\nI u\n\u25a0 tu\n1312 1050 80,5 1312 j 25619,5\n1 _ 1\n386 | 312 '80,8 386 ; 74,19,2\n14181153 81,3 1418 265 18,6\n398 330 82,9 398\t68\t17\n462\n462\n276\n276\n416\n46\n90\n10\n559 506\n90,5\n559\t53 9,4\n1026 821 80 1026 205 19,9\n390 325 83,3 390\t65 11\u00ab,6\n244 88,4 32 11,6\n261\n261\n237 90,8 24 90,1\n474 ! 423 89,2 474\t51 10,7\n266 ! 244 91,7 266 ! 22 ' 8,2\n12\u201413 Jahre\n'C \u2022 ! \u00a9 3J _\n^ S tac 2\np*' -<\u00ae I\nK *3 'C -*3\n\u25a0*3 \"S ' I* O P\ns \u00a3 g\nSa ~\t\u2022 o\n5 \u00a9 \u2014 \u2666\u00bb\t*-\nE t\u00ab \u00c6-S Pi \u00a9 p a c\nm-\u00eej N\n647 532 82,2\n647 | 115\n240 204 240\t36\n17,8\n85\n15\n361\n361\n325, 90\n36 10\n213 195 91,5 213\t18 ! 8,5\nEmmetropie\nHyperopie\nEmmetropie\nHyperopie\nEmmetropie\nHyperopie\nEmmetropie\nHyperopie\nTabelle III.\nVerhalten von Emmetropen- und Hyperopen-Augen in zwei Gruppen von Schulen; absolute Zahlen und Procente.\nVolksschulen\t6\u2014-7 Jahre\t\t\t8-\t9 Jahre\t\t10-\t11 Jahre\t\t12-\t13 Jahre\t\t\n\t! Gesammtzahl der I Augen mit En. B\tZahl der Augen mit E oder H\tProcentzahl\tj Gesammtzahl der ! Augen mit En. H\tZahl der Augen mit E oder H\tProcentzahl\tGesammtzahl der Augen mit E u. H\tZahl der Augen mit E oder H\tProcentzahl\tGesammtzahl der Augen mit Eu. H\tZahl der Augen mit E oder H\tProcentzahl\t\nI. u. II.\t1698\t1368\t80,5\t! 1 1816 1483 81,6\t\t\t' 1 1 14161146 80,9 1 9\t\t\t887\t736\t83\tEmmetropie\nClasse\t1698\t330\t19,4\t1816\t333 18,3\t\t1416\t27019 i\t\t887\t151\t17\tHyperopie\nIILu.IV.\t738\t660\t89,4\t820\t743\t90,6\t740\t667\t90,1\t574\t520\t90,5\tEmmetropie\nClasse\t738\t78\t10,5\t820\t77\t9,3\t740\t73\t9,8\t574\t54\t9,4\tHyperopie","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction der menschlichen Auges.\n91\n\u00cf0-J1J\n8-9J.\nFig. 1.\nEine sehr auffallende Erscheinung tritt hervor, wenn man das Verhalten von den Hyperopen und Emmetropen in den Schulen verschiedener Classen vergleicht. Mit einem Blicke sieht man in Tabellen und Curve, dafs die Schulen 1. und 2. Classe, wo kein oder nur ein sehr geringes Schulgeld gezahlt wird, unter sich \u00fcbereinstimmen. Neben 80,5 resp. 70,8 \u00b0/0 Emmetropen sitzen 19,5 resp. 19,2 % Hyperopen im Alter von 6\u20147 Jahren, w\u00e4hrend im Alter von 11\u201412 Jahren diese Zahlen 82,2, 85, 17,8 und 15 % geworden sind. In den Schulen 3. und 4. Classe, mit h\u00f6herem Schulgelde dagegen, wo der Umfang des Unterrichtes gr\u00f6fser ist und die Uebergangspr\u00fcfungen nach h\u00f6heren Schulen zu gr\u00f6fserer Anstrengung zwingen, sind beziehungsweise viel mehr Emmetropen. Es sitzen neben 90 und 88,4 % Emmetropen, 10 resp. 11,6% Hyperopen 6 \u2014 7j\u00e4hrigen Alters; 90 resp. 91,5% Emmetropen, 10 resp. 8,5 % Hyperopen 11\u201412 j\u00e4hrigen Alters.1 Dieser Gegensatz wird in jeder Altersgruppe wieder-\n1 In Tabelle II ist jede der 4 Classen von Sch\u00fclern einzeln angef\u00fchrt; in Tabelle III und der Curve sind die 1. und 2. Classe zusammen genommen und ebenso die 3. und 4. Classe, nachdem Tabelle II die Verwandtschaft dieser Paare dargethan hatte.\t. .\t/","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nM. Straub.\ngefunden, so dafs an einen Zufall nicht gedacht werden kann. Eine schwache Abnahme der Zahl der Hyperopen greift in beiden Gruppen nahezu in derselben Weise statt, doch n\u00e4hern sich die Kinder der Wohlhabenden viel mehr der idealen Refraction, als die Kinder der schlechter Situirten, und zwar betr\u00e4gt der Vorspruug der erster en 7 bis 10 %. Da der Unterschied sich schon findet unter den j\u00fcngsten Kindern, sind wir gen\u00f6thigt anzunehmen, dafs Umst\u00e4nde aufser-halb der Schule wirksam sind. Vielleicht ist an eine erbliche Anlage zu denken, vielleicht an den Einflufs der Fa\u00f6BEL-SehuIen und des vorbereitenden Unterrichts im Elternhause. Es ist anzunehmen, dafs die Kinder, welche sp\u00e4ter die Schulen der 1. und 2. Classe besuchen werden, viel mehr Zeit in der Strafse zubringen als die sp\u00e4teren Besucher der 3. und 4. Classe, deren Hand und Auge zu Spiel und Uebung schon fr\u00fchzeitig angestrengt wird.\t*\nEs bleibt uns noch \u00fcbrig die Zahlen Dinger\u2019s nach dem Grade der Hyperopie zu gruppiren. Ich trenne dabei wieder die Schulen 1. und 2. Classe von den Schulen 3. und 4. Classe und f\u00fcge in Tabelle IV als dritte Reihe noch einmal die Zahlen von Herrn de Vries, 73 Neugeborene betreffend, hinzu, diesmal nach Procenten berechnet\nTabelle IV.\nFrequenz von E und verschiedenen Graden von M unter den sftmmtlichen Emmetropen und Hyperopen in Procenten.\n\t\tE\tH=1D\tH = 21)\tH=SD\t__ ^ J\u00e4T\u20146jD u. h\u00f6her\t\n\t\t\u00b0/ Io\tO' 10\t0 0\tOl 10\t\u2022/.\tX\nSchul\u00a9 1. u.\t2. CI.\t83,5\t7,5\t6,5\t0,8\t1,5\t0,4\n\u00ab\t3. u.\t4. CI.\t91,5\t3,5\t3,6\t0,5\t0,5\t0,3\nNeugeboren\t\t15\t13,7\t20,5\t16\t16\t17,8\nMan sieht, dafs die relativ niedrige Zahl der Hyperopen in den Schulen der 3. und 4. Classe durch die geringere Besetzung aller Grade von Hypermetropic bewirkt wird, wenigstens bis //\t4 l) incl. Die auf der Hand liegende Annahme, dafs be-\nsonders die schw\u00e4chsten Grade von Hyperm\u00e9tropie unter den besser situirten Sch\u00fclern die Emmetropen geliefert haben, trifft nicht zu. Ebenso zeigt die Statistik der Neugeborenen, dafs die h\u00f6heren Grade von Hyperm\u00e9tropie ein bedeutendes Contingent","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction des menschlichen Auges.\n93\nan Emmetropen abgeben, Nur \u00a9ine sehr geringe Zahl unter diesen beh\u00e4lt die S\u00e4uglingsrefraction.\nBingeb's Arbeit bringt uns h\u00f6chstens zum 14 j\u00e4hrigen Alter. Bi\u00a9 Bissertation von van dee Mbeb f\u00fchrt uns weiter. Sie berichtet \u00fcber Untersuchungen von den Sch\u00fclern der mittleren (Real-) Schulen und des \u00f6ffentlichen Gymnasiums in Amsterdam. Ber Zweck war haupts\u00e4chlich Erfahrungen \u00fcber die Schulmyopie zu sammeln. Baneben ergab sich doch auch zu unserem Zwecke Brauchbares. Bie Tabellen \u00a5 und VI zeigen die Verkeilung der verschiedenen Refraction en nach Altersgruppen\nTabelle V.\nRefraction von 3346\tSch\u00fclern der\tMittelschulen und des\t\t\nGymnasiums in\tAmsterdam nach Altersgruppen.\t\t\t\nE\tH\tAs\t\tM\nAnzahl %\tAnzahl %\tAnzahl %\t\tAnzahl \u00b0/0\n12\u201413 Jahre 345 50,7\t73 12\t83\t13,0\t107 17,0\n14\u201415\t\u201e\t824 58,9\t170 12\t162\t11,0\t244 17,4\n16\u201417\t\u201e\t538 55,18\t98 10\t124\t12,8\t211 21,8\n18 J. u. h\u00f6her 182 48,98\t32\t8,0\t48\t12,9\t110 29,0\n\tTabelle VI\t\t\t\nVerhalten der 2257\tEmmetropen und Hyperopen in den\t\t\t\ngenannten Schulen.\t\t\t\t\n\tE\t\tH\t\n\tAnzahl \u00b0/0\t\tAnzahl\tO' / 0\n12\u201413 Jahre\t346\t82,5\t\t73\t17,5\n14\u201415\t\u201e\t824\t82,9\t\u00bb\t170\t17,1\n16\u201417\t\u201e\t533\t84,47\t\t98\t15,58\n18 Jahre und h\u00f6her 182\t85\t\t\t32\t15\nin allen untersuchten Schulen. Ber Astigmatismus bleibt sich gleich. Bie Myopie steigt regelm\u00e4fsig mit dem Alter, Hyperopie und Emmetropie gehen herunter. Wenn wir Myopie und Astigmatismus als pathologisch bei Seite lassen und nur mit Emmetropie und Hyperopie rechnen wie fr\u00fcher bei der Besprechung von Bingeb\u2019s Zahlen, so finden wir (Tabelle VI), dafs auch Mer die Hyperopie beim Ansteigen des Alters einige Procente an die Emmetropie abgiebt. Bie Zahl, welche die ideale Refraction erreicht, steigt auf Kosten der Hyperopie.","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nM. Straub.\nWir wissen durch die Untersuchungen von Falkenbubo, dafs der Refractionszuwachs in Wahrheit nicht geht bis an die Emmetropie, doch gew\u00f6hnlich 1-\u2014Vft D zur\u00fcckbleibt, indem. das Fehlende vom Ciliartonus ausgef\u00fcllt wird. Doch ist es wohl richtig, die Emmetropie zu betrachten als die ideale Refraction, nach welcher das Auge strebt Aufser den Hauptgr\u00fcnden f\u00fcr diese Annahme, welche schon im Vorangehenden enthalten sind, werde ich jetzt noch einige andere aufz\u00e4hlen.\nZun\u00e4chst f\u00e4llt die Thatsache ins Gewicht, dafs es 'viele emmetropische Augen giebt mit myopischem Bau. ln meinem Wirkungskreise als Milit\u00e4rarzt habe ich bei einer sehr grofsen Zahl Recruten, meistens Bauern und Arbeitern, die allgemein g\u00fcltige Regel befestigt gefunden, dafs man bei der Untersuchung im aufrechten Bilde die Emmetropie erkennen kann durch die Einstellung auf die Arteriolae maculares. In Amsterdam unter-suche ich nur emmetrope Studenten in dieser Weise, n\u00e4mlich in den Augenspiegelcursen. Da finde ich fast regelm\u00e4\u00dfig, dafs bei diesen Emmetropen die Arteriolae maculares 'und die ganze Umgebung der Papille schon myopisch liegen. Diese Studenten sind functionell, in der Macula lutea, emmetropisch, doch .anatomisch schon Myopen. Die myopische Ausdehnung des Auges f\u00e4ngt offenbar in der Gegend des Sehnerven an und erreicht erst sp\u00e4ter den hinteren Pol.1 Das Gymnasium und die Mittelschulen, welche Vs ihrer Sch\u00fcler myopisch machen, haben auch diejenigen nicht geschont, die emmetropisch blieben. Ich halte es nicht f\u00fcr einen Zufall, dafs ungeachtet des Dranges zur Myopie doch die H\u00e4lfte der Studenten gerade emmetropisch blieb. Auf dem Weg'e nach der Myopie, welchen fast alle betreten, bildet die Emmetropie der Maculagegend eine Barri\u00e8re, die nicht so leicht \u00fcbersprungen wird. Die Emmetropie ist ein Ziel f\u00fcr die Hyperopen, ein Hindernifs f\u00fcr den Drang nach Myopie.\nSodann zeigen uns Falkenbubg\u2019s Zahlen, die ich Mer noch einmal wiederhole, die Neigung zur Emmetropie in zweierlei Art:\n1 Ich habe dies aus einer kleinen Zahl von Beobachtungen nachgewiesen in meiner Arbeit \u00fcber die Ausdehnung des hinteren Bulbustheilea bei Myopie. Archiv f. Ophth. S3 (3). 1887.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction des menschlichen Auges.\n95\nZahl der\nF\u00e4lle\n6\n1\n2\n4\nZahl der F\u00e4lle\nH=^D\nE\n11= II)\t12\n22=1 7*2) 16 H = l11\tD\t13\nH = V\t0\t4\nH = 2D\t1\nSofort sehen wir, dafs der Ciliartonus f\u00fcr seine nivellirende Arbeit eine ganze Scala von Refractionszust\u00e4nden zwischen H = 0,25 D und 22 = 2 2> findet. Das Maafs des Tonus wird ausscbliefslich bestimmt durch den Drang nach Erreichung der Emmetropie. Die untersuchten Augen sind unter sich sehr verschieden, doch stimmen alle darin \u00fcberein, dafs sie durch einen zwischen 0 und + 2 D schwankenden Tonus emmetropisch gemacht sind. Diese Emmetropie l\u00e4fst sich nicht zur Seite schieben durch eine offenbar zu enge Definition des Begriffes Refraction des Auges.\nEs ist noch mehr aus diesen Zahlen zu entnehmen. Wir finden in dieser Zifferreihe das fr\u00fcher erw\u00e4hnte Gesetz von Qttetelet nicht wieder. Zwar variirt die grofse Mehrzahl der F\u00e4lle um den Mittelwerth 22 = l1/* 2). Doch liegt ein zweites Maximum bei E. Sechs unter 59 F\u00e4llen blieben emmetropisch ungeachtet einer energischen, sogar mehrere Tage hinter einander wiederholten, Eintr\u00e4ufelung einer 2 \u00b0/0 Atropinl\u00f6sung. Ich glaube, dafs unsere zwei Maxima zwei Phasen der Entwickelung kennzeichnen. Die wirkliche Emmetropie, bei 6 unter 59 F\u00e4llen gefunden, deutet die normale Refraction des k\u00fcnftigen Geschlechtes an, dessen Augen noch mehr als die des jetzigen, den Anforderungen des Culturlebens angepafst sein werden.\nIn den hyperopischen Augen der S\u00e4uglinge ist eine Kraft verborgen, welche danach strebt, die emmetropische Refraction zu erreichen, in 10 % der F\u00e4lle thats\u00e4chlich diesen Zweck ganz erreicht, doch meistens dem Ciliarmuskel einen kleinen Theil der Aufgabe \u00fcberl\u00e4fst. Die Kraft, welche w\u00e4hrend des'Wachsthums des Auges und der damit einhergehenden Aenderung der Gestalt das richtige Maafs immer n\u00e4her erreicht, kennen wir nicht. Es ist zu denken an den Druck der \u00e4ufseren Augenmuskeln, an das \u201eWachsthum unter Muskeldruck\u201c, das in den Theorien der Myopie eine Rolle spielt. Wir k\u00f6nnen auch annehmen, dafs die fortdauernde Anspannung des Ciliarmuskels auf die Dauer dem vorderen Theile","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nM. Straub.\nder Choroidea and des Corpus ciliare eine andere Form gebe1, in Folge dessen die Zonula Zinnii nachgiebt. In dieser Weis\u00a9 \u00fcbern\u00e4hme allm\u00e4hlich die organische Refractionstnderung di\u00a9 Arbeit, welche fr\u00fcher durch die Contraction des Ciliarmuskels geleistet wurde. Dieser Procefs findet seinen nat\u00fcrlichen Ab schlufs, sobald bei vollkommener Entspannung des Ciliarmuskels Emmetropic besteht.\nDer Physiologe, der als allgemeines Gesetz aufstellt, dais di\u00a9 glatte Muscnlatur w\u00e4hrend des ganzen Lebens einen schwachen Tonus besitzt, wird den Vorbehalt machen, dafs die normale Re-fractionszunahme in 1 bis l1/, Dioptrien Abstand von der Emmetropic stehen bleiben mufs. Er braucht dann noch eine zweite Hypothese zur Erkl\u00e4rung der relativen H\u00e4ufigkeit der wahren Emmetropic. Diese w\u00e4re in der Annahme zu finden, dafs in diesen absolut emmetropischen Augen die drohende Myopie nur abgewendet ist durch das ausnahmsweise stattfindende Aufgeben des normalerweise der glatten Muscnlatur zukommenden Tonus.\nIch gehe absichtlich nicht n\u00e4her ein auf die Kr\u00e4fte, welch\u00a9 die Transformation des Auges bestimmen, da doch zu einer Entscheidung zu wenig sichere Data vorliegen. Ich will aber noch einen Weg andeuten, auf welchem man vielleicht der L\u00f6sung der Frage n\u00e4her kommen kann.\nEs w\u00e4re wohl m\u00f6glich, die Ein metropLsirung des normalen Auges zu studiren mit H\u00fclfe derjenigen F\u00e4Ue, in welchen dieser Procefs ausbleibt Ein kleiner Theil der S\u00e4uglinge macht die Emmetropisirang nicht mit und beh\u00e4lt die infantile Refraction, Man k\u00f6nnte versuchen, den Ursachen des Zur\u00fcckbleibens nachzusp\u00fcren.\nEs ist allgemein bekannt, dafs die Hyperopen aufser der Hyperopie nicht selten noch folgende Eigenschaften besitzen:\n1.\tEine subnormale Sehsch\u00e4rfe, die wir als Refractions-amblyopie bezeichnen k\u00f6nnen ; sie ist um so niedriger, je h\u00f6her der Grad der Hyperopie ist.\n2.\tEin besonders schwaches Auge, dessen Sehsch\u00e4rfe geringer ist, der Regel nach sogar viel geringer als durch den Grad der\n1 Findet diese Zagkraft ihren Ausdruck in der Rinne \u00abwischen Sclera und Cornea, welche sogar in den meist schematischen Abbildungen des Auges dargestellt wird?","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction des menschlichen Auges.\n97\nHyperopie an sich bedingt ist : raonocul\u00e4re Amblyopie der Hyperopen.\n3. Convergenzschielen oder wenigstens ein schwaches bin* ocul\u00e4res Sehen.\nDie Refractionsamblyopie hat bisher noch wenig Beachtung gefunden, w\u00e4hrend die beiden anderen Erscheinungen bereits als Folgen der Hyperopie erkl\u00e4rt worden sind. Es hat diese von Dondebs vertheidigte Auffassung lange Zeit allgemeine Anerkennung gefunden. Doch hat sich herausgestellt, dafs die einzelnen Beobachtungen oft schlecht zum Schema passen. \u201eDas physiologisch M\u00f6gliche ist nicht immer das pathologisch Wirkliche\u201c, sagt ScHWEiooER, der sich zuerst gegen Dondebs\u2019 Theorie erkl\u00e4rte.\nDa aber der Zusammenhang der genannten Erscheinungen mit der Hyperopie einmal feststeht, so kann jetzt an Stelle der fr\u00fcher geltenden nunmehr die gerade entgegengesetzte Auffassung eintreten, d. h. man kann die causale Verkn\u00fcpfung umkehren und die Frage aufwerfen, ob die Ursache der Hyperopie, d. h. das Beharren in der infantilen Refraction in der Sehschw\u00e4che oder in dem schwachen Binocularsehen zu suchen sei Eine bejahende Beantwortung dieser Frage w\u00fcrde zugleich zur Annahme f\u00fchren, dafs die normale Emmetropisirung unter Einwirkung einer normalen Sehsch\u00e4rfe und eines guten Bin-ocularsehens zu Stande kommen.1 Ich hoffe sp\u00e4ter auf diese Frage zur\u00fcckkommen zu k\u00f6nnen.\nNachdem wir die Augen des S\u00e4uglings, des Schulkindes und des zwanzigj\u00e4hrigen Recruten besprochen haben, kommen wir mit einem Sprunge zum Auge des Greisen, da die Personen mit normalen Augen von 20\u201450 Jahren nicht so leicht zu einer Massenuntersuchung zu vereinen sind. Zwar kommen die Personen mit kranken Augen und Refractionsanomalien in die Poliklinik, doch diese liefern ein zu unserem Zwecke unbrauchbares Material.\nStell wag van Cabion hat zuerst gesehen, dafs die normale Refraction der Greisen Hyperopie ist. Dondebs brachte die That-sache zu vollkommener Klarheit. In seiner bekannten Fem-punktscurve liest man das Resultat seiner Untersuchung von\n1 Cf. die citirte Arbeit von Falkenbubg, und meine Arbeit : Statistische Beitr\u00e4ge zum Studium der Amblyopia congenita. Archiv f. Augenheilk. 1896.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 26.\t7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nM. Straub.\n35 Personen, \u00e4lter als 40 Jahre, aus welchen die normale senile Hyperopie hervorgeht. Kouwenhoven hat aus den Krankengeschichten meiner Poliklinik eine Statistik gezogen von 3877 Augen von Personen im Alter von 35 Jahren und dar\u00fcber mit guter Sehsch\u00e4rfe, ohne Zeichen pathologischer Abweichungen. Im Alter von 35 Jahren kommen nur pathologische Augen zum Augenarzt. In einer h\u00f6heren Altersstufe kommen auch normale Augen wegen eingetretener Presbyopie. In welchem Alter sind alle normale Augen gen\u00f6thigt H\u00fclfe zu verlangen und besteht die Statistik also haupts\u00e4chlich aus normalen Augen? Kouwxn-hoven konnte durch die Vergleichung seiner Zahlen mit der allgemeinen Bev\u00f6lkerungsstatistik Amsterdams darthun, dafs im 50. Jahre diese Reinigung des statistischen Materials stattgefunden hat. Mit diesem Jahr fangen wir also unsere Uebersicht von Kouwenhoven\u2019s Resultate an.\nIm 50. Jahre giebt es mehr Personen mit H \u2014 1 D als Emmetropen, 40,9 \u00b0/o H = 1 D gegen 33\u00b0/0 E. Nur f\u00fcr ein Drittel der Bev\u00f6lkerung ist die normale Refraction noch Emmetropie.\nMit dem Ansteigen der Jahre geht der Procentsatz der Emmetropen immer weiter zur\u00fcck. Im 65. Jahre giebt es deren nur noch 10,95%. Dann wird die Abnahme weniger bedeutend.\nIndem die Emmetropie herunter geht, steigt die Hyperopie. Bis zum 60. Jahre kommen H =1 D und ff = 1,5 D am, meisten vor. Im 65. Jahre sehen wir, dafs H = 2 I) und H = 2,5 D\nfast ebenso l\u00e4ufig sind als H = 1 D und H = 1,5 D.\nIch gebe hier die Curve aus Kouwenhoven\u2019s Dissertation wieder, welche die Frequenz der Emmetropie und die Grade von Hyperopie vom 50. Ms zum, 70. Jahre anzeigt\nAm meisten f\u00e4llt der starke Niedergang der Emmetropen und die ebenso bedeutende Steigerung der Hyperopie von so Jahre 551\t60j.\tesJ 70 Jahre 2 D auf. Es verdient Beachtung,\nFig- 2.\tdafs die Hyperopen von 1D sich\nim Allgemeinen in derselben H\u00f6he halten, offenbar weil der Zuwachs von der Seite der Emmetropen ebenso grofs ist, wie","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Die normale Refraction des menschlichem Auges.\n99\ndie Abgabe nach den Hyperopen von 2 D. Erst im 60. Jahre wird der Verlust gr\u00f6fser als der Gewinn.\nMit dem 65. Jahre \u00e4ndert sich der Charakter des Curven-verlaufes. Das Auf- und Niedersteigen der Curven wird schw\u00e4cher. Beachten wir\u00bb dafs\nwo in der f E zusammengef\u00fcgt sind E und H \u2014 0,5 D Statistik j H = 1D \u00bb,\t\u201e\tH\t= 1 D und H = 1,5 D\nsteht ( H = 2D \u201e\t\u201e\tH\t= 2 D und H = 2,5 D,\ndann, k\u00f6nnen wir Kouwenhoven\u2019s Resultate in folgender Weise resumiren :\nSchon vor dem 45. Jahre f\u00e4ngt bei einem Theii\u00a9 der Emmetropen eine Abnahme der Refraction an\u00bb so dafs viele Hyperopen H = 1 bis 1,5 D werden. Die Zahl, der Emmetropen, welche diese Abschw\u00e4chung erleiden, nimmt bis zum 65. Jahre schnell zu. Die Hyperopen von 1 D und 1,5 D bleiben immer in der Mehrheit, doch erreicht in vielen, F\u00e4llen die senile Refractions-abn&hme ein\u00a9 Hyperopie von 2 bis 2,5 Dioptrien. Aus dem Ansteigen der Procentzahl von fl = SD und H = 3,5 D nach, dem, 60. Jahre folgt\u00bb dafs die Abnahme der Refraction, noch weiter gehen kann.\nF\u00fcr weitere Einzelheiten verweise ich auf Kouwenhoven\u2019s Abhandlung. Nun habe ich nur nachzuweisen\u00bb wie die mit-getheilten Thatsachen sich an unsere fr\u00fcheren Ausf\u00fchrungen anschliefsen.\nDondebs hat per exclusionem 'die Ursache der senilen Hyperopie gesucht in einer Aenderung der Linsenbrechung. Doch liegt bei unserer heutigen Kenntnifs der Thatsachen f\u00fcr die j\u00fcngeren Presbyopen kein Grund vor, nach, einer besonderen Erkl\u00e4rung zu suchen\u00bb da die Refraction der Mehrzahl der Presbyopen ungef\u00e4hr dieselbe ist, wie bei den Erwachsenen im 20j\u00e4hrigen Alter. Die Annahme liegt auf der Hand, dafs die vorhin latente Hyperopie im Alter manifest wird. Nur f\u00fcr di,\u00a9 zweite Abnahme der Refraction, die nach dem, 60. Jahre stark hervortritt\u00bb beh\u00e4lt Dondebs\u2019 Erkl\u00e4rung Geltung.\nSchliefslich ist noch hervorzuheben, dafs de Vbies unter seinen atropinisirten S\u00e4uglingen 15% Emmetropen fand, Falken-BiJBG unter den atropinisirten Recruten 10%, Kouwenhoven unter den Greisen von 65 Jahren 10,95% Emmetropen. Die Hftherei-nStimmung zwischen den letzten zwei Zahlen ist sehr\n7*","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nM. Straub.\nbemerkenswert!! und eine St\u00fctze f\u00fcr die vorgetragenen Anschauungen. Der Ziffer der S\u00e4uglingsstatistik lege ich vorl\u00e4ufig keinen Werth bei, da die Zahl der untersuchten Personen f\u00fcr diesen Zweck zu klein ist\nIch resumire meine ganze vorliegende Arbeit in, folgenden Thesen :\nI.\tDie normale Refraction macht im Laufe des Lebens eine Schwankung, die gr\u00f6fstentheils scheinbar ist und durch einen Tonus des Ciliarmuskels verursacht wird. Nur im Anfang\u00a9 und am Ende des Lebens ist di\u00a9 Aenderung ein\u00a9 wirkliche.\nII.\tDie normale Refraction des Auges des Neugeborenen 'ist kein scharf umschriebener Zustand, sondern wechselt bei verschiedenen Individuen zwischen ziemlich weiten Grenzen. W\u00e4hrend des Wachsthums n\u00e4hern sich diese Grenzen, so dafs in der Mehrzahl der F\u00e4lle eine nur sehr geringe Differenz \u00fcbrig bleibt.\nIII.\tDie Natur strebt nach einer idealen Refraction, welche das ruhende Auge f\u00fcr die am meisten entfernten Gegenst\u00e4nde einstellt (Emmetropie). In einer geringen aber doch nicht zu vernachl\u00e4ssigenden Zahl von F\u00e4llen geschieht dies durch eine sehr genaue Regulirung der Axenl\u00e4nge und der Breehkraft Meistens ist die Brechung ein wenig zu schwach (normale Hyperopie) und wird das Deficit durch einen sehr genau bemessenen Tonus des Ciliarmuskels ausgef\u00fcllt.\nIV.\tDie Emmetropisirung tritt in den h\u00f6heren socialen Classen mit gr\u00f6fserer Constanz ein als in den unteren. Dabei ist aber abgesehen von den pathologischen F\u00e4llen, in welchen, 'die Refractionszunahme zu weit geht und Myopie entsteht\n\n(Eingegangen am 23. October 2900.)","page":100}],"identifier":"lit31426","issued":"1901","language":"de","pages":"78-100","startpages":"78","title":"Die normale Refraction des menschlichen Auges","type":"Journal Article","volume":"25"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:28:52.026835+00:00"}