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{"created":"2022-01-31T16:28:52.851963+00:00","id":"lit31432","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kries, J. von","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 25: 239-243","fulltext":[{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Heber\nSie Wirkung kurzdauernder Heize auf das Sehorgan*\nVon\nJ, von Keies.\nUeber den. im obigen Titel bezeichneten Gegenstand hat Hess neuerdings eine Arbeit ver\u00f6ffentlicht,1 auf die ich mit einigen Bemerkungen einzugehen nicht unterlassen darf, haupts\u00e4chlich weil in. derselben ein\u00a9 Auffassung von gewissen. Mittheilungen aus meinem Institut niedergelegt ist, die m\u00f6glicherweise Nachuntersucher irre f\u00fchren k\u00f6nnte. Es handelt sich um, die 'f\u00fcr die Beobachtung der nachlaufenden Bilder geeigneten Lichtst\u00e4rken. Hess hat n\u00e4mlich aus der von Samoljow gegebenen Beschreibung eines von ihm und \u00fcberhaupt in meinem. Institut benutzten Apparates geschlossen, dafs \u00a9in Milchglas, aus einer Entfernung von. ca. 50 cm durch zwei oder drei Auerbrenner transparent beleuchtet, eine f\u00fcr unser\u00a9 Beobachtungen angemessene und von uns im Allgemeinen benutzte Lichtst\u00e4rke darbiete. Bas ist aber ein Irrthum. Der von Samoujow beschrieben\u00a9 Apparat ist auf die Erreichung solcher hoher Lichtst\u00e4rke eingerichtet, um bei seiner Handhabung in jeder Hinsicht, besonders auch mit Anwendung farbiger Gl\u00e4ser, einen, m\u00f6glichst weiten Spielraum zu haben. Ein aus der Entfernung von 50 an von. drei Au erbrenn ern beleuchtetes Milchglas ist aber seine h\u00f6chste Lichtst\u00e4rke und diese ist f\u00fcr den Zweck in der That viel zu hell und bedarf einer sehr erheblichen Abschw\u00e4chung durch ein, Rauchglas. \u2014 DieJteobaehtung des \u201eSpringens\u201c der nachlaufenden Bilder an der Stelle des deutlichsten Sehens ist leicht 'und. sicher nur dann, wenn das nachlaufende Bild von dem prim\u00e4ren durch\n1 Archiv f\u00fcr Opkthaimob\u00ff\u00f9 51 (2), 8. 225.","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nJ. von Kries.\n\u00a9in betr\u00e4chtliches dunkles Intervall getrennt ist Eine Angabe \u00fcber die dazu erforderlichen Lichtst\u00e4rken in bestimmten Heilig-keitswerthen bin ich leider nicht zu machen in der Lage; es w\u00fcrde dabei \u00fcbrigens auch auf die Belichtungsd auer der einzelnen Netzhautstelle, also bei bewegten Objecten auf das Verh\u00e4ltnifs von Object-Gr\u00f6fse und Geschwindigkeit, ankommen. Ein einfaches und sicheres Kriterium f\u00fcr die Wahl der geeigneten Lichtst\u00e4rken ist eine, wenigstens ann\u00e4hernde Bestimmung der zeitlichen Verh\u00e4ltnisse, welche auf die von Bin well und mir \u00fcbereinstimmend angegebenen Werthe herauskommen m\u00fcssen. Das secund\u00e4re Bild tritt danach 1U~1U Secunden nach dem Beginn des prim\u00e4ren auf. Ist das umlaufend\u00a9 Object von m\u00e4fsiger Gr\u00f6fse, so dauert sein Vor\u00fcbergang an der einzelnen Netzhautstelle nur einen Bruchtheil dieser Zeit, und da das prim\u00e4re Bild durch Nachwirkung des Reizes kaum merklich in die L\u00e4nge gezogen wird, so bel\u00e4uft sich das dunkle Intervall auf Werthe, die jenem Zeitwerth nahe kommen.1\nDer Vermuthung, dafs Hess sich im Allgemeinen zu hoher Lichtst\u00e4rken bedient habe, kann ich auch jetzt noch mich nicht erwehren ; sie wird mir sogar sehr deutlich best\u00e4tigt durch seine Bemerkung: dafs er \u201ebei seinen fr\u00fcheren Versuchen das kurzdauernde gegenfarbige Nachbild im Allgemeinen der prim\u00e4ren Erregung unmittelbar folgend gesehen habe, w\u00e4hrend er sich sp\u00e4ter \u00fcberzeugte, dafs unter geeigneten Umst\u00e4nden auch zwischen diesen beiden ein sehr kurzes dunkles Intervall sichtbar werden kann\u201c. Es ist zu bedauern, dafs wir nicht erfahren, welches diese geeigneten Umst\u00e4nde waren und wie lang dieses \u201esehr kurze\u201c Intervall ist Bei der Benutzung umlaufender Objecte von den richtigen Lichtst\u00e4rken ist das Intervall eine Erscheinung, die von keinem Anf\u00e4nger, geschweige von einem so ge\u00fcbten Beobachter wie Hess \u00fcbersehen werden kann.\nKann Hess das Ueberspringen des Centrums auch unter diesen Umst\u00e4nden, also bei ein\u00e7r Gesammterscheinung, wie sie etwa der von mir gegebenen Abbildung entspricht, nicht wahrnehmen, so steht das freilich mit dem, was im hiesigen Institut eine allm\u00e4hlich recht grofse Zahl von Personen gesehen, und was unabh\u00e4ngig von mir Hamaker best\u00e4tigt hat, im vollen Widerspruch.\n1 Vgl. hier\u00fcber die Angaben in meiner diesbez\u00fcglichen Arbeit Zeitschrift f. Psychol. 12, 90 f.","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Wirkung kurzdauernder Beize auf das Sehorgan.\n241\nIn methodischer Beziehung sei noch angef\u00fchrt, dafs wir die' Fmrlichter stets roth nehmen ; \u00a9in solches kann man bis an die Grenz\u00a9 der Sichtbarkeit \u00fcberhaupt abschw\u00e4chen und dabei gleichwohl noch mit Sicherheit central firnen. Wie wenig ein solcher minimaler Reiz die Sichtbarkeit einer Erscheinung von solcher Deutlichkeit wie das nachlaufende Bild es ist, zu beeintr\u00e4chtigen vermag, das lehrt die Beobachtung an paracentral en Stellen, \u00fcberzeugend, wo das Nachbild \u00fcber die Mark\u00a9 ebne jede Unterbrechung hingleitet .Kleine lichtschwache Objecte, die nicht roth sind, \u00fcben schon bei m\u00e4fsiger Dunkeladaptation einen fast unwiderstehlichen Zwang aus, sie nicht central sondern paracentral zu fixiren; die Benutzung solcher Objecte als Fixir marken stellt also eine gef\u00e4hrliche Fehlerquelle dar. Ob es m\u00f6glich ist, wie Hess versucht hat,- die selbst nicht sichtbare Mitte zwischen zwei Zeichen mit gen\u00fcg\u00e9tader Sicherheit zu fixiren, zumal wenn ein relativ helles Object im Gesichtsfeld bewegt wird, halte ich f\u00fcr zweifelhaft.\nDie von Hess ger\u00fchmte Benutzung rotirender oder umher-gesehwenkter Gl\u00fchl\u00e4mpchen kann ich nicht f\u00fcr erapfehlenswerth halten. Insbesondere ist die Regulirung der Lichtst\u00e4rke durch Rheostaten ein iufserst bedenkliches Verfahren, weil man stets mit der St\u00e4rke des Lichtes auch seine Qualit\u00e4t resp. Zusammensetzung in erheblichstem Maafse ver\u00e4ndert1 F\u00fcr empfehlenswert!! kam ich auch die von Hess versuchte Methode nicht halten, eine l\u00e4ngere Richtlinie als Object zu benutzen, deren mittleres St\u00fcck \u00fcber die Fovea l\u00e4uft, und nun zu \u2019sehen, ob im Nachbild die Linie unterbrochen erscheint. Es ist doch Har, dafs man hier mit all den bekannten Schwierigkeiten zu rechnen hat, die -der subjectiven Wahrnehmung eines kleinen Skotoms immer entgegen stehen. Wenn man eine Lichtst\u00e4rke herstellt, die central nicht gesehen wird, bei der man also ein kleines Object zum \u25a0centralen Verschwinden bringen kann, und dann eine gr\u00f6fsere\n1 Ich habe vor l\u00e4ngerer Zeit einen \u00e4hnlichen Apparat (r\u00f4tirende Gl\u00fchlampe) zun\u00e4chst f\u00fcr Demonetrationszwecke construira bin aber von seiner Verwendung alsbald zur\u00fcckkommen. Ohne Anwendung von Rauchgl\u00e4sern u. dergl. ist in der That die Gl\u00fchlampe, wie es scheint, zu diesen Beobachtungen ganz vorzugsweise ungeeignet, weil bei der Absehwftchung des \u2022Gl\u00fchens das Licht roth wird ; es ist wohl denkbar, dafs hierbei ein f\u00fcr die Beobachtungen qualitativ und quantitativ geeignetes Licht auf keinem Punkte der Gl\u00fchst\u00e4rke erreicht wird.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 25.\n16","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nJ. von ^Kr its.\nFl\u00e4che vom derselben Helligkeit betrachtet\u00bb so \u2022 weife man, wie schwer es ist, die centrale L\u00fccke sicher wahrzunehmen. Es gelingt wohl, wie Hess selbst angiebt, im ersten Moment der Beobachtung; aber selbst diese Wahrnehmung erfordert schon grofse Aufmerksamkeit und eine gewisse Hebung. Was will es .also besagen, wenn man die centrale Unterbrechung eines Nachbildes nicht.constatiren kann?\nBez\u00fcglich der sonstigen von H. erhobenen Einw\u00e4nde sei erw\u00e4hnt, dafs die Wiederholung der Reizung durch den r\u00f6hrenden Apparat sicher nicht in der von ihm angenommenen Weise als Fehlerquelle zu betrachten ist; denn es versteht sich ja von selbst\u00bb dafs man die Erscheinung auch sofort bei Fixirang der Marke nach zuvor abgewandtem Auge, also bei erstmaligem Vonibergang des Lichts beobachten kann. Ueberdies bietet der Apparat auch die M\u00f6glichkeit einer ganz freien und beliebigen Bewegung mit der Hand, ohne Motor; auch in dieser Weise ist von uns unz\u00e4hlige Male beobachtet worden.\nMit einem Wort mufs ich schliefs\u00fcch noch den mir von Hess gemachtenVorwurf ber\u00fchren, dafs ich die dem Purkin jE\u2019schen Nachbilde noch weiter folgenden Phasen \u201etotal \u00fcbersehen habe\u201c. Auch dies\u00a9 etwas seltsame Behauptung ist nur auf den oben erw\u00e4hnten Irrtum MnsichtMch der von uns benutzten Lichtst\u00e4rken zur\u00fcckzuf\u00fchren. Bei den von uns benutzten Helligkeiten ist das prim\u00e4re Bild kaum merklich in di\u00a9 L\u00e4nge gezogen. Das secund\u00e4re, welches ca. */6 Sec. nach dem prim\u00e4ren beginnt, zeigt \u00a9in\u00a9 mit zunehmender Dunkeladaptation best\u00e4ndig zunehmende L\u00e4nge, ist aber zuerst ganz kurz\u00bb um, sich erst allm\u00e4hlich in einen l\u00e4ngeren und l\u00e4ngeren Schweif auszuziehen. Von. der Lichtst\u00e4rke h\u00e4ngt es ab, ob das secund\u00e4re Bild sogleich nach der Verdunkelung des Beobachtungsraumes sichtbar ist oder erst nach k\u00fcrzerem oder l\u00e4ngerem Dunkelaufenthalt sichtbar wird. Nach l\u00e4ngerer Adaptation ist der Schweif so lang, dafs die ganze Peripherie mit einem Lichtnebel erf\u00fcllt erscheint\nDas g\u00fcnstige Stadium f\u00fcr die Beobachtung des Springens, f\u00fcr die Bestimmung der Farbe, f\u00fcr die Vergleichung der St\u00e4rke-bei verschieden gef\u00e4rbtem prim\u00e4ren Bilde u. s. w. ist jenes, in dem-das secund\u00e4re Bild noch kurz ist, h\u00f6chstens etwa wie es die von mir gegebene Abbildung zeigt Man kann, wie ich nochmals hervor-heben will, die Lichtst\u00e4rke so w\u00e4hlen, dafs dieses Stadium un-.","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"Heber die Wirkung kurzdauernder Beize auf das Sehorgan. 243\nmittelbar nach der Verdunkelung eintritt oder auch so, dass es erst nach Adaptation von einigen Minuten erreicht wird.\nIn diesen F\u00e4llen dauert also der ganze Effect der Beizung etwa a/2 Sec. oder noch weniger und nicht, wie Hess f\u00fcr die von mir benutztem Lichter ausrechnet, 3\u20144 Sec. Die gesammten Erscheinungen, deren Uebersehen Hess mir vorwirft, sind unter den von mir eingehaltenen Beobachtungsbedingungen in der That nicht vorhanden.\nDafs die Dinge bei st\u00e4rkeren Lichtern ganz anders sind, habe ich keineswegs \u00fcbersehen, sondern bei gelegentlichen Beobachtungen mit solchen oft wahrgenommen. Es ist mir aber in der That zul\u00e4ssig erschienen, diese in die Untersuchung zun\u00e4chst nicht einzubeziehen. Denn jedesmal ist alsdann vor Allem auch das prim\u00e4re Bild in die L\u00e4nge gezogen; es ist aber klar, dafs die Deutung der Ding\u00a9 auf weit gr\u00f6fsere Schwierigkeiten st\u00f6fst, sobald auch mit einer zeitlich ausgedehnteren Th\u00e4tigkeit des. Zapfenapparats zu rechnen ist. Ich habe, wie auf anderen Gebieten, so auch hier nicht di\u00a9 Pr\u00e4tension gehabt, die Gesammtheit der Nachbilderscheinungen, die unter irgend welchen Umst\u00e4nden nach kurzdauernder Reizung auf-treten, aus einer theoretischen Auffassung heraus glattauf zu erkl\u00e4ren. F\u00fcr wichtig halte ich, um die Sache unter diesem Gesichtspunkt noch einmal zusammenzufassen, dafs eine eigenartig\u00a9 Function nachgewiesen werden kann, hinsichtlich deren auch bei schwach- oder gar nicht dunkeladaptirtem Auge die Reizwerthe der verschiedenen Lichter sich wie die D\u00e4mmerungs-werthe verhalten und dafs diese Function in einem centralen Bereich fehlt Meine Ueberzeugung von der Richtigkeit dieser Constatirung ist durch die Mittheilungen von Hess bis jetzt nicht ersch\u00fcttert worden. Ueber ihre theoretische Bedeutung weiter zu streiten, d\u00fcrfte kaum von Nutzen sein. Ebenso darf ich wohl der Beurtheilung des Lesers di\u00a9 Frage \u00fcberlassen, wer die Schuld des Mifsverst\u00e4ndnisses tr\u00e4gt, das Hess veranlafste, die complement\u00e4re F\u00e4rbung des in Rede stehenden Bildes so entschieden zu bestreiten, w\u00e4hrend er sie jetzt in der Form anerkennt, dafs er ja die complement\u00e4re Phase lange vor mir beschrieben habe.\n{Eingegangen am 14. Januar 1901.)\n16*","page":243}],"identifier":"lit31432","issued":"1901","language":"de","pages":"239-243","startpages":"239","title":"Ueber die Wirkung kurzdauernder Reize auf das Sehorgan","type":"Journal Article","volume":"25"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:28:52.851968+00:00"}